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Journal - Lebenshilfe Meiningen

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satzdatei_100209.qxd 10.02.2009 14:21 Seite 2<br />

RUBRIK 1 Familien<br />

Eine echte Chance<br />

Seit August 2008 betreue ich<br />

Sebastian, einen 9-jährigen Jungen<br />

mit Down-Syndrom, in der<br />

1. Klasse der Grundschule in<br />

Walldorf.<br />

Als ich das erste Mal mit meinem<br />

Schulkind in die Schule ging, war<br />

ich richtig nervös. Wusste nicht,<br />

was mich erwartet. Doch als ich<br />

die Klassenlehrerin sah und mit<br />

ihr sprach, war mir sofort klar,<br />

dass es ein schönes Schuljahr<br />

wird. Denn sie ist sehr nett und<br />

kommt mit Sebastian sehr gut<br />

klar. Wir besprechen am Anfang<br />

der Woche gemeinsam,<br />

was das Wochenziel sein soll<br />

und was wir alles im Unterricht<br />

Wie sind die gesetzlichen<br />

Grundlagen?<br />

1. § 54 SGB XII Leistungen der<br />

Eingliederungshilfe für behinderte<br />

Menschen<br />

Zuständigkeit:<br />

Sozialhilfeträger<br />

2. § 35a SGB VII Eingliederungshilfe<br />

für seelisch behinderte<br />

Kinder und Jugendliche<br />

Zuständigkeit:<br />

Jugendhilfeträger<br />

Wer bekommt eine<br />

Schulbegleitung?<br />

· Alle Kinder und Jugendliche<br />

mit einer (seelischen) Behinderung<br />

bzw. alle von einer (seelischen)<br />

Behinderung bedrohten<br />

Menschen, wenn diese geeignet<br />

ist, den Zweck der Eingliederungshilfe<br />

zu erfüllen.<br />

dran nehmen. Wenn es Probleme<br />

gibt, kann ich immer zur<br />

Klassenlehrerin gehen, und wir<br />

versuchen, gemeinsam eine Lösung<br />

zu finden. Dies funktioniert<br />

gut, wenn man sich abspricht<br />

und gemeinsam mit Sebastian<br />

arbeitet. Die Betreuung<br />

fängt mit dem Abholen von zu<br />

Hause an, dann üben wir das<br />

Auspacken der Arbeitsmittel zu<br />

Unterrichtsbeginn. Im Unterricht<br />

animiere ich ihn mit zu<br />

machen und versuche mit ihm<br />

das zu schaffen, was die anderen<br />

Kinder machen. Auch zur<br />

Hofpause und zum Klassenraumwechsel<br />

muss ich immer<br />

Schulbegleitung, Schulintegration, Schulassistenz<br />

Wie beantrage ich eine<br />

Schulbegleitung?<br />

· Zum offiziellen Termin melden<br />

Sie Ihr Kind an der Schule<br />

Ihrer Wahl an.<br />

· Sie stellen einen Antrag auf eine<br />

Integrationshilfe für ihr Kind<br />

entweder beim Sozialamt oder<br />

beim Jugendamt.<br />

· Es ist sinnvoll, ärztliche Gutachten<br />

diesem Antrag beizulegen.<br />

· Die Schule und der schulärztliche<br />

Dienst schreiben Stellungnahmen,<br />

aus denen ersichtlich wird,<br />

warum eine Schulbegleitung<br />

nötig ist.<br />

· Das Sozialamt bzw. das Jugendamt<br />

entscheidet über den<br />

Antrag.<br />

· Gegen eine Ablehnung können<br />

Eltern Widerspruch<br />

einlegen.<br />

2<br />

ein Auge auf ihn haben, damit<br />

er nicht umgerannt wird oder<br />

wegläuft. Diese Aufgaben als<br />

Schulbegleiter machen mir sehr<br />

viel Spaß.<br />

Ich finde die integrative Beschulung<br />

sehr wichtig für Kinder<br />

mit einer Behinderung oder<br />

psychischen Beeinträchtigung,<br />

denn warum sollen nicht alle<br />

Kinder auch eine Chance auf eine<br />

normale Schullaufbahn haben.<br />

Natürlich würde das ohne<br />

einen Schulbegleiter nicht funktionieren,<br />

denn sie brauchen<br />

mehr Unterstützung als andere,<br />

um ihren Schultag zu bewältigen.<br />

(Sandra Florat)<br />

Service- und<br />

Beratungstelefon<br />

Tel.: 03693-5070313<br />

Was sind die Aufgaben eines<br />

Schulbegleiters?<br />

Ein Schulbegleiter ist in der Regel<br />

während der gesamten Schulzeit<br />

(bei Bedarf auch einschließlich<br />

des Schulwegs) bei einem<br />

Schüler, um dessen behinderungsbedingte<br />

Defizite zu kompensieren<br />

und Hilfestellungen zu<br />

geben, wo sie nötig sind:<br />

