Cristian Lanza - DIABOLO / Mox
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<strong>DIABOLO</strong> WOCHENZEITUNG | Ausgabe 50/13 KINO 9<br />
Der Hobbit -<br />
Smaugs Einöde<br />
TEXT | Martin Schwickert<br />
Etwas mehr als dreihundert Seiten umfasst<br />
Tolkiens Kinderroman „Der kleine Hobbit“<br />
und wahrscheinlich würde kein Filmemacher<br />
außer Peter Jackson auf die Idee kommen,<br />
aus einer solchen Vorlage einen<br />
neunstündigen Kino-Dreiteiler zaubern zu<br />
wollen.<br />
Im letzten Jahr spielte der erste Teil „Der<br />
Hobbit – Eine unerwartete Reise“ weltweit<br />
unglaubliche eine Milliarde Dollar<br />
ein, rief aber auch Kritiker auf den Plan,<br />
denen das narrative Streckungsverfahren<br />
aufstieß, mit dem Jackson die schmale<br />
Vorlage ins epische Kinoformat breit<br />
bügelte. Dies versucht Jackson nun im<br />
zweiten Teil mit einem forcierten Erzähltempo<br />
wieder wett zu machen. Zwar hat<br />
die Reise des Hobbits und seiner kleinwüchsigen<br />
Gefährten auch hier eine eher<br />
episodenhafte Struktur, aber die Gefahrensituationen,<br />
an denen der unbedarfte<br />
Bilbo Beutlin (Martin Freeman) zum Helden<br />
reift, folgen hier Schlag auf Schlag.<br />
Selbst im tosenden Hi-Tech-Spektakel,<br />
das im Finale des letzten Teils mit enormer<br />
Bildgewalt entfacht wird, bleibt die<br />
Warmherzigkeit der sympathischen Identifikationsfigur<br />
sichtbar, die ein notwendiges<br />
Gegengewicht zu den überbordenden<br />
Actionsequenzen bildet.<br />
TEXT | Martin Schwickert<br />
Der Hobbit - Smaugs Einöde<br />
USA ‘13: R: Peter Jackson, mit Ian<br />
McKellen, Martin Freeman, Benedict<br />
Cumberbatch, Orlando Bloom.<br />
Wertung: ✱ ✱ ✱ ✱ ✱ ✱<br />
Cinemaxx/Casablanca: ab Do. 12.12.<br />
The Lunchbox<br />
TEXT | Dieter Oßwald<br />
Gute Filmideen liegen bisweilen auf der<br />
Straße. Zum Beispiel in Mumbai. Dort sind<br />
täglich Tausende „Dabbawallas“ im Einsatz,<br />
Kuriere, die nach einem ausgeklügelten<br />
Prinzip die hungrige Kundschaft mit<br />
Lunchpakten versorgen.<br />
Statistisch geht nur einer von 6 Millionen<br />
Essensbehältern verloren. Genau dieser<br />
winzige Fehler im System wird in der<br />
deutsch-indischen Koproduktion zum<br />
Auslöser einer charmant märchenhaften<br />
Lovestory. Das köstliche Menü, das ein<br />
Witwer versehentlich geliefert bekommt,<br />
lässt ihn Gefühle für die ahnungslose<br />
Köchin entwickeln. Liebe geht eben durch<br />
den Magen. Dem in Mumbai und New<br />
York lebenden Regisseur Ritesh Batra<br />
gelingt ein überzeugendes Debüt. Die<br />
Beziehungsgeschichte zwischen der vernachlässigten<br />
Ehefrau und dem verbitterten<br />
Witwer funktioniert und berührt. Die<br />
Lunchbox-Botschaften, die die beiden<br />
austauschen, entpuppen sich als bemerkenswerte<br />
Betrachtungen über die fehlende<br />
Leichtigkeit des Seins. Wenn sich<br />
<strong>DIABOLO</strong>: Was macht in unserer modernen,<br />
hoch technisierten und krisengeschüttelten<br />
Zeit die Faszination für solch<br />
archaische Fantasy-Welten aus, wie sie<br />
Tolkien in seinen Büchern und Sie in<br />
Ihren Filmen entwerfen?<br />
Peter Jackson:Vielleicht ist gerade in wirtschaftlichen<br />
Krisenzeiten die Sehnsucht,<br />
sich in eine andere Welt zu flüchten,<br />
besonders stark. Aber Tolkien ist auch<br />
einfach ein sehr guter Schriftsteller, der<br />
in einer lebendigen Sprache spannende<br />
Geschichten mit faszinierenden Charakteren<br />
erzählt. Als Professor in Oxford hat<br />
er die alten Mythologien gründlich studiert.<br />
Er kannte sich in der nordischen<br />
