WELCHER IST GUT GENUG? - Mecklenburger Pferde
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WELCHER IST GUT GENUG? - Mecklenburger Pferde
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THEMA | HENGSTAUSWAHL UND AUFZUCHT<br />
■■■ HENGSTAUSWAHL UND AUFZUCHT<br />
<strong>WELCHER</strong> <strong>IST</strong><br />
<strong>GUT</strong> <strong>GENUG</strong>?<br />
Vor der Körung ist nach der Körung. Und just werden die männlichen Youngster selektiert, von denen Züchter und<br />
Besitzer hoffen, gut genug zu sein, um offiziell Nachkommen in die Welt setzen zu dürfen. Ziel der mittlerweile hoch<br />
professionalisierten Hengstvorbereitungen sind natürlich die 22. <strong>Mecklenburger</strong> Körtage in Redefin vom<br />
27. November bis zum 1. Dezember. Wir sprachen mit Hengsthaltern und Aufzüchtern nach Strategien, Tipps und<br />
Zeitplänen. Im Großen und Ganzen sind sich alle einig, trotzdem hat jeder hat so seine ganz eigene Methode, die<br />
zum Erfolg führen soll.<br />
8 I MECKLENBURGER PFERDE – 06 I 12<br />
Von Tara Gottmann und Jessica Bunjes<br />
Wie erkennt man, welcher Hengst überhaupt gut genug für die Körung<br />
ist? Wie geht man weiter vor, wenn man sich dazu entschieden<br />
hat, dass der Junghengst auf die Körung vorbereitet werden soll?<br />
Was für Kosten kommen auf den Besitzer des Vierbeiners zu?<br />
„Guter Charakter ist auch wichtig!“<br />
Rüdiger Tremp bereitet seit der „Wende“,1990, jedes Jahr zwei bis drei<br />
Hengste auf die Körung vor. Der 50-Jährige betreibt einen Reiterhof mit 60<br />
<strong>Pferde</strong>n und Ponys in Stülow. Mit auf dem Hof arbeiten seine Frau Kristin<br />
Romanowski, einige Lehrlinge und ein fester Angestellter. In diesem Jahr<br />
hat er zur Vorbereitung einen Reitponyhengst vom Körsieger 2008,<br />
Dance on Top, und einen Warmbluthengst, den er „noch nicht näher<br />
kennt“ und über den auch noch nicht viel verraten werden soll. Zwei<br />
mal erfüllte sich dem Ausbilder der größte aller Züchterträume. Denn<br />
zwei seiner vorbereiteten Youngster verließen den Redefiner Körplatz<br />
mit der Siegerschärpe, Dance on Top und Choco de Luxe. Züchterin<br />
beider Hengste ist Tremps Frau. „Das war ein Wahnsinns-Erfolg für<br />
uns“, so der Stülower.<br />
Tremp bereitet Hengste unterschiedlicher Rassen auf die Körung vor,<br />
darunter Reitponys, Lewitzer, <strong>Mecklenburger</strong>, Oldenburger und Hannoveraner.<br />
Bei der Hengstauswahl sind laut Tremp drei Hauptkriterien<br />
wichtig: „Der Hengst von Typ und Exterieur her natürlich von Top-<br />
Qualität sein, zweitens muss er mit besten Grundgangarten ausgestattet<br />
sein und drittens muss das Pferd einen guten Charakter haben.“<br />
Dass mit Charakter natürlich keine Körung gewonnen wird, ist klar.<br />
Dennoch, so Tremp: „Das junge Pferd, egal ob Hengst oder Stute, muss<br />
dem Menschen zugewandt und bereits an der Longe leicht durchs Genick<br />
zu stellen sein. Denn mit einem Pferd, das in diesem Punkt schon<br />
widerwillig ist, sollte ohnehin nicht gezüchtet werden.“ Bei der Auswahl<br />
der Hengste achte er daher insbesondere auf diese Punkte. Vor allem<br />
sei das Freispringen wichtig. Ziel seiner Vorbereitung ist, wie bei seinen<br />
