Geschäftsbericht - Sozialberatung Ludwigsburg eV
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<strong>Geschäftsbericht</strong><br />
<strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong> e.V. 2012
Inhalt<br />
Vorwort des Vorsitzenden 3<br />
Die <strong>Sozialberatung</strong> im Überblick / Straffälligenhilfe und mehr 4<br />
Kinder stehen im Mittelpunkt: Das Eltern-Kind-Projekt 9<br />
Häusliche Gewalt 12<br />
KIZplus-Projekt: Hilfe für die Täter, Schutz für die Opfer<br />
Anti-Gewalttraining 13<br />
Ein ehemaliger Gewalttäter schaut mit Verantwortung nach vorne<br />
Brückenschlag – eine ungewöhnliche Begegnung 14<br />
Schuldnerberatung 16<br />
Halbierung der Wartezeiten durch Ausbau des Angebots<br />
Organigramm 19
Vorwort<br />
Nur im Verbund und in der verlässlichen<br />
Zusammenarbeit aller Akteure und<br />
Unterstützer kann unsere Arbeit gelingen.<br />
Bedanken möchten wir uns<br />
Ich freue mich sehr, dass Sie unseren <strong>Geschäftsbericht</strong> aufgeschlagen<br />
haben. Wenn Sie weiterblättern, finden Sie einen kompakten Einblick<br />
in unsere inzwischen weit gefächerte Arbeit. Im Mittelpunkt steht nach<br />
wie vor die Straffälligenhilfe, insbesondere in der schwierigen Phase<br />
nach der Haftentlassung.<br />
• bei den Fachstellen und kooperierenden<br />
Diensten, den Justizvollzugsanstalten<br />
und Neustart gGmbH<br />
3<br />
Das Bundesverfassungsgericht betonte schon 1973 in seinem<br />
berühmten Lebachurteil¹ das Interesse an der Wiedereingliederung<br />
des Straftäters in die Gesellschaft, an seiner Resozialisierung. Dem<br />
mitwirkungsbereiten Gefangenen sollen die Fähigkeit und der Wille<br />
zu verantwortlicher Lebensführung vermittelt werden. Er soll lernen,<br />
sich unter den Bedingungen einer freien Gesellschaft ohne Rechtsbruch<br />
zu behaupten, Chancen wahrzunehmen und Risiken zu<br />
bestehen.<br />
Das entscheidende Stadium beginnt mit der Entlassung. Dazu<br />
muss nicht nur der Straffällige auf die Rückkehr in die freie menschliche<br />
Gesellschaft vorbereitet werden; diese muss ihrerseits bereit<br />
sein, ihn wieder aufzunehmen. Verfassungsrechtlich entspricht dies<br />
dem Selbstverständnis einer Gemeinschaft, die die Menschenwürde<br />
in den Mittelpunkt ihrer Wertordnung stellt und dem Sozialstaatsprinzip<br />
verpflichtet ist. Dennoch scheitert die Resozialisierung selbst bei sonst<br />
günstigen Vorbedingungen in vielen Fällen an der Missachtung und<br />
Ablehnung, mit denen die Umwelt den Entlassenen begegnet. Dabei<br />
dient Resozialisierung auch dem Schutz der Gemeinschaft selbst:<br />
diese hat ein unmittelbares eigenes Interesse daran, dass der Täter<br />
nicht wieder rückfällig wird und erneut seine Mitbürger oder die Gemeinschaft<br />
schädigt.<br />
Leider hat sich diese Sicht und das damit verbundene Postulat<br />
des Bundesverfassungsgerichts auch 40 Jahre nach seinem Urteil<br />
immer noch nicht überall durchgesetzt. So werben wir mit unserer<br />
Arbeit auch für eine positive Einstellung zur Wiedereingliederung<br />
Straffälliger in unsere bürgerliche Gemeinschaft. Glücklicherweise<br />
konnten wir dabei gerade im Umfeld unserer Wohneinrichtungen<br />
sehr gute und hoffungsvolle Erfahrungen machen.<br />
• beim Land Baden-Württemberg und dem<br />
Kommunalverband für Jugend und Soziales für die<br />
Förderung der Maßnahmen in unseren Wohnprojekten<br />
• bei der Stiftung „Resozialisierungsfonds Dr. Traugott<br />
Bender“ beim Justizministerium Baden-Württemberg<br />
und dessen Beauftragten<br />
• beim Paritätischen Wohlfahrtsverband, der uns als<br />
Mitgliedsorganisation mit den nötigen Informationen<br />
versorgt und unterstützt<br />
• beim Verband Bewährungs- und Straffälligenhilfe<br />
Württemberg e.V., der die Arbeit fördert und aktuelle<br />
Projekte mitträgt<br />
• beim Verein Bewährungshilfe e.V. Stuttgart, der<br />
uns kostenlos ein Gebäude in <strong>Ludwigsburg</strong> für<br />
Betreuungszwecke überlässt<br />
• bei den Leistungsträgern, insbesondere dem<br />
Landkreis <strong>Ludwigsburg</strong>, für die Förderung und die<br />
gute Zusammenarbeit<br />
• bei allen Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen<br />
und Staatsanwälten, die mit ihren zugewiesenen<br />
Geldbußen unsere Arbeit gefördert haben<br />
• bei allen privaten Spendern und Förderern,<br />
die in unserer Arbeit ein wichtiges Anliegen für<br />
die Gesellschaft sehen<br />
Ulrich Hebenstreit<br />
1. Vorsitzender<br />
• bei unseren Ehrenamtlichen, ohne welche die<br />
ergänzend geleistete Arbeit nicht machbar wäre<br />
• bei allen unseren Vereinsmitgliedern für ihre<br />
finanzielle und ideelle Unterstützung<br />
¹ BVerfG, Urteil vom 5. Juni 1973 – 1 BvR 536/72, BVerfGE 35, 202, hier Rn. 70-73
Die <strong>Sozialberatung</strong> im Überblick<br />
Straffälligenhilfe und mehr<br />
Georg Steckenstein | Geschäftsführer<br />
4<br />
„Die Menschen bauen zu viele<br />
Mauern und zu wenig Brücken.“<br />
Isaac Newton, Englischer Physiker<br />
(1642-1727)<br />
Als „Brückenbauer“ versteht sich auch die <strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong>,<br />
die den Menschen nach dem Strafvollzug, durch den sie<br />
bewusst aus den „normalen“ gesellschaftlichen Lebensbezügen<br />
ausgegrenzt werden, wieder bei der Eingliederung behilflich ist.<br />
Besuche und Beratungen in den umliegenden Gefängnissen, die Beratungs- und Trainingsangebote<br />
in der Beratungsstelle und die Gruppen- und Begleitangebote von Haupt- und Ehrenamtlichen<br />
haben sich zu einer bewährten Angebotsstruktur für die Betroffenen entwickelt. Alle Angebote<br />
zielen auf ein zukünftiges Leben in stärkerer sozialer Verantwortung und besserer Teilhabe<br />
am gesellschaftlichen Leben ab. Straffälligenhilfe mit Gewaltprävention und die Schuldnerberatung<br />
stellen die zentralen Aufgabenbereiche des Vereins dar.<br />
Im Berichtsjahr 2012 nutzen 269 Klientinnen und Klienten die Beratungs- und Unterstützungsangebote<br />
der <strong>Sozialberatung</strong> im Bereich der Straffälligenhilfe. Der zentrale Zugang zu allen weiteren<br />
Hilfen findet über die Fachberatungsstelle statt.<br />
Weitere 212 Klienten nahmen die spezifischen Dienste der seit 2008 bestehenden spezialisierten<br />
Schuldnerberatungsstelle in Anspruch. Diesem Arbeitsbereich ist ein eigener Bericht gewidmet.<br />
Anzahl an Klienten(innen) in der Straffälligenhilfe<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
314<br />
327<br />
269<br />
150<br />
100<br />
2010 2011<br />
2012<br />
Betreuung von Haftentlassenen in Wohnprojekten<br />
In den Wohnprojekten und dem Betreuten Wohnen im Individualwohnraum wurden insgesamt<br />
67 Klienten betreut. Die fachliche Unterstützung in den ambulant betreuten Wohnformen ist<br />
immer zeitlich begrenzt und zielt auf bedarfsgerechte Hilfen während der Betreuungsdauer ab.<br />
Diese Hilfen erhalten in der Regel Haftentlassene, die ihre besonderen Lebensverhältnisse und<br />
sozialen Schwierigkeiten ohne fremde Hilfe nicht überwinden können.<br />
Um der Nachfrage von haftentlassenen Frauen oder weiteren zum Personenkreis des § 67 Sozialgesetzbuch<br />
II gehörenden weiblichen Personen begegnen zu können, steht seit Sommer 2011<br />
zentrumsnah nach aufwändiger Renovierung ein eigenes Gebäude für das Betreute Wohnen zur<br />
Verfügung. Das Gebäude umfasst sechs Bewohnerinnen-Zimmer und wird erwartungsgemäß gut<br />
genutzt.
