II. Informationen zu Ruanda - beim Ministerium des Innern,für Sport ...

Jugend - Delegationsreise
von
Roger Lewentz
Minister des Innern, für Sport und Infrastruktur
nach Ruanda
vom 6. bis 14. Oktober 2012

Inhaltsverzeichnis
Seite
I. Delegationsteilnehmer 4
II.
Informationen zu Ruanda
Länderdaten 9
Demographische Indikatoren 12
Geschichte 13
Zusammensetzung der Regierung 16
Innenpolitik 17
Menschenrechte 19
Außenpolitik 21
Wirtschaftspolitik 26
Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland 29
III.
Schwerpunkthema Jugend
Jugendpolitik in Ruanda 32
Jugendorganisationen in Ruanda 34
Situationsbericht zur Jugend in Ruanda 36
IV.
Partnerschaft Rheinland-Pfalz/Ruanda
Organisation der Partnerschaft Rheinland-Pfalz/Ruanda 40
V. Programmpunkte
Hauptstadt Kigali 52
Kandthaus in Kigali 53
Gedenkstätte Gisozi 54
Jugendzemtrum Kimisagara in Kigali 55
Eröffnung der Ausstellung ruandischer Künstler 56
MINALOC 57
Königspalast in Nyanza 57
National University of Rwanda 58
IBUKA 58
Sekundarschule Ruhango 59
Partizipatives Theater an ruandischen Partnerschulen 60
Akagera Nationalpark 61
2

Seite
Behindertenzentrum Komera 62
Primarschule Sure 63
Schuhmacherausbildung einer Behindertenkooperative Batwa 63
Familienzentrum Mu Rugo 65
Sekundarschule Cyinzovu 66
Sekundarschule Ruramira 66
Berufsausbildungszentrum Muhororo 67
Primarschule Gitovu 68
Berufsschule Busoro 68
HVP Gatagara 69
Schulpartnerschaft Albert-Einstein-Gymnasium und Kamonyi 69
Schulpartnerschaft Megina-Gymnasium und Collège de Karambi 70
Schulpartnerschaft Stefan-George-Gymnasium und Nyagahanga 71
Goethe Institut 72
3

I. Delegationsteilnehmer
Roger Lewentz
Minister des Innern, für Sport und Infrastruktur
(ISIM)
Lene Bjoernkjaer-Lewentz
Ehefrau des Ministers - Selbstzahlerin
Benedikt Oster, SPD
Mitglied des rheinland-pfälzischen Landtags
Julia Klöckner, CDU
Mitglied des rheinland-pfälzischen Landtags
Pia Schellhammer, B'90/Grüne
Mitglied des rheinland-pfälzischen Landtags
Gerhard Fuckner
Abteilungsleiter Staatsrecht, Gesetzgebung und
Entwicklungszusammenarbeit im Ministerium des
Inneren, für Sport und Infrastruktur
4

Christoph Gehring
Pressesprecher des Ministeriums des Inneren, für
Sport und Infrastruktur
Hanne Hall
Referatsleiterin
„Entwicklungszusammenarbeit mit Ruanda“ im
Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur
Astrid Becker
Referentin
Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend
und Frauen
Dr. Richard Auernheimer
Staatssekretär a.D.
Präsident des Vereins Partnerschaft Rheinland-
Pfalz / Ruanda e.V.
Susanne Wingertszahn
Vorsitzende des Landesjugendrings Rheinland-
Pfalz
DGB-Jugend
Matthias Görgen
Vorsitzender der Jugendfeuerwehr Rheinland-
Pfalz
5

Eric Niekisch
Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ)
und Bischöfliches Jugendamt im Bistum Mainz
Anna Gabler
Arbeitsgemeinschaft der evangelischen Jugend in
Deutschland e. V.
Michael Kettel
Sprecher von ejo-connect - dem jungen Team der
Partnerschaft
Verena Mogge
Aktion Tagwerk e.V.
Leiterin des Regionalbüro NRW
Markus Graf
Vorsitzender der LandesArbeitsGemeinschaft
ROCK & POP in Rheinland-Pfalz e.V.
Petra Oberbeck
Ressortleiterin Jugendpolitik der Sportjugend des
Landessportbundes Rheinland-Pfalz
Andre Willrich
Landesleiter des Jugendrotkreuzes Rheinland-
Pfalz
6

