Redemanuskript zur Ausstellungseröffnung auf ... - Galerie Schrade
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Eine Seelenverwandte Stöhrers zweifellos, diese Dichterin, die sich das Leben nahm<br />
wie auch Konrad Bayer.<br />
„Georg fällt mit einem abgerissenen Strauß Autospiegeln <strong>zur</strong> Tür herein“:<br />
So nennt Stöhrer, bei dem oft Verehrung zum Ausdruck kommt, eine Hommage an<br />
Konrad Bayer. Ein avantgardistischer Literat, ein dadaistischer Wiener Wadenbeißer<br />
von intellektuellem Witz. Ein österreichischer Schriftsteller und Dandy, ebenfalls<br />
ausgestattet mit einem besonderen Sensorium.<br />
Bayer war einige Jahre älter als Stöhrer. Aus dem Leben schied er 1964 - 32 Jahre<br />
alt. Die Gruppe 47 hatte seinen Texten nicht applaudiert. Stöhrer berührte eine<br />
solche Kränkung.<br />
Wenn Stöhrer von sich in der dritten Person spricht, so redet er – vielleicht auch<br />
kokett - von dem „Stöhrer mit seinem künstlerischen Egoismus, mit seiner<br />
langsamen Entwicklung einer Arbeit“. Er betrachtet sich selbst wie ein „Prisma, in<br />
dem sich die Dinge brechen“ und stellt fest: „Das Bild ist immer ein festgehaltener<br />
Moment, aber der erste Schritt ist Kopfarbeit“<br />
Disziplinieren muss man sich, das weiß er, „bevor man anfängt zu arbeiten, wenn<br />
man seine Dinge organisiert, wenn man weiß, mit was für Material man arbeiten will.“<br />
Atmosphärische Dichte, bemerkenswerte Konsequenz und symbolische Offenheit<br />
sind das Resultat und kennzeichnen das verwegene Oeuvre, zu dem es keine<br />
Parallelen gibt.<br />
Stöhrer stellt das traditionelle Figur-Grund-Schema systematisch in Frage zugunsten<br />
eines Ereignisraumes. Dabei ist seine Kunst nichts weniger als Ausdruck seiner<br />
Existenz. Die künstlerische Arbeit ist Selbstvergewisserungsmaßnahme in ihrer<br />
sinnlichsten Art. Heidegger’s Wort vom Geworfensein taugt <strong>zur</strong> Betrachtung von<br />
philosophischer Färbung und Malgestus.<br />
Stöhrers Position ist singulär in der Kunst des 20. Jahrhunderts.<br />
Stöhrer ist ein Solitär. Und noch immer ein Geheimtipp<br />
Wer oder was war dieser Mann?<br />
Auf jeden Fall unangepasst.<br />
Das Werk des rebellischen Einzelgängers - diese Etikettierung begleitet ihn<br />
hartnäckig und bleibt unwidersprochen - entzieht sich eindeutiger stilistischer<br />
Zuordnung. Welcher Ismus sollte für ihn passen?<br />
Von Rebellismus möchte ich sprechen, der <strong>auf</strong>fällt durch seine Unbekümmertheit.<br />
Und wo gibt es den heute? Heute, wo alle zum angesagten Zirkel zählen wollen, <strong>auf</strong><br />
den Markt – und Marktlücken - blicken müssen?<br />
Manche haben Stöhrers Qualität frühzeitig erkannt: Seine Galeristen, die Sammler.<br />
Vielen blieb er bis heute fremd. Stöhrers eminent subjektivistische Position muss<br />
Menschen <strong>auf</strong>wühlen, kann sie erschrecken, - oder erreicht sie gar nicht erst - und<br />
sie muss all jene begeistern, die sich selbst als freien Geist empfinden - und<br />
aushalten können.