Wertvolle Hilfen, damit sich Strafentlassene<br />
in der Freiheit zurechtfinden<br />
Ein ehemaliger Inhaftierter berichtet, wie er die <strong>Sozialberatung</strong> erlebte<br />
Als Inhaftierter, der zu einer langjährigen Haftstrafe wegen einer Gewalttat verurteilt war, kam ich<br />
durch eine Gesprächsgruppe in Kontakt mit der <strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong>. Durch Information<br />
und Beratung der Mitarbeiter erfuhr ich Unterstützung bei der Zahlung von Schmerzensgeld, den<br />
Gerichtskosten und der Regulierung meiner weiteren Schulden.<br />
Während einer umfangreichen Lockerungsphase, die nach den vielen Haftjahren gegen Ende meiner<br />
Haftzeit der Vorbereitung auf die Freiheit diente, empfand ich die Teilnahme an den wöchentlichen<br />
Gruppensitzungen in den Räumlichkeiten der <strong>Sozialberatung</strong> als wichtige Bereicherung.<br />
5<br />
Probleme, mit denen man nach der Haft zu rechnen hat, was zukünftige Arbeit, Lohn aber auch<br />
persönliche Beziehungen anbelangt, standen dort auf der Tagesordnung. Vor allem bei meiner<br />
Sorge, möglichst kurzfristig einen Arbeitsplatz zu finden, wurde ich intensiv begleitet. Ferner habe<br />
ich die Angebote der <strong>Sozialberatung</strong>, an denen auch ehrenamtliche Mitarbeiter beteiligt waren, in<br />
Anspruch genommen.<br />
Ein Wochenendurlaub aus der Haft als erster Kontakt mit der anstehenden Freiheit war nur möglich,<br />
weil mir die <strong>Sozialberatung</strong> für dieses Wochenende ein „Urlauberzimmer“ zur Verfügung stellte.<br />
Dabei zeigte sich, dass meine Vorstellungen vom Leben außerhalb der Mauern und die real erlebten<br />
Bedingungen sich enorm unterschieden.<br />
Nach meiner langen Haftzeit konnte ich glücklicherweise in eine Wohngemeinschaft der <strong>Sozialberatung</strong><br />
einziehen. Fünf weitere Bewohner lebten dort. In den regelmäßigen Wohngruppenbesprechungen<br />
wurden immer wieder die zentralen Themen besprochen: Zusammenleben, Spannungen<br />
und Konflikte der WG-Bewohner untereinander, Verhalten zu den Nachbarn, Ordnung und Sauberkeit<br />
der Zimmer und des Hauses, Arbeitsplatzsuche und Freizeitverhalten. Nach diesen Gruppengesprächen<br />
bestand immer die Gelegenheit, die eigene Problematik mit dem Betreuer eingehend<br />
zu besprechen.<br />
Besonders hilfreich war für mich nach der Entlassung die persönliche Geldverwaltung durch die<br />
Wohngruppenleitung. Ich bin froh, dass ich nach den vielen Haftjahren nicht aus einem gewissen<br />
Nachholbedarf heraus erleben musste, wie es ist, nach der Haftentlassung innerhalb kurzer Zeit in<br />
einen Kaufrausch zu fallen oder langfristige Handyverträge abzuschließen, aus denen man nur noch<br />
schwer wieder herauskommt. Auch bin ich froh, keine finanzielle Schwierigkeiten durch Ratenzahlungen<br />
zu haben und, nicht zuletzt, die negativen Folgen von Alkohol und Drogenmissbrauch zu<br />
erleiden.<br />
Alle diese Themen wurden besprochen und hatten eine enorme Bedeutung für meine Wiedereingliederung.<br />
Zwischenzeitlich habe ich eine kleine Wohnung. Noch heute bestehen wöchentliche Kontakte mit<br />
einer Mitarbeiterin, bei denen ich Hilfe beim Umgang mit Behörden und Ämtern erfahre, was für<br />
mich nach wie vor wichtig ist.<br />
Dafür danke ich!<br />
R. R.
6<br />
Die Wohnprojekte<br />
der <strong>Sozialberatung</strong><br />
<strong>Ludwigsburg</strong>-West<br />
Die Modernisierung des Gebäudes in <strong>Ludwigsburg</strong>-Poppenweiler ist<br />
zwischenzeitlich abgeschlossen. Sie war unumgänglich geworden, um<br />
für die insbesondere jüngeren Bewohner in der zentrumsfernen Lage<br />
weiterhin attraktiv zu sein. So wurde zum Beispiel nach Erneuerung<br />
der Terrasse der darunterliegende Garagenraum zu einem Freizeitraum<br />
ausgebaut, in dem an Fitnessgeräten Aggressionen abgebaut oder<br />
sonstige körperliche Ertüchtigung betrieben werden kann. Der Umbau<br />
konnte mit Unterstützung aus Mitteln des Landes und des Kommunalverbandes<br />
für Jugend und Soziales (KVJS) realisiert werden.<br />
Gesprächsgruppen zur Vorbereitung<br />
auf das Leben nach der Haft<br />
<strong>Ludwigsburg</strong>-Neckarweihingen<br />
Bewährte Angebote im Berichtsjahr waren wieder die Montagsgruppe in<br />
der Justizvollzugsanstalt Hohenasperg und die Mittwochsgruppe in der<br />
<strong>Ludwigsburg</strong>er Fachberatungsstelle.<br />
<strong>Ludwigsburg</strong>-Poppenweiler<br />
Das erfahrene und engagierte gemischtgeschlechtliche Team aus<br />
Ehrenamtlichen leitete verlässlich wie in den Vorjahren die Montagsgruppe<br />
hinter den Gefängnismauern des Hohenasperg. Sechs bis acht<br />
Inhaftierte nehmen regelmäßig an den Gruppentreffen teil. In der Gruppe<br />
werden Fragestellungen und Themen behandelt, die die oft langjährig<br />
Inhaftierten auf die Lebensrealität nach der Haft vorbereiten.<br />
Die Mittwochsgruppe in der Fachberatungsstelle, an der regelmäßig<br />
12 bis 14 Personen teilnehmen, steht gelockert Inhaftierten und Besuchern<br />
der Beratungsstelle offen. Gelockert Inhaftierte der Sozialtherapeutischen<br />
Anstalt und des Krankenhauses werden zur Teilnahme an<br />
der Gruppe abgeholt und anschließend zurückgebracht. Die Gruppe,<br />
die zunehmend in der Entlassphase der Haft an Bedeutung gewinnt,<br />
versteht sich als Gesprächs- und Freizeitgruppe und wird von zwei<br />
langjährig erfahrenen Ehrenamtlichen mitgestaltet.<br />
<strong>Ludwigsburg</strong>-West (Haus der Frauen)<br />
Die Teilnahme an der Mittwochsgruppe<br />
trägt entscheidend<br />
zu einem geordneten<br />
Übergang von der Haft in das<br />
Betreute Wohnen oder in den<br />
eigenen Wohnraum bei. Die<br />
Teilnahme wirkt vertrauensbildend,<br />
was allen Beteiligten<br />
entgegenkommt.
