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Impfstoff PregSureBVD bestätigt Ausmerzung mittels Impfung

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42 Tier BAUERNBLATT l 11. Januar 2014 ■<br />

Tödliche Krankheit Blutschwitzen<br />

<strong>Impfstoff</strong> <strong>PregSureBVD</strong> <strong>bestätigt</strong><br />

Das Bundesministerium für Ernährung,<br />

Landwirtschaft und Verbraucherschutzhatindenvergangenen<br />

drei Jahren ein Forschungsprojekt<br />

an den tiermedizinischen Hochschulen<br />

in Berlin, Gießen, Hannover<br />

und München gefördert. Unter<br />

demTitel„Ursachenermittlungder<br />

Bovinen Neonatalen Pancytopenie“<br />

wurde jetzt der Abschlussbericht<br />

im Internet veröffentlicht.<br />

Seit 2007 ist das Krankheitsbild in<br />

Europa bekannt. In der Folge hat das<br />

Pharmaunternehmen Pfizer (jetzt Zoetis)<br />

2010 den <strong>Impfstoff</strong> vom Markt<br />

genommen. Im Jahre 2011 traten<br />

auch erste Fälle in Neuseeland auf,<br />

woraufhin auch hier der <strong>Impfstoff</strong>verkauf<br />

gestoppt wurde. Die Erkrankung<br />

zeigt sich bei Kälbern innerhalb<br />

der ersten drei Lebenswochen durch<br />

Schwäche und sichtbare Blutungen<br />

(„Blutschwitzen“) auf der Haut. Die<br />

betroffenen Kälber verbluten innerhalb<br />

weniger Tage und eine Therapie<br />

bringt nur sehr selten Heilung.<br />

Auslöser<br />

<strong>Impfstoff</strong>zusammensetzung<br />

Das jetzt veröffentlichte Forschungsprojekt<br />

unter der Leitung<br />

von Prof. Klaus Doll von der Justus-<br />

Liebig-Universität Gießen kommt zu<br />

dem Schluss, dass der <strong>Impfstoff</strong>Preg-<br />

SureBVD ursächlich für das Krankheitsbild<br />

bei den Kälbern verantwortlich<br />

ist. Dabei konnten die Forscher<br />

unter anderem zeigen, dass<br />

Die Erkrankung zeigt sich bei Kälbern<br />

in den ersten drei Lebenswochen.<br />

Foto: Dr.Mark Holsteg<br />

der <strong>Impfstoff</strong>neben dem erwünschten<br />

BVD-Virus auch fremde Rinderzellen<br />

enthält. Die Rinderzellen<br />

stammen von der Zellkultur, die für<br />

die Vermehrung des Virus bei der<br />

Herstellung notwendig ist. Durch die<br />

<strong>Impfung</strong> wurden die Rinder nicht<br />

nur gegen BVD immunisiert, sondern<br />

auch gegen die Rinderzellen<br />

aus der Zellkultur. Geimpfte Tiere<br />

zeigen selbst keine Krankheitserscheinungen,<br />

aber sie verfügen über<br />

unerwünschte Antikörper (Abwehrstoffe)<br />

gegen fremde Rinderzellen.<br />

Geimpfte Muttertiere übertragen<br />

diese unerwünschten Antikörper<br />

auf das Kalb und können damit das<br />

Krankheitsbild des Blutschwitzens<br />

auslösen. Ob die Krankheit ausbricht,<br />

hängt in erster Linie vom<br />

„Verwandtschaftsgrad“ von Kalb<br />

und Mutter beziehungsweise Vater<br />

und der Zellen aus der Zellkultur ab.<br />

