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GS Motorrad Magazin 01/2013 (Heft 4)

Spezialthema dieser Ausgabe: Abgedreht - Actionkameras vorgestellt.

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INHALT<br />

6<br />

6: SPEZIAL ABGEDREHT<br />

Die digitale Technik liefert großes Kino im<br />

Miniformat. Doch Achtung, wer die Welt<br />

mit seinen Aufnahmen nicht langweilen will<br />

muss mehr tun, als einfach nur eine Actionkamera<br />

ans <strong>Motorrad</strong> zu hängen.<br />

14: AUSPUFFMANUFAKTUR<br />

Made in Bavaria. Hans Zach konstruiert<br />

Auspuffsysteme speziell für die <strong>GS</strong>-Modellreihe<br />

20: ABENTEUER KARELIEN<br />

Viele Wege führen nach Rom. Jürgen<br />

Grieschat fährt über Russland zum Nordkap.<br />

14<br />

42<br />

42: GESTERN UND HEUTE<br />

In unserem Fall geht es jedoch um das<br />

erste und technologisch betrachtet letzte<br />

<strong>GS</strong>-1200-Gespann der niederbayerischen<br />

Gespannfirma Stern.<br />

20<br />

52<br />

52: VOM BMW TOURER ZUM G/S<br />

CAFÈ RACER<br />

Der Schweizer Walter Mäder hat ein verrücktes<br />

Gefährt konstruiert.<br />

Den ersten G/S Cafè Racer.<br />

38: BILDERGALERIE<br />

Adrian Campos. Der philippinische Geistliche<br />

überrrascht mit tollen Bildern<br />

impressum<br />

HERAUSGEBER:<br />

Complett | Verlag<br />

Inhaber Armin Würfl<br />

Haitzinger Str. 22 D<br />

D-94032 Passau<br />

eMail: info@gs-motorradmagazin.de<br />

Ust.Id.Nr. DE 130943619<br />

LAYOUT & GESTALTUNG:<br />

virtual-reality-design<br />

DRUCK:<br />

Complett | Druck · Haitzinger Str. 22 D<br />

94032 Passau<br />

eMail: info@complettdruck.de<br />

ANZEIGEN:<br />

Ingrid Maier-Würfl, Medien-Beraterin<br />

eMail: anzeige@gs-motorradmagazin.de<br />

CHEFREDAKTION:<br />

Armin Würfl, Postfach 2503, 94<strong>01</strong>5 Passau<br />

LEKTORAT (Reise):<br />

Uli Bieringer<br />

Das <strong>GS</strong>|<strong>Motorrad</strong><strong>Magazin</strong> erscheint<br />

3 mal jährlich im 2. Jahrgang<br />

ISSN 2193-827X<br />

DIREKTVERTRIEB:<br />

COMPLETT|VERLAG,<br />

Haitzinger Str. 22 D · 94032 Passau<br />

ABONNEMENT:<br />

Einzelpreis: 5,00 Euro<br />

Jahresabonnement 15,00 € (Inland)<br />

24,00 € (Europa), 39,00 Euro (Welt)<br />

jeweils inkl. Versandkosten.<br />

COPYRIGHT<br />

Complett|Verlag, Armin Würfl<br />

Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung<br />

des Verlags. Namentlich gekennzeichnete<br />

Artikel verantworten die Autoren<br />

selbst. Die Redaktion freut sich über<br />

jede Einsendung. Für unverlangt eingesandte<br />

Manuskripte kann keine Haftung<br />

übernommen werden. Bei allen veröffentlichten<br />

Einsendungen behalten wir uns<br />

das Recht auf Kürzung vor.<br />

Für gewerbliche Anzeigen gilt Anzeigen<br />

preisliste <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>3.<br />

Internet:<br />

www.gs-motorradmagazin.de<br />

MÄRZ 2<strong>01</strong>3<br />

<strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN<br />

3


EDITORIAL<br />

SCHWIERIGKEITEN<br />

von<br />

ARMIN WÜRFL<br />

Neues aus der <strong>Motorrad</strong>szene: Die<br />

neue 1200er <strong>GS</strong> schlägt hohe<br />

Wellen. Ausführlich haben wir<br />

sie ja schon in der vergangenen Ausgabe<br />

(03/2<strong>01</strong>2) beleuchtet. Eigentlich solltet Ihr<br />

jetzt einen brandaktuellen Fahrbericht des<br />

neuen Gelände- und Straßen-Tourers lesen,<br />

aber meist kommt es anders als man<br />

denkt, sagt schon ein Sprichwort.<br />

Die Koffer waren schon längst gepackt,<br />

um am nächsten Tag in Richtung Südafrika<br />

zu starten, da kam die Absage per Telefon.<br />

Ein britischer <strong>Motorrad</strong>-Journalist,<br />

Kevin Ash, kam bei einem tragischen Unfall<br />

um das Leben. BMW stornierte die Veranstaltung,<br />

bis die Umstände des Unfalls<br />

geklärt sind. Wir versuchen einen Testbericht<br />

nachzuliefern.<br />

Überraschend auch die Meldung, dass<br />

BMW Husqvarna an KTM verkauft hat.<br />

Diese Meldung schlug ein wie eine Bombe.<br />

Was genau hinter diesem Coup steckt,<br />

wissen wohl nur die Verantwortlichen. Sicher<br />

scheint jedenfalls, dass die Huskies<br />

bei KTM das Repertoire abrunden werden.<br />

Ob sich dadurch BMW nicht noch<br />

mehr Konkurrenz schafft? Wir werden es<br />

sehen und ggf. darüber berichten.<br />

Doch nun zur vorliegenden Ausgabe<br />

des <strong>GS</strong>:<strong>Motorrad</strong><strong>Magazin</strong>. Zwei große<br />

<strong>Motorrad</strong>-Messen und viele tolle Innovationen<br />

dominieren die aktuelle Ausgabe<br />

Mit „Abgedreht“ bekommt ihr diesmal<br />

ein interessantes Spezial-Thema zu lesen:<br />

Actionkameras erfreuen sich großer Beliebtheit<br />

besonders unter den <strong>GS</strong>-Bikern.<br />

Um ein wenig die Übersicht zu haben,<br />

stellt Euch Autor Andreas Hülsmann die<br />

bekanntesten „Cams“ vor.<br />

Besonders stolz sind wir über die exklusive<br />

Erstveröffentlichung einer ganz besonders<br />

gelungenen Fotoserie von Adrian<br />

Campos. Er und sein Fotograf Jun<br />

Tiangja erschließen Natur und <strong>Motorrad</strong>fahren<br />

in ihren Aufnahmen wie kaum jemand<br />

anders. Eine Auswahl ihrer Bilder<br />

findet man auch bei Facebook. Und in unserem<br />

Onlineshop sind diese bemerkenswerten<br />

Werke in digitaler Form und als<br />

Printversion als Poster erhältlich.<br />

Bereits im Januar ist uns auf der <strong>Motorrad</strong>welt<br />

Bodensee ein außergewöhnlicher<br />

„Streetfighter“ aufgefallen. Der G/S<br />

Cafè Racer vom Schweizer Walter Mäder.<br />

Das Teil hat es wirklich in sich und wir wollen<br />

es uns nicht nehmen lassen, euch diesen<br />

sowohl optisch als auch technischen<br />

Leckerbissen in Wort und Bild zu präsentieren.<br />

Und dann nimmt uns „Juri“ Grieschat<br />

noch mit auf Reisen und zeigt uns in seinem<br />

Abenteuer-Bericht, dass man auch<br />

über Russland ans Nordkap kommen<br />

kann. Und zwar einfacher als manch einer<br />

denken mag. Daneben fanden noch Heidi<br />

und Martin Franitza Zeit uns einen Artikel<br />

über das erste und technologisch betrachtet<br />

letzte <strong>GS</strong> 1200-Gespann der niederbayerischen<br />

Gespannfirma Stern zur Verfügung<br />

zu stellen.<br />

Last but not least haben wir nun endgültig<br />

die Nase voll von der kalten Witterung,<br />

vom Regen und vom Schnee. Jetzt freuen<br />

uns auf einen hoffentlich richtig schönen<br />

Saisonstart, der uns für alles entschädigt.<br />

Lasst es gemütlich angehen und fahrt<br />

besonnen - wir lesen uns dann im Juli wieder,<br />

im Anschluss an die BMW <strong>Motorrad</strong>-<br />

Days in Garmisch.<br />

Bis dahin ganz herzliche Grüße<br />

Euer Armin Würfl<br />

Chefredakteur<br />

4 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


SPEZIAL<br />

actionkameras<br />

Abgedre<br />

Text: Andreas Hülsmann<br />

Actionkameras sind in! <strong>Motorrad</strong>fahrer haben das<br />

bewegte Bild entdeckt.<br />

Wen wundert‘s? Die digitale Technik liefert groSSes<br />

Kino im Miniformat. Doch Achtung, wer die Welt mit<br />

seinen Aufnahmen nicht langweilen will muss mehr<br />

tun, als einfach nur eine Actionkamera ans <strong>Motorrad</strong><br />

zu hängen.<br />

6 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


SPEZIAL<br />

actionkameras<br />

ht<br />

Sie sind klein, unverwüstlich, einfach in<br />

der Handhabung und immer einsatzbereit.<br />

Actionkameras sind dabei, die <strong>Motorrad</strong>szene<br />

zu erobern. Nie war es so einfach und<br />

preiswert, sich und sein <strong>Motorrad</strong> in Szene zu setzen.<br />

Internetplattformen wie »YouTube« oder »Vimeo«<br />

sind voll mit verfilmten <strong>Motorrad</strong>erlebnissen,<br />

egal ob es sich dabei um die Fahrkünste entlang<br />

der Hausstrecke oder gleich um eine<br />

komplette Weltumrundung handelt, hochgeladen<br />

wird alles an bewegtem Bildmaterial und das meist<br />

ziemlich unbehandelt.<br />

Wer keine »Gutenacht Geschichten« ins Netz<br />

stellen will, sondern spannende Actionaufnahmen,<br />

muss mehr tun, als eine Minikamera an den Helm<br />

zu schrauben. Oft wird der Aufwand für einen<br />

»Dreh« unterschätzt, denn der ist um einiges höher<br />

als beispielsweise bei der Fotografie. Zunächst<br />

braucht es ein »Drehbuch«, denn man sollte ungefähr<br />

wissen, was man eigentlich seinen Mitmenschen<br />

zeigen möche. Mit verschiedenen Einstellungen<br />

zu drehen, macht den Film interessanter.<br />

Und da ist auch noch die Nachbearbeitung. Das<br />

komplette Material will gesichtet und anschließend<br />

sinnvoll aneinander geschnitten werden. Damit<br />

wären wir wieder beim Drehbuch. Wer schon weiß,<br />

was er will, erspart sich überflüssige Szenen und<br />

Einstellungen, das spart zunächst Arbeit und Speicherplatz<br />

und bei der Nachbearbeitung viel Zeit.<br />

Aber für eine Reportage, mit »rotem Faden«<br />

reicht eine Helmkamera allein nicht aus. Die Mini-<br />

Aufzeichnungsgeräte eignen sich für Fahraufnahmen<br />

mit Action, wie eine Flussdurchfahrt, oder für<br />

MÄRZ 2<strong>01</strong>3<br />

<strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN<br />

7


SPEZIAL<br />

actionkameras<br />

JVC Action Camera - Adixxion GC-XA 1:<br />

Mit der Adixxion GC-XA1 ist man weltweit sofort präsent. Die WiFi-Funktion ermöglicht<br />

es, ohne großen Aufwand und zusätzliche Hardware die Clips ins Internet<br />

hochzuladen. Über WiFi lässt sich diese Kamera auch mit einem Smartphone<br />

verbinden, was eine schnelle und einfache Kontrolle der Aufnahme<br />

ermöglicht.<br />

• Videoformat: 1080p, WVCA<br />

• Bildrate: 30 FPS bei 1080p, 960p, 720p, 480p, 60 FPS bei 720p<br />

• 5-fach Digitalzoom<br />

• Fotoauflösung: 5 Mpx<br />

• Display: 1,5 Zoll LCD Monitor<br />

• Speicher: 64 GB, optionale Karte<br />

(SD/SDHC/SDXC)<br />

• Extras: WiFi, Streaming- und<br />

Fernbedienungsfunktion<br />

• Wasserdicht: 5 m<br />

349,00 Euro<br />

ungewöhnliche Perspektiven. Denn sie<br />

lassen sich auch an Orten einsetzen, wo<br />

Spiegelreflex-Kameras oder Camcorder<br />

kapitulieren müssen. Für einen spannenden<br />

Clip auf einer Video-Plattform sind<br />

die Helmkameras erste Wahl.<br />

So ein Clip will jedoch arrangiert sein,<br />

möchte man seine Umwelt nicht mit einer<br />

»Endlosschleife« langweilen. Bewegte Bilder<br />

brauchen Abwechslung. Die Kamera<br />

irgendwo hinklemmen und dann losbrausen<br />

- so wird sich schwer ein interessiertes<br />

Publikum finden. Der Blockbuster wird<br />

schnell öde, wenn als einziges Highlight<br />

nur Leitplanken oder der Mittelstreifen<br />

vorbeifliegen. Eine Szene braucht unter-<br />

schiedliche Blickpunkte, wie Totale und<br />

Detail, oft reicht es schon, wenn der<br />

Standpunkt der Kamera verändert wird.<br />

Bei einem zwei- bis dreiminütigem Clip<br />

sollten es schon vier bis fünf unterschiedliche<br />

Einstellungen sein - mehr als 2 Sekunden<br />

sollte zwischen den einzelnen<br />

Schnitten nicht vergehen.<br />

Beeindruckend sind immer ungewöhnliche<br />

Perspektiven, wie zum Beispiel Aufnahmen<br />

in Bodennähe. Und sicher hat sich<br />

schon der eine oder andere gefragt, wie<br />

und wo die Actionkamera da befestigt<br />

wurde. Im Lieferumfang solcher Kameras<br />

ist oft umfangreiches Befestigungsmaterial<br />

enthalten, womit sich die Aufnahmeeinheit<br />

fast überall befestigen lässt. Noch<br />

mehr Flexibilität verspricht ein sogenannter<br />

»Cinematic Arm«. Mit einem solchen<br />

»Stativ« ergeben sich nahezu unendliche<br />

Möglichkeiten der Fixierung und mit diesem<br />

Hilfsmittel lässt sich die Kamera<br />

schnell und mit wenigen Handgriffen in<br />

die gewünschte Position bringen. Auch<br />

das universelle Ram-Mount-System hat<br />

sich bei der Befestigung von Actionkameras<br />

am Bike bewährt.<br />

DRIFT HD COMPACT mit kabelloser Fernbedienung:<br />

Auch die Drift ist sehr handlich und kann einiges wegstecken.<br />

Durch die Funkfernbedienung kann die Drift komfortabel gesteuert<br />

werden, was die Handhabung weiter vereinfacht.<br />

Displays an Helmkameras<br />

ermöglichen<br />

die Kontrolle<br />

der Aufnahme -<br />

was beim Einstellen<br />

des Bildauschnittes<br />

sehr hilfreich sein.<br />

• Videoformat: MOV, H.264<br />

• Auflösung: 1080p, 720p, WVGA<br />

Format H.264 Codec<br />

• Bildrate: 25 / 30 / 50 / 60 FPS bei<br />

720p, 25 / 30 FPS bei 1080p<br />

• Fotoauflösung: 9 Mpx<br />

• Speicher: Micro SD bis zu 32 GB<br />

• Akku: 1100 mAh für 3 Stunden<br />

Aufzeichnung.<br />

• Extras: kabellose Fernbedienung<br />

• Display: 1,5 Zoll<br />

• Ton: eingebautes Mikrofon<br />

• Wasserdicht: 0,5 m<br />

229,00 Euro<br />

8 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


SPEZIAL<br />

actionkameras<br />

Nicht zu unterschätzen ist die Bildkontrolle.<br />

Selbst Miniteile, wie die CamOne<br />

Infinity verfügen über ein Display. Allerdings<br />

muss man bei hellem Umgebungslicht<br />

schon etwas genauer hinsehen, um<br />

die Einstellungen im Display zu erkennen.<br />

Komfortabler ist die »Eingangskontrolle«<br />

mit einem Smartphone, wie beispielsweise<br />

bei der »Contour +2« oder den neuen<br />

Modellen von Drift Innovation und JVC.<br />

Der Bildausschnitt lässt sich mithilfe einer<br />

App einstellen.<br />

Einen ihrer ganz großen Vorteile können<br />

die Actionkameras immer dann ausspielen,<br />

wenn es ungemütlich wird. Sie sind<br />

hart im Nehmen, Staub und Nässe machen<br />

ihnen wenig aus, auch Vibrationen<br />

und so manchen Schlag stecken sie weg.<br />

Selbst nach eine Tauchgang kehren sie unbeschadet<br />

an die Oberfläche zurück. Besonders<br />

robust, da extra für die Anforderungen<br />

beim <strong>Motorrad</strong>einsatz entwickelt,<br />

ist die Rollei Bullet HD Pro 1080p Motorbike.<br />

Im Lieferumfang ist zudem umfangreiches<br />

Befestigungsmaterial enthalten.<br />

V.I.O. POV.HD mit Monitor und Fernbedienung:<br />

Premium Kamera für den professionellen Einsatz. Die POV<br />

setzt Maßstäbe in Sachen Verarbeitung. Sie besticht durch<br />

flexible Einsatzmöglichkeiten und eine gute Optik.<br />

• Videoformat: MPEG 4<br />

• Auflösung: 1080p, 960p, 720p<br />

• Bildrate: 24 / 30 FPS bei 1080p, 60 FPS bei 720p<br />

• Speicher: SDHC bis 32 GB<br />

• Wasserdicht: Gehäuse bis 1 m<br />

• Extras: Display, Fernbedienung<br />

• Ton: eingebautes Mikrofon<br />

499,00 Euro<br />

Rollei Bullet HD Pro 1080p Motorbike:<br />

Diese Bullet wurde speziell auf die Bedürfnisse von <strong>Motorrad</strong>fahrern<br />