Thematisch werden in der Gruppe immer wieder Akzente zur Bewältigung des Lebensalltags<br />
gesetzt und Orientierungen gegeben. Themen wie Sucht, gelingende Beziehungen oder Probleme<br />
aus der Arbeitswelt oder der Weg dorthin finden aufmerksames Interesse.<br />
Eine besondere Qualität der Gruppe macht auch das Hinzukommen „Ehemaliger“ aus, die authentisch<br />
über ihre Lebensrealität nach der Haft berichten und diese den mit der Haftentlassung<br />
verbundenen Erwartungen gegenüberstellen.<br />
7<br />
In unterschiedlichen Bereichen der <strong>Sozialberatung</strong> engagieren sich ehrenamtliche Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter. Im zurückliegenden Jahr wurden insgesamt 50 Inhaftierte und Entlassene von<br />
den Ehrenamtlichen begleitet und betreut.<br />
Beim „Tag des Ehrenamtes“ stellte das Justizministerium das bürgerliche Engagement in der<br />
Justiz am 6. Oktober in den Mittelpunkt, an dem auch Ehrenamtliche der <strong>Sozialberatung</strong> beteiligt<br />
waren. Justizminister Rainer Stickelberger stellte fest: „Ehrenamtliche sind enorm wichtig, bereichern<br />
die Justiz und tragen zu einem gelungenen Miteinander bei.“<br />
Die ehrenamtliche Mitarbeiterin Christa Faude kann als eine der<br />
ersten ehrenamtlichen Mitarbeiter bei der <strong>Sozialberatung</strong> auf<br />
30 Jahre engagierte Mitarbeit zurückblicken. Regelmäßiges<br />
und äußerst verlässliches Engagement und jung gebliebenes<br />
Interesse an der Arbeit über viele Jahre, verbunden mit<br />
einem angesammelten ungeheuren Erfahrungs- und<br />
Wissensschatz zeichnen sie aus. Vorstand und Geschäftsführung<br />
danken für dieses Engagement ausdrücklich<br />
in diesem Jubiläumsjahr.<br />
Georg Steckenstein gratuliert Christa Faude im Namen des ganzen Teams.<br />
Arbeit mit Gewalttätigen –<br />
Positive Rückmeldungen der Kursteilnehmer<br />
Beim Anti-Aggressivitäts-Trainings (AAT)® fanden fünf Gruppenangebote, zu jeweils<br />
60 Stunden, mit insgesamt 42 erwachsenen Personen statt. Ziele der Kurse: Gewalt<br />
beenden, Alternativen zur Gewalt erkennen, Ausstieg aus selbstschädigendem Verhalten,<br />
Verhinderung neuer Opfer, Training der erlernten neuen Verhaltensmuster.<br />
Neben der Straßengewalt hat die häusliche Gewalt ebenfalls einen breiten Bearbeitungsraum<br />
eingenommen. Mit 59 Beratungsfällen stellte sie wieder ein wichtiges Arbeitsfeld dar. Im<br />
Rahmen des gemeinsam mit dem Verein „Frauen für Frauen“ durchgeführten Projekts waren<br />
34 Väter von minderjährigen Kindern in der Beratung (siehe Bericht Seite 12).
Gewalt: Wie kommen die Klienten zur <strong>Sozialberatung</strong><br />
1,6 % Verein „Frauen helfen Frauen“ | 1 Fall<br />
6,8 % Gericht | 4 Fälle 3,4 % Jugendgerichtshilfe | 2 Fälle<br />
6,8 % Kinderschutzbund | 4 Fälle<br />
6,8 % Bewährungshilfe | 4 Fälle<br />
49,2 % Gerichtshilfe | 29 Fälle<br />
8<br />
25,4 % freiwillige Inanspruchnahme<br />
| 15 Fälle<br />
Der stärkste Zugang bei der häuslichen Gewalt mit 49,2 Prozent erfolgte wie in den Vorjahren<br />
über die Gerichtshilfe, 25,4 Prozent kamen freiwillig oder wurden von der Ehefrau oder Lebensgefährtin<br />
aufgefordert, etwas gegen die eigene Gewalthaltung zu unternehmen.<br />
6,8 Prozent kamen sowohl über die Bewährungshilfe als auch über den Kinderschutzbund.<br />
Beeindruckende Rückmeldungen zum Anti-Gewalt-Training<br />
Beeindruckend sind die Rückmeldungen nach einem mehrmonatigen Anti-Gewalt-Trainingskurs<br />
mit sechs Teilnehmern. Die Teilnehmer wurden mittels Fragebögen nach Ihrer Einschätzung<br />
bezüglich der Veränderungen gegenüber dem Zeitpunkt des Kursbeginns befragt. Als<br />
Antwortmöglichkeiten standen zur Auswahl: viel besser, besser, gleich gut, schlechter, viel<br />
schlechter. Die Rückmeldungen im Einzelnen:<br />
• „Ich kann jetzt ausdrücken, was ich nicht möchte / mich abgrenzen“<br />
(33,3% viel besser, 66,6% besser)<br />
• „Ich kann jetzt meine Wünsche und Bedürfnisse äußern“<br />
(33,3% viel besser, 66,6% besser)<br />
• „Ich kann jetzt meine Gefühle wahrnehmen“<br />
(33,3% viel besser, 50% besser, 16,6% gleich gut)<br />
• „Ich kann jetzt meine Gefühle ausdrücken“<br />
(33,3% viel besser, 33,3% besser, 33,3% gleich gut)<br />
• „Ich kann jetzt Ärger ausdrücken, ohne Gewalt auszuüben“<br />
(80% viel besser, 20% besser)<br />
• „Meine Grundstimmung ist im Vergleich zu Kursbeginn“<br />
(33,3% viel besser, 50% besser, 33,3% gleich gut)<br />
• „Ich fühlte mich von den Kursleitern angenommen und verstanden“<br />
(100% sehr gut, mögliche weitere Antworten: gut, weder noch, schlecht, sehr schlecht)<br />
• „Die Übungen und Hausaufgaben konnte ich verstehen und anwenden“<br />
(66,6% sehr gut, 33,3% gut)<br />
Letztlich führten 83,3 Prozent der Trainingsteilnehmer die eigenen positiven Veränderungen<br />
in vollem Umfang auf den Anti-Gewalt-Kurs zurück.
Das Eltern-Kind-Projekt Chance<br />
Kinder stehen im Mittelpunkt<br />
Bernadette Stanka | Eltern-Kind-Projekt<br />
„Die Inhaftierung eines Elternteils ist für jedes Kind furchtbar, nicht minder die<br />
Überbrückung eines langen Strafvollzuges. Und wenn Vater oder Mutter nach<br />
der Entlassung in die Familie zurückkehren, ist nichts wie früher. In diesen Krisen<br />
brauchen die Kinder und die Eltern Hilfe von außen, um mit der Situation klarzukommen.“¹<br />
9<br />
Dank der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH, die dem Projekt Chance e.V. 500.000 Euro für<br />
einen Zeitraum von drei Jahren bereitstellte, konnte das Eltern-Kind-Projekt Chance, bei dem die<br />
Kinder, ihre Bedürfnisse und Rechte im Mittelpunkt stehen, ins Leben gerufen werden. Realisiert wird<br />
das Projekt vom Netzwerk Straffälligenhilfe in Baden-Württemberg, das mit seinen Kooperationspartnern<br />
Kindern und Jugendlichen, die von der Inhaftierung eines Elternteils betroffen sind, professionelle<br />
Hilfe anbietet. Die regionalen Jugendämter und das Landesjugendamt wurden mit einbezogen;<br />
die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Ulm sorgte für die Anleitung und Supervision<br />
der Betreuer/-innen und ist mit der wissenschaftlichen Begleitung des Projektes betraut.<br />
Kindeswohl im Vordergrund<br />
Zu den Zielen des Projekts gehören Hilfen und Maßnahmen zur Klärung und Förderung einer positiven<br />
Eltern-Kind Beziehung vor, während und nach der Inhaftierung eines Elternteils. Hierbei steht<br />
das Wohl des Kindes im Vordergrund. Dies beinhaltet unter anderem die Stärkung des Kindes im<br />
Umgang mit der besonderen Situation, Hilfestellung bei Besuchskontakten in Haft sowie Hilfen zur<br />
Sicherung der finanziellen Existenz nach Inhaftierung des Elternteils. Die Hilfen können von den<br />
Kindern inhaftierter Eltern in Anspruch genommen werden, von Partner/-innen inhaftierter Eltern<br />
sowie von Inhaftierten selbst, die die Beziehung zu ihrem Kind bzw. ihren Kindern klären, aufrechterhalten<br />