Blutzellen<br />

werden zerstört<br />

Bei erkrankten Kälbern fehlen<br />

die für die Blutgerinnung erforderlichen<br />

Blutplättchen (Thrombozyten).<br />

Die über das Kolostrum von<br />

der Mutter aufgenommenen Antikörper<br />

führen zu einer Zerstörung<br />

der Blutplättchen und der blutbildenden<br />

Zellen im Knochenmark.<br />

Durch die Schädigung des Knochenmarks<br />

ist nicht nur die Produktion<br />

der Blutplättchen gestört, sondern<br />

auch weiße Blutzellen (Leukozyten)<br />

werden nicht mehr in ausreichender<br />

Menge gebildet. Ohne weiße<br />

Blutzellen ist der gesamte Organismus<br />

immungeschwächt und damit<br />

einer erhöhten Infektionsgefahr<br />

ausgesetzt. Daher müssen in Preg-<br />

SureBVD geimpften Herden häufiger<br />

Behandlungen bei den Kälbern<br />

durchgeführt werden. Dies wurde<br />

durch die Arbeitsgruppe aus München<br />

beschrieben und <strong>bestätigt</strong><br />

auch die Erfahrungen aus dem Versuchs-<br />

und Bildungszentrum Landwirtschaft<br />

Haus Riswick der Landwirtschaftskammer<br />

NRW.<br />

Verwendung<br />

von Kolostrum<br />

Auch drei Jahre nach dem Verbot<br />

des <strong>Impfstoff</strong>es treten immer noch<br />

Fälle auf. Betroffen sind Kälber von<br />

alten geimpften Kühen. Daher<br />

muss in <strong>PregSureBVD</strong> geimpften<br />

Betrieben weiterhin das Kolostrum<br />

geimpfter Kühe verworfen werden,<br />

um die Kälber vor der Erkrankung<br />

zu schützen. Geimpfte Kühe produzieren<br />

wahrscheinlich lebenslänglich<br />

gefährliches Kolostrum.<br />

Schadensersatz<br />

für Kälberverluste<br />

Betroffene Betriebe sollten Ihre<br />

Schäden noch bis Ende des Jahres<br />

bei Zoetis (Pfizer) geltend machen,<br />

um einer möglichen Verjährung<br />

der Schadensersatzansprüche vorzubeugen.<br />

Durch einen Beitritt<br />

in die Interessengemeinschaft<br />

Blutschwitzer (Internet: www.igblutschwitzer.de)<br />

können berechtigte<br />

Ansprüche gebündelt und<br />

geltend gemacht werden. Durch<br />

das jetzt veröffentlichte Gutachten<br />

der Bundesanstalt für Landwirtschaft<br />

und Ernährung sind die<br />

Chancen gegenüber dem Hersteller<br />

einen finanziellen Ausgleich<br />

durchzusetzen sehr gut. Es sollten<br />

dabei nicht nur die Kälberverluste,<br />

sondern auch Mehraufwendungen<br />

für Betreuung und Behandlung<br />

eingebracht werden.<br />

Der gesamte Projektbericht ist im<br />

Internet auf der Homepage des BLE<br />

einzusehen unter: http://down<br />

load.ble.de/09HS025/index.html<br />

Dr. Mark Holsteg<br />

Fachtierarzt für Rinder und<br />

Zuchthygiene<br />

Tel.: 02 28-703-23 32<br />

Mark.Holsteg@lwk.nrw.de<br />

Entstehung, Bekämpfung und Ausblick in puncto Blauzungenkrankheit<br />

<strong>Ausmerzung</strong> <strong>mittels</strong> <strong>Impfung</strong><br />

