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BAHN EXTRA Berliner S-Bahn (Vorschau)

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2|2013 – März/April • € 12,50 CH: sFr 24,80 • A: € 14,20 • B/NL/L: € 14,60<br />

Ein Magazin von<br />

Erinnerungen und Emotionen:<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Verkehr in<br />

der geteilten Stadt<br />

Mit vielen Linienplänen<br />

und S-<strong>Bahn</strong>-Raritäten!<br />

<strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong><br />

Zwischen Höchstleistung und Krise<br />

Strecken: Stadtbahn,<br />

Ringbahn, Siemensbahn<br />

Geschichte: <strong>Bahn</strong>höfe und<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Verkehr einst & jetzt<br />

Fahrzeuge: Unterwegs mit<br />

dem legendären Stadtbahner


Schlachten, Technik,<br />

Feldherren<br />

Das neue Heft ist da.<br />

Jetzt am Kiosk!<br />

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Inhalt<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

was macht für Sie Berlin aus? Das<br />

Brandenburger Tor, der Alexanderplatz,<br />

der Reichstag? Und bei der Eisenbahn?<br />

Ganz sicher die Stadtbahn, einer<br />

der großen <strong>Bahn</strong>höfe – und vermutlich<br />

auch die S-<strong>Bahn</strong>, oder? Sie hat<br />

den Nahverkehr und die Verkehrsgeschichte<br />

der Stadt mit geprägt, vollbrachte<br />

Höchstleistungen und sorgte<br />

für Diskussionen, nicht zuletzt in<br />

jüngster Zeit. Ihre Geschichte, ihre Verdienste,<br />

ihre Schwierigkeiten und ihre<br />

Projekte dokumentieren wir in diesem<br />

Heft. Auch verbunden mit der Hoffnung,<br />

dass die S-<strong>Bahn</strong> bald wieder in<br />

so leuchtenden Farben erscheint, wie<br />

sie Künstler im <strong>Bahn</strong>hof Birkenwerder<br />

porträtiert haben – siehe obiges Foto.<br />

Viel Vergnügen mit den Zeichnungen<br />

und mit dem Heft<br />

Ihre Redaktion <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong><br />

Schwerpunkt: Entwicklung der S-<strong>Bahn</strong><br />

Züge für die große Stadt<br />

Impressionen: Berlins Stadt- und 4<br />

Vorortverkehr<br />

Von Dampf- zu Elektrozügen<br />

Zeittafel zum Vorort- und S-<strong>Bahn</strong>-Verkehr 14<br />

Im Zeichen der Ringe<br />

S-<strong>Bahn</strong> und Olympische Spiele 1936 16<br />

Ende und Neuanfang<br />

Die S-<strong>Bahn</strong> 1944/45 18<br />

„Berlin ist zu!“<br />

Die S-<strong>Bahn</strong>, ein Junge und der Mauerbau 22<br />

Getrennte Welten<br />

Die S-<strong>Bahn</strong> zwischen 1961 und 1989 24<br />

Wieder ein Netz<br />

Neue Wege nach der Wiedervereinigung 32<br />

Später oder gar nicht<br />

Die S-<strong>Bahn</strong>-Krise seit 2009 36<br />

Auf einen Blick<br />

Das S-<strong>Bahn</strong>-Streckennetz 1924–2013 38<br />

Bilderbogen<br />

Mittenmang und jott-wee-dee<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Streckenimpressionen 40<br />

Edmondson und mehr<br />

Fahrkarten im Vorort- und 68<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Verkehr<br />

Zeitreise<br />

<strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-Standorte einst und jetzt 90<br />

Strecken und Stationen<br />

Die große Baustelle<br />

Der Umbau des <strong>Bahn</strong>hofs Ostkreuz 70<br />

Die Konzernstrecke<br />

Die Siemensbahn 76<br />

Stillgelegt auf ewig?<br />

Die „Friedhofsbahn“ von Wannsee 80<br />

nach Stahnsdorf<br />

Seit 1872 ringsherum<br />

Die Ringbahn 84<br />

Züge für Flüge<br />

Die Flughafenstrecken nach 88<br />

Schönefeld und zu BER<br />

Autoren in diesem Heft<br />

Fahrzeuge und Technik<br />

Die vorige Epoche<br />

Dampflokomotiven im <strong>Berliner</strong> 48<br />

Vorortverkehr<br />

Zehnerrunde<br />

Die Fahrzeuge der S-<strong>Bahn</strong> 50<br />

Der Berühmteste von allen<br />

Der „Stadtbahner“ – Baureihe 275 52<br />

Flucht nach vorn?<br />

Der aktuelle Fahrzeugpark 56<br />

Die Versorgungsstellen<br />

Die Werkstätten für die S-<strong>Bahn</strong> 58<br />

Die „Hauptwerkstatt“<br />

Das Werk Schöneweide 60<br />

Lückenlose Überwachung<br />

Das „Zugsicherungssystem 63<br />

<strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>“<br />

Die dritte Schiene<br />

Die Fahrstromversorgung bei 66<br />

der <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong><br />

Die S-<strong>Bahn</strong> von damals<br />

Das S-<strong>Bahn</strong>-Museum Griebnitzsee 67<br />

Station Gesundbrunnen im Sommer 1988 –<br />

der Zeitvergleich hierzu und weitere ab S. 90<br />

Erinnerungen<br />

Siedlerkarten und elegante Züge<br />

Ein Leben mit der S-<strong>Bahn</strong> 82<br />

<strong>Vorschau</strong>/Impressum/Leserservice 98<br />

Titelfotos: K. Koschinski (gr. Bild),<br />

Slg. Dr. A. Gottwaldt (Broschüre<br />

o. r.), H. Focken, Slg. Dirk Winkler,<br />

K. Koschinski (kl. Reihe u., v. l.)<br />

Rücktitel: Gr. Bild: B. O. Sydow (476<br />

bei der Museumsinsel in Berlin<br />

Mitte, Juni 1994), Slg. Dr. B. Rampp,<br />

S. Schrader (kl. Bilder u.)<br />

Bilder auf dieser Seite: S. Schrader<br />

(o.), B. O. Sydow (Mitte), privat (Autorenfotos<br />

u.)<br />

Wolf-Dietger<br />

Machel ist als<br />

Spezialist für<br />

den <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Bahn</strong>verkehr,<br />

für Klein- und<br />

Privatbahnen<br />

bekannt. Er<br />

hat mehrere<br />

Bücher dazu verfasst und gibt<br />

die Sammler-Edition „Nebenund<br />

Schmalspurbahnen“ heraus.<br />

Manuel Jacob<br />

beschäftigt<br />

sich seit über<br />

drei Jahrzehnten<br />

mit der<br />

S-<strong>Bahn</strong> in<br />

Berlin. Er hat<br />

mehrere Bücher<br />

dazu<br />

geschrieben, bei denen er auch<br />

Insider-Informationen und interne<br />

Dokumente auswertete.<br />

Bernd Kuhlmann<br />

arbeitete<br />

nach<br />

dem Studium<br />

für die Reichsbahn<br />

bzw. die<br />

DB AG und<br />

auch als<br />

Triebfahrzeugführer<br />

bei der <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>.<br />

Er hat Bücher und Beiträge zur<br />

<strong>Berliner</strong> Eisenbahn verfasst.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

3


Entwicklung der S-<strong>Bahn</strong><br />

Berlins Stadt- und Vorortverkehr<br />

Züge für die<br />

große Stadt<br />

Es begann mit dampfbespannten Garnituren auf Stadt-, Ringund<br />

Vorortstrecken. Dann läutete die „Große Elektrisierung“<br />

1928 das Zeitalter der Moderne ein. 1930 erhielten die neuen<br />

leistungsfähigen Züge des <strong>Berliner</strong> Stadt- und Nahverkehrs ihren<br />

eigenen Namen: S-<strong>Bahn</strong>. Trotz mancher Krisen ist sie aus der<br />

Metropole nicht mehr wegzudenken<br />

4


Berlins Stadt- und Vorortverkehr<br />

Auf dem Weg von Jannowitzbrücke nach Ostbahnhof passiert ein Zug der Baureihe 481 im Herbst<br />

2000 Verwaltungsgebäude der Deutschen <strong>Bahn</strong>, der Konzernmutter der S-<strong>Bahn</strong> Berlin GmbH. Fahrzeug<br />

wie Betreiber kommen in den Folgejahren oft in die Schlagzeilen; Ersteres wegen häufiger<br />

Schäden, Letztere wegen eines überzogenen Sparkurses, der erst in jüngster Zeit langsam korrigiert<br />

wird. Eine endgültige Klärung der Probleme steht noch aus<br />

Bernd Oliver Sydow<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

5


Entwicklung der S-<strong>Bahn</strong><br />

Erst wenige Jahre alt und schon etabliert: Im Sommer<br />

1936 hat das S-<strong>Bahn</strong>-Zeichen seinen festen Platz im<br />

Stadtbild. Von jetzt an sieht man es auch auf der Straße<br />

Unter den Linden, wo am 27. Juli der neue unterirdische<br />

S-<strong>Bahn</strong>hof eröffnet wird<br />

Slg. Reinhard Schulz<br />

Nah- und Vorortverkehr der Frühzeit: Am 1. Juni 1896 wird der <strong>Bahn</strong>hof Savignyplatz im Stadtteil<br />

Charlottenburg eröffnet. Um 1900 hält dort ein Zug nach Grunewald, an der Spitze eine<br />

Lok der preußischen Gattung T2<br />

Slg. Dirk Winkler<br />

„Raus ins Jrüne“<br />

und die S-<strong>Bahn</strong> bringt Sie hin; kombinierter<br />

Liniennetz- und Stadtplan der<br />

frühen 30er-Jahre Slg. Stefan Ponzlet<br />

6


„Tausend-Türen-Wagen“ nennt man die Wagen der frühen Vorortzüge wegen ihrer Einzelabteilzustiege.<br />

Szenerie mit Stadtbahnzug im <strong>Bahn</strong>hof Friedrichstraße, um 1900/1905<br />

Der Weg zur S-<strong>Bahn</strong><br />

Ende des 19. Jahrhunderts wird Berlin<br />

zur größten deutschen Metropole, die<br />

Wirtschaft blüht, Verwaltung und gesellschaftliches<br />

Leben pulsieren. Für<br />

all das braucht die Stadt bessere<br />

Verkehrsverbindungen. Sie finden sich<br />

mit Dampflokomotiven und Wagen -<br />

zügen, die rund 50 Jahre lang das<br />

Aufkommen bewältigen. Dann schlägt<br />

die Stunde der Elektrotraktion<br />

Die Stadtbahn (von West nach Ost) und die Ringbahn (rund ums Zentrum)<br />

werden als Erste elektrifiziert. Auf der Ringbahn fährt 1934 ein<br />

Zug bei Wilmersdorf<br />

Slg. Dirk Winkler (o.), Slg. Thomas Wunschel<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

7


Entwicklung der S-<strong>Bahn</strong><br />

„Grenzposten der Nationalen Volksarmee im <strong>Bahn</strong>hof Potsdamer Platz. So werden die unter -<br />

irdischen Anlagen gesichert“ – so heißt es zum DDR-Propagandafoto von 1984. Gesichert<br />

meint die Überwachung der durchfahrenden West-<strong>Berliner</strong> Züge Gesundbrunnen – Anhalter<br />

<strong>Bahn</strong>hof. Für die Öffentlichkeit ist der <strong>Bahn</strong>hof Potsdamer Platz seit 1961 gesperrt<br />

Über Lichtenrade führt bis 1961 die S-<strong>Bahn</strong>-Strecke von Priesterweg nach Blankenfelde, mit<br />

dem Bau der Mauer werden die Gleise gekappt und das Gelände abgeriegelt (Bild von 1962).<br />

Immerhin entsteht die Strecke nach dem Mauerfall neu; das ist nicht bei allen Rückbauten so<br />

Slg. Dr. Alfred Gottwaldt (o.), Sigurd Hilkenbach/Slg. Manuel Jacob<br />

Ungeachtet<br />

aller Abgrenzungen<br />

sind<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Fahrgäste<br />

als<br />

Touristen in<br />

Ost-Berlin willkommen.<br />

Prospekt<br />

aus den<br />

70er-Jahren<br />

Slg. S. Ponzlet (l.),<br />

ZBDR/Histor. Slg.<br />

der DB (S. 9 u.)<br />

8


Zeiten der Konfrontation<br />

Die friedliche Szenerie täuscht: Der S-<strong>Bahn</strong>-Halt Wollankstraße<br />

liegt im politischen Brennpunkt, nämlich auf Ost-<strong>Berliner</strong> Gebiet<br />

direkt an der Sektorengrenze. Aber nur West-<strong>Berliner</strong> haben<br />

Zugang und können die Züge hier benutzen (Foto<br />

vom Oktober 1962). Das Warnschild vor<br />

dem Eingang weist Unkundige<br />

auf die Grenzlage hin<br />

Friedhelm Ernst<br />

Zeiten der Konfrontation<br />

Mit der Teilung Berlins geht die S-<strong>Bahn</strong><br />

einer schweren Zukunft entgegen.<br />

Politische Kontroversen geben den<br />

Rahmen vor, mit dem Mauerbau 1961<br />

besiegelt die DDR die Aufspaltung in<br />

zwei separate Netze. 28 Jahre lang<br />

gelten Ausnahme regelungen und<br />

Verbote, selbst wenn sich eine<br />

gewisse Normalität einstellt<br />

Die Strecke nach Bernau wird nach dem Mauerbau durch eine Neubaustrecke<br />

Pankow – Schönhauser Allee an den Ostring angeschlossen.<br />

Kurz vor der Eröffnung am 10. Dezember 1961 ist das erste<br />

Gleis befahrbar. Links die abgetrennten Gleise zur Bornholmer Straße<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

9


Entwicklung der S-<strong>Bahn</strong><br />

Die freundlich-gewissenhafte Aufsicht gehört<br />

zur S-<strong>Bahn</strong>-Station wie die Spree zu<br />

Berlin. Im Dezember 1981 arbeitet die<br />

Dame am <strong>Bahn</strong>hof Savignyplatz gar mit<br />

weihnachtlichem Flair Konrad Koschinski<br />

Der Automat mit aufgesetztem<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Logo empfing über Jahrzehnte<br />

Reisende und Fahrgäste<br />

am <strong>Bahn</strong>hof Zoologischer Garten<br />

Friedhelm Ernst<br />

Eine S-<strong>Bahn</strong> bleibt eine S-<strong>Bahn</strong> bleibt eine<br />

S-<strong>Bahn</strong>. Auch wenn sie keine Drehgestelle<br />

mehr hat und, wie hier am Flughafen<br />

Tegel, als „EsS-<strong>Bahn</strong>“-Würstchenbude zu<br />

einem Imbiss einlädt Sebastian Schrader<br />

10


„Typisch S-<strong>Bahn</strong>“<br />

Von den „Stadtbahn“-Wagen her waren die Fahrgäste noch immer die Holzklasse gewohnt. In<br />

zahlreiche Fahrzeuge baute die Reichsbahn jedoch seit Ende der 50er-Jahre Polster ein; aus<br />

West-Berlin wurden diese Wagen wegen mutwilliger Beschädigungen nach 1961 abgezogen<br />

Heiko Focken<br />

„Typisch S-<strong>Bahn</strong>“<br />

Bei jedem Verkehrsmittel gibt es Typisches und<br />

Besonderheiten, da macht die <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong><br />

keine Ausnahme. Backsteinbauten und <strong>Bahn</strong>steigaufsicht,<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Logo, Holzbänke und<br />

Glühlampenlicht haben den Betrieb geprägt.<br />

Mittlerweile ist jedoch manches modernisiert<br />

worden. Und deutlich rationalisiert auch<br />

Was wäre der <strong>Berliner</strong>, wenn er seinen Sachen keine Spitznamen geben könnte? Nichts. Und<br />

was wäre die Baureihe 485, wenn sie nicht ihrer Lackierung wegen „Coladose“ hieße? Wahrscheinlich<br />

unbekannt ... (Aufnahme in Halensee, Oktober 1996)<br />

Bernd Oliver Sydow<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

11


Entwicklung der S-<strong>Bahn</strong><br />

12


Eine Stadt und ihr Verkehrsmittel<br />

„Ich bin ein <strong>Berliner</strong>“ – das Zitat stammt ja eigentlich von US-Präsident<br />

John F. Kennedy und sollte die Solidarität mit (West-)Berlin<br />

betonen. Übertragen passt es aber auch auf die Wagen des Typs<br />

„Stadtbahn“. Satte sieben Jahrzehnte kurvten sie ihre Fahrgäste<br />

kreuz und quer durch Berlin. Das soll ihnen erst mal einer nachmachen<br />

... (Aufnahme in Wannsee, Februar 1985) Konrad Koschinski<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

13


Entwicklung der S-<strong>Bahn</strong><br />

OBEN Kunstvolle S-<br />

<strong>Bahn</strong>-Architektur am<br />

<strong>Bahn</strong>hof Hohenzollerndamm<br />

Archiv GM<br />

LINKS S-<strong>Bahn</strong>-Betrieb<br />

in West-Berlin: Ein<br />

Bankier- bzw. Olympiazug<br />

verlässt 1971<br />

den <strong>Bahn</strong>hof Zoo<br />

Jürgen Krantz<br />

Zeittafel: <strong>Berliner</strong> Stadt- und Vorortverkehr<br />

Von Dampf- zu<br />

Elektrozügen<br />

Gleichspannung vom Wannseebahnhof in Berlin<br />

bis nach Zehlendorf (bis 1. Juli 1902).<br />

4. Juni 1903<br />

Aufnahme des elektrischen Betriebs zwischen<br />

dem Potsdamer Ringbahnhof und Groß-Lichterfelde<br />

Ost mit 550-V-Gleichspannung mit dafür hergerichteten<br />

Triebzügen der Abteilwagenbauart.<br />

Die Anlage bewährt sich ausgezeichnet und bleibt<br />

bis zum 2. Juli 1929 fast ununterbrochen in Betrieb.<br />

22. September/29. Oktober 1838<br />

Inbetriebnahme der ersten Eisenbahn in Preußen<br />

zwischen Berlin und Potsdam. Damit beginnt auch<br />

der Vorortverkehr; insbesondere zwischen Berlin<br />

und den noch selbstständigen Gemeinden Steglitz<br />

und Zehlendorf fahren „locale Pendelzüge“.<br />

Ab 1841<br />

„Locale Pendelzüge“ fahren auch auf den fortan<br />

eröffneten Fernbahnstrecken.<br />

1. Januar 1872<br />

Einführung des Vorortverkehrs auf der <strong>Berliner</strong><br />

Ringbahn (eröffnet 1871 bis 1877)<br />

1880<br />

Ausgehend von Berlin gibt es umfangreichen Vorortverkehr,<br />

teils auf gesonderten Gleispaaren, auf<br />

folgenden Strecken:<br />

• Berlin Potsdamer <strong>Bahn</strong>hof – Potsdam<br />

• Berlin Anhalter <strong>Bahn</strong>hof – Groß-Lichterfelde<br />

• Berlin Lehrter <strong>Bahn</strong>hof – Spandau über Ruhleben<br />

• Berlin Hamburger <strong>Bahn</strong>hof – Spandau – Finkenkrug<br />

• Berlin Schlesischer <strong>Bahn</strong>hof – Erkner<br />

• Berlin Görlitzer <strong>Bahn</strong>hof – Grünau – Königs Wusterhausen<br />

• Berlin Stettiner <strong>Bahn</strong>hof – Oranienburg<br />

• Berlin Stettiner <strong>Bahn</strong>hof – Bernau und<br />

• der Ringbahn.<br />

15. Mai 1882<br />

Inbetriebnahme der 11,256 Kilometer langen, auf<br />

Viadukten verlaufenden Stadtbahn zwischen Charlottenburg<br />

und dem Schlesischen <strong>Bahn</strong>hof in Berlin<br />

mit je zwei Fernbahn- und Stadtbahngleisen. An<br />

letzteren befinden sich zunächst sieben, später<br />

neun Zwischenstationen.<br />

1. Oktober 1891<br />

Einführung gesonderter Vororttarife unter anderem<br />

bis nach Bernau, Oranienburg, Strausberg, Fürstenwalde<br />

(Spree), Zossen, Lichterfelde, Potsdam,<br />

Werder (Havel) und Nauen.<br />

13. Juli 1900<br />

Aufnahme eines Versuchsbetriebes mit 750-V-<br />

21. März 1913<br />

Der preußische Landtag verabschiedet das „Gesetz<br />

über die Umstellung der Stadt-, Ring- und Vorortbahnen<br />

auf elektrischen Betrieb”. Bewilligt<br />

werden zunächst nur 25 Mio. Mark für die Elektrifizierung<br />

der Stadt- und Ringbahn. Der Erste Weltkrieg<br />

verzögert das Vorhaben.<br />

1922<br />

Die neu gegründete Reichsbahn wählt für die Elektrifizierung<br />

750-V-Gleichspannung und die Übertragung<br />

durch eine seitliche Stromschiene.<br />

8. August 1924<br />

Beginn des elektrischen Betriebs zwischen dem<br />

Stettiner <strong>Bahn</strong>hof in Berlin und Bernau mit neu<br />

konstruierten Triebzügen.<br />

1926<br />

Der Verwaltungsrat der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft<br />

beschließt das Programm der „Großen<br />

Elektrisierung“ der <strong>Berliner</strong> Stadt- und Ringbahn<br />

sowie mehrerer Vorortbahnen. Es wird von 1928<br />

bis 1930 realisiert (Daten siehe S. 38).<br />

LINKS Preußische<br />

Dampflok der Gattung<br />

T 6 für den <strong>Berliner</strong><br />

Stadtbahnbetrieb. Sie<br />

wurde 1902 nur in<br />

kleiner Zahl beschafft<br />

Slg. Willy Reinshagen<br />

RECHTS Ein Probezug<br />

für die Strecke Berlin –<br />

Bernau, 1924<br />

Slg. Dr. Alfred Gottwaldt<br />

14


1. Dezember 1930<br />

Das „weiße S auf grünem Grund“ wird<br />

eingeführt und steht als Markenzeichen<br />

für den nunmehr als „S-<strong>Bahn</strong>“ (Stadtschnellbahn)<br />

bezeichneten elektrischen<br />

Betrieb.<br />

9. Oktober 1939<br />

Durchgehende Inbetriebnahme der<br />

Nord-Süd-S-<strong>Bahn</strong> zwischen Stettiner<br />

und Anhalter <strong>Bahn</strong>hof.<br />

9. August 1943<br />

Vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs<br />

wird der Abschnitt Lichterfelde Ost – Lichterfelde<br />

Süd als letzter von Dampf- auf elektrischen Betrieb<br />

umgestellt. Das S-<strong>Bahn</strong>-Netz hat damit eine Länge<br />

von 295 Kilometern.<br />

25. April 1945<br />

Endgültiger Zusammenbruch des S-<strong>Bahn</strong>-Verkehrs<br />

durch Stromausfall und Kampfhandlungen.<br />

6. Juni 1945<br />

Wiederaufnahme des S-<strong>Bahn</strong>-Verkehrs mit Inbetriebnahme<br />

der Strecke Wannsee – Schöneberg.<br />

Bis 1948<br />

Die im Zweiten Weltkrieg zerstörten Strecken<br />

sowie die als Reparation für die Sowjetunion demontierte<br />

Verbindung Ostkreuz – Erkner werden<br />

wieder aufgebaut. Dagegen werden die Verbindungsstrecken<br />

von der Ringbahn zum Potsdamer<br />

Ringbahnhof bis 1947 abgebaut. Infolge der sowjetischen<br />

Demontagen sind alle Vorortstrecken<br />

Berlins nur noch eingleisig.<br />

Slg. Dr. Alfred Gottwaldt<br />

17. September 1980<br />

In Zusammenhang mit einem<br />

Streik der Eisenbahner in<br />

West-Berlin stellt die DR dort<br />

die öffentliche Personenbeförderung<br />

bis auf drei den<br />

<strong>Bahn</strong>hof Friedrichstraße berührende<br />

Linien ein.<br />

9. Januar 1984<br />

Übernahme der Betriebsführung<br />

der S-<strong>Bahn</strong> in West-Berlin<br />

durch die <strong>Berliner</strong> Verkehrsbetriebe<br />

(BVG) auf zunächst zwei<br />

Strecken. Bis zum 1. Februar 1985 reaktiviert die<br />

BVG insgesamt 71 Kilometer Strecken.<br />

Ab 10. November 1989<br />

Nach dem Mauerfall bringt die S-<strong>Bahn</strong> Massen von<br />

DDR-Bürgern bzw. Ost-<strong>Berliner</strong>n zu Besuchen nach<br />

West-Berlin. In beiden Netzen gibt es umfangreichen<br />

Zusatz- und Sonderverkehr. DR und BVG kooperieren<br />

umgehend.<br />

2. Juli 1990<br />

Es verkehren wieder durchgehende Züge zwischen<br />

Ost- und West-Berlin über den <strong>Bahn</strong>hof Friedrichstraße.<br />

3. Oktober 1990<br />

Die Wiedervereinigung schafft neue Perspektiven<br />

für die Zusammenführung der beiden <strong>Berliner</strong><br />

S-<strong>Bahn</strong>-Netze.<br />

Moderne Züge der Baureihen 480 und 481<br />

am Ostbahnhof, August 2005 Heiko Focken<br />

1. April 1992<br />

Wiedereröffnung des Abschnitts Wannsee – Potsdam<br />

Stadt. Weitere Verbindungen folgen bis 2003.<br />

1. Januar 1995<br />

Gründung der S-<strong>Bahn</strong> Berlin GmbH als S-<strong>Bahn</strong>-Betreiberin;<br />

sie ist eine Tochter der 1994 gegründeten<br />

Deutschen <strong>Bahn</strong> AG.<br />

1. Januar 1996<br />

Die Bestellung des S-<strong>Bahn</strong>-Verkehrs wird Sache<br />

der Länder Berlin und Brandenburg.<br />

Ab 2009<br />

Ein drastischer Sparkurs der S-<strong>Bahn</strong> Berlin GmbH,<br />

häufige Fahrzeugausfälle und schwere Betriebsstörungen<br />

bringen die S-<strong>Bahn</strong> in Misskredit. Eine durchgreifende<br />

Änderung ist auch Anfang 2013 noch<br />

nicht in Sicht. WOLF-DIETGER MACHEL/MHZ<br />

1947 – 1956<br />

Elektrifizierung mehrerer Vorortstrecken für den<br />

eingleisigen Betrieb. Überwiegend erhalten bestehende<br />

Strecken Stromschienen.<br />

13. August 1961<br />

Infolge des Mauerbaus Unterbrechung aller Verbindungen<br />

zwischen Ost- und West-Berlin sowie zwischen<br />

West-Berlin und der DDR. Damit betreibt die<br />

Deutsche Reichsbahn der DDR (DR) zwei getrennte<br />

Streckennetze in West-Berlin und Ost-Berlin bzw. der<br />

DDR. Diese sind nur über den <strong>Bahn</strong>hof Friedrichstraße<br />

und nur für Dienstfahrten verbunden. Zugleich<br />

beginnt der Niedergang der S-<strong>Bahn</strong> in<br />

West-Berlin, da viele Bürger das Verkehrsmittel nun<br />

boykottieren („kein Geld für Ulbrichts Stacheldraht“).<br />

Auf den außerhalb der Stadt verbliebenen Teilstrecken<br />

endet der Betrieb in den folgenden Wochen, sofern<br />

nicht neu gebaute oder mit Stromschienen ausgerüstete<br />

Verbindungen den Anschluss an das Ost-<strong>Berliner</strong><br />

S-<strong>Bahn</strong>-Netz herstellen. Eine Ausnahme bleibt bis<br />

1983 die „Inselstrecke“ Hennigsdorf – Velten.<br />

Im März 1990 passiert ein Zug der Baureihe 275 den jetzt funktionslosen Grenzstreifen auf<br />

der Stadtbahn zwischen Lehrter Stadtbahnhof und <strong>Bahn</strong>hof Friedrichstraße Bernd Oliver Sydow<br />

26. Februar 1962<br />

Inbetriebnahme der Neubaustrecke Grünau –<br />

Schönefeld.<br />

30. Dezember 1976<br />

Inbetriebnahme der Strecke Friedrichsfelde Ost –<br />

Marzahn.<br />

1980-85<br />

Mit dem Bau der Satellitenstädte Marzahn und<br />

Hohenschönhausen Erweiterung des Ost-<strong>Berliner</strong><br />

S-<strong>Bahn</strong>-Netzes.<br />

Großes Aufkommen im <strong>Bahn</strong>hof Zentralflughafen<br />

Berlin-Schönefeld 1964. Offiziell passen<br />

in einen Vollzug 1.200 Menschen<br />

ZBDR/Historische Slg. der DB AG<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

15


Entwicklung der S-<strong>Bahn</strong><br />

Der S-<strong>Bahn</strong>hof am Reichssportfeld, dem Ort mit den meisten Wettkampfstätten, wurde für Olympia 1936 komplett umgebaut. Während der<br />

Sportveranstaltungen fuhren S-<strong>Bahn</strong>en die Station im Zwei-Minuten-Takt an<br />

Slg. Dirk Winkler<br />

S-<strong>Bahn</strong> und Olympische Sommerspiele 1936<br />

Im Zeichen der Ringe<br />

Immer wieder stand die <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> in ihrer Geschichte als Rückgrat für den Verkehr zu<br />

Großveranstaltungen zur Verfügung. Eine erste Bewährungsprobe für den jungen elektrischen<br />

Betrieb waren die Olympischen Sommerspiele 1936<br />

Das Internationale<br />

Olympische Komitee<br />

(IOC) hatte 1931 die Olympischen<br />

Sommerspiele für 1936 nach<br />

Berlin vergeben. Diese Entscheidung bedeutete<br />

für die damalige Weimarer Republik einen<br />

Erfolg und gleichzeitig einen Vertrauensbeweis,<br />

so kurz nach dem Ersten Weltkrieg<br />

und den damaligen, hasserfüllten Kämpfen.<br />

Dass mit den Wahlen von 1932/33 dieser Vertrauensbeweis<br />

einen tiefen Riss bekommen<br />

sollte und die neuen nationalsozialistischen<br />

Herrscher das Ereignis nur zu gut für ihre eigenen<br />

Zwecke instrumentalisierten, war zum<br />

Zeitpunkt der Vergabe noch nicht absehbar.<br />

Vorbereitungen der Reichsbahn<br />

Die Reichsbahndirektion (RBD) Berlin begann<br />

1933/34 mit dem Ausbau etlicher <strong>Bahn</strong>anlagen<br />

in der Nähe der olympischen Wettkampfstätten.<br />

Die anfänglichen Planungen für<br />

den Bau und Umbau der Wettkampfstätten<br />

und die damit verbundenen Maßnahmen zur<br />

Anbindung des öffentlichen Nahverkehrs am<br />

Reichssportfeld nahmen auf Drängen Hitlers<br />

rasch monumentale Züge an. Dem musste die<br />

Direktion mit einer Aufstockung des ursprünglichen<br />

Etats von knapp einer Viertel<br />

Million Reichsmark auf rund 1,3 Millionen<br />

Reichsmark Rechnung tragen.<br />

Der S-<strong>Bahn</strong>hof am Reichssportfeld wurde<br />

komplett umgebaut. Am Westende des <strong>Bahn</strong>hofs<br />

entstand ein neuer Zugangsbereich mit<br />

Fahrkartenausgaben und Überdachung. Am<br />

Ostende wurde ein neuer Zu- und Abgang zu<br />

den <strong>Bahn</strong>steigen über eine Fußgängerbrücke<br />

geschaffen. Gleichzeitig wurden die Signalanlagen<br />

erneuert und ergänzt, ein neues Stellwerk<br />

(Rsa) erbaut sowie an allen Gleisen<br />

selbsttätige Gleisfreimeldeanlagen installiert.<br />

Ein neu angeschlossenes fahrbares Unterwerk<br />

mit zwei Gleichrichtern von je 1.200 kW Leistung<br />

sollte für die notwendige Netzstabilität<br />

sorgen.<br />

Die S-<strong>Bahn</strong>höfe Pichelsberg und Eichkamp<br />

erhielten neue Zu- und Abgänge, der <strong>Bahn</strong>hof<br />

Charlottenburg eine neue Kehranlage. Der<br />

<strong>Bahn</strong>hof in Staaken bekam einen besonderen<br />

<strong>Bahn</strong>steig für die Besucher der Segelflugveranstaltungen.<br />

Zudem wurden eine zusätzliche<br />

Abfertigungsmöglichkeit für den Fernverkehr<br />

am <strong>Bahn</strong>hof Grunewald für die Sonderzüge an<br />

den alten Stadtbahngleisen geschaffen.<br />

Größere Besuchergruppen drängten auch<br />

durch Sonderfahrten der nationalsozialisti-<br />

16


Olympische Spiele 1936<br />

Das S-<strong>Bahn</strong>-Netz im Olympiajahr. Während der Wettkämpfe wurde der <strong>Bahn</strong>hof Reichssportfeld im Westen durch eine Stammzuggruppe Charlottenburg<br />

– Spandau bedient, ergänzt durch Züge zwischen Reichssportfeld und Charlottenburg bzw. Schlesischer <strong>Bahn</strong>hof. Ein weiteres Ziel<br />

lag in Grünau im Südosten der Stadt<br />

Slg. Dr. Alfred Gottwaldt<br />

Von und zum <strong>Bahn</strong>hof Reichssportfeld, an<br />

dem die Hauptaustragungsorte lagen, wurde in<br />

einem annähernden Zwei-Minuten-Takt gefahren.<br />

In den Regelbetrieb, den man beibehielt, legte<br />

die RBD Berlin Sonderzüge ein, so dass auf der<br />

Stadtbahn stündlich sechs Züge mehr verkehrten.<br />

Damit erreichte man eine hohe Flexibilität<br />

und konnte Unregelmäßigkeiten im Betrieb<br />

leichter ausgleichen. Zum <strong>Bahn</strong>hof Reichssportfeld<br />

fuhren stündlich 24 Züge in jeder Richtung,<br />

davon endeten zwölf in Reichssportfeld, sechs in<br />

Pichelsberg und sechs in Spandau. Die Zugschen<br />

Organisation „Kraft durch Freude“<br />

(KdF) in die Stadt, die man in einer provisorischen<br />

„KdF-Stadt“ am <strong>Bahn</strong>hof Heerstraße<br />

unterbrachte. Über ein Provisorium an den<br />

Gleisen des Messegeländes entstand nahe dieses<br />

„KdF-<strong>Bahn</strong>hofs“ Anschluss an den <strong>Berliner</strong><br />

Nahverkehr.<br />

Den ersten Umbauabschnitt am <strong>Bahn</strong>hof<br />

Zoologischer Garten beschleunigte die RBD<br />

Berlin so weit, dass vor Beginn der Olympischen<br />

Sommerspiele der neue S-<strong>Bahn</strong>steig fertig<br />

gestellt war. Und auch der Umbau des<br />

<strong>Bahn</strong>hofs Tiergarten wurde vor den Sommerspielen<br />

beendet. Gleichzeitig nahm die RBD<br />

Berlin den lang geplanten Bau der Nord-Süd-<br />

S-<strong>Bahn</strong> in Angriff, die zwischen Anhalter und<br />

Untersuchungen zu den Sportveranstaltungen<br />

zusätzlich verfügbar.<br />

Höchstleistungen der S-<strong>Bahn</strong><br />

Die Tage der Olympischen Sommerspiele stellten<br />

für den Betrieb der S-<strong>Bahn</strong> eine besondere<br />

Herausforderung dar. Rund 4,1 Millionen<br />

Besucher reisten vom 28. Juli bis 18. August<br />

1936 mit der <strong>Bahn</strong> von und nach Berlin, wo<br />

sie mit der S-<strong>Bahn</strong> und mit den Bussen, Straßenbahnen<br />

und U-<strong>Bahn</strong>en der <strong>Berliner</strong> Verkehrs-Gesellschaft<br />

(BVG) in die Stadt bzw. die<br />

umliegenden Städte und Gemeinden befördert<br />

wurden. Daneben stand der Sonderverkehr zu<br />

den olympischen Sportveranstaltungen im<br />

Mittelpunkt der Aktivitäten der S-<strong>Bahn</strong>.<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Züge brachten die Besucher zum Olympiastadion<br />

und zur Regattastrecke in Grünau<br />

Stettiner <strong>Bahn</strong>hof das Stadtzentrum unterqueren<br />

sollte. Bis zum Olympiabeginn war<br />

immerhin der Streckenabschnitt Stettiner<br />

<strong>Bahn</strong>hof – Unter den Linden fertig gestellt.<br />

Neben diesen Baumaßnahmen leitete die<br />

Reichsbahn die Beschaffung neuer Fahrzeuge<br />

bei der Industrie ein, die in Form der<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Züge der Bauart 1935 („Olympiazüge“,<br />

später ET 166) mit elf Vollzügen<br />

1936 zur Verfügung standen. Weitere<br />

21 Vollzüge der bisher verkehrenden Bauarten<br />

waren durch Vorverlegung regelmäßiger<br />

gruppen wurden so gelegt, dass neben der<br />

Stammzuggruppe Grünau – Spandau, die im<br />

Zehn-Minuten-Takt fuhr, weitere Züge von und<br />

nach Schlesischer <strong>Bahn</strong>hof sowie Charlottenburg<br />

geführt wurden. Weitere sechs dampflokbespannte<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Züge liefen stündlich zwischen<br />

Reichssportfeld und Charlottenburg unter Nutzung<br />

der Fernbahngleise der Stadtbahn. Damit<br />

konnten stündlich 48.000 Besucher zu den<br />

Olympiasportstätten gebracht werden.<br />

Gleichzeitig waren die Besucher nach Grünau<br />

zu befördern, wo auf der Regattastrecke die olympischen<br />

Bootswettkämpfe stattfanden. Bis zu<br />

350 S-<strong>Bahn</strong>-Sonderzüge wurden täglich zwischen<br />

Schlesischer <strong>Bahn</strong>hof und Reichssportfeld bzw.<br />

Pichelberg sowie auf der Ringbahn gefahren. An<br />

den Spitzenverkehrstagen kamen bis zu 760 Sonderzüge<br />

zum Einsatz. Zusätzliche Verkehrsspitzen<br />

ergaben sich durch den Ausflugsverkehr der Besucher,<br />

die in besonderem Maße Potsdam und<br />

den historischen Stätten dort galten.<br />

Im Wesentlichen lief der Verkehr pünktlich ab,<br />

nur am Sonntag, dem 9. August, war der Andrang<br />

auf die Züge so groß, dass die Abfertigungszeit auf<br />

den <strong>Bahn</strong>höfen über der vorgesehenen halben<br />

Minute lag. Die Stadtbahn war oft mehrere Stunden<br />

mit 36 bis 40 Zügen an der Grenze ihrer damaligen<br />

Leistungsfähigkeit angelangt.<br />

Unterm Strich aber leistete die S-<strong>Bahn</strong> im Zeichen<br />

der Olympischen Ringe Bravouröses; selbst<br />

bei großem Aufkommen bewährte sie sich, gerade<br />

auch mit den elektrischen Zügen, als zuverlässig<br />

funktionierendes Verkehrsmittel.<br />

Dirk Winkler<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

17


Gespräch zwischen S-<strong>Bahn</strong>-Personal und Reisendem, aufgenommen 1943. In diesem<br />

Jahr erreichte die <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> mit 789 Millionen Fahrgästen das Allzeithoch ihrer<br />

Geschichte<br />

Slg. Reinhard Schulz<br />

Die S-<strong>Bahn</strong> 1944/45<br />

Fahrten vom<br />

Stadtzentrum bis<br />

Bernau waren bis<br />

Kriegsende keine<br />

Seltenheit<br />

Slg. M. Jacob (2)<br />

Ende und Neuanfang<br />

Bis in die letzten Kriegstage hinein wurde die S-<strong>Bahn</strong> als Verkehrsmittel aufs Höchste beansprucht.<br />

Trotz Zerstörungen vor der Niederlage und Demontage danach lief der Betrieb Ende 1945 schon<br />

wieder. Die Transportmöglichkeit wurde dringend gebraucht<br />

Ab 1943 waren viele deutsche Städte von<br />

Bombenangriffen betroffen, die verheerende<br />

Schäden anrichteten und zahlreiche<br />

Tote und Verletzte forderten. Dennoch<br />

blieb das Verkehrsaufkommen groß. Das spürte<br />

auch die <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>. Deren Beförderungszahlen<br />

gingen gegenüber den Vorkriegszeiten<br />

nicht zurück – im Gegenteil. Während<br />

die Zahl der Fahrgäste 1930 bei 429 Millionen<br />

und 1937 bei 512 Millionen lag, stieg sie Anfang<br />

der 40er-Jahre auf über 700 Millionen an.<br />

Wachsende Bedeutung der S-<strong>Bahn</strong><br />

Bereits zu Anfang des Krieges hatte sich die<br />

wachsende Belastung der S-<strong>Bahn</strong> abgezeichnet.<br />

Deshalb erging noch 1941 eine weitere Bestellung<br />

über 80 Viertelzüge der Bauart 1938<br />

(letzte Baureihenbezeichnung 477). Die Auslieferung<br />

geschah ab 1943, zog sich bis zum<br />

Frühjahr 1944 hin und gelang kriegsbedingt<br />

nicht mehr vollzählig. Neben 72 Triebwagen<br />

wurden nur noch 50 Beiwagen ausgeliefert.<br />

Um all diese Fahrzeuge einsetzen zu können,<br />

baute man aus elf Triebwagen die elektrischen<br />

Einrichtungen aus und stellte sie mit anderen<br />

Triebwagen zu Viertelzügen zusammen. So waren<br />

diese Pärchen teilweise bis 1958 im Einsatz,<br />

als das Reichsbahnausbesserungswerk Schöneweide<br />

neue Beiwagen baute, um den Wagenpark<br />

sinnvoll zu komplettieren.<br />

Der „Verkehrsansturm“ auf die S-<strong>Bahn</strong><br />

lässt sich durch mehrere Faktoren erklären:<br />

Fahrten mit privaten Pkw und Autobussen<br />

waren immer weiter zurückgegangen. Selbst<br />

die Nutzung von Fahrrädern wurde mangels<br />

Ersatzteilen immer schwieriger. Damit die<br />

Wirtschaft die steigenden Kriegsanforderungen<br />

erfüllen konnte, wurden immer weitere<br />

Die S-<strong>Bahn</strong> ersetzte Pkw und Busse, brachte die<br />

Arbeiter zu den Fabriken und Flüchtlinge aus Berlin<br />

Bevölkerungsgruppen in den Produktionsprozess<br />

einbezogen. Nicht zuletzt: Wer konnte,<br />

der floh aus der zerbombten Metropole in<br />

die Vororte. 1944 bezifferte die <strong>Bahn</strong> die<br />

18


Die S-<strong>Bahn</strong> 1944/45<br />

HINTERGRUND: FAHRPLANKONZEPT AB 3. JULI 1944<br />

Zuggruppe Zuglauf (werktags)<br />

A<br />

Vollring<br />

A I<br />

Vollring (Berufsverkehr)<br />

B<br />

Jungfernheide – Gartenfeld<br />

C I<br />

Ostkreuz – Gartenfeld (Berufsverkehr)<br />

G<br />

Mahlsdorf – Halensee<br />

G I Mahlsdorf – Westkreuz (Berufsverkehr)<br />

H<br />

Grünau – Spandau West<br />

H I Schöneweide – Pichelsberg (Berufsverkehr)<br />

H II Grünau – Hermannstraße (Berufsverkehr)<br />

L<br />

Erkner – Potsdam<br />

J<br />

Schöneweide – Spindlersfeld<br />

L I<br />

Erkner/Friedrichshagen – Grunewald (Berufsverkehr)<br />

M<br />

Wannsee – Stahnsdorf<br />

1 Wannsee – Birkenwerder/Oranienburg<br />

1a<br />

Hermsdorf – Zehlendorf (Berufsverkehr)<br />

1d<br />

Wannsee – Potsdamer <strong>Bahn</strong>hof („Bankierzüge“)<br />

2 Lichterfelde Süd – Velten<br />

2a<br />

Lichterfelde West – Tegel (– Hennigsdorf ) (Berufsverkehr)<br />

3 Rangsdorf – Bernau<br />

3 a Mahlow – Bernau (Berufsverkehr)<br />

M. Jacob<br />

Die Stadtbahn vor der Zerstörung: Um 1943 ist ein ET 167 auf der Fahrt<br />

Richtung Westen und passiert beim Bode-Museum die Blockstelle<br />

Busch. Die Blockstelle nahe der Station Börse (später Marx-Engels-<br />

Platz, heute Hackescher Markt) hatte ihren Namen von dem früher in<br />

der Nähe gelegenen Bau des Zirkus Busch<br />

Slg. Reinhard Schulz<br />

Der Fahrplangrundtakt betrug zehn bzw. 20 Minuten<br />

je Zuggruppe. Im Herbst/Winter 1944<br />

wurde die Verkehrszeit der Einsetzzuggruppen<br />

immer weiter eingeschränkt. Bei auftretendem<br />

Bedarf gab es jedoch auch jetzt noch Angebotsausweitungen.<br />

Die legendären Bankierzüge, die<br />

zwischen dem Potsdamer <strong>Bahn</strong>hof und Zehlendorf<br />

mit 120 km/h über die Ferngleise sausten,<br />

fuhren, wenn auch nur noch mit drei Fahrten pro<br />

Tag, noch im Februar 1945.<br />

durchschnittliche Reiseweite mit 14 Kilometern<br />

(heute sind es rund 9,5 Kilometer).<br />

Bei Inkrafttreten des Buchfahrplans vom<br />

3. Juli 1944 waren praktisch alle S-<strong>Bahn</strong>-Strecken<br />

noch in Betrieb. Lediglich die so genannte<br />

Südring-Spitzkehre über Kolonnenstraße zum<br />

Potsdamer Ringbahnhof sowie bestimmte Verbindungskurven<br />

zwischen Stadt- und Ringbahn<br />

wurden seit dem Winter 1943/44 nicht<br />

mehr im Fahrgastverkehr betrieben. Der<br />

Hauptgrund waren weniger die Kriegsschäden<br />

Immer wieder kam es kriegsbedingt zu<br />

Änderungen im S-<strong>Bahn</strong>-Verkehr. Im Oktober/November<br />

1944 verursachten Stromeinsparungen<br />

Einschränkungen im Berufsverkehr<br />

(links); wegen starken Andrangs wurde<br />

noch im November 1944 zusätzlich der Bedarfs-Umlauf<br />

26 auf der Ringbahn eingesetzt<br />

(oben) Slg. Manuel Jacob (2)<br />

an den Anlagen, denn zum Abstellen von Zügen<br />

war die Strecke weiter in Betrieb. Vielmehr<br />

ging es um die Auflösung betrieblicher Abhängigkeiten.<br />

Bisher waren mehrere Zugläufe<br />

von Stadt- und Ringbahn miteinander verknüpft,<br />

was sich bei den zunehmenden kriegsbedingten<br />

Störungen als nachteilig herausstellte.<br />

Traten auf dem einen System<br />

Schwierigkeiten auf, so übertrugen diese sich<br />

auf das andere System und verdoppelten das<br />

Problem.<br />

„Fantasievoller Betrieb“<br />

Um angesichts der vielen Kriegszerstörungen<br />

den Zugbetrieb so stabil wie möglich zu gestalten,<br />

zeigten sich die S-<strong>Bahn</strong>-Verantwortlichen<br />

fantasievoll. War etwa eine Strecke durch Bombentreffer<br />

unpassierbar, dann wurden die Züge<br />

bis zum nächsten Kehrbahnhof geführt. Lagen<br />

zwischen diesem und der Schadensstelle weitere<br />

<strong>Bahn</strong>höfe, dann bestand die Möglichkeit, einen<br />

Pendelverkehr einzurichten. Dabei befuhr ein<br />

Zug diesen Streckenabschnitt immer auf einem<br />

Gleis, wurde fahrdienstlich aber so aufwendig behandelt<br />

wie regulärer Zugverkehr (z.B. Ab- und<br />

Rückmelden jeder einzelnen Zugfahrt). Mit Verfügung<br />

vom 27. November 1943 wurde der<br />

„Vereinfachte eingleisige Pendelverkehr“ eingeführt.<br />

Das hieß: Wenn sichergestellt war, dass<br />

sich nur ein Zug in dem betreffenden Streckenabschnitt<br />

befand, eventuell vorhandene Weichen<br />

durch Schlösser sowie Hebelsperren im Stellwerk<br />

gesichert und die Pendelendstellen gegen Zugfahrten<br />

des Regelbetriebes geschützt waren, dann<br />

konnte ein Pendelzug jetzt unter vereinfachten<br />

Bedingungen verkehren. Dies entlastete die örtlichen<br />

Eisenbahner und beschleunigte die Abläufe.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

