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Manfred Hübner<br />
FREIBERGER DOM<br />
mit Schloss- und Domviertel<br />
Fotos von Manfred Lohse und Otto Schröder<br />
Ω<br />
HINSTORFF
Campus der<br />
Universität<br />
22<br />
14<br />
13<br />
5<br />
9<br />
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2<br />
1<br />
20<br />
© 599media GmbH<br />
01 Stadttheater<br />
02 TU Bergakademie (Rektorat)<br />
03 Ehemaliges Dominikanerkloster<br />
04 Neubau Universitätsquartier<br />
05 Schlossplatz<br />
06 Schloss Freudenstein<br />
07 Krügerhaus<br />
08 Silbermannhaus<br />
09 Winkler-Gedenkstätte<br />
10 Mineralogisches Institut<br />
11 Sächsisches Oberbergamt<br />
12 Schönbergscher Hof<br />
13 Geschwister-Scholl-Gymnasium<br />
14 Gebäude des ehemaligen Franziskanerklosters<br />
15 Alte Superinterdentur<br />
16 Stadt- und Bergbaumuseum<br />
17 Untermarkt<br />
18 Standort der ehemaligen Jakobikirche<br />
19 Dom<br />
20 Schwedendenkmal<br />
21 Stelle erster Silberfund<br />
22 Campus der Universität
INHALT<br />
09 SILBERFUNDE UND STADTGRÜNDUNG<br />
11 HISTORISCHE ALTSTADT<br />
14 KUNST UND WISSENSCHAFT<br />
15 Stadttheater Freiberg<br />
15 TU Bergakademie Freiberg<br />
17 SCHLOSS- UND DOMVIERTEL<br />
17 Ehemaliges Dominikanerkloster<br />
18 Archäologische Grabungen<br />
19 Neubau Universitätsquartier<br />
19 Schlossplatz<br />
19 Schloss Freudenstein<br />
22 Ausstellung „terra mineralia“<br />
22 Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg<br />
22 Krügerhaus, Mineralogische Sammlung Deutschland<br />
24 Silbermannhaus<br />
25 Stammbaum Familie Silbermann<br />
26 Übersicht sämtlicher Silbermannorgeln<br />
27 Die Silbermannorgeln im Freiberger Dom<br />
29 Stadt- und Domkantoren<br />
32 Winkler-Gedenkstätte<br />
33 Mineralogisches Institut<br />
34 Sächsisches Oberbergamt<br />
34 Schönbergscher Hof<br />
36 Geschwister-Scholl-Gymnasium (Haus Albertinum)<br />
37 Franziskanerkloster<br />
38 Domherrenhäuser (Alte Superintendentur 38, Stadt-und Bergbaumuseum 40)<br />
42 Untermarkt<br />
42 Alte Jakobikirche<br />
46 DER FREIBERGER DOM<br />
46 Romanische Marienkirche<br />
48 Domerhebung<br />
49 Domneubau. Spätgotische Hallenkirche<br />
50 Reformation<br />
50 Baubeschreibung des Domes
053 Historisches Glockengeläut<br />
055 Dom-Inneres<br />
061 Ausstattungsstücke im Dom-Langhaus<br />
061 Spätromanische Triumphkreuzgruppe<br />
061 Spätgotische Skulpturen<br />
067 Pietà<br />
069 Altarretabel<br />
069 Taufstein<br />
073 Domkanzeln (Tulpenkanzel 73, Restaurierung Tulpenkanzel 75, Bergmannskanzel<br />
76)<br />
076 Königslogen<br />
077 Epitaphe 77, Pfarrerbildnisse 81, Grabplatten 81<br />
083 Kurfürstliche Grablege im Hohen Dom-Chor<br />
083 Heinrichs Testament<br />
084 Auszug aus dem Stammbaum des sächsisch-albertinischen Fürstenhauses<br />
Wettin<br />
085 Im Dom beigesetzte evangelische Angehörige des sächsisch-albertinischen<br />
Fürstenhauses Wettin<br />
086 Schwestern-Grabmal<br />
086 Zinnsärge Dresdner Sophienkirche<br />
088 Kurfürst Moritz von Sachsen<br />
089 Moritz-Monument<br />
096 Umgestaltung Hauptchor<br />
100 Renaissance-Musikinstrumente<br />
102 Goldene Pforte<br />
102 Entstehung<br />
106 Ikonographische Betrachtung<br />
108 Jugendstil-Schutzbau<br />
112 Annenkapelle<br />
114 Kreuzgang<br />
114 Schönbergsche Grablege<br />
116 Schönbergsche Familien-Grabsteinsammlung<br />
117 Kampf um Erhaltung des Kreuzgangs<br />