VorfünfJahrenhatdieBlauzungenkrankheit<br />

für Verunsicherung auch<br />

inhiesigenRinder-undSchafbetrieben<br />

gesorgt. Heute ist sie kein Thema<br />

mehr.Wir blicken zurück auf die<br />

Behandlungsstrategie.<br />

Blauzungenkrankheit trat erstmals<br />

am 21. August 2006 in Deutschland,<br />

nahezu zeitgleich mit den ersten Ausbrüchen<br />

in Belgien und den Niederlanden,<br />

auf. Weitergehende Untersuchungen<br />

zeigten, dass es sich um den<br />

Serotyp 8(BTV-8) handelte. Vordem<br />

Hintergrund westlicher Windrichtungen<br />

breitete sich die Seuche rasch in<br />

östliche Richtung aus mit dem Ergebnis,<br />

dass im Jahr 2008 weite Teile<br />

Deutschlands betroffen waren. Die<br />

klassischen Methoden der Tierseuchenbekämpfung<br />

waren vor dem<br />

Hintergrund der Insektenübertragung<br />

der Tierseuche wenig hilfreich;<br />

die Ausbreitungsgeschwindigkeit<br />

konnte durch Verbringungsbeschränkungen<br />

lediglich verlangsamt,<br />

jedoch nicht entscheidend beeinflusst<br />

werden. Zugelassene <strong>Impfstoff</strong>e<br />

standen (noch) nicht zur Verfügung.<br />

Über einen groß angelegten<br />

Feldversuch konnte mit drei „Prototypen“<br />

in Rind und Schaf gezeigt<br />

werden, dass sie sowohl wirksam als<br />

auch unschädlich waren. Folgerichtig<br />

wurde mit einer Ausnahmegenehmigung<br />

des Bundesministeriums für Ernährung,<br />

Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />

ermöglicht, diese<br />

nicht zugelassenen <strong>Impfstoff</strong>e anzuwenden.<br />

Groß angelegte Impfkampagnen<br />

starteten im Mai 2008 (<strong>Impfung</strong><br />

aller Rinder,Schafe und Ziegen).<br />

In der Folge gingen die Ausbruchszahlen<br />

drastisch zurück. 2009 wurde<br />

letztmalig flächendeckend geimpft,<br />

ab 2010 konnten die Tierhalter freiwillig<br />

weiter impfen. Durch intensive<br />

Untersuchungen (serologisch, PCR)<br />

konnte in den Jahren 2010 und 2011<br />

gezeigt werden, dass BTV-8 nicht<br />

mehr in der Nutztierpopulation zirkuliert.<br />

Deutschland hat sich mit Wirkung<br />

vom 15. Februar 2012 nach Artikel<br />

8.3.3 des Tiergesundheitskodex<br />

der Weltorganisation für Tiergesundheit<br />

frei von BTV-8 erklärt.