19


Entwicklung der S-<strong>Bahn</strong><br />

Großer Wert wurde<br />

auf die Verständigung<br />

der Reisenden<br />

über die aktuelle Verkehrslage<br />

gelegt. Hilfe<br />

leisteten dabei die<br />

„Zugverkehrskarten“,<br />

bildliche Darstellungen<br />

des Netzes<br />

der S-<strong>Bahn</strong>, in<br />

denen die aktuelle<br />

Situation farblich<br />

eingezeichnet und<br />

auf den <strong>Bahn</strong>höfen<br />

ausgehängt werden<br />

konnte. Bei Betriebseinschränkungen<br />

wurden<br />

die Meldungen<br />

notfalls mehrmals täglich aktualisiert. Von Störungen<br />

nicht betroffene <strong>Bahn</strong>höfe sollten spätestens<br />

sechs Stunden nach einem Ereignis<br />

nachfragen, ob die Störung noch bestehe.<br />

Slg. Reinhard Schulz<br />

„Fahren auf Sicht“<br />

Durch den fortschreitenden Verschleiß der<br />

Anlagen, schlechte Isolierstoffe und Schwankungen<br />

in der Stromspannung kam es immer häufiger<br />

zu Störungen der selbsttätigen Signalanlagen.<br />

So wurden im August 1944 immerhin 18.000<br />

Fälle festgestellt. Zum Vergleich: Im Juli 1942<br />

hatte man erst 3.000 Signalstörungen registriert.<br />

In solchen Fällen war es vor Selbstblocksignalen<br />

der freien Strecke gestattet, nach dem Halt vor<br />

dem gestörten Signal auf Sicht vorzurücken, Weil<br />

es mittlerweile vorkam, dass mehrere Signale hintereinander<br />

nicht richtig arbeiteten, führte dieses<br />

Verfahren zu untragbaren Verzögerungen. Für<br />

die Ringbahn mit einer Umlaufzeit von 70 Minuten<br />

hat man bei einem Probezug 50 Minuten<br />

Verspätung ermittelt. Darüber hinaus führte das<br />

Halten und erneute Anfahren zu erhöhtem<br />

Stromverbrauch, der unter den herrschenden Bedingungen<br />

unbedingt vermieden werden musste.<br />

So wurde im November 1944 zugelassen,<br />

dass das Triebwagenpersonal diese Signale passieren<br />

und „auf Sicht“ weiterfahren durfte,<br />

ohne zuvor stoppen zu müssen. Bedingung<br />

war, dass gestörte Signale an den vorgelegenen<br />

<strong>Bahn</strong>höfen gekündigt werden mussten.<br />

1943, im vierten Kriegsjahr, wurde sogar der<br />

Allzeit-Fahrgastrekord erreicht: 789 Millionen<br />

Fahrgäste fuhren mit der <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>. Auch<br />

1944 stiegen noch 700 Millionen Menschen ein.<br />

Selbst im Januar/Februar 1945 beförderte die<br />

S-<strong>Bahn</strong> auf ähnlich hohem Niveau rund zwei<br />

Millionen Fahrgäste werktäglich. Neben den<br />

verheerenden Bombenangriffen vom Februar/März<br />

1945 verschärfte sich nun auch die Zuteilung<br />

an elektrischer Energie, so dass die Verkehrsdichte<br />

jetzt immer weiter abnahm. Im<br />

April kam ein geordneter Zugverkehr nicht<br />

mehr recht zustande. Mit der Schlacht um Berlin<br />

musste ab 20. April 1945 der Verkehr auf den<br />

ersten Strecken eingestellt werden, bis er ab dem<br />

25. April vollständig ruhte. Dennoch beförderte<br />

die S-<strong>Bahn</strong> in den ersten vier Monaten des<br />

Jahres 1945 noch 160 Millionen Fahrgäste.<br />

Einen Hinweis auf die materiellen Schwierigkeiten,<br />

unter denen diese Leistungen zustande<br />

kamen, gibt der Stromverbrauch. Er<br />

ging seit 1941 zurück, während die Fahrgastzahlen<br />

bis 1943 noch anstiegen:<br />

• 1941: 508,14 kWh<br />

• 1942: 501,60 kWh<br />

• 1943: 460,61 kWh<br />

• 1944: 429,20 kWh<br />

• 1945: bis Mai: 99,57 kWh,<br />

ab Juni: 29,20 kWh<br />

Mühevoller Neubeginn<br />

So rasant der Niedergang der S-<strong>Bahn</strong> gegen<br />

Kriegsende war, so mühsam kam sie Mitte<br />

1945 wieder in Gang. Der erste Zug fuhr am<br />

6. Juni 1945 zwischen Schöneberg und Wannsee.<br />

Vier Fahrten in jede Richtung, das war das<br />

Angebot der ersten Wochen. Auch die nächsten<br />

Strecken wurden zunächst mit wenigen<br />

Zugfahrten eröffnet. Die Schwierigkeiten, denen<br />

die S-<strong>Bahn</strong> jetzt gegenüber stand, hatte<br />

HINTERGRUND<br />

KRIEGSTARIF<br />

Im fortschreitenden Krieg war die gesamte Wirtschaft zu strengster Sparsamkeit<br />

angehalten. Hinter dem Wort „Entfeinerung“ steckte das Ziel, Produkte<br />

oder Leistungen so zu vereinfachen, dass das Kernziel noch erreicht, aber zusätzliche<br />

„Luxus“- Merkmale weggelassen wurden.<br />

Am 1. Oktober 1944 traf es den Tarif der <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>. Dessen räumliche<br />

Ausdehnung umfasste weit mehr als die elektrifizierten Strecken. Fahrten von<br />

einem Endbahnhof zu einem anderen waren bis zu 100 Kilometer lang. Deshalb<br />

sah der zuletzt am 1. Mai 1939 geänderte Tarif 28 Preisstufen vor. Hinzu<br />

kamen elf Ermäßigungen (darunter Fahrkarten für Kurzstrecken und Kinder,<br />

Schülermonatskarten sowie verschiedene Wochenkarten). Ziel der Tarifvereinfachung<br />

war, dass weniger Fahrkartensorten gebraucht wurden und durch<br />

schnelleren Verkauf und Abrechnung Personal eingespart werden konnten.<br />

Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Man wollte das Leistungsprinzip soweit wie möglich Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx beibehalten und bei Wegfall<br />

von Vergünstigungen Alternativen anbieten. Deshalb strich man die 28<br />

–<br />

Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />

Preisstufen des alten Tarifs auf nunmehr acht zusammen. Kern des unveränderten<br />

Tarifgebietes war eine Kreisfläche, die die Stadt-, Ring- und Nordsüd-<br />

<strong>Bahn</strong> umfasste und eine Preiszone bildete. Ringförmig um diesen Kern legten<br />

sich fünf Zonen im Abstand von jeweils etwa zehn Kilometern. Fahrten innerhalb<br />

von zwei benachbarten Zonen bildeten die Preisstufe 1. Jede weitere<br />

Zone kostete eine Preisstufe mehr. Zum Beispiel: Friedrichstraße – Grunewald<br />

= Preisstufe 1, Friedrichstraße – Wannsee = Preisstufe 2, Friedrichstraße<br />

– Potsdam = Preisstufe 3.<br />

Drei statt elf Ermäßigungen<br />

Von den zuvor elf Preisermäßigungen blieben nur noch drei übrig,<br />

nämlich Sammelkarten für zehn Fahrten, Schülermonatskarten<br />

und Geschwisterkarten 3. Klasse.<br />

Die Abkehr von der starken Differenzierung in Form vieler<br />

Preisstufen und der Verzicht auf viele Preisermäßigungen<br />

führten zwangsläufig zu Verteuerungen und Benachteiligungen.<br />

Deshalb war die Reichsbahn um gewisse Ausgleiche<br />

bemüht. So sank der Preisansatz der Monatskarten<br />

im Verhältnis zu den Einzelkartenpreisen. Ebenfalls Preis<br />

dämpfend wirkten sich die Sammelkarten aus, die Rabatte<br />

bis zu 33 % boten. Insgesamt rechnete die Reichsbahn mit<br />

Nach dem alten Tarif (l.) gab es unzählige Varianten,<br />

die neuen Fahrkarten (r.) waren freizügig gültig<br />

Die Preisstufen nach der Einführung des Kriegstarifs 1944 Slg. M. Jacob (3)<br />

Einnahmeverlusten von etwa 10 bis 15 % durch die Auswirkungen des Kriegstarifs.Dieser<br />

sollte nur eine Übergangslösung darstellen und baldmöglichst abgelöst<br />

werden. Doch dazu kam es nicht. Das Provisorium blieb bei der <strong>Berliner</strong><br />

S-<strong>Bahn</strong> bis 1991 in Kraft.<br />

MANUEL JACOB<br />

20


Zeitgeschichte.<br />

NEU!<br />

OBEN Blankomuster<br />

einer Zugverkehrskarte.Zur<br />

Information<br />

der Reisenden bei<br />

Betriebsstörungen<br />

wurde auf ihr die jeweilige<br />

Verkehrslage<br />

farblich markiert<br />

Slg. Manuel Jacob<br />

LINKS Beseitigung der<br />

Kriegsschäden: Im<br />

März 1947 läuft der<br />

Wiederaufbau der<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Strecke Ostkreuz<br />

– Erkner<br />

Slg. Dr. A. Gottwaldt<br />

Spektakuläres und bislang unveröffentlichtes Bildmaterial aus amerikanischen<br />

Archiven erzählt die Geschichte des Eisenbahnkriegs neu<br />

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ISBN 978-3-86245-149-4<br />

NEU!<br />

nicht nur der Kampf um Berlin verursacht, sie<br />

resultierten auch aus umfassenden Demontagen<br />

der Sowjetarmee. Kilometerweise zweite<br />

Gleise und die Ausrüstungen aus 26 Gleichrichterwerken,<br />

davon zwölf komplett, mussten<br />

gen Osten abgeliefert werden. Die Folge<br />

waren Pendelverkehre ohne Ende.<br />

Dennoch: Auf den ersten Blick betrachtet,<br />

funktionierte das System „<strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>“ Ende<br />

1945 schon wieder. Rund 73 % des Netzes, darunter<br />

fast alle wichtigen Strecken, wurden im Berufsverkehr<br />

sogar im 20- oder 30-Minuten-Takt<br />

befahren. Knapp 250 Viertelzüge galten zur Jahreswende<br />

als betriebsfähig, von denen fast alle täglich<br />

von etwa 5 bis 22 Uhr in 56 Wagenzügen eingesetzt<br />

wurden. Seit Oktober wurden werktags<br />

bereits rund eine Million Fahrgäste befördert, im<br />

gesamten Dezember 1945 waren es 17,6 Millionen.<br />

Die Not der Nachkriegsmonate macht folgender<br />

Vergleich deutlich: Ende 1945 wurden auf<br />

85 % des Streckennetzes mit 20 % der Fahrzeuge<br />

und 20 % des Stromverbrauchs rund 50 % der<br />

Fahrgäste vom Anfang des Jahres befördert. Man<br />

kann sich heute kaum vorstellen, wie eng es in den<br />

Zügen gewesen sein muss. Manuel Jacob<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

Die deutsch-deutschen Grenzbahnhöfe<br />

in der Zeit des Kalten Kriegs:<br />

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Als junger Eisenbahnpionier im<br />

Inferno des Zweiten Weltkriegs:<br />

Die packenden Erinnerungen<br />

eines der letzten Zeitzeugen der<br />

alten Reichsbahn.<br />

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Entwicklung der S-<strong>Bahn</strong><br />

Der Mauerbau, die S-<strong>Bahn</strong> und ein<br />

Achtjähriger in Potsdam<br />

„Berlin ist zu!“<br />

Wolf-Dietger Machel kennt die <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong><br />

von klein auf. Seine Eltern wohnen in Potsdam-<br />

Babelsberg nahe der Strecke nach Erkner, das<br />

Heulen der Züge ist so geläufig wie das Vogel -<br />

zwitschern. Dann kommen der 13. August 1961<br />

und der Mauerbau. Alles wird anders<br />

LINKS Endstation bei<br />

Griebnitzsee; die<br />

Strecke ist gekappt<br />

Sigurd Hilkenbach/<br />

Slg. Manuel Jacob<br />

RECHTS Von oberster<br />

Stelle erhielten die<br />

Diensthabenden der<br />

„grenznahen“ <strong>Bahn</strong>höfe<br />

Anweisungen<br />

für den Betrieb nach<br />

dem Mauerbau<br />

Slg. Manuel Jacob<br />

Geboren wurde ich im Potsdamer Stadtteil<br />

Babelsberg, nahe der S-<strong>Bahn</strong>-Strecke<br />

nach Erkner. Unweit des <strong>Bahn</strong>damms<br />

bin ich auch groß geworden, und die<br />

S-<strong>Bahn</strong> gehörte, soweit ich zurückdenken kann,<br />

zum festen Bestandteil meiner Umwelt. Von<br />

morgens bis abends waren die heulenden<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Motoren für mich so selbstverständlich<br />

wie die zwitschernden Vögel in der Kleingartenanlage<br />

hinter dem Haus. Mehr noch: Die<br />

S-<strong>Bahn</strong> war das Verkehrsmittel, mit dem ich die<br />

Heimatstadt verlassen konnte. Sie brachte mich<br />

beispielsweise zu den Großeltern, die im West-<br />

<strong>Berliner</strong> Ortsteil Wilmersdorf wohnten.<br />

Wir schrieben den August 1961, und der lag<br />

mitten in meinen ersten Sommerferien. In den<br />

Nebenstraßen am <strong>Bahn</strong>hof Babelsberg standen<br />

Autos über Autos mit unterschiedlichen DDR-<br />

Kennzeichen, die wenigsten aus dem Bezirk Potsdam.<br />

Ihre Besitzer hatten eine Fahrkarte für 0,20<br />

DM (Ost) gelöst, um mit der S-<strong>Bahn</strong> nach West-<br />

Berlin zu fahren und nicht wieder zurückzukehren.<br />

In jenen Wochen und Tagen sprachen die Erwachsenen<br />

viel hinter vorgehaltener Hand und<br />

raunten davon, dass irgendetwas passieren würde.<br />

Mein Vater verkündete schließlich, dass<br />

am 12. August 1961 endlich wieder ein Onkelbesuch<br />

fällig sei. Der wohnte in der Nähe<br />

des Ost-<strong>Berliner</strong> <strong>Bahn</strong>hofs Leninallee (heute<br />

wieder Landsberger Allee). Also ging es<br />

am Vormittag des 12. August, einem Samstag,<br />

los: ab Babelsberg mit der S-<strong>Bahn</strong> über<br />

den Potsdamer <strong>Bahn</strong>hof Griebnitzsee. Hier<br />

passierten wir die obligatorische und meist<br />

ausgiebige Kontrolle durch die „Organe“, die bei<br />

uns nur „Krümelsucher“ hießen. Die S-<strong>Bahn</strong><br />

brachte uns bis Ostkreuz; von dort fuhren wir<br />

auf dem Nordring bis Leninallee. Der Onkelbesuch<br />

war ohne Besonderheiten – wenigstens<br />

in meiner Erinnerung. Anders die Rückkehr<br />

vom Onkelbesuch und der folgende Tag.<br />

Nur ein knapper Satz ging meiner Mutter über die<br />

Lippen: „Die S-<strong>Bahn</strong> fährt nicht mehr.“<br />

Gegen 22:45 Uhr hieß es Abschied nehmen,<br />

und die Fahrt, für mich längst eine<br />

Nachtfahrt, begann. Von Müdigkeit war bei<br />

mir, wenn‘s ums <strong>Bahn</strong>fahren ging, auch zu<br />

später Stunde nie etwas zu spüren. Noch<br />

deutlich erinnere ich mich daran, wie mein<br />

Vater am <strong>Bahn</strong>hof Zoologischer Garten auf<br />

die leuchtende Uhr an der Turmruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche<br />

aufmerksam<br />

machte. Ahnte er, dass wir den Kirchturm –<br />

und nicht nur ihn – viele Jahre nicht wieder<br />

sehen würden?<br />

Schlechte Nachricht am Sonntag<br />

Am Sonntagmorgen, an jenem 13. August 1961,<br />

schlief ich nach dem Onkelbesuch lange. Als ich<br />

dann am Vormittag in der Badewanne saß, kam<br />

meine Mutter mit Küchenkräutern aus dem<br />

Hausgarten und stand mit Tränen in den Augen<br />

vor meinem Vater. Nur ein knapper Satz ging ihr<br />

über die Lippen: „Die S-<strong>Bahn</strong> fährt nicht mehr.“<br />

Eine Nachbarin hatte ihr im Garten mitgeteilt:<br />

„Berlin ist zu!“ Meine spontane, kindliche<br />

Reaktion blieb nicht aus: „Aber Mutti,<br />

hör‘ doch! Die S-<strong>Bahn</strong> fährt!“ Und tatsächlich<br />

heulten draußen in diesem Moment die Motoren<br />

eines S-<strong>Bahn</strong>-Zuges. Doch der Schein<br />

trog! Wir erfuhren wenig später, dass wir am<br />

Vorabend mit einem der letzten Züge von<br />

Erk ner nach Potsdam Stadt nach Hause ge-<br />

22


Mauerbau<br />

Das <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-Netz 1961, vor dem Mauerbau: Noch kommt man ungehindert von Potsdam nach und durch West-Berlin.<br />

Rechts eine bis Babelsberg gültige Fahrkarte, Preisstufe 4<br />

Slg. Dr. Alfred Gottwaldt (o.), Slg. Manuel Jacob (r.)<br />

kommen waren. Jetzt pendelte die S-<strong>Bahn</strong><br />

nur noch im Potsdamer Stadtgebiet, nämlich<br />

zwischen Potsdam Stadt und Griebnitzsee.<br />

Am 9. Oktober 1961 war es auch mit diesem<br />

Restbetrieb vorbei. Als Ersatz verkehrte eine der<br />

legendären <strong>Berliner</strong> Stadtbahndampfloks der<br />

Baureihe 74 mit einem D-Zug-Wagen zwischen<br />

Potsdam Hbf (heute Potsdam Pirschheide), Potsdam<br />

Stadt (heute Potsdam Hbf) und Griebnitzsee.<br />

Später wurde diese seltsame Zugkomposition<br />

durch in Babelsberg endende Triebwageneinheiten<br />

der Baureihen VT 137 und VS 145 ersetzt.<br />

Als ich 1970 meine Ausbildung auf dem für<br />

den Reiseverkehr nahezu bedeutungslosen<br />

<strong>Bahn</strong>hof Potsdam Stadt aufnahm, erzählten<br />

mir Eisenbahner, dass noch Tage nach dem 13.<br />

August 1961 Leute aus der „Provinz“ die<br />

Schließung der Grenze nicht wahrhaben wollten.<br />

Sie fuhren mit der S-<strong>Bahn</strong> bis Griebnitzsee<br />

und kamen traurig gestimmt mit demselben<br />

Zug zurück! Um weite Teile des Stadtkreises<br />

Potsdam wuchs fortan die Mauer – von Jahr zu<br />

Jahr höher und massiver. Das Unnormale wurde<br />

zur Normalität.<br />

Zeitsprung: Als ich am 2. Juli<br />

1990 auf dem bis dahin nur für<br />

den Ost-<strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-Verkehr<br />

genutzten <strong>Bahn</strong>steig in Berlin<br />

Friedrichstraße die Durchsage<br />

„Wannsee zurückbleiben“<br />

hörte, kamen mir die Tränen.<br />

Das war ein Vorgeschmack auf „Potsdam Stadt zurückbleiben“,<br />

auf den durchgehenden S-<strong>Bahn</strong>-Betrieb<br />

zwischen Berlin und Potsdam, wie es ihn bis<br />

zu jenem Augusttag 1961 gegeben hatte. Am<br />

1. April 1992 wurde auch das wieder Wirklichkeit.<br />

LINKS Ein Halbzug der<br />

Bauart „Stadtbahn“<br />

1938 auf der Fahrt zwischen<br />

dem Haltepunkt<br />

Babelsberg und dem<br />

<strong>Bahn</strong>hof Potsdam.<br />

Ähnlich lief der Betrieb<br />

noch bis Frühherbst<br />

1961 Slg. W.-D. Machel (2)<br />

RECHTS Der junge<br />

Wolf-Dietger Machel,<br />

hier in fröhlicheren<br />

Stunden als an jenem<br />

13. August 1961<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

23


Entwicklung der S-<strong>Bahn</strong><br />

Die <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> 1961-1989<br />

Getrennte Welten<br />

Nach dem Kriegsende war der Mauerbau am 13. August 1961 das einschneidendste Ereignis<br />

in der Geschichte der <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>. Über Nacht gab es zwei Netze fast ohne Verbindung. Die<br />

politische Kontroverse belastete den S-<strong>Bahn</strong>-Betrieb in West-Berlin, immer wieder kam es zu<br />

Konflikten. Erst in den 80er-Jahren änderte sich die Lage<br />

24


S-<strong>Bahn</strong> in Ost- und West-Berlin 1961-89<br />

Seitdem am 13. August 1961 West-Berlin<br />

vom Ostteil der Stadt und vom Umland<br />

abgeriegelt worden war, war auch<br />

das Massenverkehrsmittel der Spreestadt geteilt.<br />

Zwar blieb die S-<strong>Bahn</strong> unter einer Leitung,<br />

der Reichsbahndirektion Berlin, aber sie<br />

entwickelte sich in den beiden Stadthälften<br />

höchst unterschiedlich.<br />

Für die West-<strong>Berliner</strong> wurde sie nach einem<br />

Aufruf des Gewerkschaftsvorsitzenden<br />

Walter Sickert („Keine Mark für Ulbrichts<br />

Stacheldraht“) zum Symbol des verhassten<br />

SED-Staates. Die S-<strong>Bahn</strong> wurde boykottiert,<br />

nur noch von einem Fünftel der bisherigen<br />

Fahrgäste benutzt. Als Ersatz richteten<br />

die <strong>Berliner</strong> Verkehrsbetriebe BVG<br />

Buslinien ein, und es wurden U-<strong>Bahn</strong>-Linien<br />

gebaut.<br />

Neubaustrecken im Ost-<strong>Berliner</strong> Netz<br />

Im Osten, in der Hauptstadt der DDR sowie<br />

in den Bezirken Potsdam und Frankfurt<br />

(Oder), musste die Reichsbahn währenddessen<br />

rasch Ersatz schaffen, um nach dem Mauerbau<br />

zumindest den Berufsverkehr wieder zu<br />

ermöglichen. Zwischen Berlin-Blankenburg<br />

und Hohen Neuendorf wurde am 19. November<br />

1961 die neue Verbindung auf dem<br />

Außenring zum größten Teil im Gemeinschaftsbetrieb<br />

mit der Fernbahn eingerichtet;<br />

das stellte den Anschluss von Berlin nach Oranienburg<br />

wieder her (wobei der Gemeinschaftsbetrieb<br />

am 2. September 1984 nach<br />

Bau eines separaten S-<strong>Bahn</strong>-Gleises endete).<br />

Für den durchgehenden Verkehr vom Zentralflughafen<br />

Berlin-Schönefeld nach Oranienburg<br />

ging am selben Tag das zweite Gleis<br />

Pankow – Blankenburg in Betrieb. Zwischen<br />

Schönhauser Allee und Berlin-Pankow wurde<br />

eine Verbindung benutzt, die bislang nur<br />

Dienstzüge befuhren. Am 26. Februar 1962<br />

ging auch die neue Strecke Berlin-Adlershof<br />

– Flughafen Schönefeld in Betrieb.<br />

Danach dauerte es 14 Jahre bis zur nächsten<br />

Erweiterung des S-<strong>Bahn</strong>-Netzes. Die Beschlüsse<br />

des VIII. SED-Parteitages zur weiteren<br />

Entwicklung der Hauptstadt leiteten<br />

insbesondere ein Wohnungsbauprogramm<br />

Nach dem Mauerbau kommen S-<strong>Bahn</strong>en nur noch über die Stadtbahn<br />

von West- nach Ost-Berlin und umgekehrt. Im Juli 1984 ist ein Zug<br />

der Baureihe 275 von Friedrichstraße westwärts unterwegs; auf der<br />

Brücke über den Humboldthafen rollt er dem Lehrter Stadtbahnhof<br />

entgegen. Hinten Ost-Berlin und die Grenzanlagen Konrad Koschinski<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013 25


Entwicklung der S-<strong>Bahn</strong><br />

Nicht nur Personen, auch Gepäckstücke werden mit der S-<strong>Bahn</strong> transportiert.<br />

Im West-<strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-Netz ist Anfang der 70er-Jahre ein<br />

solcher Gepäckzug unterwegs<br />

Jürgen Krantz, Sigurd Hilkenbach (r.)<br />

Der Tunnelbahnhof Potsdamer Platz lag unter dem Grenzgebiet zwischen<br />

Ost- und West-Berlin und wurde mit dem Mauerbau aufgelassen.<br />

Das Bild von 1962 zeigt zwei Eingänge an der Mauer (Westseite)<br />

ein, durch das die S-<strong>Bahn</strong> die Aufgabe erhielt,<br />

die neuen Wohngebiete in Marzahn und Hohenschönhausen<br />

zu erschließen. Dazu wurden<br />

die Abschnitte Abzweig Biesdorfer Kreuz bzw.<br />

Friedrichsfelde Ost – Berlin-Marzahn am<br />

30. Dezember 1975, Berlin-Marzahn – Otto-<br />

Winzer-Straße (nach 1990 umbenannt in<br />

Mehrower Allee) am 15. Dezember 1980 und<br />

Otto-Winzer-Straße –Ahrensfelde am 31. Dezember<br />

1982 eröffnet.<br />

Am 21. Dezember 1984 ging der eingleisige<br />

Streckenabschnitt Springpfuhl – Berlin-<br />

Hohenschönhausen in Betrieb, am 20. Dezember<br />

1985 wurde der zweigleisige Ausbau<br />

dieses Abschnittes, verlängert bis Wartenberg,<br />

dem Verkehr übergeben. Die Strecke war eigentlich<br />

bis zum Karower Kreuz geplant, wurde<br />

aber nur mit dem Planum fortgesetzt und<br />

Bis 1989 kam die S-<strong>Bahn</strong> in Ost-Berlin pro Tag auf<br />

1.800 Fahrten und rund 700.000 Fahrgäste<br />

blieb ein Fragment, so dass das Wohngebiet<br />

Buchholz Nord keinen S-<strong>Bahn</strong>-Anschluss bekam.<br />

Nicht gebaut wurden auch die S-<strong>Bahn</strong>-<br />

Verbindung zwischen dem Grünauer und dem<br />

Biesdorfer Kreuz, eine Tangente für die Oranienburger<br />

Züge sowie die Verlängerung über<br />

Karow hinaus nach Basdorf und bis Wandlitzsee.<br />

Stark beanspruchte Linien<br />

Das Streckennetz in Ost-Berlin sowie in den<br />

angrenzenden Bezirken Frankfurt (Oder) und<br />

Potsdam hatte 1986 eine Länge von 173 Kilometern,<br />

dabei waren 36 Prozent der Strecken<br />

eingleisig. Das Netz war engmaschig geknüpft<br />

und mindestens ebenso stark beansprucht. Bis<br />

1989 benutzten rund 700.000 Fahrgäste täglich<br />

die S-<strong>Bahn</strong> im Ostteil. Bei etwa 1.800<br />

Zugfahrten kam sie auf 45.000 Zugkilometer<br />

am Tag. Im Fahrplan waren vorgesehen:<br />

• 6 Zuggruppen bis Friedrichstraße,<br />

• 9 Zuggruppen bis Alexanderplatz,<br />

• 13 Zuggruppen von Strausberg, Ahrensfelde,<br />

Erkner, Königs Wusterhausen und Berlin-<br />

ZUR PERSON<br />

FRIEDRICH KITTLAUS<br />

Eine der wichtigsten Personen – und Persönlichkeiten<br />

– bei der <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> der<br />

Nachkriegszeit wurde Friedrich Kittlaus. Im Jahr<br />

1901 geboren, hatte er zunächst eine Lokführerlaufbahn<br />

begonnen und kam Ende der 30er-<br />

Jahre zur S-<strong>Bahn</strong>. Als Betriebskontrolleur<br />

erwarb er sich während des Zweiten Weltkriegs<br />

besondere Meriten, weil es ihm gelang, trotz<br />

zunehmender Bombardements den Zugverkehr<br />

weitgehend am Laufen zu halten. Im August<br />

1945 musste Kittlaus den Dienst bei der S-<br />

<strong>Bahn</strong> quittieren. Im April 1949, während der<br />

Berlin-Blockade, holte man ihn aber zurück. Auf<br />

Weisung des Reichsbahn-Generaldirektors Willi<br />

Kreikemeier wurde er nun als S-<strong>Bahn</strong>-Leiter<br />

eingesetzt, was er bis zum 31. Dezember<br />

1972 (!) blieb. In dieser Zeit erreichte er es,<br />

dass die S-<strong>Bahn</strong> auch unter schwierigen Bedin-<br />

gungen beachtliche Transportleistungen erbrachte.<br />

Mit seinen Mitarbeitern erstellte er<br />

unter anderem ein Konzept, das die betrieblichen<br />

Einschränkungen durch den Mauerbau<br />

auffing und den Betrieb in getrennten Netzteilen<br />

regelte. Bei all dem stand Kittlaus selbst<br />

für die S-<strong>Bahn</strong> Berlin als Einheit, nicht zuletzt<br />

durch seine Person. Trotz führender Position<br />

bei der DDR-Reichsbahn in Ost-Berlin war er<br />

kein Mitglied der Staatspartei SED und behielt<br />

seinen Wohnsitz in West-Berlin. Diplomatisch<br />

regelte er auf dem kleinen Dienstweg manche<br />

politisch motivierten Unstimmigkeiten zwischen<br />

West und Ost. Im Jahr 1989/90 erlebte<br />

er noch, wie die Konfrontation beendet wurde<br />

und die beiden S-<strong>Bahn</strong>-Netze langsam wieder<br />

zusammenwuchsen. Kittlaus starb im September<br />

1991.<br />

MANUEL JACOB<br />

Friedrich Kittlaus (M.) bei der Eröffnung der S-<strong>Bahn</strong>-Verbindung Adlershof – Zentralflughafen<br />

Schönefeld, 26. Februar 1962<br />

Slg. Dr. Alfred Gottwaldt<br />

26


Das <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-Netz 1975 mit den geteilten, jeweils von der Reichsbahn betriebenen Netzen (o.). Nur in Ost-Berlin gab es die Touristen-<br />

Fahrkarte (u.), mit der auch West-Bürger das Netz befahren konnten<br />

Slg. Dr. Alfred Gottwaldt<br />

Slg. Martin Weltner<br />

Buch bis Berlin-Ostbahnhof<br />

bzw. Warschauer<br />

Straße.<br />

Allein der <strong>Bahn</strong>hof<br />

Warschauer Straße<br />

wurde von 15 Zuggruppen<br />

berührt.<br />

Damit fuhr die<br />

S-<strong>Bahn</strong> in Ost-Berlin<br />

im Regelverkehr bis<br />

zur Leistungsgrenze.<br />

Im Grundtakt von<br />

20 Minuten verkehrten<br />

17 Zuggruppen, so<br />

dass sich auf stark befahrenen<br />

Strecken eine<br />

Verdichtung der Zugfolge<br />

bis zu zwei Minuten ergab. Die hohe<br />

Zugfrequenz, insbesondere auf den Abschnitten<br />

Biesdorfer Kreuz – Berlin Friedrichstraße,<br />

Berlin-Schöneweide – Berlin-Blankenburg,<br />

auf den Abzweigstellen Grünauer Kreuz,<br />

Biesdorfer Kreuz, Karower Kreuz West und<br />

Ostkreuz, führte zu einem erhöhten Verschleiß<br />

der Anlagen und erforderte eine vorbeugende<br />

und planmäßige Instandhaltung der<br />

Gleisanlagen.<br />

Modernisierungen in Ost-Berlin<br />

Mit technischen Neuerungen versuchte die<br />

Reichsbahn, die Betriebsabläufe zu vereinfachen<br />

und dem hohen Verkehrsaufkommen in<br />

<strong>Bahn</strong>betrieb auf dem Innenring: Ein 275er macht 1979 im <strong>Bahn</strong>hof Schönhauser Allee Station,<br />

auf den Fernbahngleisen nebenan ist eine 52er-Dampflok unterwegs<br />

Thomas Wunschel<br />

und um Ost-Berlin anzupassen. Nach der –<br />

verzögerten – Einführung des Abfertigungsfunks<br />

auf den <strong>Bahn</strong>höfen und in den Triebfahrzeugen<br />

von 1965 bis 1969 wurde im Einmannbetrieb<br />

gefahren, das heißt, der<br />

Triebwagenschaffner (Beimann) eingespart.<br />

16 <strong>Bahn</strong>steige wurden mit Hilfe von Fernbeobachtungsanlagen<br />

überwacht, auf 18 <strong>Bahn</strong>steigen<br />

galt das Abfahrsignal Zp 8/9a, so dass<br />

auf diesen <strong>Bahn</strong>höfen die Aufsicht entfallen<br />

konnte.<br />

Seit den 70er-Jahren wurden die Formsignale<br />

gegen Lichtsignale ausgetauscht, meist<br />

solche des Hl-Signalsystems und nicht die für<br />

die <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> typischen Sv-Signale. Allerdings<br />

schränkten die Signalabstände die<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

27


Entwicklung der S-<strong>Bahn</strong><br />

Der Ostbahnhof (später Hauptbahnhof) ist einer der wichtigen Knotenpunkte im Ost-<strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-Netz. In den 80er-Jahren begegnen sich<br />

dort Triebfahrzeuge der Bauarten „Stadtbahn“ und „Olympia“<br />

Slg. Wolf-Dietger Machel<br />

Weil die Einnahmen in West-Berlin nicht den Unterhalt trugen, verzichtete die Reichsbahn bei den Stationen auf Instandhaltungsmaßnahmen.<br />

Im Frühjahr 1982 wirken viele Halte recht verwahrlost, wie Zehlendorf Süd (l.) und Lichterfelde Ost (r.) Archiv GM (2)<br />

Leistungsfähigkeit des Netzes ein. Daher beschloss<br />

die Reichsbahn, mit dem automatischen<br />

Streckenblock (AB 70 S) ein leistungsfähiges<br />

neues Signalsystem zu installieren, um<br />

kürzere Zugfolgezeiten zu ermöglichen. Nach<br />

der Erprobung 1976 folgte 1984 die serienmäßige<br />

Einführung. Der automatische Streckenblock<br />

(AB 70 S) wurde in Betrieb genommen<br />

auf den Strecken<br />

• Berlin-Karlshorst – Berlin Ostbahnhof,<br />

• Ahrensfelde – Berlin Ostbahnhof – Alexanderplatz<br />

und<br />

• Berlin-Schöneweide – Greifswalder Straße.<br />

Außerdem verlegte man auf verschiedenen<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Strecken ein zweites Gleis: von 1979<br />

bis 1980 zwischen Grünau und Zeuthen,<br />

1987 zwischen Grünauer Kreuz und Altglienicke,<br />

1989 zwischen Lehnitz und Oranienburg,<br />

zwischen Altglienicke und Flughafen<br />

Berlin-Schönefeld sowie zwischen Karow und<br />

Buch. Auf einigen Streckenabschnitten wurde<br />

der Linksfahrbetrieb eingeführt, damit bei<br />

planmäßigen Bauarbeiten an den Gleisanlagen<br />

oder <strong>Bahn</strong>hofsanlagen Züge pendeln konnten<br />

und Reisende nicht so oft umsteigen mussten.<br />

Unabhängig davon gab es weiterhin Probleme,<br />

die Verkehrsspitzen zu bewältigen.<br />

28


Renovierung und neue Fahrzeuge<br />

Die schwierige Situation wirkte sich auch<br />

auf den Fahrzeugpark der Ost-<strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong><br />

aus. Dabei half es wenig, dass aus West-Berlin<br />

mehrere Züge der Baureihen 168 und 169<br />

zur Verfügung standen. Sie wurden im Reichsbahnausbesserungswerk<br />

Berlin-Schöneweide<br />

zu U-<strong>Bahn</strong>-Wagen für die Großprofillinie Alexanderplatz<br />

– Tierpark umgebaut, da dort<br />

ebenfalls Mangel herrschte.<br />

Modernisierte und neue Fahrzeuge<br />

Weil die S-<strong>Bahn</strong> nicht die vorgesehenen Neubaufahrzeuge<br />

der Baureihe 126 erhielt, mussten<br />

von 1973 an die Fahrzeuge der Vorkriegs-<br />

Baureihen 276.0 und 277 modernisiert<br />

werden. Bis 1982 umfasste die Maßnahme<br />

206 Triebfahrzeuge. Die Fahrzeuge erhielten<br />

dabei neue Drehgestelle, ein 110-Volt-Bordnetz,<br />

eine veränderte Vorderansicht der Triebwagen<br />

und eine modernisierte Fahrgastraumgestaltung<br />

mit Großraumabteilen für die<br />

Beförderung von Kinderwagen und großem<br />

Reisegepäck.<br />

Außerdem wurden von 1979 bis 1987 die<br />

195 Triebwagen der Baureihe 275 modernisiert.<br />

Sie erhielten die Ordnungsnummer 276.1, ihre<br />

Innengestaltung entsprach der modernisierten<br />

Baureihe 277. Eine über der Scharfenbergkupplung<br />

angeordnete halbautomatische Steuerstromkupplung<br />

ermöglichte die Verbindung<br />

des Steuerstroms mit den 277er-Triebzügen, so<br />

dass diese gemeinsam verkehren konnten. Der<br />

veraltete 4-m-Funk wurde gegen 2-m-Funk<br />

ausgetauscht. Die Triebfahrzeuge erhielten für<br />

die energiesparende Fahrweise Bordmikrorechner<br />

(BMR) und 1986 erst einmal versuchsweise<br />

in einem Triebfahrzeug eine Lautsprecheranlage<br />

zur Fahrgastinformation.<br />

Irgendwer hatte die Idee, alle Nahverkehrsmittel<br />

von der S-<strong>Bahn</strong> bis zum Taxi müssten in<br />

der Hauptstadt der DDR farblich aneinander<br />

angepasst werden und dürften sich nur in Nuancen<br />

unterscheiden. Dementsprechend wurden<br />

dem Minister für Verkehrswesen, Otto Arndt,<br />

verschiedene Varianten in Bordeauxrot-Elfenbeinbeige<br />

vorgestellt, darunter eine Version mit<br />

Türen in Elfenbeinbeige und dem restlichen<br />

Fahrzeug in Bordeauxrot. Schließlich wurde Anfang<br />

1984 Bordeauxrot für den unteren Wagenkasten<br />

und Elfenbeinbeige für den Bereich<br />

oberhalb der Fahrzeugmitte ausgewählt. Bei Eisenbahnern<br />

und auch den <strong>Berliner</strong>n stieß das allerdings<br />

nicht auf Gegenliebe. Sie bemängelten,<br />

dass man die traditionelle S-<strong>Bahn</strong>-Lackierung<br />

Rot-Ocker aufgegeben hatte.<br />

Auf Dauer reichten die modernisierten Altbau-Fahrzeuge<br />

nicht aus; Neubauten waren<br />

notwendig. Vom 3. August 1980 bis 15. Mai<br />

1981 erprobte die S-<strong>Bahn</strong> einen achtteiligen<br />

Vollzug (Musterzug) vom VEB Kombinat Lokomotivbau-Elektrotechnische<br />

Werke „Hans<br />

Beimler“ Hennigsdorf. Das als Baureihe 270<br />

bezeichnete Fahrzeug absolvierte 70.000 Kilometer<br />

Strecke. In einer Nacherprobung musste<br />

der Musterzug von 1983 nochmals 100.000<br />

Kilometer mit Fahrgästen fahren. Am 1. Februar<br />

1985 schließlich übernahm die Deutsche<br />

Reichsbahn diesen Zug (der 1991 ausgemustert<br />

STICHWORT WIEDERERÖFFNUNGEN DURCH DIE BVG<br />

Mit der Übernahme der West-<strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> betrieb die BVG ab 9. Januar 1984 ein „Rumpfnetz“,<br />

bestehend aus den Linien S 2 Anhalter Bf – Lichtenrade (13,8 Kilometer Länge) und<br />

S 3 Friedrichstraße – Charlottenburg (7,3 Kilometer). Darüber hinaus war zunächst nur die Inbetriebnahme<br />

der Wannseebahn geplant, nach erheblichen Protesten der Öffentlichkeit beschloss der<br />

West-<strong>Berliner</strong> Senat als Entscheidungsgremium der städtischen BVG eine größere Erweiterung. In<br />

Betrieb gingen:<br />

1. Mai 1984 S 3, Charlottenburg – Wannsee<br />

1. Mai 1984 S 2, Anhalter <strong>Bahn</strong>hof – Gesundbrunnen<br />

1. Oktober 1984 S 2, Gesundbrunnen – Frohnau<br />

1. Februar 1985 S 1, Anhalter <strong>Bahn</strong>hof – Wannsee<br />

Die Inbetriebnahme der Strecke nach Frohnau und erst recht der Wannseebahn erforderte aufwendige<br />

Sanierungsarbeiten. In dieser Form blieb das West-<strong>Berliner</strong> Netz bis nach der Wiedervereinigung<br />

bestehen.<br />

MANUEL JACOB/FELIX WALTHER<br />

Am 1. Februar 1985 nimmt die BVG die Wannseebahn wieder in Betrieb. Zwei Eröffnungszüge<br />

fahren parallel zum Anhalter <strong>Bahn</strong>hof, im Bild zwischen Lichterfelde West und Botanischer<br />

Garten<br />

Peter Kusterer<br />

wurde) und gab eine Serie in Auftrag. Von 1988<br />

an wurden die Züge in Rubinrot mit anthrazitfarbenem<br />

Fensterband ausgeliefert.<br />

Renovierung der <strong>Bahn</strong>hofsanlagen<br />

Neues bzw. Erneuertes strebte die Reichsbahn<br />

im Ost-<strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-Netz aber nicht nur<br />

bei den Fahrzeugen an, sondern ebenso bei der<br />

Infrastruktur. Die <strong>Bahn</strong>anlagen einschließlich<br />

der Empfangsgebäude wiesen ein beachtliches<br />

Alter auf. Zum großen Teil stammten sie noch<br />

aus der Zeit der Betriebsaufnahme, waren im<br />

Krieg schwer beschädigt und später wieder errichtet<br />

worden. Die Instandhaltung der Hochbauten<br />

ließ oft zu wünschen übrig. Als sich in<br />

den 80er-Jahren ein großes Jubiläum ankündigte,<br />

wurde die Reichsbahn aktiv. Für die 750-<br />

Jahr-Feier Berlins 1987 wurden ab 1981 alle<br />

Empfangsgebäude und Verkehrsanlagen der<br />

Hauptstadt-<strong>Bahn</strong>höfe mit Ausnahme der Neubauten<br />

einer Verschönerungskur unterzogen.<br />

Mag sein, dass man damit Schwierigkeiten<br />

kaschierte. Doch rückblickend lässt sich sagen,<br />

dass die S-<strong>Bahn</strong> in der DDR-Mangelwirtschaft<br />

trotz aller Probleme ein wichtiger, wenn<br />

nicht der wichtigste Bestandteil des öffentlichen<br />

Personennahverkehrs in Ost-Berlin war.<br />

Dass sie diese Rolle überhaupt einnehmen<br />

konnte, ist der Improvisationskunst der Führungskräfte<br />

und der Liebe vieler Eisenbahner<br />

in der Reichsbahndirektion Berlin zu „ihrer“<br />

S-<strong>Bahn</strong> zu danken. Herausragend war stets das<br />

In Ost-Berlin war die S-<strong>Bahn</strong> ein beliebtes Verkehrsmittel,<br />

in West-Berlin die „Schüttelbahn“ der DDR<br />

Pflichtbewusstsein bei Großveranstaltungen,<br />

wenn nach „Hochleistungsfahrplänen“ gefahren<br />

wurde. Das wird im nachhinein leicht vergessen.<br />

Konfliktpotenzial in West-Berlin<br />

Gänzlich anders lagen die Dinge im Westteil<br />

der Stadt. War die Ost-<strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> für die<br />

dortige Bevölkerung das beliebte, zuverlässige<br />

Massenverkehrsmittel, so galt sie im Westen<br />

als „Schüttelbahn“, die, wie erwähnt, als<br />

Teil der DDR-Politik vehement abgelehnt<br />

wurde. Der Fahrgastrückgang infolge des Boykotts<br />

führte zu erheblichen Verlusten bei den<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