Kollegen, selbstredend „den Hengst auf den Punkt fit zu bekommen.“<br />
Dieses Ziel müsse allerdings nach einem „individuell gestalteten<br />
Plan“ verfolgt werden: „Jeder Hengst ist anders zu arbeiten. Aber<br />
Junghengste auf der Koppel: Welcher ist<br />
der Richtige? Wer kann gekört werden?<br />
Foto: Wego<br />
HENGSTAUSWAHL UND AUFZUCHT | THEMA<br />
ich muss beiden, Pferd und <strong>Pferde</strong>besitzer, jederzeit in die Augen sehen können.“<br />
Tremp trainiert daher ausschließlich Hengste, deren Besitzer Vertrauen<br />
zu ihm haben. „Das ist die Basis“, betont er. Aufgrund der individuellen Vorbereitung<br />
kommen unterschiedliche Kosten auf den Hengsthalter hinzu: „Wir<br />
nehmen zwischen 600 und 700 Euro pro Monat. Die Zeit, die die <strong>Pferde</strong> bei<br />
uns auf dem Hof verbringen, variiert von Pferd zu Pferd.“ Mit Ponys fängt<br />
er später an zu arbeiten. Sie kommen im Schnitt erst zwei bis drei Monate<br />
vor der November-Körung nach Stülow Warmbluthengste müssen länger<br />
vorbereitet werden. „Mit ihnen fange ich im Mai oder vorzugsweise im Juni<br />
an.“<br />
Rüdiger Tremp: „Ohne<br />
Vertrauen geht nichts!“<br />
05 I 12 – MECKLENBURGER PFERDE I 9<br />
Foto: Wego
THEMA | HENGSTAUSWAHL UND AUFZUCHT<br />
Tremp ist generell dafür, den Junghengsten „mehr Zeit“ im Vorfeld zu geben<br />
und sie nach dem ersten Antrainieren „lieber noch mal auf die Koppel<br />
zu schicken.“ Das ist seiner Erfahrung nach „besser für Psyche und Körper.“<br />
Tremp betont: „ Was nützt einem ein gekörter Hengst, mit dem man später<br />
nichts mehr anfangen kann, weil er nicht mehr regulierbar ist?“ Als Beispiel<br />
nennt er zwei Ponysiegerhengste: „Der eine ist lieb, der wird von einem<br />
kleinen Mädchen auch auf Turnieren geritten. Das geht sogar mit Stuten auf<br />
dem Abreiteplatz. Der hat gelernt, wenn es rechts aus der Box geht, dann<br />
kommt er zum Phantom, wenn er nach links raus soll, dann geht es zum Reiten.<br />
Meinen zweiten Ponyhengst musste ich legen lassen, er war nicht mehr<br />
handelbar. Man muss sich im Klaren sein, dass es genug Hengste auf dem<br />
Markt gibt.“<br />
Auf die Körung bereitet Tremp die Hengste ausschließlich vom Boden aus<br />
vor. „Einige reiten ihre Hengste vorher an, das muss meiner Meinung nach<br />
nicht sein.“ Die Hengste trainiert er „im Führkarussell, viel an der Longe und<br />
ebenfalls viel beim Freispringen. An der Longe baue ich Bodenricks ein und<br />
longiere auf einem großen Zirkel, damit es nicht so stark auf die Beine geht<br />
und die Gelenke nicht überanstrengt werden.“ Wie viel mit jedem Hengst<br />
gearbeitet wird, hänge „ganz vom Pferd“ ab.<br />
„Wichtig: Das richtige Futter“<br />
Auch Sandra Engelmann, amtierende Landesmeisterin Springen in<br />
Mecklenburg-Vorpommern, ist Hengst- und Stutenhalterin und bereitet jedes<br />
Jahr Hengste auf die Körung und Stuten und Hengste auf die Lei-<br />
10 I MECKLENBURGER PFERDE – 06 I 12<br />
„Möglichst lange mit anderen <strong>Pferde</strong>n zusammen<br />
und viel auf die Koppel lassen“, rät Armin Spierling.<br />
stungsprüfungen vor. Dort ist sie auch als Fremdreiterin aktiv. 2003 kaufte<br />
