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Editorial 589 Hochwasserpositionen – Wissenschaft und Praxis ziehen an einem Strang Wie üblich suchte man nach dem extremen Juni-Hochwasser an Elbe und Donau nach Schuldigen. Während die altbekannte Diskussion in der Presselandschaft zwischen „natürlichem“ versus „technischem“ Hochwasserschutz hinund herschwappte, schreckte uns Ingenieure dann doch eine Äußerung von Sigmund Gottlieb vom Bayerischen Rundfunk auf, die er am 13. Juni 2013 zur besten Sendezeit in den Tagesthemen über den Äther schickte: „…Ich begreife das nicht. Die versammelte Ingenieursintelligenz dieses Planeten löst fast jedes Problem. Wir haben den Mars ins Visier genommen und schaffen es nicht, die großen Fluten in den Griff zu kriegen? Das kann ja wohl nicht wahr sein!...“ Diese gewollte oder ungewollte Provokation rief die Wissenschaftler auf den Plan. In nie zuvor dagewesener Schnelligkeit und Einigkeit verfassten 16 Professorinnen und Professoren aus ganz Deutschland auf Initiative von Prof. Andreas Schumann (Ruhr-Universität Bochum) nur zwei Tage später eine Resolution mit dem Titel: „Versagt der Hochwasserschutz in Deutschland?“. Die zwischen den Hochschullehrern abgestimmte Schrift wurde wenig später auch auf den Seiten der Fachgemeinschaft Hydrologische Wissenschaften in der DWA veröffentlicht mit der Möglichkeit zur offenen Diskussion und Kommentierung. Die DWA-Bundesgeschäftsstelle verbreitete schließlich im August 2013 die DWA-Positionen zum Hochwasser 2013 und konnte damit noch rechtzeitig zur Sonder-Umweltministerkonferenz Anfang September ihre Standpunkte geltend machen. Das Positionspapier berücksichtigte die Stellungnahmen und Anregungen aus der DWA-Koordinierungsgruppe Hochwasser, die hauptausschussübergreifend vor zwei Jahren gegründet wurde. Glücklicherweise bilden das universitäre Resolutionspapier und die DWA-Positionen einen guten und vollständigen Rahmen zur Hochwasserproblematik. Dies ist umso erfreulicher, da hierbei der Idealfall der gegenseitigen Ergänzung von Wissenschaft und Praxis zum Ausdruck kommt. Im Folgenden sollen die Überschriften des DWA-Positionspapiers (kursiv) mit den wesentlichen Aussagen der Resolution verknüpft werden, wodurch die sich ergänzenden Auffassungen anschaulich unterstrichen werden: Hochwasservorsorge in den Flussgebieten länderübergreifend realisieren Viele neue Entwicklungen könnten bereits umgesetzt werden, z. B. (…) neue großräumige Planungsinstrumentarien zur Entwicklung flussgebietsbezogener, länderübergreifender Hochwasserschutzkonzepte, welche die föderale Zersplitterung im Hochwasserschutz in Deutschland überwinden. Retentionsräume für Hochwasserfluten stark ausbauen Jeder vermiedene Deichbruch erhöht das Hochwasserrisiko der Unterlieger. Deshalb werden große steuerbare Flutpolder und Hochwasserrückhaltebecken verbesserte, standsichere Deiche ergänzen müssen. Die Ertüchtigung und der Neubau der Deiche in den jetzt betroffenen Gebieten erfordern deshalb länder übergreifende Hochwasserschutzkonzepte. Technischen Hochwasserschutz konsequent fortsetzen Wenn wir Teile unserer Flussauen auch zukünftig als Siedlungsgebiete nutzen wollen, können wir auf technischen Hochwasserschutz nicht verzichten. Technischer Hochwasserschutz muss stets mit Hochwasservorsorge einhergehen (Was passiert, wenn…?). Ein Versagen von Schutzsystemen ist nie gänzlich auszuschließen. Es existiert immer ein Restrisiko, dessen Minimierung auch durch die Wirksamkeit der Katastrophenabwehr bedingt wird. Wir haben Möglichkeiten, um die Folgen des Versagens technischer Systeme abzuschätzen. Bauen in Überschwemmungsgebieten deutlich einschränken bzw. verbieten Der Rückbau von Deichen ist wie die Umsiedelung der Bewohner der Überflutungsflächen für uns eine mögliche Handlungsoption, die allerdings nur dann greifen wird, wenn hierzu der politische Wille und die gesellschaftliche Akzeptanz vorhanden sind. Die vielfältigen Ausnahmeregelungen zur Ausweisung neuer Baugebiete in Überschwemmungsgebieten des Wasserhaushaltsgesetzes lassen daran zweifeln. Bürger für stärkere Eigenvorsorge sensibilisieren Jede Erhöhung des Hochwasserschutzgrades erfordert den gesellschaftlichen Konsens. (…) Hierzu ist auch die Eigenverantwortung der betroffenen Bürger gefordert, die die staatliche Hochwasservorsorge ergänzen muss. Die Gesellschaft muss sich entscheiden: Wie viel Sicherheit ist sicher genug? Welches Risiko wollen wir auch zukünftig eingehen? Das vorliegende Schwerpunktheft Hochwasser bietet dem Leser weitere aktuelle Aspekte zum Juni-Hochwasser in Deutschland und Österreich. Außerdem werden die Inhalte des neuen DWA-Themenheftes Starkregen und urbane Sturzfluten sowie die wichtigsten Ergebnisse von vier Jahren RIMAX-Forschung (Risikomanagement extremer Hochwasser) vorgestellt. Hochwasser ist und bleibt ein Schwerpunktthema der DWA. Abschließend möchte ich Sie herzlich einladen, zu den 5. Hochwassertagen am 21. und 22. November nach Köln zu kommen. Man sieht sich – ich freu mich drauf! Prof. Dr.-Ing. Markus Disse Technische Universität München Vorsitzender des DWA-Hauptausschusses „Hydrologie und Wasserbewirtschaftung“ www.dwa.de/KW KW Korrespondenz Wasserwirtschaft · 2013 (6) · Nr. 11
Seite 1: Schwerpunkt Hochwasser 6. Jahrgang
Seite 5 und 6: 591 Korrespondenz Wasserwirtschaft
Seite 7 und 8: Spektrum 593 Deutschland unterzeich
Seite 9 und 10: Spektrum 595 Hotspot-Projekt Lebens

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