29


Entwicklung der S-<strong>Bahn</strong><br />

Neue Fahrzeuge für West und Ost: Im Mai 1989 präsentiert die BVG den neuen Zug der Baureihe 480 in Zehlendorf, unter anderem in der neuen<br />

Farbgebung Silber/Kristallblau (l.). Im April 1985 zeigt sich der Reichsbahn-Prototyp 270 001 in Ahrensfelde (r.) Peter Kusterer (l.), Slg. Jürgen Krantz (r.)<br />

BVG-Betrieb: Im Juni 1987 steht ein 275er im Lehrter Stadtbahnhof (l.). Kurz nach der Eröffnung der Wannseebahn hält ein Zug vom Anhalter<br />

<strong>Bahn</strong>hof nach Wannsee in Großgörschenstraße (r., 3. Febr. 1985). Man beachte das mit Kreide geschriebene Zielschild B. O. Sydow (l.), P. Kusterer<br />

Nach langen Verhandlungen kam die West-<strong>Berliner</strong><br />

S-<strong>Bahn</strong> im Januar 1984 unter die Obhut der BVG<br />

Fahrgeldeinnahmen, anders als bei den anderen<br />

Verkehrsmitteln erhielt die Deutsche<br />

Reichsbahn als DDR-Betrieb keine finanzielle<br />

Unterstützung vom Senat. Folglich war die<br />

S-<strong>Bahn</strong> in West-Berlin chronisch defizitär.<br />

Ausbaumaßnahmen unterblieben – die Ankündigung<br />

von 1964, die S-<strong>Bahn</strong> von Wannsee<br />

wenigstens bis an die westliche Stadtgrenze<br />

nach Kohlhasenbrück zu führen, wurde<br />

beispielsweise nicht verwirklicht. Mehr noch,<br />

die Anlagen in West-Berlin wurden zwangsläufig<br />

vernachlässigt und die Zugdichte eingeschränkt.<br />

Als die Allgemeine Deutsche Nachrichtenagentur<br />

(ADN) in der DDR am 25. März<br />

1976 das Defizit von 1975 mit 100 Millionen<br />

Mark bezifferte (15 Millionen Mark Einnahmen,<br />

115 Millionen Mark Ausgaben) und die<br />

Möglichkeit meldete, die S-<strong>Bahn</strong> gegebenenfalls<br />

dem Senat von West-Berlin zu verpachten,<br />

versetzte das die Eisenbahner der Reichsbahn-Dienststellen<br />

in West-Berlin in helle<br />

Aufregung. Die Reichsbahndirektion Berlin<br />

hatte ihre Not, sie zu beruhigen. Sie und unter<br />

ihnen vor allem die Mitglieder der Sozialistischen<br />

Einheitspartei Westberlin (die<br />

Reichsbahn war ein Bollwerk des SED-Ablegers<br />

SEW) hatten Angst um ihren Arbeitsplatz.<br />

Ohnehin fragten die Eisenbahner, ob<br />

denn S-<strong>Bahn</strong> und Fernbahn überhaupt zu<br />

trennen seien, da die Reichsbahn immer „die<br />

organische Einheit“ betont habe.<br />

Während die Diskussion noch lief, begann<br />

die DR, vorsichtig zu rationalisieren. Zum<br />

Beispiel verminderte sie das Personal im<br />

S-<strong>Bahn</strong>betriebswerk Papestraße um ein Viertel,<br />

ließ die Fahrkarten von der <strong>Bahn</strong>steigaufsicht<br />

verkaufen, strukturierte ihre örtlichen<br />

Dienststellen in West-Berlin um. Als die<br />

Reichsbahndirektion 1980 zum großen Schlag<br />

beim Abbau von Arbeitsplätzen ausholte, dabei<br />

völlig ungeschickt und unsensibel vorging,<br />

kam es zum wilden und erfolglosen Streik der<br />

Eisenbahner. Nach dessen Ende wurden<br />

70 Kilometer Strecke und 77 <strong>Bahn</strong>höfe in<br />

West-Berlin stillgelegt, der S-<strong>Bahn</strong>-Verkehr erheblich<br />

eingeschränkt.<br />

Übernahme durch die BVG<br />

Es folgten langwierige Verhandlungen zwischen<br />

Ost und West, die mit Genehmigung<br />

der drei Westalliierten die S-<strong>Bahn</strong> im Westteil<br />

der Stadt unter neue Obhut brachten. Der<br />

Senat von West-Berlin übernahm die S-<strong>Bahn</strong><br />

in „seinem“ Bereich: Vom 9. Januar 1984 an<br />

führten die <strong>Berliner</strong> Verkehrsbetriebe (BVG)<br />

den Betrieb. Im Abschnitt Lehrter Stadtbahnhof<br />

– Friedrichstraße blieb die Betriebsführung<br />

bei der Deutschen Reichsbahn.<br />

Die BVG fuhr zunächst Züge auf der Stadtbahn<br />

bis Charlottenburg und zwischen Anhalter<br />

<strong>Bahn</strong>hof und Lichtenrade. Begründet<br />

wurde dieser „Rumpfbetrieb“ auf nur 21 Kilometern<br />

Strecke damit, dass es an Betriebspersonal<br />

fehle. Nach Protesten der Bevölkerung<br />

(„Schrumpfbahn“) wurde der Betrieb<br />

30


BVG-Betrieb und Mauerfall<br />

Im September 1980 führt noch die Reichsbahn den Betrieb in West-Berlin. Im Endbahnhof Staaken steht ein Halbzug der „Olympia“-Bauart<br />

(Baureihe 276.0) bereit; in Kürze geht es über Westkreuz und Zoo zum <strong>Bahn</strong>hof Friedrichstraße in Ost-Berlin<br />

Konrad Koschinski<br />

schrittweise ausgedehnt, erreichte aber nie<br />

mehr, auch nach 1990 nicht, den früheren<br />

Umfang.<br />

Immerhin stiegen die Fahrgastzahlen wieder<br />

an und erreichten 1989 wieder Werte wie<br />

Mitte der 60er-Jahre. Die BVG stockte das<br />

Personal auf (1987: 1.879 Mitarbeiter, davon<br />

1.222 neu eingestellt) und ging wie die Reichsbahn<br />

in Ost-Berlin daran, den Fahrzeugbestand<br />

zu verjüngen. Sie bestellte bei den Firmen<br />

AEG, Siemens und Waggon-Union<br />

41 Viertelzüge, die seit 1987<br />

als Baureihe 480.0 und 480.5<br />

geführt wurden.<br />

Der Mauerfall<br />

Weder in Ost- noch in West-<br />

Berlin hätte man aber mit<br />

dem gerechnet, was sich am<br />

Abend des 9. November 1989<br />

zutrug. Die plötzliche Öffnung<br />

der DDR-Grenzen kam<br />

für alle überraschend und<br />

stellte buchstäblich über<br />

Nacht die Verhältnisse auf den<br />

Kopf, auch bei der <strong>Berliner</strong><br />

S-<strong>Bahn</strong>. Diese war unverzichtbar,<br />

um den gigantischen Besucherstrom<br />

vom Ostteil in<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

den Westteil der Stadt (und zurück) zu bewältigen.<br />

Züge fuhren rund um die Uhr, die<br />

S-<strong>Bahn</strong>er in beiden Teilen wickelten einen<br />

wahren Höchstleistungsfahrplan ab. Zur Unterstützung<br />

stellte die Reichsbahndirektion<br />

Berlin der BVG zwei Vollzüge der Baureihe<br />

275 aus Grünau zur Verfügung, die am 10.<br />

November über die einzige verbliebene S-<br />

<strong>Bahn</strong>-Verbindung, Gleis 2 des <strong>Bahn</strong>hofs<br />

Friedrichstraße, nach dem Westen gefahren<br />

Slg. Peter Kusterer<br />

ANZEIGE<br />

wurden. Binnen weniger Monate begannen<br />

die Verantwortlichen damit, die<br />

28 Jahre währende Teilung im Betriebsdienst<br />

zu überwinden. So richtete die Reichsbahndirektion<br />

Berlin ohne behördliche Genehmigungen<br />

zum 2. Juli 1990 den durchgehenden<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Verkehr Ost-West auf dem<br />

<strong>Bahn</strong>hof Friedrichstraße wieder ein. Die<br />

Rückkehr des <strong>Berliner</strong> Nahverkehrs zur Normalität<br />

hatte begonnen. Erich Preuß/GM<br />

Dampf-Eisenbahn-Event in Chama, New-Mexico, USA:<br />

„Chama-Steam“ Excursions richtet 2013 wieder<br />

ein besonderes Eisenbahn-Event aus unter den Motto:<br />

„All Freight, All Steam, All Rio Grande“<br />

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31


Entwicklung der S-<strong>Bahn</strong><br />

Im geteilten Berlin führten die S-<strong>Bahn</strong>-Netze von Ost und West nur im <strong>Bahn</strong>hof Friedrichstraße zusammen – streng bewacht und mit Fahrzeugaustausch<br />

allein als Dienstfahrt. Im Juli 1992 liegt das lange zurück; Friedrichstraße ist eine freundliche Station auf der Stadtbahn B. O. Sydow<br />

<strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> ab 1990<br />

Wieder ein Netz<br />

Streckeneröffnungen, Kooperationen, neue Fahrzeuge: Nach der Wiedervereinigung Deutschlands<br />

nahm die <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> einen faszinierenden Weg und wurde zum modernen Verkehrsmittel<br />

der Millionenstadt. Aber nach dem Jahr 2000 wendete sich das Blatt; die Krise begann<br />

Schon einen Tag nach dem Mauerfall am<br />

9. November 1989 begann zwischen der<br />

von der Deutschen Reichsbahn betriebenen<br />

S-<strong>Bahn</strong> in Ost-Berlin und den (West-)<strong>Berliner</strong><br />

Verkehrsbetrieben eine Zusammenarbeit,<br />

die zuvor kaum vorstellbar gewesen wäre. An<br />

jenem 10. November erhielt die BVG unbürokratische<br />

Hilfe von der Reichsbahn. Acht<br />

Viertelzüge der Baureihe 275 wurden vom<br />

Ost- in das Westnetz überstellt, da der Ansturm<br />

der DDR-Bürger auf die BVG-S-<strong>Bahn</strong><br />

sonst nicht zu bewältigen gewesen wäre. Am<br />

11. Dezember 1989 fuhr sogar nach mehr als<br />

28 Jahren wieder ein mit Fahrgästen besetzter<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Zug durch den <strong>Bahn</strong>hof Friedrichstraße<br />

durch. Mehrere hundert West-<strong>Berliner</strong><br />

Kinder, die eine Veranstaltung in Ost-Berlin<br />

besuchten, hätten sonst auf dem <strong>Bahn</strong>hof<br />

Friedrichstraße von der BVG-S-<strong>Bahn</strong> in die<br />

S-<strong>Bahn</strong> der Reichsbahn umsteigen müssen.<br />

Verknüpfung von Ost und West<br />

So rasant wie die politische Kooperation entwickelte<br />

sich in der Folge auch die Zusammenarbeit<br />

der S-<strong>Bahn</strong>-Betreiber. Im Februar<br />

1990 verabschiedete der West-<strong>Berliner</strong> Senat<br />

in Abstimmung mit dem Ost-<strong>Berliner</strong> Magistrat<br />

und den zuständigen Stellen der DDR ein<br />

Programm zur Wiederherstellung der S-<strong>Bahn</strong>-<br />

Strecken Frohnau – Hohen Neuendorf, Lichtenrade<br />

– Mahlow – Blankenfelde, Neukölln –<br />

Baumschulenweg, Wannsee – Potsdam Stadt<br />

und zur Verknüpfung der S-<strong>Bahn</strong>-Strecken im<br />

Bereich Bornholmer Straße. Für die Vorarbeiten<br />

wurden zunächst 50 Millionen DM bereitgestellt.<br />

Indes nahm die Reichsbahn am<br />

32


Wieder ein Netz ab 1990<br />

Wiederbelebung der Verbindung Wannsee – Potsdam: Vorlaufbetrieb mit Pendelzug im Herbst 1990 nahe des ehemaligen DDR-Kontrollbahnhofs<br />

Griebnitzsee (links), Eröffnungszug 477 022 der S-<strong>Bahn</strong> am 1. April 1992 im <strong>Bahn</strong>hof Griebnitzsee (rechts) Friedhelm Ernst (links), Konrad Koschinski<br />

Umfangreiche Sanierungsarbeiten und Umbauten prägen in den 90er-Jahren<br />

vielerorts das S-<strong>Bahn</strong>-Netz, wie hier an der Ringbahn Peter Kusterer<br />

Der S-<strong>Bahn</strong>hof Potsdamer Platz liegt 2005 wieder mitten im <strong>Berliner</strong><br />

Geschäftsleben und ist eine stark frequentierte Station Heiko Focken<br />

22. Januar 1990 einen S-<strong>Bahn</strong>-Vorlaufbetrieb<br />

mit diesellokbespannten Doppelstockzügen<br />

zwischen Wannsee, Potsdam Stadt (heute<br />

Potsdam Hbf) und Potsdam Hbf (heute Potsdam<br />

Pirschheide) auf.<br />

Der durchgehende S-<strong>Bahn</strong>-Verkehr über<br />

den <strong>Bahn</strong>hof Friedrichstraße ab Anfang Juli<br />

1990 war der erste Schritt, um auch das geteilte<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Streckennetz wieder zu vereinigen.<br />

Umorganisation und Sanierung<br />

Mit der deutschen Einheit am 3. Oktober<br />

1990 wurden die Deutsche Bundesbahn, die<br />

Deutsche Reichsbahn und das ehemalige<br />

Reichsbahnvermögen Sondervermögen der<br />

Bundesrepublik Deutschland. Ebenso sah der<br />

Einigungsvertrag vor, dass die BVG bis zur<br />

Vereinigung der beiden deutschen Staatsbahnen<br />

Anfang 1994 Betreiber der S-<strong>Bahn</strong> im<br />

ehemaligen West-Berlin bleiben sollte. Erst<br />

mit der Bildung der Deutschen <strong>Bahn</strong> AG am<br />

1. Januar 1994 wurde das gesamte S-<strong>Bahn</strong>-<br />

Netz wieder unter Regie des nunmehr staatseigenen<br />

Konzerns betrieben und verwaltet.<br />

Noch 1990 wurde der Wiederaufbau 1961<br />

unterbrochener Verbindungen vorbereitet. Die<br />

Inbetriebnahme begann 1992 mit der Strecke<br />

nach Potsdam und endete mit der Schließung<br />

des S-<strong>Bahn</strong>-Rings 2002. Zeitgleich arbeitete<br />

die BVG an der Reaktivierung der Ende 1993<br />

eröffneten Ringbahn-Teilstrecke Westend –<br />

Köllnische Heide, die bereits vor dem Mauerfall<br />

geplant worden war (siehe auch S. 38).<br />

Großer Nachholbedarf bestand zudem bei<br />

der Generalsanierung des Bestandsnetzes. Der<br />

Nord-Süd-<strong>Bahn</strong>-Tunnel wurde im Frühjahr<br />

1991 für ein knappes Jahr abschnittsweise gesperrt<br />

und samt Gleisanlagen und Sicherungstechnik<br />

instand gesetzt. Von 1994 bis<br />

2002 lief die Sanierung der Stadtbahn, wobei<br />

man für die S-<strong>Bahn</strong> erstmalig eine Feste Fahrbahn<br />

verwendete. Darüber hinaus wurden bei<br />

Gleisbauarbeiten im Streckennetz meist der<br />

Neue Fahrzeuge, wieder aufgebaute Strecken und<br />

Netzsanierung: Berlins S-<strong>Bahn</strong> wurde modern<br />

Unterbau, die Entwässerungsanlagen, Brücken<br />

und <strong>Bahn</strong>höfe sowie die Zuleitungen für<br />

die Fahrstromversorgung erneuert. Weiterhin<br />

erhielt die S-<strong>Bahn</strong> neueste Sicherungstechnik<br />

mit einer rechnergesteuerten Zuglaufüberwachung<br />

und einer Betriebszentrale in Halensee.<br />

In die Infrastruktur der <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> flossen<br />

von 1990 bis 2006 vier Milliarden Euro.<br />

Generationswechsel<br />

Hinzu kamen die Investitionen für neue Fahrzeuge.<br />

Die Verjüngung des Rollmaterials hatten<br />

Reichsbahn wie BVG schon in den 80er-<br />

IN KÜRZE: BERLINER S-<strong>BAHN</strong> AKTUELL<br />

Angaben zur Unternehmen und Betrieb,<br />

Stand 31.12.2011<br />

Länge Streckennetz 330 km<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Linien 15<br />

S-<strong>Bahn</strong>höfe 166<br />

Mitarbeiter 3.116<br />

davon<br />

Triebfahrzeugführer 899<br />

Fahrgäste (jährl.) 382,8 Mio.<br />

Betriebsleistung (j.) 30,44 Mio. Zugkilometer<br />

Verkehrsleistung (j.) 3.618 Mio. Personenkilometer<br />

Fahrzeuge 650<br />

(Viertelzüge/Zwei-Wagen-Einheit)<br />

Quelle: S-<strong>Bahn</strong> Berlin GmbH<br />

Aufstellung: MHZ; Anmerkung: (j.) = jährlich<br />

Jahren eingeleitet. Sie führten das Vorhaben<br />

über Wende und Wiedervereinigung fort.<br />

Zwischen 1989 und 1994 wurden 85 Viertelzüge<br />

der Baureihe 480 ausgeliefert, von 1990<br />

bis 1993 auch 159 Viertelzüge der Baureihe<br />

485/885. Als gemeinsame Entwicklung kam<br />

von 1997 bis 2004 die neue Baureihe 481/482<br />

mit 500 Viertelzügen in den Bestand. Damit<br />

wurden die Fahrzeuge aus der Vorkriegszeit ersetzt;<br />

die S-<strong>Bahn</strong> war ein modernes Verkehrsmittel<br />

für die Millionenstadt Berlin.<br />

Veränderte Bedingungen<br />

In der Zwischenzeit hatte sich aber auch die politische<br />

Großwetterlage geändert. So flossen die<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

33


Das <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-Netz im November 1990. Stück für Stück wachsen West und Ost wieder zusammen<br />

Slg. Peter Schricker<br />

S-<strong>Bahn</strong> mal anders: Als Duo-S-<strong>Bahn</strong> (links) erhielt der Zug 485 114/115 einen Dieselmotor und fuhr 1994/95 testweise<br />

zwischen Oranienburg und Hennigsdorf. Eine Fortsetzung unterblieb. Die Panorama-S-<strong>Bahn</strong> 488.0/888.0 (rechts) entstand<br />

1999 aus einem Zug der Baureihe 477/877; seit der S-<strong>Bahn</strong>-Krise ist sie außer Betrieb M. Jacob (l.), M. Cantzler<br />

Gelder der öffentlichen Hand nun nicht mehr<br />

in dem Maße wie zuvor. Nach langen Diskussionen<br />

trat Ende März 2004 zwischen der<br />

Deutschen <strong>Bahn</strong> und dem <strong>Berliner</strong> Senat ein<br />

rückwirkend von 2003 gültiger und bis 2017<br />

verbindlicher Verkehrsvertrag in Kraft, der die<br />

Kürzung von Regionalisierungsmitteln in<br />

Höhe von 26 Millionen Euro pro Jahr vorsieht.<br />

Eine andere Entwicklung sollte der S-<strong>Bahn</strong><br />

noch sehr viel mehr zusetzen. Inzwischen bereitete<br />

die Deutsche <strong>Bahn</strong> AG den Börsengang vor<br />

und zog dazu auch ihre Tochter S-<strong>Bahn</strong> Berlin<br />

GmbH heran. Sie ordnete für die S-<strong>Bahn</strong> einen<br />

rigorosen Sparzwang an, um Überschüsse aus<br />

dem <strong>Bahn</strong>betrieb zu erwirtschaften. So wurden<br />

Werkstattkapazitäten reduziert, erst 15 Jahre alte<br />

Fahrzeuge der Baureihe 485 ausgemustert, von<br />

2006 bis 2009 rund 1.000 Mitarbeiter abgebaut<br />

und die fachlich erfahrene Geschäftsführung der<br />

S-<strong>Bahn</strong> Berlin GmbH überwiegend durch<br />

Quereinsteiger ausgetauscht. Der Betriebsrat der<br />

S-<strong>Bahn</strong> Berlin GmbH warnte ab 2005 massiv<br />

vor den Folgen einer solchen<br />

Entwicklung. Er sollte recht behalten.<br />

Krisenstimmung<br />

Beim 481 gab es 2006 erste Probleme, bald folgten<br />

Zugausfälle – auch wegen eingesparten Personals.<br />

Mit dem Wintereinbruch Anfang 2009 eskalierte<br />

die Situation, erstmals musste eine Linie<br />

(die S 85) für mehrere Wochen eingestellt werden.<br />

Die S-<strong>Bahn</strong>-Krise hatte begonnen. Sie hält bis<br />

heute an. Wolf-Dietger Machel/MHZ<br />

Slg. Felix Walther<br />

34


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UND SO GEHT’S: Gesucht wird der Name eines bedeutenden<br />

Knotens im <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-Netz, der sich aus den Antworten<br />

auf die folgenden acht Fragen ergibt.<br />

Frage 1: Wie lautet der Spitzname der <strong>Berliner</strong> für die<br />

Baureihe 485/885? (siehe auch S. 4-13)<br />

Frage 2: An welcher S-<strong>Bahn</strong>-Station gibt es ein S-<strong>Bahn</strong>-Museum?<br />

(siehe S. 67)<br />

Frage 3: Wie heißt die 1882 eröffnete Verbindungsstrecke zwischen Charlottenburg,<br />

<strong>Bahn</strong>hof Zoo, Friedrichstraße und Ostbahnhof? (S. 14/15)<br />

Frage 4: Welche Art von Triebfahrzeugen bespannten die <strong>Berliner</strong><br />

Vorortzüge in der Anfangszeit? (Kurzform; siehe S. 48/49)<br />

Frage 5: Welche Verbindungsstrecke wurde 1872 eröffnet und ist<br />

heute auch wieder vollständig befahrbar?(siehe S. 84-87)<br />

Frage 6: Wie heißt der Erfinder des klassischen Karton-Fahrkartenformats,<br />

das lange Zeit auch bei der <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> angewendet<br />

wurde? (siehe S. 68-69; gesucht wird nur der Nachname)<br />

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Frage 7: An der Messe passieren die S-<strong>Bahn</strong>-Züge das Kongresszentrum<br />

ICC und den ... ? (siehe S. 40-47)<br />

Frage 8: Zwischen Savignyplatz und Tiergarten machen die S-<strong>Bahn</strong>en<br />

Station im <strong>Bahn</strong>hof ... ? (Kurzform des Namens; S. 14-15)<br />

Lösungswort:<br />

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und deren Angehörige sind nicht teilnahmeberechtigt. Die Teilnahme muss persönlich<br />

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Einsendeschluss: 15. April 2013


Entwicklung der S-<strong>Bahn</strong><br />

Die S-<strong>Bahn</strong>-Krise<br />

Später oder gar nicht<br />

Einst wurden die „Brillenschlangen“ der Baureihe 481 als Vertreter der neuen S-<strong>Bahn</strong>-Fahrzeuggeneration begrüßt. Inzwischen sorgten sie mit<br />

vielen Problemen für Unmut. Im August 2010 hat ein 481 den neuen Hauptbahnhof Richtung Bellevue verlassen<br />

Sebastian Schrader<br />

Verzögerungen und Zugausfälle gehören aktuell bei der <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> dazu. Technische<br />

Mängel wie hausgemachte Engpässe schränken den Betrieb in und um Deutschlands Hauptstadt<br />

seit nunmehr vier Jahren ein. Ein Überblick über die Ereignisse<br />

Die Zahlen sprechen für sich. Zwischen<br />

Juni und Oktober 2012, das ergab die<br />

Antwort auf eine Anfrage der Piratenpartei<br />

im <strong>Berliner</strong> Abgeordnetenhaus, fuhr<br />

die <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> 225.203 Minuten Verspätungen<br />

ein. Das entspricht gut 22 Wochen.<br />

Spitzenreiter war der Monat August, in dem<br />

die Pünktlichkeitsquote der Züge auf 90 Prozent<br />

sank, den niedrigsten Wert der Jahre<br />

2010 bis 2012. Auch bei den Fahrgästen haben<br />

die Züge in Rot und Ocker Kredit verloren.<br />

In einer vom Verkehrsverbund Berlin-<br />

Brandenburg (VBB) in Auftrag gegebenen<br />

Umfrage erhielt die S-<strong>Bahn</strong> Ende 2012 die<br />

Durchschnittsnote 2,74. Konsequenzen,<br />

sprich, die Streichung von Zuschüssen, dürften<br />

ein weiteres Mal folgen: Vertraglich vereinbart<br />

sind eine Pünktlichkeitsquote von<br />

96 Prozent und eine Bewertung von 2,6.<br />

Seit 2009 kommt die S-<strong>Bahn</strong> der Hauptstadt<br />

nicht zur Ruhe. Verspätungen, Zugausfälle<br />

und umfangreicher Ersatzverkehr behindern<br />

den Betrieb, selbst auf ganzen Linien ruhte<br />

schon der Verkehr. Ein Ende der Misere<br />

scheint in weiter Ferne zu liegen.<br />

2009: Beginn der Krise<br />

Das Ganze begann im Mai 2009. Eher beiläufig<br />

nahm die Öffentlichkeit in der Presse<br />

davon Kenntnis, dass auf dem <strong>Bahn</strong>hof Berlin-Kaulsdorf<br />

am 1. Mai ein S-<strong>Bahn</strong>-Zug der<br />

Baureihe 481 wegen Radbruchs entgleist war.<br />

Daraufhin verpflichtete sich die S-<strong>Bahn</strong> Berlin<br />

GmbH, die Räder ihrer Züge im Abstand<br />

von sieben Tagen genau zu prüfen.<br />

Verspätungen, Zugausfälle, Ersatzverkehr: Seit<br />

2009 kommt die <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> nicht zur Ruhe<br />

Am 29. Juni 2009 stellte das Eisenbahn-<br />

Bundesamt (EBA) bei Kontrollen fest, dass die<br />

zugesagten Prüfungen unzureichend ausgeführt<br />

worden waren. Umgehend ließ es alle<br />

Züge, an denen die Prüfungen ausgeblieben<br />

waren, außer Betrieb nehmen – rund ein Drittel<br />

des gesamten Wagenparks! Hatten erste<br />

Fahrzeugengpässe ab 11. Mai 2009 zur Schwächung<br />

der Stammzüge auf den Linien S 1 und<br />

S 2 geführt, so setzte nun die Krise im vollen<br />

ein. Vom 10. Juli 2009 an konnte auf vielen<br />

Linien nur ein 20-Minuten-Takt eingehalten<br />

werden, die S 45 und S 85 fielen gar aus.<br />

Am 20. Juli 2009 trat ein Notfahrplan in<br />

Kraft, der auf weiteren Strecken Ausdünnungen<br />

des Zugangebots und die Schwächung der<br />

Zugstämme von Voll- (acht Wagen) auf Halbzüge<br />

(vier Wagen) berücksichtigte. Überfüllte<br />

und unpünktliche S-<strong>Bahn</strong>en sorgten fast<br />

täglich für Schlagzeilen in den Regionalzeitungen.<br />

Indes versuchte die Deutsche <strong>Bahn</strong><br />

AG, die Reduzierung des S-<strong>Bahn</strong>-Verkehrs<br />

durch zusätzliche Regionalzug-Angebote zu<br />

kompensieren.<br />

Ab 8. September 2009 schränkte die S-<strong>Bahn</strong><br />

den Verkehr nochmals ein. Nun traten auch<br />

verstärkt Defekte an den Bremszylindern der<br />

481 auf. Damit nicht genug. Als am 20. Dezember<br />

2009 eine Frostperiode einsetzte, hatte<br />

die Baureihe 481 mit massiv auftretenden<br />

Tür-, Heizungs- und Motorschäden zu kämpfen.<br />

Weitere Ausfälle folgten und auch eine<br />

Konsequenz des EBA. Am 22. Dezember 2009<br />

verlängerte es die Betriebsgenehmigung für die<br />

36


S-<strong>Bahn</strong> in der Krise<br />

Im Sommer 2009 geht zeitweise bei der S-<strong>Bahn</strong> nichts (links, Bild am <strong>Bahn</strong>hof Alexanderplatz). Die DB behilft sich mit Leihzügen wie dem<br />

Stuttgarter 423 013, der im Juli des Jahres auf der Fernbahn zwischen Gesundbrunnen und Südkreuz pendelt (rechts) Sebastian Schrader (2)<br />

<strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> nicht – wie bisher üblich – um<br />

15 Jahre, sondern lediglich um ein Jahr.<br />

2010: Reaktivierung und Probleme<br />

Vom 4. Januar 2010 an galt ein neuer Notfahrplan<br />

mit zusätzlichen Einschränkungen;<br />

nun häuften sich Ausfälle der Fahrzeugmotoren<br />

durch Flugschnee.<br />

Längst zeigte sich, dass die Probleme auch<br />

hausgemacht waren. Am 31. Mai 2006 hatte<br />

die S-<strong>Bahn</strong> Berlin GmbH zur Kosteneinsparung<br />

die Betriebswerkstatt Friedrichsfelde geschlossen.<br />

Die Kapazitäten wurden jetzt dringend<br />

gebraucht, und so reaktivierte man sie<br />

am 11. Januar 2010. Verstärkt wurden wieder<br />

Mitarbeiter eingestellt, nachdem man vorher<br />

die Belegschaft spürbar reduziert hatte.<br />

Zwar gelang es, mit reparierten Fahrzeugen<br />

die Gesamtsituation etwas zu entspannen,<br />

doch blieb das Fahrplanangebot in den Folgemonaten<br />

auf niedrigem Niveau. Ab 11. Juli<br />

2010 fielen erneut verstärkt Züge der Baureihe<br />

481 aus, diesmal, weil die Lüftungstechnik<br />

in den Fahrgasträumen und die Klimaanlagen<br />

in den Führerständen streikten.<br />

Der große Wintereinbruch am 2. Dezember<br />

2010 mit Neuschnee hatte Zugausfälle und Verspätungen<br />

zur Folge. Enteisungsmittel fehlten,<br />

so dass an den Fahrzeugen massive Türstörungen<br />

auftraten. An den Zügen der Baureihe 481<br />

gab es wiederum Antriebsprobleme, Motorschäden<br />

und defekte Lüfter der Zugheizungsanlagen.<br />

Intensiver Schneefall und anhaltender<br />

Frost führte ab 21. Dezember 2010 zum Ausfall<br />

zahlreicher Züge, so dass am 2. Januar 2011<br />

zum dritten Mal ein Notfahrplan in Kraft trat,<br />

dem ab 24. Januar 2011 noch ein „Winter-Notfahrplan“<br />

folgte. Mit Angebotseinschränkungen<br />

sollte er die Pünktlichkeit des auf 60 km/h begrenzten<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Verkehrs verbessern.<br />

2011: Im Aufwärtstrend?<br />

Vom 28. Februar 2011 an verkehrten die S-<strong>Bahn</strong>en<br />

wieder nach dem Notfahrplan vom 8. Mai<br />

2010, der im Vergleich zum letzten gültigen Plan<br />

etwas umfangreichere Leistungen vorsah.<br />

Kurz darauf gab es Probleme an der nächsten<br />

Baureihe. Bei Ultraschalluntersuchungen stellte<br />

man am 31. März 2011 an zwei Wagen der<br />

Baureihe 480 Achsrisse fest. Sofort nahm die<br />

S-<strong>Bahn</strong> Berlin GmbH acht der 70 betroffenen<br />

Viertelzüge aus dem Betrieb. Im April 2011<br />

liefen der Austausch von Motoren bzw. deren<br />

winterfeste Abdichtung, der Einbau neuer<br />

Achswellen bzw. Räder und der Umbau von<br />

fast 2.300 Besandungsanlagen.<br />

Die Krise blieb nicht ohne Folgen: Nach eigenen<br />

Angaben hatte die S-<strong>Bahn</strong> Berlin GmbH<br />

2009 und 2010 zusammen 315,1 Mio. Euro Verlust<br />

gemacht, welche die Deutsche <strong>Bahn</strong> ausgleichen<br />

musste. Ein Rückschlag nach den von<br />

2005 bis 2008 gezahlten 133 Mio. Euro Gewinn.<br />

Bald folgte auch wieder ein Tiefpunkt. Am<br />

15. Dezember 2011 fuhren nach einem misslungenen<br />

Test der Stromversorgungsanlagen ab<br />

11:45 Uhr auf dem über 300 Kilometer langen<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Netz fast keine Züge mehr – ein bisher<br />

einmaliges Ereignis! Es dauerte zwei Tage, bis der<br />

Regelfahrplan wieder erreicht war.<br />

So konnte 2011 der S-<strong>Bahn</strong>-Verkehr zwar<br />

mit einem weiterhin eingeschränkten Fahrplan<br />

stabilisiert werden, aber selbst von diesen<br />

Zugfahrten fielen noch zwölf Prozent aus!<br />

2012: Neue Schwierigkeiten<br />

Auch als Konsequenz daraus schrieb der VBB<br />

am 23. Juli 2012 ein Drittel der Leistungen auf<br />

dem <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-Netz aus. Dabei handelt es<br />

sich um die Ringbahnlinien S 41 und S 42, die<br />

S 46 (Hauptbahnhof – Westend – Königs Wusterhausen),<br />

S 47 (Spindlersfeld – Südkreuz) und<br />

S 8 (Hohen Neuendorf – Königs Wusterhausen).<br />

Dort soll ab 15. Dezember 2017 bis 2032<br />

ein Verkehrsunternehmen 9,4 Mio. Zugkilometer<br />

pro Jahr mit 190 neuen Viertelzügen erbringen.<br />

Übergangsweise sollen dafür 150 vorhandene<br />

Viertelzüge für 100 Mio. Euro<br />

modernisiert werden.<br />

Während es bis Ende 2012 durch die Ausbildung<br />

von 100 Triebfahrzeugführern gelang,<br />

Personalprobleme abzubauen, sorgten besonders<br />

Kabelschäden durch Diebstähle und Compu-<br />

IN KÜRZE:<br />

EINSATZFÄHIGE VIERTELZÜGE<br />

Stichtag<br />

Anzahl der Viertelzüge<br />

08.09.2009 161<br />

22.11.2009 324<br />

05.01.2010 287<br />

09.04.2010 382<br />

27.12.2010 254<br />

04.01.2011 278<br />

04.04.2011 416<br />

15.07.2011 450<br />

28.02.2012 459<br />

21.08.2012 487<br />

21.12.2012 518<br />

Soll: 562 Viertelzüge<br />

„Die <strong>Bahn</strong> ist unregelmäßig und verspätet“ –<br />

der Hinweis hat in Berlin seit 2009 unrühmliche<br />

Konjunktur<br />

Michael Reimer<br />

terausfälle infolge von Softwarefehlern für eine<br />

unregelmäßige Zugfolge auf einzelnen Strecken.<br />

2013: Ausblick<br />

Bis zum Januar 2013 gelang es zwar, den S-<br />

<strong>Bahn</strong>-Verkehr deutlich zu stabilisieren. Deshalb<br />

hat das EBA am 7. Dezember 2012 die<br />

Betriebskonzession für die S-<strong>Bahn</strong> Berlin<br />

GmbH um 15 Jahre verlängert. Dennoch sind<br />

Besteller wie Kunden weiterhin unzufrieden.<br />

Und nach wie vor gibt es Zugausfälle (bei der<br />

S 85 Grünau – Waidmannslust, Verstärker für<br />

S 1 und S 5) bzw. verkürzte Züge. Bewältigt ist<br />

die Krise also noch nicht, mögen auch ihre Ursachen<br />

inzwischen erkannt sein.<br />

Wolf-Dietger Machel/MHZ<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

37


Entwicklung der S-<strong>Bahn</strong><br />

Das S-<strong>Bahn</strong>-Streckennetz 1924–2013<br />

Auf einen Blick<br />

Anfang der 20er-Jahre begannen die Vorarbeiten<br />

für den elektrischen Vorortverkehr<br />

Berlins und somit für die S-<strong>Bahn</strong>. Ein<br />

Überblick über die Streckendaten seither<br />

Streckendaten: Inbetriebnahme neuer S-<strong>Bahn</strong>-Strecken<br />

Datum Strecke Länge (km)<br />

08.08.1924 Stettiner Vorortbahnhof – Bernau 22,73<br />

05.06.1925 Gesundbrunnen – Birkenwerder 18,04<br />

04.10.1925 Birkenwerder – Oranienburg 8,01<br />

16.03.1927 Schönholz-Reinickendorf – Velten 21,16<br />

11.06.1928 Erkner – Stadtbahn – Potsdam 57,15<br />

10.07.1928 Wannsee – Stahnsdorf 4,24<br />

23.08.1928 Ausstellung – Spandau West 1,27<br />

06.11.1928 Charlottenburg – Halensee – Neukölln 13,66<br />

06.11.1928 Neukölln – Köllnische Heide – Grünau 11,84<br />

06.11.1928 Neukölln – Treptow – Abzw Vsr (Richtung Stadtbahn) 5,21<br />

06.11.1928 Schlesischer <strong>Bahn</strong>hof – Stralau-Rummelsburg –<br />

Kaulsdorf 11,07<br />

01.02.1929 Niederschöneweide – Spindlersfeld 4,05<br />

01.02.1929 Charlottenburg – Nordring – Baumschulenweg 25,77<br />

01.02.1929 Verbindungskurve Stralau-Rummelsburg<br />

vom Nordring zur Stadtbahn 0,64<br />

18.04.1929 Potsdamer Ringbahnhof – Abzw Vdp<br />

(Richtung Papestraße) 3,39<br />

18.04.1929 Potsdamer Ringbahnhof – Abzw Vp<br />

(Richtung Schöneberg) 0,79<br />

18.04.1929 Halensee – Westend 2,72<br />

18.12.1929 Jungfernheide – Gartenfeld 4,46<br />

15.12.1930 Kaulsdorf – Mahlsdorf 1,59<br />

15.05.1933 Potsdamer Fernbahnhof –<br />

Zehlendorf Mitte (Fernbahngleise) 12,06<br />

15.05.1933 Wannseebahnhof – Zehlendorf Mitte –<br />

Wannsee (Vorortgleise) 18,61<br />

15.05.1933 Verbindungsgleis bei Zehlendorf Mitte 1,04<br />

28.07.1936 Humboldthain – Unter den Linden 3,38<br />

15.01.1939 Verbindungsgleis bei Heerstraße – Reichssportfeld 1,42<br />

(bereits im Sommer 1936 fertig gestellt)<br />

15.04.1939 Unter den Linden – Potsdamer Platz 0,96<br />

15.05.1939 Priesterweg – Mahlow 11,77<br />

09.10.1939 Potsdamer Platz – Anhalter <strong>Bahn</strong>hof –<br />

Großgörschenstraße 4,22<br />

06.11.1939 Anhalter <strong>Bahn</strong>hof – Yorckstraße 1,24<br />

06.10.1940 Mahlow – Rangsdorf 7,47<br />

09.08.1943 Lichterfelde Ost – Lichterfelde Süd 2,55<br />

07.03.1947 Mahlsdorf – Hoppegarten (Mark) 4,29<br />

15.06.1948 Zehlendorf – Düppel (– Kleinmachnow) 2,51<br />

01.09.1948 Hoppegarten (Mark) – Fredersdorf 6,10<br />

31.10.1948 Fredersdorf – Strausberg 4,93<br />

30.04.1951 Grünau – Königs Wusterhausen 14,08<br />

07.07.1951 Lichterfelde Süd – Teltow 2,60<br />

03.08.1951 Spandau West – Staaken 3,47<br />

14.08.1951 Spandau West – Falkensee 7,59<br />

28.08.1951 Jungfernheide – Siemensstadt-Fürstenbrunn – Spandau 6,17<br />

25.12.1952 Gütergleise Schönhauser Allee – Pankow-Schönhausen 2,40<br />

(am 10.12.1961 durch Neubaustrecke ersetzt)<br />

03.06.1956 Strausberg – Strausberg Nord 8,98<br />

19.11.1961 Hohen Neuendorf – Schönfließ – Blankenburg 17,49<br />

26.02.1962 Grünauer Kreuz – Schönefeld 5,61<br />

30.12.1976 Friedrichsfelde Ost – Marzahn 3,76<br />

15.12.1980 Marzahn – Otto-Winzer-Straße 1,75<br />

30.12.1982 Otto-Winzer-Straße – Ahrensfelde 1,62<br />

20.12.1984 Springpfuhl – Hohenschönhausen 4,74<br />

20.12.1985 Hohenschönhausen – Wartenberg 0,99<br />

24.02.2005 Lichterfelde Süd – Teltow Stadt 3,03<br />

Im Zusammenhang mit dem Mauerbau im Jahre 1961 stillgelegte<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Strecken<br />

Datum Strecke Länge (km)<br />

13.08.1961 Gesundbrunnen – Schönhauser Allee 1,70<br />

13.08.1961 Sonnenallee – Treptower Park 2,67<br />

13.08.1961 Köllnische Heide – Baumschulenweg 1,72<br />

13.08.1961 Bornholmer Straße – Abzw Pankow 1,09<br />

13.08.1961 Frohnau – Hohen Neuendorf 4,27<br />

13.08.1961 Heiligensee – Stolpe Süd 0,09<br />

13.08.1961 Spandau West – Albrechtshof 4,42<br />

13.08.1961 Wannsee – Griebnitzsee 4,67<br />

13.08.1961 Wannsee – Stahnsdorf 4,24<br />

13.08.1961 Lichterfelde Süd – Teltow 2,60<br />

13.08.1961 Lichtenrade – Mahlow 3,06<br />

16.08.1961 Stolpe Süd – Hennigsdorf 1,48<br />

12.09.1961 Mahlow – Blankenfelde – Rangsdorf 14,87<br />

(nur Entfernung der Stromschienen)<br />

09.10.1961 Griebnitzsee – Potsdam Stadt 4,23<br />

09.10.1961 Albrechtshof – Falkensee 3,17<br />

Ab 1992 reaktivierte Strecken der <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong><br />

Datum Strecke Länge (km)<br />

01.04.1992 Wannsee – Potsdam Stadt 8,92<br />

31.05.1992 Frohnau – Hohen Neuendorf 4,27<br />

31.08.1992 Lichtenrade – Mahlow – Blankenfelde 5,60<br />

17.12.1993 Baumschulenweg – Neukölln – Westkreuz – Westend 18,35<br />

28.05.1995 Schönholz – Tegel 7,07<br />

28.05.1995 Priesterweg – Lichterfelde Ost 4,13<br />

15.04.1997 Westend – Jungfernheide 1,64<br />

18.12.1997 Treptower Park – Neukölln 3,33<br />

16.01.1998 Westkreuz – Pichelsberg 4,76<br />

25.09.1998 Lichterfelde Ost – Lichterfelde Süd 2,29<br />

30.12.1998 Pichelsberg – Spandau 4,45<br />

30.12.1998 Tegel – Hennigsdorf 8,51<br />

19.12.1999 Jungfernheide – Westhafen 3,60<br />

14.09.2001 Gesundbrunnen – Bornholmer Straße – Pankow 2,60<br />

17.09.2001 Schönhauser Allee – Gesundbrunnen 2,60<br />

15.06.2002 Westhafen – Gesundbrunnen 3,50<br />

16.06.2003 Schönhauser Allee – Bornholmer Straße 1,00<br />

Bis 2013 nicht wieder reaktivierte S-<strong>Bahn</strong>-Strecken<br />

Einstellung Strecke Länge (km)<br />

13.08.1961 Spandau West – Falkensee 7,59<br />

13.08.1961 Wannsee – Stahnsdorf 4,24<br />

13.08.1961 Lichterfelde Süd – Teltow 2,60<br />

(Ersatz durch Neubaustrecke nach Teltow Stadt)<br />

12.09.1961 Blankenfelde – Rangsdorf 4,90<br />

17.09.1980 Zehlendorf – Düppel 2,51<br />

17.09.1980 Jungfernheide – Siemensstadt-Fürstenbrunn –<br />

Spandau West – Staaken 10,85<br />

17.09.1980 Jungfernheide – Gartenfeld 4,46<br />

21.09.1983 Hennigsdorf – Velten 5,80<br />

(Ersatz durch Wechselstrombetrieb bis 1995,<br />

seitdem Dieselbetrieb)<br />

Anmerkung: In der Auflistung entfiel bei einigen <strong>Bahn</strong>hofsbezeichnungen der<br />

amtlich vorgeschriebene Zusatz „Berlin-“. Aufgeführt werden die <strong>Bahn</strong>hofsbezeichnungen<br />

zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme bzw. Stilllegung des jeweiligen<br />

Streckenabschnitts.<br />

Zusammenstellung: Wolf-Dietger Machel<br />

38


Streckendaten/aktueller Linienplan<br />

BVG S+U-<strong>Bahn</strong>-Netzplan ABC ©2012 Kartographie <strong>Berliner</strong> Verkehrsbetriebe (BVG)<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

39


Bilderbogen<br />

Strecken-Impressionen<br />

Mittenmang und<br />

jott-wee-dee<br />

40


Strecken-Impressionen<br />

Wie ein feinmaschiges Netz erschließt die S-<strong>Bahn</strong> die Metropole<br />

Berlin. Nur Berlin? Nein. Das Verkehrsmittel der Spreestadt stellt<br />

auch die Verbindung ins nähere Umland her. Nach Potsdam,<br />

Bernau, Strausberg, Königs Wusterhausen und, und, und<br />

Bei Jannowitzbrücke ist man richtig drin<br />

im Geschehen, „mittenmang“, wie der<br />

<strong>Berliner</strong> so sagt. Charité, Dom, Rotes<br />

Rathaus, alles liegt um die Ecke, jedenfalls,<br />

wenn man die S-<strong>Bahn</strong> benutzt. Die<br />

ist nun mal das Rückgrat der Metropole<br />

(Aufnahme mit einem Zug der Baureihe<br />

476, Juni 1994) Bernd Oliver Sydow<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

