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BAHN EXTRA Bahn-Faszination Schweiz (Vorschau)

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3|2013 – Mai/Juni • € 12,50 CH: sFr 24,80 • A: € 14,20 • B/NL/L: € 14,60<br />

PLUS DVD: 120 Minuten<br />

Eisenbahn in der <strong>Schweiz</strong><br />

Mit den schönsten<br />

Eisenbahnen unterwegs<br />

in der <strong>Schweiz</strong><br />

ca. 120 Minuten Tonfilm in S/W und Farbe<br />

A le Urheber- und Leistungsschutz rechte vorbehalten.<br />

Wer diesen Film ohne aus drückliche schriftliche<br />

Genehmigung vervielfältigt, ö fentlich vorführt,<br />

INFO-<br />

Programm<br />

sendet, verleiht, vermietet oder sonstwie gewerblich<br />

nutzt, wird zivil- und strafrechtlich verfolgt.<br />

gemäß<br />

§ 14<br />

JuSchG<br />

© 2013 by <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> VIDEO / GeraMond Verlag<br />

www.geramond.de<br />

Beilage-DVD zu <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

SPECIAL:<br />

100 Jahre Lötschbergbahn<br />

<strong>Bahn</strong>-<strong>Faszination</strong><br />

<strong>Schweiz</strong><br />

Fahrzeugbau: Die großen<br />

Firmen, die legendären Loks<br />

Geschichte: Der Aufstieg zum<br />

<strong>Bahn</strong>land Nummer eins<br />

Die Schmalspurparadiese<br />

in den <strong>Schweiz</strong>er Alpen


Das kleine Magazin<br />

über die große <strong>Bahn</strong><br />

Das neue<br />

Heft ist da.<br />

Jetzt am<br />

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Inhalt<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

„stets zu Ihren Diensten“ – so stellten<br />

sich die <strong>Schweiz</strong>erischen Bundesbahnen<br />

Anfang der 60er-Jahre auf einem<br />

Plakat ihren Kunden vor. Gemeint war<br />

zwar der Güterverkehr, aber das Motto<br />

traf nicht minder für den Personenverkehr<br />

zu. Und nicht nur für die SBB,<br />

sondern auch für die vielen anderen<br />

<strong>Bahn</strong>gesellschaften der Eidgenossen.<br />

Ihr Engagement machte und macht die<br />

<strong>Schweiz</strong> zum <strong>Bahn</strong>land Nummer eins<br />

in Europa. Das dichte Streckennetz,<br />

das breite Zugangebot und die Vielfalt<br />

der <strong>Bahn</strong>en begeistern immer wieder<br />

aufs Neue. Anno 2013 kommt noch<br />

ein Jubiläum hinzu: Vor 100 Jahren<br />

wurde mit der Lötschbergstrecke die<br />

zweite große Alpenmagistrale eröffnet.<br />

Der Aufstieg der Bern-Lötschberg-Simplon-<strong>Bahn</strong><br />

(BLS) begann.<br />

Dies alles hat uns bewogen, Ihnen das<br />

faszinierende <strong>Bahn</strong>land <strong>Schweiz</strong> in der<br />

vorliegenden Ausgabe ausführlich vorzustellen.<br />

Kommen Sie mit auf eine interessante<br />

und abwechslungsreiche<br />

Eisenbahn-Tour durch Helvetien.<br />

Viel Vergnügen und, im Sinne der SBB,<br />

stets zu Ihren Diensten.<br />

Ihre Redaktion <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong><br />

Ein passendes Cover für<br />

Ihre DVD zum Ausschneiden<br />

finden Sie in diesem<br />

Heft auf Seite 58<br />

Im August 1981 fahren die BLS-Loks Ae 6/8 205 und Re 4/4 176 mit D 680 aus Spiez aus.<br />

Mehr zur BLS und zur Lötschbergstrecke, die 2013 das 100-jährige Bestehen feiert, ab S. 20<br />

Momentaufnahmen<br />

Berge, Seen und Eisenbahnen<br />

<strong>Bahn</strong>betrieb in der <strong>Schweiz</strong> 4<br />

Im Rhythmus der Zeit<br />

<strong>Bahn</strong>betrieb in den<br />

50er- und 60er-Jahren 62<br />

<strong>Bahn</strong> mal anders<br />

Foto-Impressionen von Tibert Keller 82<br />

Strecken, Züge, Fahrzeuge<br />

Die erste Einheitslok<br />

Die Gotthardlok Ae 6/6 46<br />

Züge made in Switzerland<br />

Die Geschichte der <strong>Schweiz</strong>er<br />

Eisenbahnindustrie 50<br />

„Straßenarbeiter“<br />

Die Seetalbahn 59<br />

Markenzeichen Orange-Steingrau<br />

Der Swiss-Express 68<br />

<strong>Bahn</strong> nach Italien<br />

Die Simplonbahn 70<br />

Allegra, Komet, Spatz ...<br />

Neue Schmalspurbahn-Fahrzeuge<br />

in der <strong>Schweiz</strong> 73<br />

Die „kleine Rote“<br />

Wunderwelt Rhätische <strong>Bahn</strong> 76<br />

Im Rohbau fertig<br />

Der Gotthard-Basistunnel 80<br />

Schwerpunkt: BLS/Lötschbergbahn<br />

Die neue Alpenbahn<br />

Die Entwicklung der BLS 20<br />

„Brigue, train direct!“<br />

Eine Lötschberg-Fahrt vor 100 Jahren 34<br />

Von Anfang an elektrisch<br />

Die wichtigsten Triebfahrzeuge der BLS 36<br />

Im Alpentransit ganz vorn<br />

Die Gütertochter BLS Cargo 40<br />

Die ersten Erfahrungen<br />

Der Lötschberg-Basistunnel im Betrieb 42<br />

Tradition und Moderne<br />

Die BLS heute 44<br />

Chronik<br />

Schienen in Helvetien<br />

Die Zeittafel: Eisenbahn in der <strong>Schweiz</strong> 14<br />

Der Sonderweg<br />

Das <strong>Schweiz</strong>er Eisenbahnnetz 16<br />

Das Netz damals<br />

Die <strong>Schweiz</strong>er Streckenkarte von 1939 18<br />

Schnuppertour <strong>Schweiz</strong><br />

Land und <strong>Bahn</strong>en entdecken –<br />

unsere Tipps für Ihre Reise(n) 88<br />

<strong>Vorschau</strong>/Leserservice/Impressum 98<br />

Titelfotos: Florian Martinoff (gr. Bild,<br />

SBB-Ellok Re 4/4 II mit IC), Albert<br />

Schöppner (2, kl. Bilder o.l., u.l.),<br />

Ludwig Rotthowe (kl. Bild u. M.),<br />

Sven Klein (kl. Bild u.r.);<br />

Rücktitel: Peter Kusterer (gr. Bild),<br />

Dr. Dietmar Beckmann (kl. Bild u.l.),<br />

Slg. Andreas Knipping (kl. Bild u.r.);<br />

Bilder auf S. 3: P. Kristl/Slg. Thomas<br />

Wunschel (o.l.), Georg Wagner (o.r.);<br />

Bild DVD-Cover: Florian Martinoff<br />

Autoren in diesem Heft<br />

Dr. Hans-Bernhard Schönborn,<br />

geboren 1952 in Köln und von<br />

Beruf Lehrer, lebte von 1982<br />

bis 2005 in der <strong>Schweiz</strong>. Die<br />

dortigen Eisenbahnen zählen<br />

zu seinen Interessensgebieten;<br />

er hat dazu Bücher und<br />

Beiträge veröffentlicht.<br />

Dr. Dietmar Beckmann, geboren<br />

1956 in Essen, ist Ingenieur<br />

in Bochum und<br />

begeistert sich unter anderem<br />

für die <strong>Schweiz</strong>er Eisenbahnen<br />

und deren Betrieb. Dr. Beckmann<br />

hat dazu Beiträge, Bücher<br />

und Bildbände verfasst.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

3


Momentaufnahmen<br />

4


<strong>Bahn</strong>betrieb in der <strong>Schweiz</strong><br />

<strong>Bahn</strong>betrieb in der <strong>Schweiz</strong><br />

Berge, Seen und<br />

Eisenbahnen<br />

Dichtes Streckennetz, beeindruckende Fahrzeuge, grandiose<br />

Landschaft machen den <strong>Bahn</strong>betrieb des Alpenlandes aus.<br />

Ob Transitverkehr oder Regionalzug, ob Normalspur,<br />

Schmalspur oder Zahnradbahn, der „Zugsverkehr“ unterm<br />

<strong>Schweiz</strong>erkreuz ist ein Füllhorn voller Überraschungen<br />

Internationaler Reiseverkehr rollt über die<br />

Strecke (Brig –) Lausanne – Genf. Bei<br />

St. Saphorin eilt im November 2011 ein<br />

Triebzug ETR 610 der <strong>Schweiz</strong>erischen<br />

Bundesbahnen durch die herbstliche Landschaft<br />

am Genfer See. Mediterrane Züge<br />

gibt es da im doppelten Sinne; das Fahrzeug<br />

stammt aus italienischer Produktion<br />

und die Orte erinnern auch hier und da an<br />

südliche Nachbarn<br />

Florian Martinoff<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

5


Momentaufnahmen<br />

Aktuell ist der Gotthard im Gespräch. Als Alternative zur Bergstrecke entsteht dort der Basistunnel,<br />

mit 57 Kilometern der längste Eisenbahntunnel der Welt. Die Röhre als solche haben die<br />

Bergarbeiter schon gegraben (Foto: Durchschlag der Oströhre bei Faido) AlpTransit Gotthard<br />

Land der Berge<br />

Fluch für die Ingenieure, Freude für Touristen:<br />

Die wildromantische Alpenlandschaft stellt die<br />

<strong>Bahn</strong>en vor buchstäblich hohe Anforderungen.<br />

Umso faszinierender, wie die Züge die Berg -<br />

regionen erklimmen. Oder auch umgehen<br />

Gebirgszüge wörtlich<br />

genommen: Auf kühner<br />

Strecke fahren die<br />

Meterspurtriebwagen<br />

der Centovalli-<strong>Bahn</strong><br />

von Locarno über die<br />

Höhen nach Domodossola<br />

in Italien. Faszinierende<br />

Kunstbauten<br />

wie die Stahlbrücke<br />

bei Intragna gibt es<br />

inklusive (Bild vom<br />

August 2012)<br />

Tibert Keller<br />

6


Land der Berge<br />

Im Meterspurnetz der Rhätischen <strong>Bahn</strong><br />

findet die Arosalinie etwas weniger Beachtung,<br />

dabei muss sie sich nicht verstecken.<br />

Die Einfahrt in den Ferienort Arosa auf<br />

1.755 Höhenmetern bietet <strong>Schweiz</strong>er Alpenatmosphäre<br />

par excellence (Foto mit einem<br />

„Allegra“-Triebzug, Oktober 2012) Tibert Keller<br />

Die Gotthard-<strong>Bahn</strong> war die erste Alpenmagistrale<br />

der <strong>Schweiz</strong>. Im Jahr 1882 eröffnet,<br />

setzte sie Maßstäbe bei Bau und Betrieb.<br />

Als sie 1920 elektrifiziert wurde, kamen zuerst<br />

die Elloks Be 4/6 zum Einsatz. Gerade<br />

fährt eine solche Maschine aus dem Gotthard-Tunnel<br />

in Göschenen aus. Rechts die<br />

schmalspurige Schöllenenbahn Slg. B. Rampp<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

7


Momentaufnahmen<br />

Mit einem internationalen Schnellzug<br />

steht Ellok 10908 der Reihe Ae 4/7 anno<br />

1961 im <strong>Bahn</strong>hof Brig. Grüne Lok vor grünen<br />

Wagen – so sieht er aus, der klassische<br />

Reisezug der <strong>Schweiz</strong>erischen Bundesbahnen<br />

(SBB) in den 60er- und frühen<br />

70er-Jahren Peter Kristl/Slg. Thomas Wunschel<br />

Durchblick auf den <strong>Bahn</strong>steig in<br />

Montreux, Juni 1985. Von hier aus<br />

hat man mit den normalspurigen<br />

SBB-Zügen Anschluss nach Brig und<br />

Genf; die schmalspurigen Züge der<br />

Montreux-Oberland-Bernois-<strong>Bahn</strong><br />

(MOB) fahren nach Zweisimmen<br />

Ludwig Rotthowe<br />

8


Land der Vielfalt<br />

Der Güterverkehr spielt seit jeher eine große Rolle im <strong>Schweiz</strong>er <strong>Bahn</strong>verkehr, seien es inländische<br />

Transporte oder Frachtgut im Transit. Dafür entwickelten vor allem SBB und Bern-<br />

Lötschberg-Simplon-<strong>Bahn</strong> kräftige Lokomotiven; im April 1985 ist eine BLS-Doppellok Ae 8/8<br />

mit einem Güterzug zwischen Einigen und Kumm am Thunersee unterwegs Georg Wagner<br />

Land der Vielfalt<br />

In der <strong>Schweiz</strong> entstand das dichteste Eisenbahnnetz<br />

Europas, mehr als 50 Gesellschaften sind heute noch<br />

aktiv. Kurzum, Vielfalt ist Trumpf beim Schienenverkehr.<br />

Dass die <strong>Schweiz</strong>er (und ihre Gäste) traditionell die <strong>Bahn</strong><br />

intensiv nutzen, verwundert da kaum mehr<br />

Als erste Bergbahn Europas nimmt am 21. Mai 1871 die <strong>Bahn</strong> von Vitznau auf die Rigi den Betrieb<br />

auf. Die Fotografie zeigt die Talstation Vitznau mit drei Dampfloks des Typs H 1/2. Die mit<br />

Stehkessel ausgerüsteten Maschinen waren die „Anfangsausstattung“ der <strong>Bahn</strong> Slg. Peter Schricker<br />

9


Momentaufnahmen<br />

Aus dem D 278 Genf – Mailand fällt im September 1973 der Blick auf den entgegen kommenden<br />

D 277 Brig – Paris, den die Ellok 11251 der Reihe Re 4/4 II bespannt. TEE-Farben und das<br />

<strong>Schweiz</strong>erkreuz machen klar, wo die Lok zu Hause ist<br />

Ludwig Rotthowe<br />

Majestätisch reihen<br />

sich die Läutewerke<br />

im SBB-<strong>Bahn</strong>hof<br />

Wettingen auf (Bild<br />

vom September<br />

1977). Traditionell<br />

werden Züge noch<br />

an- und auch abgeläutet;<br />

eine Praxis,<br />

die in der <strong>Schweiz</strong><br />

über Jahrzehnte Bestand<br />

hat<br />

Ludwig Rotthowe<br />

Land der Besonderheiten<br />

Der langsamste Schnellzug der Welt,<br />

ein spektakulärer Kreisviadukt und das<br />

<strong>Schweiz</strong>erkreuz auf Lokomotiven: Das<br />

<strong>Bahn</strong>wesen der Eidgenossen wartet mit<br />

Außergewöhnlichem ebenso auf wie<br />

mit Markantem. Und mit Tradition<br />

10


Land der Besonderheiten<br />

Zeit spielt beim „Glacier-Express“ keine Rolle.<br />

Auf dem Weg zwischen St. Moritz und<br />

Zermatt zählt die sehenswerte Landschaft,<br />

die der Meterspurzug gemächlich durchfährt.<br />

Vor dem Matterhorn hat eine Ellok der Brig-<br />

Zermatt-<strong>Bahn</strong> die Garnitur am Haken; später<br />

werden die Furka-Oberalp-<strong>Bahn</strong> bzw. die Rhätische<br />

<strong>Bahn</strong> übernehmen Slg. Peter Schricker<br />

Der Kreisviadukt von Brusio ist heute eine<br />

Sehenswürdigkeit auf der Berninalinie der<br />

RhB, dabei hatten die Erbauer an diese Lösung<br />

zunächst gar nicht gedacht. Ursprünglich<br />

sollte hier der <strong>Bahn</strong>hof entstehen und<br />

eine S-Kurve den Höhenunterschied überwinden.<br />

Während der Planung kam man dann auf<br />

die Idee des Viadukts; das Wahrzeichen von<br />

Brusio war geschaffen (Okt. 2011) Tibert Keller<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

11


Momentaufnahmen<br />

Die beiden einzigen selbst fahrenden Dampfschneeschleudern<br />

weltweit gingen 1910 und<br />

1912 an die bis 1943 eigenständige Berninabahn.<br />

Erst damit ließ sich ein Ganzjahresbetrieb<br />

über die höchstgelegene Alpentransversale<br />

anbieten. Heute wird die X rot d 9213<br />

praktisch nur noch für Schaufahrten verwendet,<br />

wie im Januar 2011 mit der Zweisystemlok<br />

Gem 4/4 801 zwischen Bernina Lagalb<br />

und Ospizio Bernina<br />

Tibert Keller<br />

12


Der Dampflokbau brachte in der <strong>Schweiz</strong> einige markante Maschinen hervor; die größte war<br />

die C 5/6, auch „Elefant“ genannt. Allerdings setzte man schon ab dem beginnenden<br />

20. Jahrhundert auf Elektrotraktion. Den „schwarzen Riesen“ blieben nur untergeordnete<br />

Dienste oder später Ruhm bei Sonderfahrten wie 1982 in der Nähe von Basel Martin Weltner<br />

Land der berühmten Fahrzeuge<br />

In der <strong>Schweiz</strong>er Bergwelt findet man Gams, Steinbock<br />

und Murmeltier, auf den <strong>Schweiz</strong>er Schienen<br />

tummelten sich einst Elefanten und Krokodile. So<br />

lauteten die Spitznamen für bekannte Lokomotiven.<br />

Nicht nur bei den Krokodilen machte sich der Fahrzeugbau<br />

mit Pionierleistungen einen Namen<br />

Berühmte <strong>Schweiz</strong>er Elloks unter sich im<br />

Depot Basel SBB. Links eine Ce 6/8 II ,<br />

eines der weltberühmten „Krokodile“, die<br />

1919 bis 1923 für Güterzüge am Gotthard<br />

gebaut wurden. Rechts eine Ae 6/6,<br />

die in den 60er- und 70er-Jahren am Gotthard<br />

für Furore sorgte Joachim Seyferth<br />

Größer, stärker, schwerer: Drei Exemplare<br />

beschafften die SBB von der wuchtigen<br />

und überaus kräftigen Doppellok<br />

Ae 8/14. Manche Lokführer zogen jedoch<br />

die kleineren, wendigeren Elloks<br />

der Reihe Ae 4/7 vor Slg. Peter Schricker<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

13


Chronik<br />

Mit Normal- und Schmalspurstrecken erschlossen <strong>Schweiz</strong>er <strong>Bahn</strong>gesellschaften die Berge.<br />

Im Bild die meterspurige, teils mit Zahnstange versehene Brünigbahn Luzern – Meiringen –<br />

Interlaken<br />

Slg. Peter Schricker<br />

Reiseverkehr im Jahr 1961: Zugführer und<br />

Schaffner an einem Schnellzug im <strong>Bahn</strong>hof<br />

Brig<br />

Dr. Peter Kristl/Slg. Thomas Wunschel<br />

Zeittafel: Eisenbahn in der <strong>Schweiz</strong><br />

Schienen in Helvetien<br />

Es begann mit einer grenzüberschreitenden Strecke und der „Spanisch-Brötli-<strong>Bahn</strong>“, ein steiler<br />

Aufstieg folgte. Heute ist die <strong>Schweiz</strong> das <strong>Bahn</strong>land Nummer eins in Europa. Ein Überblick<br />

Die Deutschschweiz und das Tessin<br />

1844 – 1845<br />

Die aus Strasbourg kommende Strecke erreicht<br />

Basel.<br />

1847<br />

Die 1845 gegründete <strong>Schweiz</strong>erische Nordbahn<br />

(SNB) eröffnet die erste innerschweizerische Strecke,<br />

Zürich – Baden („Spanisch-Brötli-<strong>Bahn</strong>“).<br />

1852 – 1857<br />

In der Deutschschweiz werden einige größere <strong>Bahn</strong>gesellschaften<br />

gegründet: die St. Gallisch-Appen -<br />

zellische Eisenbahngesellschaft, die mit der<br />

<strong>Schweiz</strong>erischen Südostbahn und der Glattalbahn zu<br />

den Vereinigten <strong>Schweiz</strong>er <strong>Bahn</strong>en (VSB) fusioniert,<br />

die <strong>Schweiz</strong>erische Centralbahn (SCB), die <strong>Schweiz</strong>erische<br />

Nordostbahn (NOB) als Fusion von SNB und<br />

Zürich–Bodenseebahn. Diese <strong>Bahn</strong>en eröffnen<br />

schrittweise eine rund 1.000 Kilometer lange Ost–<br />

West-Verbindung Bodensee – Zürich – Olten – Herzogenbuchsee<br />

– Solothurn – Neuchâtel – Lausanne<br />

– Genf, an die auch Bern, Chur, St. Gallen, Luzern,<br />

Schaffhausen und Basel angeschlossen werden.<br />

1870 – 1897<br />

Um das Monopol der „Herrenbahnen“ NOB, SCB<br />

und SO in der Westschweiz zu brechen, eröffnet die<br />

als „Volksbahn“ gegründete <strong>Schweiz</strong>erische Nationalbahn<br />

(SNB) die Strecke Konstanz – Singen – Winterthur<br />

(1875) – Baden – Zofingen (1877); wegen<br />

finanzieller Probleme wird sie 1878 zwangsliquidiert,<br />

die NOB übernimmt 1880 die Konkursmasse.<br />

1874<br />

Die 1871 gegründete Gotthard-<strong>Bahn</strong> (GB) eröffnet die<br />

Strecke Bellinzona – Locarno. Es folgen 1880 der<br />

Durchschlag des 15 Kilometer langen Gotthard-Scheiteltunnels<br />

und 1882 die Betriebsaufnahme auf der<br />

mehr als 200 Kilometer langen Strecke Immensee –<br />

Chiasso sowie der Zweiglinie Bellinzona – Luino.<br />

NOB und SCB vervollständigen – teilweise mit gemeinsamen<br />

Tochtergesellschaften – ihr Netz und<br />

stellen Anschlüsse zur Gotthard-<strong>Bahn</strong> her durch<br />

die Linien Brugg – Pratteln, Rupperswil – Immensee<br />

und Hendschiken – Brugg.<br />

1897<br />

Die GB eröffnet die Strecken Luzern – Immensee<br />

und Zug – Arth-Goldau und erweitert ihr Netz auf<br />

rund 270 Kilometer.<br />

Die Westschweiz<br />

1855 – 1890<br />

In der Westschweiz entstehen zahlreiche Eisenbahngesellschaften,<br />

die oft nur kürzere Abschnitte<br />

betreiben und unter finanziellen Nöten leiden.<br />

Die größte Gesellschaft ist die 1855 gegründete<br />

Compagnie de l’Ouest-Suisse (OS); daneben gibt<br />

es unter anderem die 1858 gegründete Chemin de<br />

fer Lausanne – Fribourg – Berne (LFB) sowie die<br />

1859 gegründeten Ligne d’Italie (LI) und Compag -<br />

nie Franco-Suisse (FS).<br />

Ab 1872 gibt es mehrere Fusionen. So schließen<br />

sich 1884 die Jura bernois (JB) und die Bern-Luzern-<strong>Bahn</strong><br />

(BLB) zur Jura-Bern-Luzern-<strong>Bahn</strong> (JBL)<br />

mit einem Streckennetz von 371 Kilometern zusammen.<br />

Dazu gehört auch die meterspurige Brünigbahn<br />

(1888 eröffnet).<br />

1890 entsteht die Jura–Simplon-<strong>Bahn</strong> (JB), die<br />

im gleichen Jahr die JBL kauft, in 35 Jahren<br />

20 Vorgängergesellschaften hatte und deren<br />

knapp 1.000 Kilometer langes Netz von Basel<br />

über die Grenzübergänge Delle, La Chaux-de-<br />

Fonds, Les Verrières, Vallorbe, Genf und Brig bis Luzern<br />

reicht.<br />

Gesamte <strong>Schweiz</strong><br />

1898<br />

Ein Volksentscheid votiert für die Verstaatlichung der<br />

Eisenbahnen. Daraufhin entstehen 1902 aus SCB,<br />

NOB, VSB und JS die <strong>Schweiz</strong>erischen Bundesbahnen<br />

SBB, denen 1909 die Gotthardbahn eingegliedert<br />

wird. Damit umfasst das Netz der SBB rund<br />

2.700 Kilometer. Es wird in den Folgejahren erweitert,<br />

so durch die Eröffnung des Simplontunnels (1906<br />

bzw. 1922), die Eröffnung des Hauenstein-Basistunnel<br />

(1916) sowie die Angliederung von Tösstal-<br />

(1918) und Seetalbahn (1922).<br />

1906 – 1913<br />

Als Privatbahn wird die Alpenbahngesellschaft Bern-<br />

Lötschberg-Simplon BLS gegründet. Sie kauft 1907<br />

die 1901 eröffnete Frutigen–Spiez-<strong>Bahn</strong> und fusioniert<br />

1913 mit der Thunerseebahn. Ebenfalls 1913 eröffnet<br />

die BLS die Lötschbergstrecke Frutigen – Brig und<br />

1915 die Grenchenberglinie Moutier – Lengnau. Die<br />

Strecken sind von Beginn an elektrifiziert.<br />

Ab 1920<br />

Die Elektrifizierung der Gotthardbahn und die Ausweitung<br />

der Elektrotraktion fordern robuste Elloks für<br />

die anspruchsvollen Bergstrecken. Wiederholt wird<br />

die <strong>Schweiz</strong> mit bedeutenden Fahrzeugen Vorreiter<br />

der technischen Entwicklung (s. S. 50-56).<br />

Der Transitverkehr nimmt nach einem Abschwung<br />

während des Ersten Weltkriegs wieder zu.<br />

Nach 1945<br />

Nach dem Rückgang im Zweiten Weltkrieg steigt der<br />

<strong>Bahn</strong>transitverkehr durch die <strong>Schweiz</strong> abermals an.<br />

14


Eisenbahn in der <strong>Schweiz</strong><br />

<strong>Schweiz</strong>er Formsignalparade, aufgenommen im <strong>Bahn</strong>hof Renens bei<br />

Lausanne im September 1973. Die bei den Eidgenossen übliche Bauform<br />

bestand aus gelochten Blechen<br />

Ludwig Rotthowe<br />

In Arth-Goldau treffen sich die Strecken von Basel – Luzern und Zürich<br />

– Zug zum Gotthard. Zwischenhalt eines Reisezugs mit einer<br />

Ellok der Serie Re 6/6<br />

Oliver Edingshaus<br />

Slg. Toni Burger<br />

Slg. Josef Kempiak<br />

Eine <strong>Schweiz</strong>er Fahrzeug-Berühmtheit ist der „Rote Pfeil“ genannte<br />

SBB-Schnelltriebwagen, hier als Einteiler RAe 2/4 Slg. Peter Schricker<br />

1957<br />

Die SBB beteiligen sich am System der Trans-<br />

Europ-Express-Züge.<br />

1968<br />

Bei den SBB fährt der letzte Dampfzug. Zuglok ist<br />

eine C 5/6.<br />

1974<br />

Die SBB eröffnen die Heitersberglinie.<br />

1982<br />

Einführung eines Taktfahrplans bei fast allen<br />

<strong>Schweiz</strong>er <strong>Bahn</strong>en.<br />

1992/1998<br />

Zwei Volksentscheide ebnen den Weg für die „Neuen<br />

Eisenbahn-Alpentransversalen“ (NEAT) mit zwei Basistunneln<br />

am Gotthard und Lötschberg sowie deren<br />

Finanzierung mit anderen Projekten (FiNöV).<br />

1997<br />

Die BLS fusioniert mit den mitbetriebenen <strong>Bahn</strong>en<br />

zur BLS Lötschberg AG.<br />

1999 – 2001<br />

Auf die Privatisierung der SBB und deren Aufgliederung<br />

in Personenverkehr, Cargo und Infrastruktur<br />

folgte die Basisvereinbarung SBB – BLS zur<br />

Neuaufteilung der Aufgabenbereiche.<br />

2004<br />

Eröffnung der Neubaustrecke Mattstetten – Rothrist,<br />

die mit 200 km/h befahren werden darf.<br />

2007<br />

Inbetriebnahme des Lötschberg-Basistunnels.<br />

2010/2011<br />

Durchschlag der Ost- bzw. Weströhre des Gotthard-<br />

Basistunnels.<br />

Schmalspur- und Bergbahnen (in Auswahl)<br />

1871<br />

Die Vitznau–Rigi-<strong>Bahn</strong> (VRB), die erste Bergbahn<br />

Europas (Normalspur und Zahnrad), wird eröffnet.<br />

1888<br />

Mit der Gründung der Schmalspurbahn Landquart–<br />

Davos AG, die 1895 in „Rhätische <strong>Bahn</strong>“ (RhB) umbenannt<br />

und 1897 durch einen kantonalen<br />

Volksentscheid zur „Staatsbahn Graubündens“ wird,<br />

entsteht das größte Meterspurnetz der <strong>Schweiz</strong>. Es<br />

umfasst die Strecken Landquart – Klosters (1889) –<br />

Davos (1890), Reichenau-Tamins – Ilanz (1903) –<br />

Disentis (1912), Chur – Thusis – Celerina (1903) –<br />

St. Moritz (1904), Samedan – Pontresina (1908),<br />

Davos Platz – Filisur (1910) sowie Bever – Scuol-<br />

Tarasp (1913).<br />

1891<br />

Die Visp–Zermatt-<strong>Bahn</strong> (VZ) nimmt die Strecke<br />

Visp – Zermatt in Betrieb.<br />

1907 – 1914<br />

Eröffnung der Strecke Bellinzona – Mesocco (1907),<br />

der Bernina-<strong>Bahn</strong> St. Moritz – Tirano (1910) und der<br />

Chur–Arosa-<strong>Bahn</strong> (1914). Sie werden alle von eigenen<br />

Gesellschaften betrieben, die 1942/43 mit der<br />

RhB fusionieren.<br />

1915<br />

Die Brig–Furka–Disentis-<strong>Bahn</strong> (BFD) nimmt die Teilstrecke<br />

Brig – Gletsch in Betrieb, geht aber 1922<br />

in Konkurs. VZ und RhB setzen den Bau fort.<br />

1917<br />

Die Schöllenenbahn eröffnet die Strecke Göschenen<br />

– Andermatt<br />

1930<br />

Der erste „Glacier Express“ fährt von St. Moritz<br />

über Chur, Brig nach Zermatt.<br />

1961<br />

Die Furka–Oberalp-<strong>Bahn</strong> löst sich aus der Betriebsgemeinschaft<br />

mit der VZ.<br />

1981<br />

Die Furka-Bergstrecke wird stillgelegt. Die Züge<br />

fahren hier fortan in einem Tunnel.<br />

1999<br />

Die RhB eröffnet die Vereina-Linie Klosters –<br />

Selfranga mit dem 19 Kilometer langen Tunnel und<br />

erweitert ihr Netz auf rund 400 Kilometer.<br />

2003<br />

Furka–Oberalp- und Brig–Visp–Zermatt-<strong>Bahn</strong> fusionieren<br />

zur Matterhorn–Gotthard-<strong>Bahn</strong>.<br />

2004<br />

Die Luzern–Stans–Engelberg-<strong>Bahn</strong> kauft die Brünigbahn<br />

der SBB und bildet die neue Zentralbahn (zb).<br />

2008<br />

Albula- und Bernina-Strecke der RhB werden in das<br />

UNESCO-Welterbe aufgenommen.<br />

DR. HANS-BERNHARD SCHÖNBORN/GM<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

15


Chronik<br />

Die Gotthard-Bergstrecke ist nach<br />

wie vor eine wichtige Transitroute.<br />

Im Bild zwei Pärchen aus Re 4/4<br />

und Re 6/6 (Re 10/10 genannt)<br />

mit einem Zug des Kombinierten<br />

Ladungsverkehrs Florian Martinoff<br />

Das <strong>Schweiz</strong>er Eisenbahnnetz<br />

Der Sonderweg<br />

Im Vergleich zu ihren Nachbarn machte die <strong>Schweiz</strong> in der Eisenbahn-Entwicklung manches anders.<br />

Viele <strong>Bahn</strong>gesellschaften schufen ein dichtes Netz, selbst der Aufstieg des Individualverkehrs sorgte<br />

bestenfalls für eine gebremste Reduzierung des Schienennetzes. Wie war das möglich?<br />

Mit einer Streckenlänge von 4.876 Kilometern<br />

(Stand: 2010) hat die<br />

<strong>Schweiz</strong> bezogen auf ihre Fläche von<br />

41.285 Quadratkilometern neben der Tschechischen<br />

Republik das dichteste Eisenbahnnetz<br />

der Welt. Es ist zu fast 79 Prozent normalspurig<br />

und fast vollständig elektrifiziert.<br />

Die Züge verkehren bis auf wenige Ausnahmen<br />

nach einem festen Taktfahrplan, wobei<br />

die Knotenbahnhöfe in der Regel weniger als<br />

60 Minuten voneinander entfernt sind. Nach<br />

dem <strong>Schweiz</strong>er Eisenbahngesetz gehören auch<br />

Straßen- und schienengebundene Bergbahnen<br />

(z. B. Standseilbahnen) zu den Eisenbahnen<br />

– was die „Verkehrsdichte“ rechnerisch erhöht.<br />

Der Anteil der <strong>Bahn</strong> am gesamten Verkehrsaufkommen<br />

liegt beim Personenverkehr bei<br />

17 Prozent und beim Güterverkehr bei<br />

39 Prozent, einem Spitzenwert.<br />

Mit diesen Zahlen steht die <strong>Schweiz</strong> bestens<br />

da. Den Ruf als <strong>Bahn</strong>land Nummer eins<br />

in Europa verteidigt sie wacker – nicht zuletzt<br />

durch hohe Fahrgastzahlen. Dass die Verhältnisse<br />

so sind, verdankt sie einer kontinuierlichen<br />

Entwicklung und besonderen landesbezogenen<br />

Gegebenheiten.<br />

Schrittweiser Aufbau<br />

Die <strong>Bahn</strong>-Historie begann in dem Alpenland<br />

am 7. August 1847. Damals verkehrte der erste<br />

Zug in der <strong>Schweiz</strong>, die „Spanisch-Brötli-<br />

<strong>Bahn</strong>“ von Zürich nach Baden. Danach ging<br />

Kontinuierlicher Aufbau und landesbezogene Eigenheiten<br />

machten die <strong>Schweiz</strong> zum <strong>Bahn</strong>land Nr. 1<br />

es – mit einigen Irrungen und Wirrungen –<br />

steil bergauf. Das Eisenbahngesetz von 1852<br />

eröffnete Privatbahnen die Möglichkeit zum<br />

Streckenbau. Der Bedarf, viele, auch unwegsame<br />

Regionen zu erschließen, sorgte für reges<br />

Bauinteresse. Bis 1865 wuchs das Schienennetz<br />

auf 1.263 Kilometer an. Alle wichtigen<br />

Städte zwischen Bodensee und Genfersee waren<br />

angebunden, auch wenn die <strong>Bahn</strong>en unter<br />

finanziellen Problemen litten. Ein neues<br />

Eisenbahngesetz hielt am Privatbahnbau fest,<br />

gab dem Bund aber mehr Einfluss durch das<br />

Erteilen und Erneuern von Konzessionen. Politische<br />

Umwälzungen machten die <strong>Bahn</strong> zum<br />

Objekt der Machtpolitik, führten zu Parallelplanungen<br />

und zum Bankrott einer <strong>Bahn</strong>gesellschaft.<br />

Trotzdem war 1880 das normalspurige<br />

Schienennetz 2.448,5 Kilometer lang.<br />

Der Gotthard als Transitstrecke und die Zufahrtslinien<br />

Luzern – Immensee und Zug –<br />

Arth-Goldau wurden gebaut. Damit war das<br />

Hauptstreckennetz vollständig, als es die<br />

<strong>Schweiz</strong>erischen Bundesbahnen (SBB) am<br />

1. Januar 1902 übernahmen. Einziger „Sonderling“<br />

im SBB-Netz blieb die meterspuri-<br />

16


Das Eisenbahnnetz<br />

Vor dem <strong>Bahn</strong>hofsgebäude von Brig fahren die Züge der schmalspurigen<br />

Brig-Visp-Zermatt-<strong>Bahn</strong> ab (Bild von 1983)<br />

Peter Kusterer<br />

Betrieb bei der Rhätischen <strong>Bahn</strong>: Im Dezember 1988 steht ein Triebwagen<br />

mit einem Schneepflug im Depot Sand in Chur<br />

Slg. Toni Burger<br />

ge, teilweise mit Zahnstange ausgerüstete Brünigbahn<br />

Luzern – Meiringen – Interlaken Ost.<br />

Allgemein wuchs der Transitverkehr durch die<br />

<strong>Schweiz</strong>, bei Personen wie Gütern, was die Eisenbahn<br />

noch mehr förderte (und forderte).<br />

Touristische <strong>Bahn</strong>en<br />

Dazu kam seit dem späten 19. Jahrhundert der<br />

wachsende Tourismus. Ob nebelgeplagte Briten<br />

im sonnigen St. Moritz oder betuchte<br />

Deutsche und Russen auf Sommerfrische an<br />

den Alpenpässen, der Urlaubsverkehr boomte<br />

und mit ihm die Eisenbahn. Zahlreiche<br />

neue <strong>Bahn</strong>gesellschaften errichteten Schmalspur-<br />

und Bergbahnen mit touristischer Orientierung.<br />

Aus all diesen regionalen, lokalen,<br />

touristischen <strong>Bahn</strong>en und Bähnchen ragte die<br />

Rhätische <strong>Bahn</strong> (RhB) als „Bündner Staatsbahn“<br />

hervor, deren Stammnetz durch Fusionen<br />

erweitert wurde.<br />

Der Erste Weltkrieg und die anschließende<br />

Weltwirtschaftskrise bedeuteten für zahlreiche<br />

Bauvorhaben das Aus. Das Streckennetz veränderte<br />

sich in den nächsten Jahren kaum, bei<br />

den <strong>Bahn</strong>gesellschaften führten finanzielle<br />

Probleme zu Fusionen.<br />

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

erfasste dann eine Stilllegungswelle Straßenbahnen<br />

und jene (schmalspurigen) Nebenstrecken,<br />

die in oder unmittelbar neben einer<br />

Straße verliefen und dem Autoverkehr Platz<br />

machen mussten. Oft war auch das Rollmaterial<br />

überaltert. Dennoch hielten sich die<br />

Auswirkungen im Vergleich zu anderen europäischen<br />

Ländern in Grenzen. Noch immer<br />

(oder gerade jetzt) gab es vitales touristisches<br />

Interesse an der <strong>Schweiz</strong>, die Eisenbahnen wa-<br />

Der Streckenbau<br />

machte Olten zu<br />

einem der wichtigsten<br />

<strong>Bahn</strong>knoten der<br />

<strong>Schweiz</strong> (Foto mit<br />

ICN und Rangiereinheit,<br />

Juni 2003).<br />

Hier treffen sich die<br />

Strecken aus Basel,<br />

Luzern, Aarau, Bern<br />

und Solothurn<br />

Slg. Toni Burger<br />

ren als Transportmittel gefragt. Außerdem<br />

empfahl sich die Schiene oft als bestmögliche<br />

Verbindung. Buslinien wurden in vielen Fällen<br />

nicht zur Konkurrenz, sondern zum Zubringer<br />

der Eisenbahnen.<br />

Projekte in jüngerer Zeit<br />

In den letzten Jahren gibt es nun wieder namhafte<br />

Erweiterungs- und Modernisierungsprojekte.<br />

1999 wurden die Vereina-Linie und<br />

der Vereina-Tunnel der RhB fertig gestellt<br />

(Länge 22 Kilometer), 2003 und 2004 die<br />

zweite Doppelspur Zürich – Thalwil (zehn Kilometer)<br />

und die Neubaustrecke Mattstetten<br />

– Rothrist (45 Kilometer). 2007 folgte der<br />

Lötschberg-Basistunnel (35 Kilometer).<br />

Bis 2019 sollen die Basistunnels am Gotthard<br />

(57 Kilometer) und Ceneri (15 Kilometer)<br />

fertig sein und die Gotthard-Strecke zu einer<br />

„Flachbahn“ machen. In nächster Zeit<br />

sollen in Zürich der dritte unterirdische <strong>Bahn</strong>hof<br />

samt der „Durchmesserlinie“ Zürich-Oerlikon<br />

– Altstetten sowie die Verbindungen<br />

Genf – Annemasse und Mendrisio – Varese<br />

in Betrieb gehen. Außerdem soll die <strong>Schweiz</strong><br />

besser an das europäische Hochgeschwindigkeits-Netz<br />

angebunden werden. Das Land selber<br />

verfügt aufgrund der Topografie über keine<br />

Hochgeschwindigkeitsstrecken, es sei denn,<br />

man definiert die Neubaustrecke Mattstetten<br />

– Rothrist und die Basistunnel am Lötschberg<br />

und Gotthard als solche.<br />

Ab etwa 2015 sollen unter dem Titel „Zukünftige<br />

Entwicklung der <strong>Bahn</strong>infrastruktur“<br />

(ZEB) systemgefährdende Engpässe im nationalen<br />

Schienennetz beseitigt werden. Eine<br />

weitergehende Entwicklung der <strong>Bahn</strong>infrastruktur<br />

wird zurzeit bei der Erarbeitung der<br />

Programmbotschaft „<strong>Bahn</strong> 2030“ untersucht.<br />

Zuletzt gab es zwar Überlegungen zur Still legung<br />

kleinerer defizitärer Strecken beispielsweise<br />

in der Westschweiz. Dennoch gibt es bis<br />

dato keine Anzeichen dafür, dass der Sonderweg<br />

der <strong>Schweiz</strong> und ihr Ruf als Eisenbahnland<br />

in Gefahr wären.<br />

Dr. Hans-Bernhard Schönborn/MHZ<br />

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Glühend goldene Espen, die bekannten spektakulären<br />

Scheinanfahrten und<br />

<br />

Wegen der Netzdichte in der <strong>Schweiz</strong> liegen in manchen <strong>Bahn</strong>höfen<br />

Schmalspur- und Normalspurgleise, wie hier in Luzern (1983) Peter Kusterer<br />

www <br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013 17


Chronik<br />

Slg. Dr. Dietmar Beckmann<br />

18


Historische Streckenkarte<br />

Streckenkarte 1939<br />

Das<br />

Netz<br />

damals<br />

Die SBB und alle anderen –<br />

so teilt die Karte der späten<br />

30er-Jahre das <strong>Schweiz</strong>er<br />

Netz ein. Erstaunlich viel<br />

blieb bis in die heutigen Tage<br />

erhalten; nur einige wenige<br />

Strecken (und <strong>Bahn</strong>en) sind<br />

seither verschwunden<br />

1939 war auch für die SBB ein besonderes<br />

Jahr: Zur Landesausstellung präsentierte sie<br />

sich unter anderem mit einem Informationsbüchlein<br />

(o.) und mit einer Ellok Ae 8/14<br />

Athletin am Lötschberg: Ellok Be 6/8 (später<br />

Ae 6/8) der BLS, hier eine Lok der ersten Serie<br />

in Ausserberg Slg. Knipping, Slg. Frühwein (o.)<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013 19


BLS/Lötschbergbahn<br />

Die Entwicklung der BLS<br />

Die neue Alpenbahn<br />

Mit der Eröffnung der Lötschbergbahn trat im Juni 1913 ein neues <strong>Schweiz</strong>er<br />

Eisen bahnverkehrsunternehmen in Erscheinung. Die Bern-Lötschberg-Simplon-<strong>Bahn</strong><br />

stieg zur zweitgrößten <strong>Bahn</strong>gesellschaft des Alpenlandes auf, machte den SBB<br />

abschnittsweise Konkurrenz und ließ mit wegweisen den Neuerungen aufhorchen<br />

20


Die Entwicklung der BLS<br />

Auf der Lötschberg-Südrampe rollt im September<br />

1961 eine Ellok Ae 6/8 mit einem Reisezug Basel –<br />

Brig talwärts, links die Rhône-Ebene. Zwischen der<br />

Station Goppenstein oben am Berg und dem <strong>Bahn</strong>hof<br />

Brig unten liegen mehr als 500 Höhenmeter<br />

W. Tausche/Slg. Thomas Wunschel, BLS (Logo)<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

21


BLS/Lötschbergbahn<br />

LINKS OBEN Mit der<br />

Drehgestell-Ellok<br />

Ae 4/4 geht die BLS<br />

in den 40er-Jahren<br />

technisch neue<br />

Wege. Noch in den<br />

80er-Jahren werden<br />

die Loks vor Personenzügen<br />

eingesetzt<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

RECHTS OBEN Schon<br />

1926 fuhr die BLS<br />

erste Autos durch<br />

den Lötschbergtunnel.<br />

Ab Frühjahr<br />

1960 gibt es dort<br />

den planmäßigen<br />

„Autoverlad“ zwischen<br />

Kandersteg<br />

und Goppenstein<br />

(Bild in Goppenstein)<br />

Archiv BLS<br />

Slg. Toni Burger<br />

LINKS UNTEN Am<br />

14. Juni 1911 findet<br />

die offizielle Durchschlagsfeier<br />

für den<br />

Lötschbergtunnel<br />

statt. Der Bauzug<br />

bringt die Festgäste<br />

von Kandersteg<br />

nach Goppenstein<br />

Archiv BLS<br />

RECHTS UNTEN Die beiden<br />

größten <strong>Bahn</strong>gesellschaften<br />

der<br />

<strong>Schweiz</strong> beisammen:<br />

Im <strong>Bahn</strong>hof Spiez<br />

machen Züge der<br />

SBB und der BLS<br />

Station<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

22


<strong>Bahn</strong>verkehr im Laufe der Zeit<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