zugeschnitten. Das Alu-Gehäuse der Kamera und das<br />

umfangreiche Befestigungsmaterial sind auch extremen Beanspruchungen<br />

gewachsen.<br />

Contour ROAM2:<br />

Sehr benutzerfreundliche Actionkamera, die alle Funktionen<br />

der Vorgängerin beibehält, aber nun Aufnahmen<br />

mit einer Bildrate von 60 FPS bei 720p ermöglicht.<br />

Zusammen mit der optimierten Bildqualität sorgt<br />

das für brilliante Aufnahmen.<br />

• Bildrate: 60 FPS bei 720 p<br />

• Akkulaufzeit: 3,5 Stunden Aufzeichnung<br />

• Ausrichtung mit Laser<br />

• Wasserdicht: ohne zusätzliches Gehäuse<br />

229,00 Euro<br />

• Videoformat: MPEG 4<br />

• Auflösung: 1080p<br />

• Bildrate: 30 FPS bei 1080p, 60 FPS bei 720p<br />

• Sensor: 20 Mpx<br />

• Serienbilder: bei Fotos alle 3 sec<br />

• Speicher: 32 GB, optionale Micro-SD-Speicherkarte<br />

• Wasserdicht: bis 10 m<br />

• Akku: 90 min Aufzeichnung<br />

• Ton: integriertes Mikrofon<br />

199,90 Euro<br />

MÄRZ 2<strong>01</strong>3<br />

<strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN<br />

9


SPEZIAL<br />

actionkameras<br />

Allerdings ist der actiongeladene Dreh<br />

mit dem <strong>Motorrad</strong> nur die halbe Arbeit.<br />

Das Zusammenschneiden der einzelnen<br />

Sequenzen erfordert mindestens genau<br />

so viel Arbeit. Jetzt geht es daran, das Material<br />

zu sichten. Doch schon bei der Begutachtung<br />

können Probleme auftreten.<br />

Ist die Hardware schon in die Jahre gekommen<br />

und der Prozessor nicht mehr<br />

auf der Höhe der Zeit, gerät die Nachbearbeitung<br />

ins Stocken. Auch im Arbeitsspeicher<br />

sollte genügend Platz vorhanden<br />

sein, denn die Datenmenge, die ein HD-<br />

Film auf das System schießt, ist fulminant.<br />

Wie gut die einzelnen Hardwarekomponenten<br />

sein müssen, hängt zudem vom<br />

Schnittprogramm ab. Aber ein Intel Core<br />

i7 mit mehr als 2,83 GHz und ein Arbeitsspeicher<br />

von mindestens 6 GB reichen<br />

aus, um auch Full-HD Videos ruckelfrei abzuspielen.<br />

Wer die Helmkamera einfach<br />

Rollei Bullet 5 S 1080p <strong>Motorrad</strong>-Set<br />

Diese Helmkamera ist ausgerüstet mit einem modernen Ambarella-Hochleistungschip,<br />

mit dem es möglich ist, HD-Aufnahmen in Echtzeit aufzunehmen<br />

und wiederzugeben. Die Bullet 5S Outdoor erlaubt es, Video-Aufnahmen und<br />

Fotos gleichzeitig via Fernbedienung zu machen.<br />

• Videoformat: MOV/TV: NTC/PAL • Auflösung: 1080p /PAL • Bildrate: 25<br />

FPS bei 1080p, 50 FPS bei 1080i, 25 FPS / 50 FPS bei 720p, 50 FPS bei 480p,<br />

PAL (4:3) 25 FPS / 50 FPS bei 960p • Zoom: 10-fach digital • Sensor: 14 MPX<br />

• Speicher: 32 GB, optionale Micro-SD-Speicherkarte<br />

• Akku: 1000 mAh für 2,5 Std. Aufzeichnung<br />

• Extras: externer Mikrofoneingang<br />

• Fernbedienung<br />

349,90 Euro<br />

Was bedeutet eigentlich...?<br />

HD und Full HD<br />

Als Full-HD (HD = High Definition) wird eine Auflösung von 1920 x 1080<br />

Pixel bezeichnet bei einer Bildrate von 25 bis 60 Bildern pro Sekunde.<br />

Nicht zu verwechseln mit HD, was eine Auflösung von 1280 x 720 Pixel<br />

hat.<br />

Interphone Motioncam<strong>01</strong>:<br />

Sehr kompakte und handliche Actioncam.<br />

Die Motioncam<strong>01</strong> gehört zu den<br />

leichtesten Helmkameras auf dem Markt<br />

und ist bis zu einer Tiefe von 20 m wasserdicht.<br />

LED und Laserpointer helfen,<br />

Aufnahmen im Dunkeln zu machen und<br />

die Kamera auszurichten.<br />

• Videoformat: H.264 AVI<br />

• Videoauflösung: 1080p<br />

• Bildrate: 30 FPS bei 1080p, 60 FPS und<br />

30 FPS bei 720p<br />

• Fotoauflösung: 12 Mpx, JPG-Format<br />

• Speicher: 32 GB,<br />

optionale Micro-SD-Speicherkarte<br />

• Wasserdicht: IPX8 bis 20 m<br />

• Akku: Lithium-Batterie für 2,5 Std.<br />

Aufzeichnung<br />

• Mikrofon<br />

249,00 Euro<br />

FPS:<br />

FPS «frame per second». Maß für die Bildfrequenz, die die Anzahl der<br />

aufgenommenen Bilder pro Sekunde beschreibt. Abfolgen von mehr<br />

als 15 Bildern pro Sekunde werden als Bewegung wahrgenommen.<br />

Interlaced vs. progressiv:<br />

Bei Interlaced-Aufnahmen (Zeilensprungverfahren) besteht das Bild aus<br />

zwei unterschiedlichen Halbbildern. Vorteil: Bewegung wirkt flüssiger.<br />

Nachteil: evtl. Zeilenflimmern. Bei progressiven Aufnahmen werden<br />

Vollbilder erstellt. Vorteil: Bild wirkt schärfer und ruhiger. Nachteil: Bewegungen<br />

nicht immer flüssig. Ob die Kamera im Format interlaced (i)<br />

oder progressiv (p) arbeitet, steht meist hinter den Bildratenangaben<br />

z.B. 30p oder 50i.<br />

MPEG:<br />

Dieser Standart ist ein Verfahren zur Kompression von Audio- und Videodaten<br />

ohne hohe Qualitätsverluste.<br />

AVCHD:<br />

Advanced Video Codec High Definition ist ein Codec mit hoher Auflösung<br />

und ein Aufzeichnungsformat für digitale Datenträger.<br />

DIN IPX7:<br />

Norm für die Wasserdichtigkeit eines elektronischen Gerätes. Eine Helmkamera,<br />

die die Norm DIN IPX7 erfüllt, muss ein zeitweiliges Untertauchen<br />

(30 min) ohne Schaden überstehen.<br />

10 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


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SPEZIAL<br />

actionkameras<br />

DRIFT HD GHOST<br />

Actioncam mit WiFi-Verbindung sowie größerem Display und<br />

stärkerem Akku als die Vorgängerin Drift HD.<br />

• Auflösung: 1080p, 960p, 720p WVGA<br />

• Bildrate: 48 FPS bei 960p, 60 FPS bei 720p, 120 FPS bei WVGA<br />

• Akku: 1700 mAh für ca. 3,5 Std. Aufzeichnung<br />

• WiFi für die drahtlose Verbindung mit einem Smartphone<br />

• Display: 1,5 Zoll Display<br />

• Extras: Fernbedienung<br />

großes Display<br />

349,00<br />

Euro<br />

immer hat mitlaufen lassen, wird beim<br />

Sichten schnell feststellen, dass er sehr<br />

viel »Ausschussware« digitalisiert hat.<br />

Jetzt zahlt sch ein überlegter »Dreh« aus,<br />

denn er reduziert den Aufwand der Vorauswahl<br />

erheblich. Geht es dann ans<br />

Schneiden, ist eine spezielle Software nötig.<br />

Es gibt zahlreiche Schnittprogramme.<br />

Wer es einfach und günstig mag, der sollte<br />

sich Windows Live Movie Maker näher<br />

ansehen. Dieses Programm kann kostenlos<br />

heruntergeladen werden. Für aufwendige<br />

Schnittarbeien ist es jedoch nicht geeignet,<br />

aber für einen einfachen »Cut«<br />

reicht es durchaus aus.<br />

Wer mehr will, muss auf kostenpflichtige<br />

Software zurückgreifen. Adobe Premiere<br />

Elements, Magix Video deluxe oder<br />

Sony Vegas Movie Studio sind zwischen<br />

60 und 100 Euro zu haben. Alle diese Programme<br />

ermöglichen es, die Sequenzen<br />

mit Musik zu unterlegen, was dem Film<br />

noch einmal einen besonderen Kick verleiht.<br />

Wer seinen Film aber via Internetportal<br />

einer breiten Öffentlichkeit vorführen<br />

möchte, der sollte sicherstellen, dass<br />

er die Musik auch GEMA-rechtlich nutzen<br />

darf. Das gilt im Übrigen auch für Personen,<br />

denn nicht jeder mag es, wenn er ungefragt<br />

zum »Filmstar« wird.<br />

Contour+2<br />

Die Kombination ausContour Roam und Contour +.<br />

Sie ist noch einfacher zu bedienen. Ein GPS-Modul<br />

liefert Angaben zu Geschwindigkeit, Entfernung<br />

und Höhe des Aufnahmestandorts. Über das Display<br />

eines Smartphones können Kameraeinstellungen<br />

und Aufnahmen kontrolliert werden.<br />

• Auflösung: 1080p, vier HD Modi<br />

• Bildrate: bis zu 120 FPS bei 480p (Zeitlupe)<br />

• Ton: Mikrofon Adapterkabel<br />

• Display: 1,5 Zoll Display<br />

• Extras: GPS-Modul, Anschlussmöglichkeit für Smartphone<br />

• Wasserdicht: im extra Gehäuse bis zu 60 Meter<br />

249,00<br />

Euro<br />

CamOne infinity HD 1080p<br />

Eine der kompaktesten Helmkameras auf dem Markt. Das Leichtgewicht verfügt<br />

über ein Display und liefert sehr gute Aufnahmen.<br />

• Videoformat: MOV oder MPEG 180p, 720p und<br />

480p<br />

• Zeitraffermodus: 1 Bild pro sec oder 6 Bilder<br />

pro min<br />

• Auflösung Full-HD: 1080p bei 30 FPS, 720p bei<br />

60 FPS<br />

• Kameraleuchte für Nahaufnahmen integriert<br />

• Fotoauflösung: 5 Mpx<br />

• Display: 1,5 Zoll<br />

• Speicher: 2 x 32 GB, optionale Micro-SD-Card<br />

• Extras: WiFi, Streaming- und<br />

Fernbedienungsfunktion<br />

• Wasserdicht: im Extra Gehäuse<br />

199,00 Euro<br />

• Serienbilder: (INtervall von 3, 5, 10, 30<br />

oder 60 sec.<br />

• Bildschirm: 1,5 « / 38,1 mm TFT<br />

• Akku: 800 mAh LiPo für 90 min. Aufzeichnung<br />

• Anschlüsse: AV- Out, via 10 Pin USB Bus<br />

und HDMI<br />

• Ton: eingebautes Mikrofon<br />

Artikel mit freundlicher Genehmigung der Redaktion TravelTime und Andreas Hülsmann<br />