41


Bilderbogen<br />

Kaum zu glauben, aber hier geht es zum Zentralflughafen Berlin-Schönefeld.<br />

Vom Ostkreuz über Berlin-Adlershof kommend, passieren die<br />

Züge die malerische Gegend um Altglienicke, wo es Mitte der 60er-<br />

Jahre sogar noch Windmühlen gibt. Eben richtig jott-wee-dee (janz<br />

weit draußen) ...<br />

ZBDR/Historische Slg. der DB AG<br />

42


Hinaus aus der Stadt<br />

„Weit draußen“ gibt es in West-Berlin zur Zeit der Teilung nicht. Ein<br />

bisschen außerhalb vom Zentrum aber, und das gilt wohl für den Abschnitt<br />

Jungfernheide – Spandau, auf dem im Februar 1979 ein Zug<br />

der Bauart Peenemünde (Baureihe 276.0) unterwegs ist K. Koschinski<br />

Hinaus aus der Stadt<br />

Ob zum Ausflug an den Wannsee<br />

oder später auch zur Flugreise<br />

nach Schönefeld, der<br />

(Kurz-)Urlaub beginnt nicht selten<br />

mit der S-<strong>Bahn</strong>. Die gibt sich<br />

alle Mühe. Eben noch in Häuserschluchten<br />

oder Tunneln unterwegs,<br />

rattert sie schon kurz<br />

darauf durch Wald und Feld<br />

Die sonntäglichen Ausflugszüge sind bereits zu Dampflokzeiten eine<br />

feste Einrichtung. Anfang der 20er-Jahre steht Lok Berlin 9530 (spätere<br />

93 025) mit einer solchen Leistung im <strong>Bahn</strong>hof Zoologischer<br />

Garten bereit<br />

Werner Hubert/Slg. Dirk Winkler


Bilderbogen<br />

Unter der Metropole: Im Februar 1985 hält ein Zug der Linie S 1 in<br />

der Tunnelstation Anhalter <strong>Bahn</strong>hof. Die BVG fährt dort gerade mit einem<br />

nur für den Beimannbetrieb zugelassenen Halbzug Konrad Koschinski<br />

Hinein ins Zentrum<br />

Zurück im Alltag: Nicht bloß <strong>Berliner</strong><br />

profitieren von der S-<strong>Bahn</strong>, sie bietet<br />

umgekehrt auch schnelle Anschlüsse<br />

aus dem Umland in die Stadt. Sei es<br />

für den Beruf, für Einkäufe oder für<br />

den Weg zum Amt. Da hat man<br />

schon mal eine Sorge weniger<br />

Moderne Ausstattung für die bedeutende Station:<br />

Im Jahr 1928 verfügt der Schlesische <strong>Bahn</strong>hof über<br />

einen elektrischen Fahrtrichtungsanzeiger. Üblich<br />

sind sonst die Metallschilder, wie man sie hinter<br />

der Säule auch noch sieht<br />

Slg. Dirk Winkler<br />

In Strausberg besteht von der S-<strong>Bahn</strong> Anschluss zu Nahverkehrszügen<br />

der Reichsbahn (Mai 1992). Zu DDR-Zeiten gab es auf großen<br />

<strong>Bahn</strong>höfen am Stadtrand Berlins ein ausgeklügeltes Verteilsystem:<br />

Fernpersonenzüge endeten außerhalb des Berufsverkehrs dort, die<br />

weitere Beförderung der Reisenden in Berlin übernahm die S-<strong>Bahn</strong>.<br />

So sparte man Abstellkapazitäten und Zugfahrten auf den teilweise<br />

noch eingleisigen Fernbahnstrecken<br />

Bernd Oliver Sydow<br />

44


Hinein ins Zentrum<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

45


Bilderbogen<br />

Gut vernetzt<br />

Die S-<strong>Bahn</strong> ist die eine Anschlussmöglichkeit,<br />

aber ihr ganzes Potenzial entfaltet sie<br />

erst in der Kombination. Wenn sie den<br />

Fahrgast nicht direkt ans Ziel bringt, so<br />

doch wenigstens an einen Verkehrsknoten,<br />

von dem es weiter geht. Mit einer anderen<br />

S-<strong>Bahn</strong> oder U-<strong>Bahn</strong>, Straßenbahn, Bus<br />

46


Zu DDR-Zeiten hieß der Halt „Marx-<br />

Engels-Platz“, nach der Wende dann<br />

„Hackescher Markt“ (Foto vom September<br />

1994). Gleich geblieben ist<br />

die Funktion als Verkehrsknoten, bei<br />

dem neben S-<strong>Bahn</strong>- in der Nähe auch<br />

Straßenbahnanschluss besteht. Die<br />

Halle erhielt in den 90er-Jahren noch<br />

eine Sanierung Konrad Koschinski<br />

Von der Ringbahn aus hat man<br />

beste Anbindung an den Messekomplex<br />

ICC, gleich neben dem<br />

Funkturm. Und mit den „rund<br />

laufenden“ Linien S 41 und S 42<br />

ergibt sich der Übergang auf<br />

andere Verkehrsmittel im großen<br />

Kreis von Berlin Sebastian Schrader<br />

Umsteigen in Jungfernheide: Von der<br />

Ringbahn geht es hier zu den Zügen<br />

der 1980 stillgelegten „Siemensbahn“<br />

nach Gartenfeld Slg. Dirk Winkler<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

47


Fahrzeuge und Technik<br />

Dampflokomotiven der <strong>Berliner</strong> Stadt-, Ring- und Vorortbahnen<br />

Die vorige Epoche<br />

Über 50 Betriebsjahre beherrschten Dampflokomotiven das Bild der Stadt- und Ringbahn sowie<br />

der <strong>Berliner</strong> Vorortbahnen. Bis zur großen Elektrifizierung waren sie und die Tausend- Türen-<br />

Wagen das wichtigste Verkehrsmittel. Doch mit der neuen Traktion konnten sie nicht mithalten<br />

Als der Verkehr auf der Stadtbahn aufgenommen<br />

wurde, fuhren in jede Richtung<br />

sechs Züge in der Stunde, die aus einer<br />

Lokomotive und vier Wagen mit acht Achsen<br />

bestanden. Im Jahre 1907 war man bei 24 Zügen<br />

in der Stunde angelangt, die inzwischen mit<br />

durchschnittlich 26 Achsen fuhren. Eine Erhöhung<br />

von rund 1.300 Prozent! Dem waren auf<br />

die Dauer weder die kleinen, zweifach gekuppelten<br />

Dampflokomotiven der Gattung T 2/<br />

T 4 noch die neueren, etwas leistungsfähigeren<br />

Maschinen der Gattung T 5 gewachsen. Nach<br />

über 20 Jahren Betriebszeit verschwanden ab<br />

1906/08 die T-2-Lokomotiven von Stadt- und<br />

Ringbahn, ab 1912/13 mussten auch die T 4<br />

und T 5 fast vollständig aus dem Stadtbahndienst<br />

weichen. Sie wurden durch die modernen,<br />

sparsameren und leistungsfähigeren 1‘C-<br />

Lok der Gattungen T 11 und T 12 ersetzt.<br />

Die Königliche Eisenbahn-Direktion<br />

(K.E.D.) Berlin hatte im August 1902 die ersten<br />

Heißdampfmaschinen der Gattung T 12<br />

erhalten. Diese ersten vier T 12 hatte Union in<br />

Königsberg auf Grundlage der Konstruktion<br />

der T 11 erstellt und mit Schmidt’schem<br />

Rauchkammerüberhitzer ausgerüstet. Erst<br />

1903 kamen die ersten acht T 11 zur <strong>Berliner</strong><br />

Direktion. Im Laufe der Jahre sollten beide<br />

Gattungen in größerer Stückzahl beschafft werden.<br />

Dabei änderte man die Bauart der ursprünglichen<br />

Konstruktion mehrfach, besonders<br />

bei den T 12. Im August 1905 waren<br />

bereits 96 Lokomotiven der Gattung T 11 und<br />

84 der Gattung T 12 in der <strong>Berliner</strong> Direktion<br />

vorhanden. Demgegenüber standen noch<br />

57 Maschinen der T-2-Gattungen und 120 der<br />

T-4-Gattungen im Einsatz, auch versahen<br />

89 Lokomotiven der beiden T-5-Gattungen ihren<br />

Dienst. Die T 11, in weit größerem Maße<br />

jedoch die T 12 sollte recht schnell dank ihrer<br />

Leistungsfähigkeit zu der Stadtbahnlokomotive<br />

avancieren und helfen, den Betrieb auf Stadt-<br />

, Ring- und Vorortbahn zu beschleunigen, auch<br />

wenn sie ursächlich dafür nicht gedacht war.<br />

Eine letzte Konkurrenz zur<br />

Elektrisierung<br />

Mit der im Frühjahr 1912 vorgelegten Denkschrift<br />

zur elektrischen Zugförderung nahmen<br />

die Bemühungen, den <strong>Berliner</strong> Eisenbahn-Nahverkehr<br />

zu modernisieren, zunehmend Konturen<br />

48


LINKS Im Juni 1935<br />

macht sich Dampflok<br />

74 1125, eine preußische<br />

T 12, im Vorortverkehr<br />

bei Berlin-<br />

Staaken nützlich.<br />

Solche Züge fuhren<br />

bis zur Elektrifizierung<br />

auch auf der<br />

Stadt- und Ringbahn<br />

Carl Bellingrodt/<br />

Slg. Dirk Winkler<br />

RECHTS OBEN<br />

Eisenbahner posieren<br />

mit Lok 7592, einer<br />

Maschine der Gattung<br />

T 11, in der Betriebswerkmeisterei<br />

Grünau. Die T 11 und<br />

T 12 waren die klassischen<br />

Dampflokomotiven<br />

für Berlins<br />

Stadt- und Vorort -<br />

verkehr<br />

Slg. Dirk Winkler<br />

abgaben führten dazu, dass im Januar 1919 nur<br />

noch 211 Lok für den Dienst auf den Stadt-,<br />

Ring- und Vorortbahnen zur Verfügung standen.<br />

Damit war der Betrieb nicht mehr ausreichend<br />

sicher zu stellen. Daher erhielt die nunmehrige<br />

Eisenbahn-Direktion (E.D.) Berlin<br />

neben einigen Maschinen der Gattungen T 11<br />

und T 12 zur Aushilfe auf der Stadt- und Vorortbahn<br />

im Jahre 1921 auch je fünf ältere und<br />

fünf werksneue Lokomotiven der badischen<br />

Gattung VIc. Sie sollten über ein halbes Jahrzehnt<br />

im Vorortverkehr fahren, bis sie 1927, inan.<br />

Konservative Kreise dagegen wollten nochmals<br />

aufzeigen, daß der Betrieb unter den geforderten<br />

Bedingungen auch mit Dampflokomotiven<br />

möglich wäre. Die Firma Henschel, die<br />

dem Verband angehörte, fand sich bereit, eine<br />

entsprechende Lokomotive in kürzester Zeit zu<br />

entwerfen und zu bauen. Die unter der neuen<br />

Gattung T 14 eingereihte dreizylindrige Tenderlok<br />

der Achsfolge 1’D1’ war nach den damals<br />

modernsten Baugrundsätzen ausgeführt und sollte<br />

als „Kampflokomotive“ zu einer gewissen Berühmtheit<br />

gelangen. Bis Mitte Februar 1913 absolvierte<br />

sie etliche Versuchsfahrten, bei denen sie<br />

das Leistungsprogramm der T 12 wie auch das<br />

für die elektrische Zugförderung aufgestellte Programm<br />

übertraf. Doch trotz der gezeigten Leistung<br />

dieser Maschine entschied man sich für die<br />

zukunftsweisende Elektrifizierung der Strecken.<br />

War die „Kampflok“ für den reinen Personenzugdienst<br />

gebaut worden, hatte die Beschaffung<br />

der anschließend als T 14 bezeichneten<br />

Maschinen ab 1914 einen anderen Hintergrund.<br />

Der Wunsch nach einer leistungsfähigeren Lok,<br />

die den Ringbahngüterverkehr bewältigen sowie<br />

vor Nahverkehrszügen Aushilfe leisten sollte,<br />

führte zum Bau einer 1’D1’-Zweizylinder-Heißdampflok.<br />

Neben dem Einsatz auf der Vorortstrecke<br />

nach Erkner war sie auch im Feiertagsverkehr<br />

zwischen dem Görlitzer <strong>Bahn</strong>hof und<br />

Königswusterhausen anzutreffen.<br />

Trotz aller Zukunftspläne für die Elektrifizierung<br />

hatten die Dampflokomotiven zunächst<br />

Eine Lok der Gattung T 5.1 bespannt zu Kaiserreichszeiten einen Zug auf der Ringbahn, im<br />

Bild in Halensee. Ab 1912/13 wurden T 4 und T 5 fast völlig durch die neueren T 11 und T 12<br />

ersetzt<br />

Slg. Dirk Winkler<br />

weiter ihr Auskommen. Ein Jahr vor Kriegsende<br />

war der Bestand der K.E.D. Berlin bei den<br />

T 11/T 12-Lok auf 125/514 angewachsen. Zudem<br />

standen 125 Lok der Gattung T 14 aus<br />

dem Güterzugdienst für Aushilfen im Ausflugsverkehr<br />

zur Verfügung. Mangelnde Unterhaltung<br />

der Maschinen während und nach dem<br />

Ende des Ersten Weltkrieges und Reparations-<br />

zwischen als Baureihe 75.4,10-11 bezeichnet, an<br />

die Reichsbahndirektion Schwerin gingen.<br />

Ausklang der Dampf-Ära<br />

Nachdem die E.D. Berlin 1921 nochmals<br />

40 Maschinen der Gattung T 12 geliefert bekam,<br />

umfasste deren Bestand Anfang 1925 über<br />

550 Maschinen; die T 11 war mit knapp<br />

Von 1925 bis 1931 sank der Bestand bei der T 11<br />

um ein Drittel, bei der T 12 um mehr als die Hälfte<br />

100 Lok vorhanden, die T 14 mit über 120. Dieser<br />

Bestand sollte sich bis zur Elektrifizierung der<br />

Stadt-, Ring- und Vorortbahnen kaum mehr<br />

verändern. Den größten Einschnitt verzeichneten<br />

dann durch die Elektrifizierung die beiden<br />

typischen <strong>Berliner</strong> Stadtbahnlok-Gattungen<br />

T 11 (Baureihe 74.0-4) und T 12 (Baureihe<br />

74.5-13), deren Bestände bis 1931 auf rund 70<br />

bzw. 250 sanken. Diese verbleibenden Maschinen<br />

bewältigten teils bis weit über das folgende<br />

Kriegsende hinaus den Verkehr auf den nicht<br />

elektrifizierten Vorortstrecken. Dirk Winkler<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

49


Fahrzeuge und Technik<br />

Die Triebzüge der S-<strong>Bahn</strong><br />

Zehnerrunde<br />

Es begann mit dem ET 169 und endet vorläufig<br />

beim 481/482: Berlins S-<strong>Bahn</strong>-Fahrzeuge<br />

in Kürze, geordnet nach der Inbetriebnahme<br />

und mit der letzten Baureihenbezeichnung<br />

Baureihe ET 169<br />

Slg. Manuel Jacob<br />

Zur Aufnahme des elektrischen Betriebes auf der Indienststellung _______________________1924<br />

Strecke Berlin Stettiner <strong>Bahn</strong>hof – Bernau wurden<br />

Anzahl der beschafften Halbzüge __________17<br />

1924/25 insgesamt 34 Trieb- und 51 Beiwagen<br />

gebaut. Ein Halbzug bestand aus zwei vierachsigen<br />

Triebwagen und drei dazwischen laufenden Stundenleistung__________________2 x 170 kW<br />

Radsatzanordnung _______Bo’2’+2+2+2+Bo’2’<br />

zweiachsigen Beiwagen. 1956–58 erhielten acht Höchstgeschwindigkeit ______________80 km/h<br />

Triebwagen Stirnfronten ähnlich der Baureihe<br />

ET 165. Nach dem Mauerbau wurde die Baureihe ET 169 überflüssig und abgestellt. 1967/68 baute<br />

das Raw Berlin-Schöneweide 14 Triebwagen in U-<strong>Bahn</strong>-Wagen um.<br />

Slg. Manuel Jacob<br />

Baureihe ET 168<br />

Die Fahrzeuge für die elektrifizierte Strecke nach<br />

Oranienburg wurden so konzipiert, dass ein Triebund<br />

Steuerwagen die kleinste Einheit bildeten –<br />

das war richtungsweisend für den weiteren Fahrzeugbau<br />

bei der S-<strong>Bahn</strong>. 19 Viertelzüge wurden<br />

in den 50er-Jahren technisch dem ET 165 angepasst.<br />

Nach dem Mauerbau wurden die Fahrzeuge<br />

entbehrlich, bis Anfang 1963 abgestellt<br />

und später in U-<strong>Bahn</strong>-Wagen umgebaut.<br />

Indienststellung _____________________1926<br />

Anzahl der beschafften Viertelzüge _______50<br />

Radsatzanordnung _____________Bo’Bo’+2’2’<br />

Stundenleistung ___________________380 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit ____________80 km/h<br />

Christoph Riedel<br />

Baureihe 475/875<br />

Die Fahrzeuge wurden im Zusammenhang mit<br />

der „Großen Elektrisierung“ beschafft und bewährten<br />

sich ausgezeichnet. Weitere, technisch<br />

verbesserte 51 Viertelzüge folgten 1932/33 für<br />

die Wannseebahn. Es gab später verschiedene<br />

Umbauten, u.a. mit zwei Frontlampen statt einer<br />

(Foto). Der planmäßige Einsatz der „Stadtbahner“<br />

im Fahrgastverkehr endete erst am 21. Dezember<br />

1997 (siehe auch S. 52–55).<br />

frühere Bezeichnungen____ET/ES, ET/EB 165<br />

(bis 1970),<br />

275 (bis 1991)<br />

Indienststellung _____________________1928<br />

Anzahl der beschafften Viertelzüge ______638<br />

Radsatzanordnung _____________Bo’Bo’+2’2’<br />

Stundenleistung ___________________360 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit ____________80 km/h<br />

Slg. Manuel Jacob<br />

Baureihe 476.0, 476.3–4<br />

Von 1979 bis 1987 unterzog die Reichsbahn 212<br />

der inzwischen rund 50 Jahre alten Wagen der Baureihe<br />

275 einem Komplettumbau. Sie erhielten geschweißte<br />

Stirnfronten mit zwei Panoramascheiben,<br />

neue technische Einrichtungen sowie verbesserte Innenausstattungen.<br />

79 der Umbau-Fahrzeuge bekamen<br />

von 1987 bis 1993 neue Bremsanlagen und<br />

modernere Technik. Die auch als „Nieten-Rekos“<br />

bezeichneten Züge fuhren bis 4. Juli 2000.<br />

frühere Bezeichnung ____276.1–5 (bis 1992),<br />

Modernisierung der<br />

Baureihe 275<br />

Indienststellung _____________________1979<br />

Anzahl der beschafften Viertelzüge ______212<br />

Radsatzanordnung _____________Bo’Bo’+2’2’<br />

Stundenleistung ___________________360 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit ____________80 km/h<br />

Baureihe 276.0<br />

Bernd Oliver Sydow<br />

Von 1935 bis 1938 entstanden 48 Viertelzüge<br />

mit windschnittigen Stirnfronten. Ein Teil der technisch<br />

weiterentwickelten, im Volksmund „Bankierzüge“<br />

genannten Fahrzeuge erhielt für den Einsatz<br />

auf den Ferngleisen der Wannseebahn Potsdamer<br />

<strong>Bahn</strong>hof – Zehlendorf stärkere Motoren und war<br />

für 120 km/h zugelassen (nach 1945: 80 km/h).<br />

Weitere Fahrzeuge mit 80 km/h Höchstgeschwindigkeit<br />

kamen anlässlich der Olympischen Spiele<br />

hinzu; in den 50er-Jahren integrierte man hier<br />

frühere Bezeichnungen _________ET /EB 125,<br />

ET/EB 166,<br />

276.0<br />

Indienststellung _____________________1935<br />

Anzahl der beschafften Viertelzüge _______48<br />

Radsatzanordnung _____________Bo’Bo’+2’2’<br />

Stundenleistung ___________360 kW, 560 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit __80 km/h, 120 km/h<br />

auch Züge der Werkbahn Peenemünde – Zinnowitz (Bauart Peenemünde). Die Garnituren wurden ab den<br />

70er-Jahren bis auf wenige Ausnahmen modernisiert und fuhren danach als Baureihe 277 in Ost-Berlin.<br />

50


Galerie: <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-Triebzüge<br />

Christoph Riedel<br />

Baureihe 477/877<br />

Gegenüber der Baureihe ET 166 war der ET 167<br />

eine technische Weiterentwicklung. Bis 1944<br />

wurden 283 Triebwagen (ET) und 261 Beiwagen<br />

(EB) geliefert. In den Jahren 1973 bis 1983 wurden<br />

167 Viertelzüge der Baureihe 277 modernisiert,<br />

hinzu kamen 39 Viertelzüge der Baureihe<br />

276.0, die nach der Modernisierung ebenfalls<br />

als 277 eingereiht wurden. Der Einsatz im Fahrgastverkehr<br />

endete am 2. November 2003.<br />

frühere Bezeichnungen ___ET 167 (bis 1970),<br />

277 (bis 1991)<br />

Indienststellung _____________________1938<br />

Anzahl der beschafften Viertelzüge ______544<br />

Radsatzanordnung _____________Bo’Bo’+2’2’<br />

Stundenleistung ___________________360 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit ____________80 km/h<br />

Slg. Jacob<br />

Baureihe 278.2<br />

Waggonbau Ammendorf stellte Ende der 50er-<br />

Jahre einen neu entwickelten Triebzug für die<br />

<strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> vor, bei dem die Wagenkästen an<br />

den Kurzkupplungsenden auf Jacobsdrehgestellen<br />

ruhten. Die Versuchsfahrten erbrachten aber<br />

keine befriedigenden Ergebnisse, der Serienbau<br />

unterblieb. Die Einsätze im Fahrgastverkehr hielten<br />

sich in Grenzen, 1973/74 wurden beide<br />

Halbzüge verschrottet.<br />

frühere Bezeichnung ET 170 (bis 1970)<br />

Indienststellung _____________________1959<br />

Anzahl der beschafften Halbzüge __________2<br />

Radsatzanordnung _______Bo’2’Bo’+Bo’2’Bo’<br />

Stundenleistung ___________________300 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit ____________90 km/h<br />

Bernd Oliver Sydow<br />

Baureihe 485/885<br />

1979 wurde ein erster Musterzug vorgestellt, der<br />

in Aluminium-Leichtbauweise entstanden war und<br />

über elektronische Bauelemente verfügte.<br />

1987/88 folgte der Bau einer acht Viertelzüge<br />

umfassenden Nullserie, von 1990 bis 1993 dann<br />

die Fertigung von 159 Viertelzügen. Anfang 2013<br />

gab es noch 80 Viertelzüge, auf deren Einsatz<br />

vorläufig nicht verzichtet werden kann.<br />

frühere Bezeichnung___________________270<br />

Indienststellung _________1980 (Baumuster),<br />

1987 (Serie)<br />

Anzahl der beschafften Viertelzüge ______170<br />

Radsatzanordnung _____________Bo’Bo’+2’2’<br />

Stundenleistung ___________________600 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit ____________90 km/h<br />

Baureihe 480<br />

Bernd Oliver Sydow<br />

M. Cantzler<br />

Im Auftrage der <strong>Berliner</strong> Verkehrsbetriebe (BVG)<br />

wurden für die S-<strong>Bahn</strong> in West-Berlin diese Neubauzüge<br />

entwickelt. Ein Viertelzug besteht dabei<br />

aus zwei Doppeltriebwagen mit Drehstromantriebs-<br />

und Mikrocomputertechnik. Nach vier<br />

Musterfahrzeugen 1987 begann 1989 die Serienfertigung<br />

in West-Berlin, die 1994 in Hennigsdorf<br />

abgeschlossen wurde. Aus verschiedenen Gründen gerieten ab 1992 mehrere Wagen in Brand.<br />

Die inzwischen aus 78 Viertelzügen bestehende Flotte muss jedoch weiter vorgehalten werden.<br />

Baureihe 481/482<br />

Indienststellung _________1987 (Baumuster),<br />

1990 (Serie)<br />

Anzahl der beschafften Viertelzüge _______85<br />

Radsatzanordnung __________Bo’Bo’+ Bo’Bo’<br />

Stundenleistung ___________________824 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit ___________100 km/h<br />

Indienststellung _____________________1996<br />

Anzahl der beschafften Viertelzüge ______500<br />

Radsatzanordnung ____________Bo’2’+Bo’Bo’<br />

Stundenleistung ___________________600 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit ___________100 km/h<br />

Ab 1990 wurde dieses Fahrzeug durch die BVG und<br />

die Reichsbahn für das Gesamt-S-<strong>Bahn</strong>-Netz entwickelt.<br />

Die ersten Züge konnten 1996 getestet werden;<br />

die Serienlieferung begann 1997 und endete<br />

2004. Heute ist die Baureihe die zahlenmäßig<br />

stärkste im <strong>Berliner</strong> Bestand, aber sehr umstritten.<br />

Ab 2009 kam es zu Problemen, vor allem an Drehgestellen,<br />

Motoren und elektronischen Baugruppen. Unter großen finanziellen Aufwendungen mussten zahlreiche<br />

technische Komponenten erneuert werden. Ob die Krise damit behoben ist, steht noch nicht fest.<br />

Texte/Tabellen: Wolf-Dietger Machel<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

51


Fahrzeuge und Technik<br />

Es lag nicht an den Holzbänken, dass die Züge auf dem westlichen<br />

Rumpfnetz so leer waren. Vielmehr protestierten viele West-<strong>Berliner</strong><br />

gegen die Reichsbahn (Bild vom November 1983) Konrad Koschinski<br />

Backsteinviadukt und ein Zug der Stadtbahnbauart obendrauf: Geht<br />

es noch viel „berlinerischer“? ET/EB 165 im Jahr 1964 unterwegs<br />

zwischen Jannowitzbrücke und Alexanderplatz Historische Slg. der DB AG<br />

Baureihe 275 – der legendäre „Stadtbahner“<br />

Der Berühmteste<br />

von allen<br />

Slg. Oliver Strüber<br />

Rund 70 Jahre lang gehörte das Singen ihrer Elektromotoren zu den Klangfarben Berlins. Für<br />

Generationen von Reisenden war die kantige Stirnfront der „Stadtbahner“ das Gesicht der<br />

S-<strong>Bahn</strong> schlechthin. Ende 1997 quittierte der letzte Triebzug der Baureihe 275 den Plandienst<br />

Anno 1926 nahm die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft<br />

(DRG) die ,,Große<br />

Stadtbahn-Elektrisierung“ in Angriff. Sie<br />

umfasste neben der eigentlichen Stadtbahn zwischen<br />

Charlottenburg und Schlesischer <strong>Bahn</strong>hof<br />

(heute Ostbahnhof) auch die anschließenden<br />

Vorortstrecken sowie die Ringbahn. Das<br />

erforderte ein riesiges und in kürzester Zeit zu<br />

realisierendes Fahrzeugprogramm.<br />

Die Waggon- und Maschinenbau AG Görlitz<br />

(Wumag) und die Firma Orenstein &<br />

Koppel (O & K) fertigten 1927 je einen aus<br />

vier Wagen zusammengesetzten Musterzug.<br />

Beide Hersteller knüpften an die Grundkonzeption<br />

der 1925 erschienenen Bauart „Oranienburg“<br />

(der späteren Baureihe 168) an. Alle<br />

Fahrzeuge waren als vierachsige Drehgestellwagen<br />

in genieteter, nun aber leichterer Stahlbauweise<br />

ausgeführt. Wie schon bei der Bauart<br />

„Oranienburg“ bildeten je ein Trieb- und<br />

Steuerwagen ein miteinander kurzgekuppeltes<br />

Pärchen – genannt Viertelzug, da vier solcher<br />

Pärchen einen Vollzug bildeten. Auf dem Viertelzug<br />

als kleinster betrieblichen Einheit<br />

basieren die Zugkonfigurationen der <strong>Berliner</strong><br />

S-<strong>Bahn</strong> bis heute.<br />

Der Firma O & K gelang es, dank optimierten<br />

Materialeinsatzes das Leergewicht pro<br />

Viertelzug deutlich zu senken – gegenüber der<br />

Vorgängerbauart um rund 20 Prozent auf<br />

64,6 Tonnen. Infolge der Gewichtsersparnis<br />

reichte eine geringere Antriebsleistung aus, die<br />

Höchstgeschwindigkeit betrug unverändert<br />

80 km/h. Mit den weitestgehend dem Musterzug<br />

von O & K entsprechenden Serienzügen<br />

begann auf der Stadtbahn der elektrische<br />

Betrieb. Vom 11. Juni 1928 an rollten sie regulär<br />

zwischen Potsdam und Erkner. Im März<br />

1929 lösten sie auf den Vorortgleisen der<br />

Stadtbahn die letzten Dampfzüge ab, im Mai<br />

1929 auch auf der Ringbahn.<br />

In Rekordstückzahl beschafft<br />

Einschließlich der Prototypen stellte die DRG<br />

von 1928 bis 1931 insgesamt 1.276 Wagen<br />

der Bauart Stadtbahn in Dienst: 638 Triebund<br />

465 Steuerwagen sowie 173 führerstandslose<br />

Beiwagen. Letztere wurden ab 1929<br />

beschafft, weil aufgrund des Einsatzes von<br />

Halb-, Dreiviertel- oder Vollzügen der Bedarf<br />

an Steuerwagen entfiel. Während die Triebwagen<br />

nur die dritte Klasse führten, waren die<br />

Steuer- und die meisten Beiwagen in einen Bereich<br />

dritter Klasse und einen mit Polstersitzen<br />

ausgestatteten Zweite-Klasse-Raum unterteilt.<br />

Alle Fahrzeuge besaßen von Beginn an<br />

druckluftbetätigte Türschließvorrichtungen<br />

und halbautomatische Scharfenbergkupplungen,<br />

die von Viertel- zu Viertelzug auch die<br />

Luftleitungen kuppelten. Die Trieb- und Steuerwagen<br />

hatten anders als ihre Vorgänger nur<br />

eine Frontlaterne in Stirnwandmitte, darunter<br />

eine Signallampe für Falschfahrten. Die schon<br />

bisher üblichen, als Schlussleuchten fungierenden<br />

Oberwagenlaternen behielt man bei.<br />

Am augenfälligsten unterschieden sich die<br />

Stadtbahnwagen von den Vorgängerbauarten<br />

durch den zweifarbigen Außenanstrich: unterhalb<br />

der Fenster weinrot, im Bereich des davon<br />

mit einem schwarzen Streifen abgesetzten Fensterbands<br />

in der 2. Klasse blau und in der 3. Klasse<br />

ocker. Ab 1933 kam ein roter Zierstreifen zwischen<br />

Fensterband und silberfarbener Dachpartie<br />

hinzu. Nach Abschaffung des Zweiklassensystems<br />

im Jahr 1946 erhielten auch die bisherigen<br />

Wagen 2./3. Klasse durchweg ein ockerfarbenes<br />

Fensterband. Im Laufe der Jahrzehnte wurden<br />

die Farbtöne mehrfach variiert – wie sie exakt hießen,<br />

ist eine Wissenschaft für sich. Jedenfalls<br />

prägt Rot/Ockergelb das Bild der <strong>Berliner</strong><br />

S-<strong>Bahn</strong> bis heute. Andere Farbkleider wie der ab<br />

1984 im Ostnetz gültige Regelanstrich „Bordeauxrot/Elfenbeinbeige“<br />

blieben eine Episode.<br />

52


Der „Stadtbahn“-Triebzug<br />

Am 15. Mai 1933 rollt der erste elektrische Zug auf der Wannseebahn. Es ist – wenn auch modifiziert – ein „Stadtbahner“; den wird man hier<br />

rund sechs Jahrzehnte lang sehen<br />

Slg. Dr. Alfred Gottwaldt<br />

Quasi eine Doktorarbeit ließe sich auch<br />

über das mehrfach geänderte Nummernsystem<br />

schreiben. Hier nur soviel: Anfangs waren<br />

die Wagen fortlaufend vierstellig nummeriert.<br />

Ab 1941/42 liefen die Trieb-, Bei- und Steuerwagen<br />

als ET/EB/ES 165 mit dreistelligen<br />

Ordnungsnummern. Ab 1. Juni 1970 reihte<br />

sie die Deutsche Reichsbahn der DDR (DR)<br />

EDV-gerecht als Baureihe 275.0-8 ein. Ab<br />

1992 wurden die Triebwagen als 475, die Beiund<br />

Steuerwagen als 875 bezeichnet.<br />

Über das Nummernsystem ließe sich eine Doktor -<br />

arbeit schreiben – und über die Umbauformen auch<br />

Kaum als eigenständige Bauart dürfte das<br />

Reisepublikum die 1932/33 beschafften<br />

Wannseebahnwagen (je 51 Trieb- und Beiwagen)<br />

wahrgenommen haben. Diese ab 15. Mai<br />

1933 auf der Strecke vom Wannseebahnhof<br />

(nächst dem Potsdamer Fernbahnhof) über<br />

Zehlendorf nach Wannsee eingesetzten Fahrzeuge<br />

glichen den Stadtbahnwagen, aufgrund<br />

versenkter Nieten besaßen sie aber eine glatte<br />

Außenhaut. In einigen konstruktiven Elementen<br />

leiteten sie schon zu den ab 1934 ent-<br />

wickelten Bauarten mit abgerundeter Kopfform<br />

über. So wurde das Schaltwerk nicht<br />

mehr elektropneumatisch, sondern durch einen<br />

Elektromotor angetrieben. Ab 1941/42<br />

wurden die Wannseebahnwagen als ET/<br />

EB 165.8 eingereiht, ab 1970 als 275.9 und<br />

schließlich (sofern nicht modernisiert) ab<br />

1992 mit der Baureihe 475 zusammengefasst.<br />

Bis 1944 wuchs der Wagenpark der <strong>Berliner</strong><br />

S-<strong>Bahn</strong> kräftig an, stückzahlmäßig blieb die Bauart<br />

Stadtbahn aber unübertroffen. Jahrzehntelang bildete<br />

sie die größte für deutsche Eisenbahnen gefertigte<br />

Triebwagenserie überhaupt! Kriegsverluste dezimierten<br />

den Bestand stark, doch verfügte die DR<br />

nach Wiederaufbau, Rückkehr eines Teils der in die<br />

Sowjetunion abtransportierten Züge und Generalreparatur<br />

im Jahr 1958 wieder über 435 Trieb- sowie<br />

432 Bei- oder Steuerwagen.<br />

Verändertes Gesicht<br />

Bis in die 80er-Jahre hinein trugen die „Stadtbahner“<br />

die Hauptlast des Verkehrs. Allerdings<br />

wandelte sich insbesondere das Aussehen ihrer<br />

Frontpartie. So wurden die Steuerwagen ab<br />

1942, von drei Ausnahmen abgesehen, sukzessive<br />

in führerstandslose Beiwagen umgebaut<br />

und büßten damit ihre Stirnleuchten ein. Mit<br />

der Umstellung auf Einmannbetrieb (EMB) änderte<br />

sich ab 1965 auch das Gesicht der meisten<br />

Triebwagen. Das Reichsbahnausbesserungswerk<br />

Schöneweide vergrößerte die Führerstände und<br />

stattete sie mit Sifa (Sicherheitsfahrschaltung)<br />

und Funkwechselsprechanlagen aus, mit denen<br />

die <strong>Bahn</strong>steigaufsichten den Abfahrauftrag<br />

übermittelten. Dabei entfielen die Oberwagenlaternen<br />

und das mittige Spitzenlicht zugunsten<br />

beidseitig in die Stirnfront eingelassener Spitzenund<br />

Schlussleuchten.<br />

Mehr als hundert ET 165 blieben zunächst<br />

von diesem Umbau ausgeschlossen und erhielten<br />

samt der zugehörigen Beiwagen nur<br />

die für den Einmannbetrieb nötige Steuerleitung.<br />

Deshalb durften solche ET/EB als so genannte<br />

Passviertel lediglich in der Mitte des<br />

Zugverbands eingereiht sein.<br />

Versuche, die in die Jahre gekommenen<br />

Stadtbahnwagen abzulösen, blieben lange erfolglos.<br />

Zwei 1959 vorgestellte blau-beige gestrichene<br />

Musterzüge mit Jacobs-Drehgestellen<br />

(ET 170) bescherten der Reichsbahn buch-<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013 53


Fahrzeuge und Technik<br />

Auf seiner Namenspatin, der Stadtbahn, eilt im Mai 1991 ein 275er-Vollzug am Bodemuseum kurz vor dem <strong>Bahn</strong>hof Friedrichstraße vorbei. Er<br />

trägt die „Hauptstadtfarben“ Bordeauxrot-Elfenbein<br />

Konrad Koschinski<br />

stäblich ein „blaues Wunder“. Zwar erschien<br />

1979 ein Prototyp der späteren Baureihe 485,<br />

aber deren Serienreife ließ sich damals nicht absehen.<br />

So blieb nichts anderes übrig, als auch<br />

noch viele Stadtbahnwagen zu modernisieren.<br />

Der Kontrast zwischen neu angesetzter, nun<br />

zweifenstriger Stirnfront und genieteten Seitenwänden<br />

trug ihnen den Spitznamen „Nieten-Rekos“<br />

ein. Sie wurden als Baureihe 276.1-<br />

5, ab 1992 je nach Steuerungs- und Bremsart<br />

als 476/876.0 oder 476/876.3-4 geführt.<br />

Im Westnetz nur „Oldtimer“<br />

Während in Ost-Berlin bald modernisierte<br />

Fahrzeuge vorherrschten, rollten im Westteil<br />

der Stadt weiterhin nur solche alter Bauform.<br />

Dabei ratterte zwischen Zehlendorf und Düppel<br />

bis September 1980 stets einer der drei<br />

noch vorhandenen Viertelzüge mit Steuerwagen<br />

im Schaffnerbetrieb. Als weitere Exoten<br />

sind drei 1981/82 für den Spätverkehr zwischen<br />

Friedrichstraße und Charlottenburg<br />

wieder mit Steuerabteilen ausgerüstete EMB-<br />

Viertelzüge zu nennen.<br />

Im klassischen „Stadtbahner“ fuhr man auf Holzbänken.<br />

Auf manchen Strecken bis zum Schluss<br />

Der ab 9. Januar 1984 für das Rumpfnetz in<br />

West-Berlin zuständigen BVG übergab die DR<br />

dann neben 95 für den Einmannbetrieb voll<br />

tauglichen 275er-Viertelzügen (darunter einer<br />

mit einem Beiwagen der Bauart Wannsee) auch<br />

20 nur beschränkt einsetzbare „Passviertel“. Wegen<br />

akuten Wagenmangels musste die BVG im<br />

Februar/März 1985 auf der wieder eröffneten<br />

Wannseebahn einige Züge aber komplett aus<br />

Passvierteln bilden und deshalb mit Schaffnern<br />

besetzen.<br />

Insgesamt 107 Viertelzüge ließ die BVG ab<br />

1985 im <strong>Berliner</strong> Werk der Waggon-Union generalüberholen,<br />

wo man über den guten Allgemeinzustand<br />

der hochbetagten Fahrzeuge staunte!<br />

Zwölf Beiwagen bisheriger Passviertel wurden<br />

in EMB-Steuerwagen mit Sifa und Funk umgebaut.<br />

In den Fahrgasträumen wich die unten<br />

kunstlederne, oben holzfurnierte Wandverkleidung<br />

kunststoffbeschichteten Platten mit heller<br />

Holzmaserung. Bereits von der DR installierte<br />

Leuchtstoffröhren wurden gegen eine modernere<br />

Version ausgetauscht und die alten Schaumgummisitze<br />

durch neue Polstersitze ersetzt.<br />

Bis zuletzt liefen aber auch Wagen mit<br />

Holzbänken und anheimelnder Glühlampenbeleuchtung.<br />

Das gab es sonst fast nur noch<br />

bei Museumsbahnen, trotzdem waren gerade<br />

die schier unverwüstlichen Holzlattensitze bei<br />

den Fahrgästen beliebt. Mitte der 90er-Jahre<br />

durchgeführte Umfragen bestätigten es, viele<br />

wünschten sich sogar in den neuen Zügen der<br />

Baureihe 481 Holzbänke.<br />

Für die Ewigkeit?<br />

Inzwischen standen die nunmehrigen „475er“<br />

im siebten Lebensjahrzehnt. Es schien, als wären<br />

sie für die Ewigkeit gebaut. Aber das täuschte,<br />

der Unterhaltungsaufwand war immens. Nach<br />

Beschaffung der Baureihen 480 und 485/885 in<br />

Serie zeichnete sich allmählich das Ende ab.<br />

Anfang 1994 gelangten 92 betriebsfähige<br />

Viertelzüge der Baureihe 475/875 von der BVG<br />

zur Deutschen <strong>Bahn</strong> AG, außerdem 46 aus dem<br />

DR-Bestand. Häufig befuhren sie noch die<br />

Nord-Süd-Linien S 1 Oranienburg – Wannsee<br />

und S 2 Schönholz – Blankenfelde sowie die damalige<br />

S 10 Birkenwerder – Ostring – Spindlersfeld.<br />

Ende Mai 1995 kamen Einsätze auf der<br />

neu eröffneten Nord-Süd-Linie S 25 Tegel –<br />

Lichterfelde Ost hinzu. Dagegen verschwanden<br />

die nicht modernisierten „Stadtbahner“ von ihrer<br />

namensgebenden Stammstrecke, auf der sie<br />

bereits 1994 nur noch selten anzutreffen waren.<br />

54


Museumszüge und mehr<br />

Im Sommer 1997 kehrten die Klassiker<br />

überraschend auf die Stadtbahn zurück; wegen<br />

fehlender Feuerlöscher hatte man sie aus dem<br />

Nord-Süd-Tunnel verbannt. Ihre letzten planmäßigen<br />

Einsätze absolvierten sie auf der S 5<br />

Charlottenburg – Strausberg Nord und auf der<br />

S 7 Potsdam – Ahrensfelde, ferner auf der S 10.<br />

Bis November 1997 schrumpfte der Einsatzbestand<br />

auf 28 Viertelzüge. Am 21. Dezember<br />

1997 bereitete die S-<strong>Bahn</strong> Berlin GmbH den<br />

Veteranen einen grandiosen Abschied mit einer<br />

Sternfahrt zum Ostkreuz: Dort trafen sich gegen<br />

13 Uhr an allen acht <strong>Bahn</strong>steigkanten<br />

475er, etwa fünf Minuten später fuhren sie mit<br />

ohrenbetäubendem Pfeifen in alle Richtungen<br />

los. Tausende <strong>Berliner</strong> wohnten dem Spektakel<br />

bei, viele mit Tränen in den Augen.<br />

Völlig aus dem Klangbild Berlins verschwand<br />

der „Stadtbahner“-Sound aber noch<br />

nicht. Zum einen liefen bis Ende Mai 2000 modernisierte<br />

Züge der Baureihe 476/876 im Plandienst.<br />

Zum anderen hielten die S-<strong>Bahn</strong> Berlin<br />

GmbH und der Verein Historische S-<strong>Bahn</strong> e.V.<br />

sechs Altbau-Viertelzüge für Sonderfahrten vor,<br />

so zur Adventszeit als Weihnachtszug. Die<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Krise im Jahr 2009 bereitete dem Einsatz<br />

historischer Fahrzeuge wegen der angespannten<br />

Werkstattlage vorläufig ein Ende.<br />

Museumsfahrzeuge<br />

Heute werden ET/EB 165 040 (Prototyp-<br />

Viertel), ET/ES 165 097, ET/ES 165 155,<br />

ET/ES 165 231, ET/EB 165 471 und ET/<br />

EB 165 555 sowie das „Wannseebahn-Viertel“<br />

ET 165 825/EB 165 815 in der<br />

Ausstattung und Beschriftung<br />

verschiedener Epochen<br />

vom Verein Historische<br />

S-<strong>Bahn</strong><br />

gepflegt. Außerdem<br />

befinden sich je ein<br />

Viertelzug im DB-<br />

Museum Nürnberg,<br />

im Deut-<br />

Slg. Heiko<br />

Focken<br />

schen Museum<br />

München und in<br />

der nur manchmal<br />

zugänglichen Monumentenhalle<br />

des Deutschen<br />

Technikmuseums<br />

Berlin. Weitere Stadtbahnwagen<br />

sind, teils als Bar oder Café genutzt,<br />

über zahlreiche Standorte verstreut.<br />

Geblieben sind die Träume: vom zischenden<br />

Atmen der Bremsen, vom Klackern des<br />

Schaltwerks beim Anfahren, von singender<br />

Beschleunigung, vom Schwingen der Wagenkästen<br />

bei gefühlten 100 km/h entlang der<br />

Avus zwischen Nikolassee und Grunewald.<br />

Natürlich ist dabei das Abteilfenster geöffnet,<br />

um das von den Fassaden und Brandmauern<br />

entlang der Stadtbahn oder des Ostrings zurückgeworfene<br />

Heulen der Elektromotoren zu<br />

genießen, noch verstärkt bei der Fahrt durch<br />

den Nord-Süd-Tunnel. Es ist so intensiv, dass<br />

Krimiautor Horst Bosetzky alias -ky es einst<br />

als „<strong>Berliner</strong> Hymne“ pries. Kein Wunder, so<br />

lange wie der „Stadtbahner“ den Nahverkehr<br />

dort prägte. Konrad Koschinski/GM<br />

Im Frühjahr 1980 bedient ein „Steuer-Viertel“ aus 275 747 und 748 die Strecke nach Düppel.<br />

Von den Zügen, die mit Schaffnern besetzt werden mussten, gab es in West-Berlin seinerzeit<br />

noch drei Exemplare<br />

Konrad Koschinski<br />

Im Mai 1982 erreicht ein S-<strong>Bahn</strong>-Zug mit 275 571 an der Spitze den <strong>Bahn</strong>hof<br />

Priesterweg. Der Triebwagen besitzt die modernisierte Front und trägt<br />

das S-<strong>Bahn</strong>-typische Rot/Ocker<br />

Konrad Koschinski<br />

Abschiedsstimmung am Ostkreuz: Zum Dienstende der Baureihe haben mehrere „Stadtbahner“<br />

am 21. Dezember 1997 den <strong>Bahn</strong>hof in einer Sternfahrt angesteuert Konrad Koschinski<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

