09.01.2014 Aufrufe

StudienVerlag - Oapen

StudienVerlag - Oapen

StudienVerlag - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die BRD hat RN um 1951/52 erstmals kurz besucht, nach Österreich ist er erstmals<br />

im Juni 1955 eingereist, erste Gedanken an ein Domizil in der „teuren“ Südschweiz<br />

(1947) hat er rasch verworfen. Eine einladende Aufforderung zur physischen Heimkehr<br />

hat er nicht gesucht. Sein Interesse in den ersten Jahren nach 1945 ist auf die<br />

antifaschistische Reorganisation der österreichischen Schriftsteller fokussiert, auch<br />

wenn er sich in einem Brief an Kanzler Renner im Juli 1945 erbötig macht, „dienlich<br />

zur Verfügung zu stehen“ (vgl. Stadler 2011). Doch das gänzliche Ausbleiben des<br />

„Rufs der Heimat“, von Zeichen der respektvollen Anerkennung der Exilanten – der<br />

Leiden und der Leistungen – hat er mit Bitterkeit wahrgenommen.<br />

Auf dem Züricher PEN-Kongress 1947 wird nach einem Bericht von RN dessen<br />

Antrag auf die „Reorganisation“ des Österreichischen PEN in Wien einhellig angenommen<br />

– verbunden mit der Auflage: „Die seinerzeit aus dem Österreichischen<br />

PEN aus politischen oder opportunistischen Gründen Ausgetretenen werden in<br />

den neuen Österreichischen PEN nicht wieder aufgenommen.“ Die Mitglieder des<br />

Londoner Exil-PEN werden en bloc vom Wiener P.E.N. übernommen: „Ich, als<br />

‚Ehrenpräsident‘, reservierte mir bloß die Funktion, bei der Durchführung jener<br />

Übergabebestimmungen ein Wort mitzureden. Doch blieb all das in der österreichischen<br />

Tradition ein wenig ungenau und ich mischte mich […] aufs herzlichste<br />

immer weniger ein“, umschreibt RN 1970 diverse Friktionen der nächsten Jahrzehnte.<br />

Im Februar 1947 erhält RN die britische Staatsbürgerschaft. Im Jänner 1948<br />

kann er ein eigenes kleines Haus in Cranbrook/Kent beziehen; das auf Initiative<br />

von Rolly gekaufte alte „Pest House“, ist „nicht the best house“.<br />

Wie reagiert der Romancier RN auf das Kriegsende? Er schreibt weiter in englischer<br />

Sprache. Von März bis August 1945 arbeitet er an einem Roman, der Österreich<br />

und „Vienna the Danube Babylon“ von den Zeiten Luegers bis hin zum Austrofaschismus<br />

thematisieren sollte. Einige Motive des Fragments wird RN in „Blind<br />

Man’s Buff “ aufgreifen.<br />

Angesichts aktueller Diskussionen nach dem Potsdamer Abkommen über das<br />

postfaschistische Europa entscheidet er sich im September 1945 für einen anderen<br />

Weg der Thematisierung der physischen und moralischen Trümmer-Heimat. In<br />

nur drei Monaten schreibt er „Children of Vienna“. Nach einer Ablehnung durch<br />

Hutchinson wird der Roman von Victor Gollancz (London 1946) verlegt; der einflussreiche<br />

„Left Book Club“-Organisator steckt zu dieser Zeit tief in seiner (CAREähnlichen)<br />

„Save Europe Now“-Kampagne.<br />

Eine kurze Vorbemerkung orientiert den Leser: „This book of fiction, with fictitious<br />

characters, in a fictitious setting which I call Vienna, but which could be<br />

anywhere east of the Meridian of Despair, is addressed to the men and women<br />

of the victorious countries, It was written for the sake of the children of Europe.“<br />

Der Autor versammelt in einem Bombenkeller halbwüchsige Waisenkinder: Der<br />

kleine Schwarzhändler Jid (mit traumatischen KZ-Erinnerungen), das herrenvölkische<br />

BDM-Mädchen Ate und die Gelegenheitsprostituierte Ewa, Goy (aus einem<br />

Kinderverschickungslager), der kleine „Curls“ (Sohn des ehemaligen Hausbesitzers)<br />

und das sterbende Mädchen Kindl sind durch ihre Notlage in diesem Unterschlupf<br />

47

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!