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Vier Fragen zu Th. W. Adorno - Roger Behrens

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wird in gewisser Weise lächerlich gemacht, indem eben das Kritische auf<br />

die Marotten von vermeintlichen Persönlichkeiten reduziert wird.<br />

Darüber hinaus erscheint <strong>Adorno</strong>s kritische <strong>Th</strong>eorie als obsolet, weil<br />

sich in den letzten dreißig Jahren insgesamt die theoretischen Diskurse,<br />

auch die Moden, verändert haben, die gewissermaßen die kritische<br />

<strong>Th</strong>eorie überlagern. Wenn nach der Aktualität <strong>Adorno</strong>s gefragt wird,<br />

geht es immer auch um eine Kritik derzeit vermeintlich aktueller anderer<br />

<strong>Th</strong>eorien, insbesondere um die poststrukturalistischen Ansätze, wie sie<br />

von Foucault oder Deleuze und Guattari entworfen, schließlich von<br />

Hardt und Negri ausgeführt wurden. Auch wenn der<br />

Poststrukturalismus in verschiedenen Aspekte eine Erweiterung und<br />

Ergän<strong>zu</strong>ng der kritischen <strong>Th</strong>eorie bedeuten mag, so ist auf die<br />

Grundintention der kritischen <strong>Th</strong>eorie <strong>zu</strong> insistieren, die sich vom<br />

antidialektischen »fröhlichen Positivismus« (Foucault) radikal<br />

unterscheidet. »Man muss so radikal sein wie die Wirklichkeit«, sagt<br />

Brecht; und <strong>Adorno</strong> ist der <strong>Th</strong>eoretiker, die meines Erachtens die<br />

Philosophie im 20. Jahrhundert entsprechend radikalisiert hat: Einmal<br />

besteht <strong>Adorno</strong>s Aktualität in der Virulenz der Frage, wie und ob<br />

Philosophie nach Auschwitz noch möglich ist; dann gehört <strong>Adorno</strong> <strong>zu</strong><br />

jenen, die versucht haben, die gesellschaftlichen Veränderungen, die<br />

dann mit dem Begriff der Kulturindustrie gefasst wurden, <strong>zu</strong><br />

reflektieren. Kurz und überspitzt gesagt: <strong>Adorno</strong>s Jazzkritik mag ihren<br />

Gegenstand verfehlen, sie bleibt aber aktuell in der Weise, wie hier<br />

überhaupt mit dem Instrumentarium einer radikalen Gesellschaftskritik<br />

versucht wurde, Phänomene wie den Jazz <strong>zu</strong> analysieren. – Wenn man,<br />

ausgehend von Kant (und Kant spielt ja für <strong>Adorno</strong>s kritische <strong>Th</strong>eorie<br />

neben Hegel, Marx und Freud eine prominente Rolle), die Frage »Was ist<br />

der Mensch?« aufgreift, dann findet sich bei <strong>Adorno</strong> als Antwort eine<br />

Aktualisierung der Frage in Richtung einer negativen Anthropologie:<br />

Wie lässt sich heute überhaupt noch vom realen Humanismus reden,<br />

angesichts der planmäßigen Vernichtung des Humanen, angesichts der<br />

Zurichtung des Individuums, angesichts der Verdinglichung des<br />

Subjekts? Wie ist, kur<strong>zu</strong>m, heute Erfahrung noch möglich? – Das sind<br />

meines Erachtens die Ausgangsfragen, mit denen sich die Aktualität der<br />

kritischen <strong>Th</strong>eorie <strong>Adorno</strong>s behauptet.<br />

2. In ihrem geschichtsphilosophischen Hauptwerk konstatieren<br />

<strong>Adorno</strong> und Horkheimer eine ›Dialektik der Aufklärung‹, wonach

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