Bezugsquelle aller hier vorgestellten Actionkameras: www.touratech.de<br />

12 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


TIP<br />

<strong>GS</strong>:SPEZIALIST<br />

AUSPUFFMANUFA<br />

Ein trister, kalter und nebeliger Tag<br />

Anfang Februar. Besuchstermin<br />

bei Auspufftechnik Zach in Bad<br />

Kötzting. Die Stadt liegt im Oberpfälzer<br />

Landkreis Cham im östlichen Niederbayern.<br />

Seit 2005 ist sie sogar staatlich anerkanntes<br />

Kneippheilbad. Nun gut, kneippen<br />

wäre bei diesem Wetter sicher das<br />

Richtige.<br />

Knapp hundert Kilometer sind es mit<br />

dem Auto. Nach etwa 60 Kilometern ist es<br />

vorbei mit dem Dahingleiten auf der Autobahn.<br />

Tristesse pur entlang der Bundesstraße<br />

in Richtung Cham. Kaum Schnee,<br />

dafür ab und zu Nieselregen und null Grad<br />

Außentemperatur. Im Sommer grünt hier<br />

alles, schöne Kurven gibt‘s, eigentlich eine<br />

ideale <strong>Motorrad</strong>strecke. Jetzt sieht es<br />

trostlos aus.Im Februar zu einem Auspuffhersteller.<br />

Ganz schön mutig, denk ich mir.<br />

Nach knapp einer Stunde Fahrt durchquere<br />

ich Bad Kötzting und verlasse es<br />

nach weniger als einen Kilometer schon<br />

wieder. Weitere fünf Kilometer sind es bis<br />

zum Ziel. Ich bin spät dran, hoffentlich hat<br />

die Firma noch nicht Feierabend an diesem<br />

Freitag.<br />

Etwas orientierungslos bin ich dann<br />

aber schon, als ich vor einem Dorfwirtshaus<br />

die Mitteilung des Navigationssystems<br />

empfange: Sie sind am Ziel! Ich fahre<br />

vor und zurück, doch mein Navi hat<br />

keinen Empfang mehr! Ich scheine am<br />

Ende der Welt zu sein…<br />

Aber nicht doch! Nur hundert Meter geradeaus,<br />

und ich bin da. Die Zach Auspuffmanufaktur<br />

befindet sich im Bad Kötzinger<br />

Ortsteil Haus am Voggendorfer Weg.<br />

Ich parke meinen Wagen direkt vor dem<br />

Büroeingang. Die Tür ist verschlossen. Daneben<br />

die Fenster zur kleinen Halle. Ich<br />

blicke hinein und da stehen drei Typen und<br />

winken mich rechts zur Tür. Drei freundliche<br />

Männer lächeln mich an, als ich eintrete.<br />

Ich erkenne Johann Zach gleich.<br />

Hans wird er genannt, der Gegend entsprechend.<br />

Den Chef der Firma sieht man<br />

ihn nicht an.<br />

14 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


TIP<br />

<strong>GS</strong>:SPEZIALIST<br />

KTUR IN BAYERN<br />

„Gerade noch geschafft, kurz vor Feierabend“,<br />

meint er lachend.<br />

Einer der anderen Männer lässt sich<br />

überhaupt nicht ablenken und rupft – für<br />

mich wahllos – Unmengen Stahlwolle von<br />

einem Haufen ab. Dreht die Stahlwohle zu<br />

einer Art Schlauchform und legt das Zeug<br />

dann fein säuberlich in das Innenrohr eines<br />

Auspuffs. Als Hans Zach die skeptischen<br />

Blicke sieht, mit denen ich die Tätigkeit<br />

seines Mitarbeiters verfolge, fängt<br />

er an zu erzählen. Das bayerische „Du“ ist<br />

hier gleich selbstverständlich. Es kommt<br />

ihm wie selbst über die Lippen. „Es ist<br />

stets in etwa die gleiche Menge an Stahlwolle,<br />

die in einen Auspuff kommt, das hat<br />

man im Gefühl – irgendwann“, meint er.<br />

Mich interessiert aber viel mehr, wann<br />

er angefangen hat, Auspuffanlagen für <strong>GS</strong><br />

Motorräder zu entwickeln und zu bauen<br />

und warum ausgerechnet für diese Modellreihe!<br />

„Ja, da muss ich weit ausholen. Für Bekannte<br />

habe ich zahlreiche TÜV-lose Spezial-Auspuffanlagen<br />

geschlossert. Danach<br />

legte ich mir die erste BMW zu, eine<br />

R 1100 <strong>GS</strong>. Diese diente mir zugleich als<br />

Versuchsträger für das anspruchvolle Projekt<br />

„Homogolation“. Aber ich habe nicht<br />

mit den Wirrungen des TÜV gerechnet.<br />

So vergingen volle zwei Jahre, ehe ich im<br />

November 1997 den ersten Zach-Auspuff<br />

mit dem Segen des TÜV hatte. Leichter,<br />

schneller, besserer Sound, war mein Motto,<br />

damals!“ sinniert er und kann sich ein<br />

schelmisches Grinsen nicht verkneifen.<br />

»Aber ich habe nicht mit den<br />

Wirrungen des TÜV gerechnet.«<br />

Text & Fotos: Armin Würfl<br />

MÄRZ 2<strong>01</strong>3<br />

<strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN<br />

15


TIP<br />

<strong>GS</strong>:SPEZIALIST<br />

Und zwar in Richtung Safir, seinem „Bürohengst“,<br />

eigentlich „Mädchen für alles“<br />

von der Rechnungsstellung über interne<br />

Organisation bis zum Versand. Als ich<br />

Hans Zach zu einer in der Halle befindlichen<br />

<strong>GS</strong> bitte, um ein Foto von ihm und<br />

dem „berühmten Zach-Auspuff“ zu machen,<br />

wehrt er sich kurz. „Nein, ich bin<br />

nicht der Typ dafür...“ stammelt er. „Keine<br />

Widerrede“ meint allerdings Safir und<br />

setzt noch einen drauf. „Chef immer dran<br />

denken, du kommst in die Zeitung“.<br />

Seine beiden Mitarbeiter lachen. Hans<br />

hat nach zwei, drei Fotos schon genug.<br />

„Das reicht jetzt“, sagt er. „Ich bin kein<br />

Verkäufer und kein Repräsentant, ich bin<br />

ein Macher! Ich arbeite lieber mit den Händen<br />

und überlasse den anderen, also der<br />

Konkurrenz, so Dinge wie Messen, Ausstellungen<br />

und dergleichen. Unsere Werbung<br />

besteht einzig und allein darin, dass<br />

jedes unserer Produkte einen unglaublich<br />

hohen Qualitätsanspruch besitzt, den ich<br />

mir selbst auferlegt habe.“<br />

Wie er denn mit einer solchen „Firmenphilosophie“<br />

zurechtkomme frage ich.<br />

„Ich erzähl Dir mal ein Beispiel. Ein Kunde<br />

hatte mit einem von uns gefertigten<br />

Auspuff einen Unfall. Normalerweise dürfte<br />

es bei unseren Auspuff und bei den verwendeten<br />

Materialien, keine Verformungen<br />

geben. Der Kunde wollte, dass wir uns<br />

den Auspuff ansehen und gegebenenfalls<br />

reparieren. Nach dem ersten Blick habe<br />

ich ihn in die Tonne geworfen. Safir hat<br />

ihm einen neuen Auspuff gesendet. Kostenlos<br />

versteht sich. Und was soll ich<br />

noch sagen, der Kunde war glücklich und<br />

wir haben einen treuen Kunden mehr gewonnen,<br />

der so nebenbei für uns und unseren<br />

Service Werbung macht. Ginge es<br />

nach mir, bekäme jeder Kunde auf unseren<br />

Auspuff lebenslange Garantie, aber<br />

der Gesetzgeber lässt dies nicht zu.“<br />

Sein Mitarbeiter Safir ergänzt die Firmenideologie:<br />

„In 15 Jahren Boxererfahrung<br />

sind wir schon oft gefragt worden, ob es<br />

denn bald auch Zach-Anlagen für andere<br />

Motorräder gibt, aber wir verfolgten weiter<br />

die Optimierung und Spezialisierung<br />

unserer Dämpfer im Boxer-Segment. Für<br />

alle Zach-Auspuffanlagen gilt: Sie sind<br />

komplett aus Edelstahl gefertigt. Unsere<br />

Kunden äussern sich oft sehr anerkennend<br />

über die kulante und unbürokratische<br />

Handhabung. So gilt beispielsweise ein<br />

Rückgaberecht bei Nichtgefallen während<br />

14 Tagen oder 1000 Kilometern. Und besonders<br />

schön ist, dass wir Kunden haben,<br />

die nach ihren früheren 1100ern oder<br />

1150ern jetzt auch ihre 1200er mit unseren<br />

Produkten ausstatten.“<br />

Hans Zachs Mitarbeiter oder Werkstattleiter,<br />

der vorher noch Stahlwolle in einen<br />

der Auspuffrohre gelegt hatte, sitzt mittlerweile<br />

an einer anderen Stelle und<br />

schweißt eine Naht. Stilecht mit einem in<br />

bayerischem Muster lackierten Schweißerhelm.<br />

Es ist unübersehbar, wo diese<br />

Auspuffanlagen angefertigt werden.<br />

Trotz dieser vielfältigen Arbeiten sieht<br />

es am Boden aus wie geschleckt. Alles ist<br />

geputzt, sauber und fast „keimfrei“ würde<br />

man vermuten. Auf meine entsprechende<br />

Frage ist der Chef schon wieder in seinem<br />

Element und erzählt.<br />

„Milchkübeln! Ab und zu rufen mich<br />

Bauern aus der Umgebung an und fragen,<br />

ob ich ihnen nicht mal einen Milchkübel<br />

schnell ausbeulen und schweißen kann.<br />

Das ist für mein Material tödlich! Der Staub<br />

von Fremdmetallen ist nichts für uns.<br />

Trotzdem machen wir diese Gefälligkeiten<br />

und ich lege deswegen sehr viel Wert auf<br />

Sauberkeit. Jeder fremde Metallstaub ist<br />

für das von uns verarbeitete Metall schädlich.<br />

Denn da können merkwürdige Verfärbungen<br />

auftreten und das wollen wir ja eigentlich<br />

nicht haben.“<br />

Klingt ganz nach dem Motto „Qualität<br />

statt Quantität“. Kaum hab‘ ich das ins Gespräch<br />

geworfen, legt Hans Zach schon<br />

wieder los: „Durch Mund-zu-Mund Propaganda<br />

wurden unsere sauber verarbeiteten<br />

und schön dumpf klingenden Zach-<br />

Johann „Hans“ Zach,<br />

schweißt, schraubt,<br />

montiert noch selbst.<br />

Der Chef von Zach-<br />

Auspuff ist nicht nur<br />

sein eigener Arbeiter<br />

sondern Entwickler,<br />

Tüftler und Designer<br />

in einer Person.<br />

16 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


TIP<br />

<strong>GS</strong>:SPEZIALIST<br />

Jeder Auspuff bekommt seine indivduelle Prägung. Alles „made in Bavaria“!<br />

Auspuffanlagen bald in der umrüstwilligen<br />

BMW-Boxer-Szene bekannt. Doch leider<br />

sprach sich auch unser kleiner Schönheitsfehler<br />

schnell herum: Durch den Aufbau<br />

nach dem Reflektionsprinzip gab es<br />

stellenweise Hitzestauungen, die Edelstahlhüllen<br />

der Dämpfer verfärbten sich<br />

bräunlich.“ Nach unbefriedigenden kosmetischen<br />

Pflegeansätzen entschied sich<br />

Johann Zach schließlich zum radikalen<br />

Wechsel der Bauart: „Seit 2002 werden<br />

die Schallwellen in Zach-Dämpfern nicht<br />

mehr reflektiert, sondern absorbiert. Und<br />

seither gibt es keine Probleme mehr mit<br />

unerwünschten Verfärbungen. Auch der<br />

bei den Reflexionsdämpfern vorhandene<br />

geringe Leistungs-verlust wurde im Zuge<br />

der Entwicklung des Absorbtiondämpfers<br />

ausgemerzt und in eine Leistungssteigerung<br />

umgewandelt.“<br />

Hans Zach zeigt mir noch den firmeneigenen<br />

Leistungsprüfstand und die verschiedenen<br />

dB-Killer. Besonders stolz ist<br />

er auf die Eigenentwicklung des Auspuffs<br />

für die BMW R1200 C, den Cruiser. Der James<br />

Bond-Cruiser hat nämlich als einziges<br />

<strong>Motorrad</strong> seinen Katalysator im Auspuff<br />

untergebracht und alleine die<br />

Vermeidung von Verfärbungen durch Hitzestau<br />

war eine enorme Herausforderung.<br />

Aber Hans Zach hat sie bewältigt: Keine<br />

Verfärbungen mehr an den Auspuffrohren.<br />

Man hat hohe Ansprüche an sich und an<br />

die Arbeit in diesem Fachbetrieb, der sich<br />

nicht zu Unrecht Manufaktur nennt. Denn<br />

jedes Stück ist eine Einzelanfertigung.<br />

Auch die feinen schwarzen Exemplare, die<br />

sich an den Triple-Black-Versionen der R<br />

1200 <strong>GS</strong> so edel machen.<br />

Nach mehr als zwei eindrucksvollen<br />

Stunden in dieser Halle verabschiede ich<br />

mich. Es ist dunkel inzwischen, dazu<br />

kommt der anhaltende Nebel. „Mistwetter“,<br />

sage ich zum Abschied, doch Hans<br />

Zach ruft lachend hinterher: „Ah geh...<br />

bald könn‘ ma wieder fahr‘n, die paar Wochen<br />

überlebst aa no!“<br />

Ohne Frage: Mit Beharrlichkeit kann<br />

man weit kommen. Hans Zach demonstriert<br />

das eindrucksvoll. Diese Erkenntnis<br />

fährt mit nach Hause. Und ein neu erlernter<br />

Begriff, der des „i-Tipferl-Scheissers“.<br />

So bezeichnet Hans Zach sich und seinen<br />

höchst persönlichen Anspruch an seine<br />

Arbeit. Qualitätsarbeit im Sinne des Kunden.<br />

Kontakt:<br />

Zach Auspufftechnik GmbH<br />

Voggendorfer Weg 7<br />

93444 Bad Kötzting<br />

Telefon +49 (0) 7643 9360835<br />

Internet: www.zach-auspuff.de<br />

eMail: info@zachauspuff.de<br />

MÄRZ 2<strong>01</strong>3<br />

<strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN<br />

17


PRESSE<br />

BLUBIKE SICHERHEIT GROSS GESCHRIEBEN<br />

Wir befassen uns schon eine<br />

geraume Zeit mit anwenderorientierten,<br />

professionellen<br />

Bluetooth-Kommunikationsanlagen und<br />

haben bereits in der Vergangenheit über<br />

BlueBike berichtet, die uns unter der Vielfalt<br />

der am Markt befindlichen Produkte<br />

sofort aufgefallen ist.<br />

Wir müssen feststellen, BlueBike ist tatsächlich<br />

immer einen Schritt voraus. So<br />

auch mit der neuesten Funktion, die sich<br />

wirklich sehen lassen kann:<br />

Die Notruffunktion!<br />

Einzige Voraussetzung: ein Mobiltelefon<br />

muss in der BlueBike per Bluetooth<br />

eingebucht sein.<br />

Mal abgesehen davon, dass BlueBike<br />

darauf verzichtet hat, eine kostspielige<br />

und aufwendige Zusatzelektronik für diese<br />

Funktion anzubieten, ist BlueBike als<br />

einzige Anlage am Markt dazu in der Lage,<br />

einen Notruf direkt mit der Tastatur am<br />

Helm abzusetzen. Diese Technologie ist<br />

nur möglich, weil BlueBike auch als einzige<br />

Kommunikationsanlage ein Navigationsgerät<br />

und ein Handy parallel per<br />

Bluetooth einbuchen kann. Bei allen anderen<br />

Anlagen muss das Handy, soll es<br />

zusammen mit einem Navigerät zum Einsatz<br />

kommen, auch über das Navigationsgerät<br />

eingebucht werden, was die Realisierung<br />

einer Notruf-Funktion, wie<br />

BlueBike sie realisiert, nicht gestattet.<br />

Selbstverständlich werden die vielen<br />

anderen Funktionen durch dieses neue<br />

Feature nicht beeinflusst, denn BlueBike<br />

kann 4 Verbindungen (Telefon, Navigation,<br />

Musik und Gegensprechen/TeamTalk)<br />

parallel einbuchen und bei Bedarf vollautomatisch<br />

abrufen – das kann sonst keine<br />

Anlage.<br />

‚Einfache Bedienung, vollumfänglicher<br />

Komfort und Service rund um die Uhr‘ –<br />

das verspricht Stefan Voit, der Erfinder<br />

von BlueBike. „Bei uns ist der Kunde auch<br />

nach dem Kauf nicht alleine“ - eine Zusage,<br />

die es einzulösen gilt.<br />

Das in Deutschland ansässige Unternehmen<br />

Votronic Technology GmbH, das hinter<br />

diesem Produkt BlueBike steht, entwickelt<br />

und produziert auch in Deutschland,<br />

wie uns der Firmeninhaber – auf Nachfrage<br />

– nachhaltig versichert hat.<br />

„Der Kunde muss bei einem derart hochwertigen<br />

Produkt auch den direkten Draht<br />

zum Hersteller haben können, nur so bleibt<br />

der Kunde auch auf Dauer zufrieden.“ Und<br />

nur mit einer umfassenden Kenntnis der<br />

Bluetooth-Technologie können wir auch<br />

auf die vielen Sonderwünsche der Anwender<br />

eingehen.<br />

Ein Service, den man in Zeiten wie diesen<br />

nicht mehr so oft finden kann.<br />

Betrachtet man sich die BlueBike-Funktionen<br />

etwas genauer, stellt man sehr<br />

schnell fest, wie durchdacht und praxisorientiert<br />

diese sind.<br />

Und nicht zu vergessen: BlueBike gewährt<br />

auf alle Produkte eine Herstellergarantie<br />

von 3 Jahren – und man höre und<br />

staune – auch auf den Akku! Eine solche<br />

Garantie kann ein Unternehmen sich nur<br />

leisten, wenn es von seinem Produkt auch<br />

wirklich überzeugt ist.<br />

Nur positive Kommentare von befreundeten<br />

Anwendern haben uns veranlasst,<br />

die Helme unserer Redaktionsmitarbeiter<br />

mit BlueBike ausrüsten zu lassen und erste<br />

Trockenübungen haben bereits überzeugt<br />

– die Praxistauglichkeit werden wir<br />

in der kommenden Saison unter die Lupe<br />

nehmen und werden jede einzelne Funktion<br />

auf ‚Herz und Nieren‘ zu testen. In den<br />

nächsten Ausgaben werden wir über unsere<br />

Erfahrungen ausführlich berichten.<br />

BlueBike ist auf allen großen Messen<br />

vertreten – dort können Sie sich informieren.<br />

Kontakt:<br />

Votronic Technology GmbH<br />

Willy-Voit-Straße 1<br />

66386 St. Ingbert<br />

Tel.: +49 (0) 68 94 . 92 55-0<br />

Internet: www.bluebike.com<br />

eMail: contact@bluebike.com<br />

18 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


PRESSE<br />

BÜCHER<br />

Seitenblicke: Marokko aus<br />

der Beiwagenperspektive<br />

Via Mediterra:<br />

Die Reise ums Mittelmeer<br />

9.000 Kilometer in vier Wochen. Fast täglich sitzen Petra Röder<br />

und Heidi Franitza während einer Marokko-Reise im Beiwagen<br />

der beiden BMW-R 1150 <strong>GS</strong>-Gespanne. Sie können nicht<br />

alle zehn Minuten anhalten und atemberaubende Berglandschaften<br />

oder das sich stetig wandelnde Lichtspiel der Sonne in den<br />

weitläufigen Dünen des Erg Chebbi fotografieren.<br />

Ihre Begeisterung für Marokko und die Leidenschaft für die<br />

Fotografie hat das Projekt Seitenblicke entstehen lassen. Der<br />

Blick aus dem Beiwagen als Momentaufnahme, zusammen gestellt<br />

wie ein Road-Movie der Augenblicke.<br />

Die meisten der in diesem Bildband veröffentlichten Fotos<br />

sind während der Fahrt entstanden. Es sind dynamische Reisedokumentationen<br />

aus ungewöhnlichen Perspektiven, nur unterbrochen<br />

von kurzen Abschnitten des Anhaltens, in denen die<br />

Kameras dennoch nicht zur Ruhe kamen.<br />

Schon auf den ersten Seiten fühlt sich der Betrachter mitgerissen,<br />

spürt den Fahrtwind und hört das BMW-typische Motorengeräusch,<br />

folgt den Blicken nach rechts und links. Es stellt<br />

sich das Gefühl ein, als wäre man selbst unterwegs. Was kommt<br />

hinter dem Horizont - in diesem Fall auf der nächsten Seite? Es<br />

ist die bemerkenswerte Perspektive, die das Blättern in dem<br />

Bildband so spannend macht. Die Abkehr von Postkartenkitsch<br />

und den üblichen Reisebildern mit dem <strong>Motorrad</strong>-steht vor-beliebigen-Motiven<br />