55


Fahrzeuge und Technik<br />

Sieht so eine „Altflotte“ aus? Die aktuell eingesetzten<br />

Baureihen 480, 481, 485 (v.l.) in<br />

Schöneweide, August 2011<br />

Sven Klein<br />

Der aktuelle Fahrzeugpark<br />

Flucht nach vorn?<br />

Zwischen 1990 und 2004 hat die <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> den gesamten Fahrzeugbestand ausgetauscht.<br />

Mit den Neubeschaffungen wurde sie aber kaum glücklich. Vor allem in jüngster Zeit häuften<br />

sich die Probleme, auch durch hausgemachte Fehler<br />

Wenn demnächst die Vergabe von<br />

rund einem Drittel der <strong>Berliner</strong><br />

S-<strong>Bahn</strong>-Leistungen im Raum steht,<br />

wird auch eine Forderung wirksam. Der neue<br />

Betreiber muss die „Altflotte“ bzw. „Altbauzüge“<br />

so bald wie möglich durch neue Fahrzeuge<br />

ersetzen. So weit, so gut – aber was heißt<br />

„Altflotte“? Die eingesetzten S-<strong>Bahn</strong>-Züge der<br />

Baureihen 480, 481 und 485 wurden von<br />

1990 bis 2004 in Dienst gestellt, sie haben gerade<br />

einmal ein Durchschnittsalter von knapp<br />

15 Jahren erreicht. Die übliche Einsatzdauer<br />

im Eisenbahnbereich beläuft sich auf 40 Jahre.<br />

Mit dem Beschaffungsprogramm nach<br />

1990 hat die <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> durchschnittlich<br />

sechs Jahrzehnte alte S-<strong>Bahn</strong>-Züge durch<br />

Fahrzeuge neuester Konstruktion ersetzt. Einen<br />

solchen umfassenden Austausch gab es in<br />

der <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-Geschichte schon einmal,<br />

als nämlich im Zuge der „Großen Elektrisierung“<br />

von 1928 bis 1930 insgesamt 638 Viertelzüge<br />

der späteren Baureihe ET 165 dampflokbespannte<br />

Züge der <strong>Berliner</strong> Stadt-, Ringund<br />

Vorortbahnen ablösten. Oft wird die Robustheit<br />

und Zuverlässigkeit gerade dieser<br />

ET 165 hervorgehoben, als Gegenstück zu<br />

den Problemen der heutigen Typen. Dabei<br />

darf jedoch nicht übersehen werden, dass die<br />

„Stadtbahner“ mehrmals Generalreparaturen<br />

erhielten oder gar – wie von der Deutschen<br />

Reichsbahn praktiziert – teilweise völlig neu<br />

aufgebaut wurden. Nur wenige Bauteile waren<br />

zuletzt noch aus den Anfangsjahren vorhanden,<br />

alle anderen durch Ersatzteil-Einzelanfertigungen<br />

ersetzt. Welch ein Kostenfaktor.<br />

Problemquelle Kostensenkung<br />

Kosten waren es auch, die das heutige Problem<br />

der S-<strong>Bahn</strong> heraufbeschworen. Die derzeit im<br />

Fahrzeugpark dominierende Baureihe<br />

481/482 wurde nur kurz erprobt und dann<br />

in einer Großserie gebaut. Das war günstig,<br />

und in den ersten Betriebsjahren fuhren diese<br />

Fahrzeuge bis auf kleinere Störungen der<br />

Software und schnell beseitigte konstruktive<br />

Mängel recht zuverlässig. Aber in den Jahren<br />

2008/09 begann das Desaster. Räder und<br />

Zuerst fuhren 481/482<br />

ohne Störungen. Noch ...<br />

Achswellen wiesen Risse auf, die Motoren<br />

wurden schadhaft, Elektronik und Software<br />

funktionierten teilweise nicht mehr und selbst<br />

der mitgeführte Sand zum Bremsen der Züge<br />

reichte nicht aus. Mit einem riesigen finanziellen<br />

Aufwand wurden diese Züge bis 2012<br />

weitgehend wieder flott gemacht.<br />

Die Gründe für die Misere sind vielfältig. Material-<br />

und Technikfehler dürften auf mangelhafte<br />

Arbeit der Industrie und ungenügende Testläufe<br />

zurückgehen, ebenso wohl das Versagen der<br />

Software. Schwer wiegt aber auch der bis 2009<br />

betriebene massive Abbau von Personal und<br />

Werkstattkapazitäten bei der S-<strong>Bahn</strong>. Schließlich<br />

sollte die S-<strong>Bahn</strong> Berlin GmbH als einhundertprozentige<br />

Tochter der Deutschen <strong>Bahn</strong> AG Gewinn<br />

abwerfen. Das geschah überwiegend mit<br />

eingesparten und von den Ländern Berlin und<br />

Brandenburg zur Verfügung gestellten Regionalisierungsmitteln,<br />

die wiederum aus Steuereinnahmen<br />

und Staatskrediten der Bundesrepublik<br />

gespeist werden. Für die Instandsetzung der<br />

481/482 – und der 485/885, die ebenfalls Mängel<br />

aufwiesen – musste man die Werkstattkapazitäten<br />

eiligst (und kostspielig) wieder erweitern.<br />

Wer aber denkt, die Krise sei damit überstanden,<br />

irrt. Zum Jahreswechsel 2012/2013 waren<br />

die Probleme der 481/482 noch nicht vollständig<br />

behoben. So könnte die Suche nach einem neuen<br />

(Teil-)Betreiber und einem Ersatz der „Altbauflotte“<br />

auch der Versuch sein, die Flucht nach<br />

vorn anzutreten. Auf dass neue Fahrzeuge zuverlässiger<br />

funktionieren als das derzeitige Sorgenkind<br />

481/482. Wolf-Dietger Machel/MHZ<br />

56


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Fahrzeuge und Technik<br />

Werkstätten für die S-<strong>Bahn</strong><br />

Die Versorgungsstellen<br />

Blick in das S-Bw Friedrichsfelde, Mai 1980. Es war Ende der 20er-Jahre aus dem Wagenbetriebswerk Lichtenberg-Friedrichsfelde entstanden Jürgen Krantz<br />

Für die elektrischen Triebzüge des <strong>Berliner</strong> Vorortverkehrs brauchte die Deutsche Reichsbahn<br />

ab den 20er-Jahren neue Wartungskapazitäten. Sie bekam sie durch den Umbau bestehender<br />

<strong>Bahn</strong>betriebswerke wie auch durch Neubauten<br />

Mit Beginn der Elektrifizierungsarbeiten<br />

auf den nördlichen <strong>Berliner</strong> Vorortstrecken<br />

zeichnete sich die Aufgabe<br />

der Dampflokbetreuung in einigen<br />

<strong>Bahn</strong>betriebswerken und dazugehörigen<br />

Dienststellen der Reichsbahndirektion (RBD)<br />

Berlin ab. Bereits Ende 1920 wurden keine<br />

Lokomotiven mehr in Bernau unterhalten,<br />

um den Lokschuppen zum Triebwagenschuppen<br />

umbauen zu können. Nach Beginn des<br />

elektrischen Vorortverkehrs nach Bernau im<br />

Sommer 1924 sowie nach Oranienburg im<br />

Herbst 1925 gab man im <strong>Bahn</strong>betriebswerk<br />

(Bw) Stettiner <strong>Bahn</strong>hof die Dampflokunterhaltung<br />

abschnittsweise auf. Die wenigen<br />

noch für den Verkehr nach Velten und Kremmen<br />

erforderlichen Maschinen wurden vom<br />

Bw Gesundbrunnen aus betreut, so dass die<br />

Anlagen am Stettiner Vorortbahnhof zum<br />

Frühjahr 1926 für die Umbauarbeiten und<br />

zum Abriss des alten Lokschuppens frei wurden.<br />

Auf dem Gelände des bisherigen Lokomotivschuppens<br />

entstand ein neuer sechsgleisiger<br />

Triebwagenschuppen, im Gleisbereich<br />

gegenüber ein zweiständiger Werkstattschuppen<br />

mit angeschlossenem Magazingebäude.<br />

Zusätzlich ließ die RBD Berlin bis 1926 auf<br />

den Endbahnhöfen der nördlichen Vorortstrecken<br />

in Velten einen dreigleisigen Triewagenschuppen<br />

mit einem zweigleisigen kürzeren<br />

Werkstattschuppen und in Oranienburg<br />

einen viergleisigen Triebwagenschuppen errichten.<br />

Seit 1926 liefen in großem Maßstab die Arbeiten<br />

zur Umstellung des Verkehrs auf den<br />

Stadt-, Ring- und Vorortbahnen auf elektrischen<br />

Betrieb mit 800-Volt-Gleichspannung.<br />

Die Planungen sahen vor, für ca. 40 Prozent<br />

der Triebwagen Schuppenanlagen zu bauen,<br />

die ein Unterstellen, Reinigen und die Ausführung<br />

kleinerer Unterhaltungsarbeiten ermöglichen<br />

sollten. Während der Großen Elektrifizierung<br />

musste die Dampflokunterhaltung<br />

in den Bw Grünau und Grunewald-Abstellbahnhof,<br />

deren Rechteckschuppen für die<br />

neuen Triebwagen weiter genutzt werden sollten,<br />

ab Herbst 1927 bei laufendem Umbau geschehen.<br />

Ähnlich gestaltete sich der Betrieb<br />

in den Wagenbetriebswerken in Westend<br />

und Lichtenberg-Stadtbahn, wo die Wagen -<br />

schuppen für die Aufnahme der elektrischen<br />

Triebzüge zu erweitern waren. Im Herbst<br />

1926 begann der Bau eines neuen Betriebswerkes<br />

für die Ringbahn bei Tempelhof, das<br />

als Bw Papestraße 1928 den Betrieb aufnahm.<br />

Einen weiteren fünfgleisigen Triebwagenschuppen<br />

ließ die RBD Berlin in Erkner errichten.<br />

Der bis zum Herbst fertig gestellte<br />

Bau wurde, ähnlich wie in Velten, um einen<br />

eingleisigen Werkstattanbau ergänzt.<br />

Umorganisation des<br />

Maschinendienstes<br />

Mit Beginn des Sommerfahrplans am 15. Mai<br />

1928, als sich die Betriebsumstellung auf<br />

Stadt-, Ring- und Vorortbahnen abzeichnete,<br />

wurden die Maschinenämter entsprechend der<br />

zu erwartenden betrieblichen Gegebenheiten<br />

umorganisiert. Gleichzeitig benannte man<br />

<strong>Bahn</strong>betriebswerke um, damit keine Verwechslungsgefahr<br />

bestand; das Bw Grunewald-Abstellbahnhof<br />

wurde zu Hundekehle,<br />

Lichtenberg-Stadtbahn zu Friedrichsfelde. Für<br />

den Dampfbetrieb im Direktionsbezirk waren<br />

künftig die <strong>Bahn</strong>betriebswerke der Maschinenämter<br />

(MA) Berlin 1 bis 3 zuständig. Das<br />

MA Berlin 4 erhielt die dem elektrischen Betrieb,<br />

also der Triebwagenunterhaltung vorbe-<br />

58


S-<strong>Bahn</strong>-Betriebswerke<br />

haltenen Dienststellen. Das waren Papestraße,<br />

Westend, Hundekehle, Friedrichsfelde, Erk -<br />

ner, Grünau, Stettiner <strong>Bahn</strong>hof und Oranienburg.<br />

Dem Maschinenamt Berlin 5<br />

schließlich unterstanden die Fahrleitungsmeistereien<br />

Markgrafendamm, Halensee und<br />

Stettiner <strong>Bahn</strong>hof.<br />

Von August 1928 bis Juli 1929 gaben die<br />

Bw Charlottenburg, Friedrichsfelde, Grünau,<br />

Hundekehle und Westend ihre Dampflokomotiven<br />

ausnahmslos ab. Verbliebene Dampflokleistungen<br />

gingen auf die <strong>Bahn</strong>betriebswerke<br />

der Maschinenämter 1 bis 3 über, so<br />

dass bis zum Juli 1929 die Dienststellen des<br />

Maschinenamtes Berlin 4 dampffrei waren.<br />

Für das Bw in Charlottenburg sowie den am<br />

Güterbahnhof gelegenen Teil des Bw Westend<br />

bedeutete dies die Aufgabe der Lokomotivstationierung.<br />

Die baulichen Anlagen nutzte<br />

man für andere Zwecke. Die Lokbehandlungsanlagen<br />

blieben in Charlottenburg, das<br />

offiziell am 10. Februar 1929 aufgelöst wurde,<br />

zumindest noch für den Lokwechsel erhalten.<br />

In Friedrichsfelde stand der Halbrundschuppen<br />

zwar bis in die 50er-Jahre, er wurde jedoch<br />

ebenfalls nicht mehr für die Dampflokunterhaltung<br />

verwendet.<br />

Nach der Elektrifizierung der Wannseebahn<br />

von 1931 bis 1933 kam beim MA Berlin<br />

4 noch das Bw Wannsee als Neubau hinzu.<br />

Bis auf die Anlagen am Potsdamer Güterbahnhof,<br />

die fortan vornehmlich den Schnellzugmaschinen<br />

und wenigen Vorort- und Verschiebelokomotiven<br />

dienen sollten, riss man<br />

in den Folgejahren die alten Dienststellen der<br />

Wannseebahn sowie der Ringbahn am Potsdamer<br />

<strong>Bahn</strong>hof ab.<br />

Neue Strukturen nach 1945<br />

Die RBD Berlin bildete Ende April 1946 aus<br />

dem MA Berlin 4 das Reichsbahnamt S-<strong>Bahn</strong>.<br />

Im Juni 1946 benannte man die dem Reichsbahnamt<br />

S-<strong>Bahn</strong> unterstellten <strong>Bahn</strong>betriebswerke<br />

in „S-<strong>Bahn</strong>-Betriebswerke“ (S-Bw) um.<br />

Es gab nun die S-Bw Berlin Stettiner <strong>Bahn</strong>hof,<br />

Westend, Hundekehle, Wannsee, Papestraße,<br />

Grünau und Friedrichsfelde.<br />

Aus betriebswirtschaftlichen und organisatorischen<br />

Gründen löste das Ministerium für<br />

Eisenbahnwesen zum 11. November 1954 das<br />

Reichsbahnamt S-<strong>Bahn</strong> und die Abteilung<br />

OBEN Ruhig geht es<br />

im Sommer 1990 auf<br />

den Abstellgleisen<br />

im S-Bw Wannsee<br />

zu. Seit 1984 ist das<br />

Werk für die S-<strong>Bahn</strong>-<br />

Züge der BVG zuständig<br />

Josef Mauerer<br />

RECHTS Tag der offenen<br />

Tür im August<br />

2010 im S-<strong>Bahn</strong>-Bw<br />

Grünau, unter anderem<br />

mit aufgebockten<br />

481ern<br />

Matthias Cantzler<br />

• S-Bw Nordbahnhof<br />

• S-Bw Papestraße<br />

• S-Bw Wannsee (mit Twh Hundekehle)<br />

Im September 1980 begannen Streikaktionen<br />

der West-<strong>Berliner</strong> Reichsbahner. Mit den darauf<br />

folgenden Streckenschließungen der<br />

Reichsbahn wurden die Twh Hundekehle und<br />

das S-Bw Papestraße entbehrlich und geschlossen.<br />

1984 übernahm die BVG die West-<br />

1974 gab es fünf Betriebswerke und sechs Trieb -<br />

wagenhallen; 2013 sind es drei Werke, zwei Hallen<br />

S-<strong>Bahn</strong> bei der Rbd Berlin auf. Im Gegenzug<br />

wurde eine „Verwaltung der S-<strong>Bahn</strong>“ eingerichtet,<br />

die auch die Verwaltung der S-Bw,<br />

Fahrleitungsmeistereien usw. übernahm. Im<br />

Mai 1968 wurden die S-Bw Oranienburg und<br />

Erkner den S-Bw Friedrichsfelde und Grünau<br />

als Triebwagenhallen (Twh) unterstellt. Anfang<br />

1974 gab es folgende Dienststellen der<br />

S-<strong>Bahn</strong>:<br />

• S-Bw Grünau (mit Twh Bernau, Erkner)<br />

• S-Bw Friedrichsfelde (mit Twh Buckow,<br />

Oranienburg, Velten)<br />

<strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> und wartete ihre Fahrzeuge in<br />

Wannsee; das dortige S-Bw hieß künftig Betriebswerkstatt<br />

im Fachbereich Fahrzeuge-<br />

Werkstätte <strong>Bahn</strong>en (FWB) der BVG. Das auf<br />

Ost-<strong>Berliner</strong> Gebiet liegende, allerdings nur<br />

für das West-<strong>Berliner</strong> Streckennetz interessante<br />

S-Bw Nordbahnhof war dagegen geschlossen<br />

worden.<br />

Die Zeit nach der Wende<br />

Nach der politischen Wende in der DDR und<br />

der deutschen Wiedervereinigung gingen zum<br />

1. Januar 1994 die Betriebsrechte der BVG für<br />

die S-<strong>Bahn</strong> an die neue Deutsche <strong>Bahn</strong> AG<br />

über. Während der <strong>Bahn</strong>reform zwischenzeitlich<br />

zur „Zweigniederlassung des Bereichs<br />

Nahverkehr“ der DB/DR mutiert, firmierten<br />

die einstigen S-Bw seit dem 1. Januar 1995<br />

unter der Regie der S-<strong>Bahn</strong> Berlin GmbH als<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Betriebswerkstatt. Dazu zählten die<br />

S-Bw Friedrichsfelde mit der Twh Oranienburg,<br />

Grünau mit den Twh Erkner und Bernau<br />

und die S-Bw Wannsee. Das S-Bw Papestraße<br />

wurde trotz vorliegender Planungen<br />

nicht wieder eröffnet. Die Triebwagenhalle in<br />

Oranienburg wechselte zum 1. Oktober 1999<br />

zur S-Bw Wannsee.<br />

Im Zuge der drastischen Rationalisierungsmaßnahmen<br />

bei der S-<strong>Bahn</strong> wurde Ende<br />

Oktober 2001 die Twh Bernau, im November<br />

2003 die Twh Erkner geschlossen. Im Frühsommer<br />

2005 folgte die Schließung des S-Bw<br />

Friedrichsfelde. Allerdings brachten die Probleme<br />

mit den neuen S-<strong>Bahn</strong>-Fahrzeugen und<br />

der dadurch stark angestiegene Wartungs- und<br />

Instandsetzungsbedarf nach langem Tauziehen<br />

zwei Wiedereröffnungen. Im Dezember 2009<br />

ging die Twh Erkner, Anfang Januar 2010 das<br />

S-Bw Friedrichsfelde aufs Neue in Betrieb.<br />

Dirk Winkler<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

59


Fahrzeuge und Technik<br />

Im Mai 1927 sind die Bauarbeiten für das neue Ausbesserungswerk der Reichsbahn in Niederschöneweide weit fortgeschritten. Fünf Monate<br />

später geht es in Betrieb<br />

Historische Slg. der DB AG<br />

Schöneweide – das Werk für Gleichstromtriebzüge<br />

Die „Hauptwerkstatt“<br />

Am 15. Oktober 1927 ging das Reichsbahnausbesserungswerk Schöneweide im Rahmen der<br />

„Großen Stadtbahn-Elektrisierung“ in Betrieb. Es war speziell für die neuen Gleichstromtrieb -<br />

züge konzipiert. Aber erst seit 1995 gehört es zur S-<strong>Bahn</strong> Berlin<br />

In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts<br />

fanden mehrere Versuche statt, den elektrischen<br />

Strom als Antriebsenergie für den<br />

<strong>Berliner</strong> Stadt-, Ring- und Vorortverkehr einzusetzen.<br />

Zur Ablösung des Dampfbetriebs im<br />

großen Rahmen kam es aber erst in den 20er-<br />

Jahren. Zunächst wurden die drei so genannten<br />

Nordstrecken nach Bernau (1924), Oranienburg<br />

(1925) und Velten (1927) auf<br />

750-V-Gleichstrom-Betrieb umgestellt. Zu jener<br />

Zeit waren auf den genannten Strecken<br />

rund 300 Fahrzeuge im Einsatz, die im<br />

Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) Tempelhof<br />

unterhalten wurden.<br />

Überlegungen, vorhandene Werke für die<br />

speziellen Anforderungen der elektrischen<br />

Triebwagenzüge umzurüsten, wurden verworfen.<br />

Ein Umbau dieser veralteten Werke<br />

wäre so teuer geworden wie ein Neubau, ohne<br />

dass man sie auf neuzeitliche Arbeitsverfahren<br />

hätte umrüsten können. Deshalb entschied<br />

man sich für einen Neubau auf der „grünen<br />

Wiese“ bei Niederschöneweide im Südosten<br />

Berlins. Das Werk sollte eine Kapazität für<br />

1.600 Wagen haben und wurde in zwei Bauabschnitten<br />

errichtet. Baubeginn war im August<br />

1926. Die Hallenfundamente wurden im<br />

Oktober/November 1926 gelegt. Die Stahlbaumontage<br />

der großen Richthalle folgte ab<br />

Januar 1927. Neben der Richthalle mit drei<br />

„Bändern“ zu je 24 Arbeitsständen entstanden<br />

eine Lackiererei, sowie Werkstätten unter anderem<br />

für Motoren, Drehgestelle, elektrische<br />

Apparate und ein Prüffeld, des weiteren Verwaltungs-<br />

und Sozialgebäude. Die Baukosten<br />

für den ersten Bauabschnitt für zunächst<br />

1.040 Fahrzeuge betrugen knapp 11 Millionen<br />

RM einschließlich Geländeerwerb und<br />

maschineller Ausrüstung. Am Eröffnungstag<br />

wurde dem Werk ein Zug der Bauart Bernau<br />

zur Untersuchung zugeführt.<br />

Weil das Werk mangels ausreichender Fahrzeuge<br />

anfangs gar nicht ausgelastet gewesen<br />

wäre, verlegte man die Elektromontage der<br />

neuen 1.276 Stadtbahnwagen dorthin. Damit<br />

sicherte man nicht nur die Auslastung von Anfang<br />

an, es konnten auch Erfahrungen mit den<br />

neuen Wagen gewonnen werden. Der erste<br />

Stadtbahnwagen traf am 31. Dezember 1927<br />

zur Montage im Werk ein.<br />

Ausweitung der Kapazitäten<br />

Bis weit in die 60er-Jahre hinein – lediglich zu<br />

Kriegszeiten gab es Ausnahmen – musste jeder<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Wagen einmal jährlich zur bahnamtlichen<br />

Untersuchung. Anfangs entsprach das einer<br />

Laufleistung von etwa 90.000 Kilometern.<br />

Es gab drei Instandhaltungsstufen, die immer<br />

die sicherheitsrelevanten Teile (z.B. Laufwerk,<br />

Bremsen, Elektrik) umfassten. Die Unterscheidungen<br />

bezogen sich auf die „Schönheitsreparaturen“<br />

im Innenraum und den Außenlack.<br />

Der ursprünglichen Planung entsprechend war<br />

das RAW in einem zweiten Bauabschnitt<br />

1930/31 für 5,5 Millionen RM auf eine Kapazität<br />

von 1.600 Fahrzeugen erweitert worden.<br />

60


Berlin-Schönweide<br />

OBEN Mit diesem Kran werden die Wagenkästen von den Drehgestellen abgehoben<br />

und auf die Arbeitsstände gesetzt. Die Hallenhöhe erlaubt die<br />

Bewegung über abgestellte Kästen hinweg (Bild von 2009) Manuel Jacob<br />

RECHTS Die Arbeit an S-<strong>Bahn</strong>-Wagen war in den 80er-Jahren eines von mehreren<br />

Aufgabengebieten in Schöneweide. Zu Ehren eines früheren DDR-<br />

Ministers für Arbeit und für Eisenbahnwesen trug das Werk damals den<br />

zusätzlichen Namen Roman Chwalek Carl-Ernst Zimmer/Histor. Slg. der DB AG<br />

IN KÜRZE<br />

WERK SCHÖNEWEIDE IN ZAHLEN<br />

Das letzte Meisterwerk Schöneweider Fahrzeugbaukunst ist die Panorama-S-<strong>Bahn</strong><br />

aus den 90er-Jahren. Das dreiteilige Fahrzeug ist durchgehend<br />

begehbar und vereinigt modernste Gestaltungstechnik mit<br />

der traditionellen Front und dem Antrieb des 477er Manuel Jacob<br />

Jahr Fahrzeuge 1 HU pro Jahr 2 Mitarbeiter<br />

1927 300 ca. 300 –<br />

1931 1.521 ca. 1.600 –<br />

1942 2.089 ca. 2.100 –<br />

1955 1.470 ca. 1.500 2.200<br />

1970 1.376 ca. 450 –<br />

1990 1.072 ca. 350 1.900<br />

1996 1.520 426 1.000<br />

2012 1.300 160 400<br />

Anmerkungen zur Tabelle<br />

1<br />

Um die Zahlen vergleichbar zu halten, gilt ab 1970 ein Viertelzug als<br />

zwei Fahrzeuge<br />

2<br />

Die Zahlen für die Hauptuntersuchung (HU) beziehen sich auf einzelne<br />

Fahrzeuge. Ältere Jahre geschätzt<br />

In den 30er-Jahren wurde das elektrifizierte<br />

Netz durch die wichtige Wannseebahn über<br />

Steglitz und Zehlendorf (1932), den Neubau des<br />

Nordsüd-S-<strong>Bahn</strong>-Tunnels (1936/39) sowie die<br />

Strecke von Anhalter <strong>Bahn</strong>hof nach Rangsdorf<br />

(1939/40) ergänzt. Hinzu kam ein allgemeiner<br />

Verkehrsanstieg, der sich im Zweiten Weltkrieg<br />

noch verstärkte. Dies führte Ende der 30er-Jahre<br />

zu einer weiteren Erweiterung des Werkes auf<br />

eine Kapazität von 2.000 Fahrzeugen.<br />

Der Neuanfang<br />

Den Krieg überstand das RAW (neue Schreibweise<br />

in der Nachkriegszeit: Raw) zwar ohne<br />

große Zerstörungen, jedoch wurde es durch die<br />

Rote Armee beschlagnahmt und demontiert.<br />

Deshalb war die Leistungsfähigkeit des Werkes<br />

sehr beschränkt, die Wiederherstellung kriegsbeschädigter<br />

Wagen musste weitgehend bei der<br />

Industrie geschehen. Das Raw gehörte seit seiner<br />

Eröffnung organisatorisch nicht zur S-<strong>Bahn</strong>,<br />

Zu DDR-Zeiten arbeitete das Werk an S-<strong>Bahn</strong>en<br />

und vielem mehr, bis hin zu Fahrscheinautomaten<br />

sondern zum Bereich Maschinenwirtschaft.<br />

Dies erleichterte nach dem Kriege die Vergabe<br />

von Aufträgen, die nicht mit der Instandhaltung<br />

von S-<strong>Bahn</strong>-Wagen zu tun hatten.<br />

Nach der Währungsreform vom Frühjahr<br />

1948 beschleunigte sich die Spaltung Berlins.<br />

Auch die <strong>Berliner</strong> Verkehrsbetriebe (BVG) wurden<br />

in eine Ost- und eine West-Verwaltung getrennt.<br />

Weil die Hauptwerkstätten für Straßenbahnen<br />

und U-<strong>Bahn</strong>en im Westsektor lagen,<br />

hätte die Ost-BVG für die dortige Wartung ihrer<br />

<strong>Bahn</strong>en Westgeld zahlen müssen, denn die BVG-<br />

West musste ihre Rechnungen für Material und<br />

Löhne ebenfalls in dieser Währung begleichen.<br />

So brauchte die BVG Ost eine neue Hauptwerkstatt<br />

und schloss im Herbst 1949 mit der<br />

Generaldirektion der Reichsbahn einen Vertrag<br />

über die monatliche Instandhaltung von 20 Straßenbahnwagen,<br />

zehn U-<strong>Bahn</strong>-Wagen, 80 Straßenbahn-Motoren<br />

und 20 U-<strong>Bahn</strong>-Motoren im<br />

Raw Schöneweide. Im Herbst 1950 wurde mit<br />

33.000 Stunden das Arbeitsvolumen von<br />

165 Vollzeitkräften für die BVG erbracht. Der<br />

Umfang an Aufgaben, die nicht auf die S-<strong>Bahn</strong><br />

bezogen waren, betrug in den 50er-Jahren 60 %.<br />

1950 bis 1953 übernahm das Raw die Generalreparatur<br />

von schätzungsweise 100 Maximum-<br />

Vierachsern der Straßenbahn, bevor 1959 die Rekonstruktion<br />

von fast 900 Zweiachsern begann,<br />

die bis 1975 andauerte. Nicht zuletzt wurden von<br />

1962 bis 1990 überzählige S-<strong>Bahn</strong>-Wagen zu insgesamt<br />

172 U-<strong>Bahn</strong>wagen des Typs E rekonstruiert,<br />

wobei es sich wie bei den Reko-Straßenbahnen<br />

weitgehend um Neubauten handelte.<br />

Aber auch für die Reichsbahn wurden über viele<br />

Jahre hinweg umfangreiche Aufgaben erledigt.<br />

• 1960–1962: Rekonstruktion von 595 Reisezugwagen<br />

• 1959–1968: Über 1.500 Motorwagen und<br />

Anhänger für Reichsbahn und Kohlegruben<br />

• 60er-Jahre: Bau von Bettungskantenpflügen<br />

und Rottenkraftwagen<br />

• Ab 1971: Einbau von jährlich 250 Elektroheizungen<br />

in Reisezugwagen<br />

• 80er-Jahre: Hunderte von Fahrscheinautomaten<br />

Typ MFA-D, sowie Wendezugeinrichtungen,<br />

Kühlgerüste, Luftheizgeräte<br />

u.v.a.m.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

61


Fahrzeuge und Technik<br />

OBEN Lageplan des<br />

Raw Schöneweide<br />

nach der Eröffnung<br />

1927. Die Züge wurden<br />

über die Gleise<br />

am oberen Gebäuderand<br />

zugeführt, nach<br />

der Überholung verließen<br />

sie das Werk<br />

über die unteren<br />

Gleise. Die Richthalle<br />

erstreckt sich<br />

zwischen diesen<br />

Gleisgruppen in der<br />

Gebäudemitte<br />

Slg. Manuel Jacob<br />

UNTEN Die Hauptwerkstatt<br />

verfügt über<br />

umfangreiche Gleisanlagen,<br />

auf denen<br />

Züge abgestellt werden<br />

können. Diesen<br />

Blick hat der Betrachter<br />

vom Probefahrtgleis<br />

aus<br />

Manuel Jacob<br />

Die S-<strong>Bahn</strong> hat unter dieser Belastung des<br />

Raw in den 50er-Jahren sehr gelitten. So musste<br />

sie auf die Fertigstellung beschädigter Fahrzeuge<br />

(z.B. Unfallwagen) teilweise länger als<br />

ein Jahr warten, was bei dem chronischen Wagenmangel<br />

vor dem Mauerbau sehr schmerzhaft<br />

war. S-<strong>Bahn</strong>-Chef Kittlaus hat sich über<br />

diese Zustände heftig beschwert. Dennoch begannen<br />

ab 1954 verschiedene Programme zur<br />

Ertüchtigung des S-<strong>Bahn</strong>-Fuhrparks, dessen<br />

älteste Wagen inzwischen um die 25 Jahre alt<br />

waren. Dabei wurden beispielsweise Führerstände<br />

erweitert, Inneneinrichtungen modernisiert,<br />

neue Drehgestelle eingebaut oder die<br />

elektrische Steuerung modernisiert.<br />

Das Raw arbeitete gemeinsam mit den<br />

Fachleuten der S-<strong>Bahn</strong> auch immer daran, den<br />

Materialeinsatz und Personalaufwand zu optimieren.<br />

Ende der 60er-Jahre wurde die Instandhaltungstechnologie<br />

völlig umgestellt.<br />

Im Ergebnis mussten die Fahrzeuge anstatt<br />

jährlich nur noch alle drei Jahre bzw. nach einer<br />

Laufleistung von maximal 330.000 Kilometern<br />

– je nachdem, was zuerst eintrat – zur<br />

Hauptuntersuchung. Wie schon in den 30er-<br />

Jahren gab es drei verschiedene Schadgruppen,<br />

Mitte der 90er-Jahre wurde das Werk Schöneweide<br />

umfassend saniert und modernisiert<br />

die sich so abwechselten, dass daraus ein zwölfjähriger<br />

Turnus entstand.<br />

Die Zeit ab 1990<br />

1992, nach der Wende, kam es im Raw Schöneweide<br />

zum wohl größten Umbruch der<br />

Werksgeschichte. Die Instandhaltung von<br />

Straßenbahnen und U-<strong>Bahn</strong>en der (Ost-)<strong>Berliner</strong><br />

Verkehrsbetriebe (BVB) endete, weil die<br />

wiedervereinigte BVG dies selber wahrnahm<br />

oder an Dritte vergab. Mit der Instandhaltung<br />

der Baureihe 480 zog westliche Fahrzeugtechnik<br />

ins Raw ein. Mitte der 90er-Jahre wurde<br />

das Werk umfassend saniert und modernisiert.<br />

Mit Gründung der S-<strong>Bahn</strong> Berlin GmbH<br />

1995 kam das Raw als „Hauptwerkstatt“ unmittelbar<br />

zur S-<strong>Bahn</strong>. 1997 begann mit der<br />

Auslieferung der ersten von 500 Viertelzügen<br />

der neuen Baureihe 481 der Generationswechsel<br />

der Flotte. Folgerichtig endeten die<br />

Untersuchungen der 475er 1997, der 476er<br />

1999 und der 477er 2001. Im November<br />

2003 wurden die letzten Altbauzüge in Erkner<br />

feierlich verabschiedet.<br />

Aktuelles und Ausblick<br />

Durch die Verjüngung des Fuhrparks haben<br />

sich die Arbeitsinhalte wesentlich verändert.<br />

War bei den Altbauzügen Handarbeit bei der<br />

Teileaufarbeitung und Holzbearbeitung bei<br />

der Inneneinrichtung gefragt, so stehen jetzt<br />

mehr Kunststoff, mehr Zulieferung und Austausch<br />

von Komponenten und weniger Eigenleistung<br />

auf dem Programm. Die Eisenbahn-Betriebsordnung<br />

(EBO) schreibt die<br />

Hauptuntersuchung von Eisenbahn-Fahrzeugen<br />

nach längstens acht Jahren vor. Da kommen<br />

beim aktuellen Bestand von 650 Viertelzügen<br />

jährlich nur noch etwa 80 Viertelzüge<br />

zur Hauptuntersuchung. All dies bedeutet weniger<br />

Arbeitsvolumen, was die Belegschaft in<br />

den letzten 20 Jahren drastisch verringerte.<br />

Die Zukunft des S-<strong>Bahn</strong>-Werkes Schöneweide<br />

über den 90. Geburtstag im Jahr 2017<br />

hinaus ist unsicher, weil zu diesem Zeitpunkt<br />

ein Drittel des S-<strong>Bahn</strong>-Netzes ausgeschrieben<br />

wird. Der Gewinner soll neue Fahrzeuge beschaffen<br />

und auch warten. Manuel Jacob<br />

62


Neues Zugsicherungssystem<br />

Am 24. Oktober 2011 wurde der Abschnitt<br />

zwischen Schönholz und Frohnau<br />

im Nordwesten Berlins (Linie S 1)<br />

auf Sicherungstechnik durch ein elektronisches<br />

Stellwerk umgestellt. Dabei wird erstmals<br />

im <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-Netz auf die mechanische<br />

Fahrsperre verzichtet und das neuartige<br />

„Zugsicherungssystem <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong><br />

(ZBS)“ angewendet. Damit begann einmal<br />

mehr eine Abkehr von Einrichtungen, die aus<br />

der Zeit der Elektrifizierung um das Jahr 1930<br />

stammen.<br />

Im ZBS-Pilotprojekt wurde ab dem Jahr 2000 auch der <strong>Bahn</strong>hof Herrmannstraße mit dem neuen<br />

Zugsicherungssystem ausgestattet. Die Versuchsanordnung enthält sowohl die elektronische<br />

Bauform mit Balisen – den gelben Bauteilen in Gleismitte – als auch den mechanischen<br />

Vorgänger, den Fahrsperrenanschlag – die weiß lackierte mechanische Sperre rechts neben<br />

dem Gleis, unten am Signalfuß<br />

Manuel Jacob<br />

Das „Zugsicherungssystem <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>“ (ZBS)<br />

Lückenlose<br />

Überwachung<br />

Mehr Informationen, frühzeitige Kontrolle: Das sind die Vorteile<br />

des elektronischen Zugbeeinflussungssystems, das seit<br />

Herbst 2011 auf der S 1 im <strong>Berliner</strong> Nordwesten in Betrieb<br />

ist. In den nächsten Jahren soll es im gesamten S-<strong>Bahn</strong>-Netz<br />

die mechanischen Fahrsperren aus der Anfangszeit ersetzen<br />

Die Vorgeschichte<br />

Bis in die 20er-Jahre boten die Signale der<br />

Stadt-, Ring und Vorortbahnen nicht die<br />

Möglichkeit, einen Zug selbsttätig zu stoppen,<br />

wenn dieser ein Haltsignal überfuhr. Ein zeitgenössischer<br />

Bericht in einer Fachzeitschrift<br />

beschreibt die Situation auf der Stadtbahn, als<br />

hier noch Dampfloks die Züge führten: „Die<br />

Zugfolgezeit auf der Stadtbahn beträgt heute<br />

fahrplanmäßig zweieinhalb Minuten, verringert<br />

sich aber wegen der unvermeidlichen<br />

Schwankungen zeitweise bis auf etwa zwei Minuten.<br />

Die Folge davon ist, dass dann der Lokomotivführer<br />

sehr häufig das Vorsignal in<br />

Warnstellung findet und auch auf das Hauptsignal<br />

noch mit reichlich großer Geschwindigkeit<br />

anfährt, das – wie ihn vielfältige Erfahrung<br />

gelehrt hat – gewöhnlich noch im<br />

letzten Augenblick frei wird. Täte er das nicht,<br />

so würden die Verzögerungen wohl noch mehr<br />

wachsen. Muss der Lokführer aber schließlich<br />

doch noch halten, so besteht Gefahr, dass er<br />

über das Signal hinausrutscht.“<br />

Die höhere Geschwindigkeit der elektrischen<br />

Züge, ihre größere Beschleunigung sowie<br />

die gesteigerte Anzahl der Züge machten<br />

den sicheren, rechtzeitigen Stopp vor einem<br />

Haltsignal zum dringenden Gebot. Ausschlaggebend<br />

für die mechanische Fahrsperre<br />

waren ihre sichere Wirkungsweise und die<br />

technische Ausgereiftheit, obwohl andere,<br />

fortschrittlichere Methoden, wie die heute<br />

noch bei der <strong>Bahn</strong> verwendete Induktive<br />

Zugsicherung (Indusi) schon in der Entwicklung<br />

waren. Der Prototyp eines Streckenanschlages<br />

wurde der Presse Ende Juni 1926 im<br />

<strong>Bahn</strong>hof Blankenburg vorgestellt. Weil dieser<br />

<strong>Bahn</strong>hof an der Strecke nach Bernau liegt,<br />

nennt man diese Einrichtung auch „Bernauer<br />

Fahrsperre“.<br />

Die „Bernauer Fahrsperre“<br />

Sie funktioniert – vereinfacht dargestellt – folgendermaßen:<br />

Ein an jedem Signal befindlicher,<br />

weiß gestrichener Sperrbalken ist bei freier<br />

Fahrt nach hinten weggeklappt und wird<br />

vom Fahrsperrenauslösehebel eines vorbeifahrenden<br />

Zuges nicht berührt. Nimmt das Signal<br />

die Haltstellung ein, dann bewegt sich dieser<br />

Anschlag nach vorn, dem Drehgestell<br />

vorbeifahrender Triebwagen entgegen. Der am<br />

ersten Drehgestell eines Zuges befindliche<br />

Auslösehebel würde bei dessen Vorbeifahrt<br />

nach hinten weggedrückt werden, wodurch<br />

der Fahrstrom unterbrochen und die Zwangsbremsung<br />

ausgelöst wird. Ein hinter dem Sig-<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013 63


Fahrzeuge und Technik<br />

ist sie schon vor Jahrzehnten durch die bei der<br />

„großen“ Eisenbahn übliche Indusi (allerdings<br />

mit einer besonderen S-<strong>Bahn</strong>-Steuerung) abgelöst<br />

worden.<br />

Stau von Zügen am <strong>Bahn</strong>hof Warschauer Straße. Wegen der kurzen Signalabstände (links)<br />

zeigt das Signal den Begriff Hl 12a – Geschwindigkeit 40 km/h ermäßigen, Halt erwarten.<br />

Verkürzte Schutzstrecken hinter den Signalen sind auf diese Tempoermäßigung abgestimmt.<br />

Bei Nichtbeachtung des Halt zeigenden Signals am <strong>Bahn</strong>steiganfang in Verbindung mit überhöhter<br />