und verbessern möchten.<br />
Betroffene erhalten Unterstützung durch geschulte Mitarbeiter/-innen aus Vereinen der freien<br />
Straffälligenhilfe. Diese kann während der gesamten Haftdauer und zur Wiedereingliederung von<br />
Inhaftierten nach Haft in Anspruch genommen werden. Die Hilfen sind für die Betroffenen kostenlos<br />
und können über den Sozialdienst der jeweiligen Justizvollzugsanstalten in Baden-Württemberg<br />
oder über die Mitarbeiter der freien Straffälligenhilfe vermittelt werden.<br />
Intensivere Begleitung möglich<br />
Die <strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong> hat sich bereits vor dem Eltern-Kind-Projekt Chance um Angehörige<br />
von Straffälligen bemüht. Das Projekt eröffnet aber die Möglichkeit, diese Betreuung weiter<br />
zu intensivieren. Besonders die Konzentration speziell auf die Kinder inhaftierter Eltern ermöglicht<br />
eine gezieltere Arbeitsweise. Die Organisation von Qualitätsstandards und Vernetzungen durch<br />
das Netzwerk Straffälligenhilfe in Baden-Württemberg und das Projekt Chance sowie die Schulungen<br />
und Evaluation durch die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Ulm<br />
fördern und erleichtern die Arbeit mit und für Kinder Inhaftierter enorm. In der <strong>Sozialberatung</strong><br />
¹ http://www.projekt-chance.de/?eltern-kind-projekt-chance,46
<strong>Ludwigsburg</strong> wurde ab April 2012 eine Mitarbeiterin für das Eltern-Kind-Projekt Chance in Teilzeit<br />
eingesetzt, um den Anforderungen einer stetig wachsenden Nachfrage gerecht zu werden.<br />
10<br />
Im Eltern-Kind-Projekt Chance ist die Betreuung in zwei Bereiche unterteilt, um die Ortsnähe zu<br />
gewährleisten. Die „Restfamilie“, d.h. der Familienteil, der in Freiheit lebt, wird von einem Mitarbeiter<br />
/ einer Mitarbeiterin (Fallmanager) eines Verbandsmitglieds des Netzwerks Straffälligenhilfe in<br />
Baden-Württemberg in Wohnortnähe betreut. Das inhaftierte Elternteil wird wiederum durch einen<br />
Mitarbeiter / eine Mitarbeiterin (Koordinator) eines Verbandsmitglieds in der Nähe der Justizvollzugsanstalt<br />
betreut. Beide stellen den jeweiligen Klienten/-innen das Projekt zunächst vor. In<br />
<strong>Ludwigsburg</strong> zählte die <strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong> seit April 2012 insgesamt zwölf Fälle. In neun<br />
Fällen gaben die Klienten/-innen eine Positiverklärung, d.h. ihre Zustimmung zur Betreuung. Zehn<br />
Fälle konnten im Jahr 2012 abgeschlossen werden. In sieben Fällen hatten wir die Funktion des<br />
Fallmanagers, in drei Fällen die Funktion als Koordinator. In zwei Fällen nahm die <strong>Sozialberatung</strong><br />
eine Doppelfunktion ein, war zugleich Fallmanagerin und Koordinatorin.<br />
Tätigkeiten bis zur Positiv- bzw. Negativerklärung und die dafür erbrachte Zeit in Prozent<br />
11,34 %<br />
Fahr- und Wartezeiten<br />
11,70 %<br />
Vor- und Nachbearbeitung<br />
28,15 %<br />
Dokumentation, Positivoder<br />
Negativerklärung,<br />
Datenschutzerklärung<br />
27,79 %<br />
Vorstellen des Projektes /<br />
Motivation / Erstkontakte<br />
mit Angehörigen<br />
21,02 % Abstimmungen zwischen Koordinator,<br />
Fallmanager, Sozialdienst u.a.<br />
Nach der Positiverklärung durch beide Elternteile und einer positiven Zusage vom Eltern-Kind-<br />
Projekt Chance beginnt die Zusammenarbeit mit den Klienten/-innen und deren Familien sowie<br />
die Koordination mit dem/der zuständigen Kollegen/-in.<br />
Übersicht der Tätigkeiten nach der Positiverklärung in Stunden<br />
70 Stunden<br />
60<br />
50<br />
59,94<br />
54,57<br />
40<br />
26,58<br />
30<br />
20<br />
17,33 18,89<br />
10<br />
6,66 5,17 1,34 3,66 7,9<br />
10,92<br />
9,84 5,33 4,5 2,43<br />
0<br />
0,5 0<br />
Instrumentalisierung<br />
Einschätzung Hilfebedarf<br />
Krisenintervention Inhaftierung<br />
Koordination notwendiger Hilfen<br />
Konkretisierung der Koordinierung<br />
Kindeswohlgefährdung<br />
Erziehungsfähigkeit der Gefangenen<br />
Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder<br />
Beziehungstrennung / Kinder<br />
Finanzielle Unterstützung bei Besuchen<br />
Unterstützung bei Besuchen<br />
Freizeit für Kinder<br />
Hilfen in der Entlassungsphase<br />
Abstimmungen mit KO-/Fallmanager<br />
Fahr- und Wartezeiten<br />
Dokumentation und Nachbereitung<br />
Kollegiale Fallbesprechung
Das Diagramm zeigt die Tätigkeiten nach der Positiverklärung in Stunden. Auffallend ist hier die<br />
hohe Anzahl der Stunden für die Koordination notwendiger Hilfen. Die Tätigkeit im Eltern-Kind-<br />
Projekt Chance zielt auf die Vermittlung der Klientel an schon existierende Hilfeangebote wie zum<br />
Beispiel über das Jugendamt ab. Die hohe Stundenanzahl für Dokumentation und Nachbereitung<br />
entsteht auf Grund der Evaluation, die wichtig für eine gezielte Weiterentwicklung des Projekts ist.<br />
11<br />
Beratungsgespräche in kindgerechter Umgebung<br />
In <strong>Ludwigsburg</strong> betreute die <strong>Sozialberatung</strong> im Berichtsjahr sechs von zehn Familien mit Kindern<br />
unter drei Jahren. Hier war die finanzielle Grundsicherung und Kinderbetreuung neben den Besuchen<br />
in der jeweiligen Justizvollzugsanstalt vorrangig. Häufig fanden Beratungsgespräche in<br />
kindgerechten Umgebungen wie (Indoor-)Spielplätzen statt.<br />
Paargespräche bzw. Elterngespräche sorgten für tragbare Besuchsregelungen und für die Zeit<br />
nach der Haft für Umgangsregelungen auch in Bezug auf die Eltern. Auffallend waren im letzten<br />
Jahr die geringen Zeiten in der direkten Arbeit mit den betroffenen Kindern. Die Ursachen hierfür<br />
lagen zum einen im jungen Alter der Kinder und des Weiteren darin, dass sehr viel Arbeitszeit<br />
für die materielle Absicherung des betroffenen Elternteils aufgebracht wurde. Die geringen<br />
Zeiten direkt mit den betroffenen Kindern sind ein Phänomen, das sich nicht nur in <strong>Ludwigsburg</strong>,<br />
sondern landesweit beobachten lässt, wie in den halbjährlichen Qualitätsmanagementtreffen<br />
des Projekts festgestellt wurde.<br />
Insgesamt waren es mehr Familien, als<br />
zunächst erwartet, Dies zeigt, dass der<br />
Bedarf für eine gezielte Betreuung von<br />
inhaftierten Eltern und ihren Kindern<br />
relativ hoch ist. Zudem kam es aus<br />
verschiedenen Gründen, wie z. B. aus<br />
Scham und Angst vor Stigmatisierung<br />
oder Diskriminierung, häufig nicht zu<br />
nötigen Kontakten mit hilfeleistenden<br />
Institutionen. Dies konnte jetzt in vielen<br />
Fällen überwunden werden.<br />
Die Finanzierung des Eltern-Kind-<br />
Projektes ist noch bis 2016 durch die<br />
Baden-Württemberg Stiftung gesichert.<br />
Das Netzwerk Straffälligenhilfe in Baden-<br />
Württemberg wird sich im Anschluss<br />
an die Projektphase um eine feste Installation<br />
dieser Arbeit innerhalb staatlicher<br />
Sozialleistungen bemühen.