23


BLS/Lötschbergbahn<br />

An der Südrampe liegt die Station Lalden, aufgenommen in der Frühzeit der BLS. Links finden<br />

sich das WC-Häuschen und der akkurat gestaltete Gemüsegarten von Frau Vorstand Archiv BLS<br />

Darstellung der Schienenverbindung von<br />

Bern über die neu eröffnete Lötschberg-<strong>Bahn</strong><br />

nach Brig. Die Berner Alpenbahngesellschaft<br />

Bern-Lötschberg-Simplon (BLS) hatte ihre<br />

Verkehrsader fertig gestellt – und eine Ungleichheit<br />

im <strong>Bahn</strong>netz ausgeglichen.<br />

Denn mit der Inbetriebnahme der Gotthardbahn<br />

im Jahr 1882 war der Kanton Bern<br />

mit der gleichnamigen Kantons- und Bundeshauptstadt<br />

von der<br />

alpenquerenden Nord–<br />

Süd-Hauptverkehrsachse<br />

abgeschnitten worden.<br />

Deshalb entschloss sich<br />

der Kanton, all seine föderalistischen<br />

Rechte auszuschöpfen<br />

und eine eigene<br />

Transitbahn zu<br />

bauen, was aber zur Folge<br />

hatte, dass keine finanzielle<br />

Unterstützung durch<br />

die Eidgenossenschaft zu<br />

erwarten war. Die Bundesbehörden und Bundesbahnen<br />

wehrten sich vehement gegen eine<br />

mit der Gotthard-Strecke konkurrierende<br />

Transitachse. Unerwartet kam ideelle und finanzielle<br />

Unterstützung aus Frankreich, weil<br />

das Land 1871 das Elsass und Lothringen<br />

samt dem Grenzübergang Basel an Deutschland<br />

verloren hatte; Wirtschaftskreise in Paris<br />

waren sehr an einer internationalen Transitstrecke<br />

Frankreich – <strong>Schweiz</strong> – Italien mit<br />

dem Grenzort Delle interessiert.<br />

Slg. Toni Burger<br />

Reisende in einem Zug vor der Fahrt nach Brig. Mit der Lötschberg-Route gab es von Bern<br />

und Basel eine schnelle Verbindung in die südliche <strong>Schweiz</strong><br />

Archiv BLS (2, auch S. 25 o.)<br />

Slg. Toni Burger<br />

24<br />

Gleich neben der Streckenkarte setzt der<br />

Text ein. „Der sonnige Süden, das<br />

Land der Kunst, und der ernstere Norden<br />

mit seinen vielberühmten Naturschönheiten<br />

reichen sich wiederum nachbarlich die<br />

Hand. Ein weiteres Band verknüpft sie durch<br />

gemeinsame Interessen. Dem modernen Weltfahrer<br />

ist ein neues Tor geöffnet, das auf der<br />

einen Seite in die herbe, hehre Schönheit<br />

der bernischen Alpenwelt<br />

schaut, auf der anderen<br />

nach der malerischen Pracht<br />

der Lombardei gerichtet ist.<br />

Am Lötschberg, auf der<br />

Grenze zwischen Bern und<br />

Wallis, ist dieses Tor geöffnet,<br />

durch den Lötschberg<br />

eine neue Heerstrasse der<br />

Völker geführt worden. Es<br />

ist dies die Berner Alpenbahn,<br />

die künftig neben<br />

Gotthard und mit der<br />

Simplonbahn als gleichwertiges<br />

Instrument des Verkehrs und ebenbürtige<br />

technische Schöpfung dastehen wird.<br />

Die interessantesten Bildungsstätten Italiens<br />

sind dadurch mit dem Herzblatt der <strong>Schweiz</strong>,<br />

mit dem berühmten Naturgarten Berner<br />

Oberland durch einen direkten Schienenstrang<br />

verbunden.“ So poetisch beginnt die<br />

Broschüre „Die Berner Alpenbahn“ 1913 die<br />

Nach dem Bau der Gotthardbahn lag der Kanton<br />

Bern abseits. Also baute er eine eigene Transitbahn<br />

Der Bau der Lötschbergbahn<br />

Für diese Transitstrecke wurden mehrere Linienführungen<br />

via Frutigen und Lötschberg<br />

erarbeitet. Am Schluss standen sich das<br />

Lötschbergprojekt und die Wildstrubelvariante<br />

gegenüber, welche die bernische Kantonsregierung<br />

in zwei Parteien spalteten.<br />

Schließlich gewann das Initiativkomitee „Pro<br />

Lötschberg“, und wenige Monate vor Baubeginn<br />

wurde am 27. Juli 1906 die „Berner Alpenbahngesellschaft<br />

Bern–Lötschberg–Simplon<br />

BLS“ gegründet. Am 1. Januar 1907<br />

übernahm sie für rund 3,6 Millionen <strong>Schweiz</strong>er<br />

Franken die Spiez–Frutigen-<strong>Bahn</strong> (SFB),<br />

die bereits seit dem 24. Juli 1901 zwischen den<br />

im Namen genannten Orten fuhr.<br />

Die Arbeiten an der rund 58 Kilometer langen<br />

Bergstrecke Frutigen – Kandersteg – Brig<br />

wurden an ein französisches Konsortium vergeben.<br />

Die Arbeiten am 13,7 Kilometer langen<br />

Lötschbergtunnel zwischen Kandersteg<br />

und Goppenstein begannen am 15. Oktober<br />

1906, also noch im selben Jahr, in dem der<br />

Simplontunnel zwischen Brig und Iselle eingeweiht<br />

wurde. 1907 verlangten die Bundesbehörden<br />

von der BLS, den Lötschbergtunnel<br />

auf Doppelspur auszubauen und seine Zufahrtsrampen<br />

mit einem entsprechenden Profil<br />

zu projektieren. Während der Tunnel zweispurig<br />

gebaut wurde, scheiterte das Vorhaben,<br />

den Unterbau für ein zweites Gleis auf der Gesamtstrecke<br />

anzulegen, aus finanziellen Gründen.<br />

Als am 24. Juli 1908 während der Ausbrucharbeiten<br />

unter dem Gasterntal große<br />

Mengen Wasser und Sedimentgestein einbrachen,<br />

verloren 25 italienische Mineure ihr Leben.<br />

Die Arbeiten ruhten zunächst ein halbes<br />

Jahr, dann wurde der Stollen zugemauert und


Die Anfänge der BLS<br />

Mit dem eindrucksvollen Kanderviadukt überspannt<br />

die Lötschbergbahn bei Frutigen das<br />

Kandertal. In den 50er-Jahren ist hier eine Ellok<br />

Ae 4/4 samt Personenzug unterwegs<br />

mittels drei Kurven „umfahren“, so dass sich<br />

der Lötschbergtunnel auf 14,6 Kilometer verlängerte.<br />

Am 31. März 1911 war der Berg<br />

durchstoßen.<br />

Die Zufahrtsrampen zum Lötschbergtunnel<br />

erforderten auf beiden Seiten zahlreiche<br />

Kunstbauten, insgesamt 33 Tunnel, drei Lawinenschutzgalerien<br />

und 22 Brücken. Am<br />

19. Juni 1913 wurde die Gesamtstrecke Spiez<br />

– Frutigen – Kandersteg – Brig feierlich dem<br />

Verkehr übergeben. Während die Versuchsstrecke<br />

Spiez – Frutigen zunächst mit 15 Hz<br />

elektrifiziert worden war, wurde die Gesamtstrecke<br />

von Anfang an mit 15 kV 16 2/3 Hz<br />

Wechselstrom betrieben, weil sich die Verwaltungen<br />

von Preußen, Bayern und Baden<br />

auf diesen Wert als <strong>Bahn</strong>frequenz geeinigt hatten.<br />

Die internationalen Transitzüge Frankreich<br />

– <strong>Schweiz</strong> – Italien konnten jedoch nicht<br />

lange geführt werden; bald schon brach der<br />

Erste Weltkrieg aus.<br />

Weiterentwicklung der BLS<br />

Per 1. Januar 1913 fusionierte die BLS mit der<br />

Thunerseebahn (TSB), welche – neben der<br />

Schifffahrt auf dem Thuner- und Brienzersee<br />

– die <strong>Bahn</strong>strecke Scherzligen (Thun) – Spiez<br />

– Interlaken – Bönigen betrieb. 1915 kam<br />

dann die Strecke der Münster–Lengnau-<strong>Bahn</strong><br />

(MLB) hinzu, die aber rechtlich von Anfang<br />

an Bestandteil der BLS war.<br />

HINTERGRUND: DIE RIVALINNEN BLS UND SBB<br />

Mitte des 19. Jahrhunderts entbrannte in der<br />

<strong>Schweiz</strong> ein heftiger Streit, ob der Privatbahnbau<br />

oder das Prinzip der Staatsbahn zu bevorzugen<br />

sei. Das Eisenbahngesetz von 1852<br />

schrieb die kantonale Eisenbahnhoheit fest,<br />

was zu einer rasanten Entwicklung des Streckennetzes<br />

führte, aber auch zu Wildwuchs,<br />

parallelen Streckenführungen und finanziellen<br />

Problemen bei vier Fünfteln aller <strong>Bahn</strong>gesellschaften.<br />

Daher beschloss das <strong>Schweiz</strong>ervolk<br />

am 20. Februar 1898 die Verstaatlichung der<br />

großen Privatbahnen. Ab 1. Januar 1902 befand<br />

sich das Hauptstreckennetz samt der inzwischen<br />

gebauten Gotthard-Route im Besitz<br />

der <strong>Schweiz</strong>erischen Bundesbahnen SBB.<br />

Nach anfänglicher Skepsis erkannten die Veantwortlichen<br />

im Kanton Bern bald die Entwicklungsmöglichkeiten<br />

der Eisenbahn,<br />

insbesondere der Simplonbahn für den eigenen<br />

Kanton; schließlich brauchte der Simplon-<br />

Tunnel eine Anbindung nach Norden. Daher<br />

unterstützten sie die Jura–Simplon-<strong>Bahn</strong>.<br />

Nach der Verstaatlichung auch dieser <strong>Bahn</strong><br />

zeigten die SBB aber keinerlei Interesse an<br />

einer Lötschberg-Route, war sie doch eine<br />

Konkurrenz für den Gotthard. Also gründete<br />

der Kanton Bern „seine eigene Privatbahn“,<br />

die BLS. Die Zuständigkeiten waren klar: Die<br />

BLS betrieb die Lötschberg-Strecke und die<br />

„mitbetriebenen <strong>Bahn</strong>en“, die SBB waren für<br />

den größten Teil des Normalspurnetzes zuständig,<br />

wobei der Interessenschwerpunkt auf<br />

dem Gotthard und den Zufahrtslinien lag.<br />

Konkurrenz und Kooperation<br />

Auch wenn die Verhältnisse – SBB an erster,<br />

BLS an zweiter Stelle – lange Zeit so blieben,<br />

gab es zeitweilige Rivalitäten. Etwa, wenn<br />

fahrzeugtechnische Innovationen der BLS die<br />

SBB als weniger fortschrittlich erscheinen ließen.<br />

Als in den 1980er-Jahren umsteigefreie<br />

Direktverbindungen etwa von Basel nach Domodossola<br />

eingerichtet wurden, verließen<br />

immer öfter BLS-Fahrzeuge das angestammte<br />

Gebiet und tauchten im SBB-Netz auf. Umgekehrt<br />

fuhren SBB-Garnituren am Lötschberg.<br />

Gegen Ende des 20. Jahrhunderts wurden in<br />

der Europäischen Union viele ehemalige<br />

Staatsbahnen zu Aktiengesellschaften (im Besitze<br />

des Staates), also (scheinbar) Privatbahnen<br />

mit aufgeteilten Geschäftsbereichen.<br />

Auch die SBB teilte man 1999 in eine Aktiengesellschaft<br />

mit den Divisionen Personenverkehr,<br />

Cargo und Infrastruktur auf. Die verhielt<br />

sich bald darauf kapitalorientiert und entwickelte<br />

eine gewisse Begehrlichkeit, sich die<br />

Konkurrentin am Lötschberg einzuverleiben.<br />

Doch dazu kam es nicht. Vielmehr unterzeichneten<br />

SBB und BLS am 15. Mai 2001 eine Basisvereinbarung,<br />

welche die Aufgabengebiete<br />

der beiden <strong>Bahn</strong>unternehmen neu absteckte<br />

und Synergien schaffen sollte. Die BLS übernahm<br />

ab Ende 2004 die System- und Marktverantwortung<br />

für die S-<strong>Bahn</strong> Bern, die zweitgrößte<br />

S-<strong>Bahn</strong> der <strong>Schweiz</strong>, sowie die RegioExpress-<br />

Züge Bern – Luzern, während die SBB neu den<br />

Personenfernverkehr auf dem BLS-Netz verantwortete.<br />

Im Cargo- und Infrastruktur-Bereich<br />

wurden die Tätigkeiten von SBB und BLS ebenfalls<br />

neu definiert, wobei im Cargo- Bereich teilweise<br />

die Konkurrenz-Situation erhalten blieb.<br />

Bei der Umsetzung dieser Basis vereinbarung<br />

kam es auch zu einem Austausch von Rollmaterial<br />

und Personal.<br />

HBS/MHZ<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

25


BLS/Lötschbergbahn<br />

Lieblich und gemütlich anzuschauen ist der Endbahnhof Bönigen, in dem im Oktober 1963 ein Triebzug die Verbindung nach Interlaken Ost herstellt.<br />

Später ersetzen Autobusse den Zugverkehr auf der Stichstrecke<br />

Friedhelm Ernst<br />

eigenen Verwaltungsräten waren, lagen Betrieb<br />

und Verwaltung bei der BLS (bzw. vorher<br />

bei der TSB). Dadurch konnten Fahrzeuge<br />

und Personal freizügig eingesetzt<br />

werden. Nur über die Rollmaterialbeschaffungen<br />

entschieden die einzelnen Verwaltungsräte,<br />

so dass es in diesem Bereich zu<br />

Unterschieden kam und die Fahrzeuge das<br />

Kürzel der jeweiligen <strong>Bahn</strong>gesellschaft trugen.<br />

Mehrheitseigner aller <strong>Bahn</strong>en war der<br />

Kanton Bern, welcher nach dem Ersten<br />

Weltkrieg wegen des Kohlemangels per Regierungsdekret<br />

entschied, dass die <strong>Bahn</strong>en zu<br />

elektrifizieren seien, was den <strong>Bahn</strong>en den<br />

Spitznamen „Berner Dekretsbahnen“ eintrug.<br />

„Dekretsmühlen“ wurden im Volksmund<br />

die Elektrolokomotiven genannt, die<br />

der Kanton auch gleich bestellte.<br />

Noch ohne Zierstreifen und Wappen präsentiert sich die erste der kräftigen Doppelloks Ae 8/8<br />

im Mai 1959 in Gwatt fürs Foto. Die „Munis“ (Stiere) fuhren vor allem im Güterverkehr Archiv BLS<br />

Betriebsverträge bestanden mit der Spiez–<br />

Erlenbach-<strong>Bahn</strong> und der Erlenbach-Zweisimmen-<strong>Bahn</strong>,<br />

welche 1942 zu der 35 Kilometer<br />

langen Spiez–Erlenbach–Zweisimmen-<strong>Bahn</strong><br />

(SEZ) fusionierten, des Weiteren mit der Gürbetal-<br />

und Bern–Schwarzenburg-<strong>Bahn</strong>, deren<br />

Fusion zur 52 Kilometer langen Gürbetal–<br />

Bern–Schwarzenburg-<strong>Bahn</strong> (GBS) 1944 stattfand,<br />

und mit der 43 Kilometer langen, 1901<br />

eröffneten Bern–Neuenburg-<strong>Bahn</strong> (BN).<br />

Während die „mitbetriebenen <strong>Bahn</strong>en“<br />

rechtlich eigenständige Gesellschaften mit<br />

Die ersten Betriebsjahre<br />

Am 18. September 1913 wurde der internationale<br />

Personenverkehr am Lötschberg aufgenommen.<br />

Er umfasste ein Zugpaar Boulogne<br />

– Paris Est – Delle – Bern – Lötschberg<br />

– Milano, zwei Zugpaare Paris Est – Milano<br />

und je ein Zugpaar Basel SBB – bzw. Bern –<br />

Milano. Außerdem gab es grenzüberschreitenden<br />

Güterverkehr, der zu Beginn des Ersten<br />

Weltkriegs stark zunahm; an Spitzentagen<br />

wurden bis zu acht Kohlezüge Deutschland –<br />

Italien über den Lötschberg befördert. Durch<br />

den Kriegseintritt Italiens 1915 brach der in-<br />

26


Betriebsbeginn und erste Erfolge<br />

ÜBERBLICK KENNZAHLEN DER BLS, 1959<br />

Bern-Lötschberg-Simplon-<strong>Bahn</strong> (BLS)<br />

Eisenbahnfahrzeuge<br />

Elloks 25 (+ MB: 14)<br />

Elektr. Traktoren 9<br />

Dampfloks 1<br />

Triebwagen 7 (+ MB: 19)<br />

Diensttriebfahrzeuge 4 (+ MB: 2)<br />

Personenwagen 95 (+ MB: 27)<br />

Gepäckwagen 24 (+ MB: 5)<br />

Güterwagen 230 (+ MB: 179)<br />

Privatwagen - (+ MB: 3)<br />

Dienstwagen 89 (+ MB: 23)<br />

Länge des Streckennetzes (km) 118 (+ MB: 130)<br />

Beförderungsleistungen<br />

Zugdienst (km) 2.686.351<br />

Vorspann, Rangieren etc. 387.856<br />

Beförderte Personen 6.763.959<br />

Personenkilometer 118.854.576<br />

Einnahmen (CHF) 12.956.417<br />

Beförderte Gesamtgütertonnen 3.256.310<br />

Güterverkehr im Transit (t) 1.645.703<br />

Einnahmen (CHF) 22.771.770<br />

Verkehrs-Einnahmen (CHF) 35.728.187<br />

Motorfahrzeugtransport durch den Lötschbergtunnel<br />

Automobile 7.016<br />

Motorräder 1.205<br />

Mitarbeiter<br />

1.837, davon<br />

allg. Verwaltung 160 (+ 6*)<br />

<strong>Bahn</strong>bewachung 39 (+ 7*)<br />

Stationsdienst 406 (+ 6*)<br />

Zugbegleitung 184<br />

Zugförderung 251<br />

Unterhalt der <strong>Bahn</strong>anlagen 240 (+ 43*)<br />

Elektrische Anlagen 62 (+ 2*)<br />

Unterhalt der Fahrzeuge 411<br />

Schiffsbetrieb Thuner- und Brienzersee 84 (+ 5*)<br />

Schifffahrt auf dem Thunersee<br />

Anzahl der Schiffe 11<br />

Beförderte Personen 1.189.346<br />

Einnahmen (CHF) 1.627.952<br />

Schifffahrt auf dem Brienzersee<br />

Anzahl der Schiffe 5<br />

Beförderte Personen 380.721<br />

Einnahmen (CHF) 277.820<br />

Anmerkungen: MB = Mitbetriebene <strong>Bahn</strong>en; diese Angaben kommen<br />

zum jeweiligen Bestand der BLS noch hinzu<br />

*Aushilfs-Personal<br />

Betriebsleistungen der mitbetriebenen <strong>Bahn</strong>en (MB)<br />

Bern-Neuenburg-<strong>Bahn</strong> (BN)<br />

Betriebslänge (km) 43<br />

Beförderte Personen 2.453.575<br />

Beförderte Fracht (t) 328.597<br />

Einnahmen (CHF) 4.824.095<br />

Simmentalbahn (SEZ)<br />

Betriebslänge (km) 35<br />

Beförderte Personen 806.458<br />

Beförderte Fracht (t) 93.947<br />

Einnahmen (CHF) 2.520.819<br />

Gürbetal-Bern-Schwarzenburg-<strong>Bahn</strong> (GBS)<br />

Betriebslänge (km) 52<br />

Beförderte Personen 2.559.794<br />

Beförderte Fracht (t) 346.956<br />

Einnahmen (CHF) 4.133.281<br />

Quelle: Heft Bern-Loetschberg-Simplon, 3. Auflage, Bern 1960<br />

gebaute Elloks der Reihe<br />

Be 6/8 mit den Nummern<br />

201 bis 204. Die<br />

neuen Lokomotiven besaßen<br />

Einzelachsantrieb<br />

und beeindruckten<br />

durch ihre Leistungswerte:<br />

Sie konnten<br />

die Zughakenlast von<br />

510 Tonnen auf einer<br />

27-Promille-Steigung<br />

mit 50 km/h befördern.<br />

Die Höchstgeschwindigkeit<br />

lag bei<br />

75 km/h, 1939 nach<br />

einem Getriebe-Umbau bei 90 km/h. Damit<br />

erschloss die BLS im Lokomotivbau neue Dimensionen.<br />

Die zweite Serie mit den Nummern<br />

205 bis 208, gebaut 1939 bis 1943 von<br />

SLM und SAAS, hatte runde Führerstände und<br />

eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h, so<br />

dass die Typenbezeichnung auf „Ae 6/8“ geändert<br />

wurde. Eine weitere Neuheit war, dass diese<br />

Loks sitzend, nicht mehr stehend bedient<br />

wurden. Die zweite Serie verfügte über eine Siternationale<br />

Verkehr fast vollständig zusammen.<br />

Ebenfalls 1915 eröffnete die BLS zwischen<br />

Moutier und Lengnau die „Grenchenberglinie“<br />

mit dem 8,5 Kilometer langen<br />

Grenchenbergtunnel, welche über den Grenzort<br />

Delle und Grenchen bzw. Biel die internationale<br />

Linie Frankreich – <strong>Schweiz</strong> – Italien<br />

hätte herstellen sollen. 1919 kamen jedoch<br />

durch das Versailler Abkommen das Elsass und<br />

Lothringen wieder zu Frankreich, so dass der<br />

internationale Verkehr über Basel/St-Louis abgewickelt<br />

wurde. Delle verlor seine Bedeutung<br />

für den Transitverkehr.<br />

Die Zwischenkriegszeit<br />

Da der Güterverkehr in den 20er-Jahren<br />

hauptsächlich über die direktere, neu elektrifizierte<br />

Gotthard-Strecke abgewickelt wurde,<br />

wuchs die Belegung der Lötschbergbahn erst<br />

in der zweiten Hälfte der 20er-Jahre wieder<br />

nennenswert. Ab 1924 gab es erneut zwei internationale<br />

Zugpaare, nämlich Boulogne –<br />

bzw. Paris Est – Lötschberg – Milano und Basel<br />

– Milano.<br />

Der zunehmende Zugverkehr in den 20er-Jahren<br />

beseitigte alle Zweifel am Wert der Lötschbergbahn<br />

Auch der Güterverkehr zwischen Deutschland<br />

und Italien über die Lötschberg–Simplon-Route<br />

nahm jetzt zu und der innerschweizerische<br />

Verkehr ins und vom Wallis<br />

erlebte einen großen Aufschwung. Dazu trugen<br />

auch die 1926 beginnenden Autotransporte<br />

zwischen Kandersteg und Goppenstein<br />

bzw. anderen Verladestationen bei. Jetzt zweifelte<br />

niemand mehr am politischen und wirtschaftlichen<br />

Wert der Lötschberg-Strecke.<br />

Weil die vorhandenen Elektrolokomotiven<br />

der Reihe Be 5/7 den steigenden Ansprüchen<br />

nicht mehr genügten, beschaffte die BLS zwischen<br />

1926 und 1931 vier von Breda und SAAS<br />

Slg. Toni Burger<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

27


BLS/Lötschbergbahn<br />

Wie die SBB setzte die BLS im Rangierdienst auf Stangen-Elloks. Im<br />

September 1970 ist eine Ee 3/3 in Spiez im Einsatz Albert Schöppner (2)<br />

Aus dem Traktionsteil der Triebwagen CFe 2/6 entstanden zwei Rangier-Elloks<br />

Te 2/3, genannt „Halbesel“ (Lok 32 in Spiez, 1965)<br />

ÜBERBLICK KENNZAHLEN DER BLS AG, STAND 31.12.2011<br />

Streckennetz<br />

Netzlänge der Betriebsführung<br />

520 km<br />

Netzlänge im Eigentum der BLS AG (Infrastruktur)<br />

436 km<br />

Befahrenes Liniennetz <strong>Bahn</strong> und Bus<br />

700 km<br />

Entwicklung Verkehr und Infrastruktur 2011<br />

Reiseverkehr (Millionen Personen)<br />

Regionalverkehr <strong>Bahn</strong> und Bus 54,8<br />

Schiff 0,9<br />

Total 55,7<br />

Autoverlad (Millionen transportierte Fahrzeuge)<br />

Kandersteg – Goppenstein 1,3<br />

Cargo (Millionen Nettotonnenkilometer) 3.826<br />

Infrastruktur (Millionen Bruttotonnenkilometer)<br />

Transitgüterzüge auf der Lötschbergachse 1.860,2<br />

Trassenkilometer (gefahrene Millionen auf eigener Infrastruktur)<br />

Personenverkehr 11,7<br />

Güterverkehr 2,0<br />

Total 13,7<br />

Energieverbrauch <strong>Bahn</strong>strom<br />

Millionen Kilowattstunden 166,9<br />

Mitarbeitende<br />

Personenverkehr (<strong>Bahn</strong>, Bus und Schiff) 274<br />

Infrastruktur 746<br />

<strong>Bahn</strong>produktion 1.414<br />

Management Services (Stäbe) 199<br />

BLS Cargo AG 80<br />

BLS Cargo Italia s.r.l. 19<br />

BLS Cargo Deutschland 8<br />

Busland AG 96<br />

Total 2.836<br />

Konzernfinanzen in 1.000 CHF<br />

Betriebsaufwand 910.694<br />

Betriebsertrag 895.950<br />

Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) 14.744<br />

Betriebsergebnis vor Steuern (EBT) 836<br />

Konzerngewinn 233<br />

Aktienkapital in Prozent<br />

Bund 21,70<br />

Kanton Bern 55,75<br />

Nicht stimmberechtigte Aktien 7,83<br />

Natürliche und juristische Personen 6,11<br />

Andere Kantone, Gemeinden 8,61<br />

cherheitssteuerung und die von den <strong>Schweiz</strong>erischen<br />

Bundesbahnen (SBB) eingeführte<br />

Zugsicherung Signum. Die erste Serie wurde<br />

1955/56 – auch äußerlich – angepasst.<br />

Den nächsten, auch international bedeutsamen<br />

Meilenstein im Lokomotivbau setzte die<br />

BLS 1944 mit den Elloks der Reihe Ae 4/4. Bei<br />

ihnen handelte es sich um die erste wirklich leistungsstarke,<br />

laufachslose Drehgestell-Lok, die<br />

Vorbild für viele andere Baureihen im In- und<br />

Ausland wurde. Sie konnte 400 Tonnen auf einer<br />

27-Promille-Steigung mit 75 km/h befördern!<br />

1965/66 wurden die Nummern 253 –<br />

256 in Doppellokomotiven Ae 8/8 umgebaut.<br />

Zweiter Weltkrieg und<br />

Nachkriegszeit<br />

Der Zweite Weltkrieg führte wieder zu einem<br />

Zusammenbruch des Verkehrs über den Lötschberg,<br />

zumal der anschließende Simplon-Tunnel<br />

strategische Bedeutung hatte. Nach dem Krieg<br />

erholte sich der Verkehr nur langsam, so dass erst<br />

1954 das Vorkriegsniveau wieder erreicht wurde.<br />

Erfolgreich gestaltete sich der „Autoverlad“,<br />

der am 1. Juni 1960 fahrplanmäßig aufgenommen<br />

wurde. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung<br />

nahm der Autoverkehr rasant zu, die<br />

geplante Autobahn durch den Rawil bedrohte<br />

den Autoverlad und damit ein wichtiges Standbein<br />

der BLS stark. Doch wurde die Rawil-Autobahn<br />

nach vehementen Protesten der Bevölkerung<br />

zu den Akten gelegt.<br />

Mehr Kapazität für die Strecke: In den 70er-Jahren<br />

begann der Ausbau auf durchgehend zwei Gleise<br />

Angesichts des steigenden Verkehrsaufkommens<br />

drängte sich eine Ausweitung der Streckenkapazitäten<br />

mehr und mehr auf, was die BLS<br />

– mit Unterstützung aus der Politik – ab den<br />

70er-Jahren anging. 1976 genehmigte der Bundesrat<br />

einen Baukredit von 620 Millionen Franken<br />

für den doppelspurigen Ausbau der Lötschbergstrecke<br />

in mehreren Phasen. Ein Jahr später<br />

begannen die Arbeiten, am 8. Mai 1992 konnte<br />

schließlich die durchgehende Doppelspur eingeweiht<br />

werden. 1993 erhielt die BLS vom Bund<br />

den Auftrag, auf ihrer Linie einen Huckepackkorridor<br />

für den Transport von Straßenfahrzeu-<br />

28


Die 50er- bis 90er-Jahre<br />

Güterverkehr im Kleinen mit einem Gepäcktransport bei der BLS. Anno 1959 machte diese Beförderungsart 3,49 % im Gesamtgüterverkehr<br />

der <strong>Bahn</strong> aus. Den Löwenanteil hatte der allgemeine Güterverkehr inne (90,2 %); der Postverkehr lag bei 5,22 %, der Tierverkehr bei 1,09 %<br />

Slg. Toni Burger<br />

gen von 2,5 Metern Breite und<br />

vier Metern Eckhöhe zu ermöglichen.<br />

Die Bauarbeiten begannen<br />

im Januar 1994, doch die<br />

Inbetriebnahme dieses Transitkorridors<br />

verzögerte sich wegen<br />

geologischer Probleme auf der<br />

(italienischen) Simplon-Südseite.<br />

Der Betrieb der „Rollenden<br />

Autobahn“ (RoLa) Novara (I) –<br />

Freiburg im Breisgau (D) begann<br />

erst am 11. Juni 2001.<br />

Auch fahrzeugtechnisch<br />

betrat die BLS Neuland.<br />

Nachdem die SBB ab 1991<br />

mit der Re 460 eine Drehstrom-Ellok beschafft<br />

hatten, zog die BLS 1994–97 mit der Re 465<br />

nach. Sie sieht der SBB-Version ziemlich<br />

ähnlich, übertrifft diese aber leicht an Leistungs<br />

fähigkeit und erreicht mit 6.400 kW einen<br />

Spitzenwert, der seinesgleichen sucht.<br />

Wettbewerb unter den <strong>Bahn</strong>en<br />

Am Ende des 20. Jahrhunderts veränderte<br />

sich das wirtschaftliche, politische und rechtliche<br />

Umfeld für die Eisenbahnen in Europa<br />

so grundlegend, dass auch bei den Schwei-<br />

Die Schifffahrt ist nach wie vor Teil des Angebots der BLS. Hier das Dampfschiff „Lötschberg“<br />

auf dem Brienzersee unterhalb der Gießbachfälle<br />

Archiv BLS (2, auch Bild o.)<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

29


BLS/Lötschbergbahn<br />

Dreifachtraktion mit drei BLS-Ellokgenerationen vor einem RoLa-Zug. Wenn eine Re 465 als „Dolmetscher“ eingereiht<br />

ist, können alle Streckenloks der BLS von einem Lokführer in Vielfachsteuerung gefahren werden Dr. Dietmar Beckmann<br />

Die BLS richtete sich frühzeitig strategisch<br />

neu aus und fusionierte zum 1. Januar 1997<br />

mit den „mitbetriebenen <strong>Bahn</strong>en“ SEZ, GBS<br />

und BN zur „BLS Lötschbergbahn AG“. Es<br />

entstand eine neue Organisationsstruktur, die<br />

auf den drei ergebnisorientierten Kerngeschäften<br />

Personenverkehr, Cargo und Infrastruktur<br />

aufbaute; dabei<br />

wurden die Bereiche<br />

„Infrastruktur“<br />

und „Verkehr“ rechnerisch<br />

und organisatorisch<br />

getrennt.<br />

Im Rahmen ihrer<br />

Neuausrichtungen einigten<br />

sich die Konkurrentinnen<br />

BLS und<br />

SBB auf eine neue Aufgabenteilung, welche in<br />

der „Basisvereinbarung“ vom 15. Mai 2001<br />

festgeschrieben und beim Fahrplanwechsel<br />

vom 12.12.2004 größtenteils umgesetzt wurde<br />

(siehe Kasten).<br />

Slg. Toni Burger<br />

Von 1977 bis 1992 wurde die Lötschberglinie durchgehend zweigleisig ausgebaut. Der <strong>Bahn</strong>verkehr<br />

lief währenddessen weiter<br />

Archiv BLS<br />

zer <strong>Bahn</strong>en Umstrukturierungen unumgänglich<br />

wurden. Unter dem Stichwort „Divisionalisierung“<br />

hielten die Aufteilung in<br />

Personen- und Güterverkehr, die Ausgliederung<br />

der Infrastruktur, die Liberalisierung<br />

und der Wettbewerb bei den großen <strong>Bahn</strong>gesellschaften<br />

Einzug.<br />

Das NEAT-Projekt<br />

Am 27. September 1992 stimmten die<br />

<strong>Schweiz</strong>erinnen und <strong>Schweiz</strong>er mit großer<br />

Mehrheit dem Projekt „Neue Eisenbahn-Alpentransversalen“<br />

(NEAT) zu, das als politischen<br />

Kompromiss einen Basistunnel am<br />

Lötschberg wie am Gotthard vorsah. Beide<br />

sollen dazu dienen, den Güter- und insbesondere<br />

den Lkw-Verkehr durch die Alpen weiter<br />

auf die Schiene zu verlagern.<br />

Der Lötschberg-Basistunnel (LBT) sollte<br />

ursprünglich 41 Kilometer lang sein und aus<br />

zwei Röhren zwischen Frutigen und dem Rhônetal<br />

bestehen. Aus finanziellen Gründen<br />

musste das Projekt erheblich redimensioniert<br />

werden: Die Tunnellänge zwischen Frutigen<br />

im Berner Oberland und Raron im Rhônetal<br />

beträgt nur noch 34,6 Kilometer. Nur eine der<br />

30


NEAT und BLS AG<br />

ÜBERBLICK TRIEBFAHRZEUGE DER BLS, STAND 31.12.2011<br />

Loks und Triebwagen im kommerziellen Einsatz<br />

Elloks<br />

Bezeichnung<br />

Anzahl<br />

Triebzüge<br />

Bezeichnung<br />

Anzahl<br />

Re 420 (Re 4/4 ex SBB) 6 RABe 525 „NINA“ 37<br />

Re 425 (Re 4/4 BLS) 33 RABe 535 „Lötschberger“ 21<br />

RBDe 565 21<br />

Re 456 (vermietet) 2<br />

RBDe 566 I 8<br />

Re 465 18<br />

RBDe 566 II 13<br />

Re 485 20 RABe 526 (GTW) 13<br />

Re 486 10 RABe 515 „MUTZ“ geplant<br />

Historische Fahrzeuge<br />

Bezeichnung Anzahl Inbetriebnahme<br />

Ed 3/3 (GTB 3) (Dampflokomotive) 1 1900<br />

Ec 4/5 (SMB 11) (Dampflokomotive) 1 1911<br />

Ce 4/6 (Nr. 307) 1 1920<br />

Ae 6/8 (Nr. 205) 1 (mietbar) 1939<br />

BDe 4/6 (Nr. 736) 1 1938<br />

Ae 4/4 (Nrn. 251/258) 2 (Nr. 251 mietbar) 1944/1955<br />

Ae 8/8 /Nrn. 273/275) 2 (Nr. 273 mietbar) 1952/1963<br />

Be 4/4 (Nr. 761) „Wellensittich“ 1 (mietbar) 1953<br />

Infrastrukturfahrzeuge<br />

Bezeichnung<br />

Anzahl<br />

Am 843 (Nrn. 501 – 504) 4<br />

selbstfahrende<br />

Erhaltungsfahrzeuge 9<br />

XTmas<br />

Bezeichnung<br />

Anzahl<br />

Tem 225 (Nrn. 56 – 57) 2<br />

Tm 235 (Nrn. 79 … 89) 6<br />

Tm 235 (Nrn. 091 – 094) 4<br />

Bezeichnung<br />

Anzahl<br />

Tm 235 (Nrn. 095 – 097) 3<br />

Tm 235 (Nr. 100) 1<br />

Tm 236 (Nrn. 380 – 384) 5<br />

Tm 235 (Nrn. 201 – 214) 14<br />

Hilfswagen Xas<br />

(Nrn. 502 – 503) 2<br />

Lösch- und Rettungszug (1) 1<br />

XTmas/Xans<br />

(1)<br />

besteht aus 2 Rettungsfahrzeugen, 1 Tanklöschwagen, 1 Gerätefzg.<br />

„MUTZ“ heißt der neue BLS-Nahverkehrstriebzug. Am 20. März 2012<br />

wird MUTZ 01 (515 001) bei Stadler in Erlen präsentiert, Ende 2012<br />

hat die BLS vier der Fahrzeuge im Einsatz<br />

Sven Klein<br />

Die Gütertochter BLS Cargo kommt bei ihren Einsätzen weit über das<br />

Kernnetz hinaus (Foto mit zwei Re 485 in Basel) Slg. Marco Frühwein<br />

beiden Röhren wurde vollständig ausgebrochen,<br />

mit den bahntechnischen Anlagen versehen<br />

und dem Betrieb mit einer Maximalgeschwindigkeit<br />

von 200 km/h übergeben, die<br />

andere Röhre steht nur teilweise dem Verkehr<br />

zur Verfügung, existiert teilweise als Rohbau<br />

und wurde teilweise noch gar nicht ausgebrochen;<br />

der Tunnel ist im Rhônetal vorerst nur<br />

in Richtung Visp – Brig an die Simplon-Strecke<br />

der SBB angebunden.<br />

Für den Bau des Lötschberg-Basistunnels<br />

wurde 1993 die BLS-Tochtergesellschaft BLS<br />

AlpTransit AG geschaffen. Die feierliche Eröffnung<br />

des Tunnels fand am 16. Juni 2007<br />

statt, der kommerzielle Betrieb wurde vollständig<br />

zum Fahrplanwechsel am 9. Dezember<br />

2007 aufgenommen. Die Kapazität des<br />

Tunnels von 40 Personen- und 70 bis 80 Güterzügen<br />

täglich erweist sich aus heutiger Sicht<br />

als zu gering, so dass sich verschiedene politische<br />

und wirtschaftliche Kreise, unter anderem<br />

das „Lötschberg-Komitee“ für einen Vollausbau<br />

der zweiten Röhre einsetzen. Zwar verlor<br />

die Lötschberg-Bergstrecke mit dem Tunnel<br />

an Bedeutung – der Fernreiseverkehr und<br />

viele Güterzüge nehmen nun diesen Weg.<br />

Ganz entbehrlich ist sie aber nicht; ihr verblieben<br />

der Regionalverkehr, der Autoverlad<br />

und einige Güterzüge. Die Bergstrecke ist Bestandteil<br />

des Güterkorridors Rotterdam – Genua<br />

und zudem als Rückfallebene wichtig.<br />

Durch den Lötschberg-Basistunnel verlor die Bergstrecke<br />

an Bedeutung. Entbehrlich ist sie aber nicht<br />

Nach der Eröffnung des Lötschberg-Basistunnels<br />

hatte die BLS AlpTransit AG eigentlich<br />

ihren Zweck erfüllt. Gleichzeitig verlangte<br />

aber der Bund, dass die Infrastruktur der<br />

BLS eigentumsmäßig in eine separate AG ausgegliedert<br />

und dem Bund die Mehrheit an dieser<br />

AG übereignet werden sollte. Deshalb<br />

übertrug man die Aktiven und Passiven der<br />

BLS-Infrastruktur auf die BLS AlpTransit AG<br />

und firmierte diese in „BLS Netz AG“ um.<br />

Die Infrastruktur wird aber weiterhin von der<br />

BLS AG geführt, das Personal<br />

ist bei der BLS AG angestellt.<br />

Fusion zur BLS AG<br />

Im Juni 2006 fusionierten<br />

die Regionalverkehr Mittelland<br />

AG (RM) und die BLS<br />

Lötschbergbahn AG mit<br />

der neu geschaffenen BLS<br />

AG, indem die Generalversammlungen<br />

der beiden<br />

<strong>Bahn</strong>en der Fusion<br />

mit der BLS AG zustimmten.<br />

Die Eigner des<br />

neuen Unternehmens<br />

sind der Kanton Bern mit einem<br />

Aktienanteil von 55,8 Prozent, der Bund mit<br />

21,7 Prozent sowie weitere Kantone, Gemeinden<br />

und Private mit 22,5 Prozent. Die eigentliche<br />

Gründung fand am 24. April 2006<br />

mit dem Tausch der BLS- und RM-Aktien gegen<br />

solche der BLS AG statt.<br />

Die BLS AG hat ihren Sitz in Bern und ist<br />

mit einem (normalspurigen) Streckennetz von<br />

436 Kilometern (nach den SBB) heute das<br />

zweitgrößte Eisenbahnverkehrsunternehmen<br />

in der <strong>Schweiz</strong>. Sie ist zugleich die größte Pri-<br />

Slg. Toni Burger<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

31


BLS/Lötschbergbahn<br />

Im <strong>Bahn</strong>hof Zweisimmen besteht die Übergangsmöglichkeit von Normal- auf Schmalspur. Die BLS-Züge kommen von Spiez, die Meterspurzüge<br />

der Montreux-Oberland-Bernois (MOB) stellen die Verbindung zum Genfer See her<br />

Christian Völk, Archiv BLS (u.)<br />

– Zweisimmen, Bern – Luzern sowie Bern –<br />

Brig über die Lötschberg-Bergstrecke. Das<br />

Gütergeschäft wird hingegen von der rechtlich<br />

selbstständigen Tochter BLS Cargo geführt,<br />

während das Gütergeschäft des RM noch vor<br />

der Fusion in die Crossrail AG ausgegliedert<br />

und dieses Unternehmen verkauft worden ist.<br />

Außerdem betreibt die BLS die Schifffahrt auf<br />

dem Thuner- und Brienzersee sowie durch die<br />

Tochtergesellschaft „Busland AG“ ein ausgedehntes<br />

Busnetz im Emmental.<br />

Bei der BLS AG sind zurzeit mehr als 2.800<br />

Mitarbeitende aus 20 Nationen tätig. 2011<br />

wurden durch die BLS AG mit <strong>Bahn</strong>, Bus und<br />

Schiff 55,7 Millionen Passagiere befördert.<br />

Rückblick: Festlich geschmückt steht Ellok Fb 5/7 Nr. 160 am 28. Juni 1913 in Spiez zur<br />

Fahrt mit dem Eröffnungszug bereit. 2013 feiert die BLS das Jubiläum mit diversen Festen<br />

vatbahn des Landes, wenn man in Betracht<br />

zieht, dass die heute ebenfalls privatrechtlichen<br />

<strong>Schweiz</strong>erischen Bundesbahnen SBB als<br />

Staatsunternehmen gegründet sind.<br />

Die BLS AG betreibt den regionalen Personenverkehr<br />

in einem Gebiet zwischen dem<br />

Neuenburger- und Vierwaldstättersee, dem<br />

Juragebirge und dem Simplonmassiv, deckt<br />

also einen Wirtschaftsraum mit 1,5 Millionen<br />

Einwohnern ab. Neben der S-<strong>Bahn</strong> Bern, dem<br />

zweitgrößten S-<strong>Bahn</strong>-System der <strong>Schweiz</strong>, betreut<br />

die BLS AG den Regio- und RegioExpress-Verkehr<br />

auf rund 700 Kilometern z. B.<br />

durch die RE-Züge Bern – Neuchâtel, Bern<br />

Gestern und heute bei der BLS<br />

Im 100. Jahr des Bestehens der Lötschbergbahn<br />

haben bei der BLS AG Tradition wie<br />

Moderne ihren Platz. Man sieht die klassisch<br />

braunen Elloks der Reihe Re 4/4, die modernen<br />

Re 465 und die jungen Nahverkehrs-<br />

Triebwagen „NINA“ oder „Lötschberger“ im<br />

Blau-Grün-Weiß der BLS-Gegenwart. Dabei<br />

gibt sich die <strong>Bahn</strong>gesellschaft durchaus<br />

selbstbewusst. In ihrem Internet-Auftritt<br />

heißt es: „Die BLS ist die starke, selbstständige<br />

Nummer zwei im <strong>Bahn</strong>geschäft.“ In diese<br />

Richtung hatten auch die Autoren der Broschüre<br />

1913 anlässlich des Betriebsstarts auf<br />

der Lötschbergstrecke gedacht.<br />

Dr. Hans-Bernhard Schönborn/MHZ<br />

32


Die Entwicklung der BLS<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Moderner Nahverkehr Marke BLS: Zwei „NINA“-Triebzüge begegnen sich im Juni 2003 im<br />

