Download - Buntes Haus Celle
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1998 verabschiedete Bundes-Bodenschutzgesetz (BBod-<br />
SchuG) verfolgt den Zweck, die Funktionen des Bodens<br />
nachhaltig zu sichern oder wieder herzustellen. Schädliche<br />
Bodenbelastungen sollen abgewehrt und bestehende<br />
Belastungen saniert werden. In einer Durchführungsverordnung<br />
wurden so genannte Vorsorge-, Prüf- und<br />
Maßnahmewerte festgeschrieben. Dabei unterscheidet<br />
man zwischen unterschiedlichen Wirkungspfaden je<br />
nach Nutzung des Bodens. Es geht um die menschliche<br />
Gesundheit, die Qualität von Nahrungs- und Futterpflanzen<br />
sowie das Bodensickerwasser auf dem Weg zum<br />
Grundwasser.<br />
Dabei gibt es unterschiedliche Analyseverfahren: das<br />
Bestimmungsverfahren nach »Königswasser« (KW), wo<br />
die Bodenschadstoffe durch ein Salpeter-<br />
/Salzsäuregemisch gelöst werden, und der so genannten<br />
»Ammoniumnitrat-Extrakt« (AN) sind die gängigsten.<br />
Bei direkten Wirkungspfad Boden – Mensch, was z.B.<br />
die Gefahr betrifft, dass Kinder den Sand von Spielplätze<br />
"essen", wird nach KW beprobt. Beim Wirkpfad Boden<br />
- Pflanze mit dem AN-Verfahren. Dabei ergeben<br />
sich sehr unterschiedliche Werte, wonach dann die unterschiedlichen<br />
Grenzwerte festgelegt werden. So liegt<br />
der Prüfwert für Blei bei Kinderspielplätzen bei 200<br />
mg/kg TS Im KW-Verfahren, beim Wirkpfad Boden-<br />
Pflanze dagegen bei 0,1 mg/kg TS im AN-Verfahren.<br />
Das führt leider häufig zu Verwirrung, denn die Anbieter<br />
für Bodenproben, die im Internet aufzuspüren<br />
sind, beproben noch wieder in einem anderen Standard,<br />
in der Regel über einen Salpetersäure-Auszug. Die privat<br />
in der Kleingartenkolonie Hospitalwiesen genommene<br />
Probe wies nach einem solchen Verfahren 101 mg/kg<br />
TS bei Blei und 2,57 mg/kg TS bei Cadmium auf. Die<br />
im AN-Verfahren ausgewertete, „offizielle“ Probe kam<br />
bei Blei auf 0,15 mg/kg TS. Diese gravierenden Unterschiede<br />
ergeben sich aus der abweichenden Methodik.<br />
Nun ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass beim<br />
AN-Verfahren nur der Anteil des jeweiligen Schadstoffes<br />
erfasst werden muss, der für die Pflanzen verfügbar ist –<br />
und hat als Grenzwerte bei diesem Verfahren 0.1 mg/kg<br />
bei Blei und 0,04 mg/kg TS bei Cadmium festgelegt.<br />
In einer Broschüre des Bundesverbandes Deutscher<br />
Gartenfreunde mit dem Titel »Gärtnern - trotz Bodenbelastung«<br />
vom August 2007 sind dennoch für alle<br />
Pflanzenarten „Bedenklichkeitsstufen“ nach dem KW-<br />
Aufschlussverfahren angegeben. Und danach dürfte außer<br />
Kartoffeln und Fruchtgemüse wie Bohnen, Gurken,<br />
Tomaten und Zucchini nichts mehr angebaut werden.<br />
So ist es durchaus nachvollziehbar, dass die Stadt<br />
nach der ersten Beprobung im Jahr 2000, die Kleingärtner<br />
darauf hinwies, dass „Gemüseanbau [...] nicht mehr<br />
betrieben werden“ sollte, wie es in der CZ vom<br />
14.10.2013 zu lesen war. Und hier wird es jetzt - überspitzt<br />
gesagt - kriminell. Denn weder der damalige<br />
KGV-Vorstand, noch seine Nachfolger wiesen die Pächter*innen<br />
auf diesen Umstand hin. Seit über zehn Jahren<br />
bauen sie also Gemüse an, das beim Verzehr gesundheitlich<br />
negative Folgen haben kann.<br />
Der Gipfel des Skandals besteht darin, dass in den<br />
letzten Jahren ein Projekt des Jobcenters, durchgeführt<br />
vom der Konfides GmbH, dafür sorgt, dass Gemüse aus<br />
der Kleingartenanlage über die »<strong>Celle</strong>r Tafel« verteilt<br />
wurde. Dies wurde sofort eingestellt, nachdem die Problematik<br />
öffentlich wurde. Aber vor diesem Hintergrund<br />
stellt sich letztlich auch die Frage, ob sich der Vorstand<br />
des Kleingartenvereins strafbar gemacht hat.<br />
Die Fraktion Die Linke/BSG hat beantragt, dass der<br />
ganze Vorgang in der nächsten Sitzung des Ausschusses<br />
für öffentliche Einrichtungen, Umwelt und Klimaschutz<br />
am 7. November dargestellt wird.<br />
Die ganz informative Broschüre des Bundesverbandes Deutscher<br />
Gartenfreunde steht im Internet zum download unter:<br />
http://www.kleingarten-bund.de/downloads/bdg_bodenbelastung.pdf<br />
Interview zur Bodenbelastung im KGV Hospitalwiesen<br />
Kräuter und Erdbeeren gehen gar nicht<br />
Der belastete Garten in den Hospitalwiesen wurde im<br />
Frühjahr 2013 von zwei Mitgliedern der ehemaligen<br />
Transition-Town-Gruppe <strong>Celle</strong> angepachtet. Gemeinsam<br />
mit sieben Personen bearbeiteten sie die rund 500<br />
qm große Fläche, bis die Beprobung auf Schwermetalle<br />
und die Folgen das Projekt beendete. Wir sprachen mit<br />
Conny (C) und Tina (T).<br />
??: Erzählt mal, wie und warum ihr euer Projekt in den<br />
Hospitalwiesen angegangen seid.<br />
C: Wir haben zwar kleine <strong>Haus</strong>gärten, wollten aber<br />
mehr Gemüse anbauen. In der Kleingartenkolonie Hospitalwiesen<br />
haben wir schnell eine geeignete Fläche gefunden.<br />
Dann haben wir einige Leute angesprochen, die<br />
wir z.B. aus dem Tauschring kennen, und hatten ziemlich<br />
schnell eine Gruppe von neun Leuten zusammen –<br />
drei Männer und sechs Frauen.<br />
T: Wir haben im Losverfahren Flächen untereinander<br />
aufgeteilt und mit viel Enthusiasmus angefangen. Das<br />
hat auch alles wunderbar geklappt und uns viel Freude<br />
gemacht.<br />
??: Wieso habt ihr eine Bodenprobe genommen?<br />
T: Im Mai gab es ja das Hochwasser und unser Garten<br />
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4 revista Nr. 67, Nov./Dez. 2013