118 Restaurierung Kreuzgang seit 2012<br />
119 Grüner Friedhof<br />
121 ZEITTAFEL<br />
124 LAGEPLAN DER DOMGEBÄUDE<br />
126 LITERATUR-AUSWAHL
Historischer Stadtplan von Freiberg; kolorierter Kupferstich von Georg Braun und Franz Hogenberg (1576)
SILBERFUNDE UND STADTGRÜNDUNG<br />
In der östlichen Freiberger Altstadt, am Hause Wasserturmstraße 34, wird die Aufmerksamkeit<br />
auf eine Bronzetafel mit dem Text „HIER BEGANN IM JAHRE 1168<br />
DER FREIBERGER BERGBAU“ gelenkt. Dieses epochale Ereignis, das Auffinden silberhaltiger<br />
Erze, sollte richtungsweisend für die zukünftige Entwicklung der einst bäuerlich<br />
geprägten Siedlung Christiansdorf sowie der gesamten Region werden: Bis etwa<br />
1185/90 entstand die erste freie Bergstadt auf sächsisch-meißnischem Territorium.<br />
Somit gilt Freiberg als Wiege des erzgebirgischen Silbererzbergbaus. Instinktiv spürte<br />
Markgraf Otto die Folgen dieser Entdeckung für sein Land. Als Münzmetall war das<br />
Freiberger Silber von unschätzbarem Wert, so dass der markmeißnische Landesherr<br />
zu den reichsten und angesehensten Fürsten des Reiches zählte. In einem Gedichttext<br />
von Andreas Justinus Kerner (1786–1862) heißt es:<br />
„Herrlich, sprach der Fürst von Sachsen,/ist mein Land und seine Macht./<br />
Silber hegen meine Berge/Wohl in manchem tiefen Schacht.“<br />
Mit dem von Kaiser Friedrich I. verliehenen Bergregal war Markgraf Otto Eigentümer<br />
der im Boden reichlich auf Abbau wartenden Silbererze geworden. Infolge des einsetzenden<br />
„Berggeschreys“ eilten Bergleute aus altsächsischen Gebieten in die glückverheißende<br />
Christiansdorfer Region, um gemäß dem Grundsatz „Wo eyn man ercz<br />
suchen will, da mag er thun mit rechte!“ an der Silberausbeute zu partizipieren. Gegen<br />
Abgabe eines bergrechtlich festgelegten Fundanteiles, des Zehnten, konnte jedermann<br />
bei Freiheit seiner Person nach Silbererz schürfen und dieses abbauen. Da in den Anfängen<br />
des Bergbaus die Silbererzgänge bis nahe an die Erdoberfläche reichten, dürfte<br />
sich die bergmännische Förderung in rasantem Tempo auf weite Gebiete Christiansdorfs<br />
ausgedehnt haben. Um 1260 sollte Albertus Magnus (um 1200–1280), ein Kölner<br />
Dominikaner, Gelehrter, Philosoph und Naturwissenschaftler, in seinem lateinisch<br />
verfassten Werk LIBER MINERALIUM (um 1260) das hier gewonnene Silber als das reinste<br />
und beste – „[…] est purissimum et optimum genus argenti […]“ – bezeichnen.<br />
Zugewanderte Bergleute aus Niedersachsen wandelten ihre Siedlung bis etwa<br />
1186/90 zur Sächsstadt (civitas saxonum) um. Das Zentrum dieses städtischen Ge-<br />
9
Ältestes Stadtsiegel (1227) von Freiberg;<br />
Umschrift: »SIGILLVM BVRGENSIVM IN<br />
VRIBERCH« (Siegel der Bürger in Freiberg)<br />
meinwesens lag im heutigen Gebiet von Pfarrund<br />
Donatsgasse. Als bergmännische Andachtsstätte<br />
diente die östlich des Donatsturmes<br />
gelegene Donatikirche. In nur wenigen<br />
Jahrzehnten wuchsen mehrere Siedlungskerne<br />
mit ihren Kirchen zu einem städtischen Gemeinwesen<br />
zusammen – die Sächsstadt mit<br />
St. Donati und St. Jacobi (abgetragen 1890), das<br />
Handwerker- und Kaufmannsviertel mit St. Nicolai<br />
(1175/80), das Burgviertel mit der Frauenkirche<br />
und die Oberstadt mit St. Petri.<br />
Letztlich wurde die sogenannte Bergfreiheit namensgebend<br />
für die „Stadt am freien Berg“. Seit<br />
1218 ist der Name „Vriberch“ urkundlich bezeugt.<br />