<strong>Bahn</strong>hof Kerzers in der Westschweiz<br />

Toni Burger<br />

Die Bietschtalbrücke auf der Südrampe ist eines der markantesten Bauwerke der Strecke.<br />

Hier wird sie von Triebwagen Fe 4/5 Nr. 796 mit einem Güterzug befahren Slg. Thomas Wunschel<br />

STICHWORT: JUBILÄUMSFEIERN DER LÖTSCHBERG<strong>BAHN</strong> 2013<br />

Zum 100-jährigen Bestehen der Lötschbergbahn<br />

haben die BLS AG und diverse Partner<br />

ein Jubiläumsprogramm auf die Beine gestellt<br />

und Sonderangebote aufgelegt. So veranstalten<br />

die Volkshochschule Bern und die BLS-<br />

Stiftung Ende Mai eine Vortragsreihe zum<br />

Thema, unter anderem mit einem Besuch des<br />

Historischen Depots in Burgdorf. Weitere Veranstaltungen<br />

sind:<br />

01. Juni 2013: Eröffnung der Sonderausstellungen<br />

„100 Jahre Lötschbergbahn“ im Tropenhaus<br />

Frutigen (läuft bis 31. Januar 2014)<br />

und zum Bau der Lötschbergbahn im Lötschentalermuseum<br />

Kippel (läuft bis März<br />

2014)<br />

29./30. Juni 2013: „Grosses BLS-Eisenbahnfest<br />

in Frutigen“, unter anderem mit historischen<br />

Sonderzügen auf dem Abschnitt<br />

Frutigen – Kandersteg<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

15. Juli 2013: Sonderfahrt mit historischer<br />

Zuggarnitur und Lok Ae 6/8 205 anlässlich<br />

„100 Jahre Betriebseröffnung“<br />

06. September 2013: Einweihung des verlängerten<br />

Südrampen-Wanderwegs von Lalden<br />

bis Brig<br />

07./08. September 2013: „Südrampenfest“,<br />

u.a. mit „großem Publikumsanlass“ entlang<br />

der Südrampe von Goppenstein bis Brig<br />

Vom 1. April bis 31. Dezember 2013 bietet die<br />

BLS täglich je 100 Jubiläums-Tageskarten an,<br />

die für 25 CHFr (1. Klasse: 40 CHFr, ohne<br />

Halbtax jeweils doppelter Preis) Fahrten mit<br />

allen BLS-Verkehrsmitteln gestatten. Der Vorverkauf<br />

für die Fahrkarten beginnt jeweils vom<br />

Stichtag aus zwei Monate im voraus.<br />

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und -angeboten unter www.bls.ch/100 GM<br />

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33<br />

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BLS/Lötschbergbahn<br />

Reisebericht 1913<br />

„Brigue,<br />

train direct!“<br />

Die Lötschbergbahn ist wenige Monate in Betrieb,<br />

als am 12. November 1913 eine Reisegruppe aus der<br />

Ostschweiz die neue Strecke von Bern bis Brig befährt.<br />

Einer der Reisenden hat seine Eindrücke festgehalten.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> gibt sie auszugsweise wieder<br />

Ziemlich rau und unwirtlich zeigt sich die Lötschberg-Südrampe. Was die Reisenden des Jahres 1913 aber in Verzückung bringt, ist der Ausblick<br />

auf die grandiose, überraschend geometrisch geordnete Landschaft des Rhônetals tief unten<br />

Die Berner Alpenbahn beginnt an der Schwelle des Berner Oberlandes,<br />

in Thun. Der Kopf dieser ganzen, großen Verkehrsposition<br />

ist aber die Bundesstadt Bern, wo ja auch die Verwaltung<br />

der Berner Alpenbahn ihren Sitz hat. Wir lenken ein in den zweiten<br />

Perron, dort, wo sie rufen: Thun, Spiez, Lötschberg, Brigue , Simplon<br />

Mailand, Train direct!<br />

Zwei Eisenbahnlinien verbinden Bern mit Thun und das vielgepriesene<br />

Berner Oberland mit der Zentralschweiz: die Schnellzugslinie<br />

über Münsingen und die mehr lokalen Charakter tragende Linie über<br />

Belp durch das malerische Tal der Gürbe. Wer das stille Genießen landschaftlicher<br />

Schönheit und das Volkstum der raschen Beförderung vorzieht,<br />

wird auf der Gürbethalbahn auf seine Rechnung kommen. Thun,<br />

die Anfangsstation der Berner Alpenbahn, bildet das Eingangstor zum<br />

Berner Oberland und ist ein bedeutender Kurort. Die Stadt gibt auch<br />

dem Thunersee, diesem prächtigen Alpengewässer, seinen Namen.<br />

Auf der Nordrampe hoch zum Lötschbergtunnel<br />

Die <strong>Bahn</strong> führt zunächst nach Scherzligen und von da in großem Bogen<br />

um das westliche Ende des Thunersees herum nach Gwatt. Auf dieser<br />

Strecke zeigen sich links die herrlichen Schneeriesen des Berner<br />

Oberlandes über dem blauen Seespiegel. Inzwischen steigt die <strong>Bahn</strong> am<br />

linken Ufer langsam in die Höhe. Dem Auge bietet sich eine herrliche<br />

Aussicht auf die blauen Fluten des Thunersees, seine blühenden<br />

Ufer und hinüber an die bewaldeten Berglehnen mit den lieblichen<br />

Dörfern. Kurz vor Spiez tritt die <strong>Bahn</strong> hinter einen bewaldeten Hügel,<br />

um plötzlich den Blick auf den an einer Bucht malerisch gelegenen<br />

Kurort, auf den See und die sich besonders hübsch präsentierenden Berge<br />

frei zu geben. Vom hoch gelegenen <strong>Bahn</strong>hof genießt man einen umfassenden<br />

Rundblick auf Schloss, See und<br />

Hochgebirge, während unten ein neues<br />

Bild den Beschauer fesselt. Dort beherrscht<br />

die mächtige Landwarte des Niesen<br />

das Gesichtsfeld. Während wir so in<br />

die Betrachtung versunken sind, wechseln<br />

sie vorn an unserer Wagenreihe die Maschine<br />

und statt mit Dampfkraft geht’s<br />

nun mit der elektrischen vorwärts.<br />

Von hier steigen wir über der Thunerseelinie<br />

sachte zum Fuße des bewaldeten<br />

Hondrichgebirges empor, durchfahren<br />

einen ca. 1,5 Kilometer langen<br />

Tunnel, um jenseits in die unterste Talstufe<br />

des Kandertales einzudringen. Sofort<br />

nach dem Tunnel öffnet sich das Tal<br />

in seiner grandiosen alpinen Pracht. Bad<br />

Heustrich, die erste Station, ist ein Kurort und hat sich zu einem Heilbade<br />

ersten Ranges entwickelt. Die nächste Station, Mülenen-Aeschi,<br />

ist Ausgangspunkt der Drahtseilbahn auf den Niesen. Weiter geht’s in<br />

schnellem Lauf und wir erreichen bald das freundliche Dorf Reichenbach,<br />

eine ruhige Sommerfrische mit interessanten Bauernhäusern.<br />

Von Reichenbach gewinnt die <strong>Bahn</strong> endlich den Hauptplatz des unteren<br />

Kandergeländes, Frutigen an der Ausmündung des Engstligenbaches<br />

in die Kander. Hier erhielten wir wiederum den Eindruck, an<br />

der Schwelle eines eigentlichen Gebirgslandes zu stehen. In der Tat<br />

beginnen hier auch die großen Kunstbauten der Lötschbergbahn, der<br />

technisch interessante Teil.<br />

34


Lötschberg-Fahrt 1913<br />

Zahlreiche Kunstbauten überquert der Zug auf der Nord- wie auf der<br />

Südrampe. Auf Letzterer liegt auch die Jolitobel-Brücke (Foto)<br />

In Spiez löst eine Ellok die Dampflok vor dem Zug ab; es handelt sich<br />

um eine Maschine der Reihe Fb 5/7 Slg. Thomas Wunschel (5)<br />

Der Schienenstrang steigt gleich hinter dem Dorfe sanft an der westlichen<br />

Hügellehne hinan, die von der Ruine Tellenburg gekrönt wird.<br />

Die <strong>Bahn</strong> setzt vor der Tellenburg auf großartigem Steinviadukt von elf<br />

mächtigen Bögen auf die jenseitige Talseite über. Die beiderseitigen<br />

Bergzüge laufen jetzt keilförmig zusammen und verengen das Tal, über<br />

dessen Wiesengründe unten die Weiler und Bauerngehöfte, Stadel und<br />

Scheunen von Kandergrund verstreut liegen.<br />

Ein Pfiff, und weiter rollen die Räder,<br />

um in den Tunnel einzutauchen<br />

Bald ist die Station Blausee-Mitholz erreicht. Ihr Name weist schon<br />

auf ein sehenswertes Naturspiel hin. In geringer Entfernung der Haltestelle<br />

haben gewaltige Naturkräfte im Waldesdickicht aus Riesenblöcken<br />

einen Wall aufgetürmt. Inmitten dieser romantischen Steinwildnis<br />

liegt der winzige, wunderbare Blausee. Noch im engeren<br />

Gesichtskreis dieser seltsamen kleinen Zauberwelt ein anderes Bild: Auf<br />

unzugänglich scheinendem Fels, welchen die <strong>Bahn</strong> im Tunnel unterfährt,<br />

ragt das Turmgemäuer der Felsenburg empor.<br />

Von der Station Blausee-Mitholz an beginnen die hauptsächlichsten<br />

Kunstbauten. Hier finden wir teils offen geführte, teils in Tunnel<br />

gelegte große Schleifen, über welche die <strong>Bahn</strong> auf die Höhe der prächtigen<br />

Bergstation Kandersteg und deren langen, ebenen Talboden<br />

kommt. Reich ausgestattet ist Kandersteg in Bezug auf Naturschönheiten,<br />

mit einem Kranze berühmter Gipfel, wunderbaren Alpentälern,<br />

dem Oeschinensee und den Kanderfällen. Das heimelige Dorfbild weist<br />

neben altertümlichen Gasthäusern auch große neue Hotelbauten auf.<br />

Auf der Südrampe hinab nach Brig<br />

Ein Pfiff, und weiter rollen die unaufhaltsamen Räder, um kurz nachher<br />

in den großen, ca. 14 Kilometer langen Lötschbergtunnel einzutreten.<br />

Bei Goppenstein mündet die Linie ins Walliser Gebiet ein. Unten<br />

im Tale erblicken wir das Dorf Gampel im Rhônetal, während wir<br />

selbst auf hübscher Bogenbrücke die Lonza überschreiten. Von hier aus<br />

wechselt die <strong>Bahn</strong> beständig zwischen Tunnels und offener Geleisestrecke.<br />

Vor der Station Hohtenn wendet sie sich ostwärts, um in das<br />

Rhônetal einzutreten, hoch über der Talsohle.<br />

Die Südhänge des Rhônetales werden mit ihren Felsketten, Alphängen,<br />

Kirchdörfern und Weilern schon bald nach Verlassen von Goppenstein<br />

in der Ferne sichtbar. Doch auch technisch bietet die <strong>Bahn</strong><br />

neuerdings hohes Interesse. Ihr Gelände, der Felsfluss von Bietschhorn<br />

und Breithorn, über welches sie nun allmählich nach Brig hinabsteigt,<br />

ist außerordentlich wild, durch eine Anzahl in das Rhônetal vorspringender<br />

Felsenklippen und die dazwischen liegenden schluchtartigen<br />

Täler. Diese Hindernisse überwindet die <strong>Bahn</strong> durch großartige technische<br />

Anlagen, Tunnels und Viadukte.<br />

Beim Eintritt ins Rhônetal spricht den Beobachter eine neue Kulturwelt<br />

an. An Stelle des leichten, germanischen Holzbaues des Nordens<br />

Der <strong>Bahn</strong>hof Ausserberg auf der Südrampe; die Lötschberglinie hat<br />

man hier aufwendig in den Hang gebettet<br />

findet hier der schwere romanische Steinbau Anwendung. Unmittelbar<br />

unter dem <strong>Bahn</strong>damm kleben solch kleine, malerische Ansiedlungen<br />

aus grauen Steinhäusern primitivster Form wie Adlerhorste zwischen<br />

Felsgruppen und Föhren. Tief unten streckt sich die flache, mehrere Kilometer<br />

weite und von der Rhône durchzogene Talsohle hin. Es haftet<br />

etwas Symmetrisches an der ganzen Kulturanlage da unten. Dazu tritt<br />

noch die geometrische Einteilung der Ackerfelder und der Weinberge.<br />

Doch was sind das für Rinnen, die meilenweit teils dem Berg entlang<br />

geführt werden, teils in den Felsen eingehauen sind? Es sind Bewässerungskanäle.<br />

Diese kühne Anlage dieses uralten, besonders am<br />

Südfuße der Berner Alpen verbreiteten Bewässerungssystems reißt mit<br />

Recht den Beobachter zur Bewunderung hin.<br />

In ebenso hohem Maße sind es die technischen Bauten der <strong>Bahn</strong>,<br />

die unsere Bewunderung wiederum in Anspruch nehmen. Neben den<br />

21 Tunnels der Südseite sind besonders hervorzuheben der Luogelkin-Viadukt<br />

östlich von Hohtenn, die Bietschtalbrücke, die zwischen<br />

den Stationen Ausserberg und Lalden die Baltschiederschlucht überspannende<br />

mächtige Eisenbrücke und der Finnegraben-Viadukt. Hier<br />

ungefähr bietet sich ein herrlicher Ausblick auf Visp und seine Täler.<br />

Bald erreicht die <strong>Bahn</strong> Brig, den Endpunkt unserer Reise, am Nordportal<br />

des Simplontunnels und zugleich Übergangspunkt auf diesem<br />

transalpinen Schienenweg. Brig steigt malerisch an den Ausläufern des<br />

Monte Leone empor und macht in seinen südlichen Teilen ganz den<br />

Eindruck eines mittelalterlichen Bauwerkes. Wehmütig schauen wir<br />

den davoneilenden Simplon-Expressen nach, denn nur allzu gerne wären<br />

wir mit ihnen ins ferne Süden weitergerollt, hinab in die oberitalienischen<br />

Ebenen. Leider aber müssen wir zurückkehren und so setzen<br />

wir uns wieder ins Coupé II. Klasse, um „gemütlich“ heimzufahren.<br />

Quelle: Slg. Thomas Wunschel<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013 35


BLS/Lötschbergbahn<br />

Die wichtigsten Triebfahrzeuge der BLS<br />

Von Anfang an elektrisch<br />

Als die BLS im Jahr 1913 den Betrieb auf der Lötschbergbahn aufnahm, kamen gleich Elektro -<br />

lokomotiven zum Einsatz; große Dampfloks hat es dort nie gegeben. Einige der Entwicklungen<br />

schrieben Technikgeschichte. Die wichtigsten BLS-Triebfahrzeuge im Kurzporträt<br />

Serie Be 5/7 – 1913 die stärkste Lok der Welt<br />

Slg. Andreas Knipping<br />

Die ersten Lokomotiven der BLS wurden ab<br />

1913 als Fb 5/7 in Dienst gestellt und galten<br />

damals als die stärksten Normalspurloks<br />

der Welt. Sie übernahmen den Gesamtverkehr<br />

auf der neu eröffneten Lötschbergbahn<br />

(Thun – Brig). 1941 wurden bei der Be 5/7<br />

151 die beiden großen Motoren durch vier<br />

kleinere ersetzt, die eine Leistungssteigerung<br />

um 20 % und eine Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit<br />

auf 90 km/h ermöglichten<br />

(neue Loknummer Ae 5/7 171). Sie wurde<br />

erst nach 51 Betriebsjahren (1964) abgestellt<br />

und ist heute als Ae 5/7 151 im Verkehrshaus<br />

Luzern ausgestellt.<br />

Serie Be 5/7<br />

Hersteller ____________SLM/MFO (/BBC)<br />

Erstes Baujahr ________1913<br />

Anzahl Exemplare______13<br />

Achsfolge ____________1’E1’<br />

Stundenleistung_______1.838 kW (2.207 kW 1) )<br />

Höchstgeschwindigkeit __75 km/h (90 km/h 1) )<br />

Anzahl Motoren _______2 (4 1) )<br />

Gesamtmasse ________107 t<br />

Länge über Puffer _____16,00 m<br />

Letzte Planeinsätze ____1964<br />

Historische Lok _______Ae 5/7 151<br />

1)<br />

nur Ae 5/7 171 (ab 1941)<br />

Serie Ce 4/4 (ex Ce 4/6) – Die „Dekretsmühle“<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

Der Spitzname „Dekretsmühle“ geht auf ein Dekret<br />

zurück, in dessen Folge die Ce 4/6 ab 1920 gebaut<br />

wurde. Die letzte Stangenellok der BLS hatte<br />

anfangs an beiden Enden einen Vorbau und eine<br />

Vorlaufachse, um den Achsdruck auf 12,5 Tonnen<br />

zu beschränken (Achsfolge (1’B)(B1’)). Der Umbau<br />

von zehn Exemplaren auf die Achsfolge (B)(B) ab<br />

1954 erhöhte den Achsdruck auf 16 Tonnen und<br />

die Adhäsionsmasse auf 64 Tonnen. Die acht<br />

Räder der nun als Ce 4/4 bezeichneten Loks<br />

waren nur paarweise gekuppelt, so dass sich während<br />

der Vorbeifahrt auf jeder Seite stets zwei Kuppelstangen<br />

scheinbar unabhängig voneinander auf<br />

und ab bewegten. Bis 1997 fuhren die kleinen<br />

Loks insbesondere zwischen Interlaken und Spiez.<br />

Serie Ce 4/4 (ex Ce 4/6)<br />

Hersteller__________________SLM/(BBC/MFO)<br />

Erstes Baujahr _____________1920<br />

Anzahl Exemplare ___________17<br />

Achsfolge ___________________(B)(B) [(1’B)(B1’) 1) ]<br />

Stundenleistung ____________736 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit ______65 km/h 2)<br />

Anzahl Motoren_____________2<br />

Gesamtmasse _____________64 t<br />

Länge über Puffer___________12,34 m 3)<br />

Letzte Planeinsätze _________1997<br />

Historische Lok betriebsfähig __Ce 4/6 307 und<br />

Ce 4/4 312<br />

1)<br />

Vor Umbau als Ce 4/6; 2) Nr. 315-317: 75 km/h<br />

(Be 4/6); 3) Vor Umbau als Ce 4/6: 14,39 m<br />

Serie Ae 4/4 (Ae 415) – Die erste starke Bo’Bo’-Lok der Welt<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

Zur Ablösung der Be 5/7<br />

im Schnellzugverkehr beschafften<br />

die BLS ab<br />

1944 mit der Ae 4/4 die<br />

weltweit erste leistungsstarke<br />

laufachslose Drehgestelllokomotive<br />

mit<br />

Einzelachsantrieb (Achsfolge<br />

Bo’Bo’). Die acht<br />

zwischen 1944 und<br />

1955 gelieferten Loks<br />

übernahmen in den<br />

nächsten 20 Jahren insbesondere<br />

den Schnellzugverkehr<br />

auf der<br />

Lötschbergachse, wobei<br />

Serie Ae 4/4<br />

Hersteller ______________________SLM/BBC<br />

Erstes Baujahr __________________1944<br />

Anzahl Exemplare _______________8<br />

Achsfolge ______________________Bo’Bo’<br />

Stundenleistung ________________2.944 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit___________125 km/h<br />

Anzahl Motoren _________________4<br />

Gesamtmasse __________________80 t<br />

Länge über Puffer _______________15,60 m<br />

Letzte Planeinsätze______________2004<br />

Historische Lok _________________Ae 4/4 251<br />

ihr Einsatzbereich bis nach Pontarlier in Frankreich und Domodossola in Italien<br />

reichte. Erst die Serie Re 4/4 verdrängte sie ab 1964 in untergeordnete<br />

Dienste. Bis 2004 bespannten Ae 4/4 unter anderem noch die Touristenzüge<br />

der „Golden-Pass-Route“ zwischen Zweisimmen und Interlaken.<br />

36


Galerie: BLS-Triebfahrzeuge<br />

Serie Ae 6/8 (Ae 015) – 1929 die stärkste Lok der Welt<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

Noch als Be 6/8 lieferte die SAAS in Zusammenarbeit<br />

mit Breda in Mailand 1926 und<br />

1931 die erste Serie der imposanten Maschinen.<br />

Die zweite Serie folgte zwischen 1939<br />

und 1943, wobei nun SLM den mechanischen<br />

Teil fertigte. Die mächtigen Loks waren in der<br />

Lage, auf den Lötschbergrampen (27 Promille)<br />

Schnell- und Güterzüge mit einem Gewicht von<br />

610 Tonnen mit 75 km/h zu befördern. Haupteinsatzgebiet<br />

war somit neben wenigen<br />

schweren Schnellzügen insbesondere der<br />

Güterverkehr auf der Strecke Bern – Brig, zeitweise<br />

mit Durchläufen von Basel bis Domodossola,<br />

bevor die Loks von der Serie Re 4/4<br />

ins Mittelland verdrängt wurden.<br />

Serie Ae 6/8 1)<br />

Hersteller ___________________SAAS/(Breda/SLM)<br />

Erstes Baujahr _____________1926/1939<br />

Anzahl Exemplare ___________8<br />

Achsfolge __________________(1’Co)(Co1’)<br />

Stundenleistung ____________4.146 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit ______100 km/h<br />

Anzahl Motoren_____________6X2=12 2)<br />

Gesamtmasse______________140 t<br />

Länge über Puffer ___________20,26 m<br />

Letzte Planeinsätze _________1993<br />

Historische Lok betriebsfähig___Ae 6/8 205<br />

1)<br />

Lieferung erste Serie als Be 6/8, Umbau in<br />

Ae 6/8: 1939; 2) Doppelmotoren<br />

Serie Ae 8/8 (Ae 485) – Die doppelte Ae 4/4<br />

Albert Schöppner<br />

Bei den Doppellokomotiven der Serie Ae 8/8 handelt<br />

es sich technisch um zwei fest gekuppelte<br />

Loks der Serie Ae 4/4, bei denen je ein Führerstand<br />

fehlt. Noch 1956 wurde die Bestellung der<br />

letzten beiden bereits im Bau befindlichen Ae 4/4<br />

zum Auftrag für die erste Ae 8/8 umgewidmet.<br />

1962/63 folgte die Lieferung zwei fabrikneuer<br />

Doppelloks, und die BLS entschied darüber hinaus,<br />

vier Ae 4/4 (253-256) in zwei Ae 8/8 umzubauen.<br />

Ihrer Leistung entsprechend zogen die „Muni“<br />

(Stier) genannten Doppelloks lange Güterzüge,<br />

teils auch schwere Schnellzüge über die Lötschbergrampen.<br />

Ihre letzten Einsätze beschränkten<br />

sich auf Abraum- und andere Bauzüge während<br />

des Vortriebs des Lötschberg-Basistunnels.<br />

Serie Ae 8/8<br />

Hersteller___________________SLM/BBC<br />

Erstes Baujahr ______________1959<br />

Anzahl Exemplare____________5<br />

Achsfolge___________________Bo’Bo’+ Bo’Bo’<br />

Stundenleistung _____________6.476 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit _______125 km/h<br />

Anzahl Motoren______________8<br />

Gesamtmasse ______________160 t<br />

Länge über Puffer____________30,23 m<br />

Letzte Planeinsätze __________2003<br />

Historische Lok______________Ae 8/8 273<br />

Serie Re 4/4 (Re 425) – Die Spezialistin für die Berge<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

Etwa gleichzeitig mit der SBB-Serie Re 4/4 II<br />

nahm die BLS ihre eigene Re 4/4 in Betrieb,<br />

die für den schweren Schnellzugdienst auf<br />

den Lötschbergrampen optimiert war. Dort<br />

kann sie problemlos 630 Tonnen mit 80 km/h<br />

die 27-Promille-Steigungen hinaufziehen. Die<br />

moderne Technik mit Gleichrichtern und<br />

Gleichstrommotoren ermöglichte einen enorm<br />

guten Wirkungsgrad, den bei Vergleichsfahrten<br />

auch manch modernere Lok nicht erreichte.<br />

Heute befördern die nach wie vor<br />

braunen Kraftpakete vorwiegend Güterzüge in<br />

Doppeltraktion in der ganzen <strong>Schweiz</strong> mit<br />

einem Schwerpunkt zwischen Basel und Domodossola.<br />

Serie Re 4/4<br />

Hersteller________________________SLM/BBC<br />

Erstes Baujahr ___________________1964<br />

Anzahl Exemplare_________________35<br />

Achsfolge________________________Bo’Bo’<br />

Stundenleistung __________________4.990 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit ____________140 km/h<br />

Anzahl Motoren___________________4<br />

Gesamtmasse ___________________80 t<br />

Länge über Puffer_________________15,10 m<br />

(15,47 m)<br />

Stundenzugkraft __________________225 kN<br />

Serie Re 465 – Von Pininfarina gestylt<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

Die BLS-Serie Re 465 stellt eine Weiterentwicklung<br />

der SBB-Serie Re 460 dar. Neben<br />

ihrer blauen Farbgebung unterscheidet sie<br />

sich von ihrer roten Schwestermaschine durch<br />

eine aufwendigere Antriebstechnik mit sechsstatt<br />

vierpoligen Asynchron-Fahrmotoren, die<br />

nicht mehr paarweise, sondern einzeln angesteuert<br />

werden, wodurch eine Leistungssteigerung<br />

von 5 % erreicht werden konnte. Nach<br />

anfänglichem Schnellzugeinsatz am Lötschberg<br />

sind die vom Designer Pininfarina gestylten<br />

Lokomotiven inzwischen vorwiegend vor<br />

RoLa- und Güterzügen auf der Lötschbergachse<br />

sowie mit Wendezügen zwischen Bern<br />

und Luzern zu sehen.<br />

Serie Re 465<br />

Hersteller________________________SLM/ABB<br />

Erstes Baujahr ___________________1994<br />

Anzahl Exemplare _________________18<br />

Achsfolge________________________Bo’Bo’<br />

Dauerleistung ____________________6.400 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit ____________230 km/h<br />

Anzahl Motoren___________________4<br />

Gesamtmasse ___________________81 t<br />

Länge über Puffer_________________18,50 m<br />

Dauerzugkraft ____________________242 kN<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

37


BLS/Lötschbergbahn<br />

Serie Re 485/486 – Die ersten Ausländer<br />

Volker Emersleben<br />

Nach der Auflösung der SLM musste auch die<br />

BLS ihre Streckenlokomotiven im Ausland kaufen.<br />

Sie entschied sich für die TRAXX-Familie<br />

aus dem Hause Bombardier und bestellte zunächst<br />

20 Exemplare der Bauart TRAXX F140<br />

AC1 mit Tatzlagerantrieb als Re 485 analog zur<br />

185.1 der DB AG für reinen Wechselstrombetrieb.<br />

Das „<strong>Schweiz</strong>-Paket“ beinhaltete neben<br />

Stromabnehmern mit schmaler Wippe und Kameras<br />

als Rückspiegelersatz die erforderlichen<br />

Zugsicherungssysteme einschließlich ETCS für<br />

den Lötschberg-Basistunnel. 2008 erweiterte<br />

die BLS ihre TRAXX-Flotte mit zehn Loks der<br />

Bauart F140 MS2 als Re 486 für den Einsatz<br />

auch unter Gleichstrom (3 kV) in Italien.<br />

Serie Re 485/486<br />

Hersteller ______________________Bombardier<br />

Erstes Baujahr__________________2002/2008<br />

Anzahl Exemplare _______________20/10<br />

Achsfolge ______________________Bo’Bo’<br />

Stundenleistung ________________5.600 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit___________140 km/h<br />

Anzahl Motoren _________________4<br />

Gesamtmasse__________________85 t<br />

Länge über Puffer _______________18,90 m<br />

Serie ABDZe 4/6 – Der Blaue Pfeil<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

Als Pionier auf dem Gebiet der Leichttriebwagen<br />

präsentierte die BLS auf der Landesausstellung<br />

1939 ihren neuen Doppeltriebwagen BCFZe 4/6<br />

(ab 1956: ABDZe 4/6) Nr. 731. Gemeinsam mit<br />

seinen beiden Schwesterfahrzeugen pendelte er zunächst<br />

im Schnellzugdienst zwischen Bern und<br />

Neuenburg. Die Leistung der Triebwagen war so<br />

ausgelegt, dass sie dort rasch auf 110 km/h beschleunigen,<br />

auf der Lötschberg-Nordrampe<br />

(27 Promille Steigung) aber auch eine Anhängelast<br />

von 60 Tonnen ziehen konnten. So waren sie in der<br />

Lage, in der Hauptverkehrszeit einen Einheitswagen<br />

mitzunehmen. 1985 wurden der ABDZe 4/6 731<br />

und 736 an die Sensetalbahn verkauft, wo sie als<br />

BDe 4/6 noch über zehn Jahre im Einsatz standen.<br />

Serie ABDZe 4/6<br />

Hersteller_____________________SIG/SAAS<br />

Erstes Baujahr ________________1938<br />

Anzahl Exemplare ______________3<br />

Achsfolge_____________________Bo’2’Bo’<br />

Stundenleistung _______________706 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit _________110 km/h<br />

Anzahl Motoren________________4<br />

Gesamtmasse_________________80 t<br />

Länge über Puffer ______________41,50 m<br />

Letzte Planeinsätze ____________1999 1)<br />

Historischer Triebwagen_________BDe 4/6 736<br />

1)<br />

Als BDe 4/6 auf der Sensetalbahn<br />

Serie RBDe 4/4 (RBDe 565) – Der Privatbahn-Pendelzug<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

Da die BLS mit ihrem überaltertem Triebwagenbestand<br />

die Anforderungen des schweizweiten Taktfahrplans<br />

nicht bewältigen konnte, beschaffte sie<br />

ab 1982 gemeinsam mit drei anderen Privatbahnen<br />

zunächst zehn zwei-, drei- und vierteilige<br />

Pendelzugeinheiten mit einem vierachsigen Motorwagen.<br />

Bis 1992 wuchs die Serie auf 22 Einheiten<br />

an. Um auch niederflurige Einstiege und<br />

Abteile anzubieten, ergänzte die BLS ab 2004<br />

ihre Einheiten um so genannte B-Jumbos. Diese<br />

ungewöhnlichen sechsachsigen Zwischenwagen<br />

entstanden aus den Endabteilen aufgeschnittener<br />

Einheitswagen und dazwischen eingeschweißten<br />

neuen Niederflur-Wagenkästen mit Gelenk, die auf<br />

einem Jakobsdrehgestell ruhen.<br />

Baureihe RBDe 4/4 (RBDe 565)<br />

Hersteller ______________SIG/SWS/SWP/BBC<br />

Erstes Baujahr __________1982<br />

Anzahl Exemplare________22<br />

Achsfolge_______________Bo’Bo’<br />

Stundenleistung _________1.650 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit ___125 km/h<br />

Anzahl Motoren _________4<br />

Gesamtmasse __________69 t<br />

Länge über Puffer________25,00 m<br />

Serie RABe 535 – Der „Lötschberger“<br />

Sven Klein<br />

Nachdem die Intercitys ab Dezember 2007<br />

den Weg durch den Lötschberg-Basistunnel<br />

nahmen, beschaffte die BLS für den Regionalverkehr<br />

über die Bergstrecke ab 2008 ganz<br />

spezielle Triebwagen der Serie RABe 535<br />

(„Lötschberger“). Sie waren eine Weiterentwicklung<br />

der RABe 525 („NINA“), aber mit<br />

deutlich höherem Komfort ausgestattet. Eingesetzt<br />

werden die klimatisierten Triebwagen<br />

als RegioExpress Bern – Kandersteg – Brig<br />

mit einem Flügelzug nach Zweisimmen. Nördlich<br />

von Spiez verkehren die Triebwagen vielfach<br />

in Drei- oder sogar Vierfachtraktion, teils<br />

gemischt mit NINA-Zügen.<br />

Baureihe RABe 535<br />

Hersteller_________________Vevey/Bombardier<br />

Erstes Baujahr ____________2008<br />

Anzahl Exemplare __________21<br />

Achsfolge_________________Bo’2’2’2’Bo’<br />

Stundenleistung ___________1.000 kW<br />

Höchstgeschwindigkeit _____160 km/h<br />

Anzahl Motoren____________4<br />

Dienstmasse______________135 t<br />

Länge über Kupplung_______62,71 m<br />

Texte/Tabellen: Dr. Dietmar Beckmann<br />

38


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BLS/Lötschbergbahn<br />

BLS Cargo<br />

Im Alpentransit ganz vorn<br />

Im Frühjahr 2001 gliederte die BLS ihren Güterverkehr als eigene Tochtergesellschaft aus. Zusammen<br />

mit Deutscher <strong>Bahn</strong> und einem italienischen Eisenbahnverkehrsunternehmen stieg BLS Cargo zum<br />

größten Anbieter des <strong>Schweiz</strong>er Transitgüterverkehrs auf. Planungen für weiteres Wachstum laufen<br />

Am 3. April 2001 wurde die BLS Cargo<br />

AG mit Sitz in Bern als hundertprozentige<br />

Tochter der BLS Lötschbergbahn<br />

AG gegründet; zum 1. Juli des Jahres gab der<br />

Mutterkonzern das Güterverkehrsgeschäft an<br />

seine Tochter ab. BLS Cargo konzentrierte sich<br />

mit schlanken Strukturen auf die Beförderung<br />

von Ganzzügen, vor allem von internationalen<br />

Zügen im Alpentransit. Damit wollte die BLS<br />

Anteile im liberalisierten Güterverkehrsmarkt<br />

gewinnen; gleichzeitig strebte sie danach, das<br />

Marktpotenzial im <strong>Schweiz</strong>er Schienengüterverkehr<br />

zu nutzen und hier eine offensivere<br />

Wachstumsstrategie zu verfolgen.<br />

Eine Maßnahme, um die gesetzten Ziele zu<br />

erreichen, war die Suche nach gut aufgestellten<br />

Partnern. So übergab die BLS Lötschbergbahn<br />

AG im Juni 2002 Teile des Aktienkapitals<br />

an ausländische Unternehmen, um<br />

europäische Allianzen aufzubauen und den<br />

grenzüberschreitenden Verkehr zu stärken.<br />

Seither sind neben der BLS AG (mit 52 Prozent<br />

Aktienanteil) die DB <strong>Schweiz</strong> Holding<br />

AG (45 Prozent) und die IMT AG (italienische<br />

Ambrogio-Gruppe) mit drei Prozent an<br />

der BLS Cargo AG beteiligt.<br />

Die Strategie von BLS Cargo ist zweigeteilt: Ganzzüge<br />

im Transit und Gütertransporte in der <strong>Schweiz</strong><br />

Rollende Autobahn und Expansion<br />

Mit fünf täglichen Zugpaaren nahm BLS Cargo<br />

im Juni 2001 die „Rollende Autobahn“<br />

Novara (I) – Freiburg im Breisgau (D) in Betrieb,<br />

welche das Unternehmen als „Key Operator“<br />

im Auftrag der RAlpin AG, einer gemeinsamen<br />

Gesellschaft von SBB, BLS, Hupac<br />

und FS Trenitalia, führt. 2004 wurde das<br />

Angebot auf zehn Zugpaare täglich erweitert,<br />

die mit durchschnittlich 80 Prozent gut ausgelastet<br />

sind. Die „RoLa“ ist zu einem festen,<br />

erfolgreichen Bestandteil in der Angebotspalette<br />

von BLS Cargo geworden.<br />

Weiterhin nahm BLS Cargo im Mai 2003<br />

den Betrieb auf der Gotthard-Route mit zwei<br />

Zügen pro Tag auf und wurde so zur unmittelbaren<br />

Konkurrenz von SBB Cargo. Zugleich<br />

wurde das Unternehmen ein vollwerti-<br />

40


BLS Cargo<br />

LINKS Mit der „Rollenden<br />

Autobahn“ fing<br />

BLS Cargo sein Engagement<br />

im Güterverkehr<br />

an, nach wie<br />

vor sind die Lkw-<br />

Transporte ein fester<br />

Bestandteil des<br />

Angebots. Im Sommer<br />

2007 bringen<br />

zwei 485er einen<br />

RoLa-Zug über die<br />

Lötschberg-Strecke<br />

und befahren dabei<br />

die Bietschtalbrücke<br />

Josef Mauerer<br />

RECHTS Auch am<br />

Gotthard ist BLS<br />

Cargo mittlerweile<br />

mit Leistungen präsent.<br />

Eine BLS-185<br />

und eine Schwesterlok<br />

des Kooperationspartners<br />

DB<br />

Schenker schleppen<br />

im Juli 2012 einen<br />

Zug des Kombinierten<br />

Ladungsverkehrs<br />

bei Wassen bergwärts<br />

V. Emersleben<br />

IN KÜRZE<br />

TRIEBFAHRZEUGE BEI BLS CARGO<br />

BLS Cargo besitzt eine Reihe eigener Lokomotiven: 20 für<br />

Deutschland und die <strong>Schweiz</strong> zugelassene Elloks Re 485<br />

mit Zugsicherungssystem ETCS, zehn für Deutschland, die<br />

<strong>Schweiz</strong>, Österreich und Italien zugelassene Elloks Re 486<br />

mit ETCS sowie 20 Re 425 (früher Re 4/4). Aus dem Lok-Pool<br />

der BLS können weitere Re 425 sowie Re 465 abgerufen<br />

werden. Gemietet oder im internationalen Leistungsaustausch<br />

verkehrt die Ellok-Baureihe 185 von DB Schenker<br />

Rail Deutschland vor allem auf der Gotthard-Strecke. Ab<br />

2014 will BLS Cargo als erste <strong>Bahn</strong> die deutsche Baureihe<br />

187 einsetzen; als „Last-Mile-Lok“ besitzt die Ellok zusätzlich<br />

ein Diesel-Generator-Aggregat, um anstelle von Dieselrangierloks<br />

die Güterwagen auf dem letzten, nicht elektri fi zierten<br />

Streckenabschnitt zuzustellen.<br />

Triebfahrzeuge in eigenem Besitz aus BLS-Pool gemietet<br />

Bezeichnung Re 485 Re 486 Re 425 Re 425 Re 465 185 (DB) 187 (DB)<br />

Stückzahl 20 10 20 14 18 untersch. 3<br />

Inbetriebsetzung 2002–2003 2008–2009 1964–1983 1964–1983 1994–1997 ab 2000 ab 2014<br />

Zulassung CH, D CH, D, I, A CH CH CH D, CH CH, D, A<br />

ETCS ja ja ja nein ja teilweise ja ?<br />

Länge 18,9 m 18,9 m 15,1 m 15,1 m 18,5 m 18,9 m 18,9 m<br />

Gewicht 84 t 84,7 t 80 t 80 t 84 t 85 t 87 t<br />

Leistung 5.600 kW 5.600 kW 4.980 kW 4.980 kW 6.400 kW 5.600 kW 5.600 kW<br />

Höchstgeschw. 140 km/h 140 km/h 140 km/h 140 km/h 230 km/h* 140 km/h 140 km/h<br />

* zugelassen für 160 km/h<br />

ger Anbieter auf beiden Transitachsen durch<br />

die <strong>Schweiz</strong>, konnte den Kunden je nach Herkunfts-<br />

und Bestimmungsort der Fracht den<br />

bestmöglichen Transportweg anbieten und besaß<br />

bei betrieblichen Unregelmäßigkeiten<br />

Ausweichmöglichkeiten. Die Zahl der Züge<br />

über die Gotthard-Route betrug Ende 2003<br />

60 Züge pro Woche, ein Jahr später etwa das<br />

Doppelte, wobei etwa 60 Prozent der Züge aus<br />

dem konventionellen Wagenladungsverkehr<br />

(Papier, Stahl oder Autos) und 40 Prozent aus<br />

dem unbegleiteten kombinierten Verkehr<br />

(UKV) stammten.<br />

Anstieg der Verkehrsleistungen<br />

Von 2002 bis 2008 stiegen die Verkehrsleistungen<br />

von BLS Cargo sprunghaft von<br />

870 Millionen Nettotonnen-Kilometern auf<br />

3.697 Millionen Nettotonnen-Kilometer.<br />

2009 brachen sie wegen der Wirtschaftskrise<br />

auf 2.981 Millionen Nettotonnen-Kilometer<br />

ein und erreichten 2011 wieder 3.826 Millio-<br />

nen Nettotonnen-Kilometer. Damit entwickelte<br />

sich BLS Cargo zur führenden Transit-<br />

<strong>Bahn</strong> durch die <strong>Schweiz</strong>, ist aber stark von der<br />

Wirtschaftsentwicklung in den Nachbarländern<br />

Deutschland und Italien abhängig.<br />

Neben dem unbegleiteten Kombinierten<br />

Verkehr (plus 16 Prozent) und dem konventionellen<br />

Wagenladungsverkehr (plus 25 Prozent)<br />

trug die „Rollende Autobahn“ mit jetzt<br />

elf täglichen Zugpaaren (plus 7 Prozent) zur<br />

positiven Entwicklung bei. Mit RAlpin wurden<br />

Verträge über die Transportleistungen der<br />

Jahre 2012 bis 2018 abgeschlossen und damit<br />

der für BLS Cargo wichtige Verkehr für die<br />

Zukunft gesichert.<br />

Probleme bei der Infrastruktur<br />

Allerdings warnt BLS Cargo seit Jahren vor<br />

Engpässen auf dem Schienennetz. Im Jahr<br />

2011 überstieg denn auch die Nachfrage nach<br />

Trassen für den Verkehr mit Vier-Meter-Profil<br />

das Angebot. Deshalb musste das Unternehmen<br />

in einem Bietverfahren um Trassen auf<br />

der Lötschberg-Simplonachse, der einzigen<br />

<strong>Schweiz</strong>er Transitachse für hochprofiligen Güterverkehr,<br />

kämpfen. Abhilfe könnten der Ausbau<br />

des Lötschberg-Basistunnels und der Gotthardstrecke<br />

als Vier-Meter-Korridor schaffen.<br />

Ein weiteres Problem ist der Zustand der<br />

Schieneninfrastruktur auf der Simplon-Südseite,<br />

der zu Einschränkungen und unvorhergesehenen<br />

Streckenunterbrechungen wegen Bauarbeiten<br />

führt. Hinzu kommt die unzureichende<br />

Ausnutzung der Kapazitäten der großzügig ausgebauten<br />

Rangierbahnhöfe in Domodossola. Als<br />

im Jahr 2012 die Gotthard-Strecke wegen Felsstürzen<br />

mehrmals gesperrt war, stellte die BLS<br />

zusätzliche Trassen für den Umleitungsverkehr<br />

zur Verfügung, die Güterzüge wurden aber in<br />

Domodossola nicht angenommen. Diese Hindernisse<br />

muss BLS Cargo möglichst bald überwinden.<br />

Sonst könnte die Nummer Eins im Alptransit<br />

ihr Ziel weiterer Expansion fürs Erste<br />

verfehlen. Dr. Hans-Bernhard Schönborn<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013 41


BLS/Lötschbergbahn<br />

Eine Re 460 der SBB hat mit ihrem Doppelstock-IC den <strong>Bahn</strong>hof Frutigen unterfahren und wird nun in den Basistunnel eintauchen; im Hintergrund<br />

die Auffahrt zur Bergstrecke. Seit 2007 ist der Fernreiseverkehr von der Lötschberg-Bergstrecke in den Basistunnel „abgewandert“<br />

Der Lötschberg-Basistunnel<br />

Die ersten Erfahrungen<br />

Seit nunmehr fünf Jahren donnern Güter- und Reisezüge durch den Lötschberg- Basis tunnel, den<br />

ersten Basistunnel der Alpen. Mit seiner vorwiegend eingleisigen Betriebsführung stößt er aber<br />

bereits an seine Kapazitätsgrenze. Manche Güterzüge müssen deshalb planmäßig über die alte<br />

Bergstrecke fahren – oder auch, weil ihren Loks das im Tunnel geforderte ETCS-System fehlt<br />