die <strong>Pferde</strong>wirtschaftsmeisterin Zucht/Haltung und Reiten, die <strong>Pferde</strong> bis zur<br />
Klasse S ausbildet, ihre Reitanlage in Weitenhagen bei Greifswald und fing<br />
mit der Ausbildung von Pferd und Reiter an. Inzwischen sind etwa 50 <strong>Pferde</strong><br />
auf ihrer Anlage eingestallt, die alle neben der täglichen Arbeit auf die Weide<br />
oder, wie die Hengste, aufs Paddock kommen. Bei der Arbeit wird die 36-<br />
Jährige von ihrem Lebensgefährten Sven Busse sowie zwei Angestellten unterstützt,<br />
einem Lehrling und einer Praktikantin. „Jedes Frühjahr begucken<br />
wir zehn bis fünfzehn Junghengste, eigene und von Kunden. Dabei wird vorbesichtigt,<br />
was Größe, Korrektheit des Körperbaus und des Ganges, den Typ<br />
sowie die Qualität der drei Grundgangarten und des Sprunges angeht“, erklärt<br />
Engelmann. „Die vermeintlich besten Hengste wählen wir aus und lassen<br />
sie vom Tierarzt tüven.“ Erfahrungsgemäß blieben drei bis vier Junghengste<br />
eines Jahrganges übrig, die dann intensiv auf die Körung vorbereitet würden.<br />
„Die Fütterung ist dabei ein nicht zu vernachlässigender Aspekt. Sie muss<br />
der Arbeitsintensität des <strong>Pferde</strong>s angemessen und im Laufe der Vorbereitung<br />
angepasst werden“, schließlich sollen die Hengste Muskeln aufbauen, aber<br />
weder fett werden noch einen Eiweißüberschuss bekommen. „Es empfiehlt<br />
sich, ein bis zwei Zusatzfuttermittel, wie Powermüslis und Muskelaufbauprodukte,<br />
zuzufüttern.“ Diese Produkte müssen selbstverständlich dopingfrei<br />
sein. Auch das Training der Junghengste folgt einem strengen Plan: „Die<br />
Hengste dürfen aufgrund ihres jungen Alters nicht überfordert werden“, betont<br />
Engelmann. Ihre Methode: „Langsam, fast spielerisch, mit ihnen anfangen<br />
und die Arbeit langsam steigern. Wir beginnen mit Freilaufen in der<br />
Halle und gewöhnen die <strong>Pferde</strong> anschließend an die Sprungreihe und an die<br />
Foto: Wego<br />
Longenarbeit.“ Was nicht aufkommen dürfe, sei Langeweile: „Dann besteht<br />
die Gefahr, dass die Vierbeiner die Lust am Arbeiten verlieren.“ Das<br />
Motto der Vorbereitung sei also: „Abwechslung“.<br />
Stolperstein: Gesundheitsattest<br />
Schon im September müssen sich die Youngster bei den Hengstvorauswahlen<br />
in bester Verfassung präsentieren. Die Kör-Kommission entscheidet,<br />
welcher Junghengst zur Hauptkörung im November zugelassen<br />
wird. Dabei werden auch die Röntgenbilder von einer Tierärztekommission<br />
begutachtet, sie haben maßgeblichen Einfluss auf ein „Veto“:<br />
„Das ist ein nicht unerheblicher Stolperstein. Für den einen oder anderen<br />
Hengsthalter ist der Traum von der Körung an diesem Tag zu Ende“, erinnert<br />
die Ausbilderin. Denn auch Sandra Engelmann fährt selten mit allen<br />
vorbereiteten Hengsten nach Redefin: „Im Schnitt dürfen ein bis zwei<br />
der bei uns vorbereiteten Junghengste mit zur Körung.“<br />
Das Ziel der meisten <strong>Pferde</strong>besitzer, neben einem positiven Körurteil<br />
auch einen guten Verkaufspreis für ihren Hengst auf der Auktion zu erzielen,<br />
sieht sie zwiegespalten: Die hohen Gesamt-Kosten kämen nicht immer wieder<br />