Sagenwelt genauso gut aus, wie in der<br />
griechischen Mythologie. Mit seinen<br />
Romanen versuchte er für England eine<br />
eigene, neue Mythologie zu erschaffen.<br />
In seinem Heimatland gingen die alte<br />
Sagen verloren, als 1066 die Normannen<br />
die britische Insel eroberten und die<br />
mündlich überlieferten Geschichten nicht<br />
mehr weiter tradiert wurden. Tolkien<br />
kannte die Regeln der Mythologien und<br />
hat danach seine Geschichten entworfen.<br />
Dadurch sind seine Werke zeitlos geworden<br />
und sprechen Menschen aus unterschiedlichsten<br />
Epochen, Ländern und<br />
Kulturen an.<br />
<strong>DIABOLO</strong>: Mit „Herr der Ringe“ gehören<br />
Sie zu den Pionieren der digitalen Bildproduktion,<br />
die das Kino in den letzten<br />
Jahrzehnten revolutioniert hat. Hat die<br />
Filmtechnologie heute ein Level erreicht,<br />
in der der Kreativität keine Grenzen<br />
gesetzt sind?<br />
Jackson: Heute kann man alles, was man<br />
sich vorstellt, auf die Leinwand bringen.<br />
Dadurch sind wir jetzt aber auch an<br />
einem Punkt angekommen, wo das<br />
Geschichtenerzählen wieder wichtiger<br />
wird. Bis zu einem bestimmten Punkt<br />
kann man das Publikum mit verblüffenden<br />
Effekten und moderner Technologie<br />
bei der Stange halten, aber eigentlich<br />
kommt es heute im Kino wieder mehr<br />
darauf an, dass man Figuren und Emotionen<br />
auf die Leinwand bringt, auf die<br />
sich die Zuschauer einlassen können. Der<br />
visuellen Kreativität sind heute keine<br />
Grenzen mehr gesetzt und gerade deshalb<br />
ist es wichtig sich wieder mehr auf die<br />
Story zu konzentrieren.<br />
<strong>DIABOLO</strong>: Hat sich durch den technologischen<br />
Fortschritt in den zehn Jahren,<br />
die zwischen „Herr der Ringe“ und „Der<br />
Hobbit“ liegen, Ihre filmische Herangehensweise<br />
geändert?<br />
der Held in der chronisch qualvollen Enge<br />
der völlig überfüllten Zug-Waggons die<br />
„Wofür leben wir?“-Frage stellt, wirkt das<br />
so bedrückend und eindrucksvoll wie die<br />
Erkenntnis der Ehefrau, ihren Gatten<br />
wegen drohender Armut gar nicht verlassen<br />
zu können. Gleichwohl bleibt in dieser<br />
bittersüßen Komödie genügend Raum<br />
für Humor. Die quäkende Nachbarin<br />
etwa überzeugt als ebenso geglückt komischer<br />
Sidekick wie der endlos quasselnde<br />
Ehrgeizling im Büro. Als kluger Schachzug<br />
erweist sich zudem, die Zubereitung<br />
der Menüs nicht zu einer ausufernden<br />
Kochshow mutieren zu lassen. Am meisten<br />
Originalitätspunkte gibt es für den<br />
quirligen Einsatz der Dabbawallas (was<br />
in Hindi so viel wie „der, der eine Box<br />
trägt“ bedeutet), der auf diese eindrucksvolle<br />
Weise im Kino wohl noch nicht zu<br />
erleben war.<br />
The Lunchbox<br />
D/Indien ‘13: R: Ritesh Batra, mit Irrfan<br />
Khan, Nimrat Kaur, Denzil Smith.<br />
Wertung: ✱ ✱ ✱ ✱ ✱ ✱<br />
Casablanca: ab Do. 12.12.<br />
Das erstaunliche<br />
Leben des Walter<br />
Mitty<br />
Jackson: Es ist keine andere Herangehensweise,<br />
aber auf jeden Fall ein höheres Maß<br />
an gestalterischer Freiheit. Die letzten<br />
zwanzig Minuten des Films habe ich z.B.<br />
fast ausschließlich selbst mit der Handkamera<br />
gedreht. Die mit Gold gefüllte<br />
Höhle des Drachen haben wir als digitalen<br />
Raum geschaffen, in dem ich dann<br />
mit der Kamera frei umhergehen konnte.<br />
Auf diese Weise sehen die Sequenzen<br />
fast wie ein Dokumentarfilm eines Kriegsberichterstatters<br />
aus. Ich habe mich als<br />
Regisseur inmitten meines, eigenen Filmes<br />