Eigentlich hatte das <strong>Schweiz</strong>er Stimmvolk<br />

in der Volksabstimmung zur Neuen Alpen-Transversale<br />

(NEAT) 1992 seine Zustimmung<br />

zu einem Lötschberg-Basistunnel gegeben,<br />

der einen zweigleisigen Zugbetrieb<br />

zwischen Frutigen im Kandertal und Raron an<br />

der Rhone ermöglicht. Alle Güter- und Reisezüge<br />

des Fernverkehrs nach Brig und weiter<br />

durch den Simplontunnel nach Italien sollten<br />

hier den Alpenhauptkamm mit Steigungen von<br />

Die <strong>Schweiz</strong>er stimmten für einen zweigleisigen<br />

Tunnel. Aber Politiker speckten das Projekt ab<br />

maximal 16 Promille (im Basistunnel 10 Promille)<br />

unterqueren. Eigens für den Autoverlad<br />

war ein Abzweig im Tunnel vorgesehen, der zu<br />

einem zweiten Südportal bei Steg/Niedergesteln<br />

mit einer Öffnung in Richtung Westen<br />

führen sollte. Analog zum Gotthard-Basistunnel<br />

waren zwei Einspurtunnel in einem Abstand<br />

von ca. 40 Metern vorgesehen, die durch<br />

104 als Fluchtwege dienende Querschläge miteinander<br />

verbunden sein sollten. Zwei Nothaltestellen<br />

(Ferden und Mitholz) waren wichtiger<br />

Bestandteil des Sicherheitskonzeptes und sollten<br />

mit ihren doppelten Spurwechseln einem<br />

flexiblen Betrieb auch im Störungsfall dienen.<br />

Auf politischen Druck wurde das Projekt im<br />

Nachhinein aber stark abgespeckt. Ein wichtiger<br />

Grund lag in der Befürchtung, die Lötschbergachse<br />

könne langfristig zu große Güterverkehrsanteile<br />

vom Gotthard abwerben und die<br />

Wirtschaftlichkeit des im Bau befindlichen Gotthard-Basistunnels<br />

gefährden. Dabei sind der Hafen<br />

von Genua sowie die großen italienischen<br />

Güterterminals in Gallarate, Busto Arsizio und<br />

Novara vom Lötschberg-Simplon wesentlich besser<br />

erreichbar als aus dem Tessin über die eingleisige<br />

Strecke entlang des Lago Maggiore.<br />

Betrieb der ersten Etappe<br />

Somit wurde bisher nur eine so genannte erste<br />

Etappe des Lötschberg-Basistunnels eröffnet. Lediglich<br />

die südlichen 9,7 Kilometer zwischen Raron<br />

(Südportal) und Ferden sind doppelspurig<br />

ausgebaut. Auf dem mittleren Abschnitt zwischen<br />

den Nothaltestellen Ferden und Mitholz wurden<br />

zwar beide Tunnelröhren ausgebrochen und im<br />

Rohbau fertig gestellt, aber nur in der östlichen<br />

Röhre liegt ein Gleis. In dem daran anschließenden<br />

Abschnitt bis zum Nordportal existiert sogar<br />

nur eine einzige Tunnelröhre, als Fluchtweg<br />

dient hier der parallel verlaufende, deutlich kleinere<br />

Dienststollen Kandertal. Auch wenn die Sicherheit<br />

der Fahrgäste vollständig gewährleistet<br />

ist, erfordert der immerhin ca. 20 Kilometer lange<br />

Einspurabschnitt ohne Kreuzungsmöglichkeit<br />

42


Lötschberg-Basistunnel<br />

Ein stündlicher IC und ein zweistündlicher EC (Foto) lasten den Tunnel zu mehr als der Hälfte<br />

der Kapazität aus. Für Güterzüge bleiben da nicht mehr viele Optionen V. Emersleben (2, auch S. 42)<br />

In Raron zweigt die Strecke in den Tunnel<br />

von der Rhônetalbahn ab<br />

Josef Mauerer<br />

IN KÜRZE<br />

LÖTSCHBERG-BASISTUNNEL<br />

Spurweite<br />

1.435 mm<br />

Planer<br />

BLS AlpTransit AG<br />

Betreiber<br />

BLS Netz AG<br />

Beginn der Arbeiten 5. Juli 1999<br />

Freigabe 14. Juni 2007<br />

Länge des Tunnels<br />

34,6 km<br />

Anzahl der Röhren 2 (im Endausbau)<br />

Zul. Höchstgeschwindigkeit 250 km/h<br />

Plangeschwindigkeit<br />

200 km/h<br />

Gewicht d. <strong>Bahn</strong>ausrüstung ges. 170.000 t<br />

Sicherungssystem<br />

ETCS<br />

Länge des ges. Stollensystems 88,1 km<br />

Baukosten<br />

4,3 Mrd. CHFr<br />

Projektbeteiligte 2.500<br />

erhebliche betriebliche Einschränkungen gegenüber<br />

der voll ausgebauten Variante. Da die herabgesetzte<br />

Kapazität vollständig für den Fernverkehr<br />

genutzt werden soll, bleibt der Autoverlad<br />

durch den 100 Jahre alten Lötschberg-Scheiteltunnel<br />

in der heutigen Form zwischen Kandersteg<br />

und Goppenstein unverändert bestehen.<br />

Nach lediglich acht Jahren Bauzeit wurde der<br />

Lötschberg-Basistunnel im Sommer 2007 dem<br />

Verkehr übergeben. Seit dem 9. Dezember 2007<br />

ist er in den schweizerischen Taktfahrplan integriert.<br />

Neben dem stündlichen Intercity der Linie<br />

Romanshorn – Brig fährt alle zwei Stunden<br />

ein italienischer Neigezug der Serie ETR 610 als<br />

Eurocity Basel – Mailand (oder ein IC in gleicher<br />

Fahrplanlage) durch den Tunnel. Mit diesen drei<br />

Reisezügen ist der Einspurabschnitt unter Berücksichtigung<br />

der Pufferzeiten bereits zu mehr<br />

als 50 % ausgelastet; für den Güterverkehr bleibt<br />

nur noch Platz für einen Zug pro Stunde in Süd-<br />

Nord-Richtung und drei Züge in der Gegenrichtung.<br />

In den Stunden, in denen der Neigezug<br />

aus Italien kommt, reduziert sich die Anzahl<br />

der Gütertrassen gar auf eine pro Richtung. Deshalb<br />

muss man einen Teil der Güterzüge auf die<br />

alte Bergstrecke schicken. Dafür bevorzugt die<br />

BLS die Süd-Nord-Richtung, weil die Lötschberg-Südrampe<br />

gegenüber der kurvenreichen<br />

Nordrampe günstiger trassiert ist. Zudem kann<br />

auf das Ansetzen einer Vorspann- oder Schublok<br />

in Brig in der Regel verzichtet werden, da<br />

Vorbereitungen für den Tunnelbetrieb: Mon -<br />

tage der Fahrleitung in der Versuchsstrecke<br />

Mitholz<br />

BLS<br />

meist die für die 25-Promille-Rampe Domodossola<br />

– Brig ausgelegte Traktionsleistung der<br />

Züge auch für die Lötschberg-Südrampe mit bis<br />

zu 27 Promille ausreicht.<br />

Ein weiterer Grund für die Nutzung der<br />

Bergstrecke von zum Teil schweren Güterzü-<br />

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Neue Röhre unter dem Berg; die Aufnahme<br />

entstand bei der ersten Versuchsfahrt im<br />

Lötschberg-Basistunnel<br />

BLS<br />

gen liegt in dem Sicherungssystem ETCS Level<br />

2, das im Tunnel obligatorisch ist. Abgesehen<br />

von den Portalen existieren im Tunnel<br />

keine optischen Signale, so dass alle Lokomotiven<br />

mit den entsprechenden fahrzeugseitigen<br />

Einrichtungen ausgestattet sein müssen.<br />

Die knappen Trassen im Tunnel führten in<br />

den ersten Betriebsjahren insbesondere bei verspäteten<br />

Reisezügen aus Italien zu Konflikten<br />

nicht nur von Reisezügen untereinander, sondern<br />

auch mit dem Güterverkehr, da BLS Cargo<br />

natürlich auf keine der lukrativen Trassen<br />

verzichten möchte. Meist konnte das Problem<br />

mit dem Tausch von Trassen gelöst werden,<br />

wobei beispielsweise der IC nach Romanshorn<br />

eine halbe Stunde vor Plan auf die Reise geschickt<br />

wurde und der EC in dessen Plan folgte.<br />

Gelegentlich sind aber auch bereits Fernzüge<br />

über die Bergstrecke geschickt worden.<br />

Wann der endgültige Ausbau des Lötschberg-<br />

Basistunnels mit dem Ausbruch der zweiten<br />

Röhre zwischen Frutingen und Mitholz sowie<br />

einer Verlegung der Gleise in den vorhandenen<br />

Tunnelabschnitten das Nadelöhr beseitigt,<br />

ist zurzeit noch nicht abzusehen.<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013 43


BLS/Lötschbergbahn<br />

Bereit für den Notfall: der Lösch- und Rettungszug im <strong>Bahn</strong>hof Frutigen,<br />

aufgenommen 2007<br />

Thomas Wunschel<br />

Herr über 5.600 Kilowatt: Lokführer in einer Ellok der Reihe Re 485.<br />

Ende 2011 beschäftigte die BLS mehr als 2.800 Mitarbeiter BLS<br />

Die BLS heute<br />

Tradition und Moderne<br />

Neue Farben, neue Aufgaben, neue Fahrzeuge: Die BLS hat in den letzten zwei Jahrzehnten ihr<br />

Aussehen ziemlich verändert. Manches blieb aber auch in bewährter Manier<br />

44


BLS-Betrieb heute<br />

Die Lenkung des Zugverkehrs im Blick: Fahrdienstleiter-Arbeitsplatz<br />

in der Dispositiv-Operativen Leitstelle in Spiez (DOLS)<br />

BLS<br />

Die BLS übernahm einige Elloks Re 4/4 II der SBB, lackierte sie um<br />

und setzt sie im Nahverkehr ein<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

LINKS Der kürzeste<br />

Weg vom Mittelland<br />

ins Wallis, so wirbt<br />

die BLS für den Autoverlad<br />

Kandersteg<br />

– Goppenstein. Eine<br />

Viertelstunde brauchen<br />

die Züge für<br />

die Strecke, dann<br />

können die Autos<br />

wie hier im abendlichen<br />

Goppenstein<br />

wieder durchstarten<br />

BLS<br />

RECHTS MITTE Bei<br />

spannendem Wetter<br />

fährt „NINA“ für die<br />

S-<strong>Bahn</strong> Bern. Auf der<br />

Linie S 44 sind die<br />

beiden Triebzüge<br />

zwischen Kaufdorf<br />

und Thurnen unterwegs<br />

BLS<br />

RECHTS UNTEN Obwohl<br />

die neueste Lokomotivgeneration<br />

von<br />

BLS Cargo, die Serie<br />

486, auch den<br />

Gleichstrom in Italien<br />

(3 kV) verarbeiten<br />

kann, wird sie<br />

freizügig überall in<br />

der <strong>Schweiz</strong> eingesetzt.<br />

Die 486 508<br />

zieht im Juli 2009 einen<br />

Ölzug bei Twan<br />

am Bielersee entlang<br />

zur Raffinerie<br />

Cressier in Cornaux<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

45


Strecken, Züge, Fahrzeuge<br />

Im Sommer 1991 war der EC 100 Brig – Dortmund auf dem Laufweg bis Basel die Starleistung im Umlaufplan der Ae 6/6. Samstags bestand der Zug<br />

aus 14 Wagen und die alten Gotthardloks konnten auf der Lötschberg-Südrampe bei bis zu 27 Promille Steigung ihre Leistungsfähigkeit beweisen. Am<br />

5. August hat die rote Kantonslok die anstrengende Bergfahrt bereits hinter sich und rollt über den Kanderviadukt bei Frutigen Dr. Dietmar Beckmann<br />

Die Gotthardlok Ae 6/6<br />

Die erste Einheitslok<br />

Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2012 schieden die berühmten Gotthard-Elloks der Serie<br />

Ae 6/6 aus dem Plandienst der <strong>Schweiz</strong>erischen Bundesbahnen aus. Doch es gab ein Comeback:<br />

Im März 2013 wurden fünf Exemplare der ersten schweizerischen Universallok reaktiviert<br />

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

entwickelte sich die 1882 eröffnete Gotthardbahn<br />

zu einer der wichtigsten Magistralen<br />

für den Reise- und insbesondere Güterverkehr<br />

zwischen Deutschland und Italien.<br />

Bis 1939 steigerte sich dort die Jahres-Gütermenge<br />

auf knapp sechs Millionen Tonnen, die<br />

in durchschnittlich 34 Zügen pro Tag durch<br />

den Scheiteltunnel befördert wurden. Zugloks<br />

waren zu jener Zeit fast ausschließlich die berühmten<br />

Krokodile der Serien Ce 6/8 II und<br />

Ce 6/8 III , die hier seit der Aufnahme des elektrischen<br />

Betriebes im Jahre 1920 bis zu<br />

520 Tonnen schwere Züge mit 30 km/h die<br />

26-Promille-Rampen hinauf schleppten.<br />

Der kriegsbedingte Rückgang des Güterverkehrs<br />

auf die Hälfte ließ die Beschaffung<br />

moderner Lokomotiven zunächst als unnötig<br />

erscheinen. Als aber zu Beginn der 50er-Jahre<br />

der wirtschaftliche Aufschwung insbesondere<br />

in Deutschland und Italien einsetzte, stiegen die<br />

Gütermengen auf der Gotthardbahn wieder<br />

steil an. Bereits Ende der 40er-Jahre war abzusehen,<br />

dass die im Güterverkehr eingesetzten,<br />

inzwischen bis zu 30 Jahre alten Stangenelloks<br />

den zukünftigen Anforderungen nicht mehr gewachsen<br />

sein würden. Auch die Elloks Ae 4/7<br />

mit Buchli-Antrieb waren mit den immer<br />

schwerer werdenden Schnellzügen häufig überfordert;<br />

die neuen, ab 1941 eingesetzten Elloks<br />

Ae 4/6 erfüllten die in sie gesetzten Erwartungen<br />

überhaupt nicht. Eine hohe Leistungsfähigkeit<br />

hatten lediglich die drei 14-achsigen<br />

Doppel-Elloks der Serie Ae 8/14.<br />

Start mit zwei Prototypen<br />

In dieser Situation entschieden sich die<br />

<strong>Schweiz</strong>erischen Bundesbahnen (SBB) im Jahre<br />

1949, zunächst zwei Prototypen einer uni-<br />

46


Ae 6/6 vor dem Abschied<br />

Kurz nach ihrer Ablieferung an die SBB wird die Kantonslok Ae 6/6<br />

11413 „Schaffhausen“ Anfang der 60er-Jahre auf der Gotthard-Südrampe<br />

in Szene gesetzt. Bei Rodi-Fiasso hält der BBC-Werksfotograf<br />

die nagelneue Maschine im Bild fest BBC/Slg. M. Niedt, Dr. D. Beckmann (r.)<br />

In der Spätphase der Einsätze, aber noch auf der klassischen Strecke<br />

ist im August 1981 diese Ae 6/6 unterwegs. Mit dem aus Einheitsund<br />

Leichtstahlwagen gebildeten Regionalzug 1870 nach Chiasso hat<br />

sie Bellinzona verlassen und zeigt sich nun vor der Burg Castelgrande<br />

plare lieferte wie bei den Vorserienloks die<br />

BCC, für die übrigen 56 Maschinen die Maschinenfabrik<br />

Oerlikon (MFO). Der Einsatzbereich<br />

der neuen Lokomotiven konzentrierversell<br />

im Güter- und Personenverkehr einsetzbaren<br />

Gotthardlok mit einem höchst anspruchsvollen<br />

Lastenheft zu bestellen. Die<br />

neuen Lokomotiven sollten 600 Tonnen<br />

schwere Züge die langen Gotthard-Rampen<br />

(26 Promille Steigung) mit 75 km/h hinaufbefördern<br />

und auf den Zulaufstrecken bei<br />

125 km/h noch acht Tonnen Zugkraft entwickeln<br />

können. Den Zuschlag für die Herstellung<br />

von zwei Prototypen erhielt ein Konsortium<br />

aus zwei schweizerischen Firmen. Den<br />

mechanischen Teil konstruierte und baute die<br />

<strong>Schweiz</strong>erische Lokomotiv- und Maschinenfabrik<br />

(SLM) in Winterthur, während die<br />

Brown Boveri & Cie (BBC) mit Sitz in Baden<br />

für den elektrischen Teil verantwortlich<br />

war. Die guten Erfahrungen mit dem Einzelachsantrieb<br />

in den ersten laufachslosen Drehgestellloks<br />

der Bern-Lötschberg-Simplon-<br />

<strong>Bahn</strong> (Ae 4/4, 1944) und der SBB (Re 4/4 I ,<br />

1946) führten zu einer vollkommen neu konstruierten<br />

Lokomotive mit zwei dreiachsigen<br />

Drehgestellen, wobei jede Achse von einem<br />

1.000 PS starken Motor angetrieben wurde<br />

(Achsfolge Co’Co’). Mit der Stundenleistung<br />

von 4.300 kW und einem Adhäsionsgewicht<br />

von 6 x 20 Tonnen konnten die Loks die Leistungsanforderungen<br />

problemlos erfüllen. Als<br />

aber der erste Prototyp, die Ae 6/6 11401, am<br />

4. September 1952 erstmals die Hallen des<br />

BBC-Werkes Münchenstein verließ und routinemäßig<br />

gewogen wurde, brachte er<br />

124 Tonnen auf die Waage. Das Gewicht lag<br />

damit deutlich über der Toleranzgrenze von<br />

120 Tonnen ± 2 %, so dass die Lok umgehend<br />

zur Nachbesserung zur SLM zurückgeschickt<br />

wurde. Zusammen mit der am 31. Januar<br />

1953 abgelieferten Schwestermaschine 11402<br />

wurde Lok 11401 nach ihrer Rückkehr einem<br />

umfangreichen Testprogramm unterzogen.<br />

Die SBB stationierten beide Loks in Erstfeld<br />

und schickten sie vor Planzügen über den<br />

Gotthard. Obwohl die beiden Vorserienloks<br />

das Pflichtenheft erfüllten, offenbarten sie<br />

dennoch Optimierungspotenzial für die Serie.<br />

Eine wichtige Änderung betraf die elektrische<br />

Bremse, die sich mit einer Auslegung für<br />

300 Tonnen Zuggewicht bei 20 Promille Gefälle<br />

für die langen Talfahrten mit langen Güterzügen<br />

auf den Gotthardrampen als viel zu<br />

schwach entpuppte. Zu lauftechnischen Problemen<br />

führten die dreiachsigen Drehgestelle<br />

mit starr gelagerten Radsätzen. In den zahlreichen<br />

engen Kurven der Gotthardbahn kam<br />

es zu einem enormen Verschleiß sowohl an<br />

den Rädern und als auch an den Schienen. Als<br />

Gegenmaßnahmen erhielten die Serienloks in<br />

Querrichtung seitenelastisch (weich) gelagerte<br />

Radsätze, der Spurkranz der mittleren Räder<br />

wurde verkleinert.<br />

Die Gotthard-Lok sollte 600 Tonnen schwere Züge<br />

mit 75 km/h über die 26-Promille-Rampen bringen<br />

IN KÜRZE TECHNISCHE DATEN DER AE 6/6<br />

Baureihe Ae 6/6<br />

Hersteller<br />

SLM/BBC/MFO<br />

Inbetriebsetzung Vorserie/Serie<br />

1953/1955-1966<br />

Anzahl Exemplare 120<br />

Achsfolge<br />

Co’Co’<br />

Stundenleistung<br />

4.300 kW<br />

Gesamtmasse<br />

120 t<br />

Höchstgeschwindigkeit 125 km/h<br />

Länge über Puffer<br />

18,40 m<br />

Anzahl Fahrmotoren 6<br />

Stundenzugkraft<br />

221 kN<br />

Serienbau und Einsätze<br />

Von 1955 bis 1966 fertigte die SLM insgesamt<br />

118 Serienloks mit den Nummern 11403 bis<br />

11520. Den elektrischen Teil für 62 Exem-<br />

Die unerwartete Rückkehr: Bei Redaktionsschluss<br />

hatten die SBB fünf Ae 6/6 für Güterzüge<br />

im Raum Zürich reaktiviert. Mit von der<br />

Partie war die chromverzierte 11419, hier am<br />

15. März 2013 bei Birmenstorf Florian Martinoff<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013 47


Strecken, Züge, Fahrzeuge<br />

Der Frontzierschmuck war ein Charakteristikum der Kantonsloks. Nur<br />

einen Teil des „Schnäuzchens“ trägt diese Ae 6/6, als sie im Dezember<br />

1988 mit zwei Wagen der Südostbahn bei Sattel-Ägeri unterwegs ist<br />

Ebenfalls typisch für die Ae 6/6 sind die wuchtigen Blattfeder-Pakete<br />

als Wiegenfederung. Hier zu sehen an der Ae 6/6 11518 „Herisau“<br />

Jörn Schramm<br />

Die zulässige Höchstgeschwindigkeit der<br />

Ae 6/6 von 125 km/h erlaubte die durchgehende<br />

Bespannung der Schnellzüge von Zürich<br />

und Luzern bis Chiasso, so dass das zeitraubende<br />

Umspannen oder Ansetzen einer<br />

Vorspannlok in Erstfeld generell entfallen<br />

konnte. Mit Güterzügen und den damals<br />

noch zahlreichen Nachtschnellzügen gelangten<br />

sie im Durchlauf unter Umgehung der<br />

Kopfbahnhöfe von der italienischen Grenze<br />

(Chiasso und ab 1960 auch Luino) über die<br />

aargauische Südbahn (via Muri) bis nach Basel<br />

an der deutschen Grenze.<br />

Die neuen Lokomotiven waren hoch willkommen,<br />

da schon während ihrer Auslieferung<br />

die Jahresgütermenge auf der Gotthardbahn<br />

auf 20 Millionen Tonnen (1963) anstieg<br />

und sich die Zahl der Reisenden innerhalb von<br />

zehn Jahren auf sechs Millionen Fahrgäste pro<br />

Jahr verdoppelte.<br />

Im Jahr 2000 wurden die Ae 6/6 der SBB-Gütersparte zugeteilt, was einigen der Loks eine<br />

neue Lackierung bescherte. Im „SBB-Cargo-Design“ und mit der neuen Nummer 610 420 hat<br />

die Ae 6/6 einen Nahgüterzug übernommen Dr. Dietmar Beckmann, Slg. Karl Laumann (Bild o.l.)<br />

te sich sofort auf die Gotthardstrecke, wo sie<br />

die Traktion regelrecht revolutionierten. Praktisch<br />

alle Reise- und auch alle Güterzüge bis zu<br />

einem Gewicht von 650 Tonnen konnten sie<br />

alleine mit der Streckenhöchstgeschwindigkeit<br />

(75 bzw. 80 km/h) die Rampen hinaufziehen.<br />

Der bewusste Verzicht der SBB auf eine Vielfachsteuerung<br />

schränkte den Betriebsablauf<br />

überhaupt nicht ein, da zu jener Zeit die zulässige<br />

Zughakenlast ohnehin nur 1.000 Tonnen<br />

betrug und somit eine Doppeltraktion<br />

ohne künstliche Leistungsreduktion nicht zulässig<br />

gewesen wäre. Bei schweren Güterzügen<br />

ergänzte meist eine Schwestermaschine gleicher<br />

Baureihe als Zwischenlok den Zugverband,<br />

die ohnehin von einem eigenen Lokführer<br />

bedient werden musste. Vorspann am<br />

Berg leisteten häufig die älteren Loks der Serie<br />

Ae 4/6, wobei die Summe der Grenzlasten beider<br />

Loks (385 Tonnen + 650 Tonnen =<br />

1.035 Tonnen) ziemlich genau der zulässigen<br />

Zughakenlast entsprach.<br />

Dank 125 km/h Spitze konnte die Ae 6/6 Schnellzüge<br />

von Zürich bis Chiasso durchgehend fahren<br />

Gemeinde- und Kantonsloks<br />

Darüber hinaus entwickelte sich die Ae 6/6 zum<br />

Symbol der modernen SBB. Um die Lokomotive<br />

auch in den Regionen abseits der Gotthardachse<br />

zu präsentieren und so die Identifikation<br />

der schweizerischen Bevölkerung mit<br />

ihren Bundesbahnen zu erhöhen, schmückte<br />

man die Loks mit dem <strong>Schweiz</strong>er Kreuz auf der<br />

Stirnseite und Kantons- oder Gemeindewappen<br />

auf den Seitenwänden. Im Rahmen von meist<br />

groß angelegten Tauf-Zeremonien unter Einbeziehung<br />

der örtlichen Folklore erhielten die<br />

Ae 6/6 11426 bis 11450 die Namen der <strong>Schweiz</strong>er<br />

Kantonshauptorte und die höheren Nummern<br />

Namen weiterer Städte und Gemeinden.<br />

Eine ganz besondere Ehre wurde den Loks mit<br />

den Nummern 11401 bis 11425 zuteil, da sie<br />

dazu auserkoren waren, die Wappen der<br />

25 Kantone der <strong>Schweiz</strong> zu tragen. Um sie gegenüber<br />

den „gewöhnlichen“ Ae 6/6 hervorzuheben,<br />

zierte die Kantonsloks nicht nur das entsprechende<br />

Kantonswappen, sondern zusätzlich<br />

entsprechend dem damaligen Zeitgeschmack<br />

eine um laufende Chrom leiste, ergänzt durch<br />

zusätzliche kürzere Leisten unter den Führerstandsfenstern<br />

(„Schnäuzchen“). Auch nach ihrer<br />

Umlackierung in die rote Farbgebung ab<br />

1984 blieb ihnen der Schmuck erhalten.<br />

Mit der Gründung des neuen Kantons Jura<br />

zum 1. Januar 1979 entstand auch eine 26. Kantonslok.<br />

Dazu tauften die SBB die Ae 6/6 11483<br />

von „Porrentruy“ in „Jura“ um. Sie erhielt zwar<br />

48


Der Führerstand der Ae 6/6 entsprach der bei den SBB-Loks der 60er- und 70er-Jahren häufig verwendeten Einheitsbauform (Aufnahme vom<br />

März 1995)<br />

Armin Schmutz<br />

das entsprechende<br />

Wappen, der Chomleistenschmuck<br />

der<br />

übrigen Kantonsloks<br />

blieb ihr aber verwehrt.<br />

Mit der 11482<br />

existierte bereits eine<br />

Lok mit Namen des<br />

neuen Kantonshauptortes<br />

„Delémont“, so<br />

dass die Umbenennung<br />

einer weiteren<br />

Maschine nicht erforderlich<br />

war.<br />

Auch im Ausland<br />

fanden die Ae 6/6 gebührende<br />

Beachtung. So<br />

wurde die „Stadt Genf“<br />

(11450) auf der Weltausstellung in Brüssel von<br />

einem breiten Publikum bestaunt. Als Ende der<br />

60er-Jahre die belgische Staatsbahn (SNCB) den<br />

Bau einer Schnellfahrlokomotive mit dreiachsigen<br />

SLM-Drehgestellen plante (spätere Serie 20),<br />

war die Kantonslok 11414 („Bern“) zu Gast in<br />

Deutschland und erreichte bei Schnellfahrten auf<br />

der Strecke Bamberg – Forchheim mehrfach<br />

200 km/h. Dazu hatte die Lok zuvor eine veränderte<br />

Getriebeübersetzung (1:1,6) erhalten, bei<br />

der Wiegenfederung wurden die beiden Blattfedern<br />

durch Flexicoil-Schraubenfedern ersetzt.<br />

Von den Bergen ins Flachland<br />

Die inzwischen als „Gotthardlok“ bezeichnete<br />

Universallok Ae 6/6 prägte 15 Jahre lang die<br />

Traktion auf der Bergstrecke, wo sie<br />

in den 60er-Jahren fast alle Schnellund<br />

nahezu alle Güterzüge bespannte.<br />

Auch auf der Simplonbahn<br />

mit ihrer 25-Promille-Rampe zwischen<br />

Domodossola und dem Simplontunnel<br />

konnte sie ihre Leistungsfähigkeit<br />

beweisen.<br />

Die ersten Konkurrenten erschienen<br />

am Gotthard Ende der<br />

60er-Jahre mit den Loks der Serie<br />

Re 4/4 II , die in Doppeltraktion<br />

Schnellzüge beförderten, und ab<br />

1971 mit den 20 Loks der Serie<br />

Re 4/4 III , einer Bergvariante der<br />

Re 4/4 II mit angepasster Getriebeübersetzung.<br />

Die endgültige<br />

„Vertreibung“ der Ae 6/6 von<br />

der Bergstrecke vollzogen aber die 85 zwischen<br />

1975 und 1980 beschafften Loks der<br />

Serie Re 6/6, die mit ihren drei zweiachsigen<br />

Drehgestellen und fast doppelter Leistung<br />

(7.850 kW) als neue Universallokomotiven<br />

am Gotthard auserkoren waren.<br />

Das Einsatzgebiet der Ae 6/6 verlagerte sich<br />

nun weitgehend ins Mittelland, wo sie zunächst<br />

hochwertige Güterzüge von den Altbauloks<br />

übernahmen. Dort konnten sie fast<br />

alle Züge in Einfachtraktion ziehen, beispielsweise<br />

die schnellen Transitzüge von Buchs<br />

nach Basel und Genf, die schweren Ölzüge<br />

von Cornaux und St. Triphon ins ganze Land<br />

oder auch die zahlreichen Nahgüterzüge mit<br />

zum Teil beträchtlicher Länge. Aufgrund ihrer<br />

Slg. Peter Kusterer<br />

dreiachsigen Drehgestelle galten sie allerdings<br />

als „Schienenfresser“, so dass sie ab den 90er-<br />

Jahren zunehmend in den weniger kilometerintensiven<br />

Einsatz vor Sammlern auf Nebenbahnen<br />

und Privatbahnen abwanderten.<br />

Im Rahmen der Divisionalisierung der SBB<br />

im Jahre 2000 wurden alle Ae 6/6 dem Geschäftsbereich<br />

SBB Cargo zugeteilt, wodurch<br />

sie ihre letzten Reisezugleistungen abgeben<br />

mussten.<br />

Abschied und plötzliche Rückkehr<br />

Mit dem Planwechsel am 9. Dezember<br />

2012 verloren die bis dahin im Mittelland und<br />

im Jura allgegenwärtigen ehemaligen Gotthardloks<br />

recht plötzlich alle Planleistungen.<br />

Zehn Exemplare wurden Anfang 2013 noch<br />

für Einsätze zu Spitzenzeiten in Reserve vorgehalten.<br />

Aber dann kam im März 2013 die Nachricht,<br />

die einschlug wie eine Bombe: Die SBB<br />

reaktivierten einige Ae 6/6 für Güterverkehrsleistungen<br />

in der Region Zürich, unter<br />

anderem Kieszüge ab Hüntwangen. Bei Redaktionsschluss<br />

waren die Ae 6/6 mit den<br />

Nummern 11419, 11427, 11430 und 11517<br />

im Betriebsdienst. So hat man in diesem Jahr<br />

doch noch die Gelegenheit, die ehemaligen<br />

Gotthardloks vor einem Güterzug zu beobachten.<br />

Vielleicht braucht es dazu etwas<br />

Glück, aber immerhin, die Karriere der Ae 6/6<br />

findet fürs Erste eine Fortsetzung. Wer hätte<br />

das beim Fahrplanwechsel 2012 gedacht?<br />

Dr. Dietmar Beckmann/GM<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

49


Strecken, Züge, Fahrzeuge<br />

Elloks mit Buchli-Antrieb prägten lange Zeit den Betrieb bei den SBB. Im Jahr 1981 zählen<br />

Ae 3/6 und Ae 4/7 schon zu den älteren Semestern, sind aber noch unverzichtbar (Bild in<br />

Stein-Säckingen an der Strecke Basel – Brugg)<br />

Martin Weltner<br />

Die Kraftpakete der BLS sind ein beredtes<br />

Beispiel für die Leistungen des <strong>Schweiz</strong>er<br />

Lokomotivbaus. Im BLS-Jubiläumsjahr<br />

1988 schleppen eine Doppellok Ae 8/8<br />

und eine Vorspannlok Re 4/4 einen Güterzug<br />

bei Kumm<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

In der Montagehalle der Maschinenfabrik Oerlikon entstehen in den 20er-Jahren „Krokodile“<br />

für die SBB. Die Gelenk-Elloks für die Gotthard-<strong>Bahn</strong> stellen einen erheblichen Fortschritt dar<br />

und finden weltweite Beachtung<br />

Slg. Marcus Niedt<br />

Die Geschichte der <strong>Schweiz</strong>er Eisenbahnindustrie<br />

Züge made in<br />

Switzerland<br />

Die weltweit anerkannte Perfektion der <strong>Schweiz</strong>er Eisenbahn<br />

beruhte schon immer auf dem Pioniergeist eidgenössischer<br />

Eisenbahnindustrie. Loks wie Wagen aus <strong>Schweiz</strong>er Produktion<br />

waren für den Einsatz auf den Bergstrecken optimiert. Bis<br />

heute setzen sie Maßstäbe in Europa und der ganzen Welt<br />

Begonnen hat das Eisenbahnzeitalter in<br />

der <strong>Schweiz</strong> im Vergleich zu den Nachbarstaaten<br />

und zu Amerika erst sehr<br />

spät, 1847 mit der „Spanisch-Brötli-<strong>Bahn</strong>“.<br />

Zu diesem Zeitpunkt hatte das deutsche Streckennetz<br />

bereits eine Ausdehnung von mehr<br />

als 1.500 Kilometern, eine leistungsfähige Eisenbahnindustrie<br />

versorgte die dortigen <strong>Bahn</strong>gesellschaften<br />

mit Rollmaterial. Im Gegensatz<br />

dazu war in der <strong>Schweiz</strong> Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

die Produktion von Lokomotiven<br />

überhaupt noch nicht angelaufen, so dass man<br />

für den nun beginnenden Aufbau des Schienennetzes<br />

auf den Ankauf aus dem Ausland<br />

angewiesen war. Die Loks trugen ausländische<br />

Fabrikschilder, etwa der Maschinenfabrik Esslingen,<br />

der Sächsischen Maschinenfabrik<br />

Chemnitz (vorm. Rich. Hartmann), von<br />

Krauss & Co in München und von Emil Kessler<br />

aus Esslingen bei Karlsruhe. Von letzterer<br />

stammten auch die vier Dampfloks der „Spanisch-Brötli-<strong>Bahn</strong>“,<br />

die der Eisenbahningenieur<br />

Niklaus Riggenbach von seinem dama-<br />

50


<strong>Schweiz</strong>er Eisenbahnindustrie<br />

ligen Arbeitgeber nach Baden transportieren<br />

ließ.<br />

Erste Ansätze in der <strong>Schweiz</strong><br />

Die <strong>Schweiz</strong>er Industrie begann mit antriebslosem<br />

Rollmaterial. Während die ersten<br />

Wagen in den Hallen der Winterthurer Firma<br />

J.J. Rieter & Cie. gebaut wurden, entstand<br />

am 17. Januar 1853 die erste spezielle<br />

„Waggons-Fabrik“ in Neuhausen am Rheinfall,<br />

die 1863 zur <strong>Schweiz</strong>erischen Industriegesellschaft<br />

(SIG) wurde. Um den Kauf von<br />

Lokomotiven im Ausland zu vermeiden,<br />

gründete die <strong>Schweiz</strong>erische Centralbahn<br />

Anfang 1853 ihre Hauptwerkstätte in Olten.<br />

Als deren Leiter konnte sie Niklaus Riggenbach<br />

aus Deutschland abwerben. Unter seiner<br />

Leitung beschränkte sich die Werkstätte<br />

nicht auf die Reparatur von Lokomotiven,<br />

sondern baute in den nächsten 20 Jahren sogar<br />

selbst 53 eigene Dampfloks, teilweise allerdings<br />

als Lizenznachbau deutscher Konstruktionen.<br />

Eine eigene Konstruktion waren<br />

die ersten sechs Zahnradloks für die Rigibahn,<br />

für die Niklaus Riggenbach das nach<br />

ihm benannte Zahnstangensystem (Patent<br />

vom 12. August 1863) entwickelte. Mit ihnen<br />

wurde am 1. Mai 1871 zwischen Vitznau<br />

und Rigi Staffel die erste europäische Zahnradbahn<br />

in Betrieb genommen. 1873 gründete<br />

Riggenbach seine eigene Fabrik in Aarau,<br />

ging aber bereits nach der neunten<br />

Lokomotive seiner „Internationalen Gesellschaft<br />

für Bergbahnen“ in Konkurs.<br />

Nicht nur die Centralbahn, auch andere<br />

<strong>Bahn</strong>gesellschaften bauten neben Personenund<br />

Güterwagen ihre eigenen Lokomotiven,<br />

beispielsweise die Werkstätte der Nordostbahn<br />

(NOB) in Zürich acht Maschinen und die<br />

Werkstätte der Vereinigten <strong>Schweiz</strong>er <strong>Bahn</strong>en<br />

(VSB) in Rorschach sieben Loks. Darüber hinaus<br />

stellten zu jener Zeit einige Maschinenfabriken<br />

Dampflokomotiven in geringer<br />

Stückzahl her. Escher Wyss in Zürich baute<br />

35 Dampfloks, die Maschinenfabrik Bern<br />

zehn, die Maschinenbaugesellschaft Basel vier<br />

und zwei weitere Firmen jeweils ein Exemplar.<br />

Ein gebürtiger Engländer begründete die SLM und<br />

damit die Tradition großer <strong>Schweiz</strong>er Lokfabriken<br />

Die „Loki“ entsteht<br />

Ein Ende dieses Wildwuchses zeichnete sich<br />

mit der Gründung der <strong>Schweiz</strong>erischen Lokomotiv-<br />

und Maschinenfabrik (SLM) am<br />

21. Oktober 1871 in Winterthur ab. Mitbegründer<br />

der später allgemein als „Loki“ bezeichneten<br />

Firma war der gebürtige Engländer<br />

Charles Brown sen., der seine<br />

Ingenieurkenntnisse in der Maschinenfabrik<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013 51


Strecken, Züge, Fahrzeuge<br />

Pioniergeist im Dampflokbau: Für die Schmalspurstrecke von St. Gallen nach Gais baute die SLM 1889 drei Lokomotiven der Serie HG 2/3.<br />

Die Einstellung der Adhäsionsantriebsachsen nach dem Kurvenradius wurde durch die entsprechende Stellung des einachsigen Tenders zur<br />

Maschine bewirkt. Diese Verstellung der gekuppelten Achsen bedingte eine Verlängerung bzw. Verkürzung der Kuppelstangen und ermöglichte<br />

auch das Durchfahren enger Radien<br />

Slg. Dr. Daniel Hörnemann<br />

Maudslay Sons & Field in London erworben<br />

und sich 20 Jahre lang bei Sulzer auf den Bau<br />

von Dampfmaschinen spezialisiert hatte. Er<br />

und zwei seiner sechs Söhne waren in den folgenden<br />

Jahrzehnten die entscheidenden Wegbereiter<br />

für den Erfolg der schweizerischen Lokomotivindustrie.<br />

Nach dem anfänglichen Bau von Zahnraddampfloks,<br />

so der siebten Lok für die Rigibahn<br />

als Debüt, und Erfolgen bei Straßenbahnsystemen<br />

entwickelte sich die SLM sehr schnell<br />

zum größten <strong>Schweiz</strong>er Lokomotivhersteller.<br />

Liegen auch die bahnbrechenden Leistungen<br />

in der <strong>Schweiz</strong> auf dem Gebiet der elektrischen<br />

Traktion im 20. Jahrhundert, so<br />

konnte die SLM jedoch schon beim Dampflokbau<br />

beachtliche Leistungen präsentieren.<br />

In der Abteilung für Zahnradloks entstanden<br />

bemerkenswerte Maschinen, wie 1889 die drei<br />

Exemplare umfassende Serie HG 2/3 für die<br />

Appenzeller Straßenbahn.<br />

Auch für das Fernstreckennetz entwickelte<br />

sich die SLM zum Haus- und Hoflieferanten<br />

der großen <strong>Schweiz</strong>er <strong>Bahn</strong>gesellschaften.<br />

Der <strong>Schweiz</strong>er Ingenieur Anatole Mallet erfand<br />

das Prinzip der kurvengängigen Dampflokomotiven<br />

mit zwei Triebwerken, bei dem<br />

das hintere (Hochdruck-) Triebwerk fest im<br />

Rahmen gelagert und das vordere flexibel angelenkt<br />

mit Niederdruckzylindern ausgerüstet<br />

war. Diese weltweit erfolgreiche <strong>Schweiz</strong>er Erfindung<br />

setzte sich im eigenen Land aber nicht<br />

durch.<br />

Einen Teil seiner Erfindung, das Verbundsystem,<br />

griff die SLM aber für den Bau der leistungsfähigen<br />

Hauptbahnloks auf, wobei Dreizylinder-<br />

und Vierzylinder-Verbundtriebwerke<br />

insbesondere in den Loks der berühmten Serien<br />

A 3/5 und B 3/4 verbaut wurden. Auch die<br />

größte bei den SBB eingesetzte Dampflok, die<br />

Serie C 5/6, war eine Verbundlok mit zwei<br />

Hoch- und zwei Niederdruckzylindern. Diese<br />

28 wegen ihrer Masse (128 Tonnen) und ihrer<br />

Leistungsfähigkeit (1.190 kW) als „Elefant“<br />

bezeichneten Maschinen zogen zwischen 1913<br />

Die Verbindung von SLM und jungen Firmen brachte<br />

der <strong>Schweiz</strong> eine Führungsrolle in der Elektrotraktion<br />

und 1920 schwere Güterzüge über die Gotthardbahn<br />

und leisteten auf den Rampen Vorspanndienste<br />

bei mit A 3/5 bespannten<br />

Schnellzügen. Danach waren sie über 40 Jahre<br />

im Flachland tätig, bevor sie 1968 das<br />

Dampflokzeitalter auf den <strong>Schweiz</strong>er Staatsbahngleisen<br />

beendeten.<br />

MFO, BBC, SAAS und Schlieren<br />

Noch während des Ersten Weltkriegs hatte der<br />

Dampflokbau in der <strong>Schweiz</strong> seinen Höhepunkt<br />

erreicht, denn die „schwarze Kohle“ war<br />

rar und teuer zu importieren; die „weiße Kohle“,<br />

der Strom, war insbesondere im Gebirge<br />

günstig mit Wasserkraftwerken zu erzeugen.<br />

Gerade einmal neun Jahre nach der Vorstellung<br />

der ersten mit Gleichstrom betriebenen<br />

Grubenbahn durch Werner von Siemens auf<br />

der Berliner Gewerbeausstellung am 31. Mai<br />

1879 fuhren in der <strong>Schweiz</strong> die ersten <strong>Bahn</strong>en<br />

elektrisch. War das erste Gleichstrom-Tram<br />

von Montreux nach Chillon (1888) noch von<br />

lokaler Bedeutung, erlangte die <strong>Schweiz</strong> ihre<br />

internationale Führungsrolle auf dem Gebiet<br />

der elektrischen Traktion durch die Verbindung<br />

der SLM mit jungen, hoch innovativen<br />

schweizerischen Elektrounternehmen.<br />

Im Jahre 1876 gründete P. E. Huber-Wertmüller<br />

die Maschinenfabrik Oerlikon (MFO).<br />

Dort waren zu Beginn der Mitbegründer der<br />

SLM Charles Brown sen. als Berater und seine<br />

beiden Söhne Charles E.C. und Sidney als<br />

Ingenieure tätig. Während sich der Vater<br />

schnell zurückzog, wurde Charles Brown jun.<br />

Chefelektriker und entwickelte gemeinsam<br />

mit dem Leiter der Montageabteilung, Walter<br />

Boveri, ein Verfahren zur Übertragung von<br />

Gleichstrom über lange Strecken. Das war eine<br />

wichtige Voraussetzung für die Versorgung<br />

elektrischer Eisenbahnen mit Energie.<br />

Im Jahre 1891 machten sich die beiden Ingenieure<br />

selbstständig und gründeten die<br />

Brown, Boveri & Cie (BBC) in Baden, die zu<br />

einem der international führenden Unternehmen<br />

der Elektroindustrie werden sollte.<br />

Ein Spezialgebiet der neuen Firma war die<br />

Erhöhung der Leistungsfähigkeit elektrischer<br />

<strong>Bahn</strong>en. Bereits 1899 stellte BBC die erste elektrische<br />

Lokomotive für Vollbahnen auf die<br />

Schienen. Die D 2/2 der Burgdorf-Thun-<strong>Bahn</strong><br />

(BTB) war mit Drehstrommotoren ausgestattet<br />

und bezog ihre Energie aus einer zweipoligen<br />

Oberleitung, die mit 750 V und 40 Hz gespeist<br />

wurde. Von der BBC stammte auch die<br />

52


<strong>Schweiz</strong>er Lokindustrie<br />

Die C 5/6, der „Elefant“, war die größte Dampflok in der <strong>Schweiz</strong>. In<br />

den 60er-Jahren fuhr sie nurmehr in untergeordneten Diensten. Die abgebildete<br />

