Karlsruher SC - VfB Stuttgart
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Mythos <strong>VfB</strong><br />
Die erfolgreiche Aufstiegsmannschaft des <strong>VfB</strong> 1912: v.l. Eugen Schmid, Kirsch, Schweizer,<br />
Wendling, Emil Friz, Buggle, Kazenmaier, Schumm, Schaich; vorne: Endress, Eisenhardt<br />
Baden-Württemberg-Derby - historisch<br />
Lang ist die Liste der sportlichen Wettkämpfe<br />
zwischen den Badenern aus Karlsruhe<br />
und den Schwaben aus <strong>Stuttgart</strong>. Und<br />
es ging selten routiniert-gelassen zu. Kampf<br />
auf dem Spielfeld und ein Wettstreit unter<br />
den Anhängern auf den Rängen, das macht<br />
den Derby-Charakter.<br />
Zu einer Zeit, weit vor 1952, dem Jahr, in<br />
dem der K<strong>SC</strong> entstand, nämlich zu Beginn<br />
des letzten Jahrhunderts, Karlsruhe war<br />
schon eine Hochburg des Fußballs, da keimte<br />
die Rivalität auf. Wahrscheinlich markiert<br />
das Jahr 1912 den Beginn der brisanten<br />
Begegnungen zwischen den Schwaben<br />
und den Badenern. Damals ging es um den<br />
Aufstieg in die oberste Spielklasse.<br />
Der <strong>VfB</strong>, frisch aus der Taufe gehoben<br />
durch die Fusion von FV <strong>Stuttgart</strong> 93 und<br />
Kronenklub Cannstatt, musste nach einer<br />
Verbandsreform, welche die A-Klasse just<br />
in diesem Jahr, als der <strong>VfB</strong> als Meister der<br />
B-Klasse an ihre Tür klopfte, von zwölf auf<br />
acht Vereine reduzierte, in schwierigen<br />
Qualifikationsspielen – K.o.-System – um<br />
den Aufstieg in die neue Liga kämpfen.<br />
Die Konkurrenten waren Donar Straßburg,<br />
FV Beiertheim und eben FC Mühlburg,<br />
Stammverein des K<strong>SC</strong>, allesamt bisher<br />
schon Erstligisten, gegen die der <strong>VfB</strong> als<br />
Neuling natürlich Außenseiter war. Doch<br />
man hielt mit. In den ersten Spielen schaltete<br />
Mühlburg Straßburg aus und der <strong>VfB</strong><br />
besiegte Beiertheim. Großes Finale anschließend<br />
in Durlach.<br />
Aus <strong>Stuttgart</strong> reiste eine stattliche Zahl von<br />
Fans an, um die neue Kombination in Weiß-<br />
Rot stimmgewaltig zu unterstützen. Doch<br />
die Gegenseite war bei der Nähe zu Karlsruhe<br />
zahlenmäßig überlegen und legte<br />
sich denn auch dementsprechend ins Zeug.<br />
Die Annalen sprechen davon, dass das Spiel<br />
„mit letztem Einsatz und großer Härte“ geführt<br />
wurde. Ein Augenzeuge: „Der kampferfahrene<br />
Mühlburger Angriff scheiterte an<br />
unserem Abwehrtrio. Max Buggle, der erste<br />
in der Reihe unserer großen Torhüter, hielt<br />
in seinem Tor scharfe Wacht, unsere Verteidigung<br />
Giersch-Schaich stand wie eine<br />
Mauer, die Läuferreihe Schweizer-Fritz-Eisenhardt<br />
schuftete unermüdlich in Angriff<br />
und Abwehr, und der <strong>VfB</strong>-Sturm mit den<br />
schnellen Flügeln Keppel-Kazenmaier und<br />
dem technisch ausgezeichneten Innentrio<br />
Wendling-Kirsch-Schumm gab den Mühlburgern<br />
nichts nach. Lange stand der Kampf<br />
unentschieden 0:0, da schaffte Copé Wendling<br />
in den letzten Minuten den Sieg. Er verwandelte<br />
eine Rechtsflanke per Kopf. Fünf<br />
Minuten vor Schluss wurde Mühlburg noch<br />
ein Elfmeter zugesprochen. Der wegen seines<br />
scharfen Schusses in der ganzen Liga<br />
gefürchtete Linksaußen Decker jagte den<br />
Ball mit ungeheurer Wucht an die Latte. Den<br />
weit ins Feld zurückspringenden Ball nahm<br />
Wendling auf und eilte dem Tor des Gegners<br />
zu. Er wurde in aussichtsreicher Position<br />
von den robust spielenden Mühlburgern<br />
umgelegt. Ein Freistoß aufs Mühlburger<br />
Tor beendete den nervenaufreibenden<br />
Kampf.“<br />
Der <strong>VfB</strong> war aufgestiegen! Erstklassig nach<br />
einer seit 1908 währenden Aufholjagd, um<br />
im Fußball das wegen der auf Rugby ausgerichteten<br />
Grundorientierung verlorene<br />
Terrain aufzuholen. Man war an die Grenze<br />
und darüber hinausgegangen: Der <strong>VfB</strong>-<br />
Läufer Schweizer, 1500m-Meister in der<br />
Leichtathletik, der mit immensem Laufpensum<br />
Mühlburgs Decker in Schach gehalten<br />
hatte und immer wieder nach vorne gerückt<br />
war, brach nach dem Schlusspfiff völlig<br />
erschöpft bewusstlos zusammen.<br />
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