Download - European Commission - Europa
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Zusammenfassung<br />
Noch immer gehört Deutschland zu den führenden Exportnationen. Doch es war nur durch<br />
wachsende Außenhandelsüberschüsse in der Lage, seine immer noch relativ große Industriebasis<br />
aufrecht zu erhalten. Während Deutschland traditionell ein Hochlohnland war, hat es sich in<br />
letzter Zeit auf Lohnzurückhaltung und Arbeitskostenwettbewerb eingelassen, um seine internationale<br />
Wettbewerbsfähigkeit zu verteidigen. Im Ergebnis scheint sich die Restrukturierung,<br />
die von etwa Mitte der achtziger bis Mitte der neunziger Jahre dramatisch war und die Verwerfungen<br />
der deutschen Einigung einschloss, in letzter Zeit verlangsamt zu haben.<br />
Wegen seiner Abhängigkeit vom Weltmarkt und der Schwächung seiner Binnennachfrage wurde<br />
Deutschland in wirtschaftlicher Hinsicht von der aktuellen Krise besonders hart getroffen. Jedoch<br />
findet die Krise bisher auf dem Arbeitsmarkt so gut wie überhaupt nicht statt. Indem sie<br />
während des Aufschwungs angesammelte Finanzreserven einsetzen, hochentwickelte Mechanismen<br />
interner Flexibilität nutzen, sich die ausgeprägte Konzessionsbereitschaft der<br />
Arbeitnehmer im Austausch für Beschäftigungsgarantien zunutze machen und großzügige Kurzarbeitsregelungen<br />
in Anspruch nehmen, horten deutsche Unternehmen derzeit Arbeitskräfte in<br />
Erwartung einer baldigen Erholung der Konjunktur. Anstelle von Restrukturierung sehen wir unter<br />
allen Beteiligten die Entschlossenheit, die Fähigkeit und die Mittel, bestehende Strukturen<br />
zu erhalten.<br />
In Fällen unausweichlicher Restrukturierung besteht der vorrangige Mechanismus, damit sozialverträglich<br />
umzugehen, im sogenannten Beschäftigtentransfer. Die Grundidee besteht darin,<br />
Arbeitslosigkeit durch Verlängerung des Status, beschäftigt zu sein, über das Ende der Kündigungsfrist<br />
hinaus zu vermeiden und die gewonnene Zeit zur beruflichen Neuorientierung, zur<br />
Qualifizierung und zur unterstützten Arbeitsuche zu nutzen. Dieses Modell hat sich aus einem<br />
komplexen Zusammenspiel von Kündigungsschutzrechten, betrieblicher Mitbestimmung und<br />
öffentlicher Förderung von Kurzarbeit entwickelt. Nicht zufällig haben sich die grundlegenden<br />
Charakteristika des Beschäftigtentransfers im Nachspiel der deutschen Einigung entwickelt, als<br />
die Restrukturierung ein dramatisches Tempo angenommen hatte. Seitdem hat sich die Innovation<br />
auf diesem Gebiet verlangsamt, und aktuell steht Beschäftigtentransfer nicht oben auf der<br />
politischen Tagesordnung. Da die Mechanismen des Beschäftigtentransfers sich durch Biegen,<br />
Dehnen und Umdefinieren bestehender Vorschriften und Regeln in Reaktion auf unabweisbare<br />
praktische Erfordernisse herausbildeten, fehlen sowohl eine positive politische Programmatik<br />
als auch eine geradlinige institutionelle Konstruktion.<br />
Vor diesem Hintergrund kann man „Antizipation“ von Restrukturierung in Deutschland nicht als<br />
ein bedeutendes Thema bezeichnen, weder im Sinne der Vorhersage noch in dem Sinne, Unternehmen<br />
und Arbeitskräfte anpassungsfähiger für tiefgreifenden Wandel zu machen. Seit Mitte<br />
der neunziger Jahre hat sich die öffentliche Debatte ganz auf die Deregulierung der Arbeitsverhältnisse<br />
mit dem Ziel der Erhöhung von „Flexibilität“ konzentriert, und in Bezug auf den<br />
Geltungsbereich des Kündigungsschutzes und die Regulierung von befristeter Beschäftigung<br />
und Leiharbeit ist auch Einiges in dieser Richtung geschehen. Paradoxer Weise sehen wir als Ergebnis<br />
der Erleichterung externer Flexibilität der Unternehmen eine gewachsene Angst vor<br />
Arbeitsplatzverlust, weniger statt mehr Bewegung auf dem Arbeitsmarkt und eine noch stärkere<br />
Fixierung auf interne statt externe Flexibilität. (Allerdings ist einzuräumen, dass sich seit „Hartz<br />
IV“ die Übergänge aus Arbeitslosigkeit in Erwerbstätigkeit verstärkt haben ohne dass die umgekehrten<br />
Übergänge zugenommen hätte, so dass Arbeitslosigkeit abgebaut werden konnte.)<br />
Andere, vermutlich wesentlichere Aspekte des vorbereitet Seins auf kommenden Wandel – wie<br />
Bildungserfolg, lebenslanges Lernen und technologische Innovation – werden zwar diskutiert,<br />
aber ohne erkennbare Wirkung.<br />
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