C 5/6 2978 zog auch am 30. November 1968 den letzten<br />

Dampfzug der SBB; sie blieb betriebsfähig erhalten Slg. Andreas Knipping<br />

Die 1.000. Lok der SLM im Jahr 1896 war eine elegante dreizylindrige<br />

Verbund-Schnellzuglok für die Jura-Simplonbahn (JS). Mit 147 Exemplaren<br />

war die B 3/4 die größte Dampflokserie der SBB, das letzte<br />

Exemplar kam erst 1945 aufs Abstellgleis Slg. Dr. Daniel Hörnemann<br />

Slg. Toni Burger<br />

elektrische Ausrüstung in<br />

Drehstromtechnik (Dreiphasenwechselstrom)<br />

für bedeutende<br />

Bergbahnen jener Zeit,<br />

wie die Gornergrat- und die<br />

Jungfraubahn (1898) sowie<br />

die Stansstad–Engelberg-<br />

<strong>Bahn</strong> (1899).<br />

Inzwischen war es dem<br />

technischen Direktor der<br />

MFO, Hans Behn-Eschenburg,<br />

gelungen, einen Einphasen-Motor<br />

zu entwickeln,<br />

der direkt mit<br />

Wechselstrom betrieben<br />

werden konnte. Die MFO rüstete in den Jahren<br />

1905 und 1906 ihre Versuchslokomotiven „Eva“<br />

und „Marianne“ damit aus und elektrifizierte<br />

1907 die an ihre Werkstätten angrenzende Strecke<br />

von Seebach nach Wettingen mit Einphasen-<br />

Wechselstrom. Dort konnte sie unter kritischer<br />

Beobachtung der internationalen Fachwelt beweisen,<br />

dass ein elektrischer Zugbetrieb auch mit<br />

einer wesentlich einfacheren einphasigen Oberleitung<br />

möglich ist.<br />

Während die MFO nun den Wechselstrom<br />

favorisierte, hielt die BBC weiterhin am Drehstrom<br />

fest und elektrifizierte bis 1906 auf eigene<br />

Kosten die Strecke von Brig nach Iselle<br />

durch den 20 km langen Simplontunnel mit<br />

der zweiphasigen Oberleitung (3,3 kV,<br />

16 2/3 Hz). Zum Einsatz kamen dort allerdings<br />

keine Lokomotiven von BBC, sondern<br />

bei den SBB als Fb 3/5 bezeichnete Stangenloks<br />

des ungarischen Herstellers Ganz&Cie.<br />

Während die SBB nicht unter Zeitdruck<br />

standen, musste die Bern-Lötschberg-Simplon-<strong>Bahn</strong><br />

(BLS) recht kurzfristig ein Stromsystem<br />

für die Lötschbergstrecke auswählen,<br />

die 1913 in Betrieb gehen sollte. Die aus heutiger<br />

Sicht vollkommen richtige Entscheidung<br />

fiel zugunsten der einpoligen Oberleitung aus,<br />

und die MFO erhielt 1911 gemeinsam mit der<br />

SLM den Auftrag zum Bau einer 13 Lokomotiven<br />

umfassenden Serie Fb 5/7 (später<br />

Be 5/7), die mit ihrer Leistung von 1.838 kW<br />

als die damals stärksten Loks der Welt galten.<br />

Aus terminlichen Gründen wurde auch die<br />

BBC mit der Lieferung elektrischer Komponenten<br />

in die Fertigung mit einbezogen. Im<br />

Betrieb bewährten sich die Lokomotiven be-<br />

Die ersten beiden elektrischen Vollbahnlokomotiven der Welt lieferte BBC im Jahre 1899 als<br />

D 2/2 an die Burgdorf-Thun-<strong>Bahn</strong>. Die Loks leisteten 200 kW; man konnte sie nur in zwei im<br />

Stand einzustellenden Geschwindigkeitsstufen (17,5 und 35 km/h) betreiben Slg. Marcus Niedt<br />

reits im ersten Betriebsjahr so gut, dass sich die<br />

SBB, forciert durch die Kohleknappheit im<br />

Ersten Weltkrieg, für die Elektrifizierung der<br />

Gotthardbahn entschieden, wobei auch das<br />

Wechselstromsystem verwendet werden sollte.<br />

Die BBC schwenkte nun ebenfalls um, so<br />

dass die Drehstromepoche auf den <strong>Schweiz</strong>er<br />

Gleisen mit der Elektrifizierung der letzten<br />

Strecke von Brig nach Sion 1919 ihr Ende<br />

fand. Fast alle Strecken mit zweipoliger Oberleitung<br />

wurden in den 30er-Jahren umelektrifiziert,<br />

die Jungfrau- und die Gornergratbahn<br />

sind aber noch heute Zeugen der<br />

Drehstromepoche in der <strong>Schweiz</strong>.<br />

Für die nächsten Jahrzehnte bestimmten<br />

vier große <strong>Schweiz</strong>er Unternehmen den Bau<br />

der einheimischen Lokomotiven. Die SLM<br />

war stets alleine für den mechanischen Teil verantwortlich,<br />

während die MFO, die BBC und<br />

die ab 1924 eigenständige ehemalige BBC-<br />

Tochter Société Anonyme des Ateliers de Sécheron<br />

(SAAS) aus Genf den elektrischen Teil<br />

übernahmen. Dabei standen die drei Hersteller<br />

der elektrischen Komponenten nicht unbedingt<br />

miteinander in einem direkten Wettbewerb,<br />

sondern teilten den großen Kuchen<br />

oftmals unter sich auf. Auf dem Wagensektor<br />

wurde 1899 die <strong>Schweiz</strong>erische Waggonfabrik<br />

Schlieren gegründet. Ab 1903 erteilten die<br />

SBB große Aufträge zum Bau einheitlicher Personenwagen<br />

an die „Wagi“, wie sie im Volksmund<br />

in Anlehnung an die „Loki“ (SLM) genannt<br />

wurde. 1906 konnte der 1000., 1909<br />

der 2000. Wagen geliefert werden.<br />

Pionierleistungen im Ellok-Bau<br />

Die größte Herausforderung an die Lokomotivindustrie<br />

war der Bau der Lokomotiven für<br />

die Gotthardbahn in einer Leistungsklasse, die<br />

es auf der Welt bis dahin noch nicht gegeben<br />

hatte. Pünktlich zum Abschluss der Elektrifizierungsarbeiten<br />

im Jahre 1920 standen die<br />

ersten Loks der neuen Serien betriebsbereit auf<br />

den Schienen. Für den schnellen Personenverkehr<br />

baute die SLM gemeinsam mit der<br />

BBC 40 Exemplare der Serie Be 4/6, während<br />

die insgesamt 51 weltberühmten Krokodile<br />

(Serien Ce 6/8 II und Ce 6/8 III ) für Güterzüge<br />

von SLM und MFO hergestellt wurden.<br />

Noch während diese großen Elloks mit Stangenantrieb<br />

in den Fertigungshallen standen, hatte<br />

der <strong>Schweiz</strong>er Jakob Buchli als Oberingenieur<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

53


Strecken, Züge, Fahrzeuge<br />

Nur die beiden ersten Elloks Re 6/6 hatten noch einen geteilten Lokkasten<br />

mit Gelenk, um die vertikale Flexibilität der drei zweiachsigen<br />

Drehgestelle zu gewährleisten (Foto). Bei den Serienloks konnte die<br />

SLM darauf verzichten<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

Erst spät griff die <strong>Schweiz</strong>er Industrie die Entwicklung moderner<br />

Drehstromloks auf. Die 119 Loks der SBB-Serie 460 tragen heute die<br />

Hauptlast des Fernverkehrs in der <strong>Schweiz</strong> (Bild auf der Bietschtal-<br />

Brücke auf der Lötschberg-Südrampe)<br />

Christian Wenger<br />

Die 240 Tonnen schwere und 31 Meter lange Doppellok Ae 8/14 11801 (Baujahr 1931) besaß<br />

den Buchliantrieb. Dabei waren die einseitig angesetzte Kraftübertragung auf der führenden<br />

Lokhälfte rechts, auf der hinteren links angeordnet<br />

Slg. Peter Schricker<br />

bei der BBC einen vollkommen neuartigen,<br />

nach ihm benannten Antrieb erfunden. Erstmals<br />

wurden die Treibachsen der Lokomotive einzeln<br />

von einem eigenen Motor angetrieben, der im<br />

gefederten Lokkasten befestigt war. Damit waren<br />

Geschwindigkeiten von mehr als 100 km/h<br />

problemlos realisierbar. Die 241 Lokomotiven<br />

der SBB-Serien Ae 3/6 und Ae 4/7 erhielten diesen<br />

Antrieb. Die nach diesem <strong>Schweiz</strong>er Patent<br />

gebauten Lokomotiven fuhren darüber hinaus<br />

in großen Stückzahlen im europäischen Ausland<br />

(etwa Deutschland, Frankreich, Italien) und<br />

auch in Übersee, zum Beispiel Japan und Amerika.<br />

Die überaus robusten Lokomotiven wurden<br />

sehr alt; die Serie Ae 4/7 stand 70 Jahre lang<br />

– bis 1996 – im Dienst der SBB.<br />

Im Jahre 1924 hatte die BBC ihre Aktienmehrheit<br />

bei der SAAS aufgegeben. Das nun<br />

selbstständige Unternehmen konstruierte als<br />

dritter „Elektriker“ im <strong>Schweiz</strong>er Lokomotivbau<br />

fast zeitgleich mit der MFO einen eigenen<br />

Einzelachsantrieb als Weiterentwicklung des<br />

Westinghouse-Federantriebes. Der als Sécheron-Federantrieb<br />

bezeichnete neuartige Hohlwellenantrieb<br />

ermöglichte kleinere Antriebsräder<br />

und wurde erstmals in der Serie Be 6/8<br />

(später Ae 6/8) verbaut, die ab 1926 von einem<br />

Konsortium aus der SAAS und der italienischen<br />

Firma Breda an die BLS geliefert<br />

wurde. Die SLM war zunächst nicht beteiligt,<br />

was für das gesamte 20. Jahrhundert eine der<br />

wenigen Ausnahmen darstellt. Ab der fünften<br />

Maschine (zweite Serie) war wieder die „Loki“<br />

für den mechanischen Teil der mit ihren sechs<br />

Doppelmotoren seinerzeit stärksten Lokomotive<br />

der Welt zuständig.<br />

Die nächste bahnbrechende Erfindung auf<br />

dem Gebiet der Antriebstechnik kam wieder<br />

aus der <strong>Schweiz</strong> mit der ersten laufachslosen<br />

Hochleistungsdrehgestelllok mit Einzelachsantrieb,<br />

dieses Mal mit dem von BBC entwickelten<br />

Federantrieb. Mit der Ae 4/4 der BLS<br />

(und der Doppellokvariante Ae 8/8) begann<br />

die bis heute andauernde Epoche der Achsfolge<br />

Bo’Bo’; auch die SBB entschieden sich für<br />

diese Bauart, allerdings zunächst für eine mit<br />

57 Tonnen leichtere und schnellere Variante.<br />

Die Re 4/4 (später Re 4/4 I ) lösten Ende der<br />

40er-Jahre die Ae 3/6 vor den Städteschnellzügen<br />

ab, die mit den neuen, von der „Wagi“<br />

hergestellten Leichtstahlwagen insbesondere<br />

zwischen Zürich und Genf verkehrten.<br />

Die 50er- bis 80er-Jahre<br />

In den nächsten zwei Jahrzehnten beherrschten<br />

die vier Firmen SLM, MFO, BBC und zum<br />

kleineren Teil auch SAAS den <strong>Schweiz</strong>er Lokomotivbau<br />

und produzierten immer leistungsfähigere<br />

Drehgestelllokomotiven mit je einem<br />

Wechselstrommotor pro Achse. Eine<br />

Ausnahme bildeten die zwischen 1964 und<br />

1983 gebauten Re 4/4 der BLS, die mit einem<br />

Gleichrichter und Gleichstrommotoren ausgerüstet<br />

wurden. In Verbindung mit einer ausgeklügelten<br />

Tiefzugeinrichtung konnten die braunen<br />

Kraftpakete ihre Leistung von 5 MW<br />

ungewöhnlich gut auf die Schiene bringen und<br />

gewannen noch Ende der 90er-Jahre „Wettkämpfe“<br />

mit wesentlich moderneren Loks (beispielsweise<br />

der 152 der DB AG) bei Anfahrversuchen<br />

auf der Lötschberg-Nordrampe.<br />

Trotz der hohen Anforderungen auf den<br />

Bergstrecken wurden in der <strong>Schweiz</strong> nur zwei<br />

große Serien in sechsachsiger Ausführung realisiert:<br />

die Ae 6/6 (s. S. 46-49) und die Re 6/6.<br />

Letztere zeichnete sich durch eine Stundenleistung<br />

von 7,8 MW und durch die Anordnung<br />

von drei zweiachsigen Drehgestellen unter einem<br />

bei den Serienloks einteiligen Lokkasten<br />

aus. Mit ihrer entsprechend guten Kurvengängigkeit<br />

entwickelte sie sich ab Mitte der 70er-<br />

Jahre zur Standardlok am Gotthard. Das vierachsige<br />

Pendant fürs Flachland, die Re 4/4 II ,<br />

wurde von 1967 bis 1985 in Serie gebaut und<br />

erreichte eine Stückzahl von 276 Exemplaren.<br />

Als potenzielles Nachfolgemodell der Einheitsloks<br />

lieferten SLM und BBC im Jahre 1982 vier<br />

als Re 4/4 IV bezeichnete Prototypen mit von<br />

Gleichrichtern gespeisten Wellenstrommotoren.<br />

Da zu diesem Zeitpunkt im Ausland bereits die<br />

ersten Drehstrom-Loks erfolgreich im Einsatz<br />

waren, galten sie aber schon bei Indienststellung<br />

als veraltet, so dass ein Weiterbau unterblieb.<br />

Umstrukturierung und Niedergang<br />

Zu dieser Zeit hatte die <strong>Schweiz</strong>er Eisenbahnindustrie<br />

bereits die ersten tiefgreifenden Umstrukturierungen<br />

hinter sich. 1961 fusionierte<br />

die SLM mit der Sulzer AG, die die beiden Dieselloks<br />

Am 4/4 und die 14 Dieselloks Bm 6/6<br />

für die SBB mit Schiffsdieselmotoren ausgestattet<br />

hatte. 1967 übernahm die BBC die<br />

MFO, die ursprüngliche Arbeitgeberin der beiden<br />

Firmengründer. 1970 erwarb BBC zudem<br />

die Aktienmehrheit bei der SAAS zurück, die allerdings<br />

erst ab 1982 als BBC-Sécheron AG firmierte.<br />

Mit diesen Fusionen baute die BBC ihre<br />

54


<strong>Schweiz</strong>er Lokindustrie<br />

Der TEE-Triebzug RAe (auch TEE II genannt) wurde 1961 bzw. 1967 von SIG und MFO gebaut. Er konnte mit vier verschiedenen Stromsystemen<br />

fahren und machte damit weit über die <strong>Schweiz</strong>er Grenzen hinaus Furore<br />

Slg. Peter Schricker<br />

Position im Ellok-Bau weiter aus und wurde neben<br />

der Siemens AG zum Marktführer für die<br />

elektrischen Komponenten in Europa; der wirtschaftliche<br />

Erfolg blieb aber aus. Anfang 1988<br />

fusionierte sie mit der schwedischen Allmänna<br />

Svenska Elektriska Aktiebolaget (ASEA) zur<br />

Asea Brown Boveri AG (ABB). Aus dem BBC-<br />

Stammhaus in Baden wurde ABB <strong>Schweiz</strong>.<br />

Auch auf dem Waggonbausektor entstand<br />

Anfang der 80er-Jahre Unruhe. Waren bis dahin<br />

die vier Firmen SIG Neuhausen, SWS<br />

Schlieren, SWP Pratteln und FFA Altenrhein<br />

gemeinsam an der Herstellung der weit über<br />

2.000 Einheitswagen (EW) für Normal- und<br />

Schmalspurbahnen beteiligt, teilten sie sich<br />

1981 in einem „Stillhalteabkommen“ den<br />

Markt auf. Die danach auf die Komponentenfertigung<br />

sowie auf Umbauten und Revisionen<br />

spezialisierte SWS musste bereits 1985 ihre traditionsreiche<br />

„Wagi“ in Schlieren unter großem<br />

Protest der Arbeitnehmerschaft und der<br />

Bevölkerung schließen. Die FFA Altenrhein<br />

wurde 1987 von der SWP aufgekauft. Beide<br />

Werke firmierten ab 1993 als Schindler Waggon<br />

AG (SWG), bis sie 1996 der ABB Daimler<br />

Benz Transportation (ADtranz) einverleibt<br />

wurden. 1997 trennten sich die Wege schon<br />

wieder. Das Werk Altenrhein wurde von Stadler<br />

Rail gekauft. Der Waggonbau in Pratteln<br />

kam 2001 zu Bombardier, die das Werk 2005<br />

mangels Aufträgen schließen musste.<br />

Am erfolgreichsten entwickelte sich die SIG,<br />

die 1961 gemeinsam mit der MFO den elektrischen<br />

TEE-Triebwagen RAe gebaut und für<br />

den Einheitswagen EW III eine Wagenkasten-<br />

steuerung entworfen hatte. Nach der Umstrukturierung<br />

1981 spezialisierte sie sich auf<br />

den Bau von Drehgestellen. Als Konkurrent zu<br />

FIAT in Italien entwickelte sie in den 90er-Jahren<br />

sogar eine eigene Neigetechnik mit elektrischem<br />

Antrieb, die ab 1999 in den neuen ICN-<br />

Triebzügen (SBB-RABDe 500) eingebaut<br />

wurde. Zuvor (1995) hatte FIAT Ferroviaria die<br />

Schienenverkehrssparte der SIG aufgekauft und<br />

kam selber im Jahre 2000 zu Alstom.<br />

Im Ausland hatten sich Drehstrom-Asynchronmotoren<br />

im Lokomotivbau längst<br />

durchgesetzt, als die <strong>Schweiz</strong>er Lokomotivindustrie<br />

mit der Produktion neuer Drehstromloks<br />

begann. Zwischen 1989 und 1997 entstanden<br />

115 Loks der Serie Re 450 für die<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Zürich, 119 Maschinen der Serie<br />

Re 460 für den schweren Reise- und Güterverkehr<br />

der SBB sowie 18 Re 465 für die BLS.<br />

Erstmals verzichtete man auf die Herstellung<br />

von Vorserienloks; Erprobung und Optimierung<br />

neuer Komponenten an den Serienloks<br />

geschahen direkt im Betrieb.<br />

Tief für die SLM, Hoch für Stadler<br />

Nach dieser Verjüngungskur war der einheimische<br />

Markt weitgehend gesättigt. Immerhin<br />

begann der Exporterfolg der Re 460 mit der<br />

Lieferung von 46 breitspurigen Exemplaren an<br />

Trotz Exporterfolgen wurde die SLM zerschlagen;<br />

derweil entwickelte sich Stadler zum Global Player<br />

die Finnischen Staatsbahnen (Serie Sr2),<br />

22 Loks nach Norwegen (Serie El 18) und zwei<br />

Maschinen nach Hongkong; trotzdem entschieden<br />

sich die Manager der SLM für die<br />

Entlassung des größten Teils der Belegschaft<br />

und für eine Zerschlagung des Unternehmens.<br />

Einige Produktbereiche gingen unter dem temporären<br />

Firmennamen Sulzer-Winpro an Stadler<br />

Rail, ADtranz/Bombardier und an die Prose<br />

AG, andere Produktbereiche wurden<br />

vollständig eingestellt. Im Jahre 2001 spaltete<br />

sich die Dampflokomotiv- und Maschinenfabrik<br />

DLM ab, die sich seitdem mit der Konstruktion<br />

und Herstellung moderner Dampflokomotiven<br />

sowie mit deren Reparatur und<br />

Wartung beschäftigt. Neue Dampflokomotiven<br />

aus Winterthur sind beispielsweise auf der<br />

Brienz-Rothorn-<strong>Bahn</strong> im Einsatz.<br />

Nach einem Management-Buy-out der<br />

Reste der SLM im Jahre 2001 wurde die Winpro<br />

AG gegründet, die 2005 komplett von<br />

Stadler Rail übernommen wurde. Die traditionsreiche<br />

„Loki“, die zwischen 1873 und<br />

1997 insgesamt 5.744 Fahrzeuge gebaut hatte,<br />

existierte nicht mehr.<br />

Etwa gleichzeitig mit dem Niedergang der<br />

SLM entwickelte sich eine kleine Firma aus<br />

Bussnang zu einem Global Player auf dem Schienenverkehrssektor.<br />

Die auf einer Unterneh-<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

55


Strecken, Züge, Fahrzeuge<br />

Während von den traditionellen <strong>Schweiz</strong>er Fahrzeugherstellern allenfalls noch Reste übrig sind, hat sich Stadler auf dem Markt zu einem bedeutenden<br />

Produzenten aufgeschwungen. Im Werk in Bussnang entstehen im Februar 2012 „FINK“-Triebzüge für die Zentralbahn Armin Schmutz<br />

Die jüngste Lok von<br />

SBB Cargo aus<br />

<strong>Schweiz</strong>er Produktion<br />

ist die Eem 923<br />

von Stadler. Der<br />

1.500 kW starke<br />

Zweiachser kann mit<br />

Dieselmotor fahrdrahtlose<br />

Anschlüsse<br />

bedienen, aber<br />

auch Güterzüge elektrisch<br />

mit 120 km/h<br />

über die Hauptstrecken<br />

befördern<br />

Stadler Rail AG<br />

mensgründung von 1942 basierende Stadler<br />

Fahrzeuge AG begann 1974 in Bussnang mit der<br />

Einzelanfertigung von kleinen Loks und Wagen<br />

in geringem Umfang. Nach dem Tod des Firmengründers<br />

Ernst Stadler 1981 führte seine<br />

Witwe Irma das Unternehmen weiter und übertrug<br />

1989 die Geschäfte einem guten Bekannten,<br />

dem Eishockey-Profi Peter Spuhler. Zu jener<br />

Zeit hatte das Unternehmen gerade einmal<br />

18 Mitarbeiter – heute sind es weltweit ca. 5.000,<br />

davon allein in der <strong>Schweiz</strong> etwa 1.700.<br />

Der Erfolg der seit 1997 als Stadler Rail AG<br />

agierenden Holding begann mit der innovativen<br />

Entwicklung des leichten Gelenktriebwagens<br />

GTW, dessen Komponenten modular je<br />

nach Kundenanforderungen zusammengestellt<br />

werden können. Die Minimalversion des wahlweise<br />

normal- oder schmalspurigen Triebwagens<br />

besteht aus einem mittigen zweiachsigen<br />

Antriebsmodul (mit Stromabnehmer oder<br />

Dieselmotor) und zwei einseitig aufgelegten<br />

Hybrid-Loks und Nahverkehrstriebwagen führen die<br />

innovative Tradition <strong>Schweiz</strong>er Lokomotivbaus fort<br />

leichten Endmodulen mit je einem Drehgestell<br />

unter den Führerständen. Eine Erweiterung<br />

mit Mittelteilen und weiteren Antriebsmodulen<br />

ist möglich. Seit 1997 hat Stadler fast<br />

600 GTW-Triebwagen an zahlreiche <strong>Bahn</strong>gesellschaften<br />

in der <strong>Schweiz</strong>, ins europäische<br />

Ausland und sogar in die USA verkauft.<br />

Ein weiteres Erfolgsmodell von Stadler ist der<br />

als FLIRT (flinker leichter innovativer Regional-<br />

Triebzug) bezeichnete Triebwagen, der in der<br />

<strong>Schweiz</strong> je nach Zusatzausrüstung fürs Nachbarland<br />

als RABe 521, 522, 523 oder 524 verkehrt.<br />

Durch den Export in zehn Länder gibt es<br />

inzwischen mehr als 800 Exemplare. Die in<br />

Bussnang und Pankow (Berlin) gefertigten Fahrzeuge<br />

zeichnen sich gegenüber Konkurrenzfahrzeugen<br />

durch einen ungewöhnlich guten<br />

Laufkomfort aus. Am 30. Juni 2008 erhielt die<br />

Stadler Rail AG von den SBB den Auftrag zum<br />

Bau von 50 Doppelstocktriebzügen für die vierte<br />

Teilergänzung der S-<strong>Bahn</strong>-Zürich und für<br />

mehrere RegioExpress-Linien. Auch diese als<br />

KISS (komfortabler innovativer spurtstarker<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Zug) bezeichneten Fahrzeuge verbuchen<br />

Exporterfolge. In Zürich und bei der BLS sind<br />

die ersten Triebzüge bereits im Einsatz.<br />

Auch auf dem Lokomotivbausektor verfolgt<br />

Stadler ganz neue Konzepte. Am 12. Februar<br />

2012 wurde die erste von zunächst 30 Hybrid-<br />

Loks der Serie Eem 923 an SBB-Cargo übergeben.<br />

Die kleine Lok hat einen Dieselantrieb für<br />

die Bedienung fahrdrahtloser Anschlussgleise und<br />

einen 1,5 MW starken elektrischen Antrieb. Die<br />

Besonderheit ist ihre für zweiachsige Lokomotiven<br />

ungewöhnliche Höchstgeschwindigkeit von<br />

120 km/h, die durch die passive Einstellung der<br />

Achsen und durch das neu entwickelte Tilgermassensystem<br />

erreicht wird. So kann sie vor Güterzügen<br />

des Wagenladungsverkehrs auf der Strecke<br />

fahren und auch Anschlussgleise bedienen.<br />

Ob das System zukunftsfähig ist, wird sich zeigen.<br />

Aber diese kleine Lok führt die Tradition der innovativen<br />

Lokomotivindustrie der <strong>Schweiz</strong> fort<br />

und rechtfertigt noch immer den Slogan: Wer<br />

hat’s erfunden? Die <strong>Schweiz</strong>er!<br />

Dietmar und Silvia Beckmann<br />

56


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S/W / Farbe,<br />

mono<br />

Menüführung<br />

ca. 120 Min.<br />

Mit historischen<br />

Aufnahmen<br />

Sprache(n)<br />

Bild und Ton<br />

Menü/Kapitel<br />

Spielzeit<br />

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die Entwicklung der <strong>Schweiz</strong>er <strong>Bahn</strong>en von ihren Ursprüngen bis hin zum<br />

modernen Verkehrsträger. Zahlreiche historische Aufnahmen, unter anderem<br />

von den SBB und von der Rhätischen <strong>Bahn</strong>, machen den Film besonders<br />

wertvoll. »<strong>Schweiz</strong>er Gebirgsbahnen« stellt unter anderem die weltberühmte<br />

Gotthardbahn, die spektakuläre Centovallibahn, die dampfbetriebene<br />

Brienz-Rothorn-<strong>Bahn</strong> und die Gornergratbahn vor; eine Reise auf diesen<br />

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Zwei Filme


Die beiden klassischen Triebfahrzeuge der Seetalbahn begegnen sich im August 1981 in Birrwil. Ein „Seetal-Krokodil“, De 6/6 15302, wartet<br />

vorn mit Güterzug 67251 Beinwil – Lenzburg die Kreuzung mit Zug 2252 Wildegg – Beinwil ab, der von einem Gepäcktriebwagen De 4/4 bespannt<br />

wird. Kleines Bild Mitte: unmissverständliche Kollisionswarnung an einer Straße in Seon<br />

Dr. Dietmar Beckmann, Daniel Amman (u.)<br />

Die Seetalbahn<br />

„Straßenarbeiter“<br />

Nördlich von Luzern verläuft die Seetalbahn von Emmenbrücke nach Lenzburg.<br />

Wo heute die S9 des S-<strong>Bahn</strong>-Netzes Zentralschweiz unterwegs ist, fuhren lange<br />

Zeit lokbespannte Züge der SBB. Und zwar meist neben oder auf der Straße<br />

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hofften<br />

die Gemeinden des Seetals, dass die<br />

Schienenverbindung von Basel nach Luzern<br />

und zum Gotthard auf der Route entlang<br />

des Baldegger und des Hallwiler Sees gebaut würde.<br />

Nachdem sich die Centralbahn aber für den<br />

weniger steigungsreichen Weg über Zofingen<br />

Die Seetalbahn überwindet nur 114 Höhenmeter,<br />

hat aber durch die Straßenlage viele Steigungen<br />

entschieden hatte, mussten sich die Gemeinden<br />

im Seetal mit einer lokalen Eisenbahn begnügen.<br />

Finanziert von der in London gegründeten<br />

Lake Valley of Switzerland Railway Company,<br />

konnte im Jahre 1883 die normalspurige Strecke<br />

von Emmenbrücke bei Luzern über Beinwil<br />

nach Lenzburg mit einer besonders einfachen<br />

und kostengünstigen Trassierung eröffnet werden.<br />

Die Gleise wurden fast auf der gesamten<br />

Strecke ähnlich einer Straßenbahn innerhalb des<br />

Straßenraums oder unmittelbar daneben verlegt,<br />

wodurch sich mitunter sehr enge Radien<br />

und gewaltige Steigungen ergaben. Obwohl die<br />

Differenz zwischen dem höchsten und dem<br />

niedrigsten Punkt der 43 Kilometer langen Strecke<br />

gerade einmal 114 Höhenmeter beträgt,<br />

weist die Strecke zahlreiche meist kurze Steilstrecken<br />

mit bis zu 36 Promille Längsneigung<br />

auf. Denn die Trasse verzichtet vollkommen auf<br />

größere Kunstbauten und folgt der Topographie<br />

des Geländes. Auch die am 23. Januar 1887 eröffnete<br />

ergänzende Stichstrecke von Beinwil<br />

nach Reinach (ab 1. Oktober 1906 verlängert<br />

bis Beromünster) entsprach diesem Konzept.<br />

Betrieb bei SThB und SBB<br />

1894 übernahm die neu gegründete <strong>Schweiz</strong>erische<br />

Seethalbahn-Gesellschaft (SThB) die<br />

Strecke, konnte sich aber mit ihrer rein lokalen<br />

Bedeutung nicht abfinden. Bereits am<br />

1. Oktober 1895 eröffnete sie im Norden die<br />

vier Kilometer lange Verbindung von Lenzburg<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013 59


Strecken, Züge, Fahrzeuge<br />

Anfang der 90er-Jahre setzten die SBB planmäßig Pendelzüge mit Elloks Re 4/4 I im Seetal ein. Vorzugsweise verwendeten sie rote Maschinen,<br />

die für die Autofahrer „nebenan“ auffälliger waren (Bild mit Zug 6028 bei Birrwil, Juli 1991)<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

sogar Schnellzüge (Wildegg – Luzern) auf die<br />

Strecke. Die bedeutendste Innovation war aber<br />

die Elektrifizierung der Strecke im Jahre 1910,<br />

und zwar nicht mit dem damals für Nebenbahnen<br />

üblichen Gleichstrom oder dem von<br />

der Firma BBC favorisierten Drehstrom mit<br />

zweiphasiger Oberleitung, sondern bereits mit<br />

dem noch kaum erprobten, aber zukunftsweisenden<br />

Einphasenwechselstrom (5.500 V,<br />

25 Hz). Neben Holzmasten wurden moderne<br />

Stahlmasten aufgestellt, die teils über 100 Jahre<br />

(bis 2011 in Boniswil) in Betrieb blieben.<br />

Zahlreiche kleine Industriebetriebe siedelten<br />

sich entlang der Strecke an, so dass die <strong>Bahn</strong> mit<br />

ihren geringen Betriebskosten zur rentabelsten Eisenbahn<br />

der <strong>Schweiz</strong> aufstieg. Infolge der Kohleknappheit<br />

im Ersten Weltkrieg fuhren sogar<br />

Durchgangsgüterzüge durchs Seetal. Das ungewöhnliche<br />

Konzept war zumindest in wirtschaftlicher<br />

Hinsicht voll aufgegangen, hatte allerdings<br />

aber auch zur Folge, dass die <strong>Schweiz</strong>erischen<br />

Bundesbahnen (SBB) von ihrem Rückkaufrecht<br />

Gebrauch machten und die Strecke zum 1. Januar<br />

1922 ihrem Netz einverleibten.<br />

Die Elektrifizierung der Seetalbahn geschah 1910 mit abenteuerlich aufgerüsteten Personenund<br />

Güterwagen. Den Bauzug bespannte die Dampflok E 3/3 51, die von der BBC als Wiedergutmachung<br />

für Planungsverzögerungen ins Seetal entsandt wurde<br />

Slg. Daniel Amman<br />

nach Wildegg zur Anbindung an die Hauptbahn<br />

Zürich – Bern. Zudem verschaffte die<br />

SThB den Zügen ein hochmodernes Image, indem<br />

sie beispielsweise erstmals in Europa ihre<br />

Dampfloks mit elektrischen Lampen ausrüstete.<br />

Sie kaufte darüber hinaus vierachsige Großraum-Drehgestellwagen,<br />

Speisewagen (1904),<br />

einen Salonwagen (1913) und schickte ab 1913<br />

Krokodile und Gepäcktriebwagen<br />

Um das zunehmende Güteraufkommen zu bewältigen,<br />

brauchte die Seetalbahn nun neue Lokomotiven,<br />

die eine hohe Zugkraft und zugleich<br />

eine gute Kurvengängigkeit aufweisen mussten.<br />

Das Anforderungsprofil entsprach im Prinzip<br />

demjenigen der berühmten Gotthard-Krokodile,<br />

allerdings auf deutlich geringerem Niveau. So<br />

entstanden im Jahre 1926 als kleine Schwestern<br />

der großen, 130 Tonnen schweren „Reptile“ drei<br />

kleine, nur 73 Tonnen schwere „Krokodilchen“<br />

der Serie De 6/6, deren Vorbauten in antriebstechnischer<br />

Hinsicht je einer Rangierlok der<br />

Baureihe Ee 3/3 entsprachen. Sie waren bereits<br />

für die 1930 durchgeführte Umstellung der Seetalbahn<br />

auf die übliche Fahrdrahtspannung von<br />

15.000 V bei 16 Hz vorbereitet. 57 Jahre lang,<br />

bis 1983, blieben die kleinen Krokodile der See-<br />

60


Seetalbahn einst und jetzt<br />

Selbst unübersichtliche <strong>Bahn</strong>übergänge wie hier in Hallwil waren lange<br />

Zeit nur mit einem Warnkreuz gesichert, obwohl die Züge bis zu<br />

50 km/h fuhren (Aufnahme von 1981). Nach zahlreichen Unfällen verbesserten<br />

die SBB die Situation<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

Ende der 90er-Jahre war die große Kreuzung in Beinwil bereits mit<br />

Ampeln gesichert, als eine Ae 6/6 sie mit ihrem Zug überquerte.<br />

Ausnahmsweise handelt es sich bei der Ellok um ein nicht so auffälliges,<br />

da grün lackiertes Exemplar<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

talbahn treu. Sie zogen dort sämtliche planmäßigen<br />

Güterzüge und in der Hauptverkehrszeit<br />

sogar einzelne Reisezüge. Ein Exemplar, die<br />

De 6/6 15301, konnte nach jahrelanger Abstellzeit<br />

in mühevoller Arbeit im Rahmen eines<br />

internationalen Kulturprojektes wieder betriebsfähig<br />

hergestellt werden und ist gelegentlich<br />

vor Sonderzügen im Einsatz.<br />

Noch etwas länger als die drei Krokodile blieben<br />

acht speziell ausgerüstete Gepäcktriebwagen<br />

der SBB-Serie Fe 4/4 (ab 1963 als De 4/4 bezeichnet)<br />

im Einsatz. Abweichend von den<br />

18 Schwesterfahrzeugen hatten sie 1930 für den<br />

Betrieb auf den Steigungen der Seetalbahn eine<br />

spezielle Getriebeübersetzung und eine elektrische<br />

Bremse erhalten. 58 Jahre lang, bis 1988,<br />

zogen sie fast alle Reisezüge auf der Seetalbahn.<br />

Mitte der 60er-Jahre veränderten sie ihr Aussehen<br />

aber vollkommen, als der Holzaufbau durch<br />

einen Stahlkasten ersetzt wurde.<br />

Nachdem die beiden Stammbaureihen der<br />

Seetalbahn, De 4/4 und De 6/6, in den 80er-Jahren<br />

aus dem Personen- und Güterverkehr „abgetreten“<br />

waren, gab es hier rund 15 Jahre lang eine<br />

recht große Fahrzeugvielfalt. Neben zahlreichen<br />

Triebwagen-Baureihen tauchten Elloks aus verschiedenen<br />

Epochen auf, beispielsweise die Baureihen<br />

Ae 3/6 I , Re 4/4 I , Re 4/4 II und Ae 6/6.<br />

Problem Straßenlage<br />

Die charakteristische Trassierung der Seetalbahn<br />

unmittelbar neben dem Straßenraum<br />

entwickelte sich mit zunehmendem Straßenverkehr<br />

zu einem ernsten Problem, das fast zur<br />

Stilllegung der Strecke geführt hätte. Die ursprünglich<br />

600, allenfalls mit einem Warnkreuz<br />

gesicherten Übergänge sorgten für eine<br />

alarmierende Unfallstatistik. Die Hälfte aller<br />

<strong>Bahn</strong>übergangsunfälle der <strong>Schweiz</strong> geschahen<br />

auf dieser Strecke, in manchen Jahren ereignete<br />

sich durchschnittlich jeden Tag ein Unfall.<br />

Wegen des geringen Abstandes zwischen Gleis<br />

und Fahrbahn kollidierten sogar auf der parallelen<br />

Straße fahrende Lkw mit dem Zug. Im<br />

Laufe der Jahre ergriffen die SBB zahlreiche<br />

Maßnahmen, um die Unfallgefahr einzudämmen.1982<br />

erhielten alle De 4/4 gelb-orange<br />

Warnstreifen an der Fahrzeugfront, und die<br />

Züge fuhren auch tagsüber mit Licht. Die ab<br />

1988 eingesetzten grünen Be 4/4 bekamen<br />

ebenfalls Warnfolien, später eine vollständig<br />

Den Gesamtverkehr auf der S9 zwischen Lenzburg und Luzern erbringen heute die nur 2,70 Meter<br />

breiten GTW-2/8-Triebwagen der Serie RABe 520. Das Foto entstand im Juli 2004 an der alten Kantonsstraße<br />

in Eschenbach. Heute trennt dort ein Zaun Gleiskörper und Fahrbahn Dr. Dietmar Beckmann<br />

rote Front. Für die vorwiegend im Güterverkehr<br />

eingesetzten Ae 6/6 stellten die SBB einen<br />

speziellen Seetal-Umlaufplan auf, in dem vorzugsweise<br />

rot lackierte Loks zum Einsatz kamen.<br />

Besonders problematische Abschnitte<br />

wurden umtrassiert – beispielsweise zwischen<br />

Waldibrücke und Emmenbrücke (1998) und<br />

in Boniswil (2011) – und zahlreiche <strong>Bahn</strong>übergänge<br />

aufgehoben. Auf den beiden Stichstrecken<br />

stellte man den Personenverkehr ein:<br />

1984 nach Wildegg, 1992 nach Beromünster.<br />

Eine Ausrüstung der verbliebenen <strong>Bahn</strong>übergänge<br />

auf der Stammstrecke mit konventioneller<br />

Sicherungstechnik (Blinklichtanlagen<br />

oder Schranken) war aus Platzmangel nicht<br />

möglich, so dass sich die SBB für eine maßgeschneiderte<br />

Sonderlösung entschieden, die<br />

während einer Vollsperrung der Strecke im<br />

Sommer 2002 umgesetzt wurde. Seit Dezember<br />

2002 ist das Lichtraumprofil der Seetalbahn<br />

Rote Farbe und Warnbalken an den Elloks sollten<br />

die Autofahrer auf den nahenden Zug hinweisen<br />

nördlich von Hitzkirch auf 3,80 Meter Breite<br />

eingeschränkt, um eine bessere Trennung von<br />

Straßen- und Schienenverkehr zu erreichen und<br />

um eine spezielle Sicherung der <strong>Bahn</strong>übergänge<br />

mit Rundumleuchten zu ermöglichen. Der<br />

Güterverkehr musste deshalb auf den Abschnitt<br />

zwischen Emmenbrücke und Hochdorf beschränkt<br />

werden. Den Personenverkehr bewältigen<br />

seitdem GTW-Triebwagen von Stadler<br />

mit einem besonders schmalen Wagenkasten<br />

(Serie RABe 520), die die Seetalbahn als S9 im<br />

Halbstundentakt bedienen und heute die bewegte<br />

Geschichte dieser Strecke nicht mehr<br />

erahnen lassen. Dr. Dietmar Beckmann<br />

HINTERGRUND<br />

MEHR ZUR SEETAL<strong>BAHN</strong><br />

Weitere Informationen über die Seetalbahn<br />

gibt es im Internet unter www.seetalkroki.ch<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

61


Momentaufnahmen<br />

Verkehrs-Drehscheibe Basel SBB: Im Mai 1967 ist der Schlafwagenzug „Komet“ aus Hamburg<br />

eingetroffen (l.); Züge der SBB stellen die Verbindung in die <strong>Schweiz</strong> her (r.) Ludwig Rotthowe<br />

<strong>Bahn</strong>betrieb in den 50er- und 60er-Jahren<br />

Im Rhythmus<br />

der Zeit<br />

Europas Wirtschaft boomt, Urlaubsreisen sind groß<br />

im Kommen und außerdem gibt es ja noch das<br />

Alltagsgeschäft. Viel zu tun also für die <strong>Schweiz</strong>er<br />

<strong>Bahn</strong>gesellschaften, die ihre Aufgaben mit ganz<br />

verschiedenen Fahrzeugen bewältigen<br />

Slg. Oliver Strüber (2)<br />

In den 60er-Jahren befinden sich die „Krokodile“<br />

einsatzmäßig auf dem absteigenden Ast.<br />

Am Gotthard mussten sie schon jüngeren<br />

Loks wie der Ae 6/6 Platz machen, immerhin<br />

haben die SBB aber noch Verwendung für sie.<br />

Im Bild Lok 14278, eine Ce 6/8 II , mit einem<br />

Güterzug im September 1966 in Brig<br />

Albert Schöppner<br />

62


Momentaufnahmen<br />

Zwei Güterwagen, vier Personenwagen und<br />

eine Ellok HGe 4/4 I umfasst im September<br />

1957 die „Zugskomposition“ des Regionalzugs<br />

von Zermatt nach Visp. Das Foto entstand<br />

kurz nach der Abfahrt in Zermatt<br />

Peter Kusterer<br />

Willkommen im Tessin, genauer, in<br />

Lugano bei der Eisenbahn nach Ponte<br />

Tresa, die hier diesen malerischen <strong>Bahn</strong>hof<br />

unterhält (Foto: September 1969).<br />

Die FLP wird die einzige schmalspurige<br />

<strong>Bahn</strong> Luganos sein, die erhalten bleibt<br />

Theodor Horn<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

63


Momentaufnahmen<br />

64


<strong>Bahn</strong>-Arbeit<br />

Nahverkehr bei der<br />

Rhätischen <strong>Bahn</strong>: Im<br />

Mai 1967 ist Triebwagen<br />

ABDe 4/4 483 im<br />

<strong>Bahn</strong>hof Langwies eingetroffen.<br />

In Kürze<br />

geht es weiter Richtung<br />

Chur Theodor Horn<br />

Slg. Oliver Strüber (l.), Slg. Peter Kusterer<br />

In Diensten des Flügelrads<br />

Der Arbeitsplatz Eisenbahn ist vielfältig. Er<br />

reicht vom Zugdienst im großen <strong>Bahn</strong>hof<br />

über das Rangieren auf Nebengleisen bis zur<br />

Triebwagenfahrt durch die Berge<br />

Die Sonne scheint<br />

und warm ist es<br />

auch; da kann das<br />

Zugpersonal im <strong>Bahn</strong>hof<br />

Brig auch mal mit<br />

der Uniformjacke<br />

überm Arm zum<br />

nächsten Einsatz<br />

schlendern ...<br />

Dr. Peter Kristl/<br />

Slg. Thomas Wunschel<br />

„Tigerli“ ist der<br />

Spitzname der SBB-<br />

Tenderdampflok<br />

E 3/3; im April 1961<br />

hat Lok 8504 gut<br />

sechs Jahrzehnte<br />

Dienst hinter sich,<br />

faucht aber noch<br />

fleißig im Rangierverkehr<br />

im Raum Basel<br />

Kristl/Slg. Wunschel<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

65


Momentaufnahmen<br />

Auf der Gornergratbahn haben die alten Züge der Bauart Rowan im September<br />

1957 eigentlich längst ausgedient. Zwischen den modernen Einzel- und<br />

Doppeltriebwagen erhalten sie aber doch noch einzelne Einsätze Peter Kusterer<br />

Die Alten und die Jungen<br />

Der <strong>Bahn</strong>betrieb der 50er- und 60er-Jahre ist<br />

eine Fundgrube für Technikfreunde. Selten<br />

gab es solch eine reichhaltige Mischung aus<br />

Veteranen und Neulingen<br />

Slg. Oliver Strüber (2)<br />

Interessante Lok an markanter<br />

Stelle: Im Mai 1967 passiert eine<br />

Ae 3/6 I mit einem Personenzug nach<br />

Winterthur den Rheinfall bei Schaffhausen.<br />

Die Elloks dieser Reihe fahren<br />

sieben Jahrzehnte bei den SBB;<br />

erst 1994 wird die letzte Vertreterin<br />

den Dienst quittieren Ludwig Rotthowe<br />

„Großer Töff“ ist der Spitzname für den niederländisch-schweizerischen<br />

TEE-Dieseltriebzug<br />

RAm. Er verkehrt unter anderem als TEE „Bavaria“<br />

zwischen Zürich und München (Foto<br />

vom August 1969); doch findet das 1971 nach<br />

dem schweren Unglück bei Aitrang im Allgäu<br />

ein jähes Ende<br />

SBB/Slg. Willi Reinshagen<br />

66


Die Alten und die Jungen<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

67


Strecken, Züge, Fahrzeuge<br />

Der „Swiss Express“<br />

Markenzeichen<br />

Orange-Steingrau<br />

Neuer Zug mit neuen Farben: Ab 1974 setzten die SBB den „Swiss Express“ ein. Der Nachfolger<br />

der „Städteschnellzüge“ sollte neuen Komfort auf die Ost-West-Relation St. Gallen – Genf<br />

bringen. Aber schon 1982 folgte mit dem „Intercity“ -System ein neuer Einschnitt<br />

