KOMpass – Ausgabe 7 / 3. Quartal 2013
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Initiative Übernahme!<br />
Der ganz normale<br />
Wahnsinn!<br />
Der Kampf von LeiharbeiterInnen um<br />
bessere Arbeitsbedingungen<br />
Teilweise seit über 8 Jahren arbeiten über 1.000 KollegInnen,<br />
ArbeiterInnen und Angestellte, im Allgemeinen Krankenhaus<br />
(AKH) in Wien auf den Stationen Seite an Seite mit Gemeindebediensteten<br />
als Leih- bzw. ZeitarbeiterInnen über den Arbeitskräfteüberlasser<br />
„AGO“. Sie sind als HausarbeiterInnen,<br />
AbteilungshelferInnen, Ver- und EntsorgerInnen, KrankenträgerInnen,<br />
OP-GehilfInnen und andere Berufsgruppen im AKH<br />
tätig. Größtenteils verrichten sie die gleichen Tätigkeiten und<br />
trotzdem gelten für sie andere Gesetze, unterschiedliche Arbeitsverträge<br />
und schlechtere Arbeitsbedingungen.<br />
Arbeitsplätze in Gefahr<br />
Das AKH Wien plant eine Umstellung des Reinigungsbetriebs<br />
von Leiharbeit auf Fremdvergabe. Die Neuausschreibung des Reinigungsauftrags<br />
für externe Reinigungsfirmen wird demnächst<br />
anlaufen bzw. hat zum Teil schon begonnen. Dadurch kommen<br />
auf die LeiharbeiterInnen in der Reinigung massive Verschlechterungen<br />
zu. Auch die Qualität und die Gewährleistung einer ordentlichen<br />
Versorgung im Krankenhaus sind in Gefahr.<br />
LeiharbeiterInnen sind seit der letzten Gesetzesnovelle Anfang<br />
<strong>2013</strong> in etlichen Bereichen den fest Angestellten zumindest formal<br />
gleich gestellt. Diese Gleichstellung muss nun aber auch<br />
erst durch den <strong>–</strong> nach langen Kämpfen endlich anerkannten <strong>–</strong><br />
Betriebsrat durchgesetzt werden (<strong>KOMpass</strong> berichtete in der<br />
letzten <strong>Ausgabe</strong>). Durch die Umstellung auf Fremdvergabe an<br />
eine externe Reinigungsfirma ist einerseits gar nicht geklärt,<br />
ob die neue Firma die bestehenden Beschäftigten übernimmt.<br />
Andererseits sind Kollektivvertrag und Arbeitsbedingungen<br />
bei Reinigungsfirmen deutlich schlechter und alleine durch die<br />
zu erwartende niedrigere Entlohnung für viele KollegInnen<br />
existenzbedrohend. Die Umstellung von Leiharbeit, die in den<br />
Krankenhausbetrieb eingegliedert ist, auf externe Reinigung<br />
bedeutet auch die weitere Auslagerung eines Krankenhausbereichs<br />
aus den Händen der Gemeinde Wien in die Privatwirtschaft,<br />
wo Profit vor Qualität geht. Dadurch wird die Kontrolle<br />
über die Hygiene von der Gemeinde abgegeben.<br />
Die Forderungen:<br />
- Übernahme aller AGO-KollegInnen in ein Dienstverhältnis<br />
zur Gemeinde Wien im AKH/KAV!<br />
- Sichere Arbeitsplätze und faire Arbeitsbedingungen und<br />
Entlohnung für alle!<br />
- Keine Umgehung von Dienst- und Arbeitsrechten durch Einsparungen,<br />
Fremdvergaben, Leiharbeit und Privatisierungen!<br />
Zeige auch du dich solidarisch und unterstütze die Petition:<br />
initiativeuebernahme.wordpress.com<br />
www.facebook.com/initiative.uebernahme<br />
Solidaritätserklärung von KOMintern:<br />
Insourcing statt Outsourcing im Wiener Krankenanstaltenverbund!<br />
Die Kommunistische Gewerkschaftsinitiative International (KOMintern) erklärt ihre uneingeschränkte Solidarität mit den<br />
Beschäftigten der AGO im Wiener AKH und ihrem Kampf für bessere Arbeitsbedingungen und Anstellung bei der Gemeinde<br />
