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Thomas Krauskopf Interieur

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Eins: Générique<br />

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(16) Giacomo’s E NT L E I B U NG E N. Was half der Plan zur Reise um<br />

die Welt? Am frühen Samstagnachmittag ging Giacomo spazieren<br />

und ihm fiel die Monumentalität der alten Mitte Berlins zu Augen.<br />

Hannibal, der ‚Günstling des Baal‘ übersteuerte per Bleifuß sämtliche<br />

Achillesfersen der alpinen Elephantenrümpfe. Der späterhin<br />

einäugige Feldheer aus Karthago bestimmte sein Schicksal durch<br />

Gift und dramatisierte sich durch Reglosigkeit in den Zustand der<br />

Schwerelosigkeit an und für sich. Verraten durch einen asylgewährenden<br />

König, der außerdem das Gastrecht auf Betreiben Roms<br />

hintertrieb, nutzten ihm auch selbst sieben mögliche Auswege<br />

nichts, die Flucht von Bithynien, antik verlegen an einem Küstenstreifen<br />

im Kleinasiatischen, konnte nicht gelingen, nur die Einnahme<br />

seiner tödlichen Dosis zur Ausflucht gereichen. Die in die<br />

Enge Getriebenen, die dem Reiche Roms Trotzenden, ergaben sich<br />

dem Freitod. Kleopatra begab sich in ihr Bade, wurde hernach<br />

gewissenhaft gesalbt und beölt, bekleidete sich mit Seide und Perlen<br />

und ließ gelassen das Gift der Viper auf sich wirken, in höchster<br />

Schönheit soll sie hingestorben sein. Marcus Antonius, ihr<br />

Geliebter gestaltete seinen Abgang schier unglaublich theatralisch.<br />

Ein Stück, das so enden sollte, würde jeder heutige Kritiker zu<br />

Recht in der Luft zerreißen. Der Feldherr und Triumvirat zog sein<br />

Schwert und durchkämmte sich damit seine Eingeweide bis darin<br />

eine durchwühlte, wie gegen den Strich gebürstete Frisur entstand,<br />

da ihm die fingierte Nachricht vom Tode Kleopatras erreichte. Doch<br />

handelte es sich dabei um eine von ihr selbst initiierte Fehlmeldung,<br />

warum auch immer sie ihm das übermitteln ließ, sammelte er im<br />

Sterben letzte Kräfte, als er kurz vor dem ewigen Augenniederschlag<br />

die Wahrheit erfuhr, schleppte sich zu ihr und starb<br />

in ihren Armen. Die letzten Tage ihres Lebens verbrachte Kleopatra<br />

in ihrem für sie selbst gebauten Mausoleum neben ihrem auch als<br />

Toter engvertrauten Geliebten. Obwohl deren beider Gegenspieler<br />

Oktavian, Kleopatras Selbstmord zu verhindert gedachte, um sie<br />

triumphal in Rom als Gefangene vorzuführen und als Delinquentin<br />

wie üblich öffentlich letztendgültig zu Tode zu demütigen, glückte<br />

der einstigen Herrscherin durch List und Tücke der gewünschte<br />

Ausweg ins Jenseitige, was sich zwar nicht unbedingt als Glück<br />

begiert, aber vielleicht für den Ausweglosen als kleineres Übel entpuppt<br />

und der Nachwelt als freudiges Gelingen in ihren Annalen<br />

hinterblieb und einverleibt – dadurch gerät mystifizierende<br />

Geschichte wiedereinmal zur Naturgegebenheit der Sache. Noch ein<br />

Lächeln übrig für die reichen Sekunden des allgemeinen und<br />

verbindlichen Kaputt=Seins.<br />

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