hebt die Publikation aus dem üblichen Rahmen<br />

der <strong>Motorrad</strong>-Reisebücher.<br />

Ein ungewöhnliches aber uneingeschränkt empfehlenswertes<br />

Projekt auf 120 Seiten mit über 200 Bildern in einer Sonderpublikation<br />

der Gespannzeitschrift Sidecar-Traveller.<br />

Vogtland beratend zur Seite zu stehen.<br />

Das Mittelmeer ist mehr: Mehr als Strände und Urlaub, mehr<br />

als Dolce Vita und Sightseeing. Neun Monate und über 40.000<br />

Kilometer war der renommierte Reisejournalist Dirk Schäfer<br />

rund um das Mittelmeer unterwegs. Auf seiner Reise über drei<br />

Kontinente und durch einundzwanzig Länder wechselten Urlaub<br />

und Abenteuer wie Ebbe und Flut.<br />

Mit Via Mediterra präsentiert Dirk Schäfer spektakuläre Landschaften<br />

und die Faszination des <strong>Motorrad</strong>reisens ebenso wie<br />

einfühlsame Portraits der Menschen zwischen Barcelona und<br />

Beirut. Besonders abseits des touristischen ainstreams findet<br />

Dirk Schäfer immer wieder Motive, die das scheinbar altbekannte<br />

Mittelmeer von seinen erstaunlichen Seiten zeigen: Etwa im<br />

einzigen Fjord des Mittelmeers oder auf den Vulkaninseln des<br />

Tyrrhenischen Meers. Sie und die unglaubliche Vielfalt des Lebens<br />

am Mittelmeer sind es, die Via Mediterra zu den großen<br />

Reiseträumen unserer Tage machen.<br />

Seitenblicke – Marokko aus der Beiwagenperspektive<br />

Petra Röder, Heidi Franitza<br />

120 Seiten, Format DIN A 4 quer, Klebebindung<br />

Preis: 12,80 Euro<br />

Bestell-Telefon: 09661/81 11 <strong>01</strong><br />

www.gespannfahrer-shop.de<br />

„Via Mediterra – Die Reise ums Mittelmeer“<br />

kommt auf 160 Seiten im 28 x 21cm großen Querformat mit Hardcover-Einband<br />

auf den Wohnzimmertisch. Die fesselnd kommentierte<br />

Bilderreise ist für 20 Euro direkt bei Dirk Schäfer transscriptum@gmx.de<br />

oder bei www.touratech.de zu haben.<br />

ISBN 978-3941007048<br />

Weitere Informationen beim Autor Dirk Schäfer unter:<br />

transscriptum@gmx.de<br />

MÄRZ 2<strong>01</strong>3<br />

<strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN<br />

19


des Nordens z<br />

ABENTEUER<br />

Unter de<br />

Abseits der Hauptstraßen wird es spannend<br />

20 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


ABENTEUER<br />

m Kreuz<br />

um Nordkap<br />

Text & Fotos: Jürgen »Juri« Grieschat<br />

MÄRZ 2<strong>01</strong>3<br />

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ABENTEUER<br />

Die Insel Kishi ist UNESCO Weltkulturerbe<br />

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ABENTEUER<br />

KARELIEN<br />

Geschafft. Das erste Abenteuer liegt hinter<br />

uns, die Einreise nach Russland. Jedes Mal - und<br />

ich bin schon oft mit dem <strong>Motorrad</strong> in Russland<br />

gewesen - ist es, trotz vollständiger Papiere, ein<br />

Erlebnis der besonderen Art. Nun liegt die<br />

Strecke nach St. Petersburg vor uns und die Begegnung<br />

mit dieser großartigen Stadt voller Gegensätze.<br />

Von Travemünde hatte uns die Fähre nach<br />

Helsinki gebracht. Nach entsprechenden Erfahrungen<br />

hatte ich nicht den direkten Weg<br />

durch Südfinnland nach St. Petersburg über den<br />

Grenzübergang bei Vaalimaa gewählt. Das ist<br />

nämlich der meistfrequentierte der finnischen<br />

Ostgrenze und damit der mit dem dichtesten<br />

Verkehr zwischen der EU und Russland. Stattdessen<br />

waren wir weiter nach Imatra gefahren.<br />

Diesen kleinen Umweg hatte ich aber gerne in<br />

Kauf genommen, denn das war für mich wie<br />

eine Reise in die eigene Vergangenheit. Schon<br />

in den 70er Jahren war ich das erste Mal hier<br />

gewesen und hatte Giacomo Agostini beim<br />

Großen Preis von Finnland der <strong>Motorrad</strong>-Weltmeisterschaft<br />

bewundert.<br />

Für mich wie eine Reise in die<br />

eigene Vergangenheit.<br />

Seit der Teilung Kareliens nach dem Friedensschluss<br />

als Folge des Zweiten Weltkriegs verläuft<br />

nur wenige Kilometer östlich von Imatra<br />

die Staatsgrenze zu Russland. Die heute zu Russland<br />

gehörende Stadt Svetogorsk ist auch nur<br />

7 km von Imatras Stadtzentrum entfernt. Holz<br />

ohne Ende, so scheint es, auf der Eisenbahn<br />

und neben den riesigen Gebäuden der Papierindustrie.<br />

Sehr achtsam fahren wir nach den<br />

Grenzkontrollposten weiter. Die Bereiche kurz<br />

nach den Grenzen und auf größeren Transitstrecken<br />

sind bevorzugte „Jagdreviere“ der russischen<br />

Miliz, die seit dem Sommer 2<strong>01</strong>1 nun<br />

auch Policia, Polizei heißt. Das ändert aber<br />

nichts an der Tatsache, dass das eine oder andere<br />

Radargerät am Straßenrand versteckt angebracht<br />

ist. Videokameras an Brückengeländern<br />

deuten auf aktive Beobachtung hin. Ganz<br />

und gar nicht mögen sie das Überfahren von<br />

durchgezogenen Linien. Die Bilder kann man<br />

sich später live im Streifenwagen ansehen. Also,<br />

besser Vorsicht walten lassen.<br />

Wir erreichen Wyborg. Nach dem Ersten<br />

MÄRZ 2<strong>01</strong>3<br />

<strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN<br />

23


ABENTEUER<br />

KARELIEN<br />

Weltkrieg gehörte die Stadt zum unabhängig<br />

gewordenen Finnland und war damals mit ca.<br />

80.000 Einwohnern die zweitgrößte des neuen<br />

Staates. Hier mündet auch der Mitte des<br />

19. Jhdts. errichtete Saimaakanal in die Ostsee,<br />

der die Finnische Seenplatte mit der Ostsee<br />

verbindet.<br />

Der weite Himmel, endlos erscheinende<br />

einsame Wälder, dazu die ungezählten<br />

Flüsse, Seen, Sümpfe und<br />

Moore vermitteln ein Gefühl von<br />

Ursprünglichkeit, Stille, Weite.<br />

Nach dem Winterkrieg 1939/40 und dem<br />

Fortsetzungskrieg 1944 besetzte die Sowjetunion<br />

den größten Teil Kareliens mitsamt Wyborg.<br />

Die seit den Zeiten der Hanse in Wyborg<br />

ansässige deutsche Minderheit musste 1940<br />

mit den finnischen und schwedischen Einwohnern<br />

die Stadt verlassen oder wurde nach 1944<br />

vertrieben.<br />

Von hier fahren wir nicht auf dem direkten<br />

Weg nach St. Petersburg, sondern folgen der<br />

A123 entlang der Küste. Diese Straße ist zwar<br />

länger, aber auch ungleich interessanter.<br />

Langsam wird der Verkehr chaotischer. Wir<br />

gelangen nach „Pieter“, wie die Bewohner von<br />

St. Petersburg ihre Stadt liebevoll nennen. Der<br />

Verkehr wird deutlich dichter und gewöhnungsbedürftiger.<br />

Einige Autos rauschen nur so links<br />

und rechts an uns vorbei, als seien wir auf einer<br />

Rennstrecke und nicht in einer Großstadt.<br />

In den Nebenstraßen trailen wir über Straßenbahnschienen,<br />

die deutlich über das Fahrbahnniveau<br />

herausragen – und schon wieder fehlt<br />

ein Kanaldeckel. Endlich sind wir am Hotel und<br />

checken ein. Die Motorräder lassen wir während<br />

unseres Aufenthaltes sicher auf dem bewachten<br />

Parkplatz und erkunden „das Venedigs<br />

des Nordens“ zu Fuß und mit öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln. Der heutige Tag wird lang werden,<br />

denn während der „weißen Nächte“ um<br />

die Sommersonnenwende tobt hier auch nachts<br />

das Leben, ist nahezu rund um die Uhr Party<br />

angesagt. Das gilt besonders, wenn um zwei<br />

Uhr morgens die Brücken über die Newa hochgeklappt<br />

werden. Dann fahren nämlich die<br />

Schiffe auf der Newa vom Ladogasee zur Ostsee<br />

und umgekehrt. Eine von vielen Begegnungen<br />

mit dieser einzigartigen Stadt. Doch unser<br />

Aufenthalt ist nur kurz, wir haben noch andere<br />

Ziele, was uns aber nicht daran hindert, an<br />

einigen besonderen Orten zu verweilen. Der<br />

Schlossplatz vor dem Winterpalais der Zaren,<br />

der Eremitage, ist nur den Fußgängern vorbehalten,<br />

aber bevor uns die Polizisten registriert<br />

haben, ist das Foto im Kasten und schon sind<br />

wir wieder auf dem Weg. Vor der Aurora zu<br />

halten, dem Panzerschiff, dessen Schuss das<br />

Zeichen zur russischen Revolution gab, ist nicht<br />

die große Herausforderung. Aber dennoch beeindruckend.<br />

Entlang der Newa fahren wir durch die Vororte<br />

von St. Petersburg zur alten Festung<br />

Schlüsselburg, die den Austritt der Newa aus<br />

dem Ladogasee bewachte.<br />

Weit geht der Blick über die spiegelglatte<br />

Wasserfläche des größten Sees in Europa. Weit<br />

über 100 Kilometer ist das gegenüberliegende<br />

Ufer entfernt! Während des Zweiten Weltkrieges<br />

war diese Gegend heiß umkämpft. Das<br />

Schicksal des eingeschlossenen Leningrads hing<br />

vom Warentransport über den Ladogasee ab,<br />

im Sommer auf dem Wasserweg, im Winter<br />

mit Lastwagen über das Eis. Ein sehenswertes<br />

Museum berichtet über diese Zeit. Verständlich,<br />

wenn dann später Deutschlands Osten<br />

den Sturm erntete, der hier gesät wurde!<br />

Auf der Weiterfahrt scheitern wir mit unserem<br />

Versuch, so nah wie möglich am Seeufer<br />

Die Anreise mir der<br />

Fähre verkürzt die<br />

Reisezeit beträchtlich.<br />

24 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


ABENTEUER<br />

„Wenn ihr dort lang fahrt, findet ihr die Gräber aus der Stalinzeit“. Begegnungen an der Straße.<br />