Der Betriebsbeginn fiel mit einer Streckeneröffnung<br />

zusammen. Zum Fahrplanjahr<br />

1974 ging die „Heitersberglinie“ zwischen<br />

Killwangen-Spreitenbach und Aarau in<br />

Betrieb, ein vorgezogenes Bauwerk der „Neuen<br />

Haupttransversalen (NHT)“. Zur gleichen Zeit<br />

führten die die <strong>Schweiz</strong>erischen Bundesbahnen<br />

(SBB) auf der Ost–West-Achse (Rorschach –) St.<br />

Gallen – Zürich HB – Bern – Lausanne – Genf<br />

eine neue Zugkategorie ein: den „Swiss Express“.<br />

Der Nachfolger der „Städteschnellzüge“ sollte die<br />

Kunden mit neuem Komfort gewinnen.<br />

Feste Zugkompositionen<br />

Beim „Swiss Express“ hatten die SBB einige betriebliche<br />

Besonderheiten umgesetzt. Die Wagengarnituren<br />

bestanden aus 14 klimatisierten<br />

Einheitswagen III, die immer gleich gereiht waren.<br />

In Fahrtrichtung Zürich hatten die Garnituren<br />

die Abfolge Erstklasswagen mit Gepäckabteil<br />

(AD) + fünf Erstklasswagen (A) +<br />

Speisewagen (WR) + sieben Zweitklasswagen<br />

(B). Der Speisewagen, dessen Stromabnehmer<br />

auf der „Seite Zürich“ war, wurde so ausgerichtet,<br />

dass die Fahrgäste der 1. Klasse nicht<br />

durch den engen Gang neben der Küche gehen<br />

mussten. Reichte der Platz im Speisewagen<br />

nicht aus, konnte der erste auf den Speisewagen<br />

folgende Zweitklasswagen zum Saalwagen umgestaltet<br />

werden. Für den Fahrplanbetrieb waren<br />

fünf Kompositionen nötig, eine sechste und<br />

einige Einzelwagen bildeten die Reserve.<br />

Für die Züge wurden acht Elloks des Typs<br />

Re 4/4 II (auch einer der Prototypen) mit nur<br />

einem Stromabnehmer speziell hergerichtet<br />

und wie die Wagen in den Farben Orange/<br />

Steingrau lackiert. Der Stromabnehmer der<br />

Loks befand sich – auch bei der eher seltenen<br />

Doppeltraktion – auf der „Seite Zürich“.<br />

Technische Neuerungen<br />

Auch in technischer Hinsicht unterschieden<br />

sich die „Swiss Express“-Züge vom restlichen<br />

Rollmaterial der SBB. Am auffälligsten waren<br />

die leicht schrägen Seitenwände der Aluminiumkästen<br />

der Swiss-Express-Wagen. Diese waren<br />

darauf zurückzuführen, dass die Garnituren<br />

als Neigezüge verkehren sollten, doch der<br />

Neigemechanismus bewährte sich nicht.<br />

Trotzdem fahren die Wagen – auch heute noch<br />

– nach der Zugreihe „R“ mit einer erhöhten<br />

68


Swiss-Express<br />

OBEN UND LINKS Auszug aus dem Winterfahrplan 1980/81, Strecke Genf – Bern (– Zürich). Schon<br />

früh am Morgen um 4:36 Uhr verlässt ein „Swiss Express“ Genf Richtung Nordosten; die beiden<br />

Sterne kennzeichnen ihn als klimatisierten Zug. Links der Kursbuch-Titel Slg. B. Uesi (2)<br />

1982 an rollten die Fernreisezüge im Taktfahrplan<br />

und wurden in der neuen Zuggattung<br />

„Intercity“ geführt. Die Zugkategorie<br />

„Swiss Express“ hatte ausgedient. Das Rollmaterial<br />

fand im IC-Verkehr Verwendung.<br />

Kupplungen aus. In den Swiss-Express-Farben<br />

lackiert, dienten sie als Zwischenwagen, mit<br />

denen Loks mit konventioneller Kupplung die<br />

mit automatischer Kupplung ausgestatteten<br />

Swiss-Express-Wagen befördern konnten.<br />

GR. BILD Als Intercity<br />

ist ein Swiss- Express-<br />

Zug im Juli 1984 auf<br />

dem Weg von Fribourg<br />

nach Bern (Bild bei<br />

Thörishaus Dorf). Die<br />

Zuglok Re 4/4 II hat<br />

noch die für den<br />

„Swiss Express“ typische<br />

automatische<br />

Kupplung Georg Wagner<br />

Einsatz ab 1982<br />

Dafür ließen die SBB die Fahrzeuge technisch<br />

modifizieren. Um die Austauschbarkeit zu erhöhen,<br />

erhielten ab 1982 die Swiss-Express-<br />

Lokomotiven Schraubenkupplungen und –<br />

gezwungenermaßen – auch die sechs Endwagen<br />

AD auf der Seite ohne Übergang. Ein<br />

siebter AD entstand aus einem Erstklasswagen.<br />

Sieben Zweitklasswagen wurden zu Steuerwagen<br />

mit einer Vielfachsteuerung des SBB-<br />

Systems 3d umgestaltet und erhielten auf der<br />

Seite mit dem Führerstand ebenfalls eine<br />

Zweites Leben bei der BLS<br />

Im Jahr 2004 trafen die SBB und die Bern-<br />

Lötschberg-Simplon-<strong>Bahn</strong> (BLS) eine Rahmenvereinbarung,<br />

womit der Personenverkehr<br />

neu aufgeteilt wurde. Dabei verkauften die SBB<br />

auch die Swiss-Express-Garnituren samt einiger<br />

Loks der Reihe Re 4/4 II an die BLS, welche die<br />

Fahrzeuge renovierte und in den neuen BLS-<br />

Hausfarben Lindengrün, Blau, Grau lackierte.<br />

Auch die Lokomotiven, die nun die Bezeichnung<br />

Re 420.5 trugen, wurden farblich angepasst.<br />

Das neue Einsatzgebiet waren die Regio-<br />

Klimaanlage, feste Reihung, automatische Kupplung:<br />

Nicht alles Neue des „Swiss Express“ bewährte sich<br />

Bogengeschwindigkeit. Außerdem verfügten<br />

die Wagen und die passenden Loks über eine<br />

automatische UIC-Kupplung – eine Neuerung,<br />

welche die SBB nicht weiterverfolgten.<br />

Auf diese Kupplung stützte sich der druckdichte<br />

Durchgang von Wagen zu Wagen ab,<br />

ebenfalls ein neues Element. Die AD-Seitengangwagen<br />

waren eine bei den SBB unübliche<br />

Bauart und das Gepäckabteil erwies sich als für<br />

die damaligen Verhältnisse viel zu klein. Deshalb<br />

wurden drei der ursprünglich sechs Abteile<br />

umgebaut, davon eines zum Büro für das<br />

Zugpersonal.<br />

Acht Jahre lang kam der „Swiss Express“<br />

auf der Ost-West-Achse zum Einsatz, dann<br />

änderten die SBB ihr Fernverkehrsangebot<br />

und gliederten den Zug in dieses ein. Von<br />

Schraubenkupplung. Die Speisewagen wurden<br />

ausgereiht, erhielten auf beiden Seiten<br />

Schraubenkupplungen, die üblichen Gummiwulst-Übergänge<br />

sowie einen rot/steingrauen<br />

Anstrich und kamen bis zu ihrer Ausmusterung<br />

im Jahre 2006 mit Einheitswagen<br />

IV in Intercity-Zügen zum Einsatz. Die IC-<br />

Wendezüge aus umgebauten Swiss-Express-<br />

Wagen verkehrten vor allem auf den Strecken<br />

Luzern – Zürich Flughafen und Luzern – Bern<br />

– Lausanne – Genf.<br />

Um einzelne Swiss-Express-Wagen zum<br />

Unterhalt oder zur Reparatur in die Werkstätten<br />

überführen zu können, statteten die SBB<br />

einige nicht mehr benötigte zweiachsige Güterzug-Begleitwagen<br />

vom Typ Db, auch „Sputnik“<br />

genannt, einseitig mit automatischen<br />

Express-Züge der BLS von Bern nach Langnau<br />

– Luzern, Neuchâtel und über die Lötschberg-<br />

Bergstrecke nach Brig. Dafür wurden neun<br />

sechsteilige, 165 Meter lange und ca. 263 Tonnen<br />

schwere Garnituren gebildet, die 63 Plätze<br />

1. und 280 Plätze 2. Klasse anboten: Re 465<br />

oder Re 420.5 + AD + A + B + B + B + Bt.<br />

Inzwischen wurden die Fahrzeuge, die doch<br />

in die Jahre gekommen sind, vor allem auf der<br />

Lötschberg-Strecke durch die Triebzüge<br />

„Lötschberger“ (RABe 535) ersetzt. Es gibt<br />

aber Überlegungen, den neuen Fernverkehrszügen<br />

der SBB wieder die Bezeichnung „Swiss<br />

Express“ zu geben. Aktuell lebt der Name<br />

noch bei der <strong>Schweiz</strong>er Post fort; seit 2001 bietet<br />

sie ihre Eilsendungen als „Swiss Express“<br />

an. Dr. Hans-Bernhard Schönborn<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013 69


Strecken, Züge, Fahrzeuge<br />

Neben dem Gotthard ist der Simplon die zweite bedeutende italienisch-schweizerische Eisenbahn-Magistrale. Ellok Ae 4/7<br />

Nummer 10914 rollt mit einem internationalen Schnellzug aus dem Nordportal des Simplon-Tunnels (o.). Die Grenze zwischen<br />

Italien und der <strong>Schweiz</strong> liegt mitten im Tunnel und ist mit einer Tafel gekennzeichnet (r.)Slg. B. Rampp (o.), A. Schmutz (r.)<br />

Die Simplon-Strecke<br />

<strong>Bahn</strong> nach Italien<br />

Der Simplon-Tunnel ist das markanteste Bauwerk der von den <strong>Schweiz</strong>erischen Bundesbahnen<br />

betriebenen Strecke Lausanne – Brig – Domodossola. Bis 1906 abschnittsweise eröffnet, hatte<br />

die Verbindung von Anfang an große Bedeutung für den internationalen Verkehr<br />

Die von den <strong>Schweiz</strong>erischen Bundesbahnen<br />

(SBB) betriebene, rund 185 Kilometer<br />

lange Simplon-Strecke (oder<br />

„Simplonlinie“) ist eine doppelspurige, elektrifizierte<br />

Hauptstrecke mit internationalem Verkehr<br />

von Lausanne am Genfer See (Kilometer<br />

„Null“) über Brig und durch den Simplon-<br />

Tunnel nach Domodossola. Die Staatsgrenze<br />

<strong>Schweiz</strong>/Italien liegt bei Strecken-Kilometer<br />

156,2 im Tunnel. Die rund 46 Kilometer lange<br />

Zufahrtsstrecke Lausanne – Vallorbe stellt<br />

die Verbindung zum französischen Streckennetz<br />

her. Ihre Anfänge liegen in der Mitte des<br />

19. Jahrhunderts.<br />

Erste Ansätze gab es 1855, als zusammen<br />

mit der Jura-Südfuß-Linie Olten – Lausanne<br />

der Abschnitt Cossonay – Bussigny-prés-Lausanne<br />

der Zufahrtslinie eröffnet wurde. 1870<br />

folgte der Rest bis Vallorbe mit der Anknüpfung<br />

an das französische Netz. Auf der Simplonlinie<br />

eröffnete die Compagnie de l’Ouest-<br />

Suisse am 10. Juni 1857 die Teilstrecke Villeneuve<br />

– Bex, 1878 begann nach dem Lückenschluss<br />

Leuk – Brig der durchgehende Betrieb.<br />

In jenen Jahren wurde das Thema „alpenüber<br />

querende Eisenbahnstrecke“ in der<br />

<strong>Schweiz</strong> aktuell. Mehrere Landesteile kämpften<br />

um den Zuschlag für die neue Alpenbahn, weil<br />

diese Strecke das Verkehrsaufkommen von allen<br />

bisher benutzten Pässen wegziehen würde.<br />

In der Ostschweiz standen fünf seit alters begangene<br />

Pässe zur Auswahl; der direkte Weg<br />

führte über den Gotthard in der Zentralschweiz,<br />

dessen Zufahrtswege zwar in offenen<br />

Tälern verliefen, der aber mit der Schöllenenschlucht<br />

ein schwieriges Hindernis aufwies. Im<br />

Westen konkurrierten Simplon und Großer St.<br />

Bernhard. Durch den Bau des Mont Cenis-<br />

Tunnels als Teil der Strecke Lyon – Turin (1871)<br />

geriet die von den Ingenieuren bevorzugte Variante<br />

über den Simplon-Pass ins Hintertreffen;<br />

die Ostalpenbahn unterlag der Gotthard-Linie,<br />

die als kürzeste Verbindung auch von den Geldgebern<br />

im Ausland favorisiert wurde.<br />

Der Simplontunnel entsteht<br />

Trotz der Eröffnung der Gotthard-Linie im<br />

Jahre 1882 hatte der zweite Anlauf zu einem<br />

Simplon-Tunnel Erfolg. Das war ein Verdienst<br />

der Jura–Simplon-<strong>Bahn</strong> (JS), zu der sich die<br />

Westschweizer <strong>Bahn</strong>en 1890 zusammengeschlossen<br />

hatten. 1895 vereinbarten die<br />

<strong>Schweiz</strong> und Italien in einem Staatsvertrag den<br />

Bau eines Tunnels zwischen Brig und Iselle di<br />

Trasquera sowie der Anschlussstrecke Iselle –<br />

Domodossola. Dass die Staatsgrenze <strong>Schweiz</strong>/<br />

Italien etwa in der Mitte des Tunnels verlaufen<br />

sollte, sahen die <strong>Schweiz</strong>er Militärs als hohes<br />

Sicherheitsrisiko an. Die „militärischen Arbeiten“<br />

im Tunnel regelte man 1908 auf diplomatischem<br />

Wege.<br />

Der Tunnel wurde das Kernstück der gesamten<br />

Simplon-Strecke und setzte Maßstäbe.<br />

70


Simplonbahn<br />

Anfangstage und heute: der feierliche Eröffnungszug 1906 in Brig (l.) und Re 460 der SBB bei der Ausfahrt in Iselle (r.) Slg. H.-B. Schönborn (2)<br />

Bei seiner Eröffnung am 19. Mai 1906 war er<br />

mit 19.803,10 Metern der längste Eisenbahntunnel<br />

der Welt. Zunächst hatte man parallel<br />

einen eingleisigen <strong>Bahn</strong>- und einen<br />

Hilfsstollen im Abstand von 17 Metern ausgebrochen,<br />

die alle 200 Meter durch einen<br />

Querstollen miteinander verbunden wurden –<br />

ein sicherheitstechnisch überzeugendes Konzept.<br />

Der Vollausbruch des Hilfsstollens zur<br />

zweiten Eisenbahnröhre begann sechs Jahre<br />

später. Der Tunnel wurde im Planbetrieb von<br />

Anfang an elektrisch befahren, auch wenn<br />

dem Eröffnungszug mit den Ehrengästen, darunter<br />

dem italienischen König, noch eine<br />

Dampflok vorgespannt wurde.<br />

Trotz der damals modernsten Technik und<br />

aufwendiger Installationen für die Logistik<br />

hatte es beim Bau nicht vorhersehbare Probleme<br />

gegeben. Der große Gebirgsdruck, verschiedene<br />

Bergschläge, Wassereinbrüche aus<br />

kalten und heißen Quellen sowie Gebirgstemperaturen<br />

von mehr als 50 Grad Celsius<br />

machten den Arbeitern und Planern sehr zu<br />

schaffen. Im Wallis beklagte man deshalb den<br />

schleppenden Fortgang der Bauarbeiten. Zusätzlich<br />

ärgerten sich in Brig Leute darüber,<br />

dass der internationale <strong>Bahn</strong>hof auf der anderen<br />

Seite des Tunnels im italienischen Domodossola<br />

angesiedelt wurde. Den jungen, im<br />

Wallis ungeliebten <strong>Schweiz</strong>erischen Bundesbahnen<br />

(SBB), in die 1903 auch die JS eingegliedert<br />

worden war, wurde unterstellt, die<br />

Eröffnung des Tunnels zu verschleppen, um<br />

keine Konkurrenz zur Gotthard-Strecke zu<br />

schaffen. Weil die Arbeiten auf der Nordseite<br />

im Mai 1904 wegen des Einbruchs heißer<br />

Quellen eingestellt worden waren, wurde die<br />

Hauptröhre am 23. Mai 1905 von der Südseite<br />

her durchstochen. In der Mitte des Tunnels,<br />

wo sich auch die Staatsgrenze befindet,<br />

wurde die zweite Röhre auf rund 500 Metern<br />

vollständig ausgebrochen, um eine Kreuzungsstelle<br />

errichten zu können.<br />

Elektrifizierung und zweite Röhre<br />

Da ein Dampfbetrieb in einem so langen Tunnel<br />

wegen der Emissionen sehr problematisch<br />

erschien, wies die Firma BBC aus Baden (bei<br />

Zürich) bereits 1905, während der Bauarbeiten<br />

am Simplontunnel, auf den elektrischen<br />

Betrieb in Norditalien hin. Nach einem Be-<br />

STICHWORT<br />

STAZIONE GALLERIA DE SEMPIONE<br />

Bereits beim Bau der ersten Röhre wurde in<br />

der Mitte des Simplon-Tunnels die zweite<br />

Röhre auf einer Länge von 500 Metern vollständig<br />

ausgebrochen, um die Möglichkeit für<br />

Zugkreuzungen oder -überholungen zu schaffen.<br />

Da die Weichen zunächst vor Ort bedient<br />

wurden, arbeitete jahrzehntelang ein Bediensteter<br />

in der „Stazione Galleria de Sempione“.<br />

Nachdem die zweite Röhre vollständig ausgebrochen<br />

war, bot diese Kreuzungsstelle (samt<br />

der entsprechenden Signalisierung) die Möglichkeit,<br />

Züge bis zur Tunnelmitte parallel fahren<br />

und so einen schnelleren Personen- einen<br />

langsameren Güter- oder Personenzug überholen<br />

zu lassen. In Rahmen der jetzt laufenden<br />

Modernisierung erhielt die Kreuzungsstelle<br />

ein neues elektronisches Stellwerk mit einem<br />

vom Stellwerk Brig abgesetzten Rechner.<br />

In der Mitte des<br />

Simplontunnels hält<br />

sich im Mai 2006<br />

ein Streckenwärter<br />

für Fotozwecke im<br />

Stellwerk an der<br />

Verzweigung auf.<br />

Üblicherweise wird<br />

die Strecke fernbedient,<br />

inzwischen<br />

per Computer<br />

Armin Schmutz<br />

such der Aufsichtsbehörden in Norditalien<br />

schlossen SBB und BBC am 19. Dezember<br />

1905 einen Vertrag über die Elektrifizierung<br />

der Tunnelstrecke; die Kosten und das Risiko<br />

trug BBC.<br />

Drei Lokomotiven für Dreiphasen-Drehstrom<br />

wurden von der italienischen Staatsbahn<br />

FS gemietet (RA 361 – 363, später bezeichnet<br />

als E 360 001 – 003). Zwei weitere,<br />

die eigentlich für die Veltliner <strong>Bahn</strong>en bestimmt<br />

waren, kamen fabrikneu zu den SBB<br />

(Fb 3/5, später Ae 3/5 364 – 365). Im April<br />

1906 begannen die elektrischen Probefahrten<br />

durch den Tunnel, doch am 18. Mai entschieden<br />

die SBB, die Festzüge mit Dampfloks<br />

zu führen. Der Planbetrieb ab 1. Juni 1906 erfolgte<br />

elektrisch: Zunächst waren es alle Güterzüge<br />

und ein Personenzug täglich, ab<br />

14. Juli fünf Reisezüge und ab 1. August dann<br />

alle Züge. Trotzdem verkehrten immer wieder<br />

Dampfloks, weil der Abschnitt Iselle – Domodossola<br />

noch nicht elektrifiziert war und<br />

der Simplon-Orient-Express London – Paris –<br />

Mailand durchgehend mit Dampfloks fuhr.<br />

Auf Anregung von BBC wurde die Tunnelstrecke<br />

elektrifiziert. Die Firma trug auch die Kosten<br />

Als am 27./28. Juni 1913 die Lötschberg-<br />

Bergstrecke Spiez – Brig in Betrieb ging (und<br />

Brig zum Knotenbahnhof wurde), gewann der<br />

Simplon-Tunnel weiter an Bedeutung. Bereits<br />

1912 hatten die SBB beschlossen, den Hilfsstollen<br />

zu einer zweiten Röhre auszubrechen,<br />

doch der Erste Weltkrieg verzögerte die Arbeiten.<br />

Am 16. Oktober 1922 wurde die zwei-<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013 71


Strecken, Züge, Fahrzeuge<br />

LINKS OBEN Wegen Bauarbeiten<br />

ist im April<br />

1988 nur Dieseltraktion<br />

durch den Simplontunnel<br />

möglich. Also nimmt<br />

Diesellok Am 4/4<br />

18463 (eine ehemalige<br />

V 200 der Bundesbahn)<br />

den „Simplon-Express“<br />

Paris – Belgrad samt<br />

Ellok in Brig an den<br />

Haken Ludwig Rotthowe<br />

BILDER UNTEN Aus dem<br />

Verzweigungsschacht<br />

heraus entstand das Bild<br />

auf einen durchfahrenden<br />

IC (l.). Ellok 362 der<br />

Simplonlinie gehörte zur<br />

„Erstausstattung“ und<br />

fuhr noch mit Drehstrom,<br />

im Bild in Brig (r.)<br />

A. Schmutz (l.), Slg. Wunschel<br />

te Röhre eröffnet, die 19.823,80 Meter misst,<br />

also etwas länger als die erste ist.<br />

Der Betrieb<br />

Der Simplon-Tunnel wurde von mehreren internationalen<br />

Personenzügen benutzt, die sowohl<br />

durch das Rhônetal als auch ab 1913<br />

über die Lötschbergstrecke kamen. Zu Beginn<br />

des Ersten Weltkriegs nahmen die Güterzüge<br />

durch bis zu acht Kohlezüge nach Italien täglich<br />

zu, bis Italien in den Krieg eintrat. Dann<br />

brach der Verkehr fast vollständig zusammen.<br />

Nach dem Krieg erholte sich der Verkehr, und<br />

1924 wurden die ersten Autos auf Flachwagen<br />

durch den Tunnel transportiert. Die Gütertransporte<br />

von Deutschland nach Italien nahmen auch<br />

wieder zu. Im Anschluss an den Simplon-Tunnel<br />

hatten die SBB 1919 den Abschnitt Brig –<br />

Sion mit 3.300 Volt Drehstrom elektrifiziert. Zu<br />

den fünf Elloks aus der Anfangszeit kamen noch<br />

eine Fb 4/6 und zwei Fb 4/4 hinzu. Zwischen<br />

1923 und 1927 wurde die gesamte Strecke bis<br />

Brig elektrifiziert, und zwar nun mit dem bei den<br />

SBB üblichen Einphasen-Wechselstrom von<br />

15 kV 16,7 Hz. Nach der Umstellung des Stromsystems<br />

auch im Simplon-Tunnel konnten ab<br />

Mai 1930 alle SBB- und BLS-Loks freizügig ein-<br />

gesetzt werden, was die Attraktivität des Tunnels<br />

erhöhte, weil das zweimalige Umspannen der Lokomotiven<br />

in Brig und Iselle wegfiel. Vorher waren<br />

von Iselle bis Domodossola noch Dampfloks<br />

gefahren.<br />

Der Zweite Weltkrieg brachte einen erneuten<br />

Einbruch mit sich, und die strategische Bedeutung<br />

wurde so hoch eingeschätzt, dass das Militär<br />

auf beiden Seiten Sprengladungen anbrachte, wobei<br />

diejenigen auf der <strong>Schweiz</strong>er Seite erst 2001<br />

abgebaut wurden. Trotz der Kriegshandlungen<br />

gab es jedoch keine Schäden an den bis Domodossola<br />

fahrenden <strong>Schweiz</strong>er Lokomotiven.<br />

Nach 1945 war das Verkehrsaufkommen wegen<br />

der Kriegsschäden an den <strong>Bahn</strong>anlagen in<br />

Italien und Deutschland zunächst gering, nahm<br />

aber in den 50er-Jahren kontinuierlich zu, zumal<br />

im Dezember 1959 der vertaktete Autotransport<br />

durch den Tunnel begann, nachdem die Verladeanlagen<br />

in Brig ausgebaut worden waren.<br />

Auch die Simplonstrecke wurde ausgebaut; 1979<br />

schlossen die SBB die Erweiterung auf den zweigleisigen<br />

Betrieb ab. Der eigentliche Aufschwung<br />

begann in den 90er-Jahren nach der<br />

Eröffnung der Doppelspur am Lötschberg sowie<br />

dem Ausbau zur Huckepackstrecke; hierfür wurden<br />

die Tunnel zwischen 1996 und 1998 grundlegend<br />

modernisiert sowie mit Funkkabeln ausgerüstet,<br />

um die europäischen Sicherheitsvorschriften<br />

zu erfüllen. Der Simplon wurde von<br />

etwa 100 Zügen pro Tag durchfahren, wobei die<br />

Kapazität bei 300 Zügen liegt.<br />

Heutige Bedeutung<br />

Seit 2007 mündet der Lötschberg-Basistunnel<br />

(LBT) bei Raron mittels großzügiger Brückenbauwerke<br />

in Fahrtrichtung Brig in die Simplonlinie,<br />

und Visp ist neuer Knotenbahnhof.<br />

Nicht zuletzt durch diese zusätzliche Anbindung<br />

hat der Simplon-Tunnel heute eine große<br />

Bedeutung für den alpenquerenden Transitverkehr.<br />

Die Güterzüge, etwa die „Rollende Autobahn“<br />

Novara (I) – Freiburg, benutzen vor allem<br />

die Lötschberg–Simplon-Route, die<br />

Personenzüge teilen sich auf die Lötschberg- und<br />

die Simplonlinie auf. Wenn die Gotthard-Route<br />

gesperrt ist – 2012 wegen Felsstürzen drei Mal<br />

–, werden Güterzüge über den Simplon umgeleitet.<br />

Das größte Manko liegt aber zurzeit auf der<br />

anderen Seite des Bergs; der schlechte Zustand<br />

der Infrastruktur auf dem italienischen Abschnitt<br />

und die begrenzten Möglichkeiten der Rangierbahnhöfe<br />

in Domodossola führten wiederholt zu<br />

Einschränkungen. Dr. H.-B. Schönborn<br />

72


Neue Schmalspur-Züge<br />

Neue Schmalspur-Typen<br />

für die <strong>Schweiz</strong><br />

Allegra,<br />

Komet,<br />

Spatz ...<br />

Mehr als ein halbes Dutzend<br />

neuer Triebzug-Reihen wurde<br />

in den letzten fünf Jahren<br />

von den <strong>Schweiz</strong>er Schmalspurbahnen<br />

beschafft.<br />

Gemeinsam haben sie den<br />

Trend zum Niederflurfahrzeug.<br />

Und manchmal tragen sie<br />

recht ungewöhnliche Namen<br />

In den letzten Jahren hat eine größere Modernisierungswelle<br />

die <strong>Schweiz</strong>er Schmalspurbahnen<br />

erfasst. Dazu trug nicht nur<br />

das hohe Alter manches vorhandenen Fahrzeugs<br />

bei, sondern auch das Gleichstellungsgesetz,<br />

demzufolge die <strong>Bahn</strong>en bis 2014 Niederflurbereiche<br />

für mobilitätsbehinderte<br />

Fahrgäste anbieten müssen. So rollten etliche<br />

neue Züge für <strong>Schweiz</strong>er Kunden an.<br />

„Allegra“ der Rhätischen <strong>Bahn</strong><br />

Als am 14. Oktober 2009 der „Roll in“ des ersten<br />

Zweisystem-Triebzuges ABe 8/12 3501,<br />

„Allegra“, gefeiert wurde, begann für die Rhätische<br />

<strong>Bahn</strong> (RhB) eine neue Ära: Die klimatisierten,<br />

teilniederflurigen „Allegra“ sind auf<br />

dem gesamten Netz verwendbar, einschließlich<br />

der mit 1.000-V-Gleichstrom elektrifizierten<br />

Bernina-Strecke.<br />

Haupteinsatzbereich ist eben jene zum<br />

Welterbe der UNESCO zählende Bernina-<br />

<strong>Bahn</strong> St. Moritz – Tirano, wo die „Allegra“ die<br />

100 Jahre alten, mehrfach umgebauten Triebzüge<br />

ABe 4/4 30 – 35 sowie die ABe 4/4 II 41<br />

– 49 ablösten. Der bisherige Lokwechsel, bedingt<br />

durch den Übergang von Wechsel- auf<br />

Gleichstrom, entfällt. So können die „Allegra“<br />

beispielsweise die Bernina-Express-Züge Chur<br />

– Pontresina – Tirano und Davos – St. Moritz<br />

– Tirano (verkehrt nur im Sommer) durchweg<br />

befördern. Weitere Einsatzgebiete sind die Strecke<br />

Chur – Arosa, die auch durch die Straßen<br />

von Chur führt, die Linie Landquart – Davos<br />

Platz – Filisur oder die RegioExpress-Züge<br />

Landquart – Vereina-Tunnel – St. Moritz. Dabei<br />

nehmen die Triebzüge teils Personen- oder<br />

„Allegra“ heißen die neuen, zweisystemtauglichen Triebwagen der Rhätischen <strong>Bahn</strong>. Ihr<br />

Haupteinsatzgebiet ist die Bernina-Strecke, wo sie auch mit angehängten Personenwagen fahren<br />

(Station Ospizio Bernina, Sommer 2011)<br />

Sven Klein<br />

IN KÜRZE<br />

TECHNISCHE DATEN DES „ALLEGRA“<br />

Dreiteiliger „Allegra“<br />

Vierteiliger „Allegra“<br />

Typ ABe 8/12 (Triebzug) ABe 4/16 (Triebzug)<br />

Nummerierung 3501 – 3515 3101 – 3105<br />

Hersteller Stadler Rail Stadler Rail<br />

Inbetriebsetzung 2009 – 2012 ab 2012<br />

Achsformel Bo’Bo’ + 2’2’ + Bo’Bo’ Bo’Bo’ + 2’2’ + 2’2’ + 2’2’<br />

Spurweite 1.000 mm 1.000 mm<br />

Länge über Puffer 49.500 mm 74.750 mm<br />

Dienstmasse 106 t 113 t<br />

Höchstgeschwindigkeit 100 km/h 100 km/h<br />

maximale Leistung am Rad 2.600 kW (Wechselstrom) 1.400 kW<br />

2.400 kW (Gleichstrom)<br />

Stromsysteme 11 kV 16,7 Hz Wechselstrom 11 kV 16,7 Hz Wechselstrom<br />

1.000 V Gleichstrom –<br />

Sitzplätze 24 1. Klasse 24 1. Klasse<br />

90 2. Klasse 178 2. Klasse<br />

Der Neue bei den<br />

LEB bietet seinen<br />

Fahrgästen Luftfederung<br />

im S-<strong>Bahn</strong>-<br />

Zugverkehr<br />

Slg. Dr. H.-B. Schönborn<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013 73


Strecken, Züge, Fahrzeuge<br />

Tests im kommerziellen Betrieb statt; Testfahrten<br />

in Mehrfachtraktion sollen folgen.<br />

Güterwagen mit. Gelegentlich sind noch<br />

Albula-Schnellzüge statt mit einer Ellok<br />

Ge 4/4 III mit einem „Allegra“ bespannt.<br />

Wie fast alle neuen Triebfahrzeuge litten die<br />

„Allegra“ unter „Kinderkrankheiten“. So kritisierten<br />

viele Fahrgäste die starken Schlingerund<br />

Schaukelbewegungen des Zwischenwagens,<br />

ein Problem der Stoßdämpfer, an die<br />

sehr unterschiedliche Anforderungen gestellt<br />

werden. Da die Triebzüge auch für den Unterhalt<br />

oder für Reparaturen nicht getrennt<br />

IN KÜRZE<br />

TECHNISCHE DATEN DES „KOMET“<br />

Dreiteiliger „Komet“<br />

Vierteiliger „Komet“<br />

Typ ABDeh 4/8 (Triebzug) ABDeh 4/10 (Triebzug)<br />

Nummerierung 2021 – 2022 2011 – 2013<br />

Hersteller Stadler Rail Stadler Rail<br />

Baujahre 2007 / 2008 2007/ 2008<br />

Achsformel 2’Bo’Bo’2’ 2’Bo’Bo’2’2’<br />

Spurweite 1.000 mm 1.000 mm<br />

Länge über Kupplung 56.664 mm 74.728 mm<br />

Dienstmasse 77 t 95 t<br />

Höchstgeschwindigkeit 80 km/h 80 km/h<br />

Stundenleistung 1.000 kW 1.000 kW<br />

Anfahrzugkraft 200 kN 200 kN<br />

Stromsystem 11 kV 16,7 Hz Wechselstrom 11 kV 16,7 Hz Wechselstrom<br />

Sitzplätze 30 1. Klasse 47 1. Klasse<br />

114 2. Klasse 141 2. Klasse<br />

OBEN Seit 2012 erhält<br />

die Zentralbahn<br />

die dreiteiligen<br />

„FINK“-Triebzüge<br />

(Probefahrt bei<br />

Brienz, März 2012);<br />

zwei der Dreiteiler<br />

und ein Bistrowagen<br />

ergeben als Kombination<br />

den „Adler“,<br />

der ebenfalls seit<br />

2012 beschafft wird<br />

Armin Schmutz<br />

LINKS Aktueller Komfort<br />

der Zentralbahn:<br />

die 2. Klasse eines<br />

„FINK“-Triebzugs<br />

Armin Schmutz<br />

werden, nahm die RhB 2011 in Landquart<br />

eine neue, zweigleisige Unterhaltshalle in Betrieb.<br />

Anfang 2012 begann die Ablieferung der<br />

fünf vierteiligen „Allegra“ ABe 4/16, die nur<br />

auf dem Stammnetz verkehren können und<br />

auf den S-<strong>Bahn</strong>-Linien Schiers – Chur – Rhäzüns<br />

und Chur – Thusis die in die Jahre gekommenen<br />

Vorortpendelzüge ersetzen sollen.<br />

Nach einigen technischen Anpassungen fanden<br />

ab 8. Januar 2013 mit Zug 3103 erste<br />

„Komet“ der<br />

Matterhorn- Gotthard-<strong>Bahn</strong><br />

In den Jahren 2003 und 2005 beschaffte die<br />

Matterhorn–Gotthard-<strong>Bahn</strong> (MGB) je zwei<br />

Niederflur-Panoramazüge mit Zahnradantrieb<br />

BDSeh 4/8 (Nrn. 2051 – 2054) als „Zermatt-<br />

Shuttle“; diese waren für den Transport von<br />

Personen mit viel Gepäck zwischen Täsch und<br />

Zermatt vorgesehen. Zusammen mit der neuen<br />

Streckenführung zwischen dem <strong>Bahn</strong>hof in<br />

Brig und Bitsch nahm sie dann neue, mit Niederflurbereichen<br />

ausgestattete Zahnrad- und<br />

Adhäsions-Triebzüge in Betrieb; dies sind die<br />

dreiteiligen ABDeh 4/10 2011 – 2013 und die<br />

vierteiligen ABDeh 4/8 2021 – 2022. Die<br />

Fahrzeuge erhielten den Namen „Komet“; das<br />

steht für „Komfortabler Meterspur-Triebzug“.<br />

Die Fahrzeuge fahren hauptsächlich zwischen<br />

Brig, Visp und Zermatt, häufig als „Pärchen“<br />

aus einem Drei- und einem Vierteiler. In den<br />

Randstunden verkehren die Triebzüge einzeln.<br />

2012 hat die MGB für die „Komet“ neue<br />

Unterhaltsanlagen in Brig, Glisergrund in Betrieb<br />

genommen. Weiterhin bestellte sie einen<br />

vierteiligen ABDeh 4/10, sechs dreiteilige<br />

ABDeh 4/8 und vier zweiteilige Gelenksteuerwagen,<br />

die im Erscheinungsbild den „Komet“<br />

angepasst werden und aufgrund ihrer automatischen<br />

Kupplungen nur mit diesen<br />

verkehren können. Damit sollen bis zu neunteilige<br />

Kompositionen gebildet werden.<br />

„FINK“ und „Adler“ der<br />

Zentralbahn<br />

2004/2005 nahm die Zentralbahn (zb), die<br />

durch Fusion aus der Luzern–Stans–Engelberg-<br />

<strong>Bahn</strong> und der Brünigbahn der SBB entstanden<br />

war, zehn Adhäsionstriebzüge ABe 4/8 in Betrieb.<br />

Diese heißen „Spatz“ („Schmalspur Panorama<br />

Triebzug“) und sind für den Regionalverkehr<br />

Meiringen – Interlaken Ost sowie die<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Strecken Luzern – Dallenwil und Luzern<br />

– Giswil vorgesehen. Die Züge mit je zwei<br />

niederflurigen Einstiegsbereichen in den Endwagen<br />

und einem Mittelwagen mit Panoramafenstern<br />

bis ins Dach bedeuteten einen Quantensprung.<br />

Einen weiteren Quantensprung –<br />

diesmal auch für die RegioExpress-Verbindungen<br />

Luzern – Interlaken Ost – brachten zwei Typen<br />

von Zahnrad- und Adhäsionstriebzügen: die<br />

dreiteiligen ABeh 160 „FINK“ („Flinke, innovative<br />

Niederflur-Komposition“) und die siebenteiligen<br />

ABeh 150 „Adler“. Die Fahrzeuge<br />

werden seit 2012 schrittweise in Betrieb gesetzt.<br />

Die vollklimatisierten „Adler“ mit Panoramafenstern<br />

und Niederflureinstiegen bestehen aus<br />

zwei dreiteiligen Triebmodulen, die technisch<br />

dem FINK entsprechen, aber nur einen Führerstand<br />

besitzen. Zwischen die Triebmodule wird<br />

ein Bistrowagen eingereiht. Das Einsatzkonzept<br />

sieht vor, dass die FINK morgens und abends im<br />

Regional- und S-<strong>Bahn</strong>-Verkehr fahren und tagsüber<br />

– wenn erforderlich – die „Adler“ zwischen<br />

Luzern und Interlaken Ost verstärken. Wenn ein<br />

Triebmodul eines „Adlers“ ausfällt, wird es durch<br />

einen FINK ersetzt. Allerdings gibt es zwischen<br />

74


Von „Allegra“ bis „STAR“<br />

Regionalverkehr vom anderen Stern? „Komet“ heißt der Neuling der<br />

Matterhorn-Gotthard-<strong>Bahn</strong><br />

Der Nächste, bitte: Ab 2009 reihte sich der NeXT-Triebzug der asm in<br />

die Riege der neuen Triebzüge ein Dr. Hans-Bernhard Schönborn (2)<br />

IN KÜRZE<br />

IN KÜRZE<br />

TECHNISCHE DATEN VON „FINK“ UND „ADLER“<br />

Dreiteiliger „FINK“<br />

TECHNISCHE DATEN VON „NEXT“ UND „STAR“<br />

Dreiteiliger „NExT“<br />

Dreiteiliger „Star“<br />

<strong>Bahn</strong>gesellschaft Regionalverkehr Bern-Solothurn aare–seeland mobil (asm)<br />

Typ RABe 4/12 (Triebzug) Be 4/8 (Triebzug)<br />

Nummerierung 21 – 26 + 27 – 34 110 – 112 + 113 – 115<br />

Hersteller Stadler Rail Stadler Rail<br />

Inbetriebsetzung 2009/2013 2008/2011<br />

Achsformel 2’2’+ Bo’Bo’ + 2’2’ Bo’2’2’Bo’<br />

Spurweite 1.000 mm 1.000 mm<br />

Länge über Kupplung 60.000 mm 39.000 mm<br />

Dienstmasse 77 t 54 t<br />

Siebenteiliger „Adler“<br />

Typ ABeh 160 (Triebzug) ABeh 150 (Triebzug)<br />

Nummerierung 001 – 006 001 – 004<br />

Hersteller Stadler Rail Stadler Rail<br />

Inbetriebsetzung 2012 / 2013 2012/ 2013<br />

Achsformel Bo’1Az’Az1’Bo’ Bo’1Az’Az1’Bo’ + 2’2’ +<br />

Bo’1Az’Az1’Bo’<br />

Spurweite 1.000 mm 1.000 mm<br />

Länge über Kupplung 54.000 mm 126.000 mm<br />

Dienstmasse ca. 92 t ca. 200 t<br />

Höchstgeschwindigkeit 120 km/h (Adhäsion) 120 km/h (Adhäsion)<br />

Maximale Leistung 1.400 kW (Adhäsion) 2.800 kW (Adhäsion)<br />

1.600 kW (Zahnrad) 3.200 kW (Zahnrad)<br />

Stromsystem 15 kV 16,7 Hz Wechselstrom 15 kV 16,7 Hz Wechselstrom<br />

Sitzplätze 18 1. Klasse 74 1. Klasse<br />

129 2. Klasse 213 2. Klasse<br />

Höchstgeschwindigkeit 120 km/h 80 km/h<br />

Maximale Leistung am Rad 1.400 kW 1.000 kW<br />

Stromsystem 1.250 V Gleichstrom 1.200 V Gleichstrom<br />

Sitzplätze 18 1. Klasse –<br />

139 2. Klasse 121 2. Klasse<br />

FINK und „Adler“ keine Übergangsmöglichkeit.<br />

Unter anderem durch die neuen Fahrzeuge sinkt<br />

die Fahrzeit zwischen Luzern und Interlaken ab<br />

Dezember 2013 auf unter zwei Stunden.<br />

„NExT“ des Regionalverkehr<br />

Bern – Solothurn<br />

Seit 2009 fahren die sechs Niederflur-Express-<br />

Triebzüge („NExT“) auf der Linie Bern – Solothurn.<br />

Die vollklimatisierten und auf der gesamten<br />

Länge von 60 Metern durchgängigen<br />

Züge weisen pro Wagen zwei niederflurige<br />

Einstiegsbereiche auf, sind also speziell auf einen<br />

schnellen Fahrgastwechsel im S-<strong>Bahn</strong>-<br />

Verkehr zugeschnitten. Weil sich die Fahrzeuge<br />

sehr gut bewährt haben, hat der<br />

Regionalverkehr Bern-Solothurn eine Option<br />

für acht weitere „NExT“ eingelöst, die 2013<br />

in Betrieb gehen und den Takt verdichten.<br />

„STAR“ von aare–seeland mobil<br />

(asm)<br />

Für die Meterspurlinie Solothurn – Langenthal<br />

(samt der Neubaustrecke Niederbipp –<br />

IN KÜRZE<br />

Typ<br />

TRIEBZÜGE FÜR DIE LEB<br />

Nummerierung 41 – 46<br />

Hersteller<br />

Inbetriebsetzung 2010<br />

Achsformel<br />

Spurweite<br />

RBe 4/8 (Triebzug)<br />

Stadler Rail<br />

Bo’2’ + 2’Bo’<br />

1.000 mm<br />

Länge über Kupplung 42.100 mm<br />

Dienstmasse<br />

63 t<br />

Höchstgeschwindigkeit 120 km/h<br />

Maximale Leistung am Rad 1.400 kW<br />

Stromsystem<br />

1.500 V Gleichstr.<br />

Sitzplätze<br />

118 2. Klasse<br />

Oensingen) und die Strecke Langenthal – St.<br />

Urban ließ die aare–seeland mobil (asm) von<br />

Stadler die Triebzüge Be 4/8 „STAR“ entwickeln.<br />

„STAR“ bedeutet „Schmalspur Triebzug<br />

für Attraktiven Regionalverkehr“. Die<br />

Fahrzeuge sind eine Kombination aus Straßenbahn<br />

für den Streckenabschnitt in der<br />

Stadt Solothurn und Regionalzug für das übrige<br />

Streckennetz. Die Züge erhielten Magnetschienenbremsen<br />

sowie einen großzügigen,<br />

transparenten Fahrgastraum. Sie bewältigen<br />

Steigungen bis zu 70 Promille und Kurvenradien<br />

bis zu 40 Meter. Weil sich die ersten Fahrzeuge<br />

sehr gut bewährten, kamen 2011 drei<br />

weitere hinzu.<br />

Zweiteilige Triebzüge für die LEB<br />

2010 nahm die Chemin de fer Lausanne–<br />

Echallens–Bercher (LEB), die zwischen Lausanne<br />

und Bercher wie eine S-<strong>Bahn</strong> verkehrt,<br />

sechs teilniederflurige Triebzüge RBe 4/8 in<br />

Betrieb. Die Fahrzeuge bieten dank luftgefederten<br />

Drehgestellen einen hohen Fahrkomfort.<br />

Eine nachträgliche Verlängerung der<br />

Züge mit einem Zwischenwagen ist schon vorbereitet.<br />

Weitere Planungen<br />

Das ist aber nicht das Ende der Modernisierungswelle.<br />

Im Jahr 2013 erhält die Frauenfeld–Wil-<strong>Bahn</strong><br />

fünf neue Meter-Niederflur-<br />

Gelenktriebzüge ABe 4/8. Verschiedene<br />

andere <strong>Bahn</strong>en haben neue Fahrzeuge bestellt<br />

oder arbeiten an entsprechenden Plänen.<br />

Dr. Hans-Bernhard Schönborn<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

