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asien<br />
Grenzübergänge sind immer Orte des Abschieds<br />
und des Neuanfangs. Die Kultur, Sprache,<br />
Mentalität und ebenso die Landschaft verändern<br />
sich. Wir stehen im Niemandsland zwischen<br />
Kambodscha und Laos vor einer baufälligen<br />
Holzhütte mitten im Dschungel und diskutieren<br />
mit dem korrupten Zöllner über seine<br />
eigenwillige Gebührenordnung. Er verlangt<br />
zwei Dollar pro Person für das Aushändigen<br />
des Meldebogens, zwei Dollar für den Quarantäneservice<br />
inklusiv Fiebermessen, weitere<br />
zwei Dollar Stempelgebühr und von mir zehn<br />
Dollar extra, weil ich mit Fahrzeug (Rolli und<br />
Handbike) einreise. Der Mann hat Humor und<br />
ein sicheres Gespür für erfolgreiche Korruption.<br />
Er weiss genau, dass wir deswegen nicht<br />
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Langboot. Unterwegs Richtung Laos.<br />
Angkor Wat. Die grösste Tempelanlage<br />
der Welt kann im Rollstuhl nur zu einem<br />
kleinen Teil besichtigt werden.<br />
Vogelspinnen. Frittiert sind sie für<br />
Einheimische eine Delikatesse.<br />
milie samt Fahrrad ist ein Moped in Kambodscha<br />
überladen. Kurz darauf sehe ich,<br />
dass es offenbar jemand fertiggebracht hat,<br />
mehr als zweihundert Fahrräder auf seinen<br />
Pick-up zu türmen. Die Fahrt wird<br />
nie langweilig.<br />
Der Pegel des Mekong liegt jetzt, im<br />
Frühjahr, um bis zu zehn Meter unterhalb<br />
des Sommerhochwassers. Vier kräftige Fischer<br />
sind nötig, um mich hinunter zum<br />
Ufer zu tragen. Einer von ihnen ist bereit,<br />
uns mit seinem Boot zur laotischen<br />
Grenze zu bringen. Zwei Tage lang fahren wir<br />
durch eine Flusslandschaft, die von den riesigen<br />
Wassermassen des Monsuns geprägt ist:<br />
Mächtige Baumwurzeln, geformt von der reissenden<br />
Strömung des Flusses, ragen wie Kathedralen<br />
aus dem Wasser. Hoch oben in den<br />
Baumkronen entdecken wir Strandgut.<br />
kehrtmachen und uns in der Hauptstadt beschweren.<br />
Grollend zahlen wir für unsere Einreise.<br />
In Laos angekommen, erkunden wir mit<br />
einem Boot die paradiesische Bucht- und Lagunenlandschaft<br />
kurz vor den Khon-Phapheng-Wasserfällen<br />
und finden auf einer der<br />
Inseln eine ebenerdige Hütte ohne Strom und<br />
Wasseranschluss. Für vier Tage decken wir uns<br />
mit Lebensmitteln ein und bitten den Bootsbesitzer,<br />
uns beizeiten aus unserer selbst gewählten<br />
Einsamkeit zu befreien. Dass wir diese<br />
«barrierefreie» Hütte gefunden haben, ist Fluch<br />
und Segen zugleich. Die ebenerdige Bauweise<br />
macht nicht nur mir den Zugang einfach – sie<br />
öffnet ebenso sämtlichen Insekten Tür und Tor.<br />
Myriaden hungriger Ameisen pflügen durchs<br />
Zimmer und räumen alle von uns totgeschlagenen<br />
Moskitos und Kakerlaken ab – soweit, so<br />
gut. Vor meinen Packtaschen auf dem Boden<br />
machen sie leider auch nicht halt. Vorn steigen<br />
die Krabbeltiere rein und hinten wieder raus.<br />
Dabei zerbeissen sie alle organischen Materialien<br />
und zerlegen über Nacht einen<br />
ganzen Müesliriegel. Zikaden, die<br />
ihre Geschlechtspartner mit dem<br />
Geräusch einer Kreissäge anlocken,<br />
andere unheimliche Dschungellaute<br />
und der ständige Ruf der Geckos geben<br />
unserem Robinsondasein die<br />
richtige Klangkulisse.<br />
Traurige Vergangenheit. Der Mekong,<br />
Indochina, Vietnam und Laos<br />
sind Namen, die nach wie vor an eines<br />
der grössten militärischen Desaster<br />
der USA erinnern: den Vietnamkrieg,<br />
der im Grunde auch ein<br />
Laoskrieg war. Wie in einem Akt der<br />
Verzweiflung begannen 1965 US-Piloten<br />
den Norden von Laos flächendeckend<br />
zu bombardieren, um die Nachschubwege<br />
der Vietcong, den Hoh-Chi-Minh-Pfad,<br />
zu unterbrechen. Viele Blindgänger der Streumunition<br />
explodieren noch heute in den Händen<br />
von Kindern, die sie zufällig im Wald finden.<br />
Der sechzehnjährige Phongsavat verlor<br />
beide Hände und sein Augenlicht, als er eine<br />
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