Der Freiberger Historiker Ulrich Thiel fand eine noch frühere Nennung in<br />
einem Güterverzeichnis. Darin wird den Nonnen in Quedlinburg schon vor 1203 ein<br />
jährlicher Betrag von „6 Mark Freiberger Silber“ zugesichert. Um 1300 wies Freiberg<br />
etwa 5000 Einwohner auf und gehörte somit zu den größten Städten der Markgrafschaft<br />
Meißen. Sein romanisches Stadtsiegel von 1227 zählt zu den ältesten erhaltenen<br />
des einstigen markmeißnischen Landes; es ist mit dem markmeißnischen Löwen und<br />
den Landsberger Pfählen geschmückt. Das zwischen 1296 und 1305 aufgezeichnete<br />
Freiberger Stadtrecht bildete die rechtliche Basis für ein gedeihliches Zusammenleben<br />
der Bürgerschaft, während das Freiberger Bergrecht (13./14. Jahrhundert) dem Bergbau<br />
betreffende Angelegenheiten regelte.<br />
Mitte des 13. Jahrhunderts gab es in Freiberg drei Klöster (Dominikaner, Franziskaner,<br />
Maria-Magdalenen-Kloster), zwei geistliche Hospitäler, fünf Pfarrkirchen sowie<br />
zwei Handelsplätze (Unter- und Obermarkt). Aus den Klöstern kamen bedeutende Impulse<br />
für die Kulturgeschichte. Zum Schutz des Bergbaus und der Siedlungsgebiete im<br />
wichtigen landesherrlichen Verwaltungssitz und Ort der Münzstätte wurde um 1175/80<br />
im Burglehen eine markgräfliche Burg errichtet, der Vorgängerbau des im 16. Jahrhundert<br />
folgenden Schlosses Freudenstein. Nach Auffassung des Freiberger Bauforschers<br />
und Historikers Uwe Richter – nachzulesen in den Sächsischen Heimatblättern, Heft<br />
3/2012 – konnten archäologische Grabungsfunde nach Auswertung dendrochronologischer<br />
Untersuchungen so datiert werden, dass der Prozess der Anlegung der Oberstadt<br />
nicht, wie bisher angenommen, um 1212 einsetzte, sondern bereits vor 1200.<br />
10
SCHLOSS- UND DOMVIERTEL<br />
Für viele Gäste steht im Mittelpunkt ihres Freiberg-Aufenthaltes das historische<br />
Schloss- und Domviertel – gelegen im Bereich von Schloss und Untermarkt. Vom<br />
Obermarkt aus erreicht man die altstädtischen Quartiere über die Burgstraße, den<br />
Schlossplatz und die Kirchgasse. Auf dem Weg dorthin fallen an den Häusern Gedenktafeln<br />
auf, die an ehemalige berühmte Bewohner und Besucher erinnern: auf die bereits<br />
genannten Humboldt, Novalis, Goethe und von Trebra, aber auch auf den später<br />
noch ausführlich zu würdigenden Orgelbauer Gottfried Silbermann aus dem erzgebirgischen<br />
Frauenstein. Straßen- und Platznamen wie Schlossplatz, Kirchgasse, Domgässchen,<br />
Domgasse, Am Dom, Silbermannstraße, (Kurfürst-)Moritzstraße und<br />
Untermarkt sind ein Indikator für die hohe kulturelle Bedeutung dieser Altstadtbereiche.<br />
Markante Gebäude sind das Schloss Freudenstein, das Sächsische Oberbergamt,<br />
das Stadt- und Bergbaumuseum und der Domkomplex. In diesem Quartier wurden<br />
die berühmten Silbermann-Orgeln gebaut. Die Sehenswürdigkeiten – darunter auch<br />
die Mineraliensammlungen im Schloss und im Krügerhaus, die Winkler-Gedenkstätte<br />
sowie die historische Andreas-Möller-Bibliothek im Haus Albertinum des Geschwister-Scholl-Gymnasiums<br />
– ziehen jährlich Tausende Gäste in ihren Bann. Auf dem<br />
Grünen Friedhof, im Kreuzgang und im Dom liegen die Gräber bedeutender Stadtkantoren,<br />
Akademieprofessoren, Rektoren der ehemaligen Lateinschule sowie Persönlichkeiten<br />
des geistlichen und weltlichen Standes.<br />
Ehemaliges Dominikanerkloster. Einst gab es in Sachsen vier Dominikanerklöster,<br />