Verstärkt stoSSen wir nun auf<br />

Spuren des sowjetischen GULag-<br />

Systems: so in der ehemaligen Lagerstadt<br />

Medweschjegorsk.<br />

entlang zu fahren. Die Piste ist doch zu schlecht.<br />

Und so rollen wir stattdessen zügig auf der<br />

Hauptstraße nach Olonez und weiter nach Petrosawodsk,<br />

in die Gebietshauptstadt von Karelien.<br />

Sie ist keine Schönheit, diese Großstadt,<br />

die sich entlang des Onegasees erstreckt - holzverarbeitende<br />

Industrien, Möbelindustrie,<br />

Fischverarbeitung und Werften sind die wichtigsten<br />

Arbeitgeber. Der Anblick der Gebäude<br />

ist nicht wirklich erfreulich. Dazu dampft und<br />

riecht es überall. Durch Petrosawodsk verläuft<br />

auch die Murmanbahn, die wichtige Eisenbahnverbindung<br />

von Sankt Petersburg nach Murmansk<br />

in den Norden.<br />

Ein Tag Pause, den wir zu einem Tagesausflug<br />

auf die alte Klosterinsel Kishi nutzen. Diese<br />

Insel ist heute UNESCO-Weltkulturerbe und<br />

birgt einmalige Dokumente der Holzbaukunst.<br />

Auf dieser Insel wurden aus allen Gegenden<br />

Kareliens Gebäude zusammengetragen und<br />

wieder aufgebaut. Mit dem Tragflügelboot sind<br />

wir in kurzer Zeit da und gehen dann auf einem<br />

Rundweg über die Insel, vorbei an Scheunen<br />

und Bauernhäusern. Auch Windmühlen<br />

sind zu sehen. Die größte Sehenswürdigkeit<br />

der Museumsinsel ist aber der Kirchhof, der<br />

auf das 13.-14. Jahrhundert zurückgeht. Beeindruckend<br />

die Schönheit der Christi-Verklärungs-Kirche<br />

mit ihren 22 Kuppeln, nicht minder<br />

malerisch ist die Pokrowsker<br />

Fürsprachekirche. Diese Konstruktionen habe<br />

ich sonst nirgendwo in Russland gesehen. Die<br />

Anordnung der Zwiebeltürme fasziniert ebenso<br />

wie das silbrige Schimmern der Holzschindeln,<br />

die zu erstaunlichen Formen zusammengefügt<br />

sind. Die wahren Höhepunkte aber, die<br />

Kishi zu bieten hat, sind die einzelnen Ikonen<br />

und die beiden großen Ikonenwände in den<br />

Kirchen, auf denen in unglaublicher Farbenpracht<br />

die Geschichten der Bibel erzählt wird.<br />

MÄRZ 2<strong>01</strong>3<br />

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25


ABENTEUER<br />

Medweschjegorsk war ein Projekt von Stalin, gelegen<br />

am Belomorsko-Baltijskij Kanal, der das WeiSSe Meer und<br />

die Ostsee verbindet. Man sagt, er sei „auf Knochen“<br />

gebaut worden.<br />

Nach der langen Zeit der Sowjetherrschaft werden<br />

heute in den Kirchen von Kishi wieder Gottesdienste<br />

abgehalten. Aber wie lange noch,<br />

denn diese Holzbauwerke sind anfälliger als<br />

Steinbauten und bedürfen ständiger Renovierung.<br />

Durch eine einzigartige Landschaft reisen wir<br />

auf relativ ordentlichen Straßen weiter nach<br />

Norden. Finnen und Norweger waren hier am<br />

Straßenbau aktiv. Der weite Himmel, endlos<br />

erscheinende einsame Wälder, dazu die ungezählten<br />

Flüsse, Seen, Sümpfe und Moore vermitteln<br />

ein Gefühl von Ursprünglichkeit, Stille,<br />

Weite. Ein, wie es scheint, unberührtes Land,<br />

in dem weit verstreut vereinzelte Dörfer und<br />

Holzkirchen stehen, in deren Nähe Frauen,<br />

Männer und Kinder geduldig hinter Blecheimern<br />

sitzen, gefüllt mit selbstgesammelten Beeren<br />

oder Pilzen, die sie zum Kauf anbieten. Hier<br />

findet man noch das ländliche „alte“ Russland<br />

mit den verschlafenen Holzhausdörfern und<br />

den russisch-orthodoxen Kirchen, die mit viel<br />

Fleiß wieder erstehen.<br />

Verstärkt stoßen wir nun auf Spuren des sowjetischen<br />

GULag-Systems: so in der ehemaligen<br />

Lagerstadt Medweschjegorsk. Die Stadt<br />

wird bis heute von ihrer Vergangenheit geprägt.<br />

Ihre Hauptstraße trägt den Namen von Felix<br />

Dscherschinskij, dem Gründer der sowjetischen<br />

Geheimpolizei. Medweschjegorsk war ein Pro-<br />

jekt von Stalin, gelegen am Belomorsko-Baltijskij<br />

Kanal, der das Weiße Meer und die Ostsee<br />

verbindet. Man sagt, er sei „auf Knochen“ gebaut<br />

worden. Der Weißmeerkanal ist ein trauriges<br />

Denkmal, dessen Errichtung 1931 bis 1933<br />

eine Viertelmillion Strafgefangener das Leben<br />

kostete. Heute nutzen die Medweschjegorsker<br />

die Wände des Kanals, um ihre Teppiche zu<br />

trocknen.<br />

In Sandarmoch, 15 Kilometer von Medweschjegorsk<br />

entfernt, wurden in den Jahren des<br />

„Großen Terrors“ 9.000 bis 12.000 Lagerhäftlinge<br />

ermordet: Russen, Karelen, Finnen, Ukrainer,<br />

Weißrusse, Juden, Deutsche und Polen.<br />

Jedes Jahr kommen Hunderte von Angehöri-<br />

26 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


ABENTEUER<br />

KARELIEN<br />

Verkauft wird an der<br />

Straße was eben geht:<br />

Frauen, Männer und<br />

Kinder warten geduldig<br />

auf Käufer.<br />

MÄRZ 2<strong>01</strong>3<br />

<strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN<br />

27


ABENTEUER<br />

gen hierher, suchen die Stätte auf, sprechen<br />

über ihre Erinnerungen, gedenken auch der<br />

Bauarbeiter des Weißmeerkanals, die in seinen<br />

Wassern ertrunken waren, weil die Bauleitung<br />

die Schleusen vorzeitig öffnete und nicht abwartete,<br />

bis die müden Arbeiter herausgeklettert<br />

waren.<br />

Auf dem Weg nach Kem treffen wir auf Jahrtausende<br />

alte Steinzeichnungen. Sie zeugen<br />

von der langen Siedlungs- und Kulturgeschichte<br />

dieser Region. Die kleine Stadt am Weißen<br />

Meer war in den 1930er-Jahren Sitz der Verwaltung<br />

des GULag-Straflagers auf den Solowezki-Inseln.<br />

Kein Hinweis darauf – ein alter<br />

Mann weist uns auf das Gebäude hin, in dem<br />

heute ein Möbelgeschäft untergebracht ist. Für<br />

zwei Tage kehren wir in einem einfachen Hotel<br />

ein, weil wir wieder eine Bootstour unternehmen<br />

wollen, eben auf die Solowezki. Dieser<br />

Archipel mit sechs Inseln liegt im Weißen<br />

Meer am Eingang der Onegabucht, nur 160 Kilometer<br />

vom Polarkreis entfernt. Je näher das<br />

Boot der Inselgruppe kommt, desto mehr hebt<br />

sich der Kreml gegen den Horizont ab. Das<br />

Burgkloster wurde im 15. Jhdt. auf der Hauptinsel<br />

gegründet und war das wichtigste wirtschaftliche,<br />

politische, kulturelle und militärische<br />

Zentrum der Region.<br />

Während der Zeit der Kirchenspaltung im<br />

Russland des 17. Jahrhunderts wurde das Kloster<br />

als Bastion Gottes eine Hochburg der Altgläubigen<br />

und spielte seit der Zeit von Zar Iwan<br />

dem Schrecklichen bis Peter den Großen immer<br />

eine strategische Rolle. Von da an diente<br />

es auch als Gefängnis, als eine Art orthodoxes<br />

Alcatraz.<br />

Aber wirklich berüchtigt wurde es unter den<br />

Sowjets, denn das Lager Solowki war Russlands<br />

erstes großes Häftlingslager, das Modell des sowjetischen<br />

Lagersystems. In diesen „Lagern der<br />

Sonderbestimmung“ wurden ab den 1920er<br />

Jahren Weißgardisten, sozialistische Oppositionelle,<br />

Intellektuelle und Geistliche einsperrt.<br />

Als Alexander Solschenizyn den Begriff Archipel<br />

GULag prägte, dachte er an eben diese Inselgruppe.<br />

Zynismus oder praktische Überlegungen<br />

der neuen Herren Russlands, hier ein<br />

Lager zu errichteten? Über Jahrzehnte gab es<br />

kein Haus, keine Kirche und kaum eine Hütte<br />

auf den Inseln, in denen nicht Gefangene eingepfercht<br />

gewesen wären. Wie alle GULag<br />

28 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


ABENTEUER<br />

KARELIEN<br />

diente dieses der Unterdrückung politischer<br />

Gegner, der Ausbeutung durch Zwangsarbeit<br />

und der Internierung von Kriegsgefangenen.<br />

Das Lagersystem stellte ein wesentliches Element<br />

der stalinistischen Herrschaft dar. Die<br />

Zahl ihrer Toten übertrifft die der Gefallenen<br />

im Zweiten Weltkrieg. Während die Opfer des<br />

Krieges nicht vergessen werden, bleiben die im<br />

Schatten, die von ihrem eigenen Staat umgebracht<br />

wurden.<br />

Am Bootsanleger steht noch das Gerüst des<br />

ehemaligen „Hotels“, in dem die angekommenen<br />

Häftlinge untergebracht wurden. Später<br />

abgebrannt, kann man heute nicht mehr nachvollziehen,<br />

wie es drinnen aussah. Aber nicht<br />

nur Feuer vernichteten die Spuren der Lagergeschichte.<br />

Denn als die Mönche hierher zurückkehrten,<br />

renovierten sie auch die Räume,<br />

die als große Lager gedient hatten. Einige Bauten<br />

aus der Lagerzeit stehen noch, aber es gibt<br />

keinen Hinweis über ihre Geschichte. Die erfahren<br />

wir aber in einer beeindruckenden Ausstellung<br />

im Kloster.<br />

Wie überall im Norden:<br />

Sommer<br />

+ Seenlandschaften<br />

= Mücken<br />

Heute leben auf den Inseln wieder Mönche<br />

nach strengen Klosterregeln.<br />

Aber die lange Zeit des Vergessens hat auch<br />

ihre Besonderheit. In faszinierender Ursprünglichkeit<br />

tritt uns hier die Natur entgegen. Wir<br />

nehmen uns Zeit für Ausflüge zu Fuß und sehen<br />

prähistorische Steinlabyrinthe, deren Herkunft<br />

und Sinn im Dunkel liegt. Still fahren wir<br />

mit dem Schiff zurück nach Kem. Es ist uns nicht<br />

besonders nach Reden. Und der Wodka nach<br />

dem Abendessen dient in ganz besonderer<br />

Weise der Verdauung.<br />

Nordwärts verlassen wir die Karelische Republik<br />

und fahren durch eine endlos erscheinende<br />

Tundralandschaft in das Murmansker<br />

Oblast ein. Kurz bevor wir die Kola-Halbinsel<br />

und die Stadt Kandalakscha erreichen, überqueren<br />

wir den nördlichen Polarkreis.<br />

Von Kandalakscha geht es nordwärts weiter<br />

über die Kola-Halbinsel durch die Tundra mit<br />

zahllosen kleinen und großen Seen. Auf Brücken<br />

überqueren wir einige ihrer Abflüsse. Schon<br />

vor dem Abzweig nach Apatity sind deutlich<br />

die Chibinen zu erkennen, ein Gebirge von der<br />

Höhe des Harzes, beliebtes Wintersportgebiet<br />

der Region. In der Bergbaustadt Kirowsk und<br />

bei Apatity wird Apatit für die Düngemittelproduktion<br />

abgebaut. Die Region Murmansk ist<br />

MÄRZ 2<strong>01</strong>3<br />

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29


ABENTEUER<br />

KARELIEN<br />

Das Tanken in Russland ist<br />

immer wieder ein Erlebnis.<br />

Wenn sich auf der Straße ein<br />

Heuhaufen bewegt, ist es<br />

meistens ein Uralgespann.<br />

der größte Phosphatdünger-Hersteller der<br />

Welt. Das und der Schwermetallabbau hat<br />

dazu geführt, dass auf Kola nahezu alle ökologischen<br />

Zwischenstufen von intakter arktischer<br />

Tundra bis hin zu verseuchter postindustrieller<br />

Abraumlandschaft zu finden sind, mit teilweise<br />

extremer Luftverschmutzung.<br />

Die Besiedlung dieser Gegend und die der<br />

Kola-Halbinsel war ein gewaltiger Kraftakt. Sie<br />

ging seit den 30er Jahren mit der industriellen<br />

Ausbeutung der Bodenschätze dieser Landschaft<br />

einher. Entsprechend deprimierend ist<br />

das, was wir sehen. Monchegorsk ist ein Zentrum<br />

der Nickel und Kupfer-Produktion. Ein<br />

Großteil der Bevölkerung arbeitet in dem Werk,<br />

das die Umgebung der Stadt stark verschmutzt<br />

und das für sauren Regen verantwortlich ist.<br />

Die Folge ist eine Schneise gespenstisch zerstörter<br />

Natur. Andererseits sorgt das Werk aber<br />

auch für mehr Wohlstand in der Region. Sobald<br />

wir aus dem Bereich der Hauptwindrichtung<br />

heraus sind, ist es weniger staubbedeckt,<br />

stinkt es weniger. Wir fahren durch eine Landschaft,<br />

die bei uns den Eindruck hinterlässt, als<br />

sei die Eiszeit erst kürzlich zu Ende gegangen.<br />

Über die Fernstraße M18, die E105 fahren<br />

wir weiter nach Murmansk, den wichtigen russischen<br />

Hafen im Norden. Immer wieder interessant<br />

sind die kleinen Begegnungen mit den<br />

Menschen, die Rast in einem Cafe, wie es hier<br />

heißt. Und die Abenteuer des Reisealltags, Einkaufen<br />

für das Picknick unterwegs. МАГАЗИН<br />

oder auch ПРОДУКТЫ steht über den meist<br />

sehr unscheinbaren Läden. Wie sieht so ein<br />

russischer Laden aus? Was gibt es zu kaufen?<br />

Eigentlich fast alles, vor allem aber Wodka und<br />

Bier in jeder Menge und Qualität.<br />

In Murmansk legen wir einen Ruhetag ein.<br />

Wir besuchen das Schifffahrtsmuseum, fahren<br />

durch das Stadtzentrum und entlang des Hafens<br />

zu „Alosja”, einer 36 Meter hohe Statue<br />

des „Unbekannten Soldaten“.<br />

Eigentlich hatten wir vor, einen kurzen Ausflug<br />

mit den Motorrädern in die Nachbarstadt<br />

Seweromorsk zu machen wollen. Bekannt geworden<br />

ist Seweromorsk vor allem durch die<br />

Katastrophe des U-Bootes K-141 Kursk, bei der<br />

118 Seeleute ums Leben kamen. Das ist der<br />

Karte nach auch theoretisch möglich. Die Realität<br />

lehrt uns aber etwas anderes. Die Stadt<br />

und die Zufahrt dazu sind nämlich militärisches<br />

Sperrgebiet. Also wird das nichts mit unserem<br />

Ausflug, denn auf stundenlange Diskussionen<br />

mit dem Geheimdienst habe ich keine Lust.<br />

Murmansk selbst kann von Ausländern problemlos<br />

besucht werden.<br />

In der Zeit des „Kalten Krieges“ galt Murmansk<br />

als Hochburg militärischer Geheimnisse.<br />

In dieser Region wurde das gewaltige Atombombenpotential<br />

der gesamten Eismeerflotte<br />

gelagert. Die Gegend um Murmansk ist wohl<br />

das größte Atommülllager der Welt, denn hier<br />

lagert ein großer Teil der ausgebrannten Brennstäbe<br />

und Kernreaktoren stillgelegter Atom-U-<br />

Boote.<br />

So bleiben wir noch ein wenig länger bei<br />

„Alosja” und sehen von dort aus auf die Buchten<br />

unter uns, in denen Teile der Nordmeerflotte<br />

und der russischen Eisbrecherflotte vor<br />

Anker liegen. Durch den Golfstrom, der bis<br />

hierher kommt, ist der Hafen auch im Winter<br />

eisfrei.<br />

30 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


ABENTEUER<br />

KARELIEN<br />

In Kem: Im Hintergrund links der ehemalige Sitz der Verwaltung des GULag-Straflagers auf den Solowezki-Inseln. Die Kirche daneben<br />