75


Strecken, Züge, Fahrzeuge<br />

OBEN Im August 2011 hat eine Ge 4/4 I den „Glacier“ aus Davos Platz<br />

am Haken. Ab Chur fährt er vereinigt mit einem GEX nach St. Moritz<br />

RECHTS „Roter Wurm“ in der Rheinschlucht: Regionalzug nach Scuol-<br />

Tarasp mit Ellok Ge 4/4 II kurz vor Trin, fotografiert im August 2012<br />

UNTEN Sommer auf der Bernina-<strong>Bahn</strong> mit einem ABe-4/4 III -Doppel zwischen<br />

Ospizio Bernina und Alp Grüm (2010) Bilder d. Beitrags: F. Martinoff<br />

„Wunderwelt“ Rhätische <strong>Bahn</strong><br />

Die „kleine Rote“<br />

Die Rhätische <strong>Bahn</strong>, das sind fast 400 Kilometer Symbiose aus Bergerlebnis und Hochleistungsbahn.<br />

Tagtäglich erobern die imposanten Züge eine gigantisch schöne Landschaft, zu jeder Jahreszeit<br />

und bei jedem Wetter. So empfindet es Florian Martinoff, den bereits seit frü hester Kindheit die<br />

meterspurige <strong>Bahn</strong> in Graubünden in ihren Bann zieht<br />

76


Wunderwelt Rhätische <strong>Bahn</strong><br />

Höchst abwechslungsreich ist die Landschaft<br />

entlang der Strecken: Vom warmen<br />

Churer Rheintal, gespickt mit<br />

Weinreben, reicht sie bis zu hochalpinen<br />

Landschaften ohne jeglichen Bewuchs am<br />

Bernina. Das den Kanton Graubünden umfassende<br />

Netz der Rhätischen <strong>Bahn</strong>, kurz RhB,<br />

bietet viel: zahlreiche verschiedene Fahrzeuge,<br />

mannigfaltige Fotomöglichkeiten. Und<br />

auch für mich als regelmäßigen Besucher immer<br />

wieder Neues.<br />

Lieblingsstrecken, Lieblingsfahrzeuge<br />

Meine bevorzugten Strecken sind die Albulabahn<br />

von Chur nach St. Moritz mit ihren<br />

zahlreichen Kunstbauten, der Bernina von St.<br />

Moritz nach Tirano, welcher die höchste Adhäsionsbahn<br />

der Alpen darstellt, sowie die<br />

<strong>Bahn</strong> durch die Rheinschlucht von Chur nach<br />

Disentis mit den hohen und markanten Kreidefelsen<br />

neben der Strecke. Dort entsteht die<br />

nahezu perfekte Mischung aus herrlicher<br />

Graubündner Bergwelt, den formschönen<br />

Fahrzeugen mit ihrem lieblichen Pfeifen und<br />

Graubündner Berge, formschöne Fahrzeuge und die<br />

Fotostellen: eine Harmonie aus Landschaft und Zug<br />

den wunderschönen Fotostellen – eine Harmonie<br />

aus Landschaft und Zug.<br />

Meine Lieblingsfahrzeuge der RhB sind mit<br />

Sicherheit die „BoBo I“ genannte und offiziell<br />

als Ge 4/4 I bezeichnete Ellok sowie deren größere<br />

Schwester Ge 6/6 II . Mit den neuen „Allegra“-Triebwagen<br />

sind die Ge 4/4 I leider großteils<br />

verschwunden – aktuell gibt es noch drei<br />

von ehemals zehn Loks im Bestand der Rhä-<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013 77


Strecken, Züge, Fahrzeuge<br />

Klassische RhB-Lok, unterwegs mit einem Alpine-Classic-Pullman-Zug. Ende September 2011 hat Ge 6/6 I Nummer 415, eines der rhätischen<br />

Krokodile, die historische Garnitur übernommen und ist auf dem Weg von St. Moritz nach Zermatt (Bild zwischen Castrisch und Ilanz)<br />

tischen <strong>Bahn</strong>, die aber nur nach Bedarf eingesetzt<br />

werden. Die Ge 6/6 II sind als Nachfolger<br />

der legendären „Krokodile“<br />

heute hauptsächlich<br />

im Güterverkehr<br />

tätig.<br />

Güterverkehr? Ja!<br />

Die RhB ist nicht nur<br />

eine Touristenbahn,<br />

sie dient auch dazu,<br />

bedeutende Orte wie<br />

Begeistert von der <strong>Schweiz</strong> und insbesondere<br />

von der Rhätischen <strong>Bahn</strong>. Florian Martinoff,<br />

Student aus München<br />

St. Moritz, Davos, Disentis, Ilanz, Scuol oder<br />

Tirano vor allem mit Lebensmitteln, Brennstoffen<br />

und Baumaterial zu versorgen. Gerade<br />

diese Züge haben es mir angetan, die – Gott<br />

sei Dank – zumeist noch von einer sonor durch<br />

das Albulatal brummenden Ge 6/6 II angeführt<br />

werden. Das zu erleben, ist jedes Mal wieder<br />

eine beeindruckende Situation.<br />

Bekannt ist die <strong>Bahn</strong> aber vor allem international<br />

durch die mit Reisegruppen besetzten<br />

Renommierzüge Glacier- und Berninaexpress.<br />

In deren, zum Teil vom italienischen<br />

Designer Pininfarina gestylten Panoramawagen<br />

erlebt man Berge, Täler, Kunstbauten und<br />

Denkmäler an großen Fensterfronten, wie in<br />

einem Breitwandfilm. Ich bevorzuge zwar eher<br />

die Regionalexpresszüge, bei denen ich grundsätzlich<br />

noch alle Fenster öffnen kann – gut<br />

zum Fotografieren. Der Bildeindruck eines<br />

modernen Panoramazuges, der sich durch ein<br />

enges Bergtal, umgeben von weißen Gipfeln<br />

nach oben wie ein Lindwurm windet, fasziniert<br />

aber jeden alpinen Eisenbahnfotografen.<br />

Mich eingeschlossen.<br />

Liebe zum Historischen<br />

Besonders erfreulich für Eisenbahnfreunde<br />

und <strong>Bahn</strong>fotografen ist, dass die RhB historische<br />

Fahrzeuge nicht nur pflegt und erhält,<br />

sondern auch zu etlichen Sonderdiensten und<br />

78


Fotomotive bei der RhB<br />

Im nächtlichen <strong>Bahn</strong>hof von Chur steht im Februar 2013 Ellok Ge 4/4 II 612 mit einem Regionalzug<br />

bereit. Der Zug fährt von Scuol nach Disentis<br />

Schnee und herbstliches Lärchengold begleiten Ellok Ge 6/6 II 702 „Curia“, die im November<br />

2012 G 5135 aus Landquart befördert. Das Bild zeigt den Güterzug kurz vor Pontresina<br />

Erlebnisreisen einsetzt. Immer wieder hat man<br />

damit Gelegenheit, ein wummerndes Krokodil<br />

vor Belle-Epoque-Salonwagen oder eine<br />

der beiden Consolidation-Dampflokomotiven<br />

(107 und 108) fauchend vor grünen Oldtimerwagen<br />

in beinahe unberührter Bergromantik<br />

erleben zu können. Und bildlich zu<br />

verewigen natürlich auch.<br />

Meine bevorzugten Reisetermine sind mit<br />

Sicherheit die oftmals sehr wetterstabilen Monate<br />

September und Oktober, außerdem der<br />

November mit den berühmten goldenen Lärchen<br />

entlang der wildromantischen Strecken.<br />

Im Juni ist das Gewitterrisiko noch nicht so<br />

hoch, wodurch die Fototage meist auch voll<br />

ausgeschöpft werden können. Auch der Winter<br />

hat bei der RhB seinen Reiz – meterhoch liegt<br />

der Schnee am Bernina, im Engadin und rund<br />

um Davos. Das Wetter ist im Hochwinter aber<br />

eher schwer einzuschätzen. Innerhalb weniger<br />

Minuten kann nach strahlendem Sonnenschein<br />

plötzlich ergiebiger Schneefall einsetzen…<br />

Die Wahl der Fotostellen bei der Rhätischen<br />

<strong>Bahn</strong> gestaltet sich meist sehr einfach:<br />

Fast jeder Zug ist irgendwo im richtigen Licht<br />

und die Strecken sind fast überall gut zugänglich<br />

und frei von Bewuchs. Jede Linie hat ihren<br />

ganz besonderen Reiz – sei es die Landschaft<br />

oder der abwechslungs- und umfangreiche<br />

Zugverkehr, den man bei einer Schmalspurbahn<br />

so meist nicht erwartet.<br />

So stoße ich bei der Anfahrt durch die<br />

Bündner Herrschaft jedes Mal einen Seufzer<br />

Geheimtipp November: Dann säumen goldene<br />

Lärchen die wildromantischen Strecken<br />

aufkommenden Glücksgefühls aus. Bald weicht<br />

er dann der kribbelnden Spannung, welche Lok<br />

mir die „Bündner Staatsbahn“ wohl zur Begrüßung<br />

durch das Prättigau entgegenschickt.<br />

Bella Grischuna, wie man auf rätoromanisch<br />

sagt. Auf deutsch: schönes Bündner Land ...<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

79


Strecken, Züge, Fahrzeuge<br />

So sah das Nordportal des Gotthard-Basistunnels bei Erstfeld kurz nach dem finalen Durchstich im Sommer 2011 aus. Die meterspurige Stollenbahn<br />

sorgte in der Bauphase für den Personen- und Materialtransport<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

Der Gotthard-Basistunnel<br />

Im Rohbau fertig<br />

Die Arbeiten für den längsten Tunnel der Welt laufen. Voraussichtlich im Dezember 2016 soll<br />

der 57 Kilometer lange Gotthard-Basistunnel als zweite Querung des Alpenhauptkamms ohne<br />

Steilstrecken, Kehren und Spiraltunnel in Betrieb gehen<br />

Die Mineure haben ihre Arbeit am Gotthard<br />

bereits erledigt. Die beiden 57 Kilometer<br />

langen Tunnelröhren, die jeweils<br />

ein Richtungsgleis aufnehmen sollen, sind vollständig<br />

ausgebrochen. Seit dem Baubeginn an<br />

den Hauptröhren im November 2002 haben<br />

sich die Vortriebsmannschaften nicht nur von<br />

den beiden Portalen bei Erstfeld an der Reuss<br />

und Bodio im Tessin, sondern auch von drei so<br />

genannten Zwischenangriffen aus durch den<br />

Berg gearbeitet. Bei 80 % der Tunnelstrecke kamen<br />

vier gewaltige Tunnelbohrmaschinen der<br />

deutschen Firma Herrenknecht mit den Namen<br />

Heidi, Sissi, Gabi I und Gabi II zum Einsatz; der<br />

Schneidraddurchmesser betrug beachtliche<br />

8,89 Meter bis 9,43 Meter. Auf den restlichen<br />

20 % wurde konventionell mit dem Sprengvortriebsverfahren<br />

gearbeitet. Wegen der zahlreichen<br />

Bauabschnitte konnte man recht häufig einen<br />

Durchschlag auf Teilabschnitten feiern, bis<br />

dann am 15. Oktober 2010 die allerletzte Wand<br />

in der Oströhre fiel, womit diese bereits durchgängig<br />

war. Nach dem finalen Durchstich auch<br />

in der Weströhre am 23. März 2011 war der Basistunnel<br />

im Rohbau fertig. Seitdem wird „nur“<br />

noch am Innenausbau gearbeitet; es werden<br />

Gleise verlegt, der Fahrdraht aufgehängt, Signalund<br />

Kommunikationseinrichtungen installiert.<br />

Zwei einspurige Röhren<br />

Die beiden Einspurröhren führen parallel im Abstand<br />

von ca. 40 Metern durch das Gebirge und<br />

sind alle 325 Meter durch als Fluchtweg dienende<br />

Querschläge miteinander verbunden. Etwa in<br />

den Drittelspunkten des Tunnels befinden sich die<br />

so genannten Multifunktionsstellen Sedrun und<br />

Faido, die jeweils einen doppelten Spurwechsel,<br />

Nothaltestellen sowie Technikräume für die Lüftungs-<br />

und Sicherungstechnik enthalten. Für das<br />

gesamte, 153,5 Kilometer lange Tunnelsystem<br />

mit seinen beiden Hauptröhren, den Schächten,<br />

Zugangs- und Rettungsstollen mussten insgesamt<br />

13,3 Millionen Kubikmeter Gestein (Abraum)<br />

aus dem Tunnel befördert werden, was einer Masse<br />

von 28,2 Millionen Tonnen entspricht. Ein Teil<br />

des Materials (fünf Millionen Tonnen) wurde<br />

noch auf der Baustelle als Baustoff für den Tunnelausbau<br />

(Betonzuschlag) aufbereitet und so<br />

wieder in den Berg eingebaut. Der Rest diente der<br />

Renaturierung der Reussmündung Flüelen oder<br />

Das meiste der 13,3 Millionen Kubikmeter Abraum<br />

wurde abtransportiert – und zwar nur mit der <strong>Bahn</strong><br />

wurde Interessenten zum Verkauf angeboten. Alles<br />

Gestein wurde grundsätzlich per <strong>Bahn</strong> transportiert,<br />

so dass man Abraumzüge zum Beispiel<br />

zwischen Erstfeld und Affoltern a.A. beobachten<br />

80


Gotthard-Basistunnel<br />

IN KÜRZE<br />

DATEN ZUM GOTTHARD-BASISTUNNEL<br />

Länge<br />

57 km (Weltrekord)<br />

Maximale Gebirgsüberlagerung<br />

2.300 m (Weltrekord)<br />

Masse des Abraums<br />

28,2 Mio. Tonnen<br />

Volumen des Abraums 13,3 Mio. m 3<br />

Anzahl Spurwechsel 2<br />

Baubeginn<br />

1993 (erster Sondierstollen)<br />

Zul. Höchstgeschwindigkeit<br />

250 km/h<br />

Plangeschwindigkeit<br />

100 km/h bis 160 km/h<br />

Oberbau<br />

Feste Fahrbahn (schotterlos)<br />

Sicherungssystem ETCS Level 2<br />

Ausbruchdurchmesser<br />

8,89 bis 9,43 m<br />

Nutzquerschnitt im Betrieb 41 m 2<br />

(zum Vergleich: Scheiteltunnel: 36 m2)<br />

Baukosten<br />

11,83 Milliarden CHF<br />

Betriebsführung<br />

SBB<br />

AlpTransit Gotthard AG<br />

konnte, die die ansonsten von Güterzügen selten<br />

befahrene Einspurstrecke entlang des Zugersees<br />

über Walchwil nutzten.<br />

Der höchste Punkt im Tunnel liegt mit<br />

550 Metern über Normalnull 600 Meter tiefer als<br />

der Scheiteltunnel der Bergstrecke. Die maximale<br />

Steigung beträgt nur 13 Promille, so dass in<br />

Verbindung mit der eingleisigen Strecke über Luino<br />

die erste so genannte Flachbahn durch die Alpen<br />

entsteht. Damit reicht für die Querung der<br />

Alpen auch bei Güterzügen die Flachland-Traktionsleistung<br />

aus, man kann auf Vorspann-, Zwischen-<br />

oder Schubloks gänzlich verzichten. Nach<br />

der Eröffnung des Ceneri-Basistunnels 2019 wird<br />

es auch eine zweigleisige Flachbahn geben.<br />

Eine weitere Option zur Erhöhung der Kapazität<br />

ist die Bildung von bis zu 1.400 Meter<br />

langen Güterzügen, die jeweils auch nur eine<br />

Fahrplantrasse belegen. Bei der Inbetriebnahme<br />

des Tunnels in knapp vier Jahren werden die<br />

Güterzüge noch keine Überlänge haben, jedoch<br />

schon ohne Vorspann- oder Drucklok auskommen.<br />

Die <strong>Schweiz</strong>er können dann stolz sein,<br />

wieder den längsten Tunnel der Welt im eigenen<br />

Land zu haben. Durch die Gebirgsüberlagerung<br />

von 2.300 Metern ist er auch der tiefste Tunnel<br />

der Welt. Dr. Dietmar Beckmann<br />

Die Frage der Kapazität<br />

Trotz des von Anfang an zweigleisigen Betriebes<br />

wird die Kapazität des Gotthard-Basistunnels aufgrund<br />

der großen Geschwindigkeitsunterschiede<br />

zwischen Reise- und Güterzügen nicht unbedingt<br />

für die prognostizierten Gütermengen im<br />

Transit durch die <strong>Schweiz</strong> ausreichen. Das Geschwindigkeitsniveau<br />

der einzelnen Zuggattungen<br />

auf den Zulaufstrecken wird sich zumindest<br />

mittelfristig nicht wesentlich verändern, so dass<br />

dort alle Züge relativ homogen mit 80 km/h bis<br />

allenfalls 140 km/h verkehren. Der Basistunnel ist<br />

dagegen für 250 km/h ausgelegt. Bis vor einigen<br />

Monaten waren die SBB davon ausgegangen, die<br />

Fahrpläne der Reisezüge für 220 km/h auszulegen,<br />

diejenigen der Güterzüge für 100 km/h. Unter<br />

diesen Voraussetzungen wäre der Tunnel mit<br />

den zwei Eurocitys bzw. Intercitys und fünf Güterzügen<br />

pro Stunde und Richtung voll ausgelastet.<br />

Damit hätte er die prognostizierten und in der<br />

FinöV (Finanzierung der Infrastruktur des öffentlichen<br />

Verkehrs) geforderten Gütermengen<br />

nicht bewältigen können, so dass mindestens ein<br />

Güterzug über die Bergstrecke geleitet werden<br />

müsste. Gemäß den neuesten Planungen soll die<br />

Geschwindigkeit der Reisezüge aber nun auf<br />

160 km/h beschränkt werden, zumal die optimale<br />

Fahrzeit von knapp drei Stunden zwischen den<br />

Knoten Zürich und Mailand ohnehin nicht realisiert<br />

werden kann. Der Fahrzeitverlust beträgt<br />

gerade einmal zwei Minuten, aber es wird eine zusätzliche<br />

Trasse für den Güterverkehr geschaffen.<br />

Die Multifunktionsstelle Sedrun zeigt sich als <strong>Bahn</strong>hof tief im Berg – heute noch für die Stollenbahn,<br />

später im Betrieb dann als Nothaltestelle und Spurwechsel AlpTransit Gotthard AG<br />

Die Züge mit dem Abraummaterial des Tunnels fuhren zweimal täglich von Erstfeld nach Affoltern<br />

a.A. über die eingleisige Strecke am östlichen Ufer des Zugersees Dr. Dietmar Beckmann<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013 81


Momentaufnahmen<br />

Foto-Impressionen von Tibert Keller<br />

<strong>Bahn</strong> mal anders<br />

Tibert Keller, Graubündner des Jahrgangs 1959, war von 1975 bis 1998 bei<br />

der Rhätischen <strong>Bahn</strong> tätig. Heute arbeitet er als freischaffender Fotograf,<br />

Reiseleiter und Journalist. Eines seiner liebsten Motive sind die <strong>Schweiz</strong>er<br />

Eisenbahnen, möglichst vielfältig und in ungewohnten Perspektiven<br />

<strong>Schweiz</strong>, das Land der glücklichen Kühe. Neugierig bestaunen zwei<br />

von ihnen am 2. September 2012 den Fotografen, der sich auf ihre<br />

Weide gewagt hat. Eine dritte schaut lieber dem vorbei fahrenden<br />

Triebwagen BDeh 3/6 25 der Rorschach-Heiden-<strong>Bahn</strong> zu, der an dem<br />

Tag Ungewöhnliches im Schlepptau hat. Wegen einer Gruppenreise<br />

wurden ihm noch sechs Zweiachswagen angehängt ...<br />

82


<strong>Schweiz</strong>er <strong>Bahn</strong>en mal anders<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013 83


Regenwetter ist<br />

schlechtes Wetter?<br />

Gott bewahre: Es<br />

zeichnet nur den<br />

Gegenzug etwas weicher,<br />

als dieser am<br />

12. September 2012<br />

in Ospizio Bernina<br />

eintrifft und durch<br />

die nasse Frontscheibe<br />

des Allegra-<br />

Triebzugs hindurch<br />

fotografiert wird<br />

Der Blickfang vor dem Bergüner <strong>Bahn</strong>museum Albula ist das 1985<br />

ausrangierte RhB-Krokodil Ge 6/6 407. Es bietet dank des eingebauten<br />

Loksimulators Führerstands-Fahrerlebnisse. Im Winter kommt mit<br />

Schnee-Häubchen noch etwas Besonderes von außen dazu<br />

Nahe der Haltestelle Holderbank, zwischen Wildegg und Brugg, haben<br />

offene Güterwagen der <strong>Schweiz</strong>erischen Bundesbahnen einen neuen<br />

Verwendungszweck gefunden. Als mobile Baumkübel geben sie auf<br />

dem Anschlussgleis sprießenden Birken ein Zuhause<br />

Muskelarbeit prägt den Betrieb des Dampfbahn-Vereins Zürcher Oberland<br />

(DVZO). In Bauma mühen sich zwei Museumsbahner mit den betrieblichen<br />

Vorbereitungen. Gilt es doch, die vom offenen Güterwagen auf den<br />

Karren umgeladenen Behälter mit Kohle ins Lokdepot zu verfrachten<br />

Natur und Technik<br />

Wetterstimmung, Pflanzen<br />

und zwischendrin der<br />

Mensch: Schon ist sie<br />

fertig, die Mischung für<br />

interessante Motive<br />

84


Natur und Technik<br />

Den Landwasserviadukt kennt eigentlich jeder Eisenbahnfotograf. Aber haben<br />

Sie schon mal den „Talblick“ probiert? Am 12. Februar 2012 war es ein mutiges<br />

Unterfangen: Um die minus 20 Grad Kälte musste man aushalten, um hier<br />

den Dampfsonderzug der Rhätischen <strong>Bahn</strong> Richtung Filisur abzupassen<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

85


Momentaufnahmen<br />

Allzu viel Schnee darf die Dampfschneeschleuder X rot d 9213 der Rhätischen <strong>Bahn</strong> auf der<br />

Berninalinie gar nicht „bearbeiten“ – sonst bekommen die Teilnehmer der Vorführfahrten ja<br />

nur Schneegestöber zu sehen und keine Schleuder. Ein paar Verwehungen sind aber schon da,<br />

als sie am 19. Januar 2013 zwischen den regulären Räumarbeiten ihr Können zeigt<br />

86


Licht, Schatten, Perspektiven<br />

LINKS Durch diese hohle Gasse<br />

muss er kommen. Kurz<br />

vor Chur verlaufen das Gleis<br />

der Rhätischen <strong>Bahn</strong> links<br />

und die Doppelspur der SBB<br />

nebeneinander. Teleobjektiv,<br />

tief liegende Wintersonne<br />

und die im Schatten stehende<br />

Flanke des Calanda geben<br />

dem von Ziegelbrücke<br />

kommenden Pendelzug am<br />

5. Februar 2011 Dramatik<br />

RECHTS Ein temporäres Anschlussgleis<br />

verbindet die<br />

Matterhorn-Gotthard-<strong>Bahn</strong>-<br />

Strecke mit dem AlpTransit-<br />

Zwischenangriffsschacht<br />

von Sedrun. Zu besonderen<br />

Anlässen befahren statt Güterzügen<br />

auch Personenzüge<br />

den 2,2 Kilometer langen<br />

Abschnitt, wie am 24. September<br />

2011 Ellok HGe 4/4<br />

Nr. 36 mit RhB-Wagen für<br />

den englischen Veranstalter<br />

„Desperate Railtours“.<br />

Gleich ist das Ende des<br />

Zahnstangenstücks erreicht<br />

Licht, Schatten, Perspektiven<br />

Rotierende Räder, dunkle Kanäle oder mal die<br />

gemütliche Pause: Wer sagt, dass die Eisenbahn<br />

von heute nichts mehr zu bieten hat?<br />

Trotz Klimaanlage bieten die Allegra-Triebwagen<br />

Fenster zum Öffnen, und das macht<br />

sich am 12. November 2012 bezahlt. Mit<br />

langer Verschlusszeit entsteht der Ausblick<br />

auf den Castieler Tobel-Viadukt der Arosa -<br />

linie, der wie der Landwasserviadukt an<br />

einer fast senkrechten Felswand in einen<br />

Tunnel übergeht<br />

Ob wirklich alle Eisenbahner auf der HGe 4/4 33 auf die anstehenden Rangierarbeiten warten?<br />

Am 8. August 2011 steht die gut mit Personal besetzte Ellok der Matterhorn-Gotthard-<br />

<strong>Bahn</strong> in Brig für den aus Zermatt eintreffenden abendlichen Regionalzug bereit; sie wird<br />

anschließend dessen Verstärkungswagen ins Depot Glisergrund bringen<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

87


<strong>Bahn</strong>land <strong>Schweiz</strong><br />

Reisetipps<br />

Schnuppertour<br />

<strong>Schweiz</strong><br />

Das Land der Eidgenossen mit der <strong>Bahn</strong> zu entdecken ist leicht – und auch wieder nicht. Überall<br />

gibt es gute Anschlüsse, aber: womit beginnen, was anschauen? <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> hilft bei der Qual<br />

der Wahl und gibt Tipps für Ihre Tour, verteilt auf <strong>Bahn</strong>fahrten kreuz und quer durch die Regionen<br />

Am dichten Streckennetz<br />

liegt es sicher nicht, wenn<br />

man es nicht schafft, alle Sehenswürdigkeiten<br />

der <strong>Schweiz</strong>er<br />

Eisenbahnen aufzusuchen. Es gibt<br />

einfach so viel, was den Besuch<br />

lohnt. Und das sind nicht nur <strong>Bahn</strong>fahrten;<br />

oft bietet die Wanderung<br />

entlang der Gleise weitere reizvolle<br />

Eindrücke. Immerhin: Wer bestimmte<br />

Ausgangspunkte wählt,<br />

kann in kurzer Zeit ganz gut eine<br />

Schnuppertour durchs Alpenland<br />

unternehmen. Wir sagen, wie und<br />

wohin es geht.<br />

Basel, <strong>Bahn</strong>knoten im Norden<br />

Basel, die Stadt am Rhein mit einem<br />

großen Straßenbahnnetz und<br />

einer sehenswerten Altstadt, war<br />

die erste <strong>Schweiz</strong>er Stadt, welche<br />

die Eisenbahn erreichte. Das war<br />

1844 die Chemin de fer Strasbourg–Bâle<br />

(StB), die 1845 nach<br />

heftigen Diskussionen einen <strong>Bahn</strong>hof<br />

innerhalb der Stadtmauern erhielt.<br />

Wenig später erreichte die<br />

deutsche Rheintal-Eisenbahnlinie<br />

Basel, 1854 begannen die Bauarbeiten<br />

an der künftigen Stammlinie<br />

der <strong>Schweiz</strong>erischen Centralbahn<br />

(SCB) durch den Hauenstein nach<br />

Olten und weiter Richtung Süden.<br />

Basel empfiehlt sich als erster<br />

Ausgangspunkt und gleich auch als<br />

erste Sehenswürdigkeit. Interessant<br />

sind zum Beispiel die drei Basler<br />

<strong>Bahn</strong>höfe, von denen Basel SBB<br />

der bedeutendste ist. Den größten<br />

Grenzbahnhof Europas verlassen<br />

täglich rund 1.000 Züge, in etwa<br />

gleich viele kommen dort an. Im<br />

Schnitt gibt es also alle 90 Sekunden<br />

eine Zugbewegung. Hinzu<br />

kommen Güterzüge auf den<br />

Durchfahrgleisen und Postzüge im<br />

88


Reisetipps<br />

Frühlingszeit – Reisezeit! Wie<br />

wäre es da mit einer <strong>Bahn</strong>tour<br />

in (oder besser: durch) die<br />

<strong>Schweiz</strong>? Das reichhaltige Angebot<br />

an <strong>Bahn</strong>en und Zügen<br />

macht vieles möglich. Im Bild:<br />

Ellok Re 4/4 II Nr. 11301 mit EuroCity<br />

auf der Strecke Basel –<br />

Brugg – Zürich im April 2009<br />

Armin Schmutz<br />

Von Basel nach Bern<br />

unterirdischen Postbahnhof. Also<br />

<strong>Bahn</strong>-Attraktion pur.<br />

Im internationalen Verkehr gibt<br />

es etwa stündlich ICE von/nach<br />

Deutschland (unter anderem Hamburg<br />

und Berlin), mehrmals täglich<br />

EC-Züge von/nach Mailand sowie<br />

TGV von/nach Paris. Im nationalen<br />

Fernverkehr fahren mehrmals<br />

stündlich IC-Züge nach Olten, Zürich<br />

und Bern sowie mindestens<br />

stündlich Züge Richtung Zürich –<br />

Chur, Olten – Luzern – Bellinzona –<br />

Locarno, Olten – Bern – Interlaken<br />

Ost / Visp – Brig und Delsberg – Biel<br />

– Neuenburg – Lausanne / Genf.<br />

Außerdem gibt es einen trinationalen<br />

Regionalverkehr, und die Regio-<br />

S-<strong>Bahn</strong> Basel reicht von Frick / Laufenburg<br />

im Osten, Olten im Süden,<br />

Pruntrut im Westen nach Mulhouse<br />

im Nordwesten und Zell im Wiesental<br />

im Nordosten. Mit anderen<br />

Worten: genug zum Schauen und<br />

für die nächsten Etappen.<br />

Der kleinste <strong>Bahn</strong>hof ist der direkt<br />

an Basel SBB angebaute Französische<br />

<strong>Bahn</strong>hof. Gleis 4 von Basel<br />

SBB geht direkt in Gleis 30 von Basel<br />

SNCF über, wobei die Oberleitung<br />

von 15 kV 16,7 Hz auf 25 kV<br />

50 Hz umschaltbar ist.<br />

Eine Doppelspurstrecke stellt<br />

die am 3. November 1873 eröffnete<br />

Verbindung zum zweitgrößten<br />

<strong>Bahn</strong>hof her, dem Badischen <strong>Bahn</strong>hof,<br />

in dem viele Regionalzüge der<br />

Deutschen <strong>Bahn</strong> sowie einige Fernverbindungen<br />

beginnen. Zurzeit<br />

wird eine zweite Doppelspur mit einer<br />

zweiten Rheinbrücke zur Kapazitätserweiterung<br />

fertig gestellt.<br />

Wer rasch nach Bern fahren<br />

möchte, steigt in Basel SBB in einen<br />

IC nach Interlaken Ost oder Brig<br />

und erreicht nach weniger als einer<br />

Stunde die <strong>Schweiz</strong>er Hauptstadt.<br />

In Muttenz kann man die großen<br />

Rangierbahnhöfe sehen und im<br />

fünf Kilometer langen Adlertunnel<br />

umfährt der IC das Nadelöhr Pratteln.<br />

Es folgen das nächste Nadelöhr,<br />

der acht Kilometer lange Hauenstein-Basistunnel,<br />

und dann der<br />

Knotenpunkt Olten, der ursprüngliche<br />

„Kilometer Null“ im <strong>Schweiz</strong>er<br />

Eisenbahnnetz. Danach geht es<br />

richtig schnell, befährt der Zug ab<br />

Rothrist doch die 52 Kilometer lange<br />

Neubaustrecke nach Mattstetten<br />

und ist dort mit bis zu 200 km/h<br />

unterwegs. Bald schon hat man<br />

Bern erreicht.<br />

Es geht aber auch gemütlicher.<br />

Zum Beispiel, indem man von Basel<br />

SBB aus mit der S-<strong>Bahn</strong> bis Liestal<br />

fährt. Dort beginnt die Waldenburgerbahn,<br />

die mit 750-Millimeter-Gleis<br />

schmalste <strong>Bahn</strong> der<br />

<strong>Schweiz</strong>, die jedoch ähnlich einer<br />

S-<strong>Bahn</strong> im 30-, zu Spitzenzeiten im<br />

15-Minuten-Takt verkehrt. An bestimmten<br />

Tagen richtet sie übrigens<br />

auch Dampfsonderfahrten<br />

aus. In Waldenburg kann man<br />

gleich am <strong>Bahn</strong>hof in einen Bus der<br />

PTT, „Postauto“ genannt, nach Balsthal<br />

steigen. In Balsthal wartet die<br />

nächste Besonderheit auf den Eisenbahn-Freund,<br />

die Oensingen –<br />

Der <strong>Bahn</strong>hof Basel SBB ist ein internationales Drehkreuz und das Tor<br />

zum Norden. Er eignet sich gut als Start für <strong>Schweiz</strong>reisen Heiko Focken<br />

<strong>Bahn</strong> fahren im Raum Solothurn lohnt sich. Eine Reihe kleinerer Strecken<br />

lädt dort zu Besuchen ein<br />

Anneli Nau<br />

PREISTIPP<br />

!<br />

SPEZIALTARIFE<br />

Wenn man in der <strong>Schweiz</strong> tageweise viel fahren will, gibt es verschiedene<br />

Angebote. Ein Überblick über kostengünstige Reisemöglichkeiten:<br />

Der „Swiss Pass“ ermöglicht<br />

an vier, acht, 15, 22 aufeinander<br />

folgenden Tagen oder einem ganzen<br />

Monat freie Fahrten auf fast allen<br />

<strong>Bahn</strong>en und Postautolinien, den<br />

Schiffen und etlichen Verkehrsbetrieben.<br />

Bei vielen Bergbahnen wird ein<br />

Rabatt von 25 Prozent gewährt.<br />

!<br />

Der „Swiss Flexi Pass“ bietet<br />

an drei bis sechs frei wählbaren Tagen<br />

innerhalb eines Monats freie Fahrten<br />

auf fast allen <strong>Bahn</strong>en, Postautolinien,<br />

den Schiffen und bei etlichen Ver kehrs -<br />

betrieben.<br />

!<br />

Wenn man Besitzer eines Halbtax-Abonnements<br />

ist, kann man zu<br />

diesem Tageskarten 1. und 2. Klasse<br />

kaufen, die wieder freie Fahrt ge -<br />

währen.<br />

!<br />

In einigen Regionen oder Kan to -<br />

nen, z. B. Graubünden, gibt es auch regi -<br />

o nale Angebote für Freifahrten. HBS<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

89


<strong>Bahn</strong>land <strong>Schweiz</strong><br />

Grün-gelb wie eine frühlingshafte Löwenzahnwiese zeigen sich die Züge der Wengernalpbahn, die von<br />

Wengen zur Kleinen Scheidegg fahren. Mit einem Unterschied: Die Züge haben das ganze Jahr Saison S. Klein<br />

Wanderungen kann man – bei ein<br />

wenig Glück – einen der beiden<br />

ehemaligen RhB-Triebwagen (Chur<br />

– Arosa) mit einem Kehrichttransport<br />

fotografieren. Von La Chauxde-Fonds<br />

fahren RegioExpress-<br />

Züge im Stundentakt nach Biel mit<br />

einem relativ knappen Anschluss<br />

nach Bern. Die Reisezeit (ohne<br />

Wanderung) beträgt etwa vier<br />

Stunden.<br />

AUSFLUGSTIPP:<br />

VERKEHRSHAUS LUZERN<br />

Am 1. Juli 1959 wurde das Verkehrshaus<br />

der <strong>Schweiz</strong> in Luzern<br />

eröffnet. Es bietet umfang reiche Ausstel<br />

lungen mit den Schwerpunkt-Themen<br />

Schienenverkehr, Stra ßen verkehr,<br />

Schifffahrt, Luft- und Raumfahrt<br />

sowie Kommunikation; daneben gibt<br />

es unter anderem ein Filmtheater. Im<br />

Verkehrshaus sind verschiedene<br />

<strong>Schweiz</strong>er Schienenfahrzeuge zu<br />

sehen, zum Beispiel eine Dampflok<br />

C 5/6 („Elefant“), eine Ellok Be 6/8 II<br />

(„Krokodil“), die „Landi-Lok“<br />

Ae 8/14 Nr. 11852 und die Dampfschneeschleuder<br />

Rotary Xrot 100.<br />

Das Museum hat täglich geöffnet, in<br />

der Sommerzeit von 10 bis 18 Uhr, in<br />

der Winterzeit von 10 bis 17 Uhr. Der<br />

Eintritt kostet 30 CHFr für Erwachsene,<br />

15 CHFr für Jugendliche.B. Uesi<br />

Von Bern zu den nächsten Attraktionen<br />

Sie suchen braune BLS-Loks? Kommen Sie zum Autoverlad am Lötschberg,<br />

dort fahren die Klassiker Re 4/4 (Foto in Goppenstein) Ralf Kutschke<br />

Balsthal-<strong>Bahn</strong> (OeBB), die eine vier<br />

Kilometer lange, normalspurige<br />

Stichstrecke im 30-Minuten-Takt<br />

betreibt. Die <strong>Bahn</strong> besitzt zahlreiche<br />

historische Fahrzeuge (anderer<br />

<strong>Bahn</strong>gesellschaften), die sie vor allem<br />

bei Nostalgiefahrten einsetzt.<br />

In Oensingen halten nicht nur die<br />

Züge der Jura-Südfußlinie Olten –<br />

Solothurn – Biel – Yverdon – Neuchâtel<br />

– Lausanne, sondern seit Dezember<br />

2012 auch die Meterspurzüge<br />

der aare–seeland mobil<br />

(asm). An Werktagen bedienen die<br />

modernen, klimatisierten Niederflurzüge<br />

die Strecke (Langenthal –<br />

Niederbipp –) Oensingen – Niederbipp<br />

– Solothurn im 30-Minuten-<br />

Takt, sonst fahren sie stündlich. Diese<br />

dreiteiligen Triebzüge stellen<br />

eine Mischung aus Straßenbahn<br />

und Regionalzug dar. In Solothurn,<br />

dem Amtssitz des Basler Bischofs,<br />

endet eine weitere Meterspurbahn,<br />

die Strecke Bern – Solothurn des<br />

Regionalverkehr Bern-Solothurn<br />

(RBS). Diese Strecke wird von teilweise<br />

neuen Zügen im 30-Minuten-Takt<br />

befahren. Wenn man nirgends<br />

verweilt, ist man nach knapp<br />

drei Stunden im SBB-Tiefbahnhof<br />

Bern angekommen.<br />

Eine dritte Variante führt über<br />

noch weniger bekannte Gleise: Von<br />

Basel SBB fährt man mit einem InterCity-Neigezug<br />

ICN bis Delémont,<br />

wo man in eine S-<strong>Bahn</strong> nach<br />

Glovelier umsteigt. In Glovelier beginnt<br />

die Meterspurstrecke der<br />

Chemins de Fer du Jura (CJ), die<br />

über Saignelégier und Le Noirmont<br />

nach La Chaux-de-Fonds verläuft.<br />

Die Züge verkehren im Stundentakt.<br />

Da die Strecke durch den Jura,<br />

den jüngsten Kanton der <strong>Schweiz</strong>,<br />

wenig bekannt, aber recht fotogen<br />

ist, bietet sich eine Wanderung (jeweils<br />

ca. zwei Stunden) an. Diese<br />

kann zum Beispiel von Glovelier<br />

nach Combe Tabeillon führen, wo<br />

der <strong>Bahn</strong>hof an einer Spitzkehre<br />

liegt, oder von Le Noirmont nach<br />

Les Bois bzw. von Les Bois nach La<br />

Cibourg. Bei den letzten beiden<br />

Bern, die Bundes- und Kantonshauptstadt<br />

mit einem größeren<br />

Straßenbahnnetz, einer sehenswerten<br />

Altstadt und dem bekannten<br />

Bärengraben, ist ein weiterer<br />

bedeutender Eisenbahnknoten mit<br />

den nach Zürich HB zweitmeisten<br />

<strong>Bahn</strong>reisenden pro Tag. Im Fernverkehr<br />

machen die Züge nach/<br />

von Interlaken Ost und Visp – Brig<br />

hier Kopf, während diejenigen nach<br />

Fribourg – Lausanne weiterfahren.<br />

Daneben gibt es ein umfangreiches<br />

S-<strong>Bahn</strong>-Netz, von dem die BLS den<br />

Normalspur-, der RBS den Schmalspurteil<br />

betreibt.<br />

Von Bern aus bietet sich eine<br />

Fahrt zur höchstgelegenen <strong>Bahn</strong>station<br />

Europas, dem Tunnelbahnhof<br />

Jungfraujoch auf 3.454 Metern<br />

an. Zunächst benutzt man einen<br />

der stündlich verkehrenden IC-<br />

Züge nach Interlaken Ost, der am<br />

Thunersee vorbeifährt. In Interlaken<br />

Ost beginnt (außer der meterspurigen<br />

Zentralbahn nach Meiringen<br />

– Luzern) die Berner<br />

Oberland-<strong>Bahn</strong> (BOB) nach Lauterbrunnen<br />

und Grindelwald. Lauterbrunnen<br />

ist der Umsteigebahnhof<br />

zur Wengernalpbahn (WAB),<br />

die ihre Fahrgäste über den autofreien<br />

Ort Wengen zur Kleinen<br />

Scheidegg bringt. Insgesamt ist die<br />

Strecke der WAB, einer reinen Zahnradbahn,<br />

19,2 Kilometer lang und<br />

hat eine Spurweite von 800 Millimetern.<br />

Dort beginnt die meterspurige,<br />

101 Jahre alte Jungfraubahn,<br />

die auf ihrer 9,3 Kilometer<br />

langen Strecke mittels Zahnstange<br />

fast 1.400 Höhenmeter überwindet.<br />

Bei der Bergfahrt kann man in<br />

der Regel in den Tunnelstationen<br />

Eigerwand und Eismeer durch<br />

Fenster die grandiose Bergwelt bewundern.<br />

Nach einer Pause auf<br />

dem Jungfraujoch bietet sich für<br />

die Rückfahrt ab Kleine Scheidegg<br />

die Strecke über Grindelwald<br />

Grund, wo die WAB-Züge im Depotbereich<br />

Kopf machen, nach<br />

Grindelwald an. Von Grindelwald<br />

geht es mit der BOB nach Interlaken<br />

Ost, wo der Übergang zum IC<br />

nach Bern gleich möglich ist. Eine<br />

solche Rundfahrt würde – mit einer<br />

einstündigen Pause – etwa siebeneinhalb<br />

Stunden in Anspruch nehmen.<br />

Sehenswert ist weiterhin die<br />

Schynige Platte-<strong>Bahn</strong> (SPB), eine<br />

reine Zahnradbahn mit einer Spurweite<br />

von 800 Millimetern, die fast<br />

ausschließlich Altbau-Fahrzeuge<br />

einsetzt. Sie verkehrt von Anfang<br />

Juni bis Ende Oktober ab dem BOB-<br />

<strong>Bahn</strong>hof Wilderswil. Die Fahrzeit<br />

beträgt bergwärts 42, talwärts 52<br />

Minuten. Ein weiteres Highlight ist<br />

die Brienz-Rothorn-<strong>Bahn</strong> (BRB),<br />

die als reine Zahnradbahn auf 7,6<br />

Kilometern eine Höhendifferenz<br />

90


Basel, Bern und Lötschberg<br />

„Aus’m Zug luage isch super!“ Mit der Eisenbahn kann man in der <strong>Schweiz</strong> prima auf Ausflugstour gehen; so gut wie alle Sehenswürdigkeiten<br />

lassen sich per Schiene erreichen. Oft sind die Züge selbst die Attraktion – auch wenn nicht alle Wagen Fenster zum Öffnen haben Eva Schaller<br />

von 1.678 Metern überwindet. Der<br />

Betrieb mit Dampfloks findet von<br />

Anfang Juni bis Ende Oktober statt.<br />

Die Bergfahrt dauert etwa 55, die<br />

Talfahrt etwa 60 Minuten. Zubringer<br />

sind die Zentralbahn ab Interlaken<br />

Ost (Fahrtzeit rund 20 Minuten)<br />

oder das Schiff (75 Minuten).<br />

Bern kann auch der Ausgangspunkt<br />

für Ausflüge zur Lötschberg-Strecke<br />

sein. Für eine Fahrt<br />

über die klassische Bergstrecke<br />

bleibt heute nur der Regionalverkehr;<br />

die BLS betreibt ihn mit modernen<br />

Triebzügen RABe 535<br />

„Lötschberger“, die stündlich als RE<br />

Bern – Kandersteg – Brig verkehren.<br />

Vielleicht noch attraktiver ist die<br />

Wanderung entlang der Lötschberg-Strecke,<br />

bei der man zwischen<br />

zwei Varianten wählen kann.<br />

Die erste setzt die Reise im „Lötschberger“<br />

von Bern bis Kandersteg<br />

voraus (Fahrzeit: gut eine Stunde).<br />

Dort beginnt der Eisenbahn-Erlebnispfad<br />

„Lötschberg Nordrampe“,<br />

der an der BLS-Dienststation Blausee-Mitholz<br />

vorbei zur Kirche im<br />

Kandergrund und von dort nach<br />

Frutigen führt. Unterwegs informieren<br />

47 Tafeln über Eisenbahn,<br />

Gleisanlagen, Bauten und Züge.<br />

Die Wanderzeiten (ohne Pausen<br />

und Fotohalte) betragen ungefähr:<br />

Kandersteg – Blausee zwei Stunden,<br />

Blausee – Kandergrund<br />

eine Stunde, Kandergrund – Frutigen<br />

zwei Stunden. In Blausee und<br />

Kandergrund gibt es Busstationen.<br />

Die Rückfahrt Frutigen – Bern dauert<br />

50 Minuten.<br />

Die Alternative ist der „Klassiker“,<br />

der <strong>Bahn</strong>wanderweg an der<br />

Lötschberg-Südrampe hoch über<br />

dem Rhônetal der <strong>Bahn</strong>strecke<br />

entlang von Hohtenn via Ausserberg<br />

und Eggerberg nach Lalden,<br />

der teilweise die Trasse der früheren<br />

Baubahn benutzt. Die Wanderzeit<br />

ohne Pausen und Fotohalte<br />

beträgt etwa fünfeinhalb<br />

Stunden. Nach Hohtenn fährt man<br />

mit dem RE Bern – Brig (rund 100<br />

Minuten). Für die Rückfahrt empfiehlt<br />

sich ab Lalden der RE nach<br />

Brig und von dort ein IC oder EC<br />

durch den Lötschberg-Basistunnel<br />

nach Bern (Reisezeit:<br />

rund 100 Minuten).<br />

Für die Weiterfahrt<br />

von Bern bietet sich<br />

die Route Bern – Spiez<br />

– Zweisimmen – Montreux<br />

an mit Umsteigen<br />

in Spiez und Zweisimmen;<br />

in Zweisimmen<br />

werden künftig Wagen<br />

der Montreux-Oberland-Bernois-<strong>Bahn</strong><br />

(MOB) auf der durchgehenden<br />

Golden-Pass-<br />

Verbindungen Montreux – Zweisimmen<br />

– Interlaken eingesetzt<br />

Slg. Marco Frühwein<br />

An der Ostseite des Genfer Sees und weiter an der Simplonstrecke<br />

nach Brig gibt es viele reizvolle Nebenbahnen<br />

Anneli Nau<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

91


<strong>Bahn</strong>land <strong>Schweiz</strong><br />

Im Jahr 1981 legte die Furka-Oberalp-<strong>Bahn</strong> die Furka-Bergstrecke still und schickte ihre Züge fortan durch den Basistunnel. Eisenbahnfreunde<br />

erwarben die spektakuläre Zahnradstrecke über den Furkapass und richteten sie für den Museumsbetrieb her. Heute setzt die Trägergesellschaft<br />