eines davon war das im 2. Viertel des 13. Jahrhunderts gegründete Kloster in Freiberg.<br />
Gegenüber dem heutigen Schloss gelegen, wurde das Areal von Schlossplatz, Burgstraße,<br />
Prüferstraße und Nonnengasse begrenzt. Haupttätigkeiten der Dominikaner<br />
waren die Seelsorge und die Predigt. Deshalb werden solche Kirchen auch als Predigerkirchen<br />
bezeichnet. Aus den Klöstern kamen bedeutende Impulse für die Kulturgeschichte.<br />
Der Dominikaner Dietrich von Freiberg, geboren um 1240, galt als<br />
bedeutender Philosoph, Theologe und Naturforscher und war Lesemeister am hiesigen<br />
Dominikanerkloster. In der deutschen Ordensprovinz bekleidete er hohe geistliche<br />
Ämter. Eine naturwissenschaftliche Glanzleistung Dietrichs war die Erklärung der Entstehung<br />
des Regenbogens durch Brechung und Reflexion von Sonnenstrahlen in Was-<br />
17
Archäologische Grabung 2012 auf dem Areal des ehemaligen Dominikanerklosters<br />
sertropfen. Der Freiberger Theologieprofessor Karl-Hermann Kandler hat über das<br />
Leben und Werk des Dominikaners jahrzehntelang wissenschaftlich geforscht und publiziert.<br />
Archäologische Grabungen. Nach der Reformation 1537 kam es bald zum Abbruch<br />
der Klostergebäude, dem eine spätere Überbauung mit Bürgerhäusern folgte.<br />
„Leider“, so Heinrich Magirius 2002, „lässt sich über die architektonische Gestaltung<br />
der beiden Klosterkirchen [gemeint sind die Franziskaner- und die Dominikanerkirche]<br />
in Freiberg, die nach der Reformation abgebrochen worden sind, ohne noch<br />
ausstehende bauarchäologische Forschungen nichts sagen.“ Doch mittlerweile haben<br />
bezüglich der Dominikanerkirche umfassende wissenschaftliche Untersuchungen<br />
stattgefunden.<br />
Ab Herbst 2010 fanden auf dem ehemaligen Klosterareal umfangreiche Grabungen<br />
durch das Landesamt für Archäologie Sachsen statt. Gut erhaltene Teile der Grundmauern<br />
von Klosterkirche und Kreuzgang konnten freigelegt und dokumentiert werden.<br />
Die Archäologen stießen auf originale, sechseckige Bodenfliesen und auf<br />
Bestattungen aus klösterlicher Zeit. Geborgen wurden die Gebeine von etwa 65 Menschen.<br />
Besondere Aufmerksamkeit erregte der Fund eines goldenen Ringes mit einem<br />
18
ötlichen Halbedelstein. Mit dem Abschluss der Grabung 2012 wurde der Weg frei für<br />
eine neue Bebauung des Areals ab 2013. Teile der freigelegten Klostermauern sollen<br />
sichtbar bewahrt werden.<br />
Neubau Universitätsquartier. Unter Einbeziehung der leer stehenden bzw. entkernten<br />
Altbauten Schlossplatz 1 und 1a werden nun auf dem Areal des untersuchten<br />
Klostergebietes zwischen Prüferstraße und Schlossplatz bis 2015, dem 250-jährigen<br />
Jubiläum der Bergakademie Freiberg, für zirka tausend Studenten der wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Fakultät ein moderner Hörsaalkomplex in kubischer Architektur, Seminarräume<br />
und Büros errichtet. Ebenfalls im Schlossplatzquartier sollen das<br />
TU-Studien-Informationszentrum und das Internationale Universitätszentrum „Alexander<br />
v. Humboldt“ ihr Domizil erhalten. Mit der Vollendung der Anlage hofft man,<br />
den lang ersehnten Wissenschaftskorridor zwischen der historischen Altstadt und dem<br />
außerhalb liegenden Campus der Technischen Universität Bergakademie Freiberg geschaffen<br />
zu haben.<br />
Schlossplatz. Sehr zur Freude der Bevölkerung erhielt der zwischenzeitlich nach<br />