störte und wurde zerstört.<br />

Um nach Norden weiterzufahren, müssen<br />

wir erst ein ganzes Stück nach Süden fahren,<br />

ehe wir auf einer Brücke den Murmansk-Fjord<br />

überqueren. Auf der A138, der E105 geht es<br />

nach Nordosten. An einem riesigen Kreisverkehr<br />

stoppe ich. Das ist aber ungewöhnlich.<br />

Auf einem Verkehrsschild, sonst nur in Kyrillisch,<br />

ist auf Deutsch zu lesen „Gebirgsjägerdenkmal“.<br />

Ich wüsste kein Verkehrszeichen in<br />

Deutschland, auf dem etwas in russischer Sprache<br />

geschrieben steht. Da lohnt doch ein Abstecher.<br />

Durch eine Ebene gelangen wir bei in Petschenga<br />

zu einem Soldatenfriedhof in dem viele<br />

der im Zweiten Weltkrieg an der Eismeerfront<br />

gefallenen deutschen und österreichischen<br />

Soldaten bestattet worden waren. Wir treffen<br />

auf ein Fernsehteam aus St. Petersburg, das wir<br />

zu diesem Ort befragen. Wir hören, dass am<br />

Ende des Krieges die Anlage eingeebnet und<br />

später als Lagerplatz der Marine genutzt wurde.<br />

Nichts erinnerte mehr an einen Friedhof.<br />

Doch dann begann man den Soldatenfriedhof<br />

zu sanieren. Heute befinden sich dort neben<br />

Grabstätten das angekündigte Gebirgsjägermahnmal,<br />

ein sowjetisches Kriegerdenkmal und<br />

ein Friedenspark. Im Gegenzug werden wir zu<br />

unserer Reise befragt und gefilmt.<br />

Weiter geht es auf unserem Weg zur Grenze.<br />

Vorbei an großen Truppenübungsgeländen<br />

erreichen wir den Ort Nickel, in dem wie der<br />

Name schon sagt, im großen Stil Nickel gefördert<br />

wird. Die Erze werden in einem Kombinat<br />

vor Ort verhüttet, was auch hier zu extremer<br />

Luftverschmutzung und zu einem<br />

großflächigen Waldsterben geführt hat. Eigentlich<br />

wollen wir nur schnell weiter, aber wir müssen<br />

doch zum Tanken in die Stadt fahren. Letzte<br />

Möglichkeit vor der Grenze und es ist in<br />

jedem Fall deutlich günstiger als in Norwegen.<br />

Wir wirbeln mächtige Staubwolken auf, als wir<br />

durch die Stadt fahren und endlich die Tankstelle<br />

finden. Nun aber hurtig raus, dorthin, wo<br />

die Luft besser ist.<br />

Nach geraumer Zeit erreichen wir den norwegisch-russischen<br />

Grenzübergang, wo Pässe<br />

und Visa genau kontrolliert werden. Eine weitere<br />

Kontrolle hatten wir schon 50 km vor Petschenga<br />

hinter uns bringen müssen. Es geht<br />

aber erstaunlich zügig, denn außer uns ist auch<br />

niemand da, der ausreisen will. Die längste Zeit<br />

brauchen wir, um den Grenzern unsere Motorräder<br />

zu erklären. Wenn das alles ist, sei`s<br />

drum.<br />

Am Nachmittag erreichen wir das norwegische<br />

Kirkenes. Die Europastraße E105 endet<br />

hier und die E6 beginnt, die vielen von Reisen<br />

durch Norwegen geläufig ist.<br />

Wir checken im Hotel ein und stromern<br />

dann noch durch die Stadt.<br />

Am nächsten Morgen sind wir rechtzeitig am<br />

Hafen, denn um 10 Uhr legt die MS Richard<br />

With der Hurtigruten an. Im Nu sind unsere<br />

Motorräder verstaut und kurz nach Mittag werden<br />

dann auch schon die Leinen losgemacht.<br />

Mit der „schnellen Linie“ fahren wir auf diesem<br />

kombinierten Fracht-, Passagier- und Kreuzfahrtschiff<br />

um das Nordkap herum nach<br />

Tromsö, der größte Stadt im Norden des Landes.<br />

Spät kommen wir an, trotz allem noch ein<br />

letztes - teures - Bier. Dann gehen wir schlafen.<br />

Bei der Weiterfahrt am nächsten Morgen<br />

stoppen wir natürlich an der Eismeerkathedrale,<br />

der markantesten modernen Kirche Norwegens<br />

mit dem größten Glasmosaikfenster Europas.<br />

Schon beeindruckend. Aber irgendwie<br />

MÄRZ 2<strong>01</strong>3<br />

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31


ABENTEUER<br />

Wieder in der EU, Kirkenes in Nord-norwegen<br />

ist erreicht.<br />

hatte ich sie mir doch größer vorgestellt. Südwärts<br />

geht es Richtung Narvik. In Innset machen<br />

wir noch für eine Nacht Station auf der<br />

Hundeschlittenfarm von Björn Klauer und Regina<br />

Elpers. Gute Gelegenheit, mal wieder eine<br />

Weile zu wandern. Als wir zurück sind, bekommen<br />

wir eine Führung über die Huskyfarm und<br />

schauen zu, wie abends um 18.00 Uhr die Hunde<br />

gefüttert werden. Ein ziemliches Spektakel<br />

…<br />

Grillen ist angesagt und das ist auch nicht so<br />

schlecht, denn in der Nähe des Feuers sind die<br />

Begegnungen mit den Mücken einigermaßen<br />

erträglich. Aber dann ziehen wir uns doch lieber<br />

ins Gästehaus zurück und klönen noch<br />

recht lange. Mit der Nachtruhe ist das aber so<br />

eine Sache, draußen müssen immer wieder<br />

spannende Dinge passieren, denn immer wieder<br />

geben die Hunde Laut und es sind derer<br />

viele.<br />

Nächste Station ist der Erzhafen Narvik. Ein<br />

Abstecher Richtung Lofoten und ein Stadtrundgang<br />

in Narvik geben wieder ganz neue Eindrücke.<br />

Vom Verschiffungshafen des Eisenerzes<br />

folgen wir der Erzbergbahnstrecke über die<br />

Berge ins schwedische Kiruna, wo wir das Erzbergwerk<br />

besuchen. Die Stadt entstand als<br />

Siedlung für den Eisenerzbergbau. Inzwischen<br />

ist der Untertagabbau so weit an das Stadtzentrum<br />

herangerückt, dass es in den nächsten<br />

Jahren um fünf Kilometer nach Osten verlegt<br />

werden muss.<br />

Das schwedische Bergbauunternehmen<br />

LKAB bietet Führungen durch die Mine an. Vor<br />

dem Touristenbüro von Kiruna steigen wir in<br />

einen Bus und fahren mit ihm auf 500 m unter<br />

die Erde. Das ist schon beeindruckend. Meiner<br />

Sitznachbarin gefällt die Fahrt aber nicht so<br />

sehr – durch die Jacke spüre ich ihre Fingernägel<br />

auf meiner Haut. Ich wäre ja lieber mit dem<br />

<strong>Motorrad</strong> hinuntergefahren. Aber das geht leider<br />

nicht. Ein Werksführer erklärt, wie man Eisenerz<br />

gewinnt und wie das Erz weiterverarbeitet<br />

wird.<br />

Durch das nördliche Schweden fahren wir<br />

in südöstliche Richtung durch Wälder und<br />

Moorlandschaften weiter, bis wir den Tornionjoki<br />

erreichen, den wir bei Pello überqueren.<br />

Das ist gleichzeitig die Grenze zu Finnland.<br />

Unser heutiges Ziel ist Rovaniemi. Wenige Kilometer<br />

nördlich der Stadt befindet sich seit<br />

1985 das Weihnachtsmanndorf, das wir uns<br />

nicht entgehen lassen wollen. Aber lange halten<br />

wir es dort doch nicht aus. Das ist zu viel<br />

an Weihnachten.<br />

In dieser Touristenattraktion können nicht<br />

nur Kinder ganzjährig den leibhaftigen Weihnachtsmann<br />

begrüßen. Angeschlossen ist ein<br />

„Weihnachtsmann-Postamt“, das Briefe von<br />

Kindern aus aller Welt an den Weihnachtsmann<br />

bearbeitet und beantwortet. Als weitere<br />

Attraktion dieses Santa Claus Village gilt der<br />

am Boden eingezeichnete Polarkreis. Was<br />

macht man nicht alles für die Touristen - der<br />

tatsächliche Polarkreis befindet sich aber ein<br />

Stück weiter nördlich des Weihnachtsmann-<br />

32 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


ABENTEUER<br />

KARELIEN<br />

dorfes. Rovaniemi selber ist eine neue Stadt,<br />

denn sie wurde bei den Kämpfen am Ende des<br />

Zweiten Weltkrieges nahezu völlig zerstört.<br />

Unter der Leitung von Alvar Aalto, dem bekannten<br />

finnischen Architekten und Designer<br />

wurde Rovaniemi neu aufgebaut, wobei der<br />

Stadtgrundriss in Form eines Rentiergeweihes<br />

entstand. Seinen Bauten werden wir in Helsinki<br />

wieder begegnen.<br />

Auf der 4 geht unsere Fahrt weiter zum Bottnischen<br />

Meerbusen bei Oulu.<br />

Dann queren wir Mittelfinnland wieder und<br />

gelangen in eine uns inzwischen vertraute<br />

Landschaft, nach Finnisch-Karelien. Auf dem<br />

Weg nach Ilomantsi stoppen wir am Kloster<br />

Uusi Valamo. Ursprünglich war das Kloster auf<br />

der Inselgruppe Walaam im Ladogasee beheimatet,<br />

von dem aus die Mönche im Winterkrieg<br />

1940 mit ihren Schätzen evakuiert wurden.<br />

Sie flüchteten nach Westen und gründeten<br />

eben dieses Kloster, dem einzigen orthodoxen<br />

Mönchskloster Finnlands. Die prächtige Hauptkirche<br />

der Anlage ist das Zentrum der Orthodoxie.<br />

Im Gegensatz zum mehrheitlich protestantischen<br />

Finnland pflegt man die Religion in<br />

Karelien als eigene Tradition. Auf Brücken über<br />

Flüsse und Kanäle, vorbei an den typischen,<br />

abgelegenen Sommerhäusern, die nur spärliche<br />

Spuren menschlicher Besiedlung darstellen<br />

und durch eine malerische Seenplatte,<br />

übersäet mit unzähligen Inseln, gelangen wir in<br />

die Stadt Ilomantsi. Vor dem Beitritt Zyperns<br />

war hier, in Sichtweite Russlands, der östlichste<br />

Punkt der Europäischen Union. So ist es<br />

nicht überraschend, dass Ilomantsi auch als<br />

„Hauptstadt“ der orthodoxen finnischen Minderheit<br />

gilt.<br />

Im Museumsdorf von Ilomantsi bewahrt man<br />

das Kalevala auf, die Sammlung uralter mündlich<br />

überlieferter Gesänge, die erst im 19. Jahrhundert<br />

niedergeschrieben wurden. Rund um<br />

die Kleinstadt sind noch die Spuren der Finnisch-Russischen<br />

Kriege sichtbar. Reste eines<br />

Panzers finden sich ebenso wie ein verrostetes<br />

Geschütz im Morast. Erst 1917 erlangte Finnland<br />

als Folge der Russischen Revolution die<br />

Unabhängigkeit und schlug mit Hilfe deutscher<br />

Truppen die kommunistischen Aktivitäten im<br />

Inland nieder. In mehreren Kriegen zwischen<br />

1918 und 1945 kämpften Russland und Finnland<br />

erbittert um Karelien. Beim Friedensschluss<br />

wurden über 400.000 Menschen umgesiedelt.<br />

Die Stadt Ilomantsi wurde<br />

Grenzstadt. Das verlorengegangene Territorium<br />

haben wir bereist, es gehört heute zur russischen<br />

Republik Karelija.<br />

Ein Schiff wird kommen ...<br />

Die MS Richard With der<br />

Hurtigruten läuft in Kirkenes<br />

ein.<br />

MÄRZ 2<strong>01</strong>3<br />

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33


ABENTEUER<br />

KARELIEN<br />

MOTTOUREN –<br />

Training, Reisen,<br />

Abenteuer<br />

unterwegs mit<br />

Jürgen Grieschat<br />

Der Traum von Zuhause: Wegweiser der Gebirgsjäger aus unsäglicher Zeit.<br />

Während wir über die Via Karelia auf einer<br />

leicht hügeligen und kurvigen Strecke nach Süden<br />

schwingen, schweifen die Gedanken immer<br />

wieder auch auf die andere Seite der Grenze<br />

zurück. Wenn wir zurückdenken, könnte<br />

man meinen, Russisch-Karelien läge auf einem<br />

anderen Stern, so anders ist der Zustand der<br />

Häuser, so sehr viel schlechter sind die Straßen<br />

und so arm erscheint die Bevölkerung. Aber es<br />

war Wert, es gesehen zu haben, die Freundlichkeit<br />

der Menschen erlebt zu haben. Über<br />

die 6 gelangen wir Savonlinna, der Stadt der<br />

Opernfestspiele mit der Burg Olavinlinna, der<br />

besterhaltenen mittelalterlichen Festung Nordeuropas.<br />

Auf dem Weg in die finnische Hauptstadt<br />

Helsinki machen wir noch in Lathi Station bei<br />

RUKKA. Hier ist die Zentrale der Firma, deren<br />

Name schon seit Jahrzehnten als Synonym für<br />

hochwertige textile <strong>Motorrad</strong>bekleidung gilt.<br />

Gerne lassen wir uns bei einem Imbiss die<br />

Technologie der <strong>Motorrad</strong>bekleidung erklären<br />

und die neuen Modelle zeigen, die jedes Jahr<br />

mit richtungsweisenden Innovationen für Aufsehen<br />

sorgen.<br />

Eine gute Stunde später erreichen wir über<br />

die 4 / E75 die finnische Hauptstadt Helsinki.<br />

Der Dom, die Felsenkirche und die Uspenski-<br />

Kathedrale, die bedeutendste orthodoxe Kirche<br />

Finnlands, sind schon interessant, aber zumindest<br />

für uns genauso lohnend ist die alte<br />

Fischmarkthalle und der Wochenmarkt am Hafen,<br />

der eine besondere Art von Gemütlichkeit<br />

ausstrahlt.<br />

Dann wird es Zeit. Wir fahren hinüber zum<br />

Fährterminal, denn von Helsinki aus startet die<br />

Fähre zurück nach Travemünde. Während wir<br />

in die Nacht hineinfahren, gehen uns noch viele<br />

Gedanken und Erinnerungen an diese spannende<br />

<strong>Motorrad</strong>tour durch den Kopf, an die<br />

vielen interessanten Menschen, die wir getroffen<br />

haben, an ihre Gastfreundschaft, an die<br />

wechselvolle Geschichte und an die vielschichtige<br />

Natur in einem Gebiet, das mir durch Klaus<br />

Bednarz und sein Buch „Kreuz des Nordens“<br />

näher gerückt ist.<br />

Träume er-fahren ist das Motto von<br />

MOTTOUREN und das Programm 2<strong>01</strong>3<br />

zeigt das wieder. Neben eintägigen<br />

Fahrtrainings auf der Straße und Trainings<br />

sowie Reisen für große Enduros<br />

bietet das Team um Jürgen Grieschat<br />

wieder eine Reihe von sehr persönlichen<br />

<strong>Motorrad</strong>reisen, die von großer<br />

Kenntnis zeugen:<br />

Die Broschüre stellt ab sofort buchbare<br />

<strong>Motorrad</strong>-Reisen zwischen Andalusien<br />

und Russland vor. Einmal den Jakobsweg<br />

mit dem <strong>Motorrad</strong> bereisen,<br />

auf der Via Baltica den Osten erleben<br />

oder in Russisch Karelien unterwegs<br />

sein, Sibirien erfahren? Alle Touren<br />

sind für <strong>Motorrad</strong>fahrerinnen und <strong>Motorrad</strong>fahrer,<br />

die Freude daran haben,<br />

ungewöhnlich Schönes gemeinsam zu<br />

erleben, Neues zu entdecken und natürlich<br />

für alle, die gern mit dem <strong>Motorrad</strong><br />

auf interessanten Strecken abseits<br />

ausgetretener Pfade unterwegs<br />

sind. Die <strong>Motorrad</strong>reisen in den Osten<br />

und die Enduroreisen werden überwiegend<br />

mit einem Auto und zwei routinierten,<br />

ortskundigen Guides begleitet.<br />

Das aktuelle MOTTOUREN-Programm<br />

ist unter www.mottouren.de zu finden.<br />

Dort kann auch die Broschüre „<strong>Motorrad</strong><br />

2<strong>01</strong>3“ kostenfrei bestellt werden.<br />

34 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


Mein Name ist Adrian Campos und<br />

wir machen hunderte von <strong>Motorrad</strong>fahrten<br />

mit der Fotographin Jun<br />

Taiagja; momentan sind wir bei Fotosession<br />

vierunddreißig. Wie leben in Südostasien auf<br />

einer Insel namens Negros in der zentralen<br />

Inselgruppe Visayas in den Philippinen.<br />

Diese Gegend ist schön und überwiegend<br />

unberührt und daher ideal für Fahrten mit einer<br />

<strong>GS</strong> 1200. Natürlich gibt es hier viele Berge,<br />

Flüsse, Brücken, Wälder, und viele wunderbare<br />

Menschen. Exotische Gegenden sind<br />

direkt in der Nähe, und die meisten der Fotos<br />

sind bei reinen Nachmittagsausflügen entstanden.<br />

Man kann hier Hängebrücken und Flüsse<br />

überqueren, über Berge und durch Wälder<br />

fahren auf kurzen Strecken. Wenn ich mich<br />

nach Deutschland sehne, wo ich 2004 zum<br />

ersten Mal mit einer <strong>GS</strong> gefahren bin, dann<br />

kann ich hier eine Gegend finden, die fast genauso<br />

aussieht. Und wenn ich an Afrika denke,<br />

dann kann ich hier in meiner Heimat Gegenden<br />

finden, die fast wie Afrika aussehen.<br />

Und wie in Hawaii gibt es hier einen Vulkan<br />

genau in der Mitte des Landes, und wie am<br />

Amazonas findet man hier einen Wasserfall -<br />

und das alles auf einer einzigen Insel. Hier sind<br />

bis jetzt nur wenige touristische Touren unternommen<br />

worden. Meiner Erfahrung nach<br />

spielt es keine Rolle, wie lange eine Tour dauert,<br />

sondern das Wesentliche ist, was man dabei<br />

sieht und erlebt, wie man selbst und die<br />

Menschen, die man liebt, davon berührt werden.<br />

Welchen Beitrag leistet das Tourenfahren<br />

zur Gesellschaft? Und für die, die denselben<br />

Leidenschaften anhängen? Ihr könnt noch<br />

viele weitere unserer Fotos auf meinem Facebook-Profil<br />

ansehen. Wir haben uns entschieden,<br />

jede Tour in Bildern zu dokumentieren,<br />

um andere <strong>Motorrad</strong>fans, die nicht mitfahren<br />

konnten, in die Lage zu versetzen, sich einen<br />

Eindruck von unseren Erlebnissen zu machen.<br />

Wir sind hier weit von Dir entfernt, aber die<br />

Bilder bringen Dich zu uns und zu den Orten,<br />

die wir gesehen haben.<br />

Das Abenteuer wartet hier an der Türschwelle.<br />

Man hält an einem Wald, einer Brücke,<br />

einem Berg an und macht Fotos und kann<br />

sie mit anderen teilen. So bleibt die Liebe zum<br />

Abenteuer wach bis zur nächsten Tour.<br />

Adrian Campos


<strong>GS</strong>:GESPANN<br />

42 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


<strong>GS</strong>:GESPANN<br />

Gestern und heute<br />

Text: Martin Franitza Bilder: Heidi & Martin Franitza<br />

Zugegeben, der Titel »Gestern und heute« hört<br />

sich auf BMW-<strong>GS</strong>-1200-Gespanne bezogen<br />

komisch an. Denn ein 1200er Boxer-<strong>Motorrad</strong><br />

mit „gestern“ in Verbindung zu bringen, wird dem<br />

Topseller unter den Motorrädern nicht gerecht. In unserem<br />

Fall geht es jedoch um das erste und technologisch<br />

betrachtet letzte <strong>GS</strong>-1200-Gespann der niederbayerischen<br />

Gespannfirma Stern.<br />

MÄRZ 2<strong>01</strong>3<br />

<strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN<br />

43


<strong>GS</strong>:GESPANN<br />

Neu bei EZS: Der Munro-Beiwagen macht neben der <strong>GS</strong> eine gute Figur.<br />

