Das Stadtmagazin
Neu
Neu
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
36<br />
Aufgeschnappt<br />
Aufgeschnappt<br />
Moderne Zeiten, neue Themen. So musste<br />
sich der Bundesgerichtshof wohl vorkommen,<br />
als er sich jetzt mit der Frage nach Ad-<br />
Word-Anzeigen beschäftigen musste. Gegen<br />
Zahlung eines Entgelts zeigt Google die vom<br />
Werbenden vorgegebene AdWord-Anzeige<br />
auf der Internetseite. Diese erscheint, wenn<br />
der als Schlüsselwort benannte Begriff von<br />
einem Internetnutzer in die Suchmaske eingegeben<br />
wird.<br />
So kam ein Erotikshop aus dem Hessischen<br />
auf die famose Idee, die Bezeichnung „Beate<br />
Uhse“ als AdWord-Anzeige zu nutzen. Bei<br />
der Eingabe des Wortes „Beate Uhse“ in der<br />
Suchmaske von Google erschien in diesem<br />
Bereich die Anzeige des Erotikshops. Dieser<br />
versprach: „Ersparnis bis 94% garantiert“.<br />
Nun weiß wahrscheinlich jeder, um wen es<br />
sich bei „Beate Uhse“ handelt und die Frage,<br />
die sich den Gerichten nunmehr stellte, war,<br />
ob die Benutzung der Marke „Beate Uhse“ im<br />
Zusammenhang mit einer AdWord-Anzeige<br />
eine Markenverletzung darstellt.<br />
„Beate Uhse“ reichte Klage ein beim Landgericht<br />
Frankfurt und beantragte, dem<br />
Erotikshop unter Androhung von saftigen<br />
Geldauflagen zu verbieten, in einem Internet-<br />
Referenzierungsdienst, insbesondere Google,<br />
das Schlüsselwort „Beate Uhse“ in oder für<br />
eine Werbung mit Erotikartikeln zu benutzen.<br />
<strong>Das</strong> Landgericht Frankfurt gab der Klage statt<br />
und verurteilte den Erotikshop auf Unterlassung<br />
und Schadenersatz. Natürlich sah das<br />
der Erotikshop nicht ein und ging in die Berufung.<br />
<strong>Das</strong> Berufungsgericht, hier also das<br />
Oberlandesgericht Frankfurt, wies die Klage<br />
ab und schickte „Beate Uhse“ mit den Kosten<br />
des Verfahrens nach Flensburg zurück.<br />
<strong>Das</strong> wiederum ließ nun die norddeutsche<br />
Firma nicht auf sich sitzen und ging in die Revision<br />
zum Bundesgerichtshof. Jetzt liegt das<br />
Urteil vor: Gewonnen hat „Beate Uhse“.<br />
Nach Auffassung der Bundesrichter habe die<br />
Vorinstanz die Bekanntheit der Marke „Beate<br />
Uhse“ nicht ausreichend berücksichtigt.<br />
Schließlich genieße das Unternehmen ausgesprochen<br />
hohe Bekanntheitswerte und sei<br />
auf dem Gebiet des Vertriebs von Erotik-Produkten<br />
die in Deutschland bekannteste Marke.<br />
Wenn eine solche Marke bekannt ist und<br />
die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft<br />
ohne rechtfertigenden Grund in<br />
unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt,<br />
liege eine Markenverletzung vor. Außer-<br />
Damit hatte der Erotikshop das Nachsehen<br />
und „Beate Uhse“ hat es geschafft. Der Name<br />
stelle eine Marke dar, wie „Tempo“, „Melitta“<br />
oder „Coca-Cola“. Von Flensburg in die Welt.<br />
<strong>Das</strong> musste in diesem Falle sogar der Bundesgerichtshof<br />
anerkennen.<br />
Otto Höffmann<br />
Heute schon gegoogelt?<br />
„Es gibt keinen Grund, warum jemand einen<br />
Computer zu Hause haben wollte.“ Diesen<br />
Satz sprach Ken Olsen, der Gründer von DEC<br />
(seinerzeit neben IBM der größte Computerhersteller)<br />
weiland 1977, als selbst heute erst<br />
Fünfzigjährige noch die Schreibmaschinen<br />
malträtierten. Da steckte das Internet noch<br />
in Babyschuhen, denen es am 6. August 1991<br />
dann entwachsen war. <strong>Das</strong> war vor nicht einmal<br />
23 Jahren!<br />
Und heute? Ohne Internet leben zu wollen,<br />
erfüllt nicht einmal mehr den Anspruch<br />
von Schrulligkeit, sondern ist schlichtweg<br />
altvordern und rückständig. Doch halt! <strong>Das</strong><br />
Gegenteil bedeutet nicht die blindwütige<br />
Umarmung all dessen, wozu diese Vernetzung<br />
verleiten kann, die Überwachungsgelüste<br />
großkopferter Mächte außen vor gelassen.<br />
Denken wir und nehmen uns das auch<br />
vor, doch sind wir wirklich so geschickt, die<br />
Rechnung beispielsweise ohne Google zu<br />
machen?<br />
Deren „wearables,“ jene mit Internet bestückten<br />
Datenbrillen, man sich ja nicht aufsetzen<br />
muss – zumal ich mir heute partout<br />
(noch) nicht vorstellen kann, warum ich mit<br />
einem aktiven Server auf der Nase durchs<br />
Leben spazieren soll? Wo ich doch eigentlich<br />
gucken will, wer mit wem und wo und wann.<br />
Wo ich kommunizieren, Geschriebenes lesen,<br />
arbeiten, Auto fahren und Spaß haben<br />
soll und will. Ohne Google & Co.<br />
Sie jedoch nicht in unsere letzte Domäne<br />
von Privatheit zu lassen, setzt wahre Meisterstücke<br />
voraus, denn kaum vergeht ein<br />
Tag, an dem uns das Leben von ihnen nicht<br />
„leichter gemacht“ werden sol. Mit steuerbaren<br />
Haushaltsgeräten über das Smartphone<br />
von unterwegs oder bald auch mit einem<br />
Auto, das besser alleine fährt. Toll, doch die<br />
Technik darin tangiert jedes Detail unseres<br />
Lebens, indem sie sich merkt, wann wir die<br />
Kaffeemaschine meist einschalten, wann wir<br />
die Läden schließen vor dem Zubettgehen<br />
oder wohin wir fahren und wie lange wir<br />
dort bleiben. Klingt wie George Orwells Vision<br />
vom „gläsernen Menschen“ und ist sogar<br />
noch prägnanter. Schau´n mer mal, wie<br />
wir uns auch darin einleben (müssen). Nach<br />
Spaß klingt´s nicht!