sensomotorische Entwicklungen fördern
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Kapitel 1<br />
Der situationsorientierte Ansatz hat zum Ziel, eine stärkere Beziehung der Lernprozesse zur Lebenswirklichkeit<br />
der Kinder herzustellen und sie darin zu unterstützen, in möglichst selbstbestimmter und kompetenter<br />
Weise zu handeln. Das Erlernen von Fähigkeiten und Fertigkeiten erfolgt nicht isoliert und unabhängig<br />
vom situativen Zusammenhang, in dem diese Fähigkeiten tatsächlich gebraucht werden. Die<br />
Funktionsförderung erfolgt auch nicht in Form von Trainingsprogrammen, sondern in Spielsituationen, die<br />
den kindlichen Bedürfnissen und Interessen entsprechen. Besondere Berücksichtigung findet die Mitbestimmung,<br />
die in disziplin- und funktionsorientierten Curriculumsansätzen vernachlässigt wird: Kindern<br />
wird ein weitgehend selbstbestimmtes Handeln zugestanden und die selbständige Bewältigung von Situationen<br />
ermöglicht (Zimmer 1996a, S. 141).<br />
Wenn sich Kinder herausfordern lassen, geben sie unweigerlich eigene Impulse, sie entdecken eigene<br />
Varianten, bringen Ideen ein und konstruieren Sinnzusammenhänge. Antrieb und Orientierungspunkt<br />
der situationsorientierten Bewegungsförderung ist also wie im freien Spiel die Entdeckungs-,<br />
Spiel- und Bewegungslust der Kinder. Gelenkte und freie Bewegungs- und Spielsituationen<br />
sind dabei nicht immer deutlich voneinander zu trennen, sie gehen teilweise ineinander über.<br />
Es gilt also erstens, das aktuelle Spiel der Kinder für die eigenen Ziele zu nutzen, und zweitens,<br />
mit den eigenen Impulsen den Spiel- und Entdeckungstrieb sowie die Vorstellungswelt der Kinder<br />
anzusprechen.<br />
Eine solche partielle Lenkung kann zum Beispiel gelingen, wenn Sie sich am Spiel der Kinder direkt<br />
beteiligen und so unmittelbar mitbekommen, welche Impulse und Anregungen auf einen<br />
fruchtbaren Boden fallen könnten. Ein geeigneter Impuls ist es zum Beispiel, bekannte Gegenstände<br />
in bisher unbekannter Weise einzusetzen oder zu kombinieren. Vielleicht kennen Ihre Schülerinnen<br />
und Schüler die Langbank und haben damit bereits verschiedene Spielmöglichkeiten erprobt.<br />
Nun hängen Sie die Langbank an der Sprossenwand ein. Das erweitert die Spielmöglichkeiten<br />
ungemein; die Kinder fühlen sich zu neuen Entdeckungen herausgefordert. Oder stellen Sie<br />
sich zum Beispiel vor, die Kinder sind mit verschiedenen Gegenständen und Materialien am Spielen,<br />
unter anderem einem Strick und einem Ballon. Sie befestigen jetzt den Strick am Ballon. Dieser<br />
«neue» Gegenstand hat auch neue Eigenschaften, die entdeckt werden wollen.<br />
Oder vielleicht erkennen die Kinder in der Kombination «Strick – Ballon» eine Schlange, die zu<br />
neuen Spielimpulsen anregt. Kinder verleihen Gegenständen und Tätigkeiten oft eine Bedeutung.<br />
Geschichten und Rollenspiele sind deshalb sehr dankbare Instrumente der Bewegungsförderung.<br />
Sie können das Spiel auslösen, anregen, begleiten oder verändern. Ein weiteres Beispiel mag dies<br />
veranschaulichen:<br />
Zu Beginn wurde ein bei den Kindern immer wieder auftauchendes Thema aufgegriffen: Autofahren. Jedes<br />
Kind suchte sich aus, welches Fahrzeug es sein wollte. Die «Fahrzeuge» fuhren zunächst einmal mit<br />
viel Lärm und Getöse durch den Raum, sie knatterten und brummten, parkten, fuhren rückwärts und beschleunigten<br />
ihre Fahrt.<br />
1. Impuls: Nach einiger Zeit des freien Spiels ohne Material legte die Erzieherin Heulrohre aus. Ein Ende<br />
der Rohre war jeweils eingeschnitten, so dass sei zusammengesteckt werden konnten und in ihrer runden<br />
Form von den Kindern schnell als Lenkrad gedeutet wurden. Ein Junge liess das Rohr in der Luft kreisen,<br />
so dass es einen heulenden Ton produzierte; er spielte ab jetzt ein Feuerwehrauto.<br />
2. Impuls: Die Erzieherin unterbrach das Spiel der Kinder kurz und erklärte, auf den Strassen gäbe es<br />
auch eine Ampel. Sie besprach die Bedeutung der Farben Rot, Gelb und Grün im Strassenverkehr und<br />
bezog dann drei Tücher in den entsprechenden Farben in das Spiel ein. Beim Hochhalten des grünen Tuches<br />
fahren alle Autos durch den Raum, bei Gelb verringern sie ihr Tempo, und bei Rot bleiben sie stehen.<br />
3. Impuls: Nach ca. 15 Minuten unterbrach die Erzieherin das Spiel mit dem Hinweis: «Langsam wird es<br />
Abend, und die Autos fahren nach Hause. Dort wartet eine Garage auf sie (an alle Kinder wurde eine<br />
Teppichfliese ausgegeben), in der sie die Nacht verbringen. Legt euch auf die Teppichfliese und stellt<br />
euch vor, ihr wäret ein ganz müdes Auto, das den ganzen Tag fahren musste und nun froh ist, in seiner<br />
warmen Garage zu sein. Eure Arme und Beine sind die Räder, sie fühlen sich ganz matt an und freuen<br />
sich, dass sie nun ausruhen können. Schliesst die Augen und stellt euch vor, was das Auto in seiner<br />
warmen Garage alles träumt.» Diese Entspannungsphase wurde von fast allen Kindern bereitwillig aufgegriffen<br />
und über ca. 4 bis 5 Minuten eingehalten (Zimmer 1996b, S. 173f.).<br />
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