Häusliche Gewalt<br />
KIZplus-Kooperationsprojekt: Hilfe für die Täter,<br />
Schutz für die Opfer<br />
Britta Graf | Gewaltprävention<br />
12<br />
Das seit vielen Jahren bei der <strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong> angebotene Anti-Gewalttraining<br />
wurde sukzessive inhaltlich ausgebaut. Dabei rückten bereits im Jahr 2011/12<br />
vermehrt die Kinder ins Zentrum der Arbeit mit gewaltausübenden Männern und Vätern.<br />
Kreislauf der Gewalt<br />
Den Hintergrund dieser thematischen Erweiterung bildet die Tatsache, dass Väter, die sich<br />
gewalttätig gegenüber ihren Partnerinnen verhalten, ihre Kinder schädigen. In manchen Familien<br />
ist Gewalt ein gebräuchliches Erziehungs- und Konfliktlösungsmittel zwischen den Eltern untereinander<br />
sowie zwischen Eltern und Kindern. Da Kinder vom vorgelebten Modell lernen, bilden<br />
diese Erfahrungen in der nächsten Generation die Grundlage der eigenen Erziehungsbemühungen<br />
mit den eigenen Kindern. Und so beginnt ein Kreislauf der Gewalt. Das Kooperationsprojekt vom<br />
Verein Frauen für Frauen (KIZ) und der <strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong> (KIZ-Plus) will diesen Kreislauf<br />
durchbrechen, damit Kinder nicht (weiterhin) zu Opfern und eventuell selbst zu Tätern werden.<br />
In den 2012 durchgeführten Kursen wurde deutlich, dass gerade Männer, die mit der Justiz oder<br />
Einrichtungen des Kinder- und Jugendschutzes in Berührung gekommen sind und denen unsere<br />
Maßnahme auferlegt wurde, uns anfänglich verärgert und feindselig begegnen. Sie fühlten sich<br />
von den zuweisenden Einrichtungen ungerecht behandelt, als Gewalttäter, als schlechte Väter und<br />
als nicht kooperativ stigmatisiert. Vor diesem Hintergrund sind/waren vertrauensbildende Interventionen<br />
in den ersten Sitzungen überaus wichtig, um den Argwohn und den Widerstand der Männer<br />
zu überwinden. Nach dem erfolgreichen Aufbau eines vertrauensvollen Klimas sind die Männer viel<br />
eher bereit, sich den Herausforderungen einer Konfrontation mit ihren Gewalttaten zu stellen und<br />
offen über ihr gewaltbereites Verhalten zu reden. Das wiederum ist eine unverzichtbare Grundlage,<br />
um gewalttätiges Verhalten in verantwortungsvolles und partnerschaftliches Verhalten zu wandeln<br />
und ist zugleich die Basis für ein fürsorgliches Verhalten von Vätern gegenüber ihren Kindern. Diese<br />
positive Erfahrung konnten wir im Jahr 2012 in zwei durchgeführten Kursen machen.<br />
Vor diesem Hintergrund stehen insbesondere im Jahr<br />
2013 Überlegungen an, das Anti-Gewalttraining nicht<br />
nur thematisch, sondern auch zeitlich auszubauen.<br />
„Wer den Tätern hilft, hilft den Opfern und schützt Kinder.“
Anti-Gewalt-training<br />
Ein ehemaliger Gewalttäter schaut mit Verantwortung nach vorne<br />
Harald Z., der selbst Gewalt in seiner Familie ausgeübt und inzwischen erfolgreich ein Anti-Gewalttraining<br />
absolviert und seine Verantwortung angenommen hat, berichtet nachfolgend von seinen Erfahrungen im<br />
Anti-Gewalttraining der <strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong>.<br />
Geboren wurde ich am 24. Januar 1957 in einer ländlichen Gemeinde nahe Heilbronn. Aufgewachsen<br />
und „erzogen“ wurde ich in einer „bürgerlichen Familie“, aber immer mit der Vorgabe, Stärke und Härte<br />
gegenüber allen Menschen zu beweisen. Verantwortlich hierfür war ausschließlich mein Vater, der mir<br />
und meiner Mutter gegenüber sehr dominant und gewalttätig war. Verheiratet bin ich bis zum heutigen<br />
Tag. Ich habe zwei Söhne, die beide fest im Leben stehen, obwohl hauptsächlich meine Frau und unsere<br />
Kinder unter der von mir psychisch und physisch ausgeübten Gewalt gelitten haben.<br />
13<br />
Nachdem mein Leben immer mehr aus dem Ruder gelaufen ist, wurde ich von meiner Frau aufgefordert,<br />
mein Verhalten zu ändern und professionelle Hilfe anzunehmen. Diese Aufforderung war mit der Maßgabe<br />
verbunden, die häusliche Gemeinschaft zu verlassen. Auch ich selbst spürte, am Ende angelangt zu sein.<br />
Wie schon vor 23 Jahren. Damals war es das Thema Alkohol mit all seinen dunklen Seiten, das ich heute<br />
als immer noch trockener Alkoholiker sehr genau kenne.<br />
Eine Recherche im Internet führte mich zur Beratungsstelle der <strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong>. Einer ersten<br />
telefonischen Kontaktaufnahme folgte ein persönliches Gespräch mit der Sozialarbeiterin Britta Graf, die<br />
mir die Möglichkeit eröffnete, an einem Anti-Gewalttraining teilzunehmen. Dieses Angebot nahm ich an,<br />
da ich mir nichts mehr wünschte, als endlich eine Lösung für mein gewalttätiges Verhalten zu finden.<br />
Konflikte konstruktiv und angemessen lösen<br />
Das erste Treffen im März 2012 in den Räumen der <strong>Sozialberatung</strong> habe ich mit Spannung erwartet,<br />
obwohl ich bereits über Therapieerfahrung verfügte. Positiv empfunden habe ich die vorurteilslose<br />
Aufnahme. Wichtig war für mich die Arbeit in der Gruppe, da ich bis dato immer Einzelgespräche mit Therapeuten<br />
hatte. Ebenfalls war es aus meiner Sicht sehr hilfreich, über mehrere Stunden hinweg zusammenhängend<br />
an einer Lösungsfindung arbeiten zu können.<br />
Die Arbeit in der Gruppe und die kompetenten Mitarbeiter haben mir dabei geholfen, mein gewalttätiges<br />
Verhalten zu reflektieren. Sie haben mir aufgezeigt, wie ich Konflikte konstruktiv und angemessen<br />
lösen kann. Durch Rollenspiele und Gespräche habe ich gelernt, mich selbst zu erkennen und das mir in<br />
meinem Elternhaus vermittelte Gewaltschema abzulegen.<br />
In die Rolle des Opfers schlüpfen<br />
Meine persönlich wichtigste Erfahrung war, mich in die Rolle des Opfers zu versetzen und zu spüren, wie<br />
gedemütigt sich meine Opfer fühlen mussten. Dieses absolute Erkennen und Annehmen meiner Schuld,<br />
verbunden mit der Möglichkeit, eine Entschuldigung zu formulieren, führte mich an den Rand eines totalen<br />
Zusammenbruches. Letztlich war aber gerade dieses Erlebnis dafür verantwortlich, meine Seele zu heilen<br />
und mich auf einen guten Weg zu bringen. Ich habe zusammen mit den Mitarbeitern und der Gruppe<br />
meine Sprachlosigkeit und meine Ohnmacht überwunden.<br />
Die Selbsterkenntnis und die aufgezeigten Lösungsmöglichkeiten im Umgang mit meiner Gewaltproblematik<br />
haben mir ein besseres Leben geschenkt. Obwohl meine Eltern seit über 15 Jahren tot sind, kann<br />
ich ihnen heute ihre Gewalt mir gegenüber verzeihen. Ohne die Hilfe der <strong>Sozialberatung</strong> wäre dies nicht<br />
möglich gewesen. Ich akzeptiere mich nach dem Anti-Gewalttraining heute als wertvollen Menschen und<br />
betrachte mich nicht mehr als wert- und nutzlos. Ein weiterer Erfolg der guten Arbeit ist, dass ich nach 12<br />
Monaten wieder mit meiner Familie gemeinsam unser Leben planen und gestalten darf.<br />
Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich bei Frau Graf, Herrn Salenbauch, Herrn Eberhardt und allen<br />
Mitarbeitenden der <strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong> bedanken und appeliere an die Verantwortlichen, diese<br />
Einrichtung zu fördern und zu unterstützen. Mit Blick auf eine zunehmend gewaltbereite Gesellschaft ist es<br />
unbedingt erforderlich und notwendig, solche Einrichtungen weiter auszubauen.<br />
Harald Z.