„rein“. Ihrer Meinung nach solle der Hengstbesitzer vorrangig berücksichtigen,<br />
dass das Pferd in Zukunft die Zucht verbessern soll: „Aus<br />
diesem Grund muss der Hengst mit überdurchschnittlichen Leistungen<br />
glänzen und eine interessante Abstammung haben, hinter der ebenfalls Leistung<br />
steckt.“ Da die Körung und der Weg kostenintensiv seien, sollte ein<br />
nicht ganz so versierter Züchter unbedingt fachkundigen Rat einholen, ob<br />
es sich lohne, seinen Junghengst vorzubereiten. „Die monatlichen Ausbildungs-,<br />
Tierarzt- und Schmiedkosten, sowie die Kosten für den TÜV<br />
des Körtierarztes läppern sich“, warnt die <strong>Pferde</strong>wirtschaftsmeisterin. Bei<br />
einer Vorbereitungszeit von fünf bis sieben Monaten ist der <strong>Pferde</strong>besitzer<br />
pro Vierbeiner also schon mal schnell mit 5000 Euro dabei.<br />
Alles auf eine Karte setzen –<br />
und Glanzspray nicht vergessen<br />
Am Tag der Körung dürfe trotz des Faktors „Fluchttier Pferd“ möglichst<br />
nichts „dem Zufall überlassen“ werden, wie Engelmann betont. Zusätzlich<br />
zur Qualität könne Top-Gepflegtheit nicht schaden: „Man sollte den Hengst<br />
so sehr herausputzen, wie es nur geht. Nicht fehlen dürfen Schere, Frisur,<br />
Glanzspray, Huf- und Babyöl.“<br />
Als weiteren Tipp gibt sie Hengstanwärterbesitzern mit auf den Weg:<br />
„Da an den Schwächen des Hengstes gearbeitet werden muss und die Stärken<br />
hervorgehoben werden sollen, ist ein erfahrener Vorführer absolut notwendig.“<br />
Selber machen gilt also nicht, immerhin habe der Vorführer „einen<br />
nicht unerheblichen Anteil daran, dass der Junghengst von seiner allerbesten<br />
Seite gezeigt wird.“ Nur wer ein Pferd wirklich kennt, mit ihm<br />
das Vormustern an der Hand und das Ablassen zur Freispringreihe geübt<br />
hat, überlässt so wenig wie möglich dem Zufall. Dem Hengsthalter bliebe<br />
schlussendlich nichts anderes übrig, als darauf zu hoffen, dass der Junghengst<br />
„auf den Punkt“ die optimale Tagesform habe und sich nach der Körung<br />
sofort ein Kaufinteressent finde. „Das Ziel der meisten Züchter ist der<br />
Verkauf ihres Hengstes, am besten direkt am Körwochenende in Redefin.“<br />
Spring- oder Dressurabstammung?<br />
Sandra Engelmann: „Nichts<br />
dem Zufall überlassen!“<br />
Der Diplom-Agrar-Ingenieur Rocco Henning (38), betreibt auf dem landwirtschaftlichen<br />
Anwesen seines Vaters in Hohenmocker eine Hengststation.<br />
„Auf unserer Anlage stehen knapp 60 <strong>Pferde</strong>, darunter ein Pony“, erklärt<br />
Foto: Wego<br />
© Foto: www.toffi-images.de<br />
HENGSTAUSWAHL UND AUFZUCHT | THEMA<br />
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06 I 12 – MECKLENBURGER PFERDE I 11
THEMA | HENGSTAUSWAHL UND AUFZUCHT<br />
Rocco Henning: „Man muss keinen Junghengst auf die<br />
Körung vorbereiten, wenn er trotz guter Abstammung kein<br />
Talent zum Springen hat.“<br />
er. Vertreten sind der ganze Reigen - Holsteiner, Hannoveraner, Westfalen<br />
und natürlich vor allem <strong>Mecklenburger</strong>. Seit acht Jahren, seit Beendigung<br />
seines Studiums, bereitet Henning Stuten und Hengste auf Leistungsprüfungen<br />
