Newsletter Nr. 15 01/2014 - Das Pestalozzi-Fröbel-Haus
Newsletter Nr. 15 01/2014 - Das Pestalozzi-Fröbel-Haus
Newsletter Nr. 15 01/2014 - Das Pestalozzi-Fröbel-Haus
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
PFH-<strong>Newsletter</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>15</strong> • 10. Januar 2<strong>01</strong>4<br />
……....…………………………………………….<br />
ihrer Kindheit war der Bau einer Umgehungsstraße, der das Dorf in zwei Teile spaltete<br />
und dem der Bach samt den alten Weiden zum Opfer fiel, ein Bild, das ihr noch heute<br />
klar vor Augen steht, ein Verlust, ohne Frage. Wälle aus Sand und Kies formten in den<br />
Jahren der Bauarbeiten einen gefährlichen Abenteuerspielplatz; übrig blieben eine<br />
Bundesstraße, ein kloakiges Abwasserrinnsal und das strikte Verbot dort zu spielen.<br />
Zum Gymnasium fuhr sie nach Petershagen, noch ein Dorf weiter, über die Weser,<br />
zwei Stunden Busfahrt am Tag. Mit 16 wusste sie, was sie wollte: Kunst studieren! Ein<br />
Onkel, Sonderschullehrer mit künstlerischen Ambitionen hatte sie mitgenommen ins<br />
Fotolabor, sie experimentieren lassen mit Holz und Farbe und Belichtung, ihr die Bandbreite<br />
künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten gezeigt, sie fühlte sich gesehen, wahrgenommen<br />
und gefördert. Es folgten Zeichenkurse in Minden, Mappenvorbereitungskurse<br />
in Rinteln, ein Dorf in der entgegengesetzten Richtung: lange Busfahrten dorthin<br />
jeden Freitag und Samstag – Mühe und Arbeit; jetzt bewies sich die protestantische<br />
Prägung. Klar war nur der Wunsch Künstlerin zu werden, was auch immer sie damit<br />
verbunden hat - frei sein, gut möglich. Klar war auch: Elke Berning wollte nach Berlin,<br />
Kunst studieren in Berlin, sonst nichts! <strong>Das</strong> erklärt auch, warum sie nach dem Abitur<br />
zunächst jobbte, denn ihre Mappe war in Berlin auf Ablehnung gestoßen und die Eltern<br />
wurden unruhig. Irgendwann kam sie abends nach <strong>Haus</strong>e, an den Seiten kahlgeschoren<br />
wie ein Punk, bei den Eltern: Entsetzen! Und dann die Aufforderung: Du musst<br />
jetzt irgendetwas machen, eine Lehre, eine Ausbildung zur Arzthelferin, zur Bankkauffrau,<br />
das protestantische Spektrum dörflicher Möglichkeiten. Doch Elke Berning wollte<br />
Kunst studieren in Berlin! Und das tat sie, mietete zwei Zimmer in einem Flachdachgebäude<br />
in Berlin-Neukölln, großflächig, aber bescheiden mit Kohleöfen und kaltem<br />
Fußboden; es war schon ein anderes Wohngefühl als zu <strong>Haus</strong>e, aber es war gut so.<br />
Die dritte Bewerbung schließlich war erfolgreich. Sie durfte zur Aufnahmeprüfung kommen<br />
und konnte im Herbst 87 anfangen Kunst zu studieren - freie Kunst, endlich! Nach<br />
einem Jahr Grundlehre entschied sie sich für Malerei und die Klasse von Professor<br />
Bernd Koberling. Bildhauerei hatte sie sich nicht zugetraut. Bernd Koberling aber sah<br />
sie nicht, nahm sie erst wahr, als sie längst in andere Gefilde geflüchtet war, sich von<br />
der Zeichnung gelöst hatte und große Webteile anfertigte, transparente Stoffe webte,<br />
breitmaschige Jute, ein Netz. Für sie ein Aha-Erlebnis, für Koberling auch: Er war beeindruckt<br />
– nachhaltig. Sie hat dann Objekte genäht und ihre Abschlussprüfung mit<br />
genähten Objekten bestückt: Boxhandschuhe aus Samt, eine Fechtjacke mit Polsterung,<br />
die aber den Herzpunkt offengelegt, Punchingbälle mit weiblichen Brüsten und<br />
das männliche Pendant dazu mit 40 phallusartigen Objekten. <strong>Das</strong> gab es so auch in<br />
der HdK vorher nicht. Sie hatte ihre Ausstellung aufgebaut und dann kam Bernd Koberling,<br />
schaute, begutachtete und war offensichtlich richtig beeindruckt. Die Prüfungskommission<br />
entschied und Elke Berning erreichte eine enorm hohe Punktzahl und damit<br />
einen BaFöG-Erlass, den nur die ersten drei der besten Absolventen erhalten. Es<br />
11