12.01.2014 Aufrufe

Leseprobe

Leseprobe

Leseprobe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Manfred Hübner<br />

FREIBERGER DOM<br />

mit Schloss- und Domviertel<br />

Fotos von Manfred Lohse und Otto Schröder<br />

Ω<br />

HINSTORFF


Campus der<br />

Universität<br />

22<br />

14<br />

13<br />

5<br />

9<br />

10<br />

16 17 18<br />

7<br />

6<br />

8<br />

11 12<br />

15<br />

19<br />

3<br />

4<br />

21<br />

2<br />

1<br />

20<br />

© 599media GmbH<br />

01 Stadttheater<br />

02 TU Bergakademie (Rektorat)<br />

03 Ehemaliges Dominikanerkloster<br />

04 Neubau Universitätsquartier<br />

05 Schlossplatz<br />

06 Schloss Freudenstein<br />

07 Krügerhaus<br />

08 Silbermannhaus<br />

09 Winkler-Gedenkstätte<br />

10 Mineralogisches Institut<br />

11 Sächsisches Oberbergamt<br />

12 Schönbergscher Hof<br />

13 Geschwister-Scholl-Gymnasium<br />

14 Gebäude des ehemaligen Franziskanerklosters<br />

15 Alte Superinterdentur<br />

16 Stadt- und Bergbaumuseum<br />

17 Untermarkt<br />

18 Standort der ehemaligen Jakobikirche<br />

19 Dom<br />

20 Schwedendenkmal<br />

21 Stelle erster Silberfund<br />

22 Campus der Universität


INHALT<br />

09 SILBERFUNDE UND STADTGRÜNDUNG<br />

11 HISTORISCHE ALTSTADT<br />

14 KUNST UND WISSENSCHAFT<br />

15 Stadttheater Freiberg<br />

15 TU Bergakademie Freiberg<br />

17 SCHLOSS- UND DOMVIERTEL<br />

17 Ehemaliges Dominikanerkloster<br />

18 Archäologische Grabungen<br />

19 Neubau Universitätsquartier<br />

19 Schlossplatz<br />

19 Schloss Freudenstein<br />

22 Ausstellung „terra mineralia“<br />

22 Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg<br />

22 Krügerhaus, Mineralogische Sammlung Deutschland<br />

24 Silbermannhaus<br />

25 Stammbaum Familie Silbermann<br />

26 Übersicht sämtlicher Silbermannorgeln<br />

27 Die Silbermannorgeln im Freiberger Dom<br />

29 Stadt- und Domkantoren<br />

32 Winkler-Gedenkstätte<br />

33 Mineralogisches Institut<br />

34 Sächsisches Oberbergamt<br />

34 Schönbergscher Hof<br />

36 Geschwister-Scholl-Gymnasium (Haus Albertinum)<br />

37 Franziskanerkloster<br />

38 Domherrenhäuser (Alte Superintendentur 38, Stadt-und Bergbaumuseum 40)<br />

42 Untermarkt<br />

42 Alte Jakobikirche<br />

46 DER FREIBERGER DOM<br />

46 Romanische Marienkirche<br />

48 Domerhebung<br />

49 Domneubau. Spätgotische Hallenkirche<br />

50 Reformation<br />

50 Baubeschreibung des Domes


053 Historisches Glockengeläut<br />

055 Dom-Inneres<br />

061 Ausstattungsstücke im Dom-Langhaus<br />

061 Spätromanische Triumphkreuzgruppe<br />

061 Spätgotische Skulpturen<br />

067 Pietà<br />

069 Altarretabel<br />

069 Taufstein<br />

073 Domkanzeln (Tulpenkanzel 73, Restaurierung Tulpenkanzel 75, Bergmannskanzel<br />

76)<br />

076 Königslogen<br />

077 Epitaphe 77, Pfarrerbildnisse 81, Grabplatten 81<br />

083 Kurfürstliche Grablege im Hohen Dom-Chor<br />

083 Heinrichs Testament<br />

084 Auszug aus dem Stammbaum des sächsisch-albertinischen Fürstenhauses<br />

Wettin<br />

085 Im Dom beigesetzte evangelische Angehörige des sächsisch-albertinischen<br />

Fürstenhauses Wettin<br />

086 Schwestern-Grabmal<br />

086 Zinnsärge Dresdner Sophienkirche<br />

088 Kurfürst Moritz von Sachsen<br />

089 Moritz-Monument<br />

096 Umgestaltung Hauptchor<br />

100 Renaissance-Musikinstrumente<br />

102 Goldene Pforte<br />

102 Entstehung<br />

106 Ikonographische Betrachtung<br />

108 Jugendstil-Schutzbau<br />

112 Annenkapelle<br />

114 Kreuzgang<br />

114 Schönbergsche Grablege<br />

116 Schönbergsche Familien-Grabsteinsammlung<br />

117 Kampf um Erhaltung des Kreuzgangs<br />

118 Restaurierung Kreuzgang seit 2012<br />

119 Grüner Friedhof<br />

121 ZEITTAFEL<br />

124 LAGEPLAN DER DOMGEBÄUDE<br />

126 LITERATUR-AUSWAHL


Historischer Stadtplan von Freiberg; kolorierter Kupferstich von Georg Braun und Franz Hogenberg (1576)