Geschwindigkeit wäre eine Auffahrt wahrscheinlich<br />

Manuel Jacob<br />

Die Balise<br />

Die Informationen zwischen Signal und Zug<br />

übermitteln so genannte Balisen, im Gleis angebrachte<br />

Funk-Kommunikationsgeräte. Im<br />

Gegensatz zur Indusi, die nur Informationen<br />

über drei verschiedene Betriebszustände übermitteln<br />

kann, lässt sich über die Balise eine wesentlich<br />

größere Anzahl Informationen in<br />

Form von Telegrammen an den Zug weitergeben.<br />

Damit ist auch eine nahezu lückenlose<br />

Geschwindigkeitsüberwachung möglich.<br />

Zu jedem Signal gehören zwei Balisen, die<br />

mittig zwischen den Schienen montiert sind.<br />

Die erste ist eine so genannte Festdatenbalise,<br />

die als Ortsmarke dient. Sie ist mit einem<br />

gleich bleibenden Datentelegramm programmiert<br />

und knapp drei Meter vor der zweiten,<br />

„gesteuerten“ Balise (Infomationsbalise) montiert.<br />

Durch diese Anordnung ist sichergestellt,<br />

dass ein Zug stets nur auf die „richtigen“ Informationen<br />

– nämlich die, seine Fahrtrichtung<br />

betreffen – reagiert.<br />

Die erforderlichen Informationen werden<br />

vom betreffenden Signal aus den Lampenstromkreisen<br />

abgegriffen und über eine spezielle<br />

Steuereinheit (LEU = lineside electronic<br />

unit) der jeweiligen Informationsbalise<br />

zugeführt. Das Triebfahrzeug sendet über eine<br />

unter dem Wagenboden befestigte Antenne<br />

elektrische Signale. Diese werden von der im<br />

Gleis montierten Balise empfangen und mit<br />

dem aktuell gültigen Telegramm (Signalinformation)<br />

zur Zugantenne reflektiert. Die Datenübertragung<br />

erfolgt berührungslos, auch<br />

bei hohen Geschwindigkeiten des Fernverkehrs<br />

oder wenn die Balise verdeckt ist, beispielsweise<br />

durch Schnee.<br />

Auf der 1929 eröffneten Siemensbahn wurden<br />

auch Gleissperrsignale mit Fahrsperrenanschlägen<br />

ausgerüstet. Der Antrieb geschah<br />

hier über eine starre mechanische<br />

Kupplung mit dem Signal Slg. Manuel Jacob<br />

Der Prototyp der mechanischen Fahrsperre<br />

wurde der Öffentlichkeit 1926 im <strong>Bahn</strong>hof<br />

Blankenburg vorgestellt Slg. Manuel Jacob<br />

nal vorhandener Sicherheitsabstand – die<br />

„Schutzstrecke“ – sorgt dafür, dass der Zug vor<br />

dem Hindernis zum Stillstand kommt. Die<br />

Länge der Schutzstrecke hängt von der örtlich<br />

zugelassenen Geschwindigkeit ab.<br />

Die Fahrsperreneinrichtung ist trotz ihres<br />

hohen Alters zuverlässig und sicher, dennoch<br />

hat sie erhebliche Nachteile. So ist der laufende<br />

Wartungs- und Einstellungsaufwand sehr<br />

hoch. Weiterhin lassen sich im Prinzip nur die<br />

Zustände „Signal frei“ oder „Halt“, in der Regel<br />

jedoch nicht die Vorsignalisierung oder die<br />

Einhaltung des vorgeschriebenen Tempos<br />

überwachen. Und das Signal darf erst in<br />

Fahrtstellung gehen, wenn der Fahrsperrenanschlag<br />

vollständig in die Freilage gekommen<br />

ist. Wegen seines Sekunden dauernden Umlaufes<br />

sind in elektronischen Stellwerken zusätzliche<br />

Schaltungen erforderlich, die die<br />

Freigabe des Signals verzögern.<br />

Aus diesen Gründen steht der Ersatz durch<br />

zeitgemäße Technik schon seit fast 20 Jahren<br />

auf der Agenda. Auch bei der Hamburger<br />

S-<strong>Bahn</strong> gab es die Bernauer Fahrsperre. Hier<br />

Das System ZBS<br />

Wie die Abkürzung ZBS („Zugbeeinflussungssystem“)<br />

schon ausdrückt, handelt es<br />

sich hierbei um ein ganzes System, das sowohl<br />

die Beachtung der Signale als auch die Einhaltung<br />

der örtlich zulässigen Streckengeschwindigkeit<br />

überwacht und die Fahrt des<br />

Zuges nötigenfalls beeinflusst. Alle ZBS-<br />

Signale (Haupt-, Vor-, Zwischen-, Rangiersignale<br />

sowie Vorsignalwiederholer) stellen so<br />

genannte Datenpunkte dar, deren Informationen<br />

durch die Balisen an den Zug übermittelt<br />

werden.<br />

Durch die Zuweisung von Datenpunkten<br />

auch an Vor-, Zwischen- und Rangiersignalen<br />

sowie an Vorsignalwiederholern wird der Zug<br />

Seit fast 20 Jahren steht der Ersatz der Bernauer<br />

Fahrsperre an. Jetzt beginnt die Umrüstung mit ZBS<br />

viel engmaschiger überwacht, als das bisher<br />

der Fall ist. Somit wird bereits beim Überfahren<br />

eines „Halt erwarten“ oder eine Geschwindigkeitsermäßigung<br />

anzeigenden Vor-<br />

64


Neues Zugsicherungssystem<br />

signals überwacht, ob der Triebfahrzeugführer<br />

eine angemessene Temporeduzierung einleitet.<br />

Die Nichtbeachtung Halt zeigender Signale<br />

hatte, zusammen mit überhöhtem Tempo, in<br />

den Jahren 2001 und 2002 in den Stationen<br />

Ostkreuz und Hackescher Markt zu Auffahrunfällen<br />

geführt.<br />

Abgleich von Soll- und Istdaten<br />

Um diese engmaschige Zugüberwachung zu<br />

erreichen, muss auch das Zugsystem über umfangreiche<br />

Informationen verfügen. Dazu gehört,<br />

stark vereinfacht gesagt, ein systemseitig<br />

hinterlegtes Fahrtprofil, welches die Soll-Fahrtdaten<br />

(Geschwindigkeiten, Weglängen und<br />

Bremskurven) enthält und diese mit den Ist-<br />

Fahrtdaten ständig abgleicht. So „weiß“ der<br />

Zug stets nahezu metergenau, an welcher Stelle<br />

er sich befindet. Zur ZBS-Fahrzeugeinrichtung<br />

gehören unter anderem Balisen-Antenne,<br />

Wegimpulsgeber, Radarsensor, Anzeige- und<br />

Bediengerät, verschiedene Taster und Schalter<br />

sowie das Fahrzeuggerät Zub242t (Siemens).<br />

Kernaufgaben dieser Komponenten sind das<br />

Ermitteln der Fahrtdaten und deren Abgleich<br />

mit den systemseitig hinterlegten Geschwindigkeitsprofilen.<br />

Diese werden durch die aktuell<br />

vorliegenden Signalinformationen, welche<br />

über die Balisen übermittelt werden, je<br />

nach Betriebszustand aktualisiert. Dadurch<br />

wird eine mögliche Gefährdungssituation<br />

nicht erst beim Überfahren eines Halt zeigenden<br />

Signals erkannt, sondern bereits beim<br />

Überschreiten einer örtlich zulässigen Geschwindigkeit<br />

oder dem Nicht-Einhalten der<br />

Bremskurve. Dies führt zu einer akustischen<br />

Warnung des Triebfahrzeugführers sowie nötigenfalls<br />

zur Zwangsbremsung des Zuges.<br />

Hierbei wird zwischen dynamischer und statischer<br />

Zwangsbremsung unterschieden. Liegt<br />

eine Überschreitung der Streckengeschwindigkeit<br />

vor, dann reduziert eine dynamische<br />

Zwangsbremsung das Tempo, bis die zulässige<br />

Geschwindigkeit erreicht ist. Beim Überfahren<br />

eines Haltsignals bringt eine statische Zwangsbremsung<br />

den Zug zum Stillstand.<br />

Im Gegensatz zur klassischen punktförmigen<br />

Zugbeeinflussung (PZB) im deutschen<br />

<strong>Bahn</strong>netz ist es beim ZBS nicht erforderlich,<br />

dass der Triebfahrzeugführer bestimmte Signalstellungen<br />

durch Drücken einer Wachsamkeitstaste<br />

quittiert. Bei Signalabständen<br />

im <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-Netz bis herab zu 80 Metern<br />

hätte diese Anforderung ein ungewolltes<br />

Bedienrisiko bedeutet.<br />

Etappenweise Einführung<br />

Siemens führte in den Jahren 1995/96 bei der<br />

<strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> einen Versuch zur Signalbildübertragung<br />

mit der völlig neuen Balisentechnik<br />

an drei Signalen im <strong>Bahn</strong>hof Bundesplatz<br />

durch. Hier wurde die prinzipielle Systemtauglichkeit<br />

nachgewiesen. Für das ZBS begann<br />

ein Pilotprojekt im Sommer 2000 zwischen<br />

Treptower Park / Köllnische Heide und Hermannstraße.<br />

Dabei hat das System seine Funktionalität<br />

bewiesen.<br />

Die netzweite Umstellung auf das neue System<br />

unter laufendem Betrieb ist qualitativ,<br />

Dieses grundsätzliche Wirkschema zeigt beispielhaft die Informationen, die von der Balise an<br />

den Zug übermittelt werden<br />

Zeichnung: Manuel Jacob<br />

Auch Vorsignale haben Balisen, um die Bremseinleitung<br />

schon vor Erreichen des Haltsignals<br />

zu überwachen. Die Balise vorn aktiviert die Datenaufnahme<br />

nur für Züge auf dem linken Gleis<br />

quantitativ und wirtschaftlich eine große Herausforderung.<br />

Es sind 500 Fahrzeuge nachzurüsten<br />

und 331 Streckenkilometer mit<br />

derzeit rund 1.500 mechanischen Streckenanschlägen<br />

umzustellen. Für den Betrieb auf<br />

der Linie S 1 wurden bisher ca. 100 Viertelzüge<br />

der Baureihe 481 für das ZBS nachgerüstet.<br />

Nach jetzigem Planungsstand wird die Ausrüstung<br />

des gesamten <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-Netzes<br />

einen Zeitraum von deutlich mehr als acht<br />

Jahren erfordern. Übergangsweise ist es möglich,<br />

Teilstrecken mit ZBS auszurüsten und<br />

gleichzeitig die alte Fahrsperre beizubehalten.<br />

Somit könnten Fahrzeuge, die noch nicht umgerüstet<br />

sind, auch ZBS-Strecken befahren.<br />

Als nächstes ist für 2013 vorgesehen, den Streckenabschnitt<br />

Priesterweg bis Teltow Stadt<br />

(Linie S 25) im Süden der Stadt umzustellen.<br />

Manuel Jacob<br />

Einen ungewohnten Anblick für <strong>Berliner</strong> Verhältnisse<br />

bietet dieses Signal im <strong>Bahn</strong>hof<br />

Wittenau ohne den üblichen Fahrsperrenanschlag<br />

Manuel Jacob (2)<br />

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www.bahn-extra.de/abo<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

65


Fahrzeuge und Technik<br />

Die Fahrstromversorgung der S-<strong>Bahn</strong>-Züge<br />

Die dritte Schiene<br />

Noch vor der Fernbahn wurden die Stadt-, Ring- und Vorortbahnen Berlins flächendeckend elektrifiziert.<br />

Und zwar mit einem eigenen Stromsystem und eigener Form der Stromübertragung<br />

Oft kam es vor, dass nicht elektrifizierte<br />

Fernbahn und Vorortbahn in Berlin<br />

nebeneinander verliefen. Wenn<br />

dann Auswärtige herausfinden wollten, welches<br />

Gleis wofür diente, hatten sie eine einfache<br />

Möglichkeit. Die Gleise mit der „dritten<br />

Schiene“ nebendran gehörten zur S-<strong>Bahn</strong>.<br />

Diese „Schiene“ führt den Strom und wird<br />

von jedem S-<strong>Bahn</strong>-Triebzug mit einem seitlich<br />

montierten Abnehmer bestrichen. Auf diese<br />

Art und Weise erhält er den 750-Volt-Gleichstrom<br />

für den Fahrbetrieb.<br />

Vom Kraftwerk zur Stromschiene<br />

Doch der Reihe nach. Im Kraftwerk wird<br />

Drehstrom mit 110.000 Volt produziert, den<br />

Transformatoren zu 30.000-Volt-Drehstrom<br />

für das <strong>Bahn</strong>stromnetz um wandeln. Gleichrichter<br />

formen den 30.000-Volt-Drehstrom in<br />

Gleichstrom mit einer Nennspannung von<br />

750 Volt um – den Fahrstrom der S-<strong>Bahn</strong>. Er<br />

gelangt über eine aus Gleichrichter und Transformator<br />

bestehende Gleichrichteranlage zur<br />

Gleichstrom-Schaltanlage und von dort in die<br />

erwähnte Stromschiene. Der Rückstrom fließt<br />

über die Räder des S-<strong>Bahn</strong>-Fahrzeugs in die<br />

Fahrschiene und von dort mit Hilfe spezieller<br />

Kabelverbindungen zurück zur Gleichrichteranlage,<br />

die auch als Unterwerk bezeichnet<br />

wird. Unterwerke sind auf den<br />

Strecken im Abstand von etwa vier Kilometern<br />

vorhanden und bilden eigene Stromkreise. Bei<br />

der 750-Volt-Gleichspannung handelt es sich<br />

um eine genormte Nennspannung. Die bei<br />

der S-<strong>Bahn</strong> üblichen 800 Volt entstehen durch<br />

das ständige Transformieren und Umformen.<br />

Dies heißt in der Praxis Kennwert.<br />

An <strong>Bahn</strong>übergängen und Weichenstraßen<br />

sind keine Stromschienen vorhanden. Da aber<br />

jeder S-<strong>Bahn</strong>-Wagen über zwei Stromabnehmer<br />

an den Drehstellen verfügt und die kleinste<br />

betriebliche Einheit aus einem Viertelzug<br />

Sichere Stromaufnahme<br />

dank der Zuglänge<br />

(Baureihe 480) bzw. Halbzug (übrige Baureihen)<br />

besteht, ist durch die Länge der Züge<br />

stets der Kontakt eines Stromabnehmers mit<br />

der Stromschiene gewährleistet. Die Stromschiene<br />

wird von den Stromabnehmern von<br />

unten bestrichen. Oberhalb ist sie durch eine<br />

Schutzabdeckung (früher Holz, heute meist<br />

Plastik) gesichert. W.-D. Machel/GM<br />

Das Prinzip der Stromübertragung bei der <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> mit Stromschiene (rechts) und<br />

Stromabnehmer des Fahrzeugs<br />

AEG/Slg. Oliver Strüber<br />

Die Ausnahme: Als Reparationsgut wurden<br />

einige S-<strong>Bahn</strong>-Züge nach 1945 in die Sowjetunion<br />

transportiert und fuhren einige Jahre<br />

im Raum Kiew – aber mit Oberleitung und<br />

Dachstromabnehmern Slg. Johannes Glöckner<br />

66


Einen Einblick in den S-<strong>Bahn</strong>-Alltag von früher bietet das S-<strong>Bahn</strong>-Museum im Umspannwerk<br />

am <strong>Bahn</strong>hof Griebnitzsee (o.r.). Zu sehen sind Stellwerkstechnik, Fahrkarten, Zugverkehrsbeispiele<br />

der Teilungszeit und vieles mehr (o., u.r.) S-<strong>Bahn</strong>-Museum Berlin (3)<br />

Das S-<strong>Bahn</strong>-Museum Griebnitzsee<br />

Die S-<strong>Bahn</strong> von damals<br />

Die <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong> ist ein Spiegelbild der Stadtgeschichte. Das kann man detailliert<br />

und mit viel Lokalkolorit erleben: im S-<strong>Bahn</strong>-Museum im S-<strong>Bahn</strong>hof Griebnitzsee<br />

Anfang der 80er-Jahre interessierte sich<br />

im Westteil der Stadt kaum jemand für<br />

die <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>. Ihre <strong>Bahn</strong>höfe glichen<br />

vielfach Stationen der Kaiserzeit: gusseiserne<br />

Stützen, Jugendstilelemente, bejahrtes<br />

Emaille. Die Züge rumpelten, die<br />

Elektromotoren röhrten, darüber lag eine<br />

Schicht aus Krieg und DDR ... Mit der<br />

S-<strong>Bahn</strong> fahren war eine Zeitreise.<br />

Sich in West-Berlin für die S-<strong>Bahn</strong> einzusetzen,<br />

war damals unfein. Wer für die S-<strong>Bahn</strong><br />

sprach, galt rasch als Nostalgiker, als idealistischer<br />

Umweltschützer oder, schlimmer noch,<br />

Zwei Vereine tragen das<br />

Museum – ehrenamtlich<br />

als DDR-Agent. Einer tat es aber doch: der <strong>Berliner</strong><br />

Fahrgastverband IGEB e.V. Die überparteiliche<br />

Initiative aus Stadt- und Verkehrsplanern,<br />

Eisenbahnern und vor allem Benutzern<br />

des öffentlichen Nahverkehrs war einer der aktivsten<br />

Gruppen für eine Zukunft der S-<strong>Bahn</strong><br />

und gab wichtige Anstöße zur Diskussion.<br />

Nach der Übernahme der S-<strong>Bahn</strong> durch die<br />

BVG 1984 fiel dem IGEB bald noch eine zweite<br />

Rolle zu. Durch Kontakte zu den Planungsund<br />

Bauinstitutionen bekamen die Mitglieder<br />

viel von alten, inzwischen entbehrlichen S-<strong>Bahn</strong>-<br />

Gegenständen mit: Schildern, Bänken, Signaltechnik.<br />

Nach dem Mauerfall setzte sich das beschleunigt<br />

fort. Das Technikmuseum in Berlin,<br />

heute Deutsches Technikmuseum, fand dafür<br />

keinen Platz. So kam schon 1989 die Idee auf,<br />

ein S-<strong>Bahn</strong>-Museum aufzubauen. Es sollte<br />

• Technik- und Gesellschaftsgeschichte vermitteln,<br />

• die Bedeutung der S-<strong>Bahn</strong> für Ost und West<br />

dokumentieren,<br />

• Hobbyhistorikern einen Anlaufpunkt bieten<br />

und<br />

• für die S-<strong>Bahn</strong> als Verkehrsmittel werben.<br />

Alles außer Fahrzeuge<br />

Der Anfang war gemacht, 1996 öffnete das<br />

ehrenamtlich betriebene Museum seine Pforten.<br />

Als Träger fungieren zwei Vereine, neben<br />

dem IGEB der Deutsche <strong>Bahn</strong>kundenverband<br />

DBV e.V. Unterstützung leistet die Deutsche<br />

<strong>Bahn</strong> AG; sie stellt die Räume im S-<strong>Bahn</strong>-<br />

Umspannwerk Griebnitzsee in Potsdam zur<br />

Verfügung. Auf rund 500 Quadratmetern Fläche<br />

zeigt das Museum „alles – außer Fahrzeuge“.<br />

Für diese ist kein Platz. Folglich kann man<br />

sie hier nur als Modell (auch in 1:1), auf Fotos<br />

und Zeichnungen sehen.<br />

Daneben widmet sich das Museum mit seinen<br />

wechselnd zusammengestellten Exponaten einem<br />

breiten Themenspektrum der S-<strong>Bahn</strong>:<br />

der Geschichte und Netzentwicklung, den<br />

<strong>Bahn</strong>höfen, den Eisenbahnern, den Tarifen<br />

und Fahrkarten, der Signaltechnik und Stromversorgung.<br />

Ziel ist es, die Technik nach Möglichkeit<br />

vorzuführen; anfassen ist ausdrücklich<br />

erlaubt. Schließlich sollen die Besucher die<br />

S-<strong>Bahn</strong> begreifen – und so bald wie möglich<br />

ins Herz schließen. Udo Dittfurth/GM<br />

IN KÜRZE:<br />

S-<strong>BAHN</strong>-MUSEUM GRIEBNITZSEE<br />

Standort: S-<strong>Bahn</strong>hof Griebnitzsee (S 7) im<br />

Umspannwerk;<br />

vom <strong>Bahn</strong>hof auf der Seeseite<br />

100 Meter nach rechts.<br />

Adresse: Rudolf-Breitscheid-Straße 203,<br />

14482 Potsdam.<br />

Öffnungszeiten: in der Regel April – November<br />

am zweiten Wochenende, samstags/<br />

sonntags 11:00 – 17:00 Uhr.<br />

Eintritt: Erwachsene 2 Euro,<br />

Kinder bis 16 Jahre 1 Euro.<br />

Kontakt: www.s-bahn-museum.de und<br />

info@s-bahn-museum.de<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

67


Bilderbogen<br />

Monatskarte 3. Klasse<br />

aus dem Jahr 1904<br />

Fahrkarte von 1912, auch<br />

im Edmondson-Format, für<br />

die 2. Klasse (grün)<br />

Monatskarte 2. Klasse<br />

(daher grün) von 1913<br />

Schülermonatskarte von<br />

1922 mit Ringbahn-<br />

Symbol (rechts oben)<br />

Fahrkarten im Vorort- und S-<strong>Bahn</strong>-Verkehr<br />

Edmondson und mehr<br />

Der Vorortverkehr in Berlin erlebte die Elektrifizierung und den Übergang zur S-<strong>Bahn</strong>,<br />

den Krieg und die Teilung der Stadt. Und oft lösten die Kunden Edmondson’sche<br />

Pappfahrkarten, wenn sie die Züge nehmen wollten. Erst spät änderten sich Format und<br />

Aufmachung der kleinen Fahrausweise. Ein Streifzug<br />

Buchstaben markieren<br />

noch den Weg auf dieser<br />

Fahrkarte um 1935<br />

Fahrschein von 1942 für die<br />

U-<strong>Bahn</strong> mit Umstieg zur S-<strong>Bahn</strong>,<br />

lange vor Verbundtarifen<br />

Rückseite einer Zeitkarte<br />

von 1924 mit Detailinformationen<br />

Umsteigefahrschein zur<br />

S-<strong>Bahn</strong> aus dem Jahr<br />

1959, verkauft in der<br />

Ost-<strong>Berliner</strong> Linie 69E<br />

Eine Zehnerkarte in<br />

Reichsmark – mit dieser<br />

Währung gab es sie<br />

bis 1948 Slg. M. Jacob<br />

Kleingärtner-Fahrkarte für<br />

S- und Reichsbahn von 1962<br />

68


Fahrkarten<br />

Dekadenkarte von 1963,<br />

verkauft in West-Berlin<br />

Auch für den Fahrradtransport<br />

gab es<br />

eigene Fahrkarten<br />

Eine weitere Besonderheit:<br />

die Touristenfahrkarte<br />

Der BVG-Sonderfahrschein<br />

listet<br />

auf der Rückseite<br />

auch die Daten der<br />

Streckenwiedereröffnungen<br />

1984/<br />

1985 auf<br />

Noch eine Sonderfahrkarte,<br />

hier vom<br />

Jahr 2000 für die<br />

Panorama-S-<strong>Bahn</strong><br />

Fahrkarten, wenn nicht anders angegeben: Slg. Franz Luft<br />

Zwei Fahrscheine einer Sammelkarte<br />

von 1988 im klassischen Format<br />

der Entwerterfahrscheine der Verkehrsbetriebe<br />

in der DDR<br />

Automatenfahrkarte von 1990/91<br />

mit Sondertarif für DDR-Bürger<br />

Aktueller VBB-Verbundfahrschein, gedruckt<br />

auf Thermopapier Slg. V. Heller<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

69


Strecken und Stationen<br />

Der Umbau des <strong>Bahn</strong>hofs Ostkreuz<br />

Die große Baustelle<br />

Er ist einer der bedeutendsten Umsteigeknoten im <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-Netz, aber daran schien der<br />

<strong>Bahn</strong>hof Ostkreuz lange Zeit schwer zu tragen. Noch in den 90er-Jahren wirkte er recht marode.<br />

Umfangreiche Bauarbeiten geben der Station nun neuen Glanz; sie laufen bis 2016<br />

70


Der <strong>Bahn</strong>hof Ostkreuz<br />

OBEN RECHTS So sieht<br />

die Streckenführung<br />

Ostbahnhof – Rummelsburg<br />

nach Abschluss<br />

der Modernisierung<br />

2016 aus.<br />

Die Arbeiten im <strong>Bahn</strong>hof<br />

Ostkreuz zählen<br />

dabei zu den wichtigsten<br />

Maßnahmen<br />

Deutsche <strong>Bahn</strong> AG<br />

LINKS Der <strong>Bahn</strong>hof<br />

Ostkreuz noch vor<br />

dem Umbau, im Juli<br />

1994: Ein Zug der<br />

S 6 Zeuthen – Warschauer<br />

Straße hält<br />

an <strong>Bahn</strong>steig A in der<br />

Südkurve, hinten das<br />

Wahrzeichen Wasserturm.<br />

Damals wirkte<br />

die Station morbide<br />

und heruntergekommen,<br />

aber die Planungen<br />

für die Moder -<br />

nisierung liefen schon<br />

Konrad Koschinski<br />

Ostkreuz ist einer der wichtigsten Umsteigepunkte<br />

im <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-<br />

Netz. Nach dem Krieg konnte erst<br />

1959 ernsthaft an den notwendigen Umbau<br />

gedacht werden, denn die Brücken waren verrostet,<br />

die historischen Bauwerke überaltert;<br />

diese wiesen zudem Setzungserscheinungen<br />

auf. Bereits damals wollte man auf der Stadtbahn-Ebene<br />

und auf der Ringbahn an den<br />

Ferngleisen jeweils <strong>Bahn</strong>steige anlegen, damit<br />

dort eine „Fern-S-<strong>Bahn</strong>“ (heute als Regionalverkehr<br />

bezeichnet) halten kann, um auch zur<br />

S-<strong>Bahn</strong> umsteigen zu können. Doch es blieb<br />

bei der Absicht …<br />

Blick auf die Ringbahn-Baustelle in Ostkreuz im Mai 2009: Die Gleis- und <strong>Bahn</strong>steigbrücken<br />

sind montiert, die Straßenbrücken (links im Hintergrund) warten auf den Einbau Bernd Kuhlmann<br />

Der geplante Umbau dieses Knotens wurde<br />

immer wieder verschoben. Bereits 1970 mussten<br />

Hilfsbrücken in die Ringgütergleise eingebaut<br />

werden, weil sich die Fundamente und<br />

Widerlager gesenkt hatten. Am 14. Dezember<br />

2003 wurden die Ringgütergleise wegen Baufälligkeit<br />

der Brücken gesperrt (der Anschluss<br />

Osthafen konnte weiterhin bedient werden).<br />

Nach der deutschen Einheit erhielten die Pläne<br />

nicht nur Auftrieb, sondern besonderes Gewicht:<br />

Der <strong>Berliner</strong> Senat wünschte im Sommer<br />

2000 in der deutschen Hauptstadt Olympische<br />

Spiele. Dafür sollte zwischen Ostkreuz und dem<br />

Olympiastadion bzw. Berlin-Ruhleben auf den<br />

Ferngleisen ein Olympia-Express im 7,5-Minuten-Abstand<br />

verkehren. Die 1991 aufgenommenen<br />

Planungen für den Umbau und die<br />

Modernisierung des Knotens Ostkreuz wurden<br />

beschleunigt, bis im September 1993 der olympische<br />

Traum für Berlin platzte. Am Projekt<br />

Ostkreuz hielt man fest; 1995 wurden die Prinzipien<br />

für den Umbau wie folgt formuliert:<br />

• Richtungsbetrieb der S-<strong>Bahn</strong> an zwei <strong>Bahn</strong>steigen<br />

auf der Stadtbahn-Ebene,<br />

• Regionalbahnsteige an der Frankfurter und<br />

an der Ringbahn,<br />

• eine <strong>Bahn</strong>hofshalle auf der Ringbahn.<br />

1997 war die Vorentwurfsplanung für Ostkreuz<br />

fertig, die als Option die Unterführung<br />

der Stadtautobahn in Nord-Süd-Richtung,<br />

Der Umbau wurde immer wieder verschoben, auch<br />

nach der Wende. Erst im Frühjahr 2006 ging es los<br />

weitere Regionalbahnsteige an der Ostbahn<br />

(von Berlin-Lichtenberg) und das Heranführen<br />

der Straßenbahn enthielt. Doch es gab<br />

weitere Verzögerungen: Nach dem ICE-Un-<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013 71


Strecken und Stationen<br />

Konservierung des Historischen: Im September 2009 werden die<br />

gusseisernen Stützen des Daches von <strong>Bahn</strong>steig F abgebaut und eingelagert<br />

Bernd Kuhlmann (2)<br />

Neben der Schienen- gibt es eine neue Straßenverbindung: Am frühen<br />

Morgen des 25. September 2009 hebt ein Raupendrehkran mit 600 Tonnen<br />

Tragkraft den ersten „Schuss“ der neuen Kynaststraßenbrücke ein<br />

glück von Eschede im Juni 1998 musste der<br />

Anprallschutz an Brücken verstärkt werden,<br />

später wollte der <strong>Berliner</strong> Senat die kreuzende<br />

Hauptstraße auf vier Spuren erweitert haben.<br />

Immerhin legte die Deutsche <strong>Bahn</strong> AG<br />

im Sommer 2002 die Baupläne öffentlich aus.<br />

Der Umbau beginnt<br />

Im Februar 2006 begannen dann erste vorbereitende<br />

Maßnahmen, unter anderem das Freimachen<br />

des Baufeldes und der Einbau von Bauweichen<br />

sowie eines neuen Stellwerks. Im<br />

August 2006 entfiel die S-<strong>Bahn</strong>-Nordwest-Kurve,<br />

die alten Brücken konnten nur noch verschrottet<br />

werden. Nachdem am 30. Oktober<br />

2006 der Planfeststellungsbeschluss für die<br />

Ringbahn vorlag, durften die einzelnen Arbeiten<br />

ausgeschrieben und vergeben werden. Die<br />

ersten sichtbaren Zeichen für den Baubeginn<br />

waren der Ausbau der von 1970 stammenden<br />

Hilfsbrücken für die Ringgütergleise am<br />

14./15.September 2007, die Inbetriebnahme<br />

der zeitweiligen, aber überdachten Fußgängerbrücke<br />

über die Gleise der Stadtbahn-Ebene am<br />

29. Februar 2008 und der Ausbau der maroden<br />

Brücken der parallel zur Ringbahn verlaufenden<br />

Kynaststraße vom 30. Juni bis 5. Juli 2008.<br />

Damit konnten Widerlager und Stützen des<br />

neuen Brückenzuges für die Ringbahn und die<br />

Kynaststraße errichtet werden. Das geschah im<br />

August/September 2008 mit Großbohrpfählen:<br />

Mehrere bis zu 35 Meter lange, im Erdreich verankerte<br />

Betonpfähle tragen als Bohrpfahlwand<br />

die neuen Wandscheiben, die nach dem Einschalen<br />

und Bewehren bis Jahresende 2008 betoniert<br />

waren. Ebenso ist die Gewölbebrücke<br />

über die Hauptstraße abgerissen und in neuer<br />

Lage bis Jahresende 2008 erneuert worden.<br />

Die historische Fußgangerbrücke über die<br />

Gleise der Stadtbahn-Ebene wurde im November/Dezember<br />

2008 abgebaut. An dieser Stelle<br />

soll später einmal die Autobahn das Ostkreuz unterirdisch<br />

und doppelstöckig queren. Nach deren<br />

Bau entsteht die Fußgängerbrücke, einst ein<br />

Markenzeichen von Ostkreuz, in aller Pracht neu.<br />

Bau der neuen Ringbahn<br />

Die 15 bis 30 Meter langen und bis zu 190 Tonnen<br />

schweren stählernen Trogbrücken für die<br />

neuen Ringbahn-Gleise trafen auf der Straße in<br />

Berlin ein und wurden mit schweren Mobil -<br />

kranen zwischen 27. Februar und 20. April<br />

2009 eingebaut. Dann wurden bis zum 20. Mai<br />

2009 die Trogbrücken mit seitlichen Dienstwegen<br />

komplettiert. Was sich so einfach liest,<br />

war aus Sicherheitsgründen mit vielen Sperrungen<br />

der darunter verlaufenden Gleise auf<br />

der Stadtbahn-Ebene verbunden: Regionalund<br />

Fernzüge waren umzuleiten, für die<br />

S-<strong>Bahn</strong> war Busersatzverkehr oder Pendelverkehr<br />

einzurichten. Die Arbeiten fanden überwiegend<br />

am Wochenende oder nachts statt, um<br />

den Berufsverkehr nicht zu beeinträchtigen.<br />

Und es gab noch mehr zu erledigen …<br />

Noch fehlten die Brücken für den künftigen<br />

Regionalbahnsteig auf der Ringbahn, die zwischen<br />

den Gleisbrücken einzubauen waren.<br />

Diese bildeten praktisch die Fahrbahn für einen<br />

darauf laufenden Brückenkran, der die<br />

Teile für die <strong>Bahn</strong>steigbrücken im April und<br />

Mai 2009 anhob und dann einbaute. Auf die<br />

Stahlroste der <strong>Bahn</strong>steigbrücken wurden so genannte<br />

Filigranplatten aus Stahlbeton verlegt<br />

und darauf der eigentliche <strong>Bahn</strong>steig betoniert.<br />

Umleitungen für Züge, Umwege für S-<strong>Bahn</strong>-Kunden:<br />

Die neue Ring-S-<strong>Bahn</strong> erforderte einige Geduld<br />

Darin eingelassen sind Leerrohre, die Kabel für<br />

die Beleuchtung, für Fahrtrichtungsanzeiger,<br />

für die Telekommunikation usw. aufnehmen.<br />

Um den Neubau des S-<strong>Bahn</strong>-Ringbahnsteiges<br />

zu ermöglichen, sollten vorübergehend die<br />

Züge der Ring-S-<strong>Bahn</strong> am gerade fertig gestellten<br />

Regionalbahnsteig halten. Damit die Fahrgäste<br />

der S-<strong>Bahn</strong> nahezu niveaugleich ein- und<br />

aussteigen konnten, verringerte man die Schotterstärke<br />

unter den Gleisen; trotzdem verblieben<br />

ein geringer Höhenunterschied und eine Lücke<br />

zwischen Zug und <strong>Bahn</strong>steig. Bevor hier ab Dezember<br />

2013 Regionalzüge fahren, müssen die<br />

Gleise aufgenommen, mehr Schotter eingebracht<br />

und zuletzt wieder die Gleise verlegt werden.<br />

In zwei Sperrpausen, am 28./31. August<br />

und am 11./14. September 2009, wurden die<br />

beiden Gleise der Ring-S-<strong>Bahn</strong> an den zeitweiligen<br />

<strong>Bahn</strong>steig angeschwenkt. Am 28. August<br />

2009 wurde letztmals die Südwestkurve<br />

befahren, am 11. September 2009 der alte<br />

Ringbahnsteig F geschlossen.<br />

Nun konnte man den alten Ringbahn-Brückenzug<br />

für die S-<strong>Bahn</strong> abreißen, was bis Ende<br />

Oktober 2009 geschah. In dieser Zeit mussten<br />

die Reisenden den nördlichen und südlichen<br />

Abgang des neuen <strong>Bahn</strong>steigs nutzen, um zu<br />

beiden Seiten der Stadtbahn-Ebene zur provisorischen<br />

Fußgängerbrücke und damit zu<br />

den <strong>Bahn</strong>steigen D und E zu gelangen. Dieser<br />

Zustand dauerte bis Jahresende 2009; seitdem<br />

erreichten die Fahrgäste den vorübergehenden<br />

Ringbahnsteig über die nach Osten verlängerten<br />

Fußwege der unteren <strong>Bahn</strong>steige. Ganz<br />

so einfach war der Rückbau des Ringbahn-<br />

Brückenzuges nicht, weil unbekannte bauliche<br />

Schwierigkeiten auftraten. Und Sperrungen<br />

der unteren Gleise verbunden mit Verkehrseinschränkungen<br />

gehörten wieder zur Regel.<br />

Zwischen Mai und Juni 2009 erreichten<br />

die Überbauten für die verlegte und breitere<br />

Kynastbrücke die Baustelle. Nach Schweißund<br />

Korrosionsschutzarbeiten an den Stahlteilen<br />

wurden die beiden südlichen Brückenhälften<br />

Ende September und die nördlichen<br />

Anfang Oktober 2009 von einem 600-Tonnen-Raupendrehkran<br />

eingehoben. Die Eröffnung<br />

der neuen Kynastbrücke verschob sich<br />

allerdings wegen der eisigen Witterung von<br />

Anfang 2010 bis zum 31. Mai des Jahres.<br />

Die neue Ring-S-<strong>Bahn</strong> entsteht<br />

Vor und nach dem Jahreswechsel 2009/10 schlug<br />

man zuerst nördlich und dann südlich für die<br />

künftige Ring-S-<strong>Bahn</strong> die Stahlspundwände ein,<br />

in deren Schutz die neuen Widerlager entstanden.<br />

Unmittelbar hinter dem nördlichen Widerlager<br />

wurde seit Mai 2009 das Gebäude für den Stellrechner<br />

des elektronischen Stellwerkes für die<br />

S-<strong>Bahn</strong> der Stadtbahn-Ebene errichtet; die Ring-<br />

S-<strong>Bahn</strong> fährt heute über diese Räume hinweg.<br />

72


Der <strong>Bahn</strong>hof Ostkreuz<br />

So stellen sich die<br />

unteren <strong>Bahn</strong>steige<br />

des <strong>Bahn</strong>hofs Ostkreuz<br />

am 10. August<br />

2010 dar. Es stehen<br />

bereits die einzelnen<br />

Wandscheiben für die<br />

neuen Ringbahnbrücken<br />

der S-<strong>Bahn</strong><br />

Bernd Kuhlmann<br />

Weil der neue <strong>Bahn</strong>steig der Ring-S-<strong>Bahn</strong><br />

bis zu 38 Meter breit ist, musste man die<br />

<strong>Bahn</strong>steigdächer der Stadtbahn-Ebene großflächig<br />

zurückzubauen. Zugleich war hier das<br />

Bohrgerät für die Gründungen der neuen<br />

Ring-S-<strong>Bahn</strong> zwischen den unteren S-<strong>Bahn</strong>-<br />

Gleisen unterzubringen; die Großbohrpfähle<br />

haben einen Durchmesser von 1,8 Metern<br />

und reichen bis in eine Tiefe von 20 Metern.<br />

Die Gründungen für die Fundamente waren<br />

im März 2010 abgeschlossen. Bis August 2010<br />

wuchsen die Wandscheiben als Auflager für<br />

die neuen Gleis-und <strong>Bahn</strong>steig-Brücken in die<br />

Höhe. Das erforderte auch, Gleis 3 am unteren<br />

<strong>Bahn</strong>steig E (nach Erkner) um eine solche<br />

Wandscheibe herumzuführen, so dass der<br />

<strong>Bahn</strong>steig am östlichen Ende verjüngt wurde.<br />

Das Baufeld verschob sich fast unbemerkt<br />

nach Süden: Das etwa 1916 errichtete Kreuzungsbauwerk<br />

Vollringtunnel – hier überqueren<br />

die beiden Gleise der Südwestkurve das nach<br />

Treptower Park führende Gleis der Ring-S-<strong>Bahn</strong><br />

– war in die Jahre gekommen und deshalb zu erneuern.<br />

Mitte April 2010 begann der bis zur<br />

Sohle reichende Abriss, im Juni 2010 konnte mit<br />

dem rund 150 Meter langen Neubau begonnen<br />

werden, der Ende März 2011 abgeschlossen war.<br />

Pflege des Wahrzeichens<br />

Um die Standsicherheit des 1912 errichteten<br />

Wasserturms – des unter Denkmalschutz stehenden<br />

Wahrzeichens von Ostkreuz – nicht zu gefährden,<br />

begann man, ab Juli 2010 östlich von<br />

ihm eine Stahlbeton-Winkelstützwand zu bauen.<br />

Das garantiert, dass die künftigen Verkehrslasten<br />

der S-<strong>Bahn</strong> nicht auf das Fundament des Wasserturmes<br />

übertragen werden. Während der Bauarbeiten<br />

wurde mit einem im Turm aufgehängten<br />

Pendellot dessen Standsicherheit überwacht (im<br />

hohlen Turm führt an der Außenwand eine Treppe<br />

zum Wasserbehälter). Das Bauwerk neigte sich<br />

nicht, und es gibt keinen „schiefen Turm von Ostkreuz“.<br />

Mehr Probleme bereiteten zwei amerika-<br />

nische Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg,<br />

die bei den Bauarbeiten gefunden und entschärft<br />

wurden. Weitere Baumaßnahmen galten<br />

den an den alten „Vollring-Tunnel“ anschließenden<br />

Stützmauern des <strong>Bahn</strong>dammes nach Treptower<br />

Park. Diese waren vielfach schadhaft und<br />

wurden seit Oktober 2010 abgebrochen oder erneuert.<br />

Dort unterquerte auch der seit 31. März<br />

2005 ungenutzte <strong>Bahn</strong>-Tunnel zum Osthafen<br />

den <strong>Bahn</strong>damm; das Bauwerk wurde im März/<br />

April 2011 teilweise abgebrochen und verfüllt.<br />

Die Eisenbahn-Überführung Alt-Stralau der<br />

Ringbahn besaß noch die bei Neu- und Umbauten<br />

nicht mehr zugelassenen Pendelstützen. Mit<br />

dem Neubau der Brücke entfiel zugleich der bisherige<br />

dunkle Fußgängertunnel. Weil seit 15. Dezember<br />

2003 keine Züge mehr auf der Ringbahn<br />

verkehrten, bestand Baufreiheit. Zunächst erneuerte<br />

man die östliche und die westliche Brücke,<br />

auf der seit 16. April 2012 die Züge der Ring-<br />

S-<strong>Bahn</strong> fahren. Die neuen Brücken mit<br />

16 Metern lichte Weite sind eine Verbund-Fertigteil-Trägerkonstruktion.<br />

Die offenliegende und<br />

von unten einsehbare Stahlkonstruktion ist das<br />

Markenzeichen sowohl des alten wie des neuen<br />

Bauwerkes. Ende 2012 wurden die drei inneren<br />

Überbauten erneuert. Über eine nur drei bis fünf<br />

Meter breite Baustraße von Markgrafendamm am<br />

Ostkreuz aus wurde die Baustelle zwischen den<br />

befahrenen S-<strong>Bahn</strong>-Gleisen erreicht, die mit<br />

Spundwänden gegenüber der Baugrube gesichert<br />

sind. Denn unter den bisherigen Gleisen musste<br />

das Erdreich bis in eine Tiefe von zwei Metern abgetragen<br />

und erneuert werden, weil die alten Massen<br />

nicht dauerhaft tragfähig waren. Zum Jahresende<br />

2012 war die Straße Alt-Stralau unter der<br />

Brücke für den Fahrzeugverkehr wieder nutzbar.<br />

Brücken für die Ring-S-<strong>Bahn</strong><br />

Anfang Oktober 2010 trafen die ersten <strong>Bahn</strong>steig-<br />

und Gleisbrücken für den neuen Ring-<br />

S-<strong>Bahn</strong>steig ein, die östlich der Ringbahn abgesetzt,<br />

behandelt und montiert wurden. Auf einer<br />

schienengebundenen Förderstrecke (Verschubbahn)<br />

wurden sie unter Straße und Ferngleisen<br />

der Ringbahn hindurch geschoben. Der<br />

für die Brückenmontage bestimmte Raupendrehkran<br />

konnte unmittelbar am nördlichen Widerlager<br />

aufgestellt werden. Die für die Südseite<br />

bestimmten Brückenkonstruktionen verschob<br />

man nach dem Zusammenbau in gleicher Weise,<br />

die von einem zweiten Raupendrehkran eingebaut<br />

wurden. Die <strong>Bahn</strong>steigbrücken bestanden<br />

wegen der künftigen großen <strong>Bahn</strong>steigbreite aus<br />

zwei Teilen. Die Gleisbrücken waren zwischen<br />

16,77 und 29,80 Meter lang und wogen zwischen<br />

48 und 155 Tonnen; die <strong>Bahn</strong>steigbrücken<br />

waren zwischen 17,72 und 29,25 Meter lang,<br />

zwischen 14,41 und 19,24 Meter breit und zwischen<br />

60 und 160 Tonnen schwer. „Dickster Brocken“<br />

war der nordwestliche <strong>Bahn</strong>steig-Brückenteil,<br />

mit den Maßen 29,25 mal 13,84 Meter<br />

und 160 Tonnen Gewicht! Damit war der erste<br />

und schwierigste Teil des Brückeneinbaus für die<br />

neue Ring-S-<strong>Bahn</strong> beendet, und zwar früher als<br />

geplant. Zahlreiche Gleissperrungen, verbunden<br />

mit Verkehrseinschränkungen, aber vorrangig an<br />

Wochenenden, begleiteten wieder den Einbau,<br />

der am 23. Januar 2011 abgeschlossen war.<br />

„Fundamente“ für die Ringbahnhalle<br />

Die Anfang Januar 2011 gelieferten, aus elf Teilen<br />

bestehenden Hallenlängsträger platzierte<br />

man auf Gerüsten in den östlichen bzw. westlichen<br />

Gleiströgen. Dort richtete man sie aus<br />

und verschweißte diese. Weil diese Hallenlängsträger<br />

hohl sind, hatten sie vor ihrem Einbau<br />

zwischen den Gleisbrücken von S- und Regionalbahn<br />

eine Druckprobe zu bestehen, um<br />

die Dichtheit der Schweißnähte zu prüfen. Dabei<br />

waren die Arbeiten im westlichen Gleistrog<br />

sehr viel schwieriger, weil hier der Hallenlängsträger<br />

wie das Gleis im Bogen verläuft.<br />

Beide Hallenlängsträger mit einer Länge<br />

von je 147 Metern und 150 Tonnen Last wurden<br />

für den Einbau hydraulisch aus dem<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

73


Strecken und Stationen<br />

An einem wintertrüben Februartag 2012 bietet Ostkreuz diesen Anblick: Über dem Ringbahnsteig erhebt sich die neue Halle, die Trassen der<br />