Julian Jardelot
Freundeskreis Speyer-Ruanda e.V.
Hanna Winter
Freundeskreis Ruhango-Kigoma Landau
ejo connect
Dorothea Streb
Pfarrei St. Martin Kaiserslautern
Ceylan Mercimek
Schulpartnerschaft Albert-Einstein-Gymnasium
Frankenthal
Katharina Süsterhenn
Schulpartnerschaft Megina-Gymnasium Mayen
Margarete Bendix
Schulpartnerschaft Stefan George-Gymnasium
Bingen
Sebastian Grom
Pressevertreter SWR
7

Maria Huber
Pressevertreterin RHEINPFALZ
Alexander Hoffmann
Pressevertreter Rhein-Zeitung
Falk Straub
Pressevertreter Trierer Volksfreund
Inken Jakobi
Pressevertreterin ZDF
II. Informationen zu Ruanda
Länderdaten Ruanda
Ländername:
Klima:
Republik Ruanda (Republika y‘u Rwanda)
Tropisches Hochlandklima, Tageshöchsttemperaturen
auf 1500m meist unter 30°C, nachts selten
unter 15°C. Große Regenzeit Februar bis Mai,
große Trockenzeit Juni bis Mitte September; klei-
8

ne Regenzeit Mitte September bis November,
kleine Trockenzeit Dezember bis Januar
Lage:
Ruanda liegt in Ost-Zentralafrika knapp südlich
des Äquators zwischen dem 1. und 3. Grad südlicher
Breite und zwischen dem 29. und 31. Grad
östlicher Länge; ca. 1.800 Straßenkilometer vom
Indischen Ozean (Mombasa, Kenia) und ca.
2.000 km vom Atlantischen Ozean (Hafen Matadi,
Kongo) entfernt
Größe:
26.340 km² (vgl. Rheinland-Pfalz: 19.853 km²)
Hauptstadt:
Kigali (ca. 1 Millionen Einwohner)
Bevölkerung:
ca. 11 Millionen
davon ca. 85 Prozent Hutu, ca. 14 Prozent Tutsi,
1 Prozent Twa
Landessprachen:
Kinyarwanda, Englisch, Französisch
Religionen:
56 Prozent Katholiken, 26 Prozent Protestanten,
5 Prozent Muslime, 11 Prozent Adventisten, 2
Prozent andere
Nationaltage:
1. Februar: Tag der Nationalhelden
7. April: Gedenktag Beginn des Genozids 1994;
1. Juli: Nationalfeiertag Unabhängigkeit 1962;
4. Juli: Tag der Einnahme von Kigali 1994;
25. September: Tag der Republik
Unabhängigkeit: seit 1. Juli 1962
Regierungsform:
Präsidiale Republik
Staatsoberhaupt:
Präsident Dr. h.c. Paul Kagame (FPR),
Amtsantritt 22.04.2000;
wiedergewählt am 25. August 2003 und 9. August
2010
Regierungschef:
Premierminister Pierre Damien Habumuremyi
(FPR);
Ernennung erfolgte im Oktober 2011
Außenministerin:
Louise Mushikiwabo (FPR)
Parlament:
Zweikammerparlament bestehend aus
Abgeordnetenhaus mit 80 Sitzen:
zusätzlich zu u. a. Parteimandaten
24 Frauenvertreterinnen, 2 Jugendvertreter
und 1 Behindertenvertreter
Senat mit 26 Senatoren:
14 in indirekter und geheimer Wahl gewählt,
8 vom Präsidenten und 4 vom Forum der politischen
Parteien ernannt
Die letzten Parlamentswahlen fanden vom 15.
September bis 18. September 2008 statt. Die Le-
9