Wien/KAV. KOMintern hat schon in der letzten Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer gefordert, dass alle Outsourcingpläne<br />
sofort zu stoppen, dass bestehende Vergaben an Dritte nicht mehr zu verlängern sind und dass die Beschäftigten der<br />
Fremdfirmen übernommen werden müssen, damit in Zukunft wieder alle Tätigkeiten im Rahmen des Wiener Krankenanstaltenverbundes<br />
und somit wieder von Vertragsbediensteten der Gemeinde Wien vorzunehmen sind.<br />
Denn:<br />
Outsourcing führt immer zu niedrigeren Löhnen und einer schlechteren arbeitsrechtlichen Stellung.<br />
KAV-interne Karrieren sind für Beschäftigte von Fremdfirmen nicht möglich. Vorhandene persönliche Entwicklungspotentiale<br />
können daher nicht ausgeschöpft werden, was besonders für MigrantInnen eine Katastrophe ist.<br />
Die derzeitige Situation führt zu unnötigem Stress bei allen Beschäftigtengruppen. Dies erhöht die Gefahr von<br />
vermeidbaren Fehlleistungen. Dies darf weder den Beschäftigten noch der Bevölkerung zugemutet werden.<br />
Gute Zusammenarbeit unterschiedlichster Berufsgruppen ist eine Grundvoraussetzung für das Funktionieren des<br />
Spitalsbetriebes. Ein schlechtes Arbeitsklima und Zukunftsängste bei den Beschäftigten gefährden dies.<br />
Qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung und gute Löhne und Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten<br />
sind kein Widerspruch!<br />
Der Vorstand der Kommunistischen Gewerkschaftsinitiative International<br />
Wie die Krise das Denken in Politik, Gewerkschaften und<br />
Arbeiterkammern umgedreht hat und was dies für die<br />
Arbeitenden bedeutet<br />
Heute haben wir die höchsten Arbeitslosenzahlen<br />
der gesamten Zweiten Republik<br />
und alle freuen sich darüber, dass Österreich<br />
besser da steht, als die meisten EU-<br />
Länder. Von den 420.000 Jobs, die nach<br />
der Krise geschaffen wurden, sind nur<br />
20.000 reguläre Vollzeitjobs. Der Rest ist<br />
erzwungene Teilzeit, Leiharbeit, geringfügige<br />
Beschäftigungsverhältnisse, freie<br />
Dienstverträge für die kein Arbeitsrecht<br />
gilt, Niedriglohnjobs bei dubiosen Subunternehmen<br />
etc. Sichere Arbeitsverhältnisse<br />
wurden durch unsichere ersetzt, Vollzeit<br />
durch Teilzeit und die offizielle Argumentation<br />
lautet: “Wenigstens haben sie einen<br />
Job. Jeder Job ist besser als kein Job!“<br />
Vor der Krise war ein Wirtschaftswachstum<br />
von weniger als zwei Prozent ein<br />
Warnsignal, weil durch dieses geringe<br />
Wachstum die Zahl der Arbeitslosen<br />
steigt. Als nach der Lehman-Pleite für<br />
das Jahr 2009 ein Wachstum von einem<br />
Prozent vorhergesagt wurde, war dies der<br />
Grund für ein großes Konjunkturpaket.<br />
Heute haben wir ein Wachstum von Null<br />
bis ein Prozent und alle freuen sich, dass<br />
wir ein Wachstum haben. Die Forderung<br />
nach Konjunkturpaketen durch AK und<br />
ÖGB bleibt zahnlos <strong>–</strong> dafür haben die<br />
GewerkschafterInnen im Parlament dem<br />
Fiskalpakt zugestimmt…<br />
Pensionserhöhungen unter der Inflationsrate<br />
sind angeblich eine Budgetnotwendigkeit,<br />
dass man damit diesen Menschen<br />
für den Rest ihres Lebens ihren<br />
Lebensstandard nach unten drückt, wird<br />
nicht nur in Kauf genommen, sondern<br />
von „ArbeitnehmervertreterInnen“ auch<br />
noch verteidigt!<br />