SILBERFUNDE UND STADTGRÜNDUNG<br />

In der östlichen Freiberger Altstadt, am Hause Wasserturmstraße 34, wird die Aufmerksamkeit<br />

auf eine Bronzetafel mit dem Text „HIER BEGANN IM JAHRE 1168<br />

DER FREIBERGER BERGBAU“ gelenkt. Dieses epochale Ereignis, das Auffinden silberhaltiger<br />

Erze, sollte richtungsweisend für die zukünftige Entwicklung der einst bäuerlich<br />

geprägten Siedlung Christiansdorf sowie der gesamten Region werden: Bis etwa<br />

1185/90 entstand die erste freie Bergstadt auf sächsisch-meißnischem Territorium.<br />

Somit gilt Freiberg als Wiege des erzgebirgischen Silbererzbergbaus. Instinktiv spürte<br />

Markgraf Otto die Folgen dieser Entdeckung für sein Land. Als Münzmetall war das<br />

Freiberger Silber von unschätzbarem Wert, so dass der markmeißnische Landesherr<br />

zu den reichsten und angesehensten Fürsten des Reiches zählte. In einem Gedichttext<br />

von Andreas Justinus Kerner (1786–1862) heißt es:<br />

„Herrlich, sprach der Fürst von Sachsen,/ist mein Land und seine Macht./<br />

Silber hegen meine Berge/Wohl in manchem tiefen Schacht.“<br />

Mit dem von Kaiser Friedrich I. verliehenen Bergregal war Markgraf Otto Eigentümer<br />

der im Boden reichlich auf Abbau wartenden Silbererze geworden. Infolge des einsetzenden<br />

„Berggeschreys“ eilten Bergleute aus altsächsischen Gebieten in die glückverheißende<br />

Christiansdorfer Region, um gemäß dem Grundsatz „Wo eyn man ercz<br />

suchen will, da mag er thun mit rechte!“ an der Silberausbeute zu partizipieren. Gegen<br />

Abgabe eines bergrechtlich festgelegten Fundanteiles, des Zehnten, konnte jedermann<br />

bei Freiheit seiner Person nach Silbererz schürfen und dieses abbauen. Da in den Anfängen<br />

des Bergbaus die Silbererzgänge bis nahe an die Erdoberfläche reichten, dürfte<br />

sich die bergmännische Förderung in rasantem Tempo auf weite Gebiete Christiansdorfs<br />

ausgedehnt haben. Um 1260 sollte Albertus Magnus (um 1200–1280), ein Kölner<br />

Dominikaner, Gelehrter, Philosoph und Naturwissenschaftler, in seinem lateinisch<br />

verfassten Werk LIBER MINERALIUM (um 1260) das hier gewonnene Silber als das reinste<br />

und beste – „[…] est purissimum et optimum genus argenti […]“ – bezeichnen.<br />

Zugewanderte Bergleute aus Niedersachsen wandelten ihre Siedlung bis etwa<br />

1186/90 zur Sächsstadt (civitas saxonum) um. Das Zentrum dieses städtischen Ge-<br />

9


Ältestes Stadtsiegel (1227) von Freiberg;<br />

Umschrift: »SIGILLVM BVRGENSIVM IN<br />

VRIBERCH« (Siegel der Bürger in Freiberg)<br />

meinwesens lag im heutigen Gebiet von Pfarrund<br />

Donatsgasse. Als bergmännische Andachtsstätte<br />

diente die östlich des Donatsturmes<br />

gelegene Donatikirche. In nur wenigen<br />

Jahrzehnten wuchsen mehrere Siedlungskerne<br />

mit ihren Kirchen zu einem städtischen Gemeinwesen<br />

zusammen – die Sächsstadt mit<br />

St. Donati und St. Jacobi (abgetragen 1890), das<br />

Handwerker- und Kaufmannsviertel mit St. Nicolai<br />

(1175/80), das Burgviertel mit der Frauenkirche<br />

und die Oberstadt mit St. Petri.<br />

Letztlich wurde die sogenannte Bergfreiheit namensgebend<br />

für die „Stadt am freien Berg“. Seit<br />

1218 ist der Name „Vriberch“ urkundlich bezeugt.<br />

Der Freiberger Historiker Ulrich Thiel fand eine noch frühere Nennung in<br />

einem Güterverzeichnis. Darin wird den Nonnen in Quedlinburg schon vor 1203 ein<br />

jährlicher Betrag von „6 Mark Freiberger Silber“ zugesichert. Um 1300 wies Freiberg<br />

etwa 5000 Einwohner auf und gehörte somit zu den größten Städten der Markgrafschaft<br />