Praktisch: Der Einstieg öffnet nach hinten. Bei Regen deckt die geöffnete Klappe mit<br />

dem Verdeck den Sitzbereich ab.<br />

Mit dem wassergekühlten Motor fängt<br />

eine neue Boxer-Generation an. Das war<br />

jedoch bei der Präsentation des 1200er<br />

Motors ebenso, zumindest für uns Gespannfahrer.<br />

Der Grund für diese Betrachtungsweise<br />

ist kompliziert: Das Canbus-<br />

System. Denn diese Technologie<br />

bereitete den Gespannherstellern anfangs<br />

ganz schön Kopfzerbrechen. Deswegen<br />

dauerte es auch geraume Zeit, bis das erste<br />

1200er <strong>GS</strong>-Gespann auf der Straße zu<br />

sehen war. Damals war das eine von der<br />

Firma Stern aufgebaute <strong>GS</strong> mit EZS-Fahrwerk<br />

und Munro-Beiwagen,<br />

Die Begeisterung für das Gespann las<br />

sich vor über 6 Jahren so:<br />

Es gibt Gespanne, die begeistern auf<br />

den ersten Blick, ohne einen Meter zurückgelegt<br />

zu haben. Das EZS-Munro-Gespann<br />

gehört ohne Zweifel dazu – zumindest<br />

für mich. Aber kann man einen<br />

Meilenstein wie das legendäre BMW R<br />

1100 <strong>GS</strong> Nordkap-Gespann übertrumpfen?<br />

Schon die 1150er hatte an dem Nimbus<br />

der 1100er stark zu knabbern. Doch<br />

die technischen Features der <strong>GS</strong> 1200 und<br />

44 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


<strong>GS</strong>:GESPANN<br />

GESTERN UND HEUTE<br />

der neue EZS-Umbausatz sind so viel versprechend<br />

wie die vielen Tests in <strong>Motorrad</strong>-Zeitschriften,<br />

bei denen die <strong>GS</strong> im Vergleich<br />

zum Sieger gekürt wurde.<br />

Alles ist neu, alles ist besser. Ohne Zweifel<br />

mag das für das Solomotorrad zutreffen.<br />

Aber im Gespannbetrieb stehen die<br />

Vorzeichen anders. Eine Antwort kann nur<br />

die praktische Erfahrung bringen.<br />

Das neue Chassis der BMW forderte einen<br />

neuen maschinenseitigen Umbausatz.<br />

Der Stahlgitterrohrrahmen der BMW erhält<br />

die typischen Verstärkungen für Gespannbetrieb.<br />

Der Telelever wird stillgelegt<br />

und dafür eine geschobene Schwinge<br />

eingebaut. Neu ist das 16-Zoll-Hinterrad.<br />

Damit umgeht Albert Engbers die Probleme,<br />

die bei der 1150 <strong>GS</strong> mit dem 15-Rad<br />

auftauchten und einen großen Spurversatz<br />

erforderten.<br />

Ein niederquerschnittiger Reifen der Dimension<br />

185/50 x 16 verhindert, dass die<br />

Übersetzung für Gespannbetrieb zu lang<br />

wird. Wie auch bei der 1150er wird der<br />

sechste Gang als spritsparender Overdrive<br />

definiert. Bis über 6000 U/min dreht<br />

der Motor. Die Tachonadel peilt dann die<br />

180 km/h-Marke an. Rechnerisch beträgt<br />

die Tachomissweisung gerade mal 7 Prozent.<br />

Die tatsächliche Geschwindigkeit errechnen<br />

wir mit knappen 170 km/h. Im<br />

fünften Gang orgelt man nur den Motor in<br />

für BMW astronomische Drehzahlen, aber<br />

schneller fährt man auch nicht.<br />

Die Spurbreite fällt<br />

mit 1430 Millimetern<br />

ganz schön<br />

happig aus. Bei voller<br />

Beladung darf<br />

man diesen Hebelarm<br />

nicht unterschätzen.<br />

EZS-Standard: Geschobene<br />

Vorderradschwinge.<br />

Keine<br />

gute Lösung: Das<br />

ABS bleibt erhalten.<br />

Schön: Das Design<br />

des BMW-Kotflügels<br />

findet sich auch am<br />

EZS-Kotflügel.<br />

Unsere Testfahrt führt uns nach Friedrichshafen<br />

zur Messe Outdoor. Kleine, kurvenreiche<br />

Straßen führen uns zur Autobahn.<br />

Die Sitzposition auf dem <strong>Motorrad</strong><br />

passt. Die Fußrasten sind gegenüber der<br />

1150er <strong>GS</strong> um 30 Millimeter tiefer angebracht<br />

und der Lenker ist etwas schmäler.<br />

Der Kniewinkel ist entspannter. Die erste<br />

Pause wird wohl mit dem ersten Tankstopp<br />

zusammenfallen.<br />

Die schmale Silhouette der BMW und<br />

das geschickte Kaschieren der Beiwagenbreite<br />

durch die Karosserieform verbirgt<br />

die enorme Spurbreite von 1430 Millimetern.<br />

Die Lenkung verhindert, dass man in<br />

Kurven zuviel arbeiten muss. In Rechtskurven<br />

läuft das Dreirad sowie so von allein<br />

und in Linkskurven übt man eben<br />

Druck auf den Lenker aus. Eine leichte<br />

In den ersten Jahren<br />

konnte die 1200er<br />

gegen ihre ältere<br />

Schwester <strong>GS</strong> 1150<br />

nicht punkten. Doch<br />

seit etwa drei Jahren<br />

werden 1200er-<strong>GS</strong>-<br />

Gespanne wie am<br />

Fließband<br />

produziert.<br />

MÄRZ 2<strong>01</strong>3<br />

<strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN<br />

45


<strong>GS</strong>:GESPANN<br />

Für schwere Lasten ist der Frontgepäckträger in der Serienausstattung nicht geeignet.<br />

Einen Reservereifen kann man aber problemlos transportieren.<br />

Auch die Seitenansicht offenbart ein harmonisches Gesamtkonzept.<br />

Spurrillenempfindlichkeit kann man nicht<br />

abstreiten.<br />

Ein Lastwagen verhindert unser zügiges<br />

Vorwärtskommen. Aber nur für kurze Zeit.<br />

Ab 3500 U/min stellt der Motor über 115<br />

Newtonmeter Drehmoment zur Verfügung<br />

und der LKW ist schnell überholt.<br />

Mit Autobahnrichtgeschwindigkeit fahren<br />

wir über München Richtung Ulm. Die<br />

Tankanzeige geht nun schneller in den Keller.<br />

Mit Aufleuchten der Reservenanzeige<br />

schaltet das Display um und die Bordelektronik<br />

rechnet aus, wie viel Kilometer bis<br />

zum endgültigen Liegenbleiben noch gefahren<br />

werden können. Mit dem letzten<br />

Tropfen erreichen wir den Rasthof bei<br />

Augsburg. 8,4 Liter Super verlangt der<br />

Motor für diese Etappe. Mit ähnlichen Verbrauchswerten<br />

erreichen wir Friedrichshafen.<br />

Die Messe ist vorbildlich organisiert und<br />

46 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


<strong>GS</strong>:GESPANN<br />

GESTERN UND HEUTE<br />

wir finden auf unserem Rundgang einige<br />

interessante Ausrüstungsgegenstände für<br />

Gespannfahrer. Dunkle Gewitterwolken<br />

verfolgen uns auf der Heimfahrt. Nach<br />

Langenau holen Sie uns endgültig in sekundenschnelle<br />

ein. Die erste Autobahnbrücke,<br />

unter der wir das Verdeck montieren<br />

wollen, ist bereits von einem<br />

Mega-Comete besetzt. Gerade noch erreichen<br />

wir eine Raststätte, dann setzt ein<br />

regnerisches Inferno ein. Wie aus Kübeln<br />

geschüttet hat die immense Wassermenge<br />

keine Zeit abzulaufen. Schnell ist das<br />

Verdeck montiert. Der Bügel wird nur eingesteckt,<br />

das Verdeck vorn in eine Schiene<br />

gezogen und hinten mittels Druckknöpfen<br />

fixiert. Wir wagen uns wieder auf die<br />

Straße. Das Verdeck ist dicht, nicht jedoch<br />

die Frontklappe und der Kofferraum. Von<br />

vorn drückt der Fahrtwind das Wasser<br />

durch die Dichtung. Ein Montagefehler soll<br />

die Ursache sein.<br />

Bis wir endlich wieder im Trockenen<br />

sind, müssen wir noch fünf weitere Gewitter<br />

über uns ergehen lassen. Das langsamere<br />

Fahren belohnt der Motor mit einem<br />

Benzinverbrauch von 7 Litern auf 100 Kilometer.<br />

Auch wenn wir während der Fahrt<br />

keine Bedenken haben, wegen Benzinmangel<br />

liegen zu bleiben – immerhin ist<br />

das Tankstellennetz dicht genug in<br />

Deutschland - vermissen wir den größeren<br />

Tank der 1100er bzw. 1150 <strong>GS</strong>. Wie wir<br />

aus zuverlässiger Quelle erfahren konnten,<br />

soll nächstes Jahr die BMW mit einem<br />

größeren Tank ausgeliefert werden. Anscheinend<br />

sind wir nicht allein mit dem<br />

Wunsch nach einem größeren Spritfass.<br />

Ist die BMW R 1200 <strong>GS</strong> wieder ein tolles<br />

Gespannmotorrad und kann sie die<br />

dritte Runde für sich entscheiden? Sie ist<br />

für mich ohne Zweifel der beste Boxer von<br />

allen, wenn es die Gespannfrage zu beantworten<br />

gilt. Dennoch müssen R 1150 <strong>GS</strong>-<br />

Besitzer ihr Bike nicht zum Alteisen bringen.<br />

Denn sie haben ein <strong>Motorrad</strong>, das mit<br />

einigen Features glänzt, die man bei der<br />

1200er vergeblich sucht: Sie hat einen größeren<br />

Tank, das ABS kann man ausbauen<br />

und man erreicht ähnliche Fahrleistungen.<br />

John DeEre<br />

stand Pate<br />

Sechs Jahre später haben wir die Möglichkeit,<br />

mit der neuen Generation von<br />

Stern-Gespannen auf Basis der <strong>GS</strong> ausführlich<br />

Erfahrung zu sammeln. Neben der<br />

hauseigenen Achsschenkellenkung sind<br />

an dem gelb-grünen Gespann auch<br />

16-Zoll-Niederquerschnittsreifen mon-<br />

Die <strong>GS</strong> mit Achsschenkellenkung<br />

bietet den höheren<br />

Fahrspaß.<br />

MÄRZ 2<strong>01</strong>3<br />

<strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN<br />

47


<strong>GS</strong>:GESPANN<br />

GESTERN UND HEUTE<br />

tiert. Das Fahrwerk lässt die Abstimmung<br />

für reinen Straßenbetrieb vermuten. Dennoch<br />

macht die üppige Bodenfreiheit auch<br />

das Befahren von Feldwegen möglich. Die<br />

Lenkung ist so eingestellt, dass sie mit geringem<br />

Nachdruck dirigiert werden muss.<br />

Für Einsteiger ist das durchaus von Vorteil,<br />

denn durch den Kraftaufwand schätzt<br />

man die Kurvengeschwindigkeit höher<br />

ein. Erfahrene Gespanntreiber werden<br />

eine leichtere Einstellung bevorzugen.<br />

Der RXS-Beiwagen ist für die <strong>GS</strong> die<br />

bessere Wahl. Er baut schmäler. Deswegen<br />

kann das Gespann mit geringerer<br />

Spurbreite aufgebaut werden. Diese Tatsache<br />

und der durch die Achsschenkellenkung<br />

längere Radstand sind dafür verantwortlich,<br />

dass die „Grüne“ das<br />

angenehmere Fahrverhalten hat. Der Geradeauslauf<br />

und die Kurvengenauigkeit<br />

sind stabiler.<br />

Von der ersten umgebauten 1200er <strong>GS</strong><br />

bis heute ist viel Wasser die Donau hinab<br />

geflossen. In der Gespannszene gab es<br />

die ABS-Diskussion, das Abgasdilemma<br />

bei Euro3-Motorrädern, den TÜV-Konflikt<br />

und das Zulassungsschlamassel in Hessen.<br />

Obwohl das alles auch <strong>GS</strong>-Gespanne<br />

betraf, ist das Interesse der <strong>GS</strong>-Gemeinde<br />

am dritten Rad ungebrochen. Man<br />

könnte den Eindruck bekommen, dass die<br />

<strong>GS</strong> der Fels in der Brandung ist – und<br />

wenn nicht die <strong>GS</strong>, dann aber auf alle Fälle<br />

BMW, denn die bayerische <strong>Motorrad</strong>marke<br />

ist bei den Gespannzugmaschinen<br />

die absolute Nummer Eins.<br />

Die Achsschenkellenkung<br />

integriert<br />

sich sehr gut in das<br />

Gesamtkonzept.<br />

Hier hat sich die Firma<br />

Stern sehr viel<br />

Mühe gegeben, ein<br />

ansprechendes<br />

Design zu schaffen<br />

Gegenüber der<br />

EZS-BMW mit Munro-Beiwagen<br />

baut<br />

die Stern-BMW um<br />

etwa sechs Zentimeter<br />

schmäler.<br />

UNTEN: 16“-Bereifung<br />

hat sich erst<br />

seit einigen Jahren<br />

bei Gespannumbauten<br />

durchgesetzt.<br />

Wegen der<br />

Übersetzungsproblematik<br />

sind diese<br />

Reifengrößen jetzt<br />

immer öfter zu<br />

sehen.<br />

PREISE<br />

Der preiswerteste Umbau einer 1200er <strong>GS</strong> zum Gespann<br />

stammt von der holländischen Firma Tripteq.<br />

Bei den beiden hier gezeigten Gespanne wurde wesentlich<br />

mehr Aufwand getrieben. Das 15“-Schwingenfahrwerk<br />

mit Munro-Beiwagen kostet je nach Ausstattung<br />

ab etwa 16.900 Euro. Für den Umbau mit<br />

Achsschenkellenkung muss etwa die gleiche Summe<br />

kalkuliert werden. Die etwas teurere Lenkung wird<br />

durch den preisgünstigeren Beiwagen wett gemacht.<br />

Der Preis kann durch aufwändige Lackierung, Zubehör<br />

und Ausstattung locker bis 25.000 Euro und mehr<br />

getrieben werden. Sparen sollte man jedoch keinesfalls<br />

bei den Federelementen. Federbeine beeinflussen<br />

nachhaltig ein sicheres Fahrverhalten. Zudem<br />

sollte das Hobby für die ganze Familie und der einhergehende<br />

Fahrspaß nicht durch eine falsche Sparmaßnahme<br />

getrübt werden.<br />

48 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


<strong>GS</strong>:GESPANN<br />

SIDECAR TRAVELLER<br />

BMW MOTORRAD<br />

Single-Wire-System (SWS)<br />

Eine Besonderheit bei der R 1200 <strong>GS</strong> ist die komplett<br />

neue Gestaltung der Fahrzeugelektrik. Hinter der griffigen<br />

Bezeichnung „Single-Wire-System“ verbirgt sich<br />

ein Bordnetzkonzept unter Einsatz von Elektronik und<br />

der so genannten CAN-Bus-Technologie (Controller<br />

Area Network). Dieses Netz bietet bei reduziertem Kabelaufwand<br />

einen erheblich erweiterten Funktionsumfang<br />

gegenüber herkömmlichen Bordnetzen. Informationen<br />

werden in diesem Netz nur noch über einen<br />

Pfad (daher „single-wire“) übertragen. Real ist dieser<br />

Pfad als Zweileitungssystem ausgeführt. Neben der<br />

Funktionsvielfalt sind Gewichtseinsparungen beim Kabelbaum,<br />

hohe Störsicherheit und volle Diagnosefähigkeit<br />

die wesentlichen Vorzüge dieser intelligenten<br />

Kombination von Elektrik und Elektronik. Möglichkeiten<br />

zu einer flexiblen Systemerweiterung bestehen<br />

teilweise schon durch einfache Neuprogrammierung<br />

(„update“).<br />

Das Grundprinzip ist, dass alle Steuergeräte, Sensoren<br />

und Verbraucher über einen einzigen, gemeinsamen<br />

Leitungspfad zu einem Netz zusammen¬geschaltet<br />

sind, durch das alle Signale unabhängig von ihrer späteren<br />

Funktion laufen. In diesem Netz stehen damit<br />

sämtliche Informationen immer für alle angeschlossenen<br />

Komponenten zur Verfügung. Die Signalzuordnung<br />

und gezielte Weiterleitung an die Verbraucher erfolgt<br />

an Knotenpunkten, in der Elektronik eines<br />

jeweiligen Steuergerätes. Dort werden die Signale beziehungsweise<br />

die Informationen verarbeitet und danach<br />

die gewünschten Funktionen im Verbraucher angesteuert.<br />

Die aufwändige Verkabelung jeder<br />

Einzelfunktion mit einer eigenen Leitung kann entfallen.<br />

Damit reduzieren sich auch potentielle Fehlerquellen<br />

herkömmlicher Bordnetze aufgrund ihrer Leitungsvielfalt;<br />

ein wichtiger Faktor für eine umfassend hohe<br />

Zuverlässigkeit.<br />

Alle Steuergeräte stehen untereinander in einem Verbund,<br />

können miteinander kommunizieren und bidirektional<br />

Daten austauschen. Eine einfache und umfassende<br />

Diagnose des Gesamtsystems kann somit<br />

zentral durchgeführt werden. Die Elektronik filtert<br />

durch entsprechende Programmierung unwichtige Daten<br />

und Störsignale innerhalb einer definierten Toleranz<br />

aus, was die Unempfindlichkeit zum Beispiel gegen<br />

elektromagnetische Einstreuungen erhöht.<br />

Insgesamt kommen bei der R 1200 <strong>GS</strong> in der Serienausstattung<br />