Ver-rückter Maßstab<br />
Gemessen wird nicht mehr an den eigenen<br />
Ansprüchen sondern an der Situation<br />
der anderen. Die Frage ist nicht mehr, was<br />
sind die Forderungen von Gewerkschaftskongressen<br />
und AK-Vollversammlungen.<br />
Die heutige Linie der Sozialdemokratie<br />
ist: „Uns geht es besser als vielen anderen.“<br />
Dass Österreich besser durch die<br />
Krise gekommen ist als die anderen, ist<br />
der internationalen Spitzenqualität der<br />
Industrieprodukte und den hochqualifizierten<br />
Facharbeitern geschuldet und<br />
nicht der Sozialpartnerschaft. Die Anderen<br />
sind der Maßstab: Griechenland,<br />
Spanien und Portugal. Österreich hat kein<br />
Wirtschaftswachstum mehr, aber bei den<br />
Anderen schrumpft die Wirtschaft. Bei<br />
uns wachsen die Löhne nicht mehr, bei<br />
den anderen werden sie gekürzt. Bei uns<br />
ist die Jugendarbeitslosigkeit bei knapp 10<br />
Prozent, bei den anderen 40 Prozent bis<br />
60 Prozent. Oh glückliches Österreich!<br />
In Griechenland wurden Kollektivverträge<br />
durch Gesetz aufgehoben. Wer im öffentlichen<br />
Dienst streiken will, kommt ins<br />
Gefängnis und zwar sofort! Gefährdung<br />
der öffentlichen Versorgung nennt das die<br />
griechische Regierung. Das Gesundheitssystem<br />
wird vom Staat umgebracht. Die<br />
Gehälter von Ärzten und Krankenschwestern<br />
werden nicht mehr ausbezahlt, ebenso<br />
die Rechnungen für Medikamente,<br />
Verbandszeug, Gummihandschuhe etc.<br />
Das System funktioniert jetzt nach der<br />
Methode „Barzahlung im Voraus“. Menschen,<br />
die keine Krankenversicherung<br />
haben, bekommen in staatlichen Spitälern<br />
nicht einmal eine Notversorgung. Wer als<br />
Krebs- oder Dialysepatient keine 5.000<br />
Euro pro Monat für seine Behandlung<br />
hat, braucht auch schnell keine mehr. So<br />
saniert man ein Gesundheitssystem!<br />
Klartext und Gegenwehr notwendig<br />
Es wird Zeit Klartext zu reden und konkretes<br />
zu tun! Derartige Zustände sind<br />
nicht akzeptabel, sie müssen mit allen<br />
Mitteln bekämpft werden. Die österreichische<br />
Politik ist für all das, was in Griechenland<br />
passiert, mitverantwortlich. Österreich<br />
hat in den Gremien der EU Sitz<br />
und Stimme. Warum demonstriert also<br />
der ÖGB nicht vor dem Haus der EU in<br />
Wien? Warum wird keine massive Gegenwehr<br />
organisiert?<br />
Es gibt genug zu tun!<br />
Wir brauchen moderne Kindergärten und<br />
Schulen, die auch baulich der Pädagogik<br />
des 21. Jahrhunderts entsprechen. Nullenergie<br />
muss der Standard für öffentliche<br />
Gebäude sein. Der behindertengerechte<br />
Umbau gehört beschleunigt, und nicht aus<br />
Budgetgründen gebremst. Wir brauchen<br />
PsychologInnen und SozialarbeiterInnen<br />
an den Schulen, wir brauchen mehr Pflegepersonal,<br />
mehr PädagogInnen etc. Es<br />
gibt viel gesellschaftlich notwendige Arbeit,<br />
die noch zu tun ist.<br />
Worauf warten wir<br />
denn? Das Geld ist da.<br />
Österreich war noch<br />
nie so reich wie heute.<br />
Die Zahl der Millionäre<br />
wächst von Jahr zu Jahr.<br />
Geht nicht gibt es nicht!<br />
Es kommt darauf an, das<br />
Geld gerecht zu verteilen!<br />
Sachzwänge sind die<br />
Ausrede, wenn man zu<br />
feige ist, Umverteilung<br />
von oben nach unten<br />
einzufordern!<br />
8<br />
<strong>KOMpass</strong> 9