Otto Nuschke benannte Schlossplatz nach der politischen Wende 1989 seinen historischen<br />
Namen zurück. Allerdings kam es im Jahr 2008 für die Dauer von zwei Wochen<br />
höchstamtlich zu einer Umbenennung – zum Herzog-Heinrich-Platz. Dem Wunsch<br />
der Bürgerschaft entsprechend hob der Stadtrat die Namensänderung jedoch schnell<br />
wieder auf. Der Platz wird von drei markanten historischen Gebäuden gesäumt: dem<br />
Silbermannhaus, Schloss Freudenstein und dem Krügerhaus. Dem Silbermannhaus<br />
gegenüber standen einst das Kreuztor als Bestandteil der Stadtmauer, die Kreuzkapelle<br />
und der Kreuzbrunnen.<br />
Seit 2011 ist der Schlossplatz autofrei. Sitztraversen, viele Bänke und Anpflanzungen<br />
laden zum Verweilen ein. Für Veranstaltungen und zum Flanieren besitzt Freiberg<br />
damit drei neu gestaltete Orte: neben dem Schlossplatz auch den Obermarkt und den<br />
Schlossinnenhof.<br />
Schloss Freudenstein (Schlossplatz 4). Um 1180 ließ Markgraf Otto als Verwaltungssitz<br />
und zum Schutze des sich herausbildenden städtischen Gemeinwesens sowie<br />
des Silbererzbergbaus auf dem heutigen Schlossareal eine Burg mit Wehrfunktion errichten.<br />
Im 15. Jahrhundert kam erstmalig die Bezeichnung „Schloss“ auf. Von 1505<br />
bis 1539 nutzte Herzog Heinrich der Fromme, Herr mit eingeschränkter Souveränität<br />
über die Ämter Freiberg und Wolkenstein, mit seiner Gemahlin Katharina von Mecklenburg<br />
das Anwesen, nun Freudenstein genannt, als Residenz. Ihre Söhne Moritz und<br />
August – die späteren Kurfürsten von Sachsen – wurden hier 1521 und 1526 geboren.<br />
19
Schloss Freudenstein, Zustand vor dem Umbau …<br />
… und nach diesem; das Schloss ist seit 2008 Sitz der Mineraliensammlung „terra mineralia“ und<br />
des sächsischen Bergarchivs<br />
20
Krügerhaus am Schlossplatz, rechts der Schlossturm und das 1949 hier entfernte Clemens-Winkler-<br />
Denkmal von 1910; historische Postkarte<br />
Schloss Freudenstein, ehemalige Hofküche, jetzt Schatzkammer für besonders attraktive Minerale<br />
21
Stammbaum der Familie Silbermann (Auszug)<br />
Die Übersicht beschränkt sich auf die wichtigsten<br />
männlichen Familienmitglieder. In<br />
den Generationen nach Andreas und Gottfried<br />
sind nur diejenigen Vertreter der Familie<br />
genannt, die als Orgel- bzw. Klavierbauer<br />
tätig waren.<br />
Michael Silbermann (1640 – 1713) heiratete<br />
nach dem Tod seiner ersten Frau ein weiteres<br />
Mal. Der ersten Ehe entstammen die<br />
Söhne Michael d.J., Georg und Christian, der<br />
zweiten Ehe die Söhne Andreas und Gottfried.<br />
GEORG<br />
nach 1595 nachweisbar<br />
Häusler in Kleinbobritzsch<br />
VEIT<br />
? – ?<br />
Bauer<br />
in Kleinbobritzsch<br />
ABRAHAM<br />
1637–1684<br />
Hüfner (=Bauer)<br />
in Kleinbobritzsch<br />
MICHAEL<br />
1640–1713<br />
Zimmermann<br />
in Frauenstein<br />
ANDREAS<br />
1646–1674<br />
Hüfner (=Bauer)<br />
in Kleinbobritzsch<br />
MICHAEL d.J.<br />
1666–1733<br />
Zimmernann<br />
in Frauenstein<br />
GEORG<br />
1670–1735<br />
Arzt in<br />
Glashütte<br />
CHRISTIAN<br />
1673–1728<br />
Müller in<br />
Wilmsdorf bei<br />
Possendorf<br />
ANDREAS<br />
1678–1734<br />
Orgelbauer<br />
in Strasburg<br />
GOTTFRIED<br />
1683–1753<br />
Orgelbauer<br />
in Freiberg<br />
JOHANN<br />
GEORG(E)<br />
1698–1749<br />
Orgelbauer,<br />
Mitarbeiter<br />
von Gottfried<br />
in Freiberg<br />
JOHANN<br />
ANDREAS<br />
1712–1783<br />
Orgelbauer,<br />
Historiker,<br />
Sammler und<br />