Meißen. Sein romanisches Stadtsiegel von 1227 zählt zu den ältesten erhaltenen<br />

des einstigen markmeißnischen Landes; es ist mit dem markmeißnischen Löwen und<br />

den Landsberger Pfählen geschmückt. Das zwischen 1296 und 1305 aufgezeichnete<br />

Freiberger Stadtrecht bildete die rechtliche Basis für ein gedeihliches Zusammenleben<br />

der Bürgerschaft, während das Freiberger Bergrecht (13./14. Jahrhundert) dem Bergbau<br />

betreffende Angelegenheiten regelte.<br />

Mitte des 13. Jahrhunderts gab es in Freiberg drei Klöster (Dominikaner, Franziskaner,<br />

Maria-Magdalenen-Kloster), zwei geistliche Hospitäler, fünf Pfarrkirchen sowie<br />

zwei Handelsplätze (Unter- und Obermarkt). Aus den Klöstern kamen bedeutende Impulse<br />

für die Kulturgeschichte. Zum Schutz des Bergbaus und der Siedlungsgebiete im<br />

wichtigen landesherrlichen Verwaltungssitz und Ort der Münzstätte wurde um 1175/80<br />

im Burglehen eine markgräfliche Burg errichtet, der Vorgängerbau des im 16. Jahrhundert<br />

folgenden Schlosses Freudenstein. Nach Auffassung des Freiberger Bauforschers<br />

und Historikers Uwe Richter – nachzulesen in den Sächsischen Heimatblättern, Heft<br />

3/2012 – konnten archäologische Grabungsfunde nach Auswertung dendrochronologischer<br />

Untersuchungen so datiert werden, dass der Prozess der Anlegung der Oberstadt<br />

nicht, wie bisher angenommen, um 1212 einsetzte, sondern bereits vor 1200.<br />

10


SCHLOSS- UND DOMVIERTEL<br />

Für viele Gäste steht im Mittelpunkt ihres Freiberg-Aufenthaltes das historische<br />

Schloss- und Domviertel – gelegen im Bereich von Schloss und Untermarkt. Vom<br />

Obermarkt aus erreicht man die altstädtischen Quartiere über die Burgstraße, den<br />

Schlossplatz und die Kirchgasse. Auf dem Weg dorthin fallen an den Häusern Gedenktafeln<br />

auf, die an ehemalige berühmte Bewohner und Besucher erinnern: auf die bereits<br />

genannten Humboldt, Novalis, Goethe und von Trebra, aber auch auf den später<br />

noch ausführlich zu würdigenden Orgelbauer Gottfried Silbermann aus dem erzgebirgischen<br />

Frauenstein. Straßen- und Platznamen wie Schlossplatz, Kirchgasse, Domgässchen,<br />

Domgasse, Am Dom, Silbermannstraße, (Kurfürst-)Moritzstraße und<br />

Untermarkt sind ein Indikator für die hohe kulturelle Bedeutung dieser Altstadtbereiche.<br />

Markante Gebäude sind das Schloss Freudenstein, das Sächsische Oberbergamt,<br />

das Stadt- und Bergbaumuseum und der Domkomplex. In diesem Quartier wurden<br />

die berühmten Silbermann-Orgeln gebaut. Die Sehenswürdigkeiten – darunter auch<br />

die Mineraliensammlungen im Schloss und im Krügerhaus, die Winkler-Gedenkstätte<br />

sowie die historische Andreas-Möller-Bibliothek im Haus Albertinum des Geschwister-Scholl-Gymnasiums<br />

– ziehen jährlich Tausende Gäste in ihren Bann. Auf dem<br />

Grünen Friedhof, im Kreuzgang und im Dom liegen die Gräber bedeutender Stadtkantoren,<br />

Akademieprofessoren, Rektoren der ehemaligen Lateinschule sowie Persönlichkeiten<br />

des geistlichen und weltlichen Standes.<br />

Ehemaliges Dominikanerkloster. Einst gab es in Sachsen vier Dominikanerklöster,<br />

eines davon war das im 2. Viertel des 13. Jahrhunderts gegründete Kloster in Freiberg.<br />

Gegenüber dem heutigen Schloss gelegen, wurde das Areal von Schlossplatz, Burgstraße,<br />