Auffahrten liegen noch. Im Sommer 2012 werden diese abgeräumt<br />

Matthias Cantzler<br />

Gleis trog gehoben und anschließend auf Teflon-Gleitschienen<br />

nach außen auf die vier außerhalb<br />

der Brücke stehenden Hydraulik-<br />

Stempel gedrückt. Diese senkten dann an zwei<br />

Wochenenden im März 2011 auf die vorgesehenen<br />

Auflager ab. Der Zeitplan für diese<br />

nicht alltägliche Bautechnologie wurde eingehalten,<br />

obwohl während des Verschubs immer<br />

wieder der Druck in den Trägern geprüft werden<br />

musste, um Verziehungen und damit gerissene<br />

Schweißnähte zu erkennen.<br />

Der Bau der Ringbahn-Halle<br />

Kaum waren diese „Fundamente“ für die künftige<br />

Ringbahn-Halle gelegt, war das Montageund<br />

Transportgerüst fertig. Dessen Stützen fuhren<br />

auf in den Gleiströgen verlegten und nach<br />

beiden Seiten verspannten Schienen. Die östliche<br />

Stütze lief auf einer geraden Schiene, das<br />

Fahrwerk der westlichen war dagegen mehrmals<br />

der wechselnden Spurweite im gebogenen Trog<br />

anzupassen; Seilwinden zogen das Gefährt.<br />

Vor dem „Fahren“ des Montagegerüstes setzte<br />

man jeweils die beiden äußeren Doppel-Stiele<br />

auf je zwei Hydraulikstempel auf, die aus drei<br />

Teilen bestehenden „Dachbinder“ aufgesetzt,<br />

verschraubt und dann mit den Stielen zu einem<br />

Doppelrahmen verbunden wurden. Das gesamte<br />

Montagegerüst mit aufgesetzten Doppelrahmen<br />

– insgesamt neun an der Zahl – wurde mit<br />

hoher Fahrkunst vom Montageort am nördlichen<br />

Widerlager über den gesamten <strong>Bahn</strong>steig<br />

von Ende April bis Mitte Juli 2011 mehrmals<br />

verschoben. Hatten die Doppelrahmen ihren<br />

vorgesehenen Platz erreicht, senkten die paarweisen<br />

Hydraulikstempel diese auf die vorgesehenen<br />

Anschlusspunkte der Hallenlängsträger<br />

ab. Anschließend fuhr das Gerüst leer zurück,<br />

um den nächsten Doppelrahmen aufzunehmen.<br />

Bevor das „Fahren“ begann, wurde am 15. April<br />

2011 die komplette südliche Hallenschürze<br />

montiert. Während die Halle Schritt für Schritt<br />

wuchs, begann man bereits, die Halle zu verglasen.<br />

Im Gegensatz zum <strong>Berliner</strong> Hauptbahnhof<br />

setzte man die Scheiben nicht von außen, sondern<br />

aus dem Inneren mit einem Roboterarm<br />

ein, an dem sich Saugnäpfe für die Scheiben befanden.<br />

Das Dach besteht aus zwei Schichten,<br />

um ein Aufheizen der Halle zu verhindern.<br />

Am 16. April 2012 rollten nach 16-tägiger<br />

Vollsperrung der Ring-S-<strong>Bahn</strong> wieder die Züge,<br />

nun auf neuer Strecke. Neben der 132 Meter<br />

langen und 15 Meter hohen Ringbahnhalle in<br />

Ostkreuz wurde für die S-<strong>Bahn</strong> ein elektronisches<br />

Stellwerk in Betrieb genommen, von dem<br />

aus die Sicherungs- und Signalanlagen zwischen<br />

Greifswalder Straße und Treptower Park gesteuert<br />

werden. In Ostkreuz erleichtern erstmals<br />

auf- und abwärts gerichtete Fahrtreppen den<br />

Zu- und Abgang zum Ringbahnsteig. Wenn die<br />

unteren <strong>Bahn</strong>steige in neuer Lage erbaut sind,<br />

werden auch diese Fahrtreppen erhalten.<br />

Baubeginn auf der Stadtbahn-Ebene<br />

Am 30. September 2011 begann der Umbau der<br />

unteren <strong>Bahn</strong>anlagen. Aus dem östlichen Baufeld<br />

waren Kabel zu verlegen, um die künftige Überführung<br />

des von Erkner kommenden S-<strong>Bahn</strong>-<br />

Gleises und den Neubau der <strong>Bahn</strong>brücken über<br />

die Karlshorster Straße vorzubereiten. Sichtbares<br />

Zeichen für die Fahrgäste war der am 11. Dezember<br />

2011 begonnene Inselbetrieb der S 3, die<br />

zeitweise nur noch zwischen Ostkreuz und Erk -<br />

ner verkehren kann. Denn zuerst wird die gesamte<br />

nördliche Seite der Stadtbahn-Ebene umgebaut,<br />

so dass die S-<strong>Bahn</strong> zwischen Ostbahnhof<br />

und Ostkreuz auf der bisherigen Strecke nach<br />

und von Erkner verkehren muss. Weil in Ostkreuz<br />

nur drei <strong>Bahn</strong>steigkanten verfügbar sind,<br />

wendet die S 3 in Ostkreuz an einer Kante, während<br />

die Züge nach und von Lichtenberg die anderen<br />

beiden nutzen. Dafür waren im November/Dezember<br />

2011 auf der Ostseite Weichen<br />

einzubauen und Gleise zu verschwenken. Wegen<br />

starken Frostes mussten bis März 2012 alle Fahrgäste<br />

von und nach Erkner über die Fußgängerbrücke<br />

umsteigen; weil dann eine zusätzliche<br />

Weiche eingebaut werden konnte, braucht man<br />

in Ostkreuz nur noch die <strong>Bahn</strong>steigseite zu wechseln,<br />

wenn man Richtung Erkner fahren will.<br />

Zwischen Lichtenberg und Ostkreuz besteht<br />

seit 21. November 2011 vorübergehend Gemeinschaftsbetrieb<br />

zwischen Fern- und S-<strong>Bahn</strong>:<br />

Die DB-Nachtzüge müssen wegen erforderlicher<br />

Baufreiheit S-<strong>Bahn</strong>-Gleise nutzen; deshalb sind<br />

an S-<strong>Bahn</strong>-Signalen neben dem Streckenanschlag<br />

der Fahrsperre zusätzlich Gleismagnete<br />

der punktförmigen Zugbeeinflussung (PZB) zu<br />

finden. Die Brücke über die Karlshorster Straße<br />

ist mehr als 100 Jahre alt und ist zu erneuern.<br />

Nachdem die Brücke in Längsrichtung geteilt<br />

und abgebaut wurde – ursprünglich lagen<br />

hier vier Gleise –, konnten die Widerlager der<br />

neuen Brücke errichtet werden. Zusammen mit<br />

einer bauzeitlichen nördlichen Hilfsbrücke, die<br />

74


Die neue Ringbahnhalle entsteht: Drei der neun Doppelrahmen sind bereits<br />

montiert, ein vierter auf dem Transportgerüst wird gleich abgesenkt,<br />

um ihn mit den anderen zu verbinden (Juni 2011)<br />

Bernd Kuhlmann<br />

Die S-<strong>Bahn</strong>-Aufsicht der Ringbahn in ihrem neuen Gebäude. Die Züge<br />

werden nur per Video am Bildschirm abgefertigt; der Monitor links zeigt<br />

die Position der Züge auf der Ringbahn (Juni 2012) Bernd Kuhlmann<br />

Fahrt frei aus der neuen Ringbahnhalle: Ein Zug der Baureihe 481<br />

macht sich im April 2012 als S 41 auf den Weg in Richtung Südkreuz<br />

Bernd Kuhlmann (2)<br />

In der früheren Kehranlage Warschauer Straße wird im September 2012<br />

der ausgebaute Schotter gelagert. Das zum Ostbahnhof führende Gleis<br />

ist bereits demontiert, das Tunnelgleis vom Ostbahnhof her liegt noch<br />

im Februar 2013 eingebaut wird, können diese<br />

für Umfahrungsgleise genutzt werden, um bis<br />

2014 den südlichen Brückenteil fertigzustellen.<br />

Ausblick und weitere Projekte<br />

Ebenso wie Ostkreuz stellt man auch den S-<br />

<strong>Bahn</strong>hof Warschauer Straße vom bisherigen<br />

Linien- auf Richtungsbetrieb um. Seit März<br />

2012 wurden die beiden nördlichen <strong>Bahn</strong>steige<br />

abgerissen, der Neubau ist bereits im<br />

Gange, an dessen nördlicher <strong>Bahn</strong>steigkante<br />

ab 2. April 2013 die stadteinwärts fahrenden<br />

Züge halten. 2013 werden noch Gründungen<br />

und Pfeiler für das künftige Empfangsgebäude<br />

errichtet, so dass zum Jahresende die südliche<br />

<strong>Bahn</strong>steigkante in Betrieb gehen kann.<br />

Danach wird der südliche <strong>Bahn</strong>steig abgerissen<br />

und bis Herbst 2014 der neue erbaut.<br />

Vom bis 2015 fertig zu stellenden Em -<br />

pfangsgebäude können dann die beiden neuen<br />

S-<strong>Bahn</strong>steige über feste und Fahrtreppen<br />

sowie Aufzüge erreicht werden. Berücksichtigt<br />

wird ein späterer direkter Übergang zur U-<br />

<strong>Bahn</strong>, falls die BVG ihren Endbahnhof nach<br />

Norden über die S-<strong>Bahn</strong>steige verschiebt.<br />

Ab Dezember 2013 werden nach dem Anpassen<br />

der Gleisanlagen auf der Ringbahn in Ostkreuz<br />

Regionalzüge halten, allerdings nur als<br />

Spitzkehre bzw. Kopfbahnhof in Richtung Lichtenberg/nördliche<br />

Ringbahn. Diese ist, obwohl in<br />

Richtung Treptower Park die Eisenbahn-Überführung<br />

Alt-Stralau fertig ist, nach Schöneweide<br />

nicht durchgehend befahrbar. Bis Dezember<br />

2014 können in Ostkreuz (oben) nur Dieseltriebwagen<br />

halten, weil die Oberleitung im Bereich<br />

Schöneweide noch nicht wieder hergestellt<br />

ist. Der zwischenzeitlich von der S-<strong>Bahn</strong> genutzte<br />

obere Regional-<strong>Bahn</strong>steig in Ostkreuz wird bis<br />

dahin überdacht.<br />

Bis zum Oktober 2013 geht an der Frankfurter<br />

<strong>Bahn</strong> ein neuer (unterer) Regionalbahnsteig in<br />

Betrieb, an dem zunächst die S-<strong>Bahn</strong>-Linie S 3<br />

wendet. Damit kann in Ostkreuz der südliche S-<br />

<strong>Bahn</strong>steig umgebaut werden. Im August 2015<br />

wird in Ostkreuz die neue Südkurve der S-<strong>Bahn</strong><br />

in Betrieb genommen, aber ohne <strong>Bahn</strong>steige, weil<br />

die Umsteigewege zu lang würden. Über diese<br />

Kurve gelangen die Fahrgäste schneller in den<br />

Die Modernisierung von Ostkreuz läuft bis 2016.<br />

Danach spricht niemand mehr von Rostkreuz ...<br />

Südosten der Stadt und vor allem zum neuen<br />

Flughafen Berlin-Brandenburg (BER). Im<br />

S-<strong>Bahn</strong>hof Treptower Park wird damit der geplante<br />

Endzustand erreicht.<br />

Die Arbeiten auf der Stadtbahn-Ebene zwischen<br />

Ostbahnhof und Rummelsburg bzw. Nöldnerplatz<br />

an den <strong>Bahn</strong>anlagen werden dagegen<br />

fortgesetzt, nach der nördlichen Seite folgt die<br />

südliche. Ab 2015 fahren alle S-<strong>Bahn</strong>en in diesem<br />

Bereich im Richtungsbetrieb: An einem <strong>Bahn</strong>steig<br />

verkehren alle Züge stadteinwärts, am anderen<br />

stadtauswärts. In Ostkreuz sind dann alle<br />

unteren <strong>Bahn</strong>steige so weit nach Osten verschoben,<br />

dass feste und Fahrtreppen sowie Aufzüge<br />

das Umsteigen zum Ringbahnsteig erleichtern.<br />

Der S-<strong>Bahn</strong>-Tunnel in Ostkreuz wird abgebrochen<br />

und muss zeitweilig umfahren werden. Mit<br />

Inbetriebnahme des Regionalbahnsteiges an der<br />

Frankfurter <strong>Bahn</strong> in Ostkreuz und den letzten<br />

Komplettierungsarbeiten wird der große Umbau<br />

dann 2016 abgeschlossen. Bernd Kuhlmann<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

75


Strecken und Stationen<br />

Der Name ist Programm: Siemensstadt heißt die Station, die ein „Stadtbahner“-Triebzug in der Vorkriegszeit bedient. Es handelt sich um einen<br />

Viertelzug, also den Betrieb außerhalb der Stoßzeiten<br />

Slg. Reinhard Schulz<br />

Die Siemensbahn<br />

Die Konzern-Strecke<br />

Am 18. Dezember 1929 eröffnet, war die „Siemensbahn“ bis Ende des Zweiten Weltkriegs ein<br />

wichtiger Zubringer zur namensgebenden Firma. Nach 1945 konnte sie nicht mehr an die alten<br />

Leistungen anknüpfen. Im Herbst 1980 stellte die Reichsbahn den Betrieb auf Dauer ein<br />

Wie für andere <strong>Berliner</strong> Großunternehmen<br />

war im ausgehenden 19. Jahrhundert<br />

auch für die Siemenswerke der<br />

wachsende Flächenbedarf in der <strong>Berliner</strong> Innenstadt<br />

nicht mehr zu decken. Deshalb erwarb Siemens<br />

Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts<br />

die so genannten Nonnenwiesen, ausgedehnte<br />

Flächen westlich von Berlin. Dort, zwischen<br />

Charlottenburg und Spandau, errichtete der Hersteller<br />

elektrotechnischer Erzeugnisse umfangreiche<br />

Fabrikanlagen. Die meisten Beschäftigten<br />

mussten bis nach Berlin pendeln, um zu ihren<br />

Wohnungen zu gelangen, doch waren die Verkehrsverbindungen<br />

seinerzeit noch sehr schlecht.<br />

Die nächste <strong>Bahn</strong>station war seit 1905 Fürstenbrunn<br />

(seit 1925 Siemensstadt-Fürstenbrunn) an<br />

der Hamburg-Lehrter <strong>Bahn</strong>. Sie lag am Rande<br />

des Siemensgeländes südlich der Spree.<br />

Das Gedränge in den Zügen war vor dem<br />

Ersten Weltkrieg so groß, dass viele Beschäftigte<br />

dazu übergingen, schon an der Ringbahnstation<br />

Jungfernheide auszusteigen und<br />

den langen Fußweg von dort in Kauf zu nehmen.<br />

Auch nach 1918 war das Wachstum der<br />

Werke ungebrochen. Bis 1928 war die Belegschaft<br />

auf über 57.000 angewachsen.<br />

Der Bau der „Siemensbahn“<br />

So kam es im Jahr 1925 zu einer Vereinbarung<br />

des Siemenskonzerns mit der Deutschen<br />

Reichsbahn über den Bau einer zweigleisigen<br />

Stichstrecke. Diese sollte vom <strong>Bahn</strong>hof Jungfernheide<br />

in nordwestlicher Richtung diagonal<br />

durch das Gelände führen; der Endpunkt<br />

war knapp fünf Kilometer entfernt in der<br />

Nähe des Kabelwerks an der Gartenfelder<br />

Straße vorgesehen. Geplant waren neben dem<br />

Endbahnhof Gartenfeld (km 4,46) die Haltepunkte<br />

Wernerwerk (km 1,94) und Siemensstadt<br />

(km 3,12).<br />

Diese Linienführung verband nicht nur alle<br />

wichtigen Werke, sondern auch die nördlich der<br />

Nonnendammallee entstehende Wohnsiedlung.<br />

Siemens versprach sich durch diese wesentliche<br />

Verkehrsverbesserung eine Steigerung der Mitarbeiter-Zufriedenheit<br />

und einen Abbau der Arbeitszeit-Staffelung.<br />

Wegen der großen Vorteile<br />

übernahm die Firma die Gesamtfinanzierung<br />

der Strecke in Höhe von 15 Millionen RM. Dafür<br />

lagen Planung und Bau überwiegend in<br />

Händen der konzerneigenen Siemens-Bauunion.<br />

Nach der Inbetriebnahme am 18. Dezember<br />

1929 übergab Siemens die gesamte Anlage einschließlich<br />

der erforderlichen Grundstücke in<br />

das Eigentum der Reichsbahn. Diese zahlte dafür<br />

drei Millionen RM an den Konzern.<br />

Der Bau hatte etwas mehr als zwei Jahre gedauert.<br />

Die Strecke wurde überwiegend in<br />

Hochlage auf einer Dammschüttung errichtet.<br />

Lediglich im Bereich des Wernerwerks verlief<br />

76


Die Siemensbahn<br />

Moderne Technik bei der Siemensbahn: Links das moderne elektromechanische Stellwerk im <strong>Bahn</strong>hof Gartenfeld, rechts das Einfahr-Lichtsignal<br />

des <strong>Bahn</strong>hofs Wernerwerk, ausgerüstet mit der neuen mechanischen Fahrsperre (Bilder von 1929) Slg. Manuel Jacob (2)<br />

die Strecke für 800 Meter auf Stahlviadukten,<br />

um das Fabrikgelände nicht zu zerschneiden.<br />

Ausrichtung auf den Berufsverkehr<br />

Wegen der speziellen Ausrichtung der <strong>Bahn</strong> auf<br />

die Anforderungen des Berufsverkehrs wies die<br />

Strecke einige Besonderheiten auf. Viele Beschäftigte<br />

wohnten im <strong>Berliner</strong> Nordosten und<br />

reisten mit der Ringbahn an, weshalb man den<br />

<strong>Bahn</strong>hof Jungfernheide für ein besonders bequemes<br />

Umsteigen umbaute. Östlich des vorhandenen<br />

Ringbahnsteigs B wurde ein zusätzlicher<br />

<strong>Bahn</strong>steig C angelegt. Die aus Gartenfeld<br />

ankommenden Züge erreichten zunächst das<br />

nördliche Gleis des <strong>Bahn</strong>steigs B, wo die Fahrgäste<br />

auf die am anderen Gleis haltenden Ringbahnzüge<br />

nach Gesundbrunnen umsteigen<br />

konnten. Nach kurzem Halt fuhren die Gartenfelder<br />

Züge weiter zum südlichen Gleis des<br />

<strong>Bahn</strong>steigs C, wo der Übergang von den Ringbahnzügen<br />

aus Gesundbrunnen möglich war.<br />

Aus Richtung Westend kommende Fahrgäste<br />

stiegen bereits am <strong>Bahn</strong>steig B ein, fuhren den<br />

kurzen Umweg über <strong>Bahn</strong>steig C, um nach der<br />

Wendezeit ihren Weg nach Gartenfeld fortsetzen<br />

zu können. Der <strong>Bahn</strong>hof Jungfernheide<br />

war der einzige <strong>Bahn</strong>hof im S-<strong>Bahn</strong>-Netz, an<br />

dem Planzüge nacheinander an zwei <strong>Bahn</strong>steigen<br />

hielten. Diese Gleislage ermöglichte nicht<br />

nur ein Umsteigen in alle Richtungen ohne<br />

Treppensteigen, sondern ließ auch das Verkehren<br />

durchgehender Züge in alle Richtungen mit<br />

höchstens einmaligem Kopfmachen zu.<br />

Neues Signalsystem<br />

Die Siemensbahn wurde als erste Strecke nach der<br />

Stadtbahn mit dem neuen selbsttätigen Sv-Signalsystem<br />

ausgestattet, das hier eine Zugfolge von<br />

zweieinhalb Minuten ermöglichte. Ein Stellwerk<br />

war deshalb nur im <strong>Bahn</strong>hof Gartenfeld erforderlich.<br />

Hier entstand – ebenfalls einmalig im<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Netz – eine sechsgleisige Abstellanlage für<br />

zwölf Vollzüge, wo vormittags zwischen den Berufsverkehrsspitzen<br />

nicht benötigte Wagenzüge<br />

abgestellt wurden. Während Charlottenburg und<br />

Schlesischer <strong>Bahn</strong>hof auf der Stadtbahn sowie<br />

Jungfernheide noch ihre Formsignale behalten<br />

hatten, wurden die Anlagen in Gartenfeld als erstem<br />

<strong>Bahn</strong>hof vollständig mit den neuen Sv-Signalen<br />

ausgestattet. Wo es sinnvoll war, konnten<br />

Die Lage der Siemensbahn und der Fabriken um 1950; die Gleissymbole auch auf den Straßen<br />

zeigen die Anlagen der weitverzweigten Siemens-Güterbahn<br />

Slg. Manuel Jacob<br />

diese außerhalb der Hauptverkehrszeit von<br />

Handbetrieb auf automatischen Betrieb umgeschaltet<br />

werden, was den Fahrdienstleiter entlastete.<br />

Wegen der Vielzahl von Anzeigemöglichkeiten<br />

wiesen die Signale statt der üblichen sechs<br />

bis zu zehn Lampen auf.<br />

Im Regelbetrieb wurde die Siemensbahn<br />

durch die Zuggruppe B bedient, die tagsüber<br />

im Zehn-Minuten-Takt mit drei Wagenzügen<br />

zwischen Jungfernheide und Gartenfeld pendelte.<br />

In der Hauptverkehrszeit gab es eine<br />

Verstärkung durch weitere Züge, die über den<br />

Nordring ebenfalls im Zehn-Minuten-Takt<br />

herangeführt wurden. Die Zuggruppe B verkehrte<br />

in der Hauptverkehrszeit mit Vollzügen.<br />

Vormittags wurde das Angebot auf Halbzüge<br />

reduziert. Die nicht benötigten Zugteile<br />

verblieben ebenfalls im Abstellbahnhof.<br />

Der Verkehr auf dieser Strecke entwickelte<br />

sich wie erwartet positiv. Das änderte sich auch<br />

Das dichte Berufsverkehrsangebot blieb bis Ende<br />

des Zweiten Weltkriegs uneingeschränkt erhalten<br />

in den Kriegsjahren nicht, weil Siemens für die<br />

Rüstung von großer Bedeutung war. Während<br />

des Berufsverkehrs blieb das Angebot selbst nach<br />

dem Fahrplan vom 3. Juli 1944 bei einem Zehn-<br />

Minuten-Takt mit Vollzügen für die Zuggruppe<br />

B. Auch die Züge vom Nordring fuhren in derselben<br />

Folge. Die verfügbaren Buchfahrpläne<br />

weisen selbst bis Kriegsende keine Einschränkungen<br />

auf.<br />

Einschnitt nach dem Krieg<br />

Trotz ihrer gefährdeten Lage inmitten des Fabrikgeländes<br />

überstand die Siemensbahn den<br />

Krieg relativ unbeschädigt. Jedoch war das<br />

nördliche Widerlager der Spreebrücke am<br />

Wernerwerk gegen Kriegsende gesprengt worden.<br />

Damit war die Strecke unbefahrbar.<br />

Auch sonst blieb die Siemensbahn von den<br />

Kriegsfolgen nicht verschont. Die Rote Armee<br />

baute über die Spree eine hölzerne Notbrücke<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

77


Strecken und Stationen<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat die Siemensbahn an Bedeutung verloren. Im April 1967 ist ein Zug auf dem Ringbahn-Abzweig nach Gartenfeld unterwegs<br />

und passiert die Spreebrücke zwischen Jungfernheide und Wernerwerk. Den Stahl für die Brücke lieferte Siemens in den 50er-Jahren Peter Kusterer<br />

sowie im <strong>Bahn</strong>hof Gartenfeld eine Gleisverbindung<br />

zur Siemens-Güterbahn an der Gartenfelder<br />

Straße. Diese war eine Anschlussbahn<br />

der Siemenswerke, die den internen Werksverkehr<br />

über ein weitverzweigtes Gleisnetz in die<br />

Fabrikgebäude vermittelte. Über diese Schienenverbindung<br />

transportierte die Siegermacht<br />

nun demontierte Fabrikausrüstungen in Richtung<br />

Osten. Diesen Demontagen fielen unter<br />

anderem das komplette Gleis der S-<strong>Bahn</strong>-Strecke<br />

in Richtung Gartenfeld sowie mehrere<br />

<strong>Bahn</strong>hofsgleise in Gartenfeld zum Opfer.<br />

Ab Sommer 1945 wurde ein bescheidener<br />

ziviler Güterverkehr über diese Strecke abgewickelt,<br />

wobei der Abstellbahnhof Gartenfeld<br />

als Übergabebahnhof zwischen der Reichsbahn<br />

und der Siemens-Güterbahn diente.<br />

Dieser Zustand dauerte bis 1947 an. Von<br />

Ende 1945 bis zur Währungsreform 1948/49<br />

wurden 140 S-<strong>Bahn</strong>-Wagen in den Siemenswerken<br />

instandgesetzt, die man auch über diese<br />

Schienenverbindung zu- und rückführte.<br />

Der S-<strong>Bahn</strong>-Verkehr wurde am 17. September<br />

1945 im Stundentakt wieder aufgenommen.<br />

Als ab 9. Februar 1946 der Zugverkehr<br />

in der Hauptverkehrszeit wieder auf<br />

20 Minuten verdichtet wurde, setzte die<br />

Reichsbahn zwei Pendelzüge ein, die sich am<br />

<strong>Bahn</strong>hof Siemensstadt trafen. Bis November<br />

1947 musste der Zugverkehr drei Mal völlig<br />

eingestellt werden, entweder wegen Strommangels<br />

oder wegen Brandschäden an der hölzernen<br />

Notbrücke über die Spree.<br />

Im Dezember 1952 nutzten nur noch halb so viele<br />

Fahrgäste die Siemensbahn wie 1934<br />

Schleppender Wiederaufbau<br />

Seit dem 15. Mai 1949 fuhren die Züge wieder<br />

ganztags alle 20 Minuten; die Strecke war<br />

jedoch immer noch weitgehend eingleisig.<br />

Dieser Zustand hielt mehrere Jahre an, weil die<br />

Reichsbahn unter dem allgemeinen Materialund<br />

Arbeitskräftemangel in der DDR litt. In<br />

der ersten Hälfte der 50er-Jahre waren zwar die<br />

gröbsten Kriegsschäden beseitigt, weitere Verbesserungen<br />

folgten aber nur in kleinen Schritten.<br />

Einer Fahrgastzählung vom Dezember<br />

1952 zufolge war die Nutzung der Siemensbahn<br />

in etwa nur noch halb so stark wie 1934.<br />

Dabei waren die Zustände in West-Berlin<br />

nicht signifikant schlechter als im Osten. Das<br />

dürfte auch daran gelegen haben, dass der Leiter<br />

der S-<strong>Bahn</strong>, Friedrich Kittlaus, ein parteiloser<br />

West-<strong>Berliner</strong> war. Er trat stets dafür ein, „seine“<br />

S-<strong>Bahn</strong> als einheitliches Ganzes zu behandeln.<br />

Mindestens vor dem Mauerbau kam ihm dabei<br />

zugute, dass die DDR sich mit dem Betrieb der<br />

S-<strong>Bahn</strong> als hilfreicher Dienstleister der West-<br />

<strong>Berliner</strong> darstellen konnte. Kittlaus war allerbestens<br />

vernetzt und kannte nicht nur Verkehrsminister<br />

Kramer persönlich, der die Hand<br />

über den oftmals eigenwilligen Macher hielt.<br />

Ein langjähriger Mitarbeiter erinnert sich<br />

an verschiedene Situationen, in denen Kittlaus<br />

offiziell oder inoffiziell Ost-Interessen bei<br />

West-Behörden vertrat. So nahm der Mitarbeiter<br />

in den 50er-Jahren auch an Gesprächen<br />

von Kittlaus bei Siemens teil. Dabei erreichte<br />

der S-<strong>Bahn</strong>-Chef, dass sich das Unternehmen<br />

an der Beseitigung der Kriegsschäden an<br />

der Siemensbahn nach Gartenfeld beteiligte<br />

und dabei auch Material für die Renovierung<br />

der <strong>Bahn</strong>steige bereitstellte. Bei dieser Gelegenheit<br />

lieferte Siemens auch die erste Neonröhrenbeleuchtung<br />

für <strong>Bahn</strong>höfe im S-<strong>Bahn</strong>-<br />

Netz. Der Mitarbeiter wusste noch nach<br />

Jahrzehnten: „Wir wurden sogar im Gäste-Kasino<br />

bewirtet. Nach dem Essen gab es Kaffee.“<br />

So stellte Siemens 1953 der Reichsbahn<br />

den für die Wiederherstellung der Spreebrücke<br />

benötigten Stahl zur Verfügung. Es dauerte<br />

weitere zwei Jahre, bis die Reichsbahn<br />

Ende 1955 mit dem Wiederaufbau des zweiten<br />

Gleises begann. Erst am 2. Dezember<br />

1956 war die gesamte Strecke wieder durchgehend<br />

zweigleisig befahrbar. Einen Tag später<br />

wurde der durchgehende Zugverkehr zwischen<br />

dem Nordring und Gartenfeld wieder<br />

aufgenommen. Seitdem verkehrten die Züge<br />

zwischen Warschauer Straße und Gartenfeld,<br />

allerdings nur noch im 40-Minuten-Takt und<br />

meistens mit Halbzügen der Uraltbauart Ber-<br />

78


Die Siemensbahn nach 1945<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Signal- und Gleisplan der Siemensbahn zur Eröffnung 1929. Deutlich zu erkennen sind die Fahrwege<br />

im <strong>Bahn</strong>hof Jungfernheide sowie die Gleislage in Gartenfeld mit dem Abstellbahnhof. In<br />

Zeiten schwachen Verkehrs konnten die Signale D, E und 9 mit einem speziellen Bedienhebel<br />

(Umleithebel) im Stellwerk auf selbsttätigen Betrieb geschaltet werden Slg. Manuel Jacob<br />

Das Gleis in Richtung Gartenfeld führte unter<br />

dem Reiterstellwerk Gtf hindurch. Im Hintergrund<br />

der Personenbahnhof, um 1929<br />

Slg. Manuel Jacob, Manuel Jacob (r.)<br />

nau (ET 169). Jetzt diente der Abstellbahnhof<br />

Gartenfeld auch wieder zum Parken der tagsüber<br />

nicht benötigten Fahrzeuge.<br />

Der Niedergang nach dem Mauerbau<br />

Der Mauerbau am 13. August 1961 setzte der<br />

Siemensbahn stark zu. Fortan fehlten nicht<br />

nur die bisher aus dem Ostsektor angereisten<br />

Arbeitnehmer; auch viele West-<strong>Berliner</strong> mieden<br />

die S-<strong>Bahn</strong>. Wegen des S-<strong>Bahn</strong>-Boykotts<br />

richteten die <strong>Berliner</strong> Verkehrsbetriebe (BVG)<br />

mehrere parallel fahrende Buslinien ein, so<br />

auch erstmals eine Direktverbindung zwischen<br />

Wedding und Siemensstadt. Seit Mitte der<br />

60er-Jahre verkehrten stets Halbzüge (an den<br />

Wochenenden oftmals Viertelzüge) alle zehn<br />

Minuten. Infolge von Rationalisierungsmaßnahmen<br />

der Reichsbahn gab es seit dem 2. August<br />

1976 außerhalb der Hauptverkehrszeit lediglich<br />

einen 20-Minuten-Takt. Jetzt stiegen<br />

täglich nur noch rund 2.000 Fahrgäste in die<br />

Züge der Siemensbahn.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

Nach der Stilllegung der Strecke wurden die<br />

<strong>Bahn</strong>bauten teils anderweitig genutzt. Im<br />

Jahr 2000 hat eine Gärtnerei im <strong>Bahn</strong>hof<br />

Gartenfeld ihren Verkaufsraum eingerichtet<br />

Der Bau der heutigen U-<strong>Bahn</strong>-Linie 7<br />

(Britz Süd – Rathaus Spandau) war Mitte der<br />

70er-Jahre Anlass für die Reichsbahn, die Anlagen<br />

des S-<strong>Bahn</strong>hofs Jungfernheide zu vereinfachen.<br />

Der <strong>Bahn</strong>steig C wurde ab 16. Dezember<br />

1975 stillgelegt. Die Ringbahnzüge<br />

und die Züge nach Gartenfeld hielten ab jetzt<br />

am verbreiterten <strong>Bahn</strong>steig B. Wegen der entfallenen<br />

Kehrmöglichkeit fuhren die Gartenfelder<br />

Züge seitdem eine Station weiter bis<br />

Beusselstraße und wendeten dort.<br />

Aufgrund des Eisenbahnerstreiks vom September<br />

1980 in West-Berlin wurde neben anderen<br />

Strecken auch die Siemensbahn von der<br />

Reichsbahn stillgelegt. Da eine Wiederaufnahme<br />

des Verkehrs auf dieser inzwischen<br />

denkmalgeschützten Strecke nicht geplant ist,<br />

befinden sich die Anlagen seit über 30 Jahren<br />

im Dornröschenschlaf. Das Empfangsgebäude<br />

und Teile des <strong>Bahn</strong>steigs der Endstation<br />

Gartenfeld nutzt seit Jahren eine Gärtnerei.<br />

Manuel Jacob<br />

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79<br />

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Strecken und Stationen<br />

Ein S-<strong>Bahn</strong>-Zug passiert 1934 die Teltowkanal-Brücke bei Dreilinden, das größte Bauwerk der Strecke; vorn verläuft<br />

eine Treidelbahn. Rechts der Streckenverlauf; bei Stahnsdorf entfiel nach 1945 der Zusatz „Reichsbahn“<br />

Die „Friedhofsbahn“ von Wannsee nach Stahnsdorf<br />

Stillgelegt auf ewig?<br />

Die Strecke war nur 4,24 Kilometer kurz, aber sie hatte zwei Besonderheiten. Es handelte sich<br />

um eine eingleisige Verbindung, den Bau bezahlte im Wesentlichen die <strong>Berliner</strong> Stadtsynode.<br />

Im Jahr 1961 endete der Betrieb auf der „Friedhofsbahn“. Eine Wiederbelebung ist ungewiss<br />

Im Jahre 1902 erwarb die <strong>Berliner</strong> Stadtsynode<br />

für 1.044.000 Mark in der Nähe der<br />

Gemeinde Stahnsdorf 156 Hektar Waldland<br />

zur Anlage eines Zentralfriedhofs, da die<br />

damals noch selbstständigen Großstädte Charlottenburg<br />

und Schöneberg keine ausreichenden<br />

Bestattungsflächen mehr besaßen. Noch<br />

im November 1902 beantragte die Stadtsynode<br />

bei den Preußischen Staatseisenbahnen den<br />

Bau einer Eisenbahnstrecke vom <strong>Bahn</strong>hof<br />

Wannsee. Da sich aber die Eröffnung des Friedhofs<br />

bis zum 1. April 1909 verzögerte, wurde<br />

der Antrag erst einmal zu den Akten gelegt.<br />

Schließlich erklärte sich die Königliche Eisenbahndirektion<br />

(KED) Berlin im Jahr 1908<br />

bereit, den Betrieb und die Unterhaltung einer<br />

solchen Stichbahn zu übernehmen, wenn die<br />

Stadtsynode die Baukosten trage. Am 21. Oktober<br />

1909 schlossen Stadtsynode und KED<br />

Berlin einen entsprechenden Vertrag ab. Auf<br />

Kosten der Synode übernahm die KED Berlin<br />

demnach auch den Grunderwerb, die Genehmigungsverfahren<br />

und die Pflasterung der<br />

<strong>Bahn</strong>hofsplätze. Der Trassenbau sollte unter<br />

Aufsicht der KED Berlin geschehen, jedoch von<br />

der Stadtsynode organisiert werden. Ebenso war<br />

die Eisenbahn für die Ausstattung mit für die<br />

Betriebsführung erforderlichen Anlagen verantwortlich.<br />

Die Konzession legte weiterhin fest:<br />

„Die Eisenbahn wird vom Eröffnungstage an<br />

den Preußischen Staatseisenbahnen als unbeschränktes<br />

Eigentum zum Betriebe überlassen.“<br />

Für den <strong>Bahn</strong>bau wurden 1,7 Millionen<br />

Mark veranschlagt, zuzüglich 600.000 Mark<br />

für den Grunderwerb. Die <strong>Berliner</strong> Stadtsynode<br />

beauftragte die <strong>Berliner</strong> Firma Orenstein<br />

& Koppel mit den Erdarbeiten. Am 5. Juli<br />

1911 fand der erste Spatenstich am künftigen<br />

Endbahnhof Stahnsdorf statt, gelegen gegenüber<br />

dem Eingang des nunmehr als Südwestkirchhof<br />

bezeichneten Geländes.<br />

Am 2. Juni 1913 wurde die neue Verbindung<br />

mit einem Sonderzug vom Potsdamer <strong>Bahn</strong>hof in<br />

Berlin nach Stahnsdorf eröffnet. Tags darauf begann<br />

der reguläre Reise- und Güterverkehr. Auf<br />

der 4,24 Kilometer langen und als Hauptbahn<br />

betriebenen Strecke befand sich im Kilometer<br />

2,29 der Haltepunkt Dreilinden. Werktags fuhren<br />

zehn, sonntags 16 mit Dampflokomotiven<br />

der preußischen Gattung T 12 (spätere Baureihe<br />

74.4–13) bespannte Zugpaare auf der Relation<br />

Stahnsdorf – Wannsee – Erkner bzw. Friedrichshagen.<br />

Neben dem Ortsgüterverkehr, es<br />

verkehrte täglich ein Nahgüterzugpaar, hatten die<br />

Leichentransporte eine besondere Bedeutung; sie<br />

wurden von der Leichenhalle am <strong>Bahn</strong>hof Halensee<br />

aus in Güterwagen befördert. Bald hatte die<br />

Stichstrecke im Volksmund ihren Spitznamen<br />

weg: „Friedhofsbahn“.<br />

Modernisierung und Kriegsfolgen<br />

Ende der 20er-Jahre wurde die <strong>Bahn</strong> in das Projekt<br />

der „Großen Elektrisierung“ einbezogen. Am<br />

10. Juli 1928 fuhren die ersten elektrischen Züge<br />

nach Stahnsdorf. Neben einem zeitweiligen Pendelbetrieb<br />

zwischen Stahnsdorf und Wannsee<br />

80


Eisenbahn und Partisanen<br />

Nahe der Königsweg-Brücke liegt heute der einzige noch vorhandene<br />

Gleisrest der Strecke<br />

Im Jahr 1912 ist der Endbahnhof Stahnsdorf im Bau. Hier der Blick<br />

aus Richtung Wannsee<br />

verkehrte die S-<strong>Bahn</strong> auch auf den Relationen<br />

Friedrichshagen – oder Mahlsdorf – Stahnsdorf,<br />

zunächst werktags im 30-Minuten-Takt, sonnund<br />

feiertags im 20-Minuten-Takt, ab 1941<br />

dann durchgängig im 20-Minuten-Takt.<br />

Ab 1937 plante die Deutsche Reichsbahn,<br />

die Friedhofsbahn Wannsee – Stahnsdorf zweigleisig<br />

auszubauen und ab Stahnsdorf über Teltow<br />

Stadt nach Lichterfelde Süd fortzuführen.<br />

Die Erdarbeiten wurden auch begonnen, jedoch<br />

1942 kriegsbedingt eingestellt.<br />

Wegen der am Ende des Zweiten Weltkriegs<br />

gesprengten Teltowkanalbrücke zwischen Dreilinden<br />

und Stahnsdorf war zunächst kein durchgehender<br />

Verkehr möglich. Die S-<strong>Bahn</strong>-Züge<br />

vom provisorisch reaktivierten Potsdamer Ringbahnhof<br />

endeten und begannen in Dreilinden.<br />

Sie fuhren zunächst stündlich, ab Ende 1946 alle<br />

40 Minuten von und nach Friedrichstraße; wenig<br />

später begannen und endeten sie im unterirdischen<br />

Stettiner <strong>Bahn</strong>hof der Nord-Süd-<br />

S-<strong>Bahn</strong>. Insbesondere durch Finanzhilfe der<br />

<strong>Berliner</strong> Stadtsynode gelang in der Folgezeit die<br />

Instandsetzung der Teltowkanalbrücke. Vom<br />

27. Mai 1948 an fuhren die Züge wieder nach<br />

Stahnsdorf. Ab 8. Februar 1950 beschränkte<br />

sich der Betrieb aber auf einen Halbzug als Pendel<br />

zwischen Wannsee und Stahnsdorf.<br />

Im Zeichen des Ost-West-Konflikts<br />

Die wachsenden politischen Spannungen machten<br />

auch vor der Friedhofsbahn nicht Halt. Zum<br />

1. Juni 1952 verbot die DDR-Führung West-<br />

<strong>Berliner</strong> Bürgern, ohne Sondergenehmigung<br />

Landeskirche Berlin-Brandenburg auf Grundlage<br />

der Eigentums- und Konzessionsrechte<br />

durchgesetzt. Jedoch gab es jetzt im Haltepunkt<br />

Dreilinden einen Kontrollpunkt und die Fahrgäste<br />

mussten sich mit ihren Personalausweisen<br />

als Bürger der DDR oder Ost-Berlins ausweisen.<br />

Ebenso hielt die Deutsche Reichsbahn einen<br />

unregelmäßigen Bedarfsgüterverkehr aufrecht,<br />

denn Leichentransporte gab es nur noch<br />

selten. Gelegentlich erhielt die am <strong>Bahn</strong>hof<br />

Stahnsdorf in Kasernen untergebrachte Einheit<br />

Sowjetarmee Wagenladungen.<br />

Ab 1. Juni 1952 ließen Besuche aus West-Berlin<br />

nach; dafür brauchte man jetzt einen Passierschein<br />

das Gebiet der DDR zu betreten. Demzufolge<br />

ließen Besuche und Beisetzungen auf dem Südwestfriedhof<br />

nach, weil dafür nur zu besonderen<br />

Anlässen Passierscheine ausgestellt wurden.<br />

Vom 19. Januar 1953 bis zum 11. September<br />

1954 ruhte auf der Friedhofsbahn der S-<strong>Bahn</strong>-<br />

Verkehr, angeblich wegen Bauarbeiten, die aber<br />

nie stattgefunden haben. Tatsächlich wurden bereits<br />

im Januar 1953 um West-Berlin herum geführte<br />

Omnibuslinien mit wesentlich längeren<br />

Fahrzeiten eingerichtet, welche die Anwohner zu<br />

benutzen hatten. Die Wiederaufnahme des<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Verkehrs wurde vermutlich von der<br />

So sah der Gleisplan des <strong>Bahn</strong>hofs Stahnsdorf im Jahr 1955 aus. Die gestrichelt dargestellten<br />

Gleise wurden nach 1945 entfernt<br />

Abb.: Slg. Wolf-Dietger Machel bzw. Wolf-Dietger Machel<br />

In der Nacht zum 13. August 1961, mit dem<br />

Mauerbau, wurden der S-<strong>Bahn</strong>-Verkehr eingestellt<br />

und die Strecke stillgelegt. Gleich darauf ließ<br />

die Reichsbahndirektion Berlin Teile der Stromschiene<br />

abbauen, um sie für den Bau der Ergänzungsstrecken<br />

in und um Berlin zu verwenden.<br />

1964 entfernte eine Gleisbaurotte einen Teil der<br />

Schienen, ein Kommando der Nationalen Volksarmee<br />

beseitigte im Juli 1976 das mittlerweile<br />

völlig verfallene Stahnsdorfer Empfangsgebäude.<br />

Heute erinnern an die Friedhofsbahn noch<br />

verschiedene Trassenabschnitte und insbesondere<br />

die Teltowkanalbrücke, die bis 1989 von den<br />

Grenztruppen der DDR als Kolonnenweg genutzt<br />

wurde, jetzt aber nicht mehr begehbar ist.<br />

Ideen der Wiederbelebung<br />

Schon Anfang 1990 gab es erste Bürgerinitiativen<br />

zur Reaktivierung der Friedhofsbahn, großteils<br />

unterstützt von Anliegergemeinden. Das geringe<br />

Verkehrsaufkommen zwischen Wannsee<br />

und Stahnsdorf rechtfertigt den Wiederaufbau<br />

der Strecke aber nicht mehr. Deshalb wird die<br />

Verlängerung über Stahnsdorf hinaus bis nach<br />

Teltow auf der seit Ende der 30er-Jahre dafür<br />

freigehaltenen Trasse gefordert, zumal die 2005<br />

eröffnete S-<strong>Bahn</strong>-Strecke Lichterfelde Süd – Teltow<br />

Stadt auf einem Teil dieser Linie verläuft.<br />

Von 2005 bis 2010 prozessierte die Evangelische<br />

Kirche Berlin-Brandenburg in mehreren<br />

Instanzen gegen die Deutsche <strong>Bahn</strong> AG mit der<br />

Forderung, die Friedhofsbahn umgehend wieder<br />

in Betrieb zu nehmen, da die <strong>Bahn</strong> nach 1909 geschlossenem<br />

Vertrag dazu verpflichtet sei. Am<br />

22. Dezember 2010 entschied das Verwaltungsgericht<br />

Berlin, dass die Kirche keinen Anspruch<br />

auf den Betrieb der Friedhofsbahn hat, da deren<br />

Stilllegung auf eine politische Entscheidung der<br />

DDR-Führung zurückzuführen sei. Einen Berufungsantrag<br />

der Kirche lehnte das Oberwaltungsgericht<br />

Berlin am 4. Juli 2012 ab. Damit ist<br />

ein S-<strong>Bahn</strong>-Lückenschluss Wannsee – Stahnsdorf<br />

– Teltow Stadt in weite Ferne gerückt.<br />

Wolf-Dietger Machel<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

81


Erinnerungen<br />

Der direkte Vergleich bringt es an den Tag. Rechts der Stadtbahnwagen mit den höher gezogenen Türfenstern, aus denen der junge Sigurd nicht nach<br />

draußen schauen konnte. Links der Olympia-Zug, der mit seinen heruntergezogenen Türfenstern den Blick nach draußen eröffnete Slg. Sigurd Hilkenbach (4)<br />

Ein Leben mit der S-<strong>Bahn</strong><br />

Siedlerkarten und<br />

elegante Züge<br />

Sigurd Hilkenbach, geboren 1931, ist mit der S-<strong>Bahn</strong> aufgewachsen. In Stadtbahn-Zügen ging es<br />

hinaus zum Gartengrundstück in „Neu-Venedig“, in Olympia-Zügen konnte er auch vom Türraum<br />

aus die Welt draußen bestaunen. Die S-<strong>Bahn</strong>-Begeisterung hält bis heute an<br />

„Siedlerkarte“<br />

hieß umgangssprachlich<br />

die<br />

Fahrkarte „ins<br />

Jrüne“. Ihr Vorteil<br />

für Sigurd<br />

Hilkenbach:<br />

Fahrt zum halben<br />

Preis zum<br />

Gartengrundstück<br />

in Neu-<br />

Rahnsdorf<br />

Als Dauerfahrgast, der jede Fahrt intensiv<br />

genoss, hatte ich seit der Kindheit<br />

unsere S-<strong>Bahn</strong> ins Herz geschlossen.<br />

Die Fahrten zu unserem Wochenendgrundstück<br />

in Neu-Venedig begannen schon zu<br />

Ostern in jedem Jahr; freitags hin und am<br />

Sonntagabend zurück in die Stadt. Die großen<br />

Ferien verbrachten wir, das waren ich, meine<br />

beiden Brüder und unsere unentbehrliche<br />

Oma, natürlich den Sommer über in diesem<br />

kleinen Paradies zwischen Müggel- und Dämeritzsee.<br />

Unsere Stammverbindung war die<br />

Erkner-Strecke: Nummer 100 im Kursbuch,<br />

von Lehrter Stadtbahnhof bis Wilhelmshagen.<br />

Die Fahrzeit betrug 43 Minuten, und daran<br />

hat sich auch Jahrzehnte lang nichts geändert.<br />

Wir alle besaßen ein wertvolles Dokument,<br />

die so genannte Siedlerkarte, die im schönen<br />

82


Ein Leben mit der S-<strong>Bahn</strong><br />

Beamtendeutsch „Bescheinigung<br />

zur Erlangung<br />

der Fahrpreisermäßigung<br />

für<br />

Kleingärtner“ hieß<br />

und die uns berechtigte,<br />

für den halben<br />

Preis S-<strong>Bahn</strong> zu fahren!<br />

Allerdings nur<br />

auf dem schriftlich<br />

vermerkten Streckenabschnitt<br />

und nur in<br />

der 3. Klasse.<br />

Schnelle Verbindung<br />

nach<br />

Neu-Rahnsdorf<br />

Die <strong>Bahn</strong>, die noch<br />

gar nicht S-<strong>Bahn</strong> hieß, fuhr ab Juni 1928 elektrisch<br />

von Potsdam nach Erkner über die<br />

Stadtbahn. Obwohl dieser prägnante Kurzname<br />

bereits Ende 1930 erfunden worden war,<br />

erschien er erst viel später auch auf den Fahrkarten<br />

und Plänen. Bis dahin hieß es immer<br />

noch etwas umständlich „<strong>Berliner</strong> Stadt-,<br />

Ring- und Vorortbahnen“. Diese schnelle<br />

<strong>Bahn</strong>verbindung war sicher für meine Eltern<br />

1929 auch ein Anreiz zum Kauf des Grundstücks<br />

in den sumpfigen Wiesen Neu-Rahnsdorfs<br />

gewesen, obwohl die Kanäle, die die<br />

Siedlung erst zu „Neu-Venedig“ machten,<br />

noch gar nicht ausgebaggert waren. Wir waren<br />

die zweiten Siedler!<br />

Meine Erinnerungen an die S-<strong>Bahn</strong> gehen<br />

zurück bis etwa Mitte der 30er-Jahre. Der<br />

Fußweg vom <strong>Bahn</strong>hof Wilhelmshagen nach<br />

Neu-Venedig war nicht schwer zu bewältigen,<br />

da wir meist nur leichtes Gepäck hatten. Eine<br />

Buslinie vom <strong>Bahn</strong>hof bis zur Fürstenwalder<br />

Allee gab es noch nicht: Der vorhandene 22er<br />

von Rahnsdorf nach Hessenwinkel fuhr „glatt<br />

durch“, also ohne die Stichfahrt zur S-<strong>Bahn</strong><br />

wie heute. Aber der Rückweg! Unser schöner<br />

Garten warf auch einiges an Früchten ab, und<br />

ein abendlicher Rückmarsch zum <strong>Bahn</strong>hof<br />

mit einem oder zwei Körben voller Äpfel und<br />

Birnen („Gute Luise“) oder Pflaumen, das war<br />

für uns Knaben schon eine schwere Last und<br />

eine echte Herausforderung.<br />

Zu jener Zeit fuhren auf der Linie nach<br />

Erk ner ausschließlich Fahrzeuge der Baureihe<br />

165, die „Stadtbahner“. Deren gemütliches Gesicht<br />

mit der einen Stirnlampe in der Mitte und<br />

den „Fühlern“ auf dem Dach (Fachausdruck:<br />

mer wie eine<br />

kleine Reise genossen.<br />

Musste<br />

ich einmal wegen<br />

großen<br />

Andrangs im<br />

Türraum stehen,<br />

so war das<br />

unerfreulich, denn an Rausgucken war da<br />

nicht zu denken: Ich war noch zu klein! Die<br />

Fenster in den Türen waren beim Stadtbahnwagen<br />

nämlich etwas kleiner und ihre Unterkante<br />

befand sich über meinen Augen.<br />

Das gemütliche Gesicht der „Stadtbahner“ mit der<br />

einen Stirnlampe in der Mitte war mir bald vertraut<br />

Zugschluss-Signallampen) war mir bald vertraut.<br />

Wir stiegen gern in den letzten Wagen ein,<br />

der war noch verhältnismäßig leer, da ja Wilhelmshagen<br />

der erste Halt auf der Fahrt von<br />

Erkner war. Ein Sitzplatz kam für mich sowieso<br />

nicht in Frage, da saß Oma oder manchmal<br />

auch Mutter oder Vater, aber ich konnte wenigstens<br />

rausgucken. Ich habe die Fahrten im-<br />

Werbung für die Gartenanlage „Neu-Venedig“,<br />

in der die Eltern Sigurd Hilkenbachs<br />

Ende der 20er-Jahre ein Grundstück erwarben.<br />

Der schnelle Anschluss mit der<br />

Stadtbahn bzw. später S-<strong>Bahn</strong> war ein<br />

wesentliches Argument für diesen Kauf<br />

Ein Treffen mit Johanna<br />

Etwa 1938 geschah ein Wunder: Ich konnte<br />

durch das Türfenster sehen! Was war geschehen?<br />

War ich wohl schnell gewachsen? Beim Aussteigen<br />

am Lehrter <strong>Bahn</strong>hof kam die Erklärung:<br />

Das war ein neuer Zug mit größeren Fenstern<br />

in den Türen! Ein unglaublich elegantes Fahrzeug<br />

mit runder Stirnfront, fast wie der „Fliegende<br />

Hamburger“. Eine freudige Überraschung,<br />

die neue Baureihe 167! Nun strebte ich<br />

immer zu der Tür im letzten Wagen, denn da<br />

gab es am <strong>Bahn</strong>hof Friedrichstraße etwas Besonderes<br />

zu sehen. Manchmal hielt nämlich der<br />

Zug so, dass sich die hinterste Tür am Zugende<br />

noch außerhalb der <strong>Bahn</strong>hofshalle befand,<br />

und mich faszinierte am Abend ein besonderes<br />

Schauspiel: An einer Hauswand hinter der Weidendammer<br />

Brücke wusch riesengroß eine wackere<br />

Waschfrau mit Dutt und kräftigen Armen<br />

in perlenden Schaumwolken mit einem neuen<br />

Waschmittel, und das hieß „Fewa“! Das war<br />

neu, und Leuchtreklamen in dieser Größe waren<br />

noch eine Seltenheit. Inzwischen weiß ich<br />

auch, dass „Fewa“ 1932 in Chemnitz erfunden<br />

wurde und das erste vollsynthetische Waschmittel<br />

der Welt war. Die Produktion begann<br />

1938, und da entstand auch diese leuchtende<br />

und perlende Hauswand mit der waschenden<br />

Waschfee, und die hieß „Johanna“! Die Erinnerung<br />

an diese Lichtspiele ist bei mir bis heute<br />

lebendig. An der Stelle dieses Gebäudes am<br />

Schiffbauerdamm steht heute ein moderner<br />

Glasbau mit dem Namen „Spreekarree“.<br />

Der Erkner-Strecke, Teil der 1842 eröffneten<br />

Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn, wurde<br />

1945 ein von anderen S-<strong>Bahn</strong>-Strecken sich<br />

unterscheidendes Schicksal zuteil: Beide<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Gleise wurden demontiert! Dafür blieben<br />

beide Fernbahngleise liegen. Warum wohl?<br />

Weil auf ihnen in dichter Folge die endlosen<br />

Güterzüge mit Reparationsgut in Richtung Osten<br />

und weiter in die unendlichen Weiten der<br />

Sowjetunion fuhren, und da reichte ein Gleis<br />

natürlich nicht aus.<br />

Ersatzzüge und S-<strong>Bahn</strong>-Rückkehr<br />

Doch die Menschen in Wilhelmshagen und<br />

Neu-Venedig wollten ja auch wieder S-<strong>Bahn</strong><br />

fahren. Fantasie und Improvisation waren gefragt.<br />

Und so wurden an den wichtigsten Stationen,<br />

darunter Wilhelmshagen, Behelfsbahnsteige<br />

in Form von hölzernen Rampen vom<br />

S-<strong>Bahn</strong>steig herunter zu den Fernbahngleisen<br />

gebaut, an denen die als Ersatz eingesetzten<br />

Dampfzüge hielten. Im November 1948 hatte<br />

dieses betriebliche Intermezzo ein Ende. Seitdem<br />

fahren wieder die elektrischen Züge meiner<br />

geliebten S-<strong>Bahn</strong> bis nach Erkner, gleich<br />

hinter der Stadtgrenze, mit neuen, wenn auch<br />

nicht unbedingt schönen Zügen.<br />

Ich bin froh und dankbar, dass mich diese<br />

großartige <strong>Bahn</strong> mein ganzes Leben begleitet<br />

hat. Und ich finde immer noch, dass das Erscheinungsbild<br />

eines Olympiazuges in der<br />

Schönheit einer perfekt gelungenen ästhetischen<br />

Formgebung unübertroffen ist. Nicht<br />

zuletzt, weil mir diese Konstruktion als jungem<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Fahrgast und -Fan durch ihre<br />

großen Türfenster einen freien Blick in die<br />

Welt ermöglicht hat.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013 83


Strecken und Stationen<br />

Die Karte von 1924 zeigt die Ringbahn mit den Kopfbahnhöfen im Zustand von 1877. Die schraffierten Flächen deuten die Ausdehnung bebauter<br />