Zeichner in<br />
Straßburg<br />
JOHANN<br />
DANIEL<br />
1717–1766<br />
Orgel- und<br />
Klavierbauer<br />
in Straßburg<br />
und Dresden<br />
GOTTFRIED<br />
d. J.<br />
1722–1762<br />
Orgelbauer<br />
und Kunstmaler<br />
in<br />
Straßburg<br />
JOHANN<br />
HEINRICH<br />
1727–1799<br />
Orgel- und<br />
Klaiverbauer<br />
in Straßburg<br />
JOHANN<br />
DANIEL d. J.<br />
1745–1770<br />
Orgelbauer in<br />
Straßburg<br />
JOHANN<br />
JOSIAS<br />
1765–1786<br />
Orgelbauer in<br />
Straßburg<br />
JOHANN<br />
FRIEDRICH<br />
1762–1805<br />
Klavierbauer<br />
in Straßburg<br />
25
Übersicht sämtlicher Silbermannorgeln<br />
Nr. Ort Kirche Jahr Nr. Ort Kirche Jahr<br />
1 X Frauenstein Stadtkirche 1711 24 X Püchau Dorfkirche 1729<br />
2 Freiberg Dom 1714 25 Glauchau St. Georgen 1730<br />
3 X Conradsdorf Dorfkirche 1714 26 X Reichenbach St. Trinitatis 1730<br />
4 Pfaffroda St. Georg 1715 27 Reinhardts- Dorfkirche 1731<br />
grimma<br />
5 Oberbobritzsch St. Nikolai 1716 28 Mylau Stadtkirche 1731<br />
6 Niederschöna Dorfkirche 1716 29 Crostau Dorfkirche 1732 ?<br />
7 Freiberg St .Jakobi 1717 30 X Freiberg Privat, 1731 ?<br />
Kantor<br />
J. C. Erselius<br />
8 Großkmelen St. Georg 1718 31 X Wegefarth Dorfkirche ?<br />
9 Freiberg St. Johannis 1719 32 Schweikershain Dorfkirche 1734 ?<br />
ab 1939<br />
Dom<br />
10 X Dresden Sophienkirche 1720 33 Etzdorf, Dorfkirche 1734 ?<br />
seit 1939<br />
Dom Bremen<br />
11 X Dresden kath. Kapelle 1720 34 Freiberg St. Petri 1735<br />
Taschenberg<br />
12 Rötha St. Georg 1721 35 X Dresden Frauenkirche 1736<br />
13 Rötha St. Marien 1722 36 Ponitz Dorfkirche 1737<br />
14 Chemnitz St. Johannis, 1722 37 X Frauenstein Stadtkirche 1738<br />
seit 1957 in<br />
Bad Lausik<br />
15 Reichenbach St. Peter u. Paul 1725 38 X Greiz Stadtkirche 1739<br />
16 Ringethal Schlosskapelle 1725 39 X Zittau St. Johannis 1741<br />
17 Forchheim Dorfkirche 1726 40 Großhartmanns- Dorfkirche 1741<br />
dorf<br />
18 Dittersbach Dorfkirche 1726 41 Zöblitz Stadtkirche 1742<br />
19 Oederan Stadtkirche 1727 42 Fraureuth Dorfkirche 1742<br />
20 X Rochlitz St. Petri 1727 43 Burgk Schlosskap. 1743<br />
21 Lebusa Dorfkirche 1727 44 Nassau Dorfkirche 1748<br />
22 Tiefenau Schlosskapelle 1728 45 Frankenstein Dorfkirche 1753<br />
23 Helbigsdorf Dorfkirche 1728 46 Dresden Ka. Hofkirche 1755<br />
X = Orgel nicht mehr erhalten<br />
26
Lateinische Handschrift auf Pergament, Ende 12./Anfang 13. Jahrhundert: Die Psalmen Davids;<br />
Andreas-Möller-Bibliothek, fotografiert von Volkmar Herre<br />
der Chronik THEATRUM FREIBERGENSE CHRONICUM (erschienen 1653 in deutscher Sprache)<br />
– große Verdienste erworben. Seine Freiberg-Chronik gilt neben den Beständen<br />
des Stadtarchivs und den MITTEILUNGEN DES FREIBERGER ALTERTUMSVEREINS bis heute<br />
als wichtige Quelle für die örtliche Stadt- und Kirchengeschichtsforschung. Möllers<br />
Grab befindet sich auf dem Domkirchhof; der Grabstein wurde 1998 ins Domlanghaus<br />
umgesetzt. In der Nachkriegszeit haben sich Bibliotheksleiter wie Hellmut Döring<br />
(1903–1995) und Hans- Christian Neumann (1924–1987) um die Bibliothtek verdient<br />
gemacht, weil sie „[…] mit Fleiß und Akribie für ihre Erhaltung gesorgt, radikale Eingriffe<br />
abgewehrt, ihre Bestände erforscht und vermehrt […]“ haben, nach der Devise,<br />
„dass Bücher Brot sind, deren der Mensch bedarf“, so Volker Bannies, derzeitiger Leiter<br />
der Andreas-Möller-Bibliothek. Zu würdigen ist auch Günter Blobel, Medizinprofessor<br />