Prüferstraße und Nonnengasse begrenzt. Haupttätigkeiten der Dominikaner<br />

waren die Seelsorge und die Predigt. Deshalb werden solche Kirchen auch als Predigerkirchen<br />

bezeichnet. Aus den Klöstern kamen bedeutende Impulse für die Kulturgeschichte.<br />

Der Dominikaner Dietrich von Freiberg, geboren um 1240, galt als<br />

bedeutender Philosoph, Theologe und Naturforscher und war Lesemeister am hiesigen<br />

Dominikanerkloster. In der deutschen Ordensprovinz bekleidete er hohe geistliche<br />

Ämter. Eine naturwissenschaftliche Glanzleistung Dietrichs war die Erklärung der Entstehung<br />

des Regenbogens durch Brechung und Reflexion von Sonnenstrahlen in Was-<br />

17


Archäologische Grabung 2012 auf dem Areal des ehemaligen Dominikanerklosters<br />

sertropfen. Der Freiberger Theologieprofessor Karl-Hermann Kandler hat über das<br />

Leben und Werk des Dominikaners jahrzehntelang wissenschaftlich geforscht und publiziert.<br />

Archäologische Grabungen. Nach der Reformation 1537 kam es bald zum Abbruch<br />

der Klostergebäude, dem eine spätere Überbauung mit Bürgerhäusern folgte.<br />

„Leider“, so Heinrich Magirius 2002, „lässt sich über die architektonische Gestaltung<br />

der beiden Klosterkirchen [gemeint sind die Franziskaner- und die Dominikanerkirche]<br />

in Freiberg, die nach der Reformation abgebrochen worden sind, ohne noch<br />

ausstehende bauarchäologische Forschungen nichts sagen.“ Doch mittlerweile haben<br />

bezüglich der Dominikanerkirche umfassende wissenschaftliche Untersuchungen<br />

stattgefunden.<br />

Ab Herbst 2010 fanden auf dem ehemaligen Klosterareal umfangreiche Grabungen<br />

durch das Landesamt für Archäologie Sachsen statt. Gut erhaltene Teile der Grundmauern<br />

von Klosterkirche und Kreuzgang konnten freigelegt und dokumentiert werden.<br />

Die Archäologen stießen auf originale, sechseckige Bodenfliesen und auf<br />

Bestattungen aus klösterlicher Zeit. Geborgen wurden die Gebeine von etwa 65 Menschen.<br />

Besondere Aufmerksamkeit erregte der Fund eines goldenen Ringes mit einem<br />

18


ötlichen Halbedelstein. Mit dem Abschluss der Grabung 2012 wurde der Weg frei für<br />

eine neue Bebauung des Areals ab 2013. Teile der freigelegten Klostermauern sollen<br />

sichtbar bewahrt werden.<br />

Neubau Universitätsquartier. Unter Einbeziehung der leer stehenden bzw. entkernten<br />

Altbauten Schlossplatz 1 und 1a werden nun auf dem Areal des untersuchten<br />

Klostergebietes zwischen Prüferstraße und Schlossplatz bis 2015, dem 250-jährigen<br />

Jubiläum der Bergakademie Freiberg, für zirka tausend Studenten der wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Fakultät ein moderner Hörsaalkomplex in kubischer Architektur, Seminarräume<br />

und Büros errichtet. Ebenfalls im Schlossplatzquartier sollen das<br />

TU-Studien-Informationszentrum und das Internationale Universitätszentrum „Alexander<br />

v. Humboldt“ ihr Domizil erhalten. Mit der Vollendung der Anlage hofft man,<br />

den lang ersehnten Wissenschaftskorridor zwischen der historischen Altstadt und dem<br />

außerhalb liegenden Campus der Technischen Universität Bergakademie Freiberg geschaffen<br />

zu haben.<br />

Schlossplatz. Sehr zur Freude der Bevölkerung erhielt der zwischenzeitlich nach<br />

Otto Nuschke benannte Schlossplatz nach der politischen Wende 1989 seinen historischen<br />

Namen zurück. Allerdings kam es im Jahr 2008 für die Dauer von zwei Wochen<br />

höchstamtlich zu einer Umbenennung – zum Herzog-Heinrich-Platz. Dem Wunsch<br />

der Bürgerschaft entsprechend hob der Stadtrat die Namensänderung jedoch schnell<br />

wieder auf. Der Platz wird von drei markanten historischen Gebäuden gesäumt: dem<br />