bewegt. Der Drache ist direkt über<br />
meinem Kopf hin- und hergelaufen und<br />
ich konnte mich mit der Kamera genau<br />
dort positionieren, wo sein Fuß aufsetzt.<br />
<strong>DIABOLO</strong>: Wodurch unterscheidet sich<br />
Smaug, der Drache, von herkömmlichen<br />
Filmmonstern?<br />
Jackson: Es gab ja im Kino schon viele<br />
Drachen und deshalb haben wir uns<br />
Mühe gegeben, Smaug so gerissen und<br />
gefährlich wie möglich gestalten. Benedikt<br />
Cumberbatch, der Smaug seine großartige<br />
Stimme leiht, hat die Figur als super<br />
intelligenten Psychopathen angelegt.<br />
<strong>DIABOLO</strong>: Nach dem ersten Teil von<br />
„Hobbit“ mussten Sie harte Kritik von<br />
Seiten der Tolkien-Puristen einstecken,<br />
die mit den narrativen Freiheiten, die Sie<br />
TEXT | Horst E. Wegener<br />
Walter Mitty (Ben Stiller) ist ein Tagträumer<br />
par excellence. Tagsüber arbeitet er<br />
im Fotoarchiv der renommierten Zeitschrift<br />
Life!<br />
Walters Privatleben: gleich null. Als<br />
bekannt wird, dass das Traditionsmagazin<br />
künftig nur noch online erscheinen<br />
soll, kommt Walter ein Foto des Topfotografen<br />
Sean O’Connell (Sean Penn)<br />
abhanden, das dazu auserkoren wurde,<br />
den letzten Titel zu illustrieren. Um dieser<br />
verschollenen Aufnahme rechtzeitig<br />
habhaft zu werden, jettet Mimose Walter<br />
dem reiselustigen Globetrotter O’Connell<br />
um die halbe Welt hinterher. Walters<br />
Kopfkino mausert sich zum realen<br />
Abenteuer, wie es sich wohl kaum jemand<br />
hätte träumen mögen.<br />
Der Film basiert auf einer Kurzgeschichte<br />
des Schriftstellers James Thurber – und<br />
wurde von Ben Stiller (Hauptrolle und<br />
Regie) mit enorm viel Gespür fürs Ausbalancieren<br />
von Komischem und Tragischem<br />
mitreißend inszeniert. Starbesetzt,<br />
mit Happy-end – zwar nicht fürs Life!-<br />
Magazin, aber zumindest für Stillers liebenswerten<br />
Antiheld. Ein typisch Hollywood’scher<br />
Dating-Kinospaß.<br />
Das erstaunliche Leben des Walter<br />
Mitty<br />
USA ´13: R: Ben Stiller, mit Ben Stiller,<br />
Kristin Wiig, Shirley McLane, Sean<br />
Penn.<br />
Wertung: ✱ ✱ ✱ ✱ ✱ ✱<br />
Casablanca: Vorpremiere Mi. 18.12.<br />
Der digitale Kriegsberichterstatter<br />
Interview mit Peter Jackson zu Mythologie und Dokumentation in „Der Hobbit - Smaugs Einöde”<br />
sich genommen haben, nicht einverstanden<br />
waren. Im zweiten Teil haben Sie<br />
sogar mit der Elben-Kämpferin Tauriel<br />
eine weibliche Figur hinzuerfunden, die<br />
im ganzen, männerdominierten Tolkien-<br />
Universum nicht vorkommt. Wie kam<br />
es zu dieser Quotenfrau?<br />
Jackson: In seinen Büchern ist Tolkien<br />
der Erzähler, der sich viel Raum nimmt<br />
seine Figuren zu beschreiben. Man glaubt<br />
fast seine Stimme zwischen den Seiten<br />
hören zu können. Im Film hat der Regisseur<br />
nicht die Möglichkeit als Erzähler<br />
aufzutreten, sondern muss die Geschichte<br />
durch Dialoge, das Verhalten und die<br />
Entscheidungen der Figuren erzählen.<br />
Die Romanvorlage von „Der Hobbit“<br />
verfügt nicht über viele Figuren mit einer<br />
großen Tiefe und deshalb mussten wir<br />
die Geschichte um einige Charaktere<br />
erweitern. Der Elbenkönig hat in der<br />
Buchvorlage nicht einmal einen Namen.<br />
Aber wir wollten die Geschichte der Elben<br />
erzählen und dafür mussten wir einige<br />
Charaktere mit ihren Beziehungen und<br />
Konflikten hinzufügen. Dabei haben wir<br />
uns bewusst für eine zusätzliche weibliche<br />
Figur entschieden, gerade weil im<br />
Buch keine Frauen vorkommen.