■ BAUERNBLATT l 11. Januar 2014<br />

Tier<br />

43<br />

Blauzungenkrankheit wurde in<br />

Mittel-und Nordeuropa als eine Tierseuche<br />

angesehen, die primär in<br />

warmen Klimazonen auftritt. Als<br />

BTV-8 erstmals 2006 in Deutschland<br />

festgestellt wurde, zeigte sich sehr<br />

schnell, dass mit den „klassischen<br />

Methoden“ der Tierseuchenbekämpfung<br />

eine Tilgung nicht zu erreichen<br />

war. Vor dem Hintergrund,<br />

dass der für die Übertragung in<br />

Deutschland verantwortliche Vektor<br />

unbekannt war und <strong>Impfstoff</strong>e nicht<br />

zur Verfügung standen, schien auch<br />

insoweit eine Tilgung in weiter Ferne.<br />

Mit der Durchführung eines entomologischen<br />

Monitorings und<br />

den Anstrengungen der pharmazeutischen<br />

Industrie, innerhalb von<br />

kurzer Zeit <strong>Impfstoff</strong>e zur Verfügung<br />

zu stellen, erschien eine Tilgung<br />

realistisch.<br />

Beobachtung<br />

der Krankheitsübertragung<br />

BTV-8 traf Deutschland im August<br />

2006 unvorbereitet. Insbesondere<br />

war nicht bekannt, welche Insekten<br />

in Mittel-/Nordeuropa und insbesondere<br />

in Deutschland in der Lage sind,<br />

den Erreger zu übertragen, denn die<br />

in Afrika überwiegend verantwortliche<br />

Gnitze „Culicoides imicola“ ist<br />

auf dem europäischen Kontinent<br />

nicht heimisch. Insoweit wurde in<br />

2007 und 2008 ein groß angelegtes<br />

entomologisches Monitoring durchgeführt.<br />

Zwischen Mai 2007 und<br />

April 2008 wurden in den primär von<br />

der Tierseuche betroffenen Landesteilen<br />

89 Fallen aufgestellt (Abbildung<br />

1), die gefangenen Gnitzen<br />

gezählt und anhand ihrer Flügelzeichnung<br />

in Culicoides obsoletus, C.<br />

pulicaris und andere C. subspezies<br />

differenziert.<br />

Ergebnis dieses Monitorings war,<br />

dass<br />

● eine vektorfreie Periode nicht<br />

existiert (->dies war für die Bekämpfung<br />

von Bedeutung, da zu verbringende<br />

empfängliche Tiere auch in<br />

der kalten Jahreszeit (der vermeintlichen<br />

vektorfreien Zeit) vor dem<br />

Verbringen untersucht werden<br />

mussten),<br />

● die differenzierten Gnitzen überwiegend<br />

dem C. obsoletus-Komplex<br />

zuzuordnen waren, gefolgt vom C.<br />

pulicaris-Komplex.<br />

Aus den einzelnen C.-Komplexen<br />

wurden bis zu 50 Gnitzen gepoolt<br />

und am Nationalen Referenzlabor<br />

für Blauzungenkrankheit am Friedrich-Loeffler-Institut<br />

(Mecklenburg-<br />

Vorpommern) <strong>mittels</strong> PCR auf BTV-8<br />

untersucht. Insgesamt wurden etwa<br />

25.000 Pools untersucht, davon 585<br />

Pools mit positivem Ergebnis. Von<br />

Für Menschen besteht keine Gefahr der Ansteckung durch Fleisch und Milch –<br />

bei diesen gesunden Spitzenkühen schon gar nicht.<br />

diesen 585 Pools konnten 562 Pools<br />

aus dem C. obsoletus-Komplex, 16<br />

Pools aus dem C. pulicaris-Komplex<br />

und sieben Pools anderen C.-Komplexen<br />

zugeordnet werden. 401 der<br />

585 positiven Pools stammten von<br />

Gnitzen, die im Oktober gefangen<br />

worden sind (ein Pool positiv im Juni,<br />

zwei im Juli, 26 im August, 133 im<br />

September und immerhin noch 22<br />

Pools von im November gefangenen<br />

Gnitzen).<br />

Durch dieses Monitoring wurde<br />

ein Überblick erlangt über die in<br />

Abbildung 1: Geographische Stationierung der Fallen<br />

(rote Punkte); blauschraffierte Fläche stellt die Ausdehnung der BTV Anfang<br />

