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Vier Fragen zu Th. W. Adorno - Roger Behrens

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Konsens einer auf Spaß und Unterhaltung verpflichteten<br />

Popkulturindustrie machen.<br />

Problematisch indes ist in der ›Dialektik der Aufklärung‹ die <strong>zu</strong>grunde<br />

gelegte ökonomische Analyse eines stabilen Monopolkapitalismus; das<br />

verlangt Korrekturen, auch hinsichtlich der Analyse der<br />

Fetischverhältnisse der Warentauschgesellschaft, bei denen etwa Walter<br />

Benjamins Untersuchungen <strong>zu</strong>m 19. Jahrhundert ebenso dienlich sind,<br />

wie Moishe Postones jüngst ins Deutsche übersetztes ›Zeit, Arbeit und<br />

gesellschaftliche Herrschaft‹ (Freiburg 2003).<br />

3. Es scheint, als lasse sich der Philosoph <strong>Adorno</strong> nur als Denker<br />

der radikalen Negation begreifen. Diese geht so weit, dass in der<br />

von ihm diagnostizierten »Krise der Praxis« jede politische Praxis<br />

nur regressiv sein kann. Lassen sich demgegenüber in <strong>Adorno</strong>s<br />

Werk auch Ansätze <strong>zu</strong> einer positiven Praxis finden?<br />

Herbert Marcuse, mit dem <strong>Adorno</strong> sich ja gerade hinsichtlich der<br />

praktischen Reichweite einer kritischen <strong>Th</strong>eorie in den sechziger Jahren<br />

etwas gestritten hat, reformulierte in ›Konterrevolution und Revolte‹<br />

einen Begriff der radikalen, nämlich bestimmten Negation, der auf eine<br />

Praxis der Verweigerung hinausläuft. Das geschah allerdings in Reaktion<br />

auf politische Bewegungen, die tatsächlich einen Versuch der Befreiung<br />

unternahmen – und <strong>zu</strong>mindest in der Intention, eine emanzipierte<br />

Gesellschaft ein<strong>zu</strong>richten, überhaupt nicht gescheitert sind. Nun lassen<br />

sich eben <strong>Adorno</strong>s Praxisverzicht und Marcuses emphatischer<br />

Praxisbe<strong>zu</strong>g kontrastieren; gleichwohl meine ich, dass beide eine<br />

übereinstimmende, dialektisch <strong>zu</strong> vermittelnde Position <strong>zu</strong>r Praxis<br />

einnehmen. <strong>Adorno</strong> stellt seinen Praxisverzicht der ›Negativen<br />

Dialektik‹ voran, beziehungsweise leitet er damit sein philosophisches<br />

Hauptwerk ein – um derart nämlich die Notwendigkeit von Philosophie<br />

<strong>zu</strong> begründen, weil eben der »Augenblick ihrer Verwirklichung<br />

versäumt ward«. Praxis galt ihm »auf unabsehbare Zeit vertagt«. Seit<br />

den späten sechziger Jahren ist die Frage nach emanzipatorischer Praxis<br />

aber wieder auf der Tagesordnung, mit allen Problemen und<br />

Widersprüchen. Praxis ergibt sich aus der Praxis, lässt sich also nicht<br />

theoretisch definieren; bei der Frage, ob Praxis regressiv oder<br />

progressiv ist, geht es ja nicht darum, der Praxis einen Namen <strong>zu</strong> geben<br />

– sie wird nicht dadurch besser, wen man irgendeine Gruppe als<br />

»Multitude« oder Ähnliches bezeichnet und damit glaubt, ein neues

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