und die Körung vor. „Es ist immer unterschiedlich, wie viele Hengste bei uns<br />
sind. Dieses Jahr sind es vier Junghengste, von denen wohl realistischerweise<br />
nur zwei zur Hauptkörung zugelassen werden.“ Eine gewisse „Quote“ sei immerhin<br />
auch mit im Spiel.<br />
Auch diese <strong>Pferde</strong> haben bei Henning schon eine interne Vorauswahl passiert:<br />
„Am Anfang hatte ich mir sieben Hengste ausgesucht, eigene, von Einstellern<br />
und von außerhalb, von denen drei aber doch noch nicht so weit waren.“<br />
Seiner Meinung nach müsse man sich im Vorfeld überlegen, was für ein<br />
Pferd man vor sich hat - Spring- oder Dressurabstammung? Henning: „Man<br />
muss keinen Junghengst mit einer super Springabstammung auf die Körung<br />
vorbereiten, wenn er kein Talent zum Springen hat. Ein Dressurpferd andererseits<br />
muss nicht perfekt freispringen können und ein Springpferd braucht<br />
keine atemberaubenden Gänge, aber es muss trotzdem locker und elastisch<br />
laufen.“<br />
Außerdem müsse man bedenken, ob der Junghengst groß genug wird, ob<br />
Konstitution und Kondition genug entwickelt sind, oder ob er einfach noch<br />
zu fohlenhaft ist.“ Denn vor allem letzteres bekäme man in wenigen Monaten<br />
Vorbereitungszeit „nicht mehr hin“. Die körperliche Entwicklung sei<br />
schließlich schwer zu beeinflussen. Insbesondere käme es auf die Korrektheit,<br />
die Bewegung und den Sprung des Junghengstes an. „Da muss alles stimmen.“<br />
Henning verrät seinen Grundgedanken: „Wenn ich selbst meine Stute<br />
von diesem Hengst nicht decken lassen würde, ist die ganze Vorbereitung<br />
12 I MECKLENBURGER PFERDE – 06 I 12<br />
Fotos: Wego<br />
eine brotlose Kunst, denn man muss seinen Hengst selbst als Zuchttier<br />
anerkennen.“<br />
Ganz wichtig bei der Vorauswahl sei auch der Typ des jeweiligen <strong>Pferde</strong>s,<br />
denn: „Keiner möchte einen hässlichen Hengst haben.“ Die Arbeit mit<br />
den jungen Hengsten beginne vorsichtig und steigere sich stetig: „Man sollte<br />
langsam anfangen mit Freilaufen und danach Anlongieren, erst mit Halfter,<br />
später mit Trense und Gurt, den man später schon mit dem Sattel tauschen<br />
kann. Dazu sollten die Junghengste in die Führanlage gehen und Freispringen.<br />
Dabei sollte man zwischen Training auf Höhe und Gymnastizierungsreihen<br />
abwechseln.“ In der Endphase der Vorbereitung sei man bei<br />
einer Stunde in der Führanlage und 45 Minuten an der Longe angekommen,<br />
die <strong>Pferde</strong> sollten gerne zwei Mal am Tag bewegt werden. „Zu Beginn<br />
sollte man mit zehn Minuten anfangen und sich in kleinen Schritten<br />
immer weiter steigern“, rät der Hengsthalter. Ebenso wie Sandra Engelmann<br />
schenkt Henning dem Thema Fütterung große Aufmerksamkeit: „Wenn<br />
ein gutes Grundfutter gegeben ist, also guter Hafer, gutes Heu und gutes<br />
Stroh, dann kann mit Zusatzfutter ein bisschen nachgeholfen werden. Das<br />
muss individuell auf jedes Pferd abgestimmt werden. Man muss lernen, abzuschätzen,<br />
was der jeweilige Junghengst benötigt.“ Wegen der enormen<br />
Kosten, die auf den Hengsthalter zukämen, rät Henning, den „TÜV“ schon<br />
jetzt machen zu lassen und nicht erst bei der Vorauswahl im September.<br />