drei Steuergeräte (das Instrumentenkombi<br />

hat die Funktion eines Steuergerätes) zum Einsatz.<br />

Das Steuergerät der Digitalen Motorelektronik (BMS-<br />

K) ist nicht nur für die weiter oben beschriebene Motorsteuerung<br />

zuständig, es übergibt auch sämtliche<br />

Daten der zentralen Diagnose. Die zentrale Fahrgestell-<br />

Elektronik (ZFE) ist für die Steuerung der nicht-motorspezifischen<br />

Elektrik zuständig. Hat ein Fahrzeug Integral-ABS<br />

und Diebstahlwarnanlage, sind deren<br />

Steuergeräte ebenfalls in das Netz eingebunden.<br />

Das gesamte Bordnetz kommt ohne herkömmliche<br />

Schmelzsicherungen aus. Bei Kurzschluss oder Fehlfunktion<br />

schaltet die Elektronik die betreffende Funktion<br />

einfach ab. Der Fehler kann bei einer Diagnose gezielt<br />

und schnell geortet werden. Von einem<br />

eventuellen Ausfall sind die anderen Funktionen nicht<br />

betroffen. Relaisfunktionen werden ebenfalls von den<br />

Steuergeräten übernommen. Lediglich der Anlasser<br />

wird weiterhin über ein herkömmliches Relais angesteuert.<br />

* Test<br />

* Technik<br />

* Tipps<br />

* Vergleich<br />

* Reisen<br />

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Sonderheft BMW-Gespanne<br />

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MÄRZ 2<strong>01</strong>3 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN 49


TECHNIK<br />

KUPPLUNG<br />

50 <strong>GS</strong> | MOTORRAD MAGAZIN MÄRZ 2<strong>01</strong>3


TECHNIK<br />

KUPPLUNG<br />

Sinn oder Unsinn?<br />

Wer gerne auf Schotterstraßen in den Alpen unterwegs ist, dem kommt folgende<br />

Situation vielleicht bekannt vor. An steilen Auffahrten kann es vorkommen,<br />

dass die Kupplung ziemlich schnell zu stinken anfängt, insbesondere, wenn das<br />

<strong>Motorrad</strong> schwer beladen ist. Lohnt sich die Umrüstung auf eine Sintermetallkupplung? Ist<br />

man damit auf der sicheren Seite?<br />

Die Kupplung der BMW R 850/1100/1150 <strong>GS</strong> ist<br />

für eine normale Beanspruchung ausgelegt. Heute<br />

betrachten wir die Kupplung vom Standpunkt<br />

des Gespannfahrers. Denn das hat einen nicht<br />

weg zu diskutierenden Vorteil: Durch das wesentlich<br />

höhere Leer- bzw. zulässige Gesamtgewicht<br />

eines Gespannes unterliegen solche Komponenten<br />

einer wesentlich stärkeren Belastung und einem<br />

höheren Verschleiß. Teile können hinsichtlich<br />

ihrer Haltbarkeit schneller und besser beurteilt<br />

werden. Auf einen Nenner gebracht: Was sich im<br />

Gespannbetrieb bewährt, taugt für die Solomaschine<br />

zweimal.<br />

Sogar in Solofahrerkreisen ist bekannt, dass die<br />

originale BMW-Kupplung im Offroad-Einsatz und<br />

Sportbereich den höheren Anforderungen nicht<br />

gewachsen ist. Zitat aus dem Online-Katalog von<br />

Touratech: „…und kann sich binnen weniger Sekunden<br />

komplett zerstören. Beschleunigungsversuche<br />

oder zügiges Fahren auf engen und steilen<br />

Bergstraßen lassen sehr schnell einen deutlich<br />

stinkenden Geruch aus der Kupplungsgegend<br />

vernehmen.“<br />

Das musste der Autor auch schon bei der 1998er<br />

Winterfahrt zum Nordkap feststellen. „Wir hatten<br />

das Duo-Drive-Gespann im Tiefschnee eingegraben.<br />

Die Kupplung stank schon bedenklich, so<br />

dass wir es aufgaben, das Gespann mit der eigenen<br />

Motorkraft zu befreien. Mit einer stärkeren<br />

Kupplung wäre das mit Hilfe des Beiwagenrad-<br />

Antriebs vielleicht möglich gewesen.“<br />

Unserer Ansicht nach ist eine Sintermetallkupplung<br />

robuster und für den anspruchsvollen Gespanneinsatz<br />

empfehlenswert. Die Sintermetallbeläge<br />

weisen einen um 15 Prozent höheren<br />

Reibwert auf und übertragen bei gleicher Größe<br />

ein höheres Drehmoment. Zudem sind sie temperaturstabiler.<br />

Allerdings liegen die Kosten deutlich<br />

höher als die der originalen Kupplungsscheibe.<br />

Beim Einbau der Touratech-Kupplung gibt es einiges<br />

zu beachten: Da die Sinter-Kupplungsscheiben<br />

bei bestimmten Modellen stärker als die entsprechenden<br />

Original-Kupplungsscheiben sind<br />

(R 100 <strong>GS</strong> plus 1 mm, R 850/1100<strong>GS</strong> plus 1,5 mm,<br />

R 1150 <strong>GS</strong> plus 1,2 mm, R1200<strong>GS</strong> ohne), müssen<br />

als Ausgleich entsprechend starke Distanzscheiben<br />

zwischen Gehäusedeckel und Tangentialblattfedern<br />

der Anpressplatte eingebaut werden.<br />

Eventuell müssen auch längere Schrauben verwendet<br />

werden.<br />

Da die Kupplung jetzt entsprechend höher baut,<br />

ist auf ausreichenden Freigang zum Getriebe zu<br />

achten. Die Distanzscheiben dürfen frühestens<br />

wieder ausgebaut werden, wenn die Kupplung<br />

auf das Originalmaß abgenutzt ist. Andernfalls<br />

würde die Membranfeder zu stark vorgespannt,<br />

was wiederum die Anpresskraft verringert und<br />

dadurch die Übertragungsfähigkeit der Kupplung<br />

vermindert. Die Druckplatten müssen neuwertig<br />

sein oder ebenfalls ersetzt werden.<br />

Auch Lucas bietet eine Sintermetallkupplung für<br />

verschiedene BMW-Modelle an. Sie ist zum Beispiel<br />

in den Katalogen der Firmen Wunderlich<br />

oder Israel zu finden. In der technischen Ausführung<br />

entspricht sie weitgehend der Originalkupplung.<br />

Die Touratech-Kupplung kostet 391 Euro. Die Firma<br />

Wunderlich und Motorenspezialist Israel bieten<br />

die Lucas-Sintermetallkupplung zum Preis<br />

von 179 Euro an. Für den Einbau bei einem Händler<br />

muss man für ein Solomotorrad ab etwa 380<br />

Euro kalkulieren.<br />

Fazit: Unsere R-1150-<strong>GS</strong>-Gespanne wurden beim<br />

Aufbau mit Touratech-Sintermetall-Kupplungen<br />

ausgestattet. Mittlerweile haben die Gespanne<br />

etwa 25.000 Kilometer mehr auf der Uhr. Mit Bravour<br />

haben sie eine Reise nach Marokko überstanden.<br />

Wie weit auf der Rückfahrt das zulässige<br />

Gesamtgewicht von 750 Kilogramm<br />

überschritten wurde, darf ein Geheimnis bleiben.<br />

Auf alle Fälle beweist das die uneingeschränkte<br />

Gespanntauglichkeit.<br />

red.<br />

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UMBAUTEN<br />

gs:streetfighter<br />

Vom BMW Tourer z<br />

Walter Mäder, der Tüftler, Bastler und<br />

Streetfigter-Bauer: Nicht gerade ein<br />

Schweizer wie man ihn sich vorstellt.<br />

Mit milwaukee-heaven.ch betreibt er<br />

seinen Internet-Shop mit exclusiven<br />

Teilen.<br />

Eben von BMW bis zum Cafè Racer.<br />

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UMBAUTEN<br />

gs:streetfighter<br />

um G/S Cafè-Racer<br />

»Lange schon war es mein Traum,<br />

aus einem ganz biederen <strong>Motorrad</strong> ein<br />

völlig neues zu erschaffen,<br />

ohne dabei aber maSSgeblich<br />

ins Fahrwerk eingreifen zu müssen.<br />

Dass ausgerechnet eine BMW R 80 RT<br />

das Opfer werden würde,<br />

war eigentlich reiner Zufall.«<br />

Text: Cubo Bisiani, Fotos: Horst Rösler<br />

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UMBAUTEN<br />

gs:streetfighter<br />

Ich besaß damals eine Suzuki <strong>GS</strong>X-R<br />

750, die ich eingetauscht hatte; leider<br />

passte sie aber überhaupt nicht zu mir.<br />

Also klapperte ich die Händler ab bis ich<br />

einen fand, der meine Suzuki gegen eine<br />

BMW R 80 RT eintauschte. Zuhause angekommen,<br />

kümmerte ich mich gleich<br />

darum, die BMW von allem möglichen<br />

Schnickschnack zu befreien. Sämtliche<br />

Plastikteile, die meiner Vorstellung von einem<br />

idealen <strong>Motorrad</strong> im Wege waren,<br />

mussten weg. Außer meinen Augen freut<br />

sich inzwischen auch die Waage: 190 Kilogramm<br />

fahrfertig sind ein sehr erfreuliches<br />

Ergebnis. Der Motor präsentierte<br />

sich von Anbeginn in einem hervorragenden<br />

Zustand und wurde deshalb nur neu<br />

abgestimmt, außerdem bekam er einen<br />

großen Service spendiert.<br />

Natürlich mussten die Supertrapp-Auspuffanlage<br />

und der Motor aufeinander abgestimmt<br />

werden. Dies ist mit Hilfe von<br />

Prallblechen möglich, sofern man weiß,<br />

wie man eine Auspuffanlage zum Motor<br />

hin abstimmt.<br />

Daraufhin wurde ein völlig neuer Heckrahmen<br />

hergestellt und darum herum ein<br />

Höcker aus GFK gezimmert. Da ich keine<br />

Blinker brauche, konnte das Heck absolut<br />

clean gehalten werden. Auch die Nummernschild-Halterung<br />

sollte nicht, wie bei<br />

Custombikes üblich, auf der linken Seite<br />

sein, sondern rechts montiert werden.<br />

Das kombinierte Rücklicht ist eine Replika<br />

aus den 20er Jahren.<br />

Natürlich musste auch der riesige Lenker<br />

weichen. Statt seiner wurde ein Endurolenker<br />

montiert, dessen Strebe ich demontiert<br />

hatte. Er wurde um 180 Grad<br />

gedreht befestigt. Der Vorteil dieses Vorgehens<br />

liegt auf der Hand: Der Lenker ist<br />

zugelassen, so gibt’s keine Diskussionen.<br />

Die Tacho-Drehzahleinheit sollte einem<br />

klassischen Instrument von Motogadget<br />

weichen. Ich habe mich für einen reinen<br />

Analogtacho entschieden, der einige Zusatzfunktionen<br />

bietet. Das Windschild<br />

kommt aus der Engländerfraktion und<br />

musste massiv angepasst werden. Flugs<br />

wurden dann vorne noch Faltenbälge über<br />

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UMBAUTEN<br />

gs:streetfighter<br />

Komplett neu gefertigter Heckrahmen inklusive Nummernschildhalterung, rechts angeschlagen. Rücklicht eine Replika aus den 20er<br />

Jahren mit einem Stop-Zeichen im Glas. Ventildeckel rund, aus dem Hause Siebenrock. Supertrapp Racing Dämpfer mit Reduzierungen<br />

an den Orginalkrümmern.<br />

Typisch Racer Style: Enduro Lenker Tomaselli ohne Strebe um 180 Grad verdreht montiert, für eine tiefe Linienführung.<br />

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UMBAUTEN<br />

gs:streetfighter<br />

Original Hinterrad, schwarz-glanz-pulverbeschichtet.<br />

Klarglas Scheinwerfer<br />

schwarz pulverbeschichtet.<br />

Windschild von einer Norton<br />

Manx Replika. Musste extrem<br />

angepasst werden.<br />

Windschildhalterung in Eigenkonstruktion<br />

aus Chromstahl.<br />

Vorderrad Schutzblech in Eigenfertigung mit Sicke. Länge 300 mm.<br />

Schutzblech angebracht am Gabelstabilisator.<br />

Faltenbälge von einer Honda XL 500. Stahlflex-Bremsleitungen.<br />

die Gabelstandrohre gezogen, ein komplett<br />

neues Vorderrad-Schutzblech gedengelt<br />

und ein runder Klarglas- Scheinwerfer<br />

montiert.<br />

Auch musste eine passende Farbe her.<br />

Drei kamen in Frage: Schwarz, schwarz<br />

oder schwarz. Auch die Felgen wurden<br />

schwarz glänzend pulverbeschichtet.<br />

Dann noch die passenden Reifen aufgezogen<br />

und fertig war der Umbau.<br />

Ab zur ersten Probefahrt: Meine Herren!<br />

Wenn jemand behaupten sollte, auf<br />

einer Ducati 916 sitze man extrem sportlich<br />

(um nicht zu sagen: sehr gebückt), der<br />

hat diese BMW noch nicht gefahren. Es<br />

zieht dich förmlich über den Tank oder,<br />

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UMBAUTEN<br />

gs:streetfighter<br />

Motogadget Tacho Model<br />

Tiny. Analog in der Anzeige,<br />

digital im Innenleben.<br />

BMW Zündschloss ersetzt<br />

durch vollelektronisches<br />

Zündschloss.<br />

Gestartet wird über Chip.<br />

Der Konstrukteur:<br />

Walter Mäder.<br />

Bezeichnet sich selbst als<br />

„untypischer BMW-Fahrer“.<br />

Der gelernte Maschinemechaniker,<br />

mit Zusatzausbildung<br />

zum Schlosser und Schweißer,<br />

ist im Mai 1969 in der<br />

Schweiz, genauer gesagt im<br />

Kanton Bern, im Ort Mühleberg<br />

geboren und aufgewachsen.<br />

Im Lenker via Adapter eingelassen:<br />

Der Rückspiegel. Wie<br />

vieles an diesem <strong>Motorrad</strong> entstammt<br />

dieser auch der eigenen<br />

Idee vom Erbauer Mäder.<br />

Die Griffe allerdings kommen<br />

aus dem Hause LSL.<br />

besser gesagt, Du liegst mehr auf dem<br />

Tank. Die Bereifung attackiert permanent<br />

die Plomben in den Zähnen. Touren über<br />

200 Kilometer Strecke sind möglich, sofern<br />

man über eine Titan-Wirbelsäule verfügt.<br />

Es ist also ein richtiger <strong>GS</strong> Cafè-Racer<br />

für ein paar schnelle Runden rund ums<br />

Dorf geworden. Dabei darf man sich – notfalls<br />

– sogar mal kontrollieren lassen: Den<br />

mein Umbau weist eine offizielle Straßenzulassung<br />

auf, obwohl die Prüfer anfangs<br />

noch die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen<br />

haben.<br />

Komplett selbst hergestelltes Heck aus GFK.<br />

Der Sitz ist selbst gefertigt, mit schwarzem<br />

Kunstleder überzogen und abgesteppt. Roter Keder als<br />

Abschluß in Verbindung zum roten Zierstreifen im Tank.<br />

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