Anhang zur Studie - Institut für Weltwirtschaft
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3<br />
entkoppeln. 2 Waren zuvor die Direktzahlungen an die bewirtschaftete Fläche oder die Zahl der<br />
gehaltenen Tiere gekoppelt, so fiel diese Beschränkung <strong>für</strong> die meisten Bewirtschaftungsarten weg;<br />
gleichzeitig wurden die Zahlungen aber mit der Auflage verbunden, dass prämienberechtigte Flächen,<br />
auf denen keine Bewirtschaftung mehr erfolgt, instand gehalten werden, um einen Erosionsschutz und<br />
den Erhalt der Bodenstruktur zu gewährleisten. Die Subventionen wurden im Laufe der Zeit von<br />
Betriebsprämien in regionale Einheitsprämien je Hektar umgewandelt. Dass die allgemeinen<br />
flächendeckenden Prämienzahlungen an die Landwirtschaft an Umweltauflagen gebunden wurden,<br />
führt Schrader (2005: 10) auf ein politökonomisches Argument <strong>zur</strong>ück: „Die politische Erklärung …<br />
muss in dem Versuch gesehen werden, der Öffentlichkeit eine plausibel erscheinende Begründung <strong>für</strong><br />
anhaltende Zahlungen an die Landwirtschaft vorzuweisen“.<br />
Als weitere Maßnahme der Reformen von 2000 und 2003 wurde eine allmähliche Verlagerung der<br />
Förderung, weg von der Marktordnung und von Direktzahlungen hin <strong>zur</strong> ländlichen Entwicklungspolitik,<br />
beschlossen. Die EU wollte damit die Politik der Entwicklung des ländlichen Raumes stärker in<br />
den Vordergrund rücken. Stichworte sind hier Agrarumweltprogramme, die Anpassung und Entwicklung<br />
ländlicher Regionen, Flurbereinigung, Umnutzung von landwirtschaftlichen Gebäuden oder<br />
Dorferneuerung (Schrader 2005: 119; Koester und Senior Nello 2010: 59–60). Die Förderkulisse von<br />
Bund und Ländern reflektiert diesen Strukturwandel in den Subventionszielen in der Landwirtschaft.<br />
Die Maßnahme der Entkoppelung der Prämienzahlung von der Produktion hat der Agrarprotektion<br />
zwar etwas von ihren besonders schädlichen Allokationswirkungen genommen, da die früher dominanten<br />
Anreize zu überhöhtem Faktoreinsatz in der Agrarproduktion vermindert wurden. Es verbleiben<br />
aber genügend Allokationsverzerrungen, abgesehen davon, dass die Reform von 2003 nicht<br />
durchgängig <strong>für</strong> alle Bewirtschaftungsformen durchgeführt wurde. Denn die Agrarprotektion ist nach<br />
wie vor hoch, Nutznießer der Finanzhilfen an die Landwirtschaft sind letztlich nicht die wirtschaftenden<br />
Landwirte, sondern vor allem die Bodeneigentümer, die in den Genuss erhöhter Bodenrenten<br />
gelangen. 3 Ferner sind die flächendeckenden entkoppelten Prämienzahlungen trotz aller offiziellen<br />
Kopplung an umweltpolitische und landschaftspflegerische Ziele wenig treffsicher in Bezug auf diese<br />
Ziele; sie stellen damit keine überzeugenden Instrumente dar und sind allokativ nicht effizient, nicht<br />
zuletzt deshalb, weil die Landwirtschaft selbst in weniger entwickelten Ländern kaum geeignet ist,<br />
Träger der ländlichen Entwicklung zu sein (Schrader 2005: 125–127; Koester 2011: 503).<br />
Schrader (1998: 23) hat sogar herausgearbeitet, dass es gerade die landwirtschaftliche Produktion<br />
selbst mit ihren hochkonzentrierten Düngemitteleinträgen ist, die negative externe Effekte auf die<br />
Umwelt ausübt. Verschmutzung von Oberflächen- und Grundwasser durch Nitrate und Phosphate,<br />
Methan-, Lachgas- und Ammoniakemissionen sowie Bodenerosion und Schwermetallanreicherung im<br />
Boden sind Effekte, die die Landwirtschaft eigentlich zwingen müssten, kostenpflichtig Umweltverschmutzungslizenzen<br />
oder sogar CO 2 -Zertifikate zu erwerben, statt selbst gefördert zu werden.<br />
Der Marktentlastungs- und Kulturlandschaftsausgleich mag zwar ähnlich wie die Kultursubventionen<br />
<strong>für</strong> sich beanspruchen können, gewisse positive externe Effekte im Konsum (etwa beim Anblick schöner<br />
gepflegter Landschaften) und auch in der Produktion zu erzeugen, indem extensive und umweltschonende<br />
Produktionsweisen bevorzugt und der Verzicht auf intensivere Bodennutzungsformen<br />
gefördert werden. Fragwürdig wird diese Art der Förderung allerdings im Zusammenhang mit den<br />
gesamten Finanzhilfen <strong>für</strong> den Agrarsektor. Wenn den Bodeneigentümern durch die reine Existenz von<br />
landwirtschaftlich prinzipiell nutzbaren Flächen ein gesichertes Einkommen verschafft wird und<br />
anschließend über den Marktentlastungs- und Kulturlandschaftsausgleich nochmals Prämien gezahlt<br />
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2 Vgl. zu den Einzelheiten der Reform Schrader (2005: 116–122), auf dessen Analyse sich dieser Abschnitt weitgehend<br />
stützt.<br />
3 Der gegenwärtige Rechtsstand gilt noch bis 2013. Im Oktober 2011 hat die Kommission einen Entwurf über den<br />
Finanzplan <strong>für</strong> 2014 bis 2020 vorgelegt, der allerdings wenig an den Direktzahlungen, die als Kompensation <strong>für</strong> sinkende<br />
Agrarpreise eingeführt wurden, ändert (Koester 2012).