2007 dar (Quelle: Friedrich-Loeffler-Institut)<br />

Deutschland für die Übertragung<br />

der BTV-8 verantwortlichen Gnitzen.<br />

Trotz dieses Wissens war es aussichtslos,<br />

die Brutgebiete und damit die<br />

Vermehrung der Gnitzen einzudämmen.<br />

Die Bekämpfungsstrategie<br />

musste also an anderer Stelle ansetzen,<br />

denn auch die „klassischen“<br />

Methoden der Tierseuchenbekämpfung<br />

(Untersuchung und Tötung<br />

und unschädliche Beseitigung bei<br />

positiven Ergebnissen) waren nicht<br />

geeignet, die Seuche zu tilgen. Andererseits<br />

konnte man auch nicht<br />

auf ein „spontanes Verschwinden“<br />

des Erregers hoffen; zudem sprachen<br />

auch Tiergesundheits- und Tierschutz-<br />

sowie insbesondere auch<br />

Handelsgesichtspunkte gegen ein<br />

Abwarten.<br />

Entwicklung<br />

eines <strong>Impfstoff</strong>es<br />

Zugelassene <strong>Impfstoff</strong>e gegen<br />

BTV-8 standen nicht zur Verfügung.<br />

Gleichwohl arbeiteten verschiedene<br />

Tierimpfstoffhersteller mit Hochdruck<br />

an der Entwicklung einer entsprechenden<br />

Vakzine. Im Jahr 2008<br />

waren die <strong>Impfstoff</strong>e noch nicht zulassungsreif,<br />

aber im Labormaßstab<br />

soweit geprüft, dass sie wirksam und<br />

unschädlich schienen. Da aber eine<br />

Tilgung nur mit einer großangelegten<br />

Impfkampagne, in die alle empfänglichen<br />

Tiere einbezogen werden<br />

mussten, zu erreichen war und<br />

eine derartige Impfkampagne mit<br />

nicht zugelassenen <strong>Impfstoff</strong>en,<br />

nicht zuletzt auch wegen möglicher<br />

Schadenersatzansprüche, zu problematisch<br />

erschien, wurde unter wissenschaftlicher<br />

Federführung des<br />

nationalen Referenzlabors in MV ein<br />

Impfversuch durchgeführt. In den<br />

Versuch wurden 893 Rinder eines Betriebes<br />

und 1.132 Schafe aus zwei<br />

Betrieben einbezogen. Jeweils ein<br />

Drittel der Tiere wurde mit jeweils einem<br />

der drei zur Verfügung stehenden<br />

<strong>Impfstoff</strong>e geimpft. Die Rinder<br />

wurden grundimmunisiert (zwei Applikationen<br />

im Abstand von 21 bis 28<br />

Tagen). Drei Wochen nach der<br />

Grundimmunisierung wurden die<br />

Tiere geblutet und auf Antikörper<br />

gegen BVT-8 untersucht: mehr als<br />

95 %der Rinder hatten BVT-8-spezifische<br />

Antikörper entwickelt. Impfreaktionen<br />

gingen nicht über solche<br />

hinaus, die auch bei anderen <strong>Impfung</strong>en<br />

beobachtet wurden. Um<br />

nachzuweisen, ob die Tiere auch gegen<br />

eine BTV-8-Infektion geschützt<br />

sind, wurden aus jeder Impfgruppe<br />

jeweils sechs Rinder sowie jeweils<br />

sechs naive sero-negative Rinder als<br />

Kontrolltiere mit dem BTV-8 infiziert<br />

mit dem Ergebnis, dass alle geimpf-


44 Tier BAUERNBLATT l 11. Januar 2014 ■<br />

Auch kleine Wiederkäuer waren stark betroffen.<br />

Fotos: Isa-Maria Kuhn<br />

ten Rinder nicht nur nicht geschützt<br />

waren, sondern zudem auch keine<br />

Virämie entwickelten und insoweit<br />

auch kein BTV ausgeschieden wurde.<br />

Die Kontrolltiere zeigten typische<br />

klinische Symptomatik und<br />