Brückenschlag<br />
eine ungewöhnliche Begegnung<br />
Roswitha Wennekamp-Eder | Ehrenamtliche Mitarbeiterin<br />
14<br />
Durch eine Psychotherapeutin, die im Auftrag des Bewährungshilfevereins Stuttgart<br />
Therapiegespräche mit Gewalttätern führt, wurde im Oktober 2011 an das Vorstandsmitglied<br />
und die langjährige ehrenamtliche Mitarbeiterin der <strong>Sozialberatung</strong> Roswitha<br />
Wennekamp-Eder der Wunsch eines Strafgefangenen herangetragen, ein Gespräch mit der Ehefrau<br />
des von dem Gefangenen getöteten Mannes zu führen.<br />
Der Hintergrund<br />
Der ca. 24 Jahre alte Täter und das ca. 50 Jahre alte Opfer sowie dessen Angehörige kannten sich<br />
vor der Tat nur flüchtig. Man lebte im selben Dorf in der Nachbarschaft. Opfer und Täter suchten immer<br />
wieder, so auch am Tatabend, eine Gastwirtschaft am Ort auf, um ein Feierabendbier zu trinken.<br />
Am Tatabend kam es zu Spannungen zwischen den beiden Männern, in deren Verlauf der Täter das<br />
Opfer provozierte und noch in der Gaststätte mit einem Faustschlag zu Boden schickte und auf den<br />
am Boden Liegenden einschlug. Anschließend zerrte der Täter das Opfer nach draußen und schlug<br />
weiter auf den Mann ein, bis dieser sich nicht mehr rührte. Danach verließ der Täter den Tatort, unter<br />
Mitnahme von Kleidungsstücken seines von ihm für tot gehaltenen Opfers. Mit schwersten Kopfverletzungen<br />
wurde der Mann ins Krankenhaus eingeliefert, wo er 14 Tage lang in tiefer Bewusstlosigkeit<br />
lag. Eine furchtbare Zeit für die Ehefrau, die nach Feststellung des Hirntodes mit der Abschaltung<br />
der funktionserhaltenden Geräte einverstanden war. Zurück blieben die damals ca. 50 Jahre<br />
alte Ehefrau des Opfers und ihre drei erwachsenen Kinder. Aufgrund einer schweren Erkrankung war<br />
und ist die Ehefrau nicht arbeitsfähig, lebt am Rande des Existenzminimums und kann die Wohnung<br />
nur in Begleitung verlassen. Nach der Verhaftung des Täters standen seine Ehefrau, seine damals<br />
zweijährige Tochter und seine Eltern ohne Ehemann, Vater und Sohn im Leben.<br />
Opfer auf allen Seiten – Das Projekt Brückenschlag<br />
Im anschließenden Strafverfahren wurde der Täter zunächst zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren<br />
verurteilt. Auf die von der Ehefrau des Getöteten als Nebenklägerin eingelegte Revision wurde der Täter<br />
in einem zweiten Verfahren zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Diese Strafe verbüßt er zurzeit.<br />
• Ein Brückenschlag zwischen Opfer und Täter?<br />
• Kann das gelingen, und wie kann es gelingen?<br />
• Wie kann die <strong>Sozialberatung</strong> dabei unterstützen und helfen?<br />
Im vorliegenden Fall, und jeder Fall liegt anders, hat unsere ehrenamtliche Mitarbeiterin zunächst<br />
Kontakt mit der Ehefrau des Getöteten aufgenommen, um den Wunsch des Gefangenen zu übermitteln.<br />
In mehreren Gesprächen konnte eine Atmosphäre des Vertrauens aufgebaut werden. Die<br />
Ehefrau hatte in diesen Gesprächen Gelegenheit, ihre Sicht der Tat, ihre Gefühle damals und heute<br />
und die Auswirkungen für sie und ihre Familie einer neutralen Außenstehenden zu schildern, die ihr<br />
verständnisvoll zuhörte und emotionale Tiefen mit Ruhe und Empathie auffangen konnte.<br />
Eigentlich hat sich die <strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong> die Hilfe für Strafgefangene während des Vollzugs<br />
und insbesondere nach der Haftentlassung zur Aufgabe gemacht. Hier wurde vordergründig<br />
die Hilfe einem Opfer zuteil, zugleich aber auch dem Strafgefangenen, bzw. dem Täter. Ein Brückenschlag,<br />
eine Begegnung, eine Aussprache können nur in einem sehr geschützten Rahmen stattfinden.<br />
Das Projekt will nicht auf Kosten der Opfer eine Entlastung für den Täter herbeiführen. Eine<br />
solche Begegnung kann dem Täter aber bei der Aufarbeitung der Tat helfen.
Die Begegnung<br />
Nach zahlreichen Vorgesprächen, auch mit der Psychotherapeutin, konnte die Begegnung im Frühjahr<br />
2012 in einem Familienraum der Vollzugsanstalt stattfinden. In diesen Vorgesprächen war unter anderem<br />
die Frage zu klären, ob der Gefangene der Ehefrau die Hand zur Begrüßung geben darf oder nicht<br />
und wer wo sitzen soll. Eine Begrüßung per Handschlag wurde von der Ehefrau abgelehnt. Bei der<br />
Sitzordnung wurde darauf geachtet, dass sich Ehefrau und Täter nicht direkt gegenüber sitzen.<br />
Die Begegnung fand im Beisein der den Gefangenen betreuenden Psychotherapeutin statt. Die Ehefrau<br />
des Getöteten wurde von unserer ehrenamtlichen Mitarbeiterin begleitet, die ihr Halt und Stütze<br />
sowohl während des Gesprächs als auch in der Zeit danach war, bis heute. Ohne die Begleitung<br />
durch eine vertraute Begleitperson wäre diese Begegnung mit dem Täter für die Ehefrau des Opfers<br />
nicht möglich gewesen.<br />
15<br />
Die emotionale mit Tränen auf beiden Seiten verlaufende und durch Pausen unterbrochene Begegnung<br />
verlief ohne Aggressionen. Für die Ehefrau war es wichtig vom Täter zu erfahren, weshalb sie<br />
eigentlich hier ist und warum er ihren Mann zu Tode getreten hat. Erfahrungsgemäß kann es bei einer<br />
solchen Tat keine befriedigende Antwort geben. Es folgte die Erklärung des Täters, er würde die Tat<br />
gerne ungeschehen machen. Er habe erst zugetreten, als er den Mann bereits für tot hielt. Auch die<br />
Frage der Ehefrau, wo denn die Sachen ihres Mannes verblieben seien, konnte oder wollte der Täter<br />
nur mit dem Hinweis beantworten, er habe sie nicht mehr. Die Klärung dieser Frage lag der Ehefrau<br />
sehr am Herzen. Sie hätte diese persönlichen Sachen ihres Ehemannes gerne gehabt, zumal sich in<br />
der verschwundenen Brieftasche auch Familienbilder befanden.<br />
Die Ehefrau des Opfers brachte zum Ausdruck, wie sehr sie und ihre Kinder unter der Tat sowohl<br />
emotional als auch in finanzieller Hinsicht gelitten hätten. Als besonders kränkend habe sie empfunden,<br />
dass die Mutter des Täters die Tat ihres Sohnes geleugnet und ihr, der Ehefrau des Opfers,<br />
die Schuld am Unglück ihres Sohnes zugewiesen habe. Über die Begleitperson machte sie deutlich,<br />
dass ihr das kleine Kind des Täters, das ohne Vater aufwachsen muss, leid getan habe. Der Gefangene,<br />
der noch Jahre ohne eigenes Einkommen sein wird, versicherte, dass er nach seiner Haftentlassung<br />
alles tun will, um der Ehefrau bei Angelegenheiten des täglichen Lebens zu helfen.<br />
Ein wichtiger und guter Schritt für beide Seiten<br />
Für die Ehefrau war die zunächst gefürchtete Aussprache mit dem Täter ein wichtiger und guter<br />
Schritt. Für den Täter war die erneute Konfrontation mit seiner acht Jahre zurückliegenden Tat und<br />
den bitteren Folgen für die unschuldigen Opfer kein Akt der Erleichterung. Vielmehr wurde ihm<br />
klar vor Augen geführt, welches unsägliche Leid am eigentlichen Tatgeschehen völlig unbeteiligte<br />
Personen ertragen mussten. Auch er hat sich vor dieser von ihm gewünschten und für notwendig<br />
gehaltenen Begegnung gefürchtet und diese Angst gegenüber anderen Gefangenen zum Ausdruck<br />
gebracht. Mitgefangene haben bemerkt, dass die Begegnung mit der Ehefrau des Opfers für den<br />
Täter nicht leicht war und in ihm lange nachgewirkt hat. Es hat andere Mitgefangene zum Nachdenken<br />
darüber angeregt, ob dieser Weg auch für ihre Situation ein gangbarer Weg sein könnte, sich<br />
ihrer Schuld zu stellen.<br />
