über August Sanders „Frau eines Architekten“

In der Anfertigung seines Werkes traf er
unwillkürlich auf die Neuen Frauen seiner
Zeit, die er als proletarische Frauen,
bürgerliche Mütter, revolutionäre Ehefrauen
sowie Vertreterinnen modernen Berufe
portraitierte.
In dem Portrait Frau eines Architekten fand
der Diskurs über das Erscheinungsbild der
neuen Frau seinen Niederschlag. Es entstand
zu einer Zeit, in der die Frau nicht nur
Emanzipation forderte, sondern einen ersten
Schritt zu einer emanzipierten Identität machen konnte. Die üblichen Instrumente des
Menschen soziale Ansprüche anzumelden oder auszudrücken und eine eigene Identität
abzustecken sind beispielsweise die Kleidung, Gesten und Körperhaltung. Merkmale, welche
die Neue Frau ausmachten und zum Leitbild einer ganzen Generation von jungen
Großstädterinnen wurden, finden sich in diesem Portrait wieder. Das Modische, Praktische,
Fortschrittsorientierte ist hier bezeichnend für den, unter Anderem auch durch Medien und
Großstädten geprägten, idealen Frauentyp, jedoch tritt die Frau hier als einzelnes Individuum
hervor, im Gegensatz zu den beim Elida- Wettbewerb portraitierten Frauen, die einen
Prototypus der Neuen Frau abgeben sollten.
Die Frau eines Architekten ist vielleicht repräsentativ für eine Generation emanzipierter,
unkonventioneller Großstädterinnen. Allerdings gab es kaum eine Epoche, in der das
Menschenbild so kurzlebig und umkämpft war wie in der Weimarer Republik.
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