schieden den Erreger aus.<br />

Die Situation bei den Schafen stellte<br />

sich vergleichbar dar. Auch hier<br />

wurde jeweils ein Drittel der Tiere<br />

mit jeweils einem der in Rede stehenden<br />

<strong>Impfstoff</strong>e geimpft. Im Unterschied<br />

zu den Rindern wurde der<br />

Merial-<strong>Impfstoff</strong> und der <strong>Impfstoff</strong><br />

der Firma CZ Veterinaria als Grundimmunisierung<br />

nur einmal verabreicht,<br />

der <strong>Impfstoff</strong>von Fort Dodge<br />

wurde zweimal im Abstand von 21<br />

bis 28 Tagen appliziert. Drei Wochen<br />

nach Abschluss der Grundimmunisierung<br />

wurden die Schafe geblutet<br />

mit dem Ergebnis, dass die Serokonversionsrate<br />

bis zu 100 %betrug, eine<br />

zweimalige Applikation (Fort<br />

Dodge) eine höhere Antikörperprävalenz<br />

erzielte, die Impfreaktionen<br />

denen entsprachen, die auch bei anderen<br />

<strong>Impfung</strong>en zu beobachten<br />

sind.<br />

Wie beim Rind auch wurden jeweils<br />

sechs seropositive Schafe aus<br />

jeder Impfgruppe mit dem BTV infiziert;<br />

bis auf ein Schaf waren alle Tiere<br />

gegen die Infektion geschützt<br />

und schieden kein BTV aus. Warum<br />

ein Tier nicht geschützt war,ließ sich<br />

nicht klären; möglicherweise wurde<br />

der <strong>Impfstoff</strong> „in die Wolle“ appliziert.<br />

Die infizierten Kontrolltiere erkrankten<br />

mit BTV-typischen Symptomen<br />

bei gleichzeitiger Virusausscheidung.<br />

Die Ergebnisse dieses Feldversuches<br />

zeigten, dass die noch nicht zugelassenen<br />

drei BTV-8-<strong>Impfstoff</strong>e<br />

hochwirksam und zudem sicher waren.<br />

Dieser Umstand führte dazu,<br />

dass das Bundesministerium für Ernährung,<br />

Landwirtschaft und Forsten<br />

im Rahmen einer Ausnahmeregelung<br />

die Anwendung der drei nicht<br />

zugelassenen BTV-8-<strong>Impfstoff</strong>e ermöglichte.<br />

In die Ausnahme wurde<br />

auch der BTV-8-<strong>Impfstoff</strong> der Firma<br />

Intervet einbezogen, der in den Niederlanden<br />

im Feldversuch getestet<br />

worden ist. Folglich begann im Mai<br />

2008 eine verpflichtende <strong>Impfung</strong> aller<br />

Rinder, Schafe und Ziegen, ungeachtet<br />

der Tatsache, dass ein Teil der<br />

zu impfenden Tiere bereits durch eine<br />

Infektion immun war. Insgesamt<br />

wurden in 2008 etwa 10,6 Mio. Rinder<br />

(Gesamtpopulation 12,9 Mio. Rinder),<br />

2,6 Mio. Schafe (Gesamtpopulation<br />

etwa 3Mio. Schafe) und<br />

0,16 Mio. Ziegen (Gesamtpopulation<br />

etwa 0,2 Mio. Ziegen) sowie auf freiwilliger<br />

Basis etwa 55.500 Stück Gatterwild<br />

gegen BTV-8 geimpft. Die verpflichtende<br />

<strong>Impfung</strong> wurde 2009<br />

fortgesetzt und bezog sich insbesondere<br />

auf die nachgeborenen Tiere,<br />

denn es konnte gezeigt werden, dass<br />

die Antikörperpräsenz nach der<br />

Grundimmunisierung lang anhielt,<br />

sodass der Fokus in 2009 auf der <strong>Impfung</strong><br />

der Nachkommen lag. In 2009<br />

wurden insgesamt weitere 5Mio.<br />

Rinder und 0,8 Mio. Schafe gegen<br />

BTV-8 geimpft.<br />

Obschon die <strong>Impfung</strong> ein Erfolg<br />