Für unsere ehrenamtliche Mitarbeiterin war ein Zusammentreffen dieser Art ein bewegendes Ereignis,<br />
das bis heute nachklingt. Die vertrauensvolle Beziehung zu der Ehefrau dauert an. Es findet neben<br />
gelegentlichen persönlichen Gesprächen etwa einmal im Monat ein Telefongespräch statt. Vor wenigen<br />
Wochen konnte die Ehefrau des Getöteten die erfreuliche Nachricht übermitteln, dass endlich<br />
über ihren Antrag auf Zuerkennung einer Rente nach dem Opferentschädigungsgesetz positiv entschieden<br />
wurde und sie nunmehr mit einer monatlichen Rentenzahlung sowie mit einer Nachzahlung<br />
über mehrere tausend Euro rechnen kann. Damit hat zumindest die finanzielle Notlage ein Ende.<br />
Gabriele Weber / Roswitha Wennekamp-Eder
Schuldnerberatung<br />
Anhaltend groSSe Nachfrage – ehrenamtliche<br />
Paten helfen bei der Überbrückung der Wartezeit<br />
Katrin Oettinger, Bettina Würth, Maren Günter | Allgemeine Schuldnerberatung<br />
16<br />
Der Jahresbeginn war für die Schuldnerberatung bei der <strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong> noch<br />
geprägt durch lange Wartezeiten von etwa 13 Monaten. Durch die genehmigten Stellenerweiterungen<br />
der Schuldnerberatungsstellen änderte sich dieser Zustand zügig. Das erweiterte<br />
Arbeitskontingent führte zu einer großen Entlastung. Im Laufe des Jahres konnte die Wartezeit<br />
um etwa 60 Prozent auf vier bis sechs Monate abgebaut werden. Insgesamt konnten rund 300<br />
Fälle betreut und vielen überschuldeten Personen eine neue Perspektive ge-boten werden, indem<br />
Schuldenregulierungsmaßnahmen erarbeitet und durchgeführt wurden.<br />
Personelle Entwicklung<br />
Im Februar wurde die Stellenerweiterung umgesetzt. Die neue Stelle wurde durch zwei 50<br />
Prozent-Kräfte besetzt, die bereits über Erfahrungen mit „Integrierter Schuldnerberatung“ verfügen.<br />
Die Anleitung konzentrierte sich daher auf eine Einweisung in die formalen Standards der<br />
Arbeitsabläufe, in die Vertiefung der gesetzlichen Grundlagen wie auch auf die EDV-Einführung.<br />
Beide Kräfte absolvierten, neben der internen Einarbeitung, einen professionellen Grund- und<br />
Aufbaukurs bei der Bundesakademie für Kirche und Diakonie in Berlin.<br />
Einrichtung einer offenen Sprechstunde<br />
Wartezeiten deutlich verringert<br />
Die offene Sprechstunde wurde zum 1. März 2012 eingeführt und findet seither jeweils mittwochs<br />
von 09:00 bis 12:00 Uhr (Einlass bis 11:00 Uhr) statt. Im Rahmen der offenen Sprechstunde wird<br />
mit jeder hilfesuchenden Person ein individuelles Basisgespräch durchgeführt. In der Regel erfolgt<br />
anschließend eine Aufnahme auf die Warteliste. Stellt die Wartezeit ein zu großes Hindernis dar,<br />
bekommt diese Person einen ehrenamtlichen Paten zur Seite gestellt, der bis zur Aufnahme in die<br />
Vollberatung die Betreuung übernimmt. Personen, die sich auf der Warteliste befinden und nicht<br />
von einem ehrenamtlichen Paten betreut werden, können sich in Notsituationen jederzeit telefonisch<br />
melden.<br />
Das Jahr 2012 entwickelte sich ähnlich wie das Vorjahr. 149 Personen, die auf der Warteliste<br />
standen, wurden übernommen. Innerhalb des Jahres kamen insgesamt 170 Neuanfragen hinzu.<br />
Ein erstes Basisgespräch wurde von fast allen Personen wahrgenommen. Die Wartezeit, die Ende<br />
2011 noch etwa 13 Monaten betrug, konnte dank der Stellenerweiterung auf ein etwas erträglicheres<br />
Niveau von etwa vier bis sechs Monate gesenkt werden.<br />
Neben dem positiven Aspekt der Verkürzung der Wartezeit ist<br />
die erfolgreiche Regulierungsquote zu erwähnen. Mit sehr vielen<br />
überschuldeten Personen konnten zweckvolle Regulierungsmaßnahmen<br />
durchgeführt werden. Auffällig hoch war die Zahl der<br />
Privatinsolvenzen, die für viele überschuldete Personen die<br />
einzig mögliche Chance der Schuldensanierung darstellte.<br />
Das Team der Schuldnerberatung (v.l.n.r.):<br />
Katrin Oettinger, Bettina Würth und Maren Günter.
Zahlen und Fakten<br />
In der laufenden Beratung befanden sich durchschnittlich 154 Personen. Es wurden insgesamt<br />
300 Fälle behandelt (inkl. des Personenstandes, der aus 2011 übernommen wurde). Ende 2012<br />
befanden sich 157 Personen in laufender Beratung. 143 Personen waren zu diesem Zeitpunkt<br />
ausgeschieden. Für 47 Personen konnte erfolgreich ein Insolvenzantrag gestellt werden. Bei 14<br />
Personen erfolgten außergerichtliche Einigungen. Bei 50 Personen musste die Schuldnerberatung<br />
aufgrund disziplinarischer Maßnahmen seitens der <strong>Sozialberatung</strong> abgebroche werden, inkl. der<br />
Personen, die sich zu Beginn der Aufnahme in die Schuldnerberatung nicht meldeten. 57 Prozent<br />
der Kienten/-innen sind Männer, 43 Prozent Frauen.<br />
17<br />
Altersverteilung<br />
3 Personen über 70 Jahre<br />
29 Personen keine Angaben<br />
2 Personen unter 20 Jahre<br />
11 Personen von 60 bis 69 Jahre<br />
35 Personen von 50 bis 59 Jahre<br />
69 Personen von 20 bis 29 Jahre<br />
70 Personen von 40 bis 49 Jahre<br />
81 Personen von 30 bis 39 Jahre<br />
Die Höhe der Verschuldung sowie die Anzahl der Gläubiger werden in folgenden Darstellungen verdeutlicht.<br />
Verschuldung<br />
Anzahl der Gläubiger<br />
Anzahl an Klienten(innen)<br />
120<br />
Anzahl an Klienten(innen)<br />
100<br />
100<br />
80<br />
110<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
81<br />
70<br />
89<br />
60<br />
50<br />
40<br />
20<br />
50 47<br />
54<br />
20<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
19<br />
3<br />
Schulden<br />
in Euro<br />
unter<br />
5000<br />
5000 bis<br />
9000<br />
10000 bis<br />
25000<br />
26000 bis<br />
50000<br />
über<br />
50000<br />
Gläubiger unter 5 5 bis 9 10 bis 25 26 bis 50 über 50<br />
Schuldnerberatung als ganzheitlicher Ansatz<br />
Die Ursache für die hohe Anzahl der überschuldeten Menschen liegt in der Regel in den gesteigerten<br />
Lebenshaltungskosten. Jedoch können auch unvorhergesehene Ereignisse wie Arbeitslosigkeit,<br />
Trennung/Scheidung oder andere einschneidende Änderungen in der persönlichen Lebenssituation<br />
Ursachen einer Überschuldung darstellen. Solch unvorhersehbare Ereignisse führen meist<br />
dazu, dass sich das Gleichgewicht im System eines Individuums verändert. Das System eines
18<br />
Einzelnen sollte sich stets den neuen Gegebenheiten anpassen. Dies ist jedoch eher selten der<br />
Fall und sieht in der Realität meist folgendermaßen aus: das bestehende Gleichgewicht erstarrt<br />
und es kommt zu Auffälligkeiten sowohl innerhalb als auch außerhalb des bestehenden Systems.<br />
Überschuldung kann Existenz- und Zukunftsängste auslösen und zu Dauerbelastung und Stress<br />
führen, unter denen alle Haushaltsmitglieder – insbesondere oft die Kinder – leiden. Die Folgen<br />
sind nicht selten psychische und physische Beschwerden. In diesen Fällen geht es weniger um<br />
eine administrative Hilfestellung, sondern um eine Hilfestellung, die innerhalb der Beratung auch<br />
die familiären und sozialen Probleme berücksichtigen sollte.<br />
Zwar liegt der Schwerpunkt der Schuldnerberatung auf der finanziellen und hauswirtschaftlichen<br />
Beratung, jedoch reicht – aus unserer Erfahrung – eine rein „rechnerische“ bzw. juristische Beratung<br />
kaum aus, um ein langfristiges Umdenken zu erreichen, das eine zukünftige Verbesserung der<br />
finanziellen Situation erwarten lässt. Immer häufiger müssen psychosoziale, pädagogisch-präventive<br />
