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Download - INSTITUT FÜR AKTUELLE KUNST IM SAARLAND

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Dirk Rausch: ohne Titel<br />

Wolfram Armbruster<br />

Konsequent vermitteln die Arbeiten<br />

von Dirk Rausch Gedanken zu<br />

Konstruktion, Experiment und Begrenzung.<br />

Dies festzustellen hieße, den Versuch<br />

zu unternehmen, ins Herz<br />

seiner künstlerischen Arbeit und<br />

ihrer Bedeutung vorzustoßen, über<br />

dasjenige eine Aussage zu treffen,<br />

was nicht-figurative Kunst nicht<br />

haben muss und manchmal nicht<br />

haben darf. Aber anstatt von Zentrum<br />

oder Wesen seiner Arbeiten<br />

zu sprechen, liegt es näher, eine<br />

Terminologie zu nutzen, die zugleich<br />

den Puls ihrer Veränderungen<br />

erfasst – das Bestreben, Gestalten<br />

zu schaffen, sie in großen<br />

Schritten zu variieren und dabei<br />

neue Beziehungen zwischen Farbe,<br />

Leere und Grenze des Bildes zur<br />

Anschauung zu bringen.<br />

Dies von vorneherein festzustellen<br />

hieße aber auch, den hier editierten<br />

Drucken die Gelegenheit zu<br />

nehmen, an ihnen selbst aufzuzeigen,<br />

weshalb sie solche Eindrücke<br />

erzeugen. Vor uns liegen drei Serigraphien,<br />

die sowohl formale Identitäten<br />

wie auch Differenzen aufweisen:<br />

Die den Siebdrucken zugrundeliegenden<br />

Aquarelle sind mit ebenmäßiger<br />

Pinselbreite gemalt, die<br />

aufgrund des manuellen Auftrags<br />

leicht variiert und zur Lebendigkeit<br />

des Eindrucks beiträgt. Pinselbewegungen<br />

beginnen immer am Blattrand,<br />

setzen sich meist bis zum<br />

Blattende fort, oder enden erst<br />

kurz zuvor, so dass ein Teil des<br />

Blatthintergrunds unbedeckt bleibt.<br />

Seitliche Begrenzungslinien des<br />

farblichen Auftrags umschließen<br />

entweder weiße Flächen oder<br />

überdecken/berühren andere, zuvor<br />

gemalte Flächen – Übermalungen<br />

sind transparent gehalten, so<br />

dass sich hier und da Mischtöne ergeben.<br />

Die ausschließlichen formbestimmenden<br />

Verhältnisse von<br />

Farbe/Farbe und Farbe/Weiß bestehen<br />

aus Parallelen und Winkeln<br />

von 90°. Soweit die wiederkehrenden<br />

konstruktiven Merkmale.<br />

Die Dimension des Experiments erschließt<br />

sich in der Übersicht über<br />

alle drei Drucke.<br />

Sie stellen zwar weder eine klassische<br />

step-by-step-Serie dar, noch<br />

erfüllen sie damit in einem strengen<br />

Sinne Kriterien für Experimente.<br />

Das macht sie umso interessanter.<br />

Man stelle sie sich dennoch als<br />

eine Abfolge vor – aufsteigend anhand<br />

der Anzahl ihrer Farben.<br />

Der erste der Drucke gruppiert ein<br />

sattes, goldfarbenes Gelb um die<br />

Ränder des Blattes; deutlich sichtbar<br />

überschneiden sich die breiten<br />

Linien, ergeben leicht abgedunkelte<br />

Quadrate an drei der vier Ecken;<br />

unten rechts läuft eine der Pinselbewegungen<br />

– parallel zu einer der<br />

Blattmitte entfliehenden Leerfläche<br />

– ungekreuzt bis zum Blattrand<br />

hin. An dieser Stelle wurde das<br />

Blatt vertikal coupiert: Es entsteht<br />

ein zweiter Hintergrund. Dies betont,<br />

wie zentral das unbedruckte<br />

Papier, die weißen Flächen in die<br />

Gestaltung der Bilder einbezogen<br />

sind. Es steht dem Betrachter<br />

selbstverständlich frei, das Papier<br />

einmal unter den Farben, das andere<br />

mal neben ihnen zu sehen.<br />

Dieser Versuch wird aber von<br />

Druck zu Druck schwieriger.<br />

Der zweite der Drucke operiert mit<br />

einem blassen Violett, das um drei<br />

Seiten des Blattes gezogen ist und<br />

es in der Mitte vertikal noch einmal<br />

teilt; es bilden sich zwei stehende<br />

weiße Balken, die den oberen<br />

Blattrand berühren. Dass sie<br />

nicht dieselbe Breite haben, fällt<br />

auf den ersten Blick nicht auf, da in<br />

den rechten von ihnen vertikal ein<br />

helles und recht transparentes<br />

Grün gelegt ist. Es verdeckt das<br />

Papier nicht, es scheint es nur anders<br />

zu färben. Die Positionen des<br />

Farbauftrags ergeben hier stets<br />

eine leichte Verschiebung zu symmetrischen<br />

Verhältnissen.<br />

Das dritte Blatt nun kombiniert die<br />

Farben der beiden vorhergehenden;<br />

alle Farbflächen verlaufen<br />

senkrecht, wobei nur das begrenzende<br />

Gelb – eine Wiederaufnahme<br />

aus dem ersten Druck – die<br />

gesamte Höhe des Papiers bedeckt.<br />

Transparent aufgetragenes Grün<br />

und Violett scheint vom oberen<br />

Blattrand herabzuhängen und legt<br />

eine arhythmische Struktur über<br />

den gleichmäßigen Wechsel von<br />

erstem Farbauftrag und Papier.<br />

Auch hier verschwinden die Leerflächen<br />

zwar nicht, müssen aber<br />

noch deutlicher hinter das gedruckte<br />

Bunt zurücktreten.<br />

Die Sequenz der Drucke ermöglicht<br />

verschiedene Lesarten. Bei aller<br />

künstlerischen Disziplin kann man<br />

sie dennoch als eine Geschichte<br />

verstehen, die erzählt über einen<br />

abnehmenden Grad an Ordnung,<br />

die Zunahme von Komplexität oder<br />

vom Schicksal der leeren Fläche berichtet.<br />

Der einfarbige Druck war<br />

und bleibt für mich ein rein konstruktives<br />

Werk, der dreifarbige<br />

hingegen erschien mir bald wie<br />

eine – sehr freie – Abbildung von<br />

etwas Natürlichem, obwohl es<br />

keine ist.<br />

Man kann sich dieses oder anderes<br />

zu den Arbeiten von Dirk Rausch<br />

denken. Betrachtet man sie lange<br />

genug, stellt man aber wohl fest,<br />

dass sie – was Farben, Formen,<br />

Parallelen und Überschneidungen,<br />

Sättigung und Transparenz etc.<br />

angeht – zwar mit immer wiederkehrenden,<br />

relativ einfachen Mitteln<br />

operieren, zugleich jedoch vortrefflich<br />

unterschiedliche, lebendige<br />

und anmutige Ergebnisse darstellen.<br />

Insofern handelt es sich ganz<br />

grundlegend auch um das Experiment,<br />

größtmögliche Vielfalt zu erschaffen<br />

unter Wahrung dessen,<br />

was vielleicht besser als Familienähnlichkeit<br />

denn als Serie bezeichnet<br />

werden sollte.<br />

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