„Da kommt manchmal das böse Erwachen und alles war für die Katz.“<br />
Wer durchkommt, verursacht immer noch genügend Kosten zusätzlich<br />
zu dem, was für die Monate der Ausbildung anfällt:<br />
Allein die Hauptkörung kostet knapp 1000 Euro und wer es schafft, dass<br />
sein Hengst gekört wird, muss noch einmal eine Pauschale von knapp 1000<br />
Euro „hinblättern“. Henning erinnert daran, „dass längst nicht mehr alle Hengste<br />
auf der Auktion gut verkauft werden“: „Das war ein Marktinstrument<br />
und ein Trend, der inzwischen rückläufig ist. Die großen Hengststationen<br />
kaufen sich die Siegerhengste und es sind sicherlich auch andere Hengste<br />
dabei, die ins In- und Ausland verkauft werden. Aber so viel wie früher ist<br />
das nicht mehr.“ Heutzutage seien seiner Auffassung nach eher gut gerittene<br />
Reitpferde gewünscht.<br />
Nicht zu viel springen lassen<br />
Zur perfekten Vorbereitung der Junghengste rät er: „Man sollte nicht zu<br />
viel mit den Hengsten freispringen und individuell auf jedes Pferd eingehen.<br />
Ich rate außerdem dazu, die Junghengste so lange wie möglich in einer Herde<br />
zusammen zu lassen. Beim Spielen in einer Laufbox oder draußen beanspruchen<br />
sie ihre Sehnen und Bänder besser als bei jeder Arbeit an der Longe.“<br />
Der ausgiebige Weidegang sei ebenso wichtig für die Gesundheit des <strong>Pferde</strong>s<br />
und es käme zu viel weniger Problemen mit den Gelenken. Als letztes<br />
rät der erfahrende Hengstvorbereiter: „Es empfiehlt sich ein guter Draht zu<br />
Personen der Körkommission. Sie kann man im Frühjahr schon fragen, ob<br />
sie sich den Junghengst im Vorfeld schon einmal ansehen können. Wenn einem<br />
dann geraten wird, es lieber zu lassen, muss man weder dem Junghengst<br />
noch sich selbst den Stress und die Kosten antun. Die wissen, was sie sehen<br />
wollen.“ Auf seinen ersten Siegerhengst wartet Henning noch.<br />
Einmal im Leben...<br />
„So einen hat man nur ein oder zweimal im Leben“, betont Armin<br />
Spierling, der in Neuenkirchen einen Pensions- und Ausbildungsstall mit<br />
knapp 40 <strong>Pferde</strong>n betreibt. Angefangen hatte alles mit seiner Ausbildung im<br />
Brandenburgischen Haupt- und Landgestüt Neustadt/Dosse. Auf seiner Anlage<br />
züchtet er mit zwei Warmblütern und zwei Reitponys. Siegerhengste hat<br />
er bisher zwei vorbereitet, Reitpony Hengst Di Caprio aus der Zucht von Günther<br />
Helm (Eldena), und den <strong>Mecklenburger</strong> Lord Dream aus der Zucht von<br />
Uwe Thomas (Blowatz).<br />
Seine 50sten Geburtstag feierte Spierling bei der letztjährigen Körung in<br />
Redefin. „Besser kann man gar nicht 50 werden“, sagt er schmunzelnd. Spierlings<br />
17-jährige Tochter Kati ist erfolgreich im Sport unterwegs, gewann erst<br />
just beim <strong>Pferde</strong>festival Redefin mit ihrer Hannoveranerstute Befana die FEI-<br />
M**-Dressur für Junioren und Junge Reiter.<br />
In diesem Jahr bereitet Spierling vier Junghengste auf die Hauptkörung<br />
vor, ein Reitpony, zwei <strong>Mecklenburger</strong> und einen Holsteiner:<br />
„Ich habe auch schon neun Junghengste in der Vorbereitung gehabt<br />