Silbermannhaus, Schloss Freudenstein und dem Krügerhaus. Dem Silbermannhaus<br />

gegenüber standen einst das Kreuztor als Bestandteil der Stadtmauer, die Kreuzkapelle<br />

und der Kreuzbrunnen.<br />

Seit 2011 ist der Schlossplatz autofrei. Sitztraversen, viele Bänke und Anpflanzungen<br />

laden zum Verweilen ein. Für Veranstaltungen und zum Flanieren besitzt Freiberg<br />

damit drei neu gestaltete Orte: neben dem Schlossplatz auch den Obermarkt und den<br />

Schlossinnenhof.<br />

Schloss Freudenstein (Schlossplatz 4). Um 1180 ließ Markgraf Otto als Verwaltungssitz<br />

und zum Schutze des sich herausbildenden städtischen Gemeinwesens sowie<br />

des Silbererzbergbaus auf dem heutigen Schlossareal eine Burg mit Wehrfunktion errichten.<br />

Im 15. Jahrhundert kam erstmalig die Bezeichnung „Schloss“ auf. Von 1505<br />

bis 1539 nutzte Herzog Heinrich der Fromme, Herr mit eingeschränkter Souveränität<br />

über die Ämter Freiberg und Wolkenstein, mit seiner Gemahlin Katharina von Mecklenburg<br />

das Anwesen, nun Freudenstein genannt, als Residenz. Ihre Söhne Moritz und<br />

August – die späteren Kurfürsten von Sachsen – wurden hier 1521 und 1526 geboren.<br />

19


Schloss Freudenstein, Zustand vor dem Umbau …<br />

… und nach diesem; das Schloss ist seit 2008 Sitz der Mineraliensammlung „terra mineralia“ und<br />

des sächsischen Bergarchivs<br />

20


Krügerhaus am Schlossplatz, rechts der Schlossturm und das 1949 hier entfernte Clemens-Winkler-<br />

Denkmal von 1910; historische Postkarte<br />

Schloss Freudenstein, ehemalige Hofküche, jetzt Schatzkammer für besonders attraktive Minerale<br />

