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Artikel im lesefreundlichen Magazinformat als PDF ... - Greenpeace

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schulen gestählten Machtbestien in Verwaltung<br />

und Wirtschaft durchaus gewachsen. Ihre<br />

nicht minder elegante und kluge Politbe raterin<br />

Karine Gavand bestätigt den Eindruck, dass<br />

<strong>Greenpeace</strong> Frankreich <strong>als</strong> David gegen Goliath<br />

die Steinschleuder <strong>im</strong>mer treffsicherer einzusetzen<br />

weiss. Auf die Frage, ob <strong>Greenpeace</strong><br />

denn überhaupt Zugang zu wichtigen Politikern<br />

hat, entgegnet Gavand lapidar: «Heute Nachmittag<br />

sind wir be<strong>im</strong> Premierminister.»<br />

Bis Frankreich die Energiewende wirklich<br />

in Angriff n<strong>im</strong>mt, wird das grüne Lager noch<br />

viel, sehr viel Arbeit leisten müssen. Daran<br />

ändert auch nichts, dass die Grüne Partei in der<br />

Regierung sitzt: «Es ist seither nur schl<strong>im</strong>mer<br />

geworden», sagt Majnoni: «Wir haben eine<br />

St<strong>im</strong>me verloren.» – «Immerhin», sagt ihre Kollegin,<br />

«hat sich mit Hollande zum ersten Mal<br />

überhaupt ein französischer Präsident zu<br />

einer Reduktion der Kernenergie verpflichtet.<br />

Aber wir machen uns wenig Illusionen.»<br />

Wie wendig François Hollande seine<br />

energie politischen Pirouetten dreht, zeigt auch<br />

die Art, wie er am Vorabend der Wahlen 2012<br />

mit den Grünen umgesprungen ist. Die Sozialisten<br />

hatten <strong>im</strong> Herbst 2011 in zähen Verhandlungen<br />

der Ökopartei erhebliche Zugeständnisse<br />

gemacht, um sich ihre Unterstützung zu<br />

sichern. Vereinbart wurde – <strong>im</strong> Fall eines Wahlsiegs<br />

– die Reduktion des Anteils der Kernenergie<br />

von 75 auf 50 Prozent bis 2025, was<br />

unter anderem die Schliessung von<br />

24 der 58 Reaktoren bedeuten würde.<br />

Gerade einmal drei Wochen nach der Unterzeichnung<br />

des Pakts mit den Grünen kündigte<br />

Hollande an, dass er ihn nicht respektieren werde.<br />

Die einst hoffnungsvolle Frage, ob Hollande<br />

sich gegen den nuklearen Machtblock würde<br />

behaupten können, stellt sich gar nicht mehr.<br />

Der Präsident, Abkömmling gleich dreier Elite ­<br />

schulen, ist selbst ein Nukleokrat. Heute tut er<br />

sich sogar schwer damit, die Zeitbombe Fessenhe<strong>im</strong><br />

zu schliessen.<br />

Hollande spielt eine gefährliche Partie.<br />

Magazin <strong>Greenpeace</strong><br />

Nr. 3 — 2013<br />

Kernenergie<br />

32<br />

— IV —<br />

Da s<br />

Unvermeidliche<br />

Der Herrscher <strong>im</strong> Élyséepalast setzt nicht nur<br />

sein Land und dessen Nachbarn den nicht kalkulierbaren<br />

Risiken der Atomenergie aus. Im<br />

Fall einer Wiederwahl 2017 würde er die nukleare<br />

Frage erst recht lösen müssen – und zwar<br />

um so dringender, nachdem er für die Energiewende<br />

so viel kostbare Zeit vertan hat. Der<br />

französischen Energiewirtschaft steht das Wasser<br />

nämlich bis zum H<strong>als</strong>.<br />

«Achtzig Prozent des Nuklearparks»,<br />

sagt Sophia Majnoni, «wurden innerhalb<br />

der zehn Jahre um 1980 gebaut. Sie<br />

erreichen demnächst alle das Ende ihrer<br />

geplanten Laufzeit. Und die Reaktoren<br />

sind alle vom selben Bautyp. Würde man bei<br />

einem einzigen einen strukturellen Fehler<br />

entdecken, müssten wir alle abstellen. Dann<br />

droht tatsächlich ein Black-out.» Fukush<strong>im</strong>a hat<br />

gezeigt, wie schnell so etwas gehen, wie gross<br />

ein solches Klumpen risiko sein kann.<br />

Seit Fukush<strong>im</strong>a hat sich das kritische Lager<br />

jedoch verstärkt. Nicht nur <strong>Greenpeace</strong> gewinnt<br />

an Einfluss. Es gibt nun auch kompetente<br />

Journa listen auf dem Gebiet. Die Informationsmauern<br />

der Nukleokraten bröckeln. Die Nuklearsicherheitsbehörde<br />

ASN (bei uns: Ensi) frisst<br />

EDF und Areva nicht mehr völlig aus der Hand.<br />

Die Kosten der Atomenergie steigen und nagen<br />

an der Geldmacht der Energiekonzerne – und<br />

an ihrer Grosszügigkeit: Die lange mitverdienenden<br />

Gewerkschaften murren, weil der Rubel<br />

nicht mehr rollt. Grüne Technologien und die<br />

Konkurrenz durch <strong>im</strong>mer günstigeren Ökostrom<br />

aus dem Ausland bedrohen die hiesige Industrie.<br />

Auf lokaler Ebene haben die Bürgermeister<br />

nach Fukush<strong>im</strong>a begriffen, dass sie bei einem<br />

Unfall völlig hilflos wären.<br />

Zwei Drittel der Franzosen leben in<br />

einem Umkreis von 75 oder weniger Kilometern<br />

von einem AKW entfernt.<br />

Bloss hat sich die Debatte in Frankreich leider<br />

<strong>im</strong>mer nur um die Risiken gedreht. Lösungen<br />

<strong>im</strong> Sinn der Energiewende sind <strong>im</strong> Hochtechnologie-<br />

und Pionierland kaum ent wickelt<br />

worden. Und nun soll bis 2014 ein neues Energiegesetz<br />

erarbeitet werden. 2015 beherbergt<br />

Frankreich die Kl<strong>im</strong>akonferenz COP und wird

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