sowie lebenspraktische Beratungsansätze angewandt werden. Die Schuldnerberatung ist daher als<br />
ganzheitliches Hilfsangebot zu betrachten. Schuldnerberatung kann ein Türöffner sein, um nach der<br />
Bearbeitung der finanziellen Problematik auch tiefer liegende persönliche Probleme anzusprechen.<br />
Auf der anderen Seite zeigt sich jedoch, dass dieser Art der Intervention auch Grenzen gesetzt sind.<br />
Die Arbeit in der Schuldnerberatung muss daher oftmals sehr pragmatisch verlaufen und sich eher<br />
auf die juristisch/kaufmännischen Rahmenbedingungen der Tätigkeit konzentrieren.<br />
Ehrenamtliche Paten als wertvolle Unterstützung<br />
Der Einsatz von ehrenamtlich Tätigen in der Schuldnerberatung hat sich bewährt. Das in den<br />
Vorjahren praktizierte Konzept – Informationsveranstaltung und darauf folgende mögliche Unterstützung<br />
durch einen ehrenamtlichen Paten – wurde im Berichtsjahr fortgesetzt. Durchweg stieß<br />
das Ehrenamtsprojekt auf positive Resonanz. Insbesondere Klienten, die vielseitige Problemlagen<br />
aufwiesen, fühlten sich durch die Bereitstellung eines Paten aufgefangen. Häufig war zu beobachten,<br />
dass selbst nach Beendigung der Patenschaft, von Seiten der Klienten weiterhin Kontakt zu<br />
dem jeweiligen ehrenamtlichen Paten gesucht wurde.<br />
Einige der derzeit acht Ehrenamtlichen begleiten die Schuldnerberatung bereits seit deren Einrichtung<br />
im Jahre 2008 und haben sich im Laufe dieser Beschäftigungszeit einen hohen Wissensstandard<br />
angeeignet. Alle ehrenamtlich Mitarbeitenden benötigen bei der individuellen Betreuung von<br />
Klienten eine persönliche Anleitung durch einen hauptamtlichen Mitarbeiter. Regelmäßig Kontakte<br />
und Absprachen bezüglich des Umgangs mit strategischen und rechtlichen Fragestellungen sind<br />
deshalb grundlegend. In einem etwa vierteljährlichen Turnus fanden Zusammenkünfte zwischen<br />
allen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern der Schuldnerberatung statt. Dabei wurden<br />
Fallbesprechungen durchgeführt, offene Fragen geklärt und Informationen ausgetauscht. Zusätzlich<br />
wurden den ehrenamtlich Tätigen interne Fortbildungen mit Themen wie das Pfändungsschutzkonto,<br />
die Zwangsvollstreckung oder das Insolvenzverfahren angeboten.<br />
Insgesamt leisten die ehrenamtlichen Mitarbeiter eine wertvolle Arbeit. Durch ihren Einsatz unterstützen<br />
sie sowohl die Schuldnerberaterinnen als insbesondere auch die Klienten, die sich – auch<br />
während der Wartezeit – gut aufgehoben fühlen.
TIB - <strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong> e.V.<br />
Hilfen für Straffällige · Gewaltprävention · Schuldnerberatung<br />
Hilfebereiche Wohnen Arbeit Geld/<br />
Schulden<br />
Sucht/<br />
Gesundheit<br />
Kontakte<br />
Bindungen<br />
Angehörige<br />
Freizeit<br />
Tataufarbeitung<br />
Klärungshilfe<br />
Anti-Gewalt-<br />
Training<br />
Gewaltprävention<br />
Orte der<br />
Hilfsangebote<br />
Wohnprojekte<br />
Betreutes<br />
Wohnen<br />
Anlauf- und<br />
Beratungsstelle<br />
Vollzugsanstalten<br />
Dauerwohnraum<br />
Schuldnerberatungsstelle<br />
Schulen<br />
Vernetzung<br />
der Arbeit<br />
• Wohnungslosenhilfe<br />
• Haus auf der Wart<br />
• Agentur für Arbeit<br />
• JobCenter<br />
• Sozialamt<br />
• Sozialdienste der<br />
Vollzugsanstalten<br />
• Arbeitgeber<br />
• Fachberatungsstellen<br />
• Therapiestätten<br />
• Runde Tische "Häusliche<br />
Gewalt"und "Nachsorge"<br />
• Projekt "Chance"<br />
TIB<br />
<strong>Sozialberatung</strong><br />
Ludwigsbrug e.V.<br />
Neustart<br />
Bewährungshilfe,<br />
Gerichtshilfe,<br />
Jugendgerichtshilfe,<br />
Täter-Opfer-<br />
Ausgleich,<br />
Sitz <strong>Ludwigsburg</strong><br />
Gerichte und<br />
Staatsanwaltschaften<br />
Ehrenamtliche<br />
Aufsuchende<br />
Sozialarbeit<br />
in Haft<br />
• Sozialtherapie<br />
Baden-Württemberg<br />
(Asperg)<br />
• Vollzugskrankenhaus<br />
Hohenasperg<br />
Vollzugsanstalt<br />
Heimsheim<br />
Freigängerheim<br />
<strong>Ludwigsburg</strong><br />
Vollzugsanstalt<br />
Stuttgart-<br />
Stammheim<br />
Weitere nach<br />
Bedarf z.B.<br />
Freigängerheim<br />
im "Kelterle"<br />
Sachsenheim<br />
Bei Bedarf abtrennen und per Post an die unten angegebene Adresse senden.<br />
Mitgliedschaft – Beitrittserklärung | <strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong> e.V., Ruhrstraße10/1, 71636 <strong>Ludwigsburg</strong><br />
_______________________________________________________________________|_______________________________________________________________________<br />
Name<br />
Vorname<br />
_______________________________________________________________________|_______________________________________________________________________<br />
Straße<br />
PLZ/Ort<br />
Hiermit beantrage ich für meine Person, geb. am __________________________ die Aufnahme als Mitglied.<br />
Ja, ich möchte mich ehrenamtlich engagieren. Rufen Sie mich bitte unter folgender Telefonnummer zurück ________________________________________________.<br />
Der Jahresbeitrag beträgt mind. 10,- Euro und ist jährlich zu überweisen: Kto.-Nr. 76 508 | KSK <strong>Ludwigsburg</strong> (BLZ 604 500 50) | IBAN DE04 6045 0050 0000 0765 08<br />
_______________________________________________________________________|_______________________________________________________________________<br />
Ort/Datum<br />
Unterschrift<br />
Einzugsermächtigung | Ich ermächtige den Verein, den Jahresmitgliedsbeitrag in Höhe von ______________ Euro ab dem ______________________ nach<br />
Fälligkeit durch Lastschrift von meinem Konto einzuziehen. Diese Einzugsermächtigung kann ich jederzeit wiederrufen.<br />
_______________________________________________________________________|_________________________________________|_____________________________<br />
Geldinstitut Kontonummer BLZ<br />
_______________________________________________________________________|_______________________________________________________________________<br />
IBAN<br />
BIC<br />
_______________________________________________________________________|_______________________________________________________________________<br />
Ort/Datum<br />
Unterschrift
Herausgeber<br />
<strong>Sozialberatung</strong> <strong>Ludwigsburg</strong> e.V.<br />
Ruhrstraße 10/1, 71636 <strong>Ludwigsburg</strong><br />
Telefon 07141/92 19 72<br />
Telefax 07141/90 10 72<br />
info@sozialberatung-ludwigsburg.de<br />
www.sozialberatung-ludwigsburg.de<br />
Der Verein ist als gemeinnützig und mildtätig<br />
anerkannt. Mitgliedsbeiträge und Spenden sind<br />
steuerbegünstigt. Zuwendungsbestätigungen<br />
werden auf Wunsch ausgestellt.<br />
Spendenkonto<br />
Kreissparkasse <strong>Ludwigsburg</strong><br />
(BLZ 604 500 50) Konto 76 508<br />
IBAN DE04 6045 0050 0000 0765 08<br />
BIC SOLADES1LBG<br />
Verantwortlich für den Inhalt<br />
Ulrich Hebenstreit, Vorsitzender<br />
Georg Steckenstein, Geschäftsführer<br />
Öffnungszeiten Beratungsstelle<br />
Mo, Di, Do, Fr 9.00 bis 12.00 Uhr<br />
Mi 15.00 bis 18.00 Uhr und nach Vereinbarung<br />
Öffnungszeiten Schuldnerberatung<br />
Termin nur nach telefonischer Anmeldung<br />
Mo 9.00 bis 12.00 Uhr, Di 13.00 bis 15.30 Uhr,<br />
Mi 9.00 bis 12.oo Uhr, Do 13.00 bis 17.00 Uhr<br />
Telefon 07141/299 67 70<br />
Offene Sprechstunde Mi 9.00 bis 11.00 Uhr<br />
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