21


Stammbaum der Familie Silbermann (Auszug)<br />

Die Übersicht beschränkt sich auf die wichtigsten<br />

männlichen Familienmitglieder. In<br />

den Generationen nach Andreas und Gottfried<br />

sind nur diejenigen Vertreter der Familie<br />

genannt, die als Orgel- bzw. Klavierbauer<br />

tätig waren.<br />

Michael Silbermann (1640 – 1713) heiratete<br />

nach dem Tod seiner ersten Frau ein weiteres<br />

Mal. Der ersten Ehe entstammen die<br />

Söhne Michael d.J., Georg und Christian, der<br />

zweiten Ehe die Söhne Andreas und Gottfried.<br />

GEORG<br />

nach 1595 nachweisbar<br />

Häusler in Kleinbobritzsch<br />

VEIT<br />

? – ?<br />

Bauer<br />

in Kleinbobritzsch<br />

ABRAHAM<br />

1637–1684<br />

Hüfner (=Bauer)<br />

in Kleinbobritzsch<br />

MICHAEL<br />

1640–1713<br />

Zimmermann<br />

in Frauenstein<br />

ANDREAS<br />

1646–1674<br />

Hüfner (=Bauer)<br />

in Kleinbobritzsch<br />

MICHAEL d.J.<br />

1666–1733<br />

Zimmernann<br />

in Frauenstein<br />

GEORG<br />

1670–1735<br />

Arzt in<br />

Glashütte<br />

CHRISTIAN<br />

1673–1728<br />

Müller in<br />

Wilmsdorf bei<br />

Possendorf<br />

ANDREAS<br />

1678–1734<br />

Orgelbauer<br />

in Strasburg<br />

GOTTFRIED<br />

1683–1753<br />

Orgelbauer<br />

in Freiberg<br />

JOHANN<br />

GEORG(E)<br />

1698–1749<br />

Orgelbauer,<br />

Mitarbeiter<br />

von Gottfried<br />

in Freiberg<br />

JOHANN<br />

ANDREAS<br />

1712–1783<br />

Orgelbauer,<br />

Historiker,<br />

Sammler und<br />

Zeichner in<br />

Straßburg<br />

JOHANN<br />

DANIEL<br />

1717–1766<br />

Orgel- und<br />

Klavierbauer<br />

in Straßburg<br />

und Dresden<br />

GOTTFRIED<br />

d. J.<br />

1722–1762<br />

Orgelbauer<br />

und Kunstmaler<br />

in<br />

Straßburg<br />

JOHANN<br />

HEINRICH<br />

1727–1799<br />

Orgel- und<br />

Klaiverbauer<br />

in Straßburg<br />

JOHANN<br />

DANIEL d. J.<br />

1745–1770<br />

Orgelbauer in<br />

Straßburg<br />

JOHANN<br />

JOSIAS<br />

1765–1786<br />

Orgelbauer in<br />

Straßburg<br />

JOHANN<br />

FRIEDRICH<br />

1762–1805<br />

Klavierbauer<br />

in Straßburg<br />

25


Übersicht sämtlicher Silbermannorgeln<br />

Nr. Ort Kirche Jahr Nr. Ort Kirche Jahr<br />

1 X Frauenstein Stadtkirche 1711 24 X Püchau Dorfkirche 1729<br />

2 Freiberg Dom 1714 25 Glauchau St. Georgen 1730<br />

3 X Conradsdorf Dorfkirche 1714 26 X Reichenbach St. Trinitatis 1730<br />

4 Pfaffroda St. Georg 1715 27 Reinhardts- Dorfkirche 1731<br />

grimma<br />

5 Oberbobritzsch St. Nikolai 1716 28 Mylau Stadtkirche 1731<br />

6 Niederschöna Dorfkirche 1716 29 Crostau Dorfkirche 1732 ?<br />

7 Freiberg St .Jakobi 1717 30 X Freiberg Privat, 1731 ?<br />

Kantor<br />

J. C. Erselius<br />

8 Großkmelen St. Georg 1718 31 X Wegefarth Dorfkirche ?<br />

9 Freiberg St. Johannis 1719 32 Schweikershain Dorfkirche 1734 ?<br />

ab 1939<br />

Dom<br />

10 X Dresden Sophienkirche 1720 33 Etzdorf, Dorfkirche 1734 ?<br />

seit 1939<br />

Dom Bremen<br />

11 X Dresden kath. Kapelle 1720 34 Freiberg St. Petri 1735<br />

Taschenberg<br />

12 Rötha St. Georg 1721 35 X Dresden Frauenkirche 1736<br />

13 Rötha St. Marien 1722 36 Ponitz Dorfkirche 1737<br />

14 Chemnitz St. Johannis, 1722 37 X Frauenstein Stadtkirche 1738<br />

seit 1957 in<br />

Bad Lausik<br />

15 Reichenbach St. Peter u. Paul 1725 38 X Greiz Stadtkirche 1739<br />

16 Ringethal Schlosskapelle 1725 39 X Zittau St. Johannis 1741<br />

17 Forchheim Dorfkirche 1726 40 Großhartmanns- Dorfkirche 1741<br />

dorf<br />

18 Dittersbach Dorfkirche 1726 41 Zöblitz Stadtkirche 1742<br />

19 Oederan Stadtkirche 1727 42 Fraureuth Dorfkirche 1742<br />

20 X Rochlitz St. Petri 1727 43 Burgk Schlosskap. 1743<br />

21 Lebusa Dorfkirche 1727 44 Nassau Dorfkirche 1748<br />

22 Tiefenau Schlosskapelle 1728 45 Frankenstein Dorfkirche 1753<br />

23 Helbigsdorf Dorfkirche 1728 46 Dresden Ka. Hofkirche 1755<br />

X = Orgel nicht mehr erhalten<br />

26


Lateinische Handschrift auf Pergament, Ende 12./Anfang 13. Jahrhundert: Die Psalmen Davids;<br />

Andreas-Möller-Bibliothek, fotografiert von Volkmar Herre<br />

der Chronik THEATRUM FREIBERGENSE CHRONICUM (erschienen 1653 in deutscher Sprache)<br />

– große Verdienste erworben. Seine Freiberg-Chronik gilt neben den Beständen<br />

des Stadtarchivs und den MITTEILUNGEN DES FREIBERGER ALTERTUMSVEREINS bis heute<br />

als wichtige Quelle für die örtliche Stadt- und Kirchengeschichtsforschung. Möllers<br />

Grab befindet sich auf dem Domkirchhof; der Grabstein wurde 1998 ins Domlanghaus<br />

umgesetzt. In der Nachkriegszeit haben sich Bibliotheksleiter wie Hellmut Döring<br />

(1903–1995) und Hans- Christian Neumann (1924–1987) um die Bibliothtek verdient<br />

gemacht, weil sie „[…] mit Fleiß und Akribie für ihre Erhaltung gesorgt, radikale Eingriffe<br />

abgewehrt, ihre Bestände erforscht und vermehrt […]“ haben, nach der Devise,<br />

„dass Bücher Brot sind, deren der Mensch bedarf“, so Volker Bannies, derzeitiger Leiter<br />

der Andreas-Möller-Bibliothek. Zu würdigen ist auch Günter Blobel, Medizinprofessor<br />

an der Rockefeller-Universität in New York, der 1954 am Scholl-Gymnasium sein Abitur<br />

ablegte. Für seine bahnbrechenden Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Zellbiologie<br />

wurde ihm 1999 der Medizin-Nobelpreis verliehen.<br />

Franziskaner-Kloster (Mönchstraße 3). Vom Franziskaner-Kloster, gegründet um<br />