Stadtteile an<br />

Slg. Manuel Jacob<br />

Die Ringbahn<br />

Seit 1872 ringsherum<br />

Als auf der <strong>Berliner</strong> Ringbahn am 1. Januar 1872 der Personenverkehr begann, verband sie in<br />

erster Linie die Fernbahnhöfe vor den Toren der Stadt. Seitdem ist ihre Bedeutung – mit zeit -<br />

weiliger Unterbrechung während der Teilung – weiter gewachsen<br />

Das Eisenbahnzeitalter begann in Berlin<br />

im Jahr 1838. Nach der ersten<br />

Strecke nach Potsdam wurden in kurzen<br />

Abständen weitere Strecken in Betrieb genommen.<br />

Allen gemeinsam war, dass die <strong>Berliner</strong><br />

Endbahnhöfe seinerzeit vor den Toren<br />

der Stadt lagen. Den Anschluss stellte ab 1851<br />

die „Verbindungsbahn“ her. Diese eingleisige<br />

Strecke führte entlang der Stadtmauer ebenerdig<br />

durch die Straßen Berlins und war schon<br />

bald ein großes Ärgernis. Die Züge behinderten<br />

selbst den damals noch schwachen Straßenverkehr<br />

und der Rauch der Lokomotiven<br />

belästigte die Anwohner. Diese Missstände<br />

führten zum Bau einer „richtigen“ leistungsfähigen<br />

Verbindungsbahn, die in genügendem<br />

Abstand um Berlin herumführen sollte. Sie<br />

war von vornherein so trassiert, dass sie in der<br />

Regel über oder unter dem Straßenniveau lag.<br />

Auf ferne Sicht bestand die Option, sie auf vier<br />

Gleise auszubauen. Als der Personenverkehr<br />

auf dem mehr als 25 Kilometer langen, östlichen<br />

Abschnitt zwischen den <strong>Bahn</strong>höfen<br />

Moabit und Schöneberg über das heutige<br />

Eine Verbindungsbahn erschloss ab 1851 die <strong>Bahn</strong>höfe<br />

von Berlin. Aus ihr wurde die Ringbahn<br />

Ostkreuz am 1. Januar 1872 eröffnet wurde,<br />

lagen allerdings meist erst zwei Gleise. Der<br />

kurze Abschnitt zwischen Tempelhof und<br />

84


Die Ringbahn<br />

Am 15. Juni 2002 wird der Vollring geschlossen; den Eröffnungszug führt 485 070 mit versuchsweise eingebauter einteiliger Frontscheibe (l.).<br />

Damit sind die Arbeiten aber nicht beendet. So baut man den verwinkelten Umsteigebahnhof Papestraße in den Jahren 2002 bis 2006 unter<br />

Zuhilfenahme der Gütergleise zum <strong>Bahn</strong>knoten Südkreuz aus (r., Bild von 2002) Manuel Jacob (2)<br />

Schöneberg war zunächst sogar nur eingleisig.<br />

Als der Ring in westlicher Richtung zwischen<br />

Moabit und Schöneberg am 15. November<br />

1877 geschlossen wurde – seine gesamte Länge<br />

betrug nun 36 Kilometer –, war die Entwicklung<br />

der Eisenbahnen im <strong>Berliner</strong> Raum<br />

so weit fortgeschritten, dass elf Strecken mit<br />

ihren Kopfbahnhöfen vor den Toren Berlins<br />

endeten.<br />

Trotzdem war der Andrang anfangs noch<br />

sehr gering: Zehn Jahre nach der Eröffnung<br />

verkehrten täglich etwa zehn Züge auf dem<br />

Ring, lag die Strecke doch immer noch weit<br />

draußen vor der Stadt.<br />

Der Stadt- und Ringbahnverkehr<br />

Das änderte sich mit der 1882 eröffneten<br />

Stadtbahn. Sie war von vornherein so angelegt<br />

worden, dass sie mit der Ringbahn ein Verkehrssystem<br />

bildete. Die nun täglich verkehrenden<br />

16 bis 19 Ringzüge fuhren ausnahmslos<br />

als Halbringzüge über die Stadtbahn und<br />

von dort weiter zu den anschließenden Vorortstrecken.<br />

Bis 1927, ein Jahr vor der Einführung<br />

des elektrischen Zugbetriebes, war<br />

Berlin und damit auch der Eisenbahnverkehr<br />

soweit angewachsen, dass das Ableiten der<br />

Stadtbahnzüge zum Nord- oder Südring einen<br />

hervorragenden Ausgleich zwischen der stark<br />

frequentierten, mitten durch Berlin verlaufenden<br />

Stadtbahn und den immer noch<br />

schwächer besiedelten Ortschaften im Bereich<br />

der Ringbahn schuf. Während 1927 in der<br />

Stunde stärksten Werktagsverkehrs 22 Züge<br />

die Stadtbahn in einer Richtung befuhren, waren<br />

es auf der Ringbahn zwischen zwölf und<br />

15 Züge. Davon befuhren sechs den gesamten<br />

Ring, allerdings mit Kopfmachen im Potsdamer<br />

Ringbahnhof. Die Umlaufzeit der<br />

Dampfzüge betrug seinerzeit knapp 120 Minuten.<br />

Inzwischen war der Personen- vom Güterverkehr<br />

auf dem Ring auf seiner gesamten<br />

Länge durch viergleisigen Ausbau getrennt<br />

worden.<br />

Mit der Einführung des elektrischen Betriebs<br />

auf der Ringbahn im Frühjahr 1929<br />

blieben die unterschiedlichen Zugläufe erhalten.<br />

Die Vollringzüge über Potsdamer <strong>Bahn</strong>hof<br />

benötigten jetzt nur noch 75 Minuten für<br />

eine Tour. In der Stunde stärksten Werktags-<br />

Umsteigen im <strong>Bahn</strong>hof Westkreuz im April 1937. Der Verkehr auf der Ringbahn und der Verkehr<br />

auf der Stadtbahn eine Etage tiefer waren betrieblich miteinander verknüpft Slg. Dr. Brian Rampp<br />

Das Pendant zum <strong>Bahn</strong>hof Westkreuz ist auf Ost-<strong>Berliner</strong> Seite nicht nur des Namens wegen<br />

der <strong>Bahn</strong>hof Ostkreuz. Dort hält 1987 ein „Olympiazug“ auf der Ringbahnstrecke K. Koschinski<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

85


Strecken und Stationen<br />

So waren die Zugläufe zwischen Stadt- und Ringbahn im Jahr 1930 verknüpft. Die reinen Ringzüge<br />

fuhren bis zum Winter 1943/44 zum Potsdamer Ringbahnhof und machten dort Kopf.<br />

Slg. Manuel Jacob<br />

verkehrs fuhren 1930 auf dem Nordring<br />

20 Züge sowie zwölf bzw. 17 Züge auf dem<br />

Südring. Dieses Betriebskonzept änderte sich<br />

grundsätzlich erst im Kriegswinter 1943/44,<br />

als die betriebliche Einheit von Stadt- und<br />

Ringbahn aufgegeben wurde.<br />

Die Entwicklung nach dem Krieg<br />

Nach den erheblichen Kriegszerstörungen<br />

diente das zweite Halbjahr 1945 zunächst einmal<br />

dem schrittweisen Wiederaufbau. Bereits<br />

Anfang Feb ruar 1946 wurde der vorletzte eingleisige<br />

Streckenabschnitt beseitigt, so dass ein<br />

Vollringverkehr – allerdings mit Umsteigen in<br />

Treptower Park – im 20-Minuten-Takt wieder<br />

möglich war. Die letzte Engstelle verschwand<br />

In Kürze: Fahrzeiten auf dem wieder kompletten<br />

Ring, Stand 2002<br />

Slg. Felix Walther<br />

STICHWORT: VOLLRINGBETRIEB<br />

Als die S-<strong>Bahn</strong>-Verantwortlichen im Winter<br />

1943/44 die Koppelung des Ringbahnverkehrs<br />

mit dem Stadtbahn ver kehr<br />

aufgaben, erhöhten sie damit die Betriebs stabilität.<br />

Einem internen Schreiben zufolge war<br />

das Ergebnis erfreulich. Trotzdem ist ein reiner<br />

Vollringverkehr nicht ohne Tücken. Weil die<br />

<strong>Bahn</strong>en pausenlos ihre Kreise ziehen, damit<br />

kein Fahrgast an irgendeiner Station Wartezeiten<br />

in Kauf nehmen muss, ist die Stör- und<br />

Verspätungsanfälligkeit höher als auf klassischen<br />

Linien. Dort nämlich können die Wendezeiten<br />

an den Endpunkten auch zum<br />

Verspätungsabbau genutzt werden. Weil es auf<br />

der Ringbahn schlicht keinen Endpunkt gibt,<br />

gibt es auch diese Pufferzeiten nicht. Bis zum<br />

Mauerbau waren die Fahrzeiten verhältnismäßig<br />

entspannt. Eine Ringumrundung von 70 Minuten<br />

enthielt laut Fahrplan 57 Minuten reine<br />

Fahrzeit und 13 Minuten Haltezeiten. Da diese<br />

zur Anschlussgewährung großzügig bemessen<br />

waren, konnten geübte Triebfahrzeugführer einige<br />

Minuten Verspätung pro Runde aufholen.<br />

Auch wenn die heutigen Züge schneller als die<br />

Vorkriegsmodelle sind, fehlen jetzt nicht nur<br />

zehn Minuten Fahrzeit. Es gibt auch kaum<br />

noch örtliches Personal, das regulierend eingreifen<br />

könnte. Ist ein Zug erstmal verspätet,<br />

wächst das Problem wie eine Lawine an: Mit<br />

jeder Minute, die der Zug später auf den <strong>Bahn</strong>höfen<br />

eintrifft, steigt die Anzahl der Menschen,<br />

die mitfahren wollen. Das führt zu längeren<br />

Aufenthalten, insbesondere, wenn es bereits<br />

Gedränge in überfüllten Zügen gibt. MJ<br />

im Mai. Nun fuhren die Ringzüge wieder im<br />

Kreis, und zwar alle zehn Minuten. Wegen der<br />

schlechten Gleise dauerte die Fahrt bis 1948<br />

90 Minuten. Mit dem Fahrplanwechsel ab<br />

Mai 1952 konnte die Umlaufzeit auf 70 Minuten<br />

gesenkt werden.<br />

Im Herbst 1951 wurde die Verbindungskurve<br />

zum Nordring am Ostkreuz und im November<br />

1958 die Kurve von Charlottenburg<br />

nach Halensee zum Südring wieder in Betrieb<br />

genommen. Nun gab es bis zum Mauerbau<br />

auch wieder einen Zuglauf Mahlsdorf – Stadtbahn<br />

– Südring – Grünau.<br />

Da der Nord-Süd-S-<strong>Bahn</strong>-Tunnel nach<br />

dem Mauerbau am 13. August 1961 für das<br />

östliche Netz nicht mehr zur Verfügung stand,<br />

musste der Ostring die Nord-Süd-Verbindung<br />

mit übernehmen. Nachdem die notwendigen<br />

Netzergänzungen bis Mitte 1962 betriebsbereit<br />

waren, fuhren die Ostringzüge zwischen<br />

Bernau und Oranienburg im Norden und der<br />

Stadtbahn sowie Flughafen Schönefeld und<br />

Grünau im Süden. 15 Züge pro Stunde rollten<br />

im Jahr 1986 über diesen Streckenabschnitt.<br />

Der West-<strong>Berliner</strong> „Sonderweg“<br />

Durch die Netztrennung wurde die westliche<br />

Ringbahn auf den Abschnitt Gesundbrunnen<br />

– Sonnenallee beschränkt. In der Regel<br />

fuhren die Züge alle zehn Minuten. Nach<br />

dem Streik der West-<strong>Berliner</strong> Eisenbahner<br />

im September 1980 ruhte der Verkehr hier<br />

aber auf Dauer. Im Zusammenhang mit der<br />

Abgabe der Betriebsrechte durch die Reichsbahn<br />

in West-Berlin am 9. Januar 1984 erstellte<br />

der Senat ein Betriebskonzept. Danach<br />

sollte mittelfristig ein Netz von 131 Kilometern<br />

Länge betrieben werden, wozu auch<br />

die Ringbahn gehörte.<br />

Kurz vor dem Mauerfall und unabhängig<br />

von der bevorstehenden politischen Entwicklung<br />

begann die BVG im September<br />

1989 mit dem Wiederaufbau des Südrings.<br />

Ursprünglich war geplant, die bis 1980 betriebene<br />

Strecke zur Sonnenallee zu reaktivieren.<br />

Durch die Wiedervereinigung stellte<br />

sich jedoch die Frage nach der günstigsten<br />

Anbindung an das östliche S-<strong>Bahn</strong>-Netz.<br />

Weil man dies aus bautechnischen Gründen<br />

besser über den Streckenzweig Köllnische<br />

Heide – Baumschulenweg realisieren konnte,<br />

wurden die Pläne entsprechend geändert.<br />

Am 17. Dezember 1993 war es dann soweit:<br />

Der Ringbahnabschnitt von Westend bis<br />

Neukölln und weiter nach Baumschulenweg<br />

ging wieder in Betrieb. Die Linien S 45 und<br />

S 46 verbanden West-Berlin mit den südöstlichen<br />

Zielen Flughafen Schönefeld und<br />

Grünau.<br />

Der Vollring entsteht neu<br />

In der Folgezeit ging der Ring schrittweise seiner<br />

Vollendung entgegen. Die Etappen hießen<br />

• Westend – Jungfernheide (15. April 1997),<br />

• Neukölln – Treptower Park (18. Dezember<br />

1997),<br />

• Jungfernheide – Westhafen (19. Dezember<br />

1999),<br />

86


Die Ringbahn nach 1945<br />

• Gesundbrunnen – Schönhauser Allee<br />

(17.9.2001).<br />

Der ultimative Lückenschluss vom Westhafen<br />

nach Gesundbrunnen am 15. Juni 2002 über die<br />

Station Wedding wurde von der S-<strong>Bahn</strong> GmbH<br />

mit dem Wortspiel „Wedding-Day“ (eigentlich<br />

englisch für: Hochzeitstag) gefeiert. Weil man seinerzeit<br />

noch mit einer Fahrzeit von 63 Minuten<br />

für eine Ringumrundung rechnete, gab es zunächst<br />

noch keinen Vollringverkehr, sondern ein<br />

so genanntes Schneckenkonzept. Danach fuhren<br />

die Züge von den Endbahnhöfen Spindlersfeld,<br />

Flughafen Schönefeld und Königs Wusterhausen<br />

auf den Ring und endeten nach mehr als einer<br />

Runde in Hermannstraße und Westend.<br />

Nach dem Verschwinden von fahrzeitkritischen<br />

Baustellen ist mit den modernen Fahrzeugen<br />

der Baureihe 481 eine Ringfahrt in<br />

60 Minuten möglich. Deshalb wird die Ringbahn<br />

seit dem 28. Mai 2006 wieder nach dem<br />

Vollringkonzept befahren. Die Ringbahn verläuft<br />

inzwischen mitten durch Berlin und bildet<br />

den Bereich der Umweltzone ab. Sie verbindet<br />

die vielen Subzentren Berlins nicht nur<br />

„Wedding Day“ am 15. Juni 2002: In Wedding fand<br />

der letzte Lückenschluss auf der Ringbahn statt<br />

direkt, sondern auch indirekt. Denn 17 der<br />

27 Ringbahnstationen sind Umsteigebahnhöfe<br />

zu anderen S- und U-<strong>Bahn</strong>-Strecken. Ihre<br />

Lage wurde beim Wiederaufbau teilweise geändert,<br />

um das Umsteigen zu erleichtern. Und<br />

so kann man auch nach 140 Jahren „ringsherum“<br />

fahren – auf einer Strecke, die inzwischen<br />

mächtig an Bedeutung gewonnen hat.<br />

Manuel Jacob<br />

Vom Funkturm aus lässt sich die Ringbahn ein<br />

gutes Stück weit verfolgen. Im Juni 1994 sind<br />

zwei Züge der Baureihe 485 bei Berlin-Westkreuz<br />

unterwegs; in West-Ost-Richtung rollt zur<br />

gleichen Zeit ein D-Zug Bernd Oliver Sydow<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

87


Strecken und Stationen<br />

Die Flughafenstrecken nach Schönefeld und nach Berlin-Brandenburg<br />

Züge für Flüge<br />

Anfang der 60er-Jahre wurde der Zentralflughafen in Schönefeld mit einer teilweise neu gebauten<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Strecke an Berlin angeschlossen. Jetzt gibt es wieder einen Streckenneubau, und zwar für<br />

den neuen Großflughafen BER. Allein: Die S-<strong>Bahn</strong> ist fertig, der Flughafen nicht ...<br />

Als die Deutsche Lufthansa der DDR am<br />

27. April 1955 von der Sowjetarmee zunächst<br />

den südlichen Teil des ehemaligen<br />

Henschel-Werkflugplatzes in Schönefeld<br />

übernahm, stand fest, dass dieser zivil genutzt<br />

und erweitert werden sollte. Als am 4. Februar<br />

1956 der internationale und am 16. Juni<br />

1957 der Binnenflugverkehr begannen, fehlte<br />

aber noch eine gute Anbindung. Immerhin<br />

war der Flughafen 22 Kilometer vom <strong>Berliner</strong><br />

Stadtkern entfernt. Daher plante man eine<br />

elektrische S-<strong>Bahn</strong>-Strecke vom Grünauer<br />

Kreuz auf der Trasse des Güteraußenrings bis<br />

Schönefeld (b Bln). Der Bau sollte 1962 beginnen.<br />

Zugleich sah man eine Schnellstraße<br />

vom Adlergestell aus vor. Der <strong>Bahn</strong>hof Schönefeld<br />

(b Bln) – bislang nur Kontrollbahnhof,<br />

auf dem aber Fluggäste ein- und aussteigen<br />

durften – sollte Mittler zwischen Schienenund<br />

Luftverkehr sein. Wegen einer möglichen<br />

Weiterführung der S-<strong>Bahn</strong> nach Rangsdorf<br />

waren in Schönefeld nördlich oder südlich<br />

vom Fernbahnhof S-<strong>Bahn</strong>steige vorgesehen.<br />

Sofortprogramm 1961<br />

Mit dem Mauerbau am 13. August 1961 mussten<br />

die Pläne kurzfristig umgesetzt werden. Der<br />

ehemalige Kontrollbahnhof Schönefeld sollte<br />

jetzt zum wichtigen Umsteigepunkt für Flugreisende<br />

werden. Der Bau der neuen S-<strong>Bahn</strong>-<br />

Strecke begann Ende September 1961 und gestaltete<br />

sich kompliziert, unter anderem bei den<br />

Gleisführungen am Grünauer Kreuz, wo noch<br />

die Schnellstraße durchgebunden<br />

werden musste.<br />

Alle drei neuen S-<strong>Bahn</strong>höfe der Flughafenbahn<br />

stattete man erstmals mit Passimetergebäuden<br />

aus: Darin verkaufte eine Person Fahrausweise,<br />

kontrollierte und entwertete sie vor<br />

dem <strong>Bahn</strong>steigzugang. Zugleich diente dieser<br />

Abfertigungstrakt dem geschützten Aufenthalt<br />

der Fahrgäste; Überdachungen oder Warteräume<br />

auf den <strong>Bahn</strong>steigen gab es anfangs<br />

nicht. Südlich des Grünauer Kreuzes entstand<br />

für die <strong>Bahn</strong>stromversorgung ein Unterwerk.<br />

Am 26. Februar 1962 wurden die S-<strong>Bahn</strong>-<br />

Strecke Grünauer Kreuz – Schönefeld in Betrieb<br />

Von 1962 an fuhren S-<strong>Bahn</strong>en zum Flughafen in<br />

Schönefeld. Der <strong>Bahn</strong>hof blieb aber ein Provisorium<br />

genommen und der <strong>Bahn</strong>hof Schönefeld (b Bln)<br />

für den Reiseverkehr geöffnet. Vom 25. März<br />

1962 an hieß er Zentralflughafen Schönefeld, ab<br />

15. Juli 1962 Zentralflughafen Berlin-Schönefeld,<br />

ab 1. Juni 1976 Flughafen Berlin-Schönefeld. Der<br />

S-<strong>Bahn</strong>hof Falkenhöhe wurde erst am 27. Mai<br />

1962 unter dem Namen Grünbergallee eröffnet.<br />

Im Grünauer Kreuz und in Schönefeld entstanden<br />

für die S-<strong>Bahn</strong> neue Gleisbildstellwerke<br />

der Bauform GS II DR. Zum S-<strong>Bahn</strong>-Gleisbildstellwerk<br />

Grünauer Kreuz, das am 22. Mai 1963<br />

in Betrieb ging, gehörten auch Altglienicke und<br />

die dazwischen befindliche eingleisige Strecke.<br />

Der <strong>Bahn</strong>hof in Schönefeld<br />

blieb ein für<br />

die Reisenden<br />

unbefriedigendes<br />

Provisorium. Zwar entstand noch 1962<br />

ein bescheidenes Abfertigungsgebäude mit Auskunft,<br />

Fahrkartenausgabe und Gepäckabfertigung,<br />

der Bau moderner Anlagen wurde aber<br />

immer wieder verschoben.<br />

Betriebliche Probleme gab es durch den eingleisigen<br />

Abschnitt Abzweig Grünauer Kreuz –<br />

Altglienicke. Erst Ende 1985 begann der Ausbau,<br />

am 29. Juni 1987 dann der zweigleisige<br />

Betrieb. Zudem entstand im <strong>Bahn</strong>hof Flughafen<br />

Berlin-Schönefeld ein weiteres Gleichrichter-Unterwerk<br />

für die S-<strong>Bahn</strong>. Bis 1991 wurde<br />

auch der Bereich unter der Brücke<br />

Waltersdorfer Chaussee zweigleisig ausgebaut.<br />

Der neue Großflughafen<br />

Nach der Wiedervereinigung sollte es nahe des<br />

größten DDR-Flughafens einen Neubau mit<br />

noch mehr Kapazität geben: Der Flughafen Berlin-Brandenburg<br />

[International] „Willy Brandt“<br />

(BBI, heute BER) soll die Flughäfen Schönefeld<br />

und Tegel ersetzen. Die Ortswahl fiel auf Schönefeld,<br />

südlich des „alten“ Flughafens.<br />

88


OBEN Nach dem<br />

Umbau des <strong>Bahn</strong>hofs<br />

Flughafen Berlin-<br />

Schönefeld besaß<br />

dieser ein großes<br />

Empfangsgebäude<br />

(im Bild links), außerdem<br />

überdachte<br />

<strong>Bahn</strong>steige und<br />

moderne Aufsichtsgebäude<br />

(Aufnahme<br />

vom Juni 2009)<br />

Bernd Kuhlmann<br />

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Auch BER sollte eine S-<strong>Bahn</strong>-Anbindung<br />

bekommen. Die Strecke nutzt die beiden südlichen<br />

ehemaligen <strong>Berliner</strong> Außenring-Gleise<br />

bis Waßmannsdorf und mündet dann in die<br />

Flughafen-Durchbindung der Fernbahn mit einem<br />

gemeinsamen unterirdischen <strong>Bahn</strong>hof ein.<br />

In acht Metern Tiefe entstand der <strong>Bahn</strong>hof<br />

„Flughafen Berlin-Brandenburg“, wofür man<br />

eine 405 Meter lange, rund 60 Meter breite und<br />

elf Meter tiefe Baugrube anlegte. Ende Juni<br />

2009 war der neue <strong>Bahn</strong>hof im Rohbau fertig;<br />

danach ging die DB AG an den Innenausbau,<br />

das Verlegen der Gleise und die Installation der<br />

Sicherungstechnik. Dann wuchs das neue Abfertigungsterminal<br />

auf dem <strong>Bahn</strong>hof in die<br />

Höhe, das am 7. Mai 2010 Richtfest feierte.<br />

Mit dem unterirdischen <strong>Bahn</strong>hof entstanden<br />

die westlichen Anschlussstrecken der<br />

Fern- und S-<strong>Bahn</strong>, die im Trog verlaufen und<br />

sich in Höhe der Gemeinde Selchow gabeln.<br />

Im Tunnelbahnhof ist ein weiteres Gleichrichter-Unterwerk<br />

der S-<strong>Bahn</strong> installiert. Im<br />

<strong>Bahn</strong>hof Flughafen Berlin-Schönefeld – er soll<br />

künftig wieder Schönefeld (b Bln) heißen –<br />

entstand zwischen den zum BER führenden<br />

Streckengleisen eine eingleisige Kehranlage für<br />

die S-<strong>Bahn</strong>. Im Flughafen-<strong>Bahn</strong>hof wenden<br />

die S-<strong>Bahn</strong>-Züge an den <strong>Bahn</strong>steigen.<br />

In Selchow entstand für S- und Fernbahn<br />

ein elektronisches Stellwerk, das seit 17. September<br />

2011 Signale und Weichen des unterirdischen<br />

Flughafen-S-<strong>Bahn</strong>hofs steuert. Die<br />

erste Probefahrt fand ohne Signale am 26. August<br />

2011 statt. Die S-<strong>Bahn</strong>-Strecke war am<br />

31.Oktober 2011 betriebsbereit und diente<br />

seit Januar 2012 für Streckenkenntnisfahrten.<br />

Mit der Flughafen-Eröffnung wird die Flughafen-S-<strong>Bahn</strong><br />

im Zehn-Minuten-Takt von der<br />

S 45 und S 9 befahren. Wann aber die ersten<br />

Fluggäste mit der S-<strong>Bahn</strong> in BER eintreffen,<br />

ist unklar. Zuletzt war von einer Eröffnung des<br />

Flughafens 2014 die Rede. Die DB hat die Belehrungsfahrten<br />

auf der S-<strong>Bahn</strong> daher fürs Erste<br />

eingestellt. Bernd Kuhlmann/GM<br />

2. VON OBEN Ein Probezug<br />

der S-<strong>Bahn</strong><br />

hält am neuen <strong>Bahn</strong>steig<br />

im unterirdischen<br />

<strong>Bahn</strong>hof des<br />

Flughafens Berlin-<br />

Brandenburg<br />

(Januar 2012)<br />

Bernd Kuhlmann<br />

GROSSES BILD S. 88<br />

Noch im Jahr 1981<br />

präsentierte sich der<br />

S-<strong>Bahn</strong>hof Flughafen<br />

Berlin-Schönefeld so,<br />

wie ihn viele Reisende<br />

über Jahrzehnte<br />

hinweg kannten<br />

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Bilderbogen<br />

<strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>-Standorte einst und jetzt<br />

Zeitreise<br />

Das stetig Bleibende ist der Wandel,<br />

heißt es. Berlin und die S-<strong>Bahn</strong> haben<br />

nach der Wiedervereinigung ihr Gesicht<br />

ziemlich geändert. Sieben<br />

Vergleiche zwischen der Zeit<br />

der Teilung und heute<br />

Stadtbahn, bei<br />

<strong>Bahn</strong>hof Alexanderplatz<br />

90


1965<br />

2013<br />

Kurz nach Verlassen des <strong>Bahn</strong>hofs Alexanderplatz rollt Mitte der 60er-Jahre ein Zug mit ET/EB/ES 165 ostwärts<br />

Richtung Jannowitzbrücke; dabei passiert er automobile Vielfalt der DDR und ein HO-Warenhaus (gr. Bild). Im Januar<br />

2013 ist ein 481/482 auf dem gleichen Weg (kl. Bild). Exakt lässt sich das Vergleichsfoto nicht realisieren –<br />

den Fotostandpunkt von 1965 belegt heute ein Kinokomplex (links am Bildrand). Auch sonst hat sich viel getan:<br />

Die Fernbahngleise sind elektrifiziert, das Warenhaus-Gebäude dient anderen Zwecken. Und anstelle von Wartburg,<br />

Trabant, Tatra und Ikarus-Bus bevölkern jetzt Opel und Audi die Parkfläche ZBDR/Histor. Slg. der DB (gr. B.), Seb. Schrader<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

91


Bilderbogen<br />

Station<br />

Sundgauer<br />

Straße<br />

1982<br />

2013<br />

Seit dem S-<strong>Bahn</strong>-Streik 1980 nutzt die Reichsbahn die Wannseebahn (Schöneberg – Zehlendorf – Wannsee) nicht<br />

mehr für den öffentlichen Verkehr, und so zeigt sich der Halt Sundgauer Straße im April 1982 verwaist und verriegelt.<br />

Im Januar 2013 ist die Station längst wieder in Betrieb, nunmehr leicht modernisiert mit neuer Uhr und elektronischem<br />

Zuganzeiger. Von den Fernbahngleisen ist jedoch eines verschwunden Archiv GM (o.), Sebastian Schrader (u.)<br />

92


<strong>Bahn</strong>hof<br />

Gesundbrunnen<br />

S-<strong>Bahn</strong> einst und jetzt<br />

1988<br />

2013<br />

Während der Zeit der Teilung ist der <strong>Bahn</strong>hof Gesundbrunnen nur ein Schatten seiner selbst. Die Fernbahngleise<br />

(im Bild links) hat man stillgelegt, den S-<strong>Bahn</strong>-Betrieb eingeschränkt. Im Juli 1988 verlässt ein 275er der BVG die<br />

Station Richtung Schönholz/Frohnau. Ein Vierteljahrhundert später ist die Szenerie kaum wieder zu erkennen. Der<br />

<strong>Bahn</strong>hof entstand nach der Wende komplett neu, mit zusätzlichem <strong>Bahn</strong>steigzugang von der anderen Seite aus.<br />

Zur Orientierung beim Zeitvergleich dient vor allem das Wohnhaus hinten in der Mitte B. O. Sydow (o.), S. Schrader (u.)<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

93


Bilderbogen<br />

Bösebrücke/Nähe Bornholmer Straße<br />

1989<br />

2013<br />

Erst kurz nach der Grenzöffnung konnten Fotografen unbehelligt die Streckenführung der S-<strong>Bahn</strong> entlang der Mauer<br />

im Bild festhalten. Am ersten Weihnachtsfeiertag 1989 fährt ein Zug der Baureihe 276.0 gen Pankow; im Jahr<br />

2013 braucht es schon das Wohnhaus links von der Mitte, um sich zu orientieren. Nach dem Fall der Mauer wurden<br />

die Gleise hier völlig neu geordnet, die S-<strong>Bahn</strong>-Strecke in der Perspektive nach links verlegt und teilweise in einem<br />

Tunnel untergebracht. Dort, wo 1989 die S-<strong>Bahn</strong>-Strecke verlief, finden sich heute Fernbahngleise in Richtung<br />

Schönholz (in Bildmitte) und Karower Kreuz (Tunnelgleis Mitte und Gleis rechts außen) B. O. Sydow (o.), S. Schrader (u.)<br />

94


<strong>Bahn</strong>hof Eichkamp<br />

S-<strong>Bahn</strong> einst und jetzt<br />

1980<br />

2012<br />

Zu den Gewinnern der Nachwendezeit zählt der <strong>Bahn</strong>hof Eichkamp an der Strecke Westkreuz – Spandau. Im Mai<br />

1980 wurde er zwar von einem Stadtbahnwagen bedient, machte aber sonst einen ziemlich vernachlässigten Eindruck.<br />

Saniert, modernisiert und mit zeitgemäßer <strong>Bahn</strong>steigausstattung empfängt er als <strong>Bahn</strong>hof „Messe Süd<br />

(Eichkamp)“ heute seine Fahrgäste. Neu sind auch das zweite Gleis und die Oberleitung für die Fernbahn links. Und<br />

aus dem Hintergrund grüßen die Flutlichtmasten eines Parkplatzes<br />

Konrad Koschinski (o.), Sebastian Schrader (u.)<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

95


Bilderbogen<br />

Station Prenzlauer Allee<br />

1977<br />

2006<br />

Alt und neu bei der S-<strong>Bahn</strong>-Station Prenzlauer Allee an der <strong>Berliner</strong> Ringbahn. Bei der S-<strong>Bahn</strong> ist inzwischen die<br />

neue Fahrzeuggeneration unterwegs, die Ferngleise hat man elektrifiziert, der markante Gasometer im Hintergrund<br />

verschwand. Seit dem Mauerfall und der Eröffnung des Nord-Süd-Tunnels durch den neuen Hauptbahnhof fahren hier<br />

nur noch wenige Züge, so dass auch das Blocksignal nicht mehr existiert. Die Hinterhof-Atmosphäre, vielerorts<br />

typisch für die <strong>Berliner</strong> S-<strong>Bahn</strong>, blieb dagegen zu einem Gutteil erhalten Dr. Dietmar Beckmann (2)<br />

96


Gleisvorfeld Ostbahnhof<br />

(Hauptbahnhof)<br />

S-<strong>Bahn</strong> einst und jetzt<br />

1991<br />

2010<br />

Eine der berühmtesten Fotostellen in Berlin ist der Blick von der Straßenbrücke am S-<strong>Bahn</strong>-Halt Warschauer Straße<br />

hinüber zum Ostbahnhof oder, wie er 1991 noch heißt, Hauptbahnhof. Während sich für die S-<strong>Bahn</strong>, abgesehen<br />

vom Fahrzeugmaterial, in den zwei Jahrzehnten seither nicht viel verändert hat, sind die übrigen <strong>Bahn</strong>anlagen drastisch<br />

geschrumpft. Der Wriezener Güterbahnhof (im oberen Bild rechts) ist heute das Areal von Einkaufscentern,<br />

weitere Umbauarbeiten sind im Gange<br />

Martin Weltner (o.), Sebastian Schrader (u.)<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013<br />

97


5|2012 – September/Oktober • € 12,50 CH: sFr 24,80 • A: € 14,20 • B/NL/L: € 14,60<br />

Vormarsch und Katastrophe<br />

Mit Dampf, Diesel und Strom<br />

Geschütze und Panzerzüge<br />

Angriffe und Konsequenzen<br />

<strong>Vorschau</strong> – Leserservice – Impressum<br />

Seien Sie gespannt auf das nächste Heft: <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

Impressum<br />

2/2013 l März/April<br />

24. Jahrgang l Nummer 123<br />

Eisenbahn in der Schweiz<br />

Bezwinger der Alpen: Vor 100 Jahren ging der Simplon-Tunnel in Betrieb – eine weitere wichtige Alpentransversale war<br />

vollendet, der Aufstieg der Bern-Lötschberg-Simplon-<strong>Bahn</strong> begann. Grund genug, der Eisenbahn in der Schweiz ein<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> zu widmen. Die nächste Ausgabe zeigt Ihnen spektakuläre Strecken, beeindruckende Fahrzeuge, faszinierende<br />

<strong>Bahn</strong>gesellschaften – die BLS und viele andere mehr. Freuen Sie sich auf ein vielseitiges Heft zu einem vielseitigen<br />

Eisenbahn-Thema. Mit Daten, Fakten, Reisetipps und zahlreichen bislang noch nicht veröffentlichten Bildern!<br />

Aufnahme: Dr. Dietmar Beckmann<br />

Internet: www.eisenbahnwelt.de<br />

Redaktionsanschrift:<br />

<strong>BAHN</strong>-<strong>EXTRA</strong><br />

Postfach 40 02 09 80702 München<br />

l<br />

Tel. +49 (0) 89.13.06.99.720, Fax - 700<br />

E-Mail: redaktion@geramond.de<br />

Redaktionsleitung: Michael Krische<br />

Verantwortl. Redakteur: Thomas Hanna-Daoud<br />

Redaktion: Martin Weltner, Alexandra Wurl<br />

Redaktionsassistenz: Brigitte Stuiber<br />

Layout: Karin Vierheller, Rico Oehme<br />

Mitarbeit: Udo Dittfurth, Dr. Alfred Gottwaldt,<br />

Sigurd Hilkenbach, Manuel Jacob, Jürgen Krantz,<br />

Konrad Koschinski, Bernd Kuhlmann, Peter Kusterer,<br />

Wolf-Dietger Machel, Erich Preuß, Michael<br />

Reimer, Bernd Oliver Sydow, Dirk Winkler u.v.m.<br />

Abo-Hotline, Kundenservice,<br />

GeraMond-Programm<br />

Tel. (0180) 5 32 16 17*<br />

Fax (0180) 5 32 16 20*<br />

E-Mail: leserservice@bahnextra.de<br />

(*14 Cent pro Minute)<br />

Gesamtanzeigenleitung:<br />

Helmut Kramer, Tel. +49 (0) 89.13.06.99.270,<br />

helmut.kramer@verlagshaus.de<br />

Anzeigenleitung <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong>:<br />

Helmut Gassner, Tel. +49 (0) 89.13.06.99.520,<br />

Fax - 100; helmut.gassner@verlagshaus.de<br />

www.verlagshaus-media.de<br />

Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 23 vom 1.1.2013<br />

Litho: Cromika, Verona<br />

Druck: Stürtz GmbH,<br />

Alfred-Nobel-Str. 33, 97080 Würzburg<br />

Verlag:<br />

l<br />

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Zuletzt erschienen:<br />

<strong>BAHN</strong>-<strong>EXTRA</strong> 5/2012 Eisenbahn im Zweiten Weltkrieg<br />

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* z.B. DVD „Die Geschichte der Eisenbahn“<br />

Reichsbahn<br />

und Wehrmacht<br />

1939–1945<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 4/2012 – Damals auf der Nebenbahn<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 5/2012 – Eisenbahn im Zweiten Weltkrieg<br />

Ostfront<br />

Kriegsloks<br />

Bewaffnung<br />

Luftkrieg<br />

Eisenbahn im<br />

Zweiten Weltkrieg<br />

Lieber Leser,<br />

Sie haben Freunde, die sich ebenso für die Eisenbahn mit all Ihren Facetten begeistern<br />

wie Sie? Dann empfehlen Sie uns doch weiter! Ich freue mich über jeden neuen Leser.<br />

Ihr<br />

Seltene historische<br />

Farbaufnahmen!<br />

Verantwortlicher Redakteur <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong><br />

Sie haben ein Heft verpasst? Kein<br />

Problem! Bestellen Sie die nicht<br />

mehr am Kiosk erhältlichen Ausgaben<br />

telefonisch über unseren Kundenservice,<br />

Tel. (0180) 5 32 16<br />

17*, oder schnell und bequem im<br />

Internet auf www.eisenbahnwelt.de<br />

l<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2012 – Die letzten Jahre der DR<br />

l<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 1/2013 – <strong>Bahn</strong>-Jahrbuch 2013<br />

GeraMond Verlag GmbH<br />

Infanteriestraße 11a, 80797 München<br />

Geschäftsführung:<br />

Clemens Hahn, Carsten Leininger<br />

Herstellungsleitung: Sandra Kho<br />

Vertrieb Zeitschriften: Dr. Regine Hahn<br />

Vertrieb/Auslieferung Handel:<br />

MZV, Moderner Zeitschriften Vertrieb<br />

GmbH & Co. KG, Unterschleißheim<br />

Im selben Verlag erscheinen außerdem:<br />

Preise: Einzelheft Euro 12,50 (D) (bei Einzelversand<br />

zzgl. Versandkosten); Jahresabopreis<br />

(6 Hefte) Euro 67,50 (inkl. Mehrwert steuer,<br />

im Ausland zzgl. Versandkosten)<br />

ISSN 0937-7174 l ISBN 978-3-86245-189-0<br />

Zeitungskennzahl 12126<br />

Erscheinen und Bezug:<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> erscheint alle zwei Monate je weils Mitte/<br />

Ende eines geraden Monats. Sie erhalten <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> in<br />

Deutschland, in Öster reich und in der Schweiz im <strong>Bahn</strong> -<br />

hofs buch handel, an gut sortierten Zeitschriften kiosken,<br />

im Fachhandel sowie direkt beim Verlag.<br />

© by GeraMond Verlag München. Die Zeitschrift und alle<br />

in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheber<br />

rechtlich geschützt. Durch Annahme eines Ma nu skripts<br />

erwirbt der Ver lag das aus schließ liche Recht zur Veröffentlichung.<br />

Für unverlangt eingesandte Fotos und Manuskripte<br />

wird keine Haftung übernommen. Gerichtsstand<br />

ist München.<br />

Verantwortlich für den redak tionellen Inhalt: Thomas Hanna-<br />

Daoud; verantwortlich für die Anzeigen: Helmut Kramer;<br />

beide Infanteriestraße 11a, 80797 München.<br />

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Das kleine Magazin<br />

über die große <strong>Bahn</strong><br />

Das neue<br />

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Auch wenn es nach den Krisenmeldungen der letzten Zeit nicht den Anschein<br />

hat: Die S-<strong>Bahn</strong> spielt für Berlins Nahverkehr eine wichtige Rolle. Und sie ist<br />

eng mit der jüngeren Geschichte der Stadt verbunden. <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> stellt Ihnen<br />

das Nahverkehrsmittel in all seinen Facetten vor: die Entwicklung, die Fahrzeuge,<br />

den Zugbetrieb, die Projekte und die aktuelle Problematik. Lesen Sie<br />

vom S-<strong>Bahn</strong>-Betrieb im Krieg, während der Teilung und nach dem Mauerfall;<br />

seien Sie zu Gast im „Stadtbahner“, auf der Ringbahn oder der Siemensbahn;<br />

lernen Sie den umgebauten <strong>Bahn</strong>hof Ostkreuz kennen und spüren Sie mit uns<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Standorte von gestern und heute auf. Kurz, erleben Sie ein wichtiges<br />

Kapitel der <strong>Berliner</strong> Eisenbahn – mit vielen Daten, Fakten und brillanten Fotos!<br />

www.eisenbahnwelt.de<br />

ISBN 978-3-86245-189-0

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