war (Antikörperabdeckung bei Rindern<br />

und Schafen etwa 83 %ohne<br />

weitere Differenzierung, ob die Antikörper<br />

impf- oder infektionsinduziert<br />

waren) und zunächst nicht sicher<br />

war,obBTV-8 aus der empfänglichen<br />

Tierpopulation getilgt werden<br />

konnte, wurde seitens der zuständigen<br />

Behörden Ende 2009 beschlossen,<br />

die verpflichtende <strong>Impfung</strong><br />

in 2010 nicht fortzusetzen, sondern<br />

den Tierhaltern zu ermöglichen,<br />

ihre Tiere freiwillig impfen zu<br />

lassen. Die Gründe für die Nichtfortsetzung<br />

der verpflichtenden <strong>Impfung</strong><br />

waren:<br />

● in benachbarten Staaten wurde<br />

auch nicht verpflichtend geimpft,<br />

● in der empfänglichen Wildtierpopulation<br />

könnte ein permanentes<br />

BTV-8-Reservoir vorhanden sein,<br />

welches eine Tilgung fraglich erscheinen<br />

ließ,<br />

● nach etwa zwei Jahren verpflichtender<br />

<strong>Impfung</strong> sollte ein ausreichender<br />

Schutz der Population gewährleistet<br />

sein und<br />

● insbesondere die Kosten beliefen<br />

sich für die <strong>Impfung</strong> 2008 auf etwa<br />

45,5 Mio. € und 2009 auf etwa<br />

16,5 Mio. €,die von der öffentlichen<br />

Hand getragen wurden.<br />

Seit 2010<br />

freiwillige <strong>Impfung</strong><br />

Unabhängig von der Strategieänderung<br />

–von der verpflichtenden<br />

<strong>Impfung</strong> 2008 und 2009 hin zur freiwilligen<br />

<strong>Impfung</strong> 2010<br />

–haben die zuständigen<br />

Behörden darüber<br />

nachgedacht, wie der<br />

BTV-Freiheitsstatus<br />

wieder erreicht werden<br />

kann. Grundlage dieser<br />

Überlegungen war einerseits<br />

die in der Europäischen<br />

Union einschlägige<br />

Vorschrift<br />

(Artikel 6Absatz 2in<br />

Verbindung mit Anhang<br />

INummer 1.3 und<br />

1.1.2.2 der Verordnung<br />

(EG) Nr.1266/2007) und<br />

andererseits Kapitel<br />

8.3.16 bis 8.3.21 des<br />

Tiergesundheitskodex<br />

der Weltorganisation für Tiergesundheit.<br />

Im Kern geht es darum<br />

nachzuweisen, dass in einem epidemiologisch<br />

relevanten Gebiet (=<br />

Deutschland) BTV-8 über einen Zeitraum<br />

von zwei Jahren nicht zirkuliert.<br />

Die zitierte Verordnung (EG) Nr.<br />

1266/2007 gibt vor,dass pro 2.000 km<br />

2<br />

Blutproben von 29 zufällig ausgewählte<br />

Rindern mit negativem Ergebnis<br />

untersucht werden müssen.<br />

Das Friedrich-Loeffler-Institut hat insoweit<br />

einen Untersuchungsschlüssel<br />

erarbeitet: Deutschland wurde in 180<br />

jeweils 2.000 km 2 große Gebiete aufgeteilt<br />

(Abbildung 2), in denen jeweils<br />

mindestens 29 Proben möglichst<br />

ungeimpfter Rinder zu untersuchen<br />

waren, das heißt, in 2010 und<br />

2011 waren jeweils mindestens 5.200<br />

Rinder zu untersuchen.<br />

Tatsächlich wurden in 2010 aber<br />

57.857 Proben untersucht (davon<br />

17.126 serologisch im Nachweisverfahren<br />

ELISA und 46.979 auf Virusantigen<br />

in der PCR). 6.066 der<br />

17.126 Proben, die im ELISA reaktiv<br />

waren, wurden <strong>mittels</strong> PCR nachuntersucht,<br />

jeweils mit negativem Ergebnis.<br />

