Strom 1/13 - Genossenschaft Elektra, Jegenstorf
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8<br />
Steckbrief<br />
Sie: Julia, 32<br />
Er: Oliver, 39<br />
Erster Kontakt: Ein Abendessen im<br />
Freundeskreis in der WG von Julia.<br />
Oliver kam als Überraschungsgast.<br />
Hier hat es gefunkt:<br />
Roter Salon, Club in der Volksbühne, Berlin<br />
Ein Paar seit: 2002<br />
aber absichtlich berührt. Gabriele ist wie elektrisiert,<br />
Oxytocine durchströmen seinen Körper. Er darf jetzt<br />
davon ausgehen, dass er sich ihr gefahrlos nähern<br />
kann. Diese Chance lässt er sich nicht entgehen.<br />
In einem Gespräch, zwanglos und intensiv zugleich,<br />
werden erste Informationen ausgetauscht. Unter dem<br />
Eindruck ihrer Präsenz sagt er einen Satz, der ihm noch<br />
nie zuvor über die Lippen gekommen war: «Ich wusste<br />
gar nicht, dass es mich auch als Frau gibt.» Die Blicke<br />
werden eindeutiger, das Rundherum nehmen die beiden<br />
kaum noch wahr. Auf biochemischer Ebene findet<br />
nun ein «genetischer Abgleich» statt. Lockstoffe wie<br />
Pheromone werden vermehrt über die Achseldrüsen<br />
abgegeben. Offenbar mit Erfolg, denn Jennifer kann Gabriele<br />
«gut riechen». Sie gibt ihm ihre Handynummer,<br />
und als sie sich verabschiedet, umarmen sie einander.<br />
Hormoncocktail im Hirn<br />
Als auch Gabriele den Club verlässt, fühlt er sich beschwingt.<br />
Vieles deutet darauf hin, dass Jennifer die<br />
Richtige für ihn ist. Der Hormoncocktail im Gehirn hat<br />
seine Wirkung nicht verfehlt. Biochemisch gesehen,<br />
wird Gabriele nämlich vorgegaukelt, es gebe keine<br />
bessere Partnerin für ihn als Jennifer. Forscher jedoch<br />
sind zur Erkenntnis gelangt, dass das, was wir Liebe<br />
nennen – so romantisch wir diese auch erleben –, in<br />
der Evolution einzig der Fortpflanzung dient. Natürlich<br />
steht Gabriele der Sinn in diesem Moment nicht<br />
nach wissenschaftlicher Analyse. Für ihn war es einfach<br />
eine magische Nacht.<br />
Nur wenig später hat Gabriele per SMS ein zweites<br />
Treffen mit Jennifer vereinbart. Es fällt ihr schwer, sich<br />
auf die Arbeit zu konzentrieren. Jennifer kann ihre Gefühle<br />
kaum noch kontrollieren und hat auch keinen<br />
Appetit mehr. Ihr Gehirn schüttet jetzt das Hormon<br />
Dopamin sowie den Botenstoff Noradrenalin aus, und<br />
zwar in grossen Mengen. Sie machen berauscht, aufgeregt<br />
und euphorisch, aber – im übertragenen Sinn –<br />
eben auch blind. Wissenschaftler haben herausgefunden,<br />
dass bei akut Verliebten ganze Hirnbereiche<br />
nahezu lahmgelegt sind. Das zeigt auch der Mangel am<br />
Hormon Serotonin. In «Normalphasen» brauchen wir<br />
etwa zehn Milligramm Serotonin im Gehirn. Bei Verliebten<br />
liegt dieser Wert deutlich tiefer. Die Folge: Die<br />
Stimmungslage ist labil, eigentlich Liebeskranke neigen<br />
gar zu überbordenden Emotionen und übertriebenen<br />
Handlungen.<br />
Trotz Liebesrausch und Gefühlsduselei: Wir sind<br />
nicht Sklaven unserer Hormone. Auch wenns schwerfällt,<br />
können wir Gefühle unterdrücken, indem wir die<br />
Energie auf anderes lenken. Doch wer sich verliebt,<br />
sollte es geniessen, denn selbst die machtvollsten Liebeshormone<br />
beginnen sich irgendwann wieder zu<br />
verflüchtigen. Andreas Turner