Strukturierung des Schulalltags<br />

· Aneignung der Lerninhalte und<br />

Unterstützung in seiner<br />

Kommunikation<br />

· Erweiterung der Sozialkompetenz<br />

· Ermöglichen seiner Teilnahme<br />

an schulischen Aktivitäten (auch<br />

Klassenfahrten, usw.)<br />

Wir sind da ...<br />

Sprechen Sie uns an,<br />

wir helfen Ihnen weiter!<br />

Wichtige Gründe<br />

zur Integration<br />

1. Auch Integration muss man<br />

lernen Die Integration behinderter<br />

Menschen ist in unserer Gesellschaft<br />

Konsens. Theoretisch. Praktisch sieht<br />

man behinderte Kinder in Deutschland<br />

weder auf der Straße, noch auf<br />

Spielplätzen oder in Sportvereinen.<br />

Die meisten besuchen vom 6. Lebensjahr<br />

an Förderschulen, in denen sie<br />

ganztags unterrichtet und versorgt<br />

werden. So haben sie zehn bis zwölf<br />

Jahre lang kaum Kontakt zum Alltagsleben<br />

der Gesellschaft, in die sie<br />

nun integriert werden sollen - für sie<br />

eine fremde Welt. Und umgekehrt:<br />

Die meisten reagieren unsicher und<br />

irritiert, wenn sie auf behinderte<br />

Menschen treffen.<br />

2. Das Förderschulsystem liefert<br />

keine überzeugenden Ergebnisse<br />

Behinderte Kinder werden<br />

heute in Förderschulen unterrichtet<br />

mit dem Argument, dass sie nur dort<br />

entsprechend gefördert werden<br />

könnten. Aber wie viel lernen sie<br />

wirklich? 80 Prozent verlassen diese<br />

Schule ohne berufsqualifizierenden<br />

Abschluss. Zu viel behüten und zu<br />

wenig fordern bedeutet letztlich: zu<br />

wenig fördern.<br />

3. Die Existenz der Förderschulen<br />

fördert die soziale Selektion<br />

Die Förderschulen werden zum Auffangbecken<br />

für all jene Kinder, die<br />

im „normalen“ Schulbetrieb stören.<br />

Anstatt ihnen die notwendige Hilfe<br />

zu geben, werden sie in die Förderschulen<br />

wegberaten. Fast alle Förderschul-Typen<br />

verzeichnen hohe Anteile<br />

von sozial benachteiligten Kindern<br />

und Migrantenkindern. Sie<br />

werden von der Mitte der Gesellschaft<br />

abgekoppelt. Der Weg zurück<br />

ins „normale“ Bildungssystem gelingt<br />

den wenigsten.<br />

4. Wir brauchen jeden Schon nach<br />

dem Jahr 2010 rechnen Wirtschaftsforscher<br />

mit einem Mangel an<br />

Facharbeitern. Fast jeder Förderschüler<br />

wäre willens und in der<br />

Lage, einen verlässlichen Beitrag für<br />

die Gesellschaft zu leisten. Die wenigsten<br />

bekommen dazu die Chance.<br />

Zusammen mit den Hauptschülern<br />

dürften es an die fünfzehn<br />

Prozent der Jahrgänge sein, die<br />

diese Gesellschaft „aussortiert“.<br />

5. Mehr Vielfalt nützt allen<br />

Kindern Kinder werden im Alter<br />

von zehn Jahren in drei (bzw. mit<br />

den Förderschulen vier) Güteklassen<br />

eingeteilt. Wir geben uns der Illusion<br />

hin, fortan homogene Lerngruppen<br />

zu unterrichten. Diese<br />

Pädagogik verschwendet die individuellen<br />

Begabungen. Die Schule für<br />

Alle ist die Schule der Zukunft. Sie<br />

setzt auf individuelle Förderung.<br />

6. Gegen die Spaltung der<br />

Gesellschaft Deutschlands Schulsystem<br />

ist den überkommenen Bildungsvorstellungen<br />

einer ständischen<br />

Gesellschaft angepasst. Das<br />

formt schon aus Schülern Angehörige<br />

getrennter sozialer Schichten.<br />

Das fördert Vorurteile, Sprachlosigkeit<br />

und soziale Ignoranz.<br />

7. Integration: Aufgabe jeder<br />

Gesellschaft Viele Förderschüler<br />

würden in den allgemeinen Schulen<br />

untergehen. Doch: Schulen sind für<br />

Kinder da. Wenn die Schulen zu<br />

schlecht sind für behinderte Kinder -<br />

dann müssen sie besser werden. Die<br />

Gesellschaft muss mehr in die<br />

Schulen investieren: in mehr und<br />

besser ausgebildete Lehrer, deutlich<br />

kleinere Klassen und individuelle<br />

Förderung.<br />

(Quelle: mittendrin e.V., Köln)

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