In 2011 wurden 43.939 Proben<br />

untersucht (13.135 im ELISA und<br />

35.102 in der PCR). 4.298 ELISA-positive<br />

Proben wurden <strong>mittels</strong> PCR jeweils<br />

mit negativem Ergebnis nachuntersucht.<br />

Freiwillig wurden in<br />

2010/2011 noch 1.896 Seren von<br />

Schafen und Ziegen untersucht. 552<br />

der 1.896 Seren wurden im ELISA mit<br />

positivem Ergebnis untersucht; die<br />

entsprechenden Nachuntersuchungen<br />

<strong>mittels</strong> PCR fielen auch hier negativ<br />

aus. Zusätzlich wurden 3.023<br />

Seren von empfänglichen Wildtieren<br />

(Damwild, Mufflons, Rehwild,<br />

Rotwild) aus den Jagdjahren<br />

Abbildung 2: Darstellung der Aufteilung Deutschlands in<br />

180 epidemiologisch relevante Gebiete<br />

(Quelle: Friedrich-Loeffler-Institut)


■ BAUERNBLATT l 11. Januar 2014<br />

FAZIT<br />

Insgesamt wurden in den Jahren<br />

2010 und 2011 weniger als<br />

101.706 (30.261 im ELISA und<br />

81.899 in der PCR) Rinderseren<br />

und 1.896 Proben von Schafen<br />

und Ziegen (904 in ELISA und<br />

1.544 in der PCR) untersucht;<br />

die ELISA-positiven Proben<br />

wurden jeweils in der PCR mit<br />

negativem Ergebnis nachuntersucht.<br />

Zusätzlich hat auch<br />

die Untersuchung von 3.023<br />

Proben BTV-empfänglicher<br />

Wildtiere im ELISA beziehungsweise<br />

der PCR keinen Hinweis<br />

auf eine Zirkulation des BTV ergeben,<br />

sodass sich Deutschland<br />

im Ergebnis der 2010 und 2011<br />

durchgeführten Untersuchungen<br />

in Übereinstimmung mit<br />

Artikel 8.3.3 des Tiergesundheitskodex<br />

der Weltorganisation<br />

für Tiergesundheit mit Wirkung<br />

vom 15. Februar 2012 als<br />

frei von BTV erklärt hat. Um<br />

diesen Status aufrechtzuerhalten,<br />

werden die Untersuchungen<br />

fortgesetzt (so wurden im<br />

Jahr 2012 (ohne Einrechnung<br />

der „Exportuntersuchungen“)<br />

insgesamt 4.474 Rinderseren<br />

(2.706 Proben im ELISA und<br />

1.768 Proben in der PCR), 1.105<br />

Schaf- und Ziegenseren (207<br />

Proben im ELISA und 898 Proben<br />

in der PCR) sowie 3.821 Seren<br />

von Wildtieren (2.075 Proben<br />

im ELISA und 1.746 Proben<br />

in der PCR) jeweils mit negativem<br />

Ergebnis auf BTV untersucht.<br />

Mittels einer groß angelegten,<br />

etwa zwei Jahre andauernden<br />

Impfkampagne konnte,<br />

nicht zuletzt auch dank der<br />

zur Verfügung stehenden potenten<br />

<strong>Impfstoff</strong>e gezeigt werden,<br />

dass auch bei Vektor übertragenen<br />

Tierseuchen der Erreger<br />

aus einer empfänglichen<br />

Population getilgt werden<br />

kann.<br />

2008/09, 2009/10 und 2010/11 <strong>mittels</strong><br />

ELISA untersucht. Davon waren<br />

1.560 Seren im ELISA positiv und in<br />

der Nachuntersuchung in der PCR<br />

negativ. Die höchste Seroprävalenz<br />

wurde beim Rotwild (im Jagdjahr<br />

2010/11 10,7 %) beobachtet.<br />

Prof. Dr. Hans-Joachim Bätza<br />

Bundesministerium für<br />

Ernährung und Landwirtschaft,<br />

Verbraucherschutz<br />

Tel.: 02 28-9 95 29-34 57<br />

hans-joachim.baetza@<br />

bmel.bund.de

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