1233, hat sich noch ein zweigeschossiges Gebäude vom Anfang des 16. Jahrhunderts<br />

erhalten, dessen Nordgiebel in die vorbeiführende Stadtmauer integriert ist. Eine besondere<br />

Augenweide sind die zahlreichen Kielbogenfester, im Innern ein Raum mit<br />

37


DER FREIBERGER DOM<br />

Romanische Marienkirche. Noch zur Zeit des Stadtgründers Markgraf Otto von Wettin<br />

(1125–1190) wurde innerhalb des Burglehens im Bereich Untermarkt, dem heutigen<br />

Domstandort, um 1180/85 eine Marienkirche in Gneisbruchstein errichtet. Sie<br />

war im Stil einer dreischiffigen, spätromanischen Pfeiler-Basilika gebundenen Systems<br />

gehalten, mit zwei Querhausarmen, erhöhtem Mittelschiff, langgestrecktem Presbyterium<br />

sowie einer polygonal gebrochenen Hauptapsis und zwei polygonalen Nebenapsiden<br />

als östlichem Bauabschluss. Den zwei quadratischen Westtürmen standen zwei<br />

niedrigere polygonale im Osten gegenüber. Der gesamte Sakralbau war gewölbt und<br />

zeigte „Einflüsse von der zwischen 1175 und 1198 errichteten Kirche des nahen Zisterzienserklosters<br />

Altzella“ (Heinrich Magirius). Annähernd quadratisch gehalten<br />

waren die Vierung, die Querhausarme und die drei Mittelschiffjoche, denen man sechs<br />

Seitenschiffjoche zugeordnet hatte. Möglicherweise wurden das Mittelschiff und die<br />

Romanische Basilika, Westseite mit eingefügter »Goldenen Pforte« und Grundriss<br />

46


ZEITTAFEL<br />

um 1156<br />

Beginn der Besiedlung<br />

1162<br />

Markgraf Otto stiftet das Zisterzienserkloster Altzella<br />

1168<br />

Erste Silberfunde<br />

um 1180<br />

Bau der romanischen Marienkirche<br />

1186<br />

Herausbildung mehrerer Siedlungskerne zur Stadt<br />

um 1218<br />

Name Vriberch erstmals urkundlich erwähnt<br />

um 1225<br />

Triumphkreuzgruppe<br />

um 1225/30<br />

Goldene Pforte<br />

1480<br />

Frauenkirche (Marienkirche) wird Kollegiatstiftskirche<br />

1484<br />

Stadtbrand, auch Marienkirche schwer betroffen<br />

um 1485–90<br />

Bau Domherrenhof; Umsetzung Goldene Pforte<br />

1488–96<br />

Hilliger-Domgeläut<br />

um 1501<br />

Wiederaufbau Dom beendet<br />

1505<br />

Freiberg wird herzogliche Residenz; Tulpenkanzel<br />

bis 1514<br />

Bau Annenkapelle und Kreuzgang<br />

121


1537<br />

Reformation in den Ämtern Freiberg und Wolkenstein<br />

1539<br />

Reformation im albertinischen Herzogtum Sachsen<br />

1541–1694<br />

Landesherrliche Grablege im Dom<br />

1563<br />

Moritz-Monument<br />

1589–94<br />

Manieristische Umgestaltung des Dom-Chors durch Nosseni<br />

ab 1658<br />

Schönbergsches Erbbegräbnis im Kreuzgang<br />

1711–53<br />

Freiberg Wohn-und Werkstattsitz von Gottfried Silbermann<br />

1711–14<br />

Bau der großen Silbermannorgel<br />

1765<br />

Gründung der Bergakademie Freiberg<br />

1817<br />

Tod des Mineralogen Abraham Gottlob Werner<br />

1861/62<br />

Freilegung der Goldenen Pforte<br />

1890<br />

Schönbergsche Grabstein-Sammlung im Kreuzgang<br />

1903<br />

Schutzbau vor der Goldenen Pforte im Jugendstil<br />

ab 1925<br />

Rückkehr des 1853 ausgeliehenen Kunstgutes aus Dresden (Apostel, Jungfrauen u.a.)<br />

1938/39<br />

Dom erhält durch Umsetzung die kleine Silbermannorgel aus der gesperrten Johanniskirche<br />

