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Hartmut Traub - Die Drei

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geführten Textpassagen also nicht widerlegen.<br />

Beide Stellen dokumentieren, dass es sich an<br />

diesen Stellen nicht um anthroposophische Aspekte<br />

der Seelenlehre Steiners handelt.<br />

Liegt also explizit in der ersten Auflage keine<br />

Steinersche Seelenlehre vor, dann ist natürlich<br />

auch die Forderung unsinnig, die (nicht<br />

vorhandene) »Seelenlehre« von 1894 mit der<br />

Seelenlehre von 1918 zu vergleichen (ebd.).<br />

Ebenso haltlos ist dann auch der Vorwurf der<br />

»schwerwiegenden Unterlassung« gegen mich,<br />

diesen Vergleich nicht angestellt zu haben. Abwegig<br />

ist desweiteren die Unterstellung, ich<br />

würde behaupten, dass die zweite Auflage dadurch<br />

zu einer theosophischen Seelenlehre geworden<br />

sei, dass Steiner durch seine Zusätze,<br />

Kommentare und Ergänzungen versucht habe,<br />

die Philosophie der Freiheit in diesem Licht<br />

erscheinen zu lassen. Das Gegenteil ist richtig.<br />

Ich halte diesen Versuch für misslungen.<br />

Ähnlich abenteuerlich ist dann der Schluss von<br />

Woods Kritik. Denn weil ich die Bedeutung des<br />

Gefühls in der Philosophie der Freiheit hervorgehoben<br />

habe, ist sie noch keine Gefühlsphilosophie.<br />

Und nur deswegen, weil die Seele etwas<br />

mit Gefühlen zu hat, wird die Philosophie der<br />

Freiheit noch keine Seelenlehre.<br />

Zu weiteren Konsequenzen des Vergleichs<br />

zwischen erster und zweiter Auflage der Philosophie<br />

der Freiheit sowie zu den von Wood<br />

zitierten Passagen vgl.: T, S. 216-243/426ff./<br />

537ff).<br />

<br />

Woods letzte Kritik nimmt Anstoß an der<br />

Grundtendenz meiner Arbeit, Steiners philosophische<br />

Ambitionen weitgehend ohne den<br />

Einfluss Goethes zu rekonstruieren. Im Grunde<br />

bzw. »auf den ersten Blick« stimmt Wood<br />

meinem Ansatz zu, wenn er schreibt: »insofern<br />

die bisherige Rezeption von Steiners Werken<br />

sich besonderes auf Goethe fokussiert«, hat<br />

sie »vielleicht dazu beigetragen, dass andere<br />

Denker wie J. G. Fichte vernachlässigt worden<br />

sind« (W2, 55f.). Dem stimme ich ohne Wenn<br />

und Aber zu. Seine Zustimmung zu meinem<br />

Forschungsansatz schränkt Wood jedoch durch<br />

<br />

die Forderung ein, dass ich Goethes philosophischen<br />

Einfluss auf die Frühwerke Steiners<br />

hätte untersuchen müssen, anstatt »die Möglichkeit<br />

eines solchen Einflusses Goethes zurück<br />

[-zuweisen], ohne ihn einer ernsthaften<br />

Untersuchung unterzogen zu haben« (W2, 56).<br />

In dieser Forderung liegt ein doppeltes Missverständnis.<br />

Das eine besteht in der Annahme,<br />

ich wollte den Einfluss Goethes auf die Genese<br />

des philosophischen Denkens Steiners grundsätzlich<br />

abstreiten. Das tue ich nicht: »Wenn<br />

ein Geist auf die Entfaltung und Prägung von<br />

Steiners philosophischer Weltanschauung Einfluss<br />

in einem positiven Sinne gehabt hat, dann<br />

ist es Johann Wolfgang Goethe.« (T, 208). Das<br />

Problem ist hier zum einen, dass dieser Einfluss<br />

– wenn überhaupt – dann nur in einem höchst<br />

eingeschränkten Sinne philosophisch genannt<br />

werden kann. Im Großen und Ganzen ist das,<br />

was sich in Steiners Einleitungen zu Goethes<br />

naturwissenschaftlichen Schriften und den<br />

Grundzügen der Goetheschen Weltanschauung<br />

an philosophischem Gehalt findet, Steiners philosophische<br />

Interpretation Goethescher Texte.<br />

Das wird auch von Steiner offen zugestanden.<br />

Zum anderen – und da hat Wood auch Recht<br />

– ist der Gegenstandsbereich Naturerkenntnis/<br />

Erkenntnistheorie selbstverständlich viel zu<br />

eng, um darauf eine philosophisch und existenziell<br />

zufriedenstellende Weltanschauung<br />

zu begründen. Das ist im Verhältnis Steiner-<br />

Fichte gänzlich anders. Hier liegen nicht nur<br />

die geistigen Beziehungen auf derselben (philosophischen)<br />

Wellenlänge, sondern das philosophische<br />

Konzept Fichtes ist darüber hinaus ein<br />

ganzheitliches, alle Grundfragen des menschlichen<br />

Daseins umfassendes.<br />

Das zweite Missverständnis Woods betrifft die<br />

personale Zielrichtung seiner Kritik. Es geht<br />

im Buch nicht um »meine« Goethe-Abstinenz,<br />

sondern um Steiners Ambition, aus dem Schatten<br />

Goethes heraus zu treten, um sich – auch<br />

akademisch – als eigenständiger Denker zu<br />

profilieren. Wenn Steiner die »Tragik« beklagt,<br />

die »in dem Umstande [liegt], dass alle [seine]<br />

bisherigen Publikationen sich in irgendeiner<br />

Weise an Goethe anschließen«, 8 dann lässt<br />

sich vielleicht verstehen, was mit dem Kapitel<br />

<br />

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