(Nicht)Flexion des Substantiv(s) - KOBRA
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V. Ágel, (<strong>Nicht</strong>)<strong>Flexion</strong> <strong>des</strong> <strong>Substantiv</strong>(s) 289<br />
Deutsch flektierbaren prädikativen Adjektiv keine Infinitivierung dar<br />
(zum Unterschied zwischen Infinitheit und Unflektiertheit s. auch Abschnitt<br />
7).<br />
Begrifflich präzisieren möchte ich die Analogie zwischen Verb und <strong>Substantiv</strong>:<br />
1. Finite Verbformen werden auch hinsichtlich der in der Bybee-Hierarchie<br />
verbfernsten Kategorisierungen Modus, Person und Numerus markiert‚<br />
sie sind ‚begrenzt‘ (lat. finitus ‚begrenzt‘). Hingegen sind infinite Verbformen<br />
‚unbegrenzt‘, sie werden also hinsichtlich dieser Kategorisierungen<br />
nicht gekennzeichnet (zur Hierarchie verbaler Kategorisierungen s. Thieroff<br />
1997).<br />
2. Die analogische Übertragung auf das <strong>Substantiv</strong> bedeutet Folgen<strong>des</strong>: Finite<br />
<strong>Substantiv</strong>formen werden auch hinsichtlich der substantivfernsten Kategorisierung<br />
Kasus markiert. Hingegen sind infinite <strong>Substantiv</strong>formen<br />
‚unbegrenzt‘, da sie hinsichtlich dieser Kategorisierung nicht gekennzeichnet<br />
werden. Als ein Ergebnis der Weiterentwicklung <strong>des</strong> Konzepts<br />
<strong>des</strong> finiten <strong>Substantiv</strong>s soll in Abschnitt 5 eine Hierarchie nominaler Kategorisierungen<br />
vorgeschlagen werden.<br />
Nach diesen Präliminarien soll die Kernthese <strong>des</strong> Beitrags noch einmal in aller<br />
Deutlichkeit formuliert werden:<br />
Die gegenwartsdeutsche <strong>Substantiv</strong>flexion ist im Singular periphrastisch, im Plural<br />
synthetisch.<br />
Bevor mit der Entfaltung der Kernthese begonnen wird, möchte ich noch<br />
auf diejenigen Theoriebausteine eingehen, die über das Konzept <strong>des</strong> finiten<br />
<strong>Substantiv</strong>s hinaus wichtig sind, um die nachfolgende Argumentation zu<br />
verstehen. Es handelt sich einerseits um das Konzept der sprachhistorischen<br />
Adäquatheit, der „Viabilität“ (Ágel 2001), andererseits um einen neuen Genusansatz<br />
(Ágel 2005).<br />
Die Vorstellung dieser Theoriebausteine ist aus unterschiedlichen Gründen<br />
notwendig. Da die germanistische Linguistik gewöhnlich in Gegenwartslinguistik<br />
und Sprachgeschichtsforschung zerfällt, sind die Gegenwartsgrammatiker<br />
in der Regel rein synchronen Methoden verpflichtet. 3<br />
Obwohl sich das Viabilitätskonzept in erster Linie an Gegenwartsgrammatiker<br />
richtet, wird es daher, scheinbar paradox, vorzugsweise von Sprachhistorikern<br />
rezipiert.<br />
Der Genusansatz muss vorgestellt werden, weil er (a) neu ist und (b) nur<br />
in einem Exemplar veröffentlicht (!?) wurde: in der „Virtuelle(n) Festschrift<br />
für Peter Eisenberg“. Beim Genusansatz besteht das zusätzliche Problem,<br />
_____________<br />
3 Dies ist eine Feststellung, keine Kritik.<br />
Bereitgestellt von | Universitaetsbibliothek Kassel<br />
Angemeldet | 141.51.38.5<br />
Heruntergeladen am | 22.10.13 12:33