an der Rockefeller-Universität in New York, der 1954 am Scholl-Gymnasium sein Abitur<br />
ablegte. Für seine bahnbrechenden Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Zellbiologie<br />
wurde ihm 1999 der Medizin-Nobelpreis verliehen.<br />
Franziskaner-Kloster (Mönchstraße 3). Vom Franziskaner-Kloster, gegründet um<br />
1233, hat sich noch ein zweigeschossiges Gebäude vom Anfang des 16. Jahrhunderts<br />
erhalten, dessen Nordgiebel in die vorbeiführende Stadtmauer integriert ist. Eine besondere<br />
Augenweide sind die zahlreichen Kielbogenfester, im Innern ein Raum mit<br />
37
DER FREIBERGER DOM<br />
Romanische Marienkirche. Noch zur Zeit des Stadtgründers Markgraf Otto von Wettin<br />
(1125–1190) wurde innerhalb des Burglehens im Bereich Untermarkt, dem heutigen<br />
Domstandort, um 1180/85 eine Marienkirche in Gneisbruchstein errichtet. Sie<br />
war im Stil einer dreischiffigen, spätromanischen Pfeiler-Basilika gebundenen Systems<br />
gehalten, mit zwei Querhausarmen, erhöhtem Mittelschiff, langgestrecktem Presbyterium<br />
sowie einer polygonal gebrochenen Hauptapsis und zwei polygonalen Nebenapsiden<br />
als östlichem Bauabschluss. Den zwei quadratischen Westtürmen standen zwei<br />
niedrigere polygonale im Osten gegenüber. Der gesamte Sakralbau war gewölbt und<br />
zeigte „Einflüsse von der zwischen 1175 und 1198 errichteten Kirche des nahen Zisterzienserklosters<br />
Altzella“ (Heinrich Magirius). Annähernd quadratisch gehalten<br />
waren die Vierung, die Querhausarme und die drei Mittelschiffjoche, denen man sechs<br />
Seitenschiffjoche zugeordnet hatte. Möglicherweise wurden das Mittelschiff und die<br />
Romanische Basilika, Westseite mit eingefügter »Goldenen Pforte« und Grundriss<br />
46
ZEITTAFEL<br />
um 1156<br />
Beginn der Besiedlung<br />
1162<br />
Markgraf Otto stiftet das Zisterzienserkloster Altzella<br />
1168<br />
Erste Silberfunde<br />
um 1180<br />
Bau der romanischen Marienkirche<br />
1186<br />
Herausbildung mehrerer Siedlungskerne zur Stadt<br />
um 1218<br />
Name Vriberch erstmals urkundlich erwähnt<br />
um 1225<br />
Triumphkreuzgruppe<br />
um 1225/30<br />
Goldene Pforte<br />
1480<br />
Frauenkirche (Marienkirche) wird Kollegiatstiftskirche<br />
1484<br />
Stadtbrand, auch Marienkirche schwer betroffen<br />
um 1485–90<br />
Bau Domherrenhof; Umsetzung Goldene Pforte<br />
1488–96<br />
Hilliger-Domgeläut<br />
um 1501<br />
Wiederaufbau Dom beendet<br />
1505<br />
Freiberg wird herzogliche Residenz; Tulpenkanzel<br />
bis 1514<br />
Bau Annenkapelle und Kreuzgang<br />
121
1537<br />
Reformation in den Ämtern Freiberg und Wolkenstein<br />
1539<br />
Reformation im albertinischen Herzogtum Sachsen<br />
1541–1694<br />
Landesherrliche Grablege im Dom<br />
1563<br />
Moritz-Monument<br />
1589–94<br />
Manieristische Umgestaltung des Dom-Chors durch Nosseni<br />
ab 1658<br />
Schönbergsches Erbbegräbnis im Kreuzgang<br />
1711–53<br />
Freiberg Wohn-und Werkstattsitz von Gottfried Silbermann<br />
1711–14<br />
Bau der großen Silbermannorgel<br />
1765<br />
Gründung der Bergakademie Freiberg<br />
1817<br />
Tod des Mineralogen Abraham Gottlob Werner<br />
1861/62<br />
Freilegung der Goldenen Pforte<br />
1890<br />
Schönbergsche Grabstein-Sammlung im Kreuzgang<br />
1903<br />
Schutzbau vor der Goldenen Pforte im Jugendstil<br />
ab 1925<br />
Rückkehr des 1853 ausgeliehenen Kunstgutes aus Dresden (Apostel, Jungfrauen u.a.)<br />