Dampfbahn Furka Bergstrecke auf der Meterspurbahn in der Sommersaison Dampfzüge ein; diese fahren von Realp über den Pass bis<br />

Oberwald und überwinden Steigungen bis zu 35 Promille (Adhäsionsbetrieb) bzw. 118 Promille (Zahnradbetrieb)<br />

Dr. Hans-Bernhard Schönborn<br />

Wie wäre es mit einem FLIRT am Genfer See? Das moderne Fahrzeug<br />

fährt zum Beispiel als Regionalzug zwischen Montreux und Sion und<br />

macht dort auch am berühmten Schloss Chillon Station S. Klein, C. Völk (r.)<br />

Naschkatzen kommen beim „Train du Chocolat“ der MOB auf ihre Kosten.<br />

Der Sonderzug Montreux – Broc fährt tageweise von Juni bis Oktober,<br />

das Programm beinhaltet den Besuch einer Schokoladenfabrik<br />

und umgespurt werden. Die Reisezeit<br />

ohne Fotostopps beträgt ca.<br />

dreieinviertel Stunden. Wanderungen<br />

bieten die Möglichkeit, die Panoramazüge,<br />

bei denen die MOB<br />

Vorreiterin war, zu fotografieren;<br />

Wanderrouten sind zum Beispiel<br />

Oeschseite – Schönried (Dauer:<br />

zwei Stunden) oder Rossinière – La<br />

Tine (eine Stunde), wobei die erwähnten<br />

Ausgangs- und Endstationen<br />

nur alle zwei Stunden von<br />

Regionalzügen bedient werden.<br />

Montreux ist ein weiterer Ort,<br />

der sich gut als Ausgangspunkt für<br />

„Eisenbahn-Expeditionen“ eignet.<br />

Wobei Montreux selbst schon etwas<br />

zu bieten hat, ist dies doch der<br />

einzige <strong>Schweiz</strong>er <strong>Bahn</strong>hof mit drei<br />

Montreux und der Genfer See<br />

Spurweiten: Neben der SBB-Normalspur<br />

und der MOB-Meterspur<br />

beginnt im <strong>Bahn</strong>hof – ziemlich versteckt<br />

auf dem hintersten Gleis –<br />

die besuchenswerte Zahnradbahn<br />

nach Glion – Rochers de Naye mit<br />

einer Spurweite von 800 Millimetern<br />

(Berg- bzw. Talfahrt: rund eine<br />

Stunde).<br />

Richtung Westen eröffnet sich<br />

für den Reisenden von Montreux<br />

aus eine malerische Tour an der<br />

Nordseite des Genfer Sees entlang,<br />

92


<strong>Bahn</strong>reise mit Reisetipps<br />

Die <strong>Schweiz</strong> für Zuhause: Diese Re 460 führt eine Kamera mit, die Führerstandsbilder<br />

gibt’s im Internet unter http://www.traincam.ch<br />

Ungewöhnliche Zielstation: Die <strong>Bahn</strong>strecke Aigle – Leysin endet in<br />

einem Tunnel<br />

Dr. Hans-Bernhard Schönborn, Dr. Dietmar Beckmann (Bild l.)<br />

AUSFLUGSTIPP:<br />

BAUMSCHUL<strong>BAHN</strong><br />

Von Basel erreicht man mit <strong>Bahn</strong><br />

und Bus die Schinznacher Baumschulbahn<br />

(SchBB), die einzige mit<br />

Dampf betriebene Schmalspurbahn<br />

der <strong>Schweiz</strong> mit einer Spurweite von<br />

600 Millimetern. Auf dem Gelände<br />

der Baumschule Zulauf in Schinznach-Dorf<br />

führt die Strecke in einem<br />

etwa drei Kilometer langen Rundkurs<br />

durch das parkartige Gelände. Die<br />

Dampfzüge verkehren vom 13. April<br />

bis 13. Oktober 2013 zwischen 13<br />

und 17 Uhr jeweils samstags und<br />

sonntags.<br />

HBS<br />

Mit Zahnstange und Drehstrom arbeitet die nach der Jungfraubahn zweithöchste Bergbahn Europas, die<br />

Gornergratbahn. Unter zweifacher Fahrleitung bringt sie ihre Gäste ins Skiparadies<br />

Sven Klein<br />

einschließlich reizvoller Anschlussbahnen<br />

in die gebirgigen Regionen.<br />

Erster größerer Halt von Montreux<br />

aus ist Vevey, das man mit<br />

den SBB rasch erreicht (sechs Minuten<br />

Fahrzeit). Dort beginnt die<br />

meterspurige Zahnrad- und Adhäsionsbahn<br />

nach Blonay und<br />

Les Pléjades (Bergfahrt: 36 Minuten,<br />

Talfahrt: 50 Minuten). In Blonay<br />

besteht Anschluss an die einzigartige<br />

Museumsbahn Blonay –<br />

Chamby, die von Anfang Mai bis<br />

Ende Oktober – teilweise mit<br />

Dampfzügen – betrieben wird<br />

(Fahrzeit bis zum Museum über<br />

Chamby: 22 Minuten). Von Chamby<br />

aus besteht mit der MOB eine Rückfahrmöglichkeit<br />

nach Montreux<br />

(Fahrzeit: etwa eine Viertelstunde).<br />

Wer weiter auf der Strecke am<br />

Genfer See reist, kommt nach Lausanne<br />

(Montreux – Lausanne mit IR<br />

oder S-<strong>Bahn</strong>: rund 30 Minuten).<br />

Dort treffen sich nicht nur die<br />

Hauptstrecken aus Olten (Jura-Südfußlinie),<br />

Bern – Fribourg, Genf und<br />

Brig, sondern es beginnt auch die<br />

Meterspurbahn nach Echallens –<br />

Bercher, die mit modernem Rollmaterial<br />

wie eine S-<strong>Bahn</strong> betrieben<br />

wird (Fahrzeit pro Richtung: ca. 40<br />

Minuten). Außerdem gibt es die im<br />

Mai 1991 eröffnete Metrolinie m1<br />

nach Renens, technisch gesehen<br />

eher eine Stadtbahn, sowie die im<br />

September 2008 eröffnete m2, deren<br />

gummibereifte Züge führerlos<br />

verkehren und die Zahnradbahn<br />

Lausanne – Ouchy ersetzen.<br />

Und nochmals zur Strecke am<br />

Genfer See: Es lohnt sich auch, die<br />

„ganze halbe Runde“ von Montreux<br />

über Lausanne bis Genf zu<br />

machen. Zum einen, weil schöne<br />

Ausblicke auf Bergketten und Seen<br />

(und in diesem Teil der <strong>Schweiz</strong> sogar<br />

manchmal Palmen!) warten.<br />

Zum anderen, weil es dort noch<br />

weitere interessante <strong>Bahn</strong>en gibt.<br />

Von Nyon beispielsweise klettert<br />

die meterspurige Chemin de Fer<br />

Nyon – St. Cergue – Morez hinauf<br />

in die Berge zum Wintersportort St.<br />

Cergue und fährt dann weiter nach<br />

La Cure an der schweizerisch-französischen<br />

Grenze. Das im Namen<br />

enthaltene Morez auf französischer<br />

Seite erreicht man heute nur noch<br />

per Autobus, doch auch so bietet<br />

die <strong>Bahn</strong> viel. Besonders spektakulär:<br />

An klaren, schönen Tagen blickt<br />

man vom Zugfenster (bergwärts<br />

linke Seite) hinab auf den weiten<br />

Genfer See und im Hintergrund auf<br />

den Mont Blanc.<br />

Ist das schon eine nicht so bekannte<br />

Sehenswürdigkeit, so wartet<br />

Auf der Simplonstrecke nach Osten<br />

östlich von Montreux ein weiterer Geheimtipp.<br />

Dazu muss man mit den<br />

SBB auf der Simplonstrecke nach Aigle<br />

fahren. Dort findet sich neben<br />

dem SBB-<strong>Bahn</strong>hof ein moderner,<br />

fünfgleisiger Meterspur-<strong>Bahn</strong>hof für<br />

drei Linien: Die Zahnrad- und Adhäsionsbahn<br />

nach Leysin fährt zunächst<br />

wie eine Straßenbahn durch<br />

Aigle, am Stadtrand machen alle<br />

Züge im Depot Kopf, so dass die<br />

Triebwagen den Steuerwagen auf<br />

der Zahnstangenstrecke bergwärts<br />

ziehen. Die Endstation Leysin-Grand<br />

Hôtel liegt teilweise im Tunnel (Fahrzeit:<br />

30 Minuten). Die reine Adhäsionsbahn<br />

nach Le Sépey – Les Diablerets<br />

fährt durch eine beeindruckende<br />

Landschaft. Besonders fotogen ist die<br />

Brücke bei Les Planches am Beginn<br />

der langen Spitzkehre zum Kopfbahnhof<br />

Le Sépey. Die Fahrzeit beträgt<br />

rund 50 Minuten pro Richtung.<br />

Der landschaftlich abwechslungsreichen<br />

Strecke nach Ollon, Monthey<br />

und Champéry steht die Anpassung<br />

des Stromsystems und der Zahnstange<br />

an die anderen Linien sowie<br />

die Beschaffung neuer Fahrzeuge bevor.<br />

Die Fahrzeit Aigle – Champéry<br />

beträgt rund eine Stunde. Bei der<br />

Rückfahrt empfiehlt es sich, nur bis<br />

Monthey-Ville zu fahren, zum SBB-<br />

<strong>Bahn</strong>hof zu laufen, von dort nach St-<br />

Maurice zu fahren und in den Zug<br />

nach Bex umzusteigen (Reisezeit: ca.<br />

eine Stunde). Dort beginnt eine meterspurige<br />

Zahnrad- und Adhäsionsbahn<br />

– teilweise als Straßenbahn –<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

93


<strong>Bahn</strong>land <strong>Schweiz</strong><br />

Eine Re 4/4 II in Swiss-Express-Lackierung ist im November 2011 mit einem IR am Gotthard unterwegs. Der<br />

Panoramawagen an dritter Stelle im Zug bietet famose Ausblicke auf die grandiose Landschaft Florian Martinoff<br />

Wandern an der Rhätischen <strong>Bahn</strong>:<br />

Der Fußweg durch die Zügenschlucht<br />

bietet tolle Ausblicke<br />

auf die <strong>Bahn</strong> Dr. Hans-Bernhard Schönborn<br />

Durch Berg und Tal bringt die Matterhorn-Gotthard-<strong>Bahn</strong> ihre Reisenden. Hier mit einem Zug bei Dieni<br />

nach Villars-sur-Ollon (Fahrzeit pro<br />

Richtung: 40 Minuten) und auf den<br />

Col de Bretaye (Fahrzeit: bergwärts<br />

18, talwärts 20 Minuten) – gleichfalls<br />

eine sehr reizvolle Strecke.<br />

Die Hauptstrecke von Montreux –<br />

Aigle Richtung Sion – Brig – Simplon<br />

ist per se sehenswert (SBB-Bedienung<br />

mit Fern- und Regionalzügen).<br />

Doch macht es Sinn, sie nicht „in einem<br />

Rutsch“ zu befahren, sondern<br />

unterwegs immer wieder zu pausieren<br />

und Abstecher zu abzweigenden<br />

<strong>Bahn</strong>en zu unternehmen. Etwa in<br />

Martigny. Dort beginnt die teilweise<br />

mit einer Zahnstange und einer<br />

Stromschiene ausgestattete Meterspurstrecke<br />

über Le Châtelard (Fahrzeit:<br />

50 Minuten) ins französische<br />

Chamonix am Fuß des Mont Blanc<br />

(Fahrzeit: eineinhalb Stunden). Außerdem<br />

ist Martigny Ausgangspunkt<br />

für die Normalspurstrecken nach<br />

Dr. Hans-Bernhard Schönborn<br />

Orsières (Fahrzeit: 25 Minuten mit<br />

Umsteigen in Sembracher) und La<br />

Châble (Fahrzeit: 26 Minuten).<br />

Zur Fortsetzung der <strong>Schweiz</strong>reise<br />

fährt man von Montreux, Aigle,<br />

Bex oder Martigny aus auf der Simplonstrecke<br />

nach Visp (Fahrzeit<br />

Montreux – Visp: ca. eineinviertel<br />

Stunden). Dort bietet die meterspurige<br />

Matterhorn–Gotthard-<br />

<strong>Bahn</strong> (MGB) Anschluss durch das<br />

Mattertal vorbei am Bergsturz von<br />

Randa nach Zermatt (Fahrzeit: ca.<br />

65 Minuten). Wenn man Fotos von<br />

einem anspruchsvollen, viel befahrenen<br />

Streckenabschnitt machen<br />

möchte, ist eine Wanderung von<br />

Zermatt nach Täsch zu empfehlen<br />

(Dauer ohne Fotohalte: ca. eineinhalb<br />

Stunden). Eine weitere interessante<br />

Strecke ab Zermatt ist die<br />

Gornergratbahn auf den gleichnamigen<br />

Berg; die nach der Jungfraubahn<br />

zweithöchste Bergbahn<br />

Europas fährt mit Zahnradbetrieb<br />

und Drehstrom (Fahrzeit bergwärts:<br />

33 Minuten, talwärts 45 Minuten).<br />

An der Station Riffelalp aus<br />

hat man noch Anschluss zu einer<br />

pittoresken „Straßenbahn“ zum<br />

Hotel Riffelalp.<br />

Von Zermatt nach Chur<br />

Von Zermatt aus empfiehlt sich<br />

die Weiterfahrt mit einem der berühmtesten<br />

Schmalspurzüge, dem<br />

„Glacier Express“, obwohl man<br />

von diesem Zug aus den Rhônegletscher,<br />

der dem Zug den Namen<br />

gab, nicht mehr sehen kann. Prinzipiell<br />

kann man mit dem „langsamsten<br />

Schnellzug der Welt“ bis zum<br />

Zielort St. Moritz fahren; für den<br />

Schnupperkurs ist aber die Fahrt<br />

bis Chur passender, weil es dort<br />

vielfältigere Ausflugs- und preiswertere<br />

Übernachtungsmöglichkeiten<br />

gibt. Wer gerne sein Mittagessen<br />

im einem nostalgischen<br />

Speisewagen einnehmen möchte,<br />

sollte den Glacier Express Zermatt<br />

– Davos wählen. Die Fahrt geht<br />

vom Mattertal ins Rhônetal, danach<br />

dem jungen Rotten entlang nach<br />

Oberwald und durch den Furka-Basistunnel<br />

nach Andermatt. Von dort<br />

führt die Reise mittels Zahnradstange<br />

zum Oberalppass, dem<br />

höchsten Punkte der heutigen<br />

Streckenführung, anschließend am<br />

Vorderrhein entlang nach Disentis<br />

und nach einem Lokwechsel durch<br />

die Ruinaulta nach Chur. Wer doch<br />

die Fortsetzung nach St. Moritz<br />

wählt, nimmt die zum UNESCO-<br />

Welterbe zählende Albula-Strecke<br />

mit. Die Fahrzeit bis Chur beträgt<br />

fünfeinhalb Stunden, bis St. Moritz<br />

sieben und drei Viertel Stunden.<br />

Chur ist Bischofssitz, die älteste<br />

Stadt der <strong>Schweiz</strong> und besitzt eine<br />

sehenswerte Altstadt , die von den<br />

Zügen der Rhätischen <strong>Bahn</strong> (RhB)<br />

nach Arosa wie eine Straßenbahn<br />

durchfahren wird. Von hier aus bieten<br />

sich weitere traumhafte Eisenbahn-Exkursionen<br />

an. Lohnend ist<br />

zum Beispiel eine Fahrt Chur – Pontresina<br />

– Tirano mit dem „Bernina<br />

Express“ (Fahrzeit: rund vier Stunden<br />

für eine Richtung), bei welcher<br />

die beiden UNESCO-Welterbe-Strecken<br />

der RhB befahren werden. Die<br />

Unterschiede zwischen dem Albula-<br />

Tal, den Gebirgsmassiven bei Ospizio<br />

Bernina und dem mediterranen<br />

Tirano auf italienischer Seite sind beeindruckend.<br />

In Tirano ist vor der<br />

94


Zermatt, Chur und Bellinzona<br />

Berge, <strong>Bahn</strong> – Bernina-<strong>Bahn</strong>: Die höchstgelegene Adhäsionsbahn Europas beeindruckt mit Streckenführung, Kunstbauten und Ausblicken auf die<br />

Landschaft. Vor dem Morteratsch-Gletscher schraubt sich ein „Allegra“-Triebzug nach oben<br />

Sven Klein<br />

Rückfahrt Zeit, um vor der Wallfahrtskirche<br />

Sta. Maria die RhB-Züge<br />

als Straßenbahn zu fotografieren.<br />

Neben den Zugfahrten bietet gerade<br />

auch das Netz der RhB Möglichkeiten,<br />

entlang der Strecke zu wandern.<br />

An der Albulabahn (Thusis –<br />

Filisur – Samedan – St. Moritz) ist vom<br />

<strong>Bahn</strong>hof Filisur aus ein etwa 20-minütiger<br />

Fußweg zu einem schönen<br />

Aussichtspunkt ausgeschildert; von<br />

dort lässt sich der berühmte Landwasser-Viadukt<br />

aus der Vogelperspektive<br />

faszinierend fotografieren.<br />

Der acht Kilometer lange, bahnhistorische<br />

Lehrpfad am Albula von Preda<br />

nach Bergün ist der Klassiker unter<br />

den <strong>Bahn</strong>wanderwegen schlechthin:<br />

Von Preda aus schlängelt sich der<br />

Weg durch die wildromantische<br />

Landschaft des oberen Albulatals<br />

und führt – einmal hoch über dem<br />

Flüsschen Albula, einmal direkt neben<br />

ihm – an faszinierenden Kunstbauten<br />

der RhB vorbei nach Bergün.<br />

Immer wieder erläutern Schautafeln<br />

den Bau und den Streckenverlauf der<br />

achterbahnartigen <strong>Bahn</strong>linie. Der<br />

Zeitaufwand beträgt etwa zwei Stunden<br />

(ohne Pausen und Fotohalte). In<br />

Bergün wartet noch das neu eröffnete<br />

Albula-Museum.<br />

Auch an der Bernina-Strecke bietet<br />

eine Wanderung interessante<br />

Ausblicke. Zum Beispiel der Fußmarsch<br />

von Bernina Diavolezza nach<br />

Poschiavo, der sich auch noch portionieren<br />

lässt: Diavolezza – Ospizio<br />

Bernina, Ospizio Bernina – Alp Grüm,<br />

Alp Grüm – Cavaglia, Cavaglia – Poschiavo.<br />

Verpflegung erhält man in<br />

Ospizio Bernina und Alp Grüm.<br />

Von Chur aus lässt sich zudem<br />

noch eine interessante Foto-Rundfahrt<br />

unternehmen: Chur – Filisur –<br />

Wiesen – Davos. Es lohnt sich, in<br />

Monstein auszusteigen und nach<br />

Davos Dorf zu laufen, denn man hat<br />

die <strong>Bahn</strong>strecke (fast) immer im<br />

Blickfeld und mit dem Flüsschen sowie<br />

der Stadt ergeben sich interessante<br />

Fotomotive. Von Davos geht es<br />

mit der <strong>Bahn</strong> weiter, wobei in Klosters<br />

ein Abstecher mit dem Postauto<br />

zum Autoverlad Selfranga möglich<br />

ist. Anschließend fährt man von<br />

Klosters über Landquart nach Chur.<br />

Diese Foto-Wander-Fahrt nimmt einen<br />

Tag in Anspruch. Wer noch etwas<br />

mehr Zeit einplanen kann, hat<br />

die Möglichkeit, in Wiesen vom<br />

<strong>Bahn</strong>hof aus über den Wiesener Viadukt<br />

zu gehen und nach der Hippschen<br />

Wendescheibe nach links in<br />

den Wald abzubiegen. Dort gelangt<br />

man zu einem Fotopunkt, von dem<br />

aus der ganze Viadukt zu sehen ist.<br />

Und schließlich kann man neben<br />

planmäßigen Zugfahrten bei der<br />

RhB Dampfsonderzüge erleben. Der<br />

WINTERTIPP: SCHLITTELFAHRTEN PREDA – BERGÜN<br />

Der Winter 2012/2013 ist zwar so<br />

gut wie vorbei, aber wer seine<br />

<strong>Schweiz</strong>reise für die nächsten schneereichen<br />

Monate plant, kann Wintergaudi<br />

und <strong>Bahn</strong>fahren bei der<br />

Rhätischen <strong>Bahn</strong> kombinieren. Im<br />

Winter wird die Albula-Passstraße zwischen<br />

Preda und Bergün für Autos gesperrt<br />

und dient als sechs Kilometer<br />

Verein Dampffreunde RhB ist in<br />

der Hinsicht aktiv und organisiert interessante<br />

Veranstaltungen.<br />

Von Chur nach Bellinzona<br />

lange Rodelbahn. Zurück nach oben<br />

kommen die Schlittenfahrer samt<br />

Schlitten jeweils mit speziellen „Schlittelzügen“<br />

der RhB, die im Halbstundentakt<br />

verkehren. Ein Extrazug der<br />

RhB stellt samstags und sonntags die<br />

Verbindung von Chur nach Preda (hin)<br />

bzw. Bergün (zurück) her. Im Dezember<br />

2013 geht’s wieder los. B. Uesi<br />

Nachdem es bislang fast durchweg<br />

Reisetipps für die Schiene gab,<br />

muss der Schnupperkurs für die<br />

nächste Etappe vorübergehend auf<br />

die Straße ausweichen. Das Postauto<br />

von Chur nach Bellinzona ist<br />

einfach die beste Möglichkeit für<br />

den „Standortwechsel“ (Fahrzeit:<br />

zwei Stunden und 20 Minuten).<br />

Bellinzona steht als weiteres Beispiel<br />

dafür, dass die <strong>Schweiz</strong> „vier<br />

Länder in einem“ vereinigt. Nach<br />

der Deutschschweiz, der Französischen<br />

<strong>Schweiz</strong> und Graubünden<br />

hat der Reisende nun die Italienische<br />

<strong>Schweiz</strong> erreicht, und Bellinzona<br />

mit seinem Kastell gibt davon<br />

einen ersten Eindruck. Eisenbahnmäßig<br />

ist Bellinzona ein guter Ausgangspunkt,<br />

zuallererst für die<br />

weltberühmte Gotthard-<strong>Bahn</strong>.<br />

Die faszinierende Südrampe mit ihren<br />

Schleifen und Rampen bis hinauf<br />

nach Airolo, die Fahrt durch<br />

den Gotthard-Tunnel nach Göschenen<br />

und der Abstieg auf der Nordrampe<br />

mit dem Höhepunkt, der<br />

dreimaligen Begegnung mit der<br />

Kirche von Wassen, gehören zu den<br />

besten Eisenbahnattraktionen der<br />

<strong>Schweiz</strong>. Umso mehr, da sie noch<br />

den vollen <strong>Bahn</strong>betrieb bieten –<br />

der Basistunnel ist ja erst im Bau.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

95


<strong>Bahn</strong>land <strong>Schweiz</strong><br />

Einige Steigungen müssen die Triebwagen der Rorschach-Heiden-<strong>Bahn</strong> überwinden. Die mit Zahnstange<br />

ausgestattete Verbindung ist die einzige Normalspurstrecke der Appenzeller <strong>Bahn</strong>en<br />

Sven Klein<br />

STICHWORT: SBB HISTORIC<br />

Zur Erhaltung und Dokumen -<br />

tation historischer Eisenbahn<br />

gründeten die SBB im Jahr 2001<br />

die SBB Historic. Neben einer<br />

Bibliothek und Sammlungen von<br />

Eisenbahn-Exponaten betreut SBB<br />

Historic auch Eisenbahn-Fahrzeuge,<br />

von denen sie einige für Sonderfahrten<br />

nutzt.<br />

Mehr unter: www.sbbhistoric.ch<br />

B. Uesi<br />

<strong>Schweiz</strong>erisch-französisches Fernzugtreffen in Zürich HB mit SBB-Ellok<br />

Re 4/4 II (l.) und TGV; der „Silberne“ fährt bis Paris<br />

Sven Klein<br />

Wer sich Zeit nehmen kann, sollte<br />

nicht auf die Wandermöglichkeiten<br />

am Gotthard verzichten. Die gibt es<br />

für die Südrampe wie für die Nordrampe.<br />

Auf der Südseite führen verschiedene<br />

Wanderwege durch die Leventina<br />

von Airolo hinab bis Biasca.<br />

An zwei Stellen – der Piottino-<br />

Schlucht und der Biaschina – wurden<br />

im Jahre 2007 diese Wanderwege mit<br />

Informationstafeln zur Gotthardbahn<br />

ergänzt. Der Weg führt vom Dazio<br />

Grande, einem wuchtigen, alten Zollhaus,<br />

durch die Piottino-Schlucht.<br />

Durch diese enge, eindrucksvolle<br />

Schlucht mit den beidseits hohen<br />

Felswänden zwängen sich der Wanderweg<br />

(ein Jahrhunderte alter<br />

Lugano, Chiasso, Locarno<br />

Saumweg und eine ehemalige Fahrstraße),<br />

die heutige Kantonsstraße,<br />

die Autobahn und die Gotthardbahn.<br />

Um die Höhendifferenz zu überwinden,<br />

mussten hier vor über 125 Jahren<br />

ein Kehrtunnel und an den steilen<br />

Felswänden irgendwie ein Trassee gebaut<br />

werden. Nach der Piottino-<br />

Schlucht überquert der Wanderweg<br />

auf einer Brücke die Gotthardbahn.<br />

Hier war ursprünglich ein <strong>Bahn</strong>übergang<br />

mit Schranke. Der Wanderweg<br />

führt danach auf der linken Talseite<br />

entlang nach Faido. Immer wieder lassen<br />

sich die auf der gegenüberliegenden<br />

Talseite berg- und talwärts<br />

fahrenden Personen- und Güterzüge<br />

beobachten. Die Wanderung dauert<br />

fünfeinhalb Stunden.<br />

An der Gotthard-Nordrampe wurde<br />

der <strong>Bahn</strong>wanderweg im Juni 2007<br />

eröffnet. Er führt von Göschenen via<br />

Wassen, Gurtnellen, Amsteg und Silenen<br />

nach Erstfeld. An verschiedenen<br />

Stellen informieren Tafeln über den<br />

Bau der Gotthardbahn oder über die<br />

alten Verkehrswege in Uri. Die reine<br />

Wanderzeit (ohne Pausen und Fotohalte)<br />

für den ganzen Weg beträgt zirka<br />

siebeneinhalb Stunden. Da zwischen<br />

Göschenen und Erstfeld Busse<br />

verkehren, kann die Wanderung an<br />

mehreren Stellen abgekürzt werden.<br />

Neben dem Ausflug nach Norden<br />

zur Gotthard-<strong>Bahn</strong> bieten sich von<br />

Bellinzona aus noch weitere Touren<br />

an. Da gibt es die Fahrt auf der Hauptstrecke<br />

Richtung Süden nach Lugano<br />

(wo der Zug den Luganer See umrundet<br />

und in der hübschen Stadt<br />

selbst die meterspurige Ferrovia Lugano-Ponte<br />

Tresa verkehrt) bzw.<br />

zum Grenzbahnhof Chiasso. Westwärts<br />

führt die <strong>Bahn</strong> zum Lago Maggiore,<br />

unter anderem nach Locarno.<br />

Dort ist der Ausgangspunkt der Centovalli-<strong>Bahn</strong><br />

(FART), die auf Meterspur<br />

und mit grandiosen Kunstbauten<br />

den Weg in die Berge einschlägt.<br />

Auf 51 Kilometern Strecke verbindet<br />

sie Locarno mit dem italienischen Domodossola<br />

und ist so nebenbei die<br />

kürzeste Schienenverbindung zwischen<br />

der Gotthard-Strecke und der<br />

Simplon-Route. Die Reisezeit Bellin zona<br />

– Locarno – Domodossola beträgt<br />

zwei drei Viertel Stunden in eine Richtung;<br />

sinnvoller (und gemütlicher) ist<br />

es, sich für den Besuch einen ganzen<br />

Tag zu gönnen.<br />

Zurück in den <strong>Schweiz</strong>er Norden<br />

Von Locarno aus fahren direkte IR<br />

über die Gotthard-Strecke nach Norden,<br />

wo weitere Ziele warten. Nach<br />

der grandiosen Gotthard-Passage erreicht<br />

man recht bald Arth-Goldau.<br />

Dort gibt es die Möglichkeit, mit der<br />

Arth-Rigi-<strong>Bahn</strong>, einer normalspurigen<br />

Zahnradbahn, auf die Rigi zu fahren.<br />

Oben auf dem Berg gibt es dann<br />

die Möglichkeit, mit der Vitznau-Rigi-<br />

<strong>Bahn</strong> talwärts zu gelangen – diese<br />

ebenfalls normalspurige Zahnradbahn<br />

war einst die erste Bergbahn<br />

Europas. Von der Talstation Vitznau<br />

kommt man mit dem Bus zum <strong>Bahn</strong>hof<br />

Küssnacht an der Strecke Luzern<br />

– Arth-Goldau. Alternativ besteht die<br />

Option, mit dem Schiff über den Vierwaldstätter<br />

See nach Luzern zu fahren.<br />

Die Stadt und ihr <strong>Bahn</strong>hof lohnen<br />

den Besuch allemal, gibt es doch in<br />

der dortigen Station neben den normalspurigen<br />

SBB-Zügen noch die Meterspurzüge<br />

der Zentralbahn; diese<br />

fahren auf der Brünig-<strong>Bahn</strong> von Luzern<br />

über Meiringen nach Interlaken<br />

Ost. Wer möchte, kann sich also hier<br />

wieder südwärts aufmachen (und von<br />

Interlaken westwärts über Spiez und<br />

Thun Bern er reichen). Luzern hat aber<br />

96


<strong>Bahn</strong>reise mit Reisetipps<br />

<strong>Faszination</strong><br />

Nahverkehr<br />

noch eine weitere Attraktion: das Verkehrshaus<br />

der <strong>Schweiz</strong>. Das Museum<br />

ist eine Fundgrube für Technik-Interessierte<br />

und eine wertvolle Alternative<br />

für Schlechtwettertage.<br />

Von Luzern aus hat man außerdem<br />

die Möglichkeit, über Olten nach<br />

Basel zu fahren – zum Ausgangspunkt<br />

der Schnuppertour – oder noch einen<br />

Ausflug nach Norden und Nordosten<br />

anzuhängen. Über Zug geht die Reise<br />

an den Zürichsee und weiter in die<br />

größte Stadt der <strong>Schweiz</strong>. Der <strong>Bahn</strong>hof<br />

Zürich HB ist ein internationales<br />

Drehkreuz, von dem unter anderem<br />

Züge nach Deutschland und Österreich<br />

fahren. Im <strong>Schweiz</strong>er Eisenbahnverkehr<br />

fahren hier IC-, IR- und<br />

Regionalzüge, außerdem gibt es das<br />

ausgedehnte Netz der Züricher<br />

ostschweiz folgen, die oft ein wenig<br />

im Schatten anderer Regionen steht.<br />

Dabei bietet beispielsweise auch die<br />

Südostbahn interessanten Betrieb.<br />

Reizvoll ist etwa die Fahrt von Arth-<br />

Goldau über Pfäffikon, weiter über<br />

den Seedamm nach Rapperswil und<br />

von dort nach St. Gallen (wer möchte,<br />

kann auch von Zürich nach St. Gallen<br />

fahren und mit der Südostbahn südwärts<br />

nach Arth-Goldau). Von St. Gallen<br />

aus gibt es die Möglichkeit, den<br />

Bodensee zu besuchen – oder mit<br />

den Appenzeller <strong>Bahn</strong>en zu fahren.<br />

Sie betreiben vor allem Meterspurstrecken<br />

(darunter St. Gallen – Gais –<br />

Appenzell, mit Zahnradabschnitt) sowie<br />

eine 1.200-Millimeter-Strecke<br />

(Rheineck – Walzenhausen, mit Zahnradabschnitt)<br />

und eine Normalspur-<br />

Wer von Arth-<br />

Goldau auf die<br />

Rigi möchte,<br />

findet in der<br />

Arth-Rigi-<strong>Bahn</strong><br />

ein geeignetes<br />

Verkehrsmittel.<br />

Im April 2011<br />

verlässt ein<br />

Zug der <strong>Bahn</strong><br />

die Station Rigi<br />

Staffel. Im Hintergrund<br />

sind<br />

der Vierwaldstätter<br />

See und<br />

der Pilatus zu<br />

sehen Sven Klein<br />

Jeden<br />

Monat neu<br />

am Kiosk!<br />

... und ein Abstecher in den Nordosten<br />

S-<strong>Bahn</strong> sowie die Nahverkehrszüge<br />

der Sihltal-Zürich-Uetliberg-<strong>Bahn</strong>.<br />

Auch Sonderfahrten hat Zürich HB zu<br />

bieten: Die Zürcher Museumsbahn<br />

fährt von hier nach Wiedikon und<br />

Sihlbrugg, wobei unter anderem der<br />

„Schnaagi-Schaagi“ zum Einsatz<br />

kommt, eine Dampflok des Typs E 3/3.<br />

Zum Schluss der Schnuppertour<br />

sollen noch zwei <strong>Bahn</strong>en in der Nord-<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 3/2013<br />

strecke (Rorschach – Heiden, mit<br />

Zahnradabschnitt). Es gäbe noch<br />

mehr helvetische Strecken und <strong>Bahn</strong>en,<br />

die den Besuch lohnen. Doch als<br />

Schnupperkurs in Sachen <strong>Bahn</strong>-<strong>Faszination</strong><br />

mag dies ein Anfang sein – von<br />

dem Sie Teile nehmen können, das<br />

ganze Programm oder das Ganze mit<br />

Fortsetzungen dazu. Viel Vergnügen!<br />

DR. HANS-BERNHARD SCHÖNBORN/MHZ<br />

Jeden Monat neu am Kiosk oder unter:<br />

www.strassenbahn-magazin.de<br />

97


<strong>Vorschau</strong> – Leserservice – Impressum<br />

Seien Sie gespannt auf das nächste Heft: <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 4/2013<br />

Impressum<br />

3/2013 l Mai/Juni<br />

24. Jahrgang l Nummer 124<br />

ICE – der moderne DB-Zug<br />

Der Schnellste, das Rückgrat, das Sorgenkind: Im Jahr 1991 läutete die Bundesbahn mit dem InterCityExpress das<br />

Hochgeschwindigkeitszeitalter ein. Heute stehen bei der Deutschen <strong>Bahn</strong> AG mehrere Generationen des Triebzugs in<br />

Dienst, aus dem modernen Fernverkehr ist er nicht mehr wegzudenken. Aber immer wieder offenbarte das Rückgrat des<br />

DB-Reiseangebots unerwartete Schwächen, zuletzt mit dem 407, auf den die DB nach wie vor wartet. <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong><br />

dokumentiert die Entwicklung von ICE-Fahrzeugen und -Liniennetz, beleuchtet die Hintergründe, zeigt die Fortschritte,<br />

Schwierigkeiten und aktuellen Perspektiven. Mit fundierten Berichten, verblüffenden Fakten und brillanten Bildern!<br />

Verpassen Sie keine Ausgabe mehr!<br />

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mehr im Internet unter www.bahnextra.de<br />

Aufnahme: Johnny Loschert<br />

Internet: www.eisenbahnwelt.de<br />

Redaktionsanschrift:<br />

<strong>BAHN</strong>-<strong>EXTRA</strong><br />

Postfach 40 02 09 80702 München<br />

l<br />

Tel. +49 (0) 89.13.06.99.720, Fax - 700<br />

E-Mail: redaktion@geramond.de<br />

Redaktionsleitung: Michael Krische<br />

Verantwortl. Redakteur: Thomas Hanna-Daoud<br />

Redaktion: Martin Weltner, Alexandra Wurl<br />

Redaktionsassistenz: Brigitte Stuiber<br />

Layout: Karin Vierheller, Rico Oehme<br />

Mitarbeit: Dr. Dietmar Beckmann, Michael<br />

Blum/BLS, Tibert Keller, Sven Klein, Florian Martinoff,<br />

Armin Schmutz, Dr. Hans-Bernhard Schönborn,<br />

Doreen Wolff, Thomas Wunschel u.v.m.<br />

Abo-Hotline, Kundenservice,<br />

GeraMond-Programm<br />

Tel. (0180) 5 32 16 17*<br />

Fax (0180) 5 32 16 20*<br />

E-Mail: leserservice@bahnextra.de<br />

(*14 Cent pro Minute)<br />

Gesamtanzeigenleitung:<br />

Helmut Kramer, Tel. +49 (0) 89.13.06.99.270,<br />

helmut.kramer@verlagshaus.de<br />

Anzeigenleitung <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong>:<br />

Helmut Gassner, Tel. +49 (0) 89.13.06.99.520,<br />

Fax - 100; helmut.gassner@verlagshaus.de<br />

www.verlagshaus-media.de<br />

Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 23 vom 1.1.2013<br />

Litho: Cromika, Verona<br />

Druck: Stürtz, Würzburg<br />

Verlag:<br />

GeraMond Verlag GmbH<br />

Infanteriestraße 11a, 80797 München<br />

Geschäftsführung:<br />

Clemens Hahn, Carsten Leininger<br />

Herstellungsleitung: Sandra Kho<br />

Vertrieb Zeitschriften: Dr. Regine Hahn<br />

Vertrieb/Auslieferung Handel:<br />

MZV, Moderner Zeitschriften Vertrieb<br />

GmbH & Co. KG, Unterschleißheim<br />

Zuletzt erschienen:<br />

* z.B. DVD „Die Geschichte der Eisenbahn“<br />

Im selben Verlag erscheinen außerdem:<br />

5|2012 – September/Oktober • € 12,50 CH: sFr 24,80 • A: € 14,20 • B/NL/L: € 14,60<br />

Ostfront<br />

Vormarsch und Katastrophe<br />

Kriegsloks<br />

Mit Dampf, Diesel und Strom<br />

<strong>BAHN</strong>-<strong>EXTRA</strong> 5/2012 Eisenbahn im Zweiten Weltkrieg<br />

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Geschütze und Panzerzüge<br />

Luftkrieg<br />

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Eisenbahn im<br />

Zweiten Weltkrieg<br />

Reichsbahn<br />

und Wehrmacht<br />

1939–1945<br />

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<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 5/2012 – Eisenbahn im Zweiten Weltkrieg<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2012 – Die letzten Jahre der DR<br />

Lieber Leser,<br />

Sie haben Freunde, die sich ebenso für die Eisenbahn mit all Ihren Facetten begeistern<br />

wie Sie? Dann empfehlen Sie uns doch weiter! Ich freue mich über jeden neuen Leser.<br />

Ihr<br />

Sie haben ein Heft verpasst?<br />

Kein Problem! Bestellen Sie die<br />

nicht mehr am Kiosk erhältlichen<br />

Ausgaben telefonisch über unseren<br />

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Tel. (0180) 5 32 16 17* oder<br />

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l<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 1/2013 – <strong>Bahn</strong>-Jahrbuch 2013<br />

l<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 2/2013 – Berliner S-<strong>Bahn</strong><br />

Preise: Einzelheft Euro 12,50 (D) (bei Einzelversand<br />

zzgl. Versandkosten); Jahresabopreis<br />

(6 Hefte) Euro 67,50 (inkl. Mehrwert steuer,<br />

im Ausland zzgl. Versandkosten)<br />

ISSN 0937-7174 l ISBN 978-3-86245-190-6<br />

Zeitungskennzahl 12126<br />

Erscheinen und Bezug:<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> erscheint alle zwei Monate je weils Mitte/<br />

Ende eines geraden Monats. Sie erhalten <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> in<br />

Deutschland, in Öster reich und in der <strong>Schweiz</strong> im <strong>Bahn</strong> -<br />

hofs buch handel, an gut sortierten Zeitschriften kiosken,<br />

im Fachhandel sowie direkt beim Verlag.<br />

© by GeraMond Verlag München. Die Zeitschrift und alle<br />

in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheber<br />

rechtlich geschützt. Durch Annahme eines Ma nu skripts<br />

erwirbt der Ver lag das aus schließ liche Recht zur Veröffentlichung.<br />

Für unverlangt eingesandte Fotos und Manuskripte<br />

wird keine Haftung übernommen. Gerichtsstand<br />

ist München.<br />

Verantwortlich für den redak tionellen Inhalt: Thomas Hanna-<br />

Daoud; verantwortlich für die Anzeigen: Helmut Kramer;<br />

beide Infanteriestraße 11a, 80797 München.<br />

Verantwortlicher Redakteur <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong><br />

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Schlachten, Technik,<br />

Feldherren<br />

Das neue Heft ist da.<br />

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Vor 100 Jahren, im Juni 1913, wurde die Lötschbergbahn feierlich eröffnet –<br />

die zweite wichtige Alpentransversale der <strong>Schweiz</strong> war vollendet, der Aufstieg<br />

der Bern-Lötschberg-Simplon-<strong>Bahn</strong> begann. Grund genug, der Eisenbahn in der<br />

<strong>Schweiz</strong> ein <strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> zu widmen. Und nicht der einzige: Die Vielfalt der<br />

<strong>Bahn</strong>gesellschaften ist überwältigend, das <strong>Bahn</strong>netz von beeindruckender Dichte,<br />

der Lokomotivbau des Landes voller wegweisender Neuerungen und zuguterletzt<br />

bietet die <strong>Schweiz</strong> eine Fülle von Strecken in grandioser Landschaft.<br />

Dieses Heft lädt Sie ein zu einer Reise quer durch Helvetien. Mit zahlreichen<br />

Fakten, hervorragenden Aufnahmen, Reisetipps von Kennern und mit einer<br />

DVD – 120 Minuten <strong>Schweiz</strong>er Eisenbahnen in bewegten Bildern!<br />

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ISBN 978-3-86245-190-6

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