1939<br />

Beginn der Dom-Abendmusik unter Domkantor A. Eger<br />

1958–62<br />

Restaurierung Dom-Langhaus<br />

122


1992–94<br />

Restaurierung Tulpenkanzel<br />

2001<br />

Festwoche anlässlich 500 Jahre Domkirchweihe<br />

2002–2004<br />

Nachbau der Renaissance-Musikinstrumente<br />

2005<br />

Festwoche 500 Jahre Tulpenkanzel<br />

2008<br />

Ende Schlosssanierung; Eröffnung „terra mineralia“<br />

2010<br />

Rückkehr der ausgeliehenen Moritz-Rüstung inkl. Figurine aus Dresden; Beginn<br />

Archäologische Grabung auf dem Areal des ehemaligen Dominikanerklosters<br />

2012–2014<br />

Archäologische Grabungen Kreuzgang und Grüner Friedhof; Neubau Dom-Küsterei;<br />

Restaurierung Kreuzgang<br />

2012<br />

850 Jahre Freiberg; Eröffnung Krügerhaus<br />

2013<br />

450 Jahre Moritz-Monument; Beginn Bau TU-Schlossplatzquartier<br />

2014<br />

300 Jahre Große Silbermannorgel<br />

2015<br />

250 Jahre Bergakademie Freiberg, seit 1992 Technische Universität; 450 Jahre Andreas-<br />

Möller-Bibliothek; 500 Jahre Geschwister-Scholl-Gymnasium Freiberg<br />

123


Lageplan der Domgebäude<br />

A Haupteingang Westseite<br />

B1 SW-Turm (Glockenturm)<br />

B2 NW-Turm<br />

C Vorhalle<br />

D Langhaus<br />

E Hoher Chor<br />

F Schutzbau (Jugendstil)<br />

G Grüner Friedhof (Kirchhof )<br />

H Kreuzgang<br />

I Annenkapelle<br />

K Schönbergscher Hof<br />

L Domherrenhäuser<br />

M Domherrenhof<br />

(jetzt Museum)<br />

N Superintendentur<br />

P Demantiushaus<br />

Kü Küsterei<br />

S Schönlebekapelle<br />

1 Großer Wendelstein<br />

2 Epitaph Abraham von Schönberg/<br />

Barbara Schönlebe<br />

3 Epitaph Holewein<br />

4 Gotisches Kruzifix/Epitaph A. Kreul<br />

5' Große Silbermann Orgel<br />

6 Epitaphe der Domherren J. Linder<br />

und S. Steinhart<br />

7 Jungfrauenzyklus an Freipfeilern<br />

8 Apostelzyklus an Strebepfeilern<br />

9 Königslogen<br />

10 Bergmannskanzel<br />

11 Tulpenkanzel<br />

12 Pietà<br />

13 Knappschaftsgestühl<br />

14 Gemeindealtar<br />

15' Kleine Silbermann-Orgel/Sakristei<br />

16 Opferstock und Skulptur des hl.<br />

Christophorus<br />

17’ Triumphkreuzgruppe<br />

18 Taufstein<br />

19 Nordkapelle mit Kurfürstensärgen<br />

20 Moritzmonument<br />

21 Nosseni-Epitapharchitektur,<br />

Messing-Grabplatten<br />

22 Südkapelle mit Schwesterngruft,<br />

Südgruft<br />

23 Goldene Pforte<br />

24 Lutherbrunnen<br />

25 Abraham-Gottlob-Werner-Grab<br />

26 v. Schönbergsche Grabmale<br />

27 v. Schönbergsche Grabkapelle<br />

28 v. Schönbergscher Epitaphaltar<br />

29 Anna Selbdritt<br />

30 Monhauptsche Gottesmutter<br />

31 Schmiedeeiserne Ziergitter<br />

32 Wendelstein im NW-Turm<br />

33 Besucherraum Domführung/<br />

Domladen<br />

34 Gemeinderäume<br />

Apostroph verweist auf den Emporenbereich<br />

124


Untermarkt<br />

P<br />

M<br />

E<br />

21<br />

Kreuzgasse<br />

19 20 22<br />

31<br />

L<br />

Am Dom<br />

15<br />

16<br />

17’ 18<br />

14<br />

13<br />

23<br />

F<br />

25<br />

24<br />

Herderstraße<br />

9<br />

11 12<br />

L<br />

8<br />

7<br />

D<br />

10<br />

Kü<br />

H<br />

Moritzstraße<br />

G<br />

32<br />

C<br />

B2<br />

A<br />

H<br />

33<br />

L<br />

31<br />

B1<br />

N<br />

L<br />

30<br />

6<br />

5’<br />

3<br />

4<br />

2<br />

1<br />

Domgasse<br />

34<br />

29 28<br />

I<br />

H<br />

S<br />

26 26<br />

K<br />

27<br />

Domgasse<br />

Kirchgasse<br />

Domgäßchen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!