1938/39<br />
Dom erhält durch Umsetzung die kleine Silbermannorgel aus der gesperrten Johanniskirche<br />
1939<br />
Beginn der Dom-Abendmusik unter Domkantor A. Eger<br />
1958–62<br />
Restaurierung Dom-Langhaus<br />
122
1992–94<br />
Restaurierung Tulpenkanzel<br />
2001<br />
Festwoche anlässlich 500 Jahre Domkirchweihe<br />
2002–2004<br />
Nachbau der Renaissance-Musikinstrumente<br />
2005<br />
Festwoche 500 Jahre Tulpenkanzel<br />
2008<br />
Ende Schlosssanierung; Eröffnung „terra mineralia“<br />
2010<br />
Rückkehr der ausgeliehenen Moritz-Rüstung inkl. Figurine aus Dresden; Beginn<br />
Archäologische Grabung auf dem Areal des ehemaligen Dominikanerklosters<br />
2012–2014<br />
Archäologische Grabungen Kreuzgang und Grüner Friedhof; Neubau Dom-Küsterei;<br />
Restaurierung Kreuzgang<br />
2012<br />
850 Jahre Freiberg; Eröffnung Krügerhaus<br />
2013<br />
450 Jahre Moritz-Monument; Beginn Bau TU-Schlossplatzquartier<br />
2014<br />
300 Jahre Große Silbermannorgel<br />
2015<br />
250 Jahre Bergakademie Freiberg, seit 1992 Technische Universität; 450 Jahre Andreas-<br />
Möller-Bibliothek; 500 Jahre Geschwister-Scholl-Gymnasium Freiberg<br />
123
Lageplan der Domgebäude<br />
A Haupteingang Westseite<br />
B1 SW-Turm (Glockenturm)<br />
B2 NW-Turm<br />
C Vorhalle<br />
D Langhaus<br />
E Hoher Chor<br />
F Schutzbau (Jugendstil)<br />
G Grüner Friedhof (Kirchhof )<br />
H Kreuzgang<br />
I Annenkapelle<br />
K Schönbergscher Hof<br />
L Domherrenhäuser<br />
M Domherrenhof<br />
(jetzt Museum)<br />
N Superintendentur<br />
P Demantiushaus<br />
Kü Küsterei<br />
S Schönlebekapelle<br />
1 Großer Wendelstein<br />
2 Epitaph Abraham von Schönberg/<br />
Barbara Schönlebe<br />
3 Epitaph Holewein<br />
4 Gotisches Kruzifix/Epitaph A. Kreul<br />
5' Große Silbermann Orgel<br />
6 Epitaphe der Domherren J. Linder<br />
und S. Steinhart<br />
7 Jungfrauenzyklus an Freipfeilern<br />
8 Apostelzyklus an Strebepfeilern<br />
9 Königslogen<br />
10 Bergmannskanzel<br />
11 Tulpenkanzel<br />
12 Pietà<br />
13 Knappschaftsgestühl<br />
14 Gemeindealtar<br />
15' Kleine Silbermann-Orgel/Sakristei<br />
16 Opferstock und Skulptur des hl.<br />
Christophorus<br />
17’ Triumphkreuzgruppe<br />
18 Taufstein<br />
19 Nordkapelle mit Kurfürstensärgen<br />
20 Moritzmonument<br />
21 Nosseni-Epitapharchitektur,<br />
Messing-Grabplatten<br />
22 Südkapelle mit Schwesterngruft,<br />
Südgruft<br />
23 Goldene Pforte<br />
24 Lutherbrunnen<br />
25 Abraham-Gottlob-Werner-Grab<br />
26 v. Schönbergsche Grabmale<br />
27 v. Schönbergsche Grabkapelle<br />
28 v. Schönbergscher Epitaphaltar<br />
29 Anna Selbdritt<br />
30 Monhauptsche Gottesmutter<br />
31 Schmiedeeiserne Ziergitter<br />
32 Wendelstein im NW-Turm<br />
33 Besucherraum Domführung/<br />
Domladen<br />
34 Gemeinderäume<br />
Apostroph verweist auf den Emporenbereich<br />
124
Untermarkt<br />
P<br />
M<br />
E<br />
21<br />
Kreuzgasse<br />
19 20 22<br />
31<br />
L<br />
Am Dom<br />
15<br />
16<br />
17’ 18<br />
14<br />
13<br />
23<br />
F<br />
25<br />
24<br />
Herderstraße<br />
9<br />
11 12<br />
L<br />
8<br />
7<br />
D<br />
10<br />
Kü<br />
H<br />
Moritzstraße<br />
G<br />
32<br />
C<br />
B2<br />
A<br />
H<br />
33<br />
L<br />
31<br />
B1<br />
N<br />
L<br />
30<br />
6<br />
5’<br />
3<br />
4<br />
2<br />
1<br />
Domgasse<br />
34<br />
29 28<br />
I<br />
H<br />
S<br />
26 26<br />
K<br />
27<br />
Domgasse<br />
Kirchgasse<br />
Domgäßchen