und war deutschlandweit unterwegs“, berichtet er. „Aber<br />
ich nehme nur so viele Hengste auf, wie ich schaffe, auch selbst<br />
zu arbeiten.“ Bei der Hengstauswahl überlässt der Neuenkirchener<br />
die letzte Entscheidung dem <strong>Pferde</strong>besitzer: „Ich kann dabei jedem<br />
nur den Tipp geben, sich von Fachleuten, Züchtern und<br />
anderen Hengsthaltern beraten zu lassen.“ Seinem Empfinden<br />
nach muss bei einem Junghengst alles passen: „Entwicklung,<br />
Männlichkeit und Ausstrahlung“. „Wenn ich jedoch während<br />
der Arbeit mit einem Hengst merke, dass es doch kaum Chancen<br />
für dieses Pferd gibt, bespreche ich das mit dem Besitzer.“<br />
Denn es sei schon „schwierig genug“, überhaupt durch die Vorauswahl<br />
zu kommen: „Letztes Jahr wurde keiner meiner vorbereiteten<br />
Junghengste zur Hauptkörung zugelassen“, nennt<br />
Spierling eine Enttäuschung. Aber das gehört zum Geschäft dazu.<br />
Keiner hat gesagt dass es ein Spaziergang ist.<br />
Aller Anfang ist Vertrauen...<br />
„Schlecht“ seien diese Hengste natürlich trotzdem nicht: „Es<br />
wird immer schwieriger, einen Hengst gekört zu bekommen, das<br />
hat nichts mit den späteren Reiteigenschaften und dem Hengst<br />
an sich zu tun. Aber das System ist hart und es wird sehr viel verlangt<br />
von den jungen Tieren, darüber muss man sich im Klaren<br />
sein“ Das müsse man ebenso in der täglichen Arbeit mit dem<br />
Junghengst bedenken: „Die Hengste können ruhig bis Mai auf<br />
die Koppel gehen und müssen schonend aufgezogen werden.<br />
Man soll schließlich noch erkennen, dass es sich um ein junges<br />
Pferd handelt, weil die Hengste ansonsten nach der Körung<br />
schnell wieder zusammenbrechen.“ Für Spierling beginnt alles<br />
mit Vertrauen. Später wird der Hengst anlongiert, wenig ausgebunden,<br />
das Arbeitspensum wird langsam gesteigert. „Das Pferd<br />
soll für seinen Ausbilder arbeiten. Als Hengstvorbereiter muss<br />
ich seinen Charakter, seine Stärken und Schwächen genau kennen<br />
lernen, damit ich im Training damit umgehen kann.“ Die<br />
Schwächen sollten tunlichst vertuscht, die Stärken betont werden.<br />
Das Zusammenspiel mit bester Pflege und optimaler Fütterung<br />
zu optimieren, „das Beste“ aus dem Pferd herauszuholen,<br />
sei Ziel. Spierling: „Da hat jeder Ausbilder so seine eigenen<br />
Tricks. Ich füttere beispielsweise Malzbier.“ Auf seiner Anlage<br />
hält Spierling die Hengste zusammen mit allen anderen <strong>Pferde</strong>n:<br />
„Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Hengste psychisch besser<br />
drauf sind, wenn sie alle Gerüche wahrnehmen und nicht isoliert<br />
gehalten werden. Am Anfang war das eine Umstellung, aber<br />
HENGSTAUSWAHL UND AUFZUCHT | THEMA<br />
es ist letztendlich ideal.“ Und selbst wenn der Traum des gekörten Hengstes<br />
platzt: Jedem Hengsthalter sollte bei aller Enttäuschung bewusst sein, dass<br />
aus einem Hengst kein schlechtes Reitpferd wird, nur weil es für eine Körung<br />
nicht reicht.<br />
Bild unten: Armin Spierling bildet erfolgreich Hengste und Stuten aus.<br />
Foto: Wego Bild oben: „Alles muss stimmen: Exterieur, Vermögen und Einstellung.“<br />
06 I 12 – MECKLENBURGER PFERDE I 13