Regierungsparteien:
Gewerkschaften:
Verwaltungsstruktur:
Mitgliedschaft in internationalen
Organisationen:
Wichtigste Medien:
gislaturperiode des Abgeordnetenhauses beträgt
fünf Jahre, die des Senats acht Jahre.
In der Regierung und im Parlament vertreten:
Front Patriotique Rwandais (FPR) (38 Abgeordnete),
Parti Social Démocrate (PSD) (7 Abgeordnete),
Parti Libéral (PL) (4 Abgeordnete),
Parti Démocratique Centriste (PDC) (1 Abgeordneter),
Parti Démocratique Idéal (1 Abgeordneter),
Union Démocratique du Peuple Rwandais
(UDPR) (1 Abgeordneter),
Parti Socialiste Rwandais (PSR) (1 Abgeordneter)
Unter dem Dachverband des „Centre des Syndicats
des Travailleurs du Rwanda“ (CESTRA) zusammengefasst.
Kigali-Stadt sowie 4 Provinzen (Nord, West, Süd,
Ost) mit 30 untergeordneten Distrikten; die Distrikte
sind in Sektoren und diese in Zellen unterteilt.
VN, VN - Sonder- und Unterorganisationen; AU
(Afrikanische Union); COMESA (Gemeinsamer
Ost- und Südafrikanischer Markt); ICGLR (Internationale
Konferenz der Große Seen Region);
CEPGL (Wirtschaftsgemeinschaft der Länder der
Großen Seen); EAC (Ostafrikanische Gemeinschaft)
seit Juni 2007, Commonwealth of Nations
seit November 2009.
Das staatliche Presseamt ORINFOR betreibt Radio
Rwanda (ein UKW- und KW-Programm) sowie
das staatliche Fernsehen, im Schriftbereich
die Wochenzeitung IMVAHO und die 14-Tages-
Zeitung NOUVELLE RELEVE. Die auflagenstärksten
Zeitungen sind neben IMVAHO die Militärzeitung
INGABO (monatlich) und die katholische
14-Tages-Zeitung Kinyamateka. Regierungskritische
Zeitungen sind UMUSESO und
UMUCO. Englischsprachig erscheinen New Times
(täglich, regierungsnah), The Chronicles
10

(unregelmäßig, regierungskritisch). Die Presseagentur
RNA (Rwandan News Agency) veröffentlicht
Pressedepeschen. Deutsche Welle, BBC
und Voice of America sind in Kigali über UKW zu
empfangen.
Bruttoinlandsprodukt: 4,082 Mrd. Euro in 2010 (RLP in 2010: 107,6
Mrd. Euro)
Pro-Kopf-Einkommen:
420 Euro in 2010 (RLP 2010: ca. 25.000 Euro)
11

Indikato-
Demographische
ren
Ruanda
Deutschland
Bevölkerung (Mitte 2012) 10,8 Millionen 81,8 Millionen
Bevölkerung pro Quadratkilometer 411 229
Geburten pro 1.000 Einwohner 33 8
Todesfälle pro 1.000 Einwohner 10 10
Natürliche Bevölkerungswachstumsrate
(pro Jahr)
Gesamtfruchtbarkeitsrate (Kinder pro
Frau)
2,2 Prozent -0,2 Prozent
4,6 1,4
Bevölkerungsprojektion für 2050 20,6 Millionen 71,5 Millionen
Städtische Bevölkerung 17 Prozent 73 Prozent
Anteil der Bevölkerung unter 15
Jahren
Anteil der Bevölkerung über 65 Jahren
42 Prozent 13 Prozent
2 Prozent 21 Prozent
Lebenserwartung von Frauen 55 Jahre 83 Jahre
Lebenserwartung von Männern 53 Jahre 78 Jahre
Indikatoren der reproduktiven
Gesundheit
Ruanda
Deutschland
Säuglingssterblichkeit pro 1.000
Lebendgeburten
Müttersterblichkeit pro 100.000
Geburten*
Betreute Geburten*
Verheiratete Frauen 15-49 Jahre,
die Familienplanung anwenden
(gesamt)
Verheiratete Frauen 15-49 Jahre,
die Familienplanung anwenden
(moderne Methoden)
Anteil der HIV-Infizierten im Alter
von 15-49 J. im Jahre 2010
50 3,4
540 7
52 Prozent
52 Prozent 70 Prozent
45 Prozent 66 Prozent
2,9 Prozent 0,1 Prozent
Quelle: Deutsche Stiftung Weltbevölkerung – Datenreport 2012
*Deutsche Stiftung Weltbevölkerung – UNFPA Weltbevölkerungsbericht 2011
12

Geschichte
Ruanda blieb für lange Zeit von der „weißen Zivilisation“ unberührt. Erst am Ende
des 19. Jahrhunderts gelangten die ersten europäischen Forscher und Entdecker bis
ins Innerste Zentralafrikas. Diese Forscher trafen in Ruanda auf ein gut organisiertes
Königreich mit sehr differenzierten militärischen, sozialen und agrarischen Strukturen.
1884/85 wurde Ruanda auf der Kongo-Konferenz in Berlin dem deutschen Einflussbereich
zugewiesen. Vier Jahre später errichtete Deutschland seinen ersten Militärposten
auf ruandischem Gebiet. Mit dem ruandischen König wurde ein Schutzvertrag
ausgehandelt, der von ihm nur die Anerkennung der Oberhoheit des deutschen Kaisers
verlangte, ohne dass die inneren Strukturen des Landes angetastet wurden.
1908 richtete der kaiserliche Resident, Arzt, Ethnologe und Schriftsteller Richard
Kandt die Residentur Ruanda in Kigali ein. Die Präsenz des Deutschen Reiches
blieb relativ bescheiden, 1914 lebten nur ca. zehn deutsche Beamte und Offiziere in
Ruanda. Nach dem 1. Weltkrieg wurde Ruanda Belgien als Mandatsgebiet zugesprochen.
Die Belgier entzogen dem ruandischen König schrittweise seine Macht und veranlassten
ihn zu drastischen Reformen. Kennzeichnend für die belgische Kolonialherrschaft
in Ruanda war die deutliche Bevorzugung der Tutsi vor den Hutu. Vor allem
den Tutsi wurde Zugang zu Bildung und zu höheren Verwaltungspositionen gewährt.
Ende der 1950er Jahre wuchsen die Forderungen der Hutu-Bevölkerungsmehrheit
nach Befreiung aus wirtschaftlichen und sozialen Zwängen. 1960 wurden die ersten
freien Wahlen in Ruanda abgehalten und am 1. Juli 1962 erlangte Ruanda seine Unabhängigkeit
und wurde Republik.
In den folgenden Jahren kam es immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen
zwischen den Bevölkerungsgruppen der Hutu und Tutsi. Im Juli 1973 putschte der
damalige Verteidigungsminister, Generalmajor Juvenal Habyarimana, der als moderater
Hutu galt, und übernahm die Macht. Er gründete die Einheitspartei MRND (Nationale
Revolutionäre Bewegung für die Entwicklung), der alle Ruander von Geburt
an angehören sollten. Alle anderen Parteien wurden verboten und eine politische
Betätigung außerhalb dieser Partei untersagt. Eine neue Präsidialverfassung gab
dem Präsidenten fast unbeschränkte Macht, so dass das jeweils auf fünf Jahre gewählte
Parlament in den Hintergrund trat.
Bis Mitte der 1980er Jahre erlebte Ruanda einen bescheidenen wirtschaftlichen Aufschwung.
Ruanda galt als entwicklungspolitisches Land mit einer undemokratischen,
aber eben auch stabilen Regierung, einer funktionierenden Verwaltung und einer motivierten
Bevölkerung. Die ethnischen Spannungen schienen überwunden.
Die ländliche Bevölkerung Ruandas hatte jedoch nur wenig Anteil am wirtschaftlichen
Aufschwung, denn durch das rasche Wachstum der Bevölkerung nahm aufgrund der
sehr begrenzten landwirtschaftlichen Nutzfläche die verfügbare Betriebsgröße pro
13

äuerliche Familie stetig ab. So wurde die Selbstversorgung der Familien immer
schwieriger. Zudem sanken Ende der 1980er Jahre die Weltmarktpreise für Kaffee
und Tee, die beiden Hauptexportprodukte Ruandas. Die fehlenden Deviseneinnahmen
trafen die ruandische Wirtschaft erheblich und die Armut der Bevölkerung nahm
drastisch zu.
Die in den 1950er, 1960er und 1970er Jahren geflohenen Tutsi, die überwiegend in
Uganda und Burundi lebten, hatten immer wieder ihre Rückkehr nach Ruanda gefordert.
Dies war von der ruandischen Regierung jedoch stets mit dem Hinweis abgelehnt
worden, das Land sei bereits völlig überbevölkert. In den späten 80er Jahren
gründete eine Gruppe von Tutsi-Flüchtlingen die so genannte "Ruandisch-
Patriotische Front" (FPR). Diese griff am 1. Oktober 1990 Ruanda an, um die Rückkehr
aller Exilanten nach Ruanda zu erzwingen. Daraus erwuchs ein Bürgerkrieg, der
drei Jahre später mit dem Friedensvertrag von Arusha (Tansania) beendet wurde. Er
sah die zukünftige Machtteilung zwischen der Regierung und der FPR sowie die
Rückkehr aller Flüchtlinge nach Ruanda vor. Gleichzeitig wurden innenpolitische Reformen
durchgesetzt, z.B. die Gründung politischer Parteien, um eine Demokratisierung
des Landes einzuleiten.
Am 6. April 1994 wurde Staatspräsident Habyarimana bei einem Flugzeugabsturz
getötet. Unmittelbar darauf begannen in Kigali und später im ganzen Land entsetzliche
Massaker, denen bis Juli 1994 ca. 800.000 Menschen zum Opfer fielen. Mitglieder
der Hutu-dominierten ruandischen Armee, Hutu-Extremisten sowie Todesschwadronen
der Jugendmilizen ermordeten vor allem Angehörige der Tutsi-
Bevölkerungsgruppe, aber auch oppositionelle Hutu. Im Juli 1994 erklärte die FPR
nach der Eroberung Kigalis den Bürgerkrieg in Ruanda für beendet. Etwa 2 Millionen
Menschen flohen in die Nachbarländer, vor allem nach Zaire, dem späteren Kongo,
und nach Tansania. Außerdem waren 2,5 Millionen Binnenflüchtlinge zu verzeichnen.
Noch im Juli wurde eine neue Regierung auf der Grundlage des Arusha-
Abkommens konstituiert, der neben der FPR weitere Parteien angehörten. Staatspräsident
wurde Pasteur Bizimungu (FPR), Generalmajor Paul Kagame (FPR) wurde
Vizepräsident und Verteidigungsminister.
Seither hält sich das Gerücht, das Flugzeug sei von radikalen Hutus abgeschossen
worden, um sich des - in ihren Augen - viel zu moderaten Habyarima zu entledigen
und gleichzeitig einen Vorwand zum Völkermord an den Tutsis zu bekommen, die sie
des Anschlags bezichtigten. Es gibt aber auch andere Stimmen: So beschuldigt der
französische Untersuchungsrichter Bruguière den heutigen Staatspräsidenten Kagame,
der Drahtzieher dieses Flugzeugattentats zu sein (siehe Außenpolitik/Beziehungen
zu Frankreich). Schwer wiegt hier auch die Frage, warum jemand
den Vorwand zu einem Massaker an Hunderttausenden Angehörigen derselben ethnischen
Gruppe liefern sollte. Eine endgültige Klärung der Geschehnisse zeichnet
sich nach derzeitigem Informationsstand nicht ab.
Die Aufarbeitung des Genozids gestaltete sich sehr schwierig, da der Justizapparat
durch den Bürgerkrieg und den Genozid völlig zusammengebrochen war. Dies führte
zu extrem überfüllten Gefängnissen, in denen die Gefangenen zum Teil mehrere
Jahre auf ihren Prozess warten mussten bzw. noch warten. In Schnellverfahren wur-
14

den mit ausländischer Hilfe viele Ermittler, Staatsanwälte, Richter und Anwälte ausgebildet,
so dass Ende 1996 die ersten Prozesse nach dem neuen ruandischen „Gesetz
zur Aburteilung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ begannen. Bereits im
Dezember 1995 erhob ein Ruanda-Kriegsverbrechertribunal der UNO in Arusha
(Tansania) erstmals Anklagen wegen Völkermord. Die dortigen Prozesse dauern jedoch
bis heute an. Um die Vielzahl der Gefangenen aburteilen zu können, wurde die
traditionelle Form der „Gacaca“-Verfahren wieder belebt, die Anklagen minderer
Schwere behandelt. Die im Januar 2005 begonnene Hauptphase der „Gacaca“-
Prozesse ist inzwischen beendet (siehe auch Innenpolitik).
Am 29. März 1999 wurden erste landesweite Wahlen auf Gemeindeebene durchgeführt.
Am 20. März 2000 wurde eine neue Regierung unter Premierminister Bernard
Makuza (parteilos) vereidigt, bis dahin ruandischer Botschafter in Deutschland. Wenige
Tage später trat der Staatspräsident zurück und Paul Kagame wurde am 22.
April 2000 zum neuen Staatspräsidenten ernannt und im August 2003 wiedergewählt.
Die letzten Parlamentswahlen fanden vom 15. September bis 18. September
2008 statt. Am 9. August 2010 fanden die letzen Präsidentschaftswahlen statt.
Staatspräsident Paul Kagame hat die Wahl (mit 93,08 Prozent) gewonnen und ist
damit für sieben weitere Jahre Staatspräsident gewählt.
15

Zusammensetzung der Regierung
Paul Kagame
Pierre Damien Habumuremyi
Minister
Agnes Kalibata
Monique Mukaruriza
Dr. Agnes Binagwaho
Sheikh Mussa Fazil Harerimana
General James Kabarebe
Stanislas Kamanzi
John Rwangombwa
General Marcel Gatsinzi
James Musoni
Aloysia Inyumba
Protais Mitali
Tharcisse Karugarama
Dr. Vincent Biruta
Jean Philbert Nsenyimana
Louise Mushikiwabo
Protas Musoni
Francois Kanimba
Albert Nsengyumva
Dr. Alvera Mukabaramba
Emma Francoise Isumbingabo
Dr. Mathias Harebamungu
Dr. Alexis Nzahabwanimana
Tugireyezu Venantia
Staatspräsident
Premierminister
Landwirtschaft und Tierwelt
Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC)
Gesundheit
Innere Sicherheit
Verteidigung
Natürliche Ressourcen (Forstwirtschaft, Umwelt
und Minen)
Finanz- und Wirtschaftsplanung
Katastrophenhilfe und Flüchtlinge
Lokale Angelegenheiten
Gleichstellung und Familienförderung
Sport und Kultur
Justiz
Bildung
Jugend, Informations- und Kommunikationstechnologie
(ICT)
Auswärtige Angelegenheiten und Zusammenarbeit
Regierungsangelegenheiten
Handel und Industrie
Infrastruktur
Staatsministerin für Soziales im Ministerium für
lokale Angelegenheiten
Staatsministerin für Energie und Wasser
Staatsminister für Primar- und Sekundarschulwesen
Staatsminister für Transport
Ministerin im Büro des Präsidenten
16

Innenpolitik
Die innenpolitische Agenda wird nach wie vor von folgenden Themen dominiert: der
Prozess nationaler Einheit und Versöhnung, die nationale Armutsbekämpfungsstrategie
sowie die Reintegration von aus der DR Kongo zurückgekehrten Angehörigen
von Hutu-Milizen. Dies gilt auch für das Bemühen, sich unabhängiger von externer
Unterstützung zu machen.
Die neue Verfassung wurde am 26. Mai 2003 durch ein Referendum (Wahlbeteiligung
89,9 Prozent) mit 93 Prozent Ja-Stimmen angenommen. Sie ist seit dem 4. Juni
2003 in Kraft. Kennzeichen sind das Prinzip der Gewaltenteilung, ein Zwei-
Kammerparlament in einem semi-präsidialen Regierungssystem, Menschen- und
Bürgerrechte sowie ein mit Kontrollmechanismen versehener Parteienpluralismus
einschließlich eines Spektrums von Institutionen, die geeignet sind, den Prozess der
nationalen Einheit und Versöhnung zu fördern (Ombudsmann, Versöhnungskommission,
Kommission zum Kampf gegen den Genozid). Die Personalentscheidungen des
Präsidenten orientierten sich noch stärker als bisher auf Transformation und Armutsbekämpfung.
Am 14. September 2010 wurde die Regierung von Präsident Kagame
im Amt bestätigt. Im Mai und im Dezember 2011 wurde die Regierung zum wiederholten
Mal umgebildet.
Bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen waren teilweise Unregelmäßigkeiten
festzustellen. Die Wahlbeobachtermission der Europäischen Union merkte
aber an, dass sie zwar nicht alle Kriterien freier und fairer Wahlen erfüllten, gleichwohl
aber einen wichtigen Schritt zur Demokratisierung Ruandas dargestellt hätten.
Auch die Präsidentschaftswahlen im August 2010 wurden von EU-
Wahlbeobachtern als wichtiger Schritt im Demokratisierungsprozess gewertet, wobei
jedoch auch deutliche Defizite bei der Transparenz des Wahlverfahrens konstatiert
wurden. Die Wahl selbst verlief friedlich und ungestört, allerdings wurde eine in unserem
Sinne echte inhaltliche Oppositionspartei vermisst, da alle zur Wahl zugelassenen
Parteien in die bisherige Regierungsarbeit mit eingebunden waren. Der Ausgang
der Wahl hat die bestehenden Machtverhältnisse bestätigt. Die im Februar/ März
2011 auf allen unteren Verwaltungsebenen durchgeführten Lokalwahlen verliefen
insgesamt friedlich, wobei allerdings die regierenden Parteien die Kandidatenauswahl
im Vorfeld stark beeinflusst hatten und der Auswahlprozess nicht transparent
verlief.
Wichtiges gesellschaftliches Thema bleibt das Dezentralisierungsprogramm der
Regierung. Neben den genannten Kommunal- und Bürgermeisterwahlen soll die Bevölkerung
durch Kompetenzverlagerung und horizontalen Finanzausgleich auf untere
Ebenen in den politischen Entscheidungsprozess eingebunden werden. Weiterer Bestandteil
des Dezentralisierungsprozesses ist die zahlenmäßige Verringerung der
nachgeordneten Verwaltungsebenen (seit Januar 2006 nur noch 4 statt 11 Provinzen
neben der Hauptstadtprovinz Kigali sowie 30 statt 106 Distrikte); auch die 2005 in
Kraft getretene Landreform ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, durch die es
erstmalig in Ruanda individuell belastbares, verbrieftes Recht auf Grundbesitz gibt.
17

Es ist in der Diskussion, ob die Provinzen wie vorgesehen abgeschafft werden sollen.
Jedoch soll in den nächsten fünf Jahren der Schwerpunkt mehr auf der Konsolidierung
der geschaffenen Strukturen und Kompetenzverteilung gelegt werden. 2011
stieß die ruandische Regierung neue Reformprojekte im Bereich der Medien (Beschränkung
staatlicher Einflussnahme; größere Selbstverwaltung der Printmedien)
sowie im Strafrecht (Reduzierung hoher Haftstrafen) an.
Nach Abschluss einer mehrjährigen Vorbereitungsphase, in der das ursprüngliche
Gesetz zur Gacaca-Gerichtsbarkeit (siehe unten) vom Januar 2001 auf seine Praktikabilität
überprüft worden war (beachtliche 758 lokale Gerichte waren hiermit befasst
worden), begann am 15. Januar 2005 offiziell die Hauptphase der Gacaca-
Prozesse. Die Bezeichnung Gacaca (in Kinyarwanda Wiese/grüne Fläche) weist darauf
hin, dass es hier darum geht, einen Fall in der Öffentlichkeit unter Beteiligung
vieler Menschen zu verhandeln. Bei einer solchen Verhandlung versammelten sich
alle Bewohner eines Dorfes auf einem Platz, um dort Verstöße gegen die Gemeinschaftsordnung
zu klären. Dabei stand nicht die Zuweisung von Schuld im Vordergrund.
Vielmehr war das Ziel, den Beschuldigten dazu zu bewegen, die Schuld einzugestehen
und Schadenersatz zu leisten und damit den sozialen Frieden wieder
herzustellen. Die Gacaca-Verfahren brachten für die Bewohner des Landes erhebliche,
aber für die Wahrheitsfindung und Aufarbeitung notwendige Belastungen mit
sich. Die Herausforderungen waren gewaltig. Landesweit waren über 12.000 Gerichte
und 170.000 Laienrichter befasst. Im November 2009 sind die Gacaca-Prozesse
im Wesentlichen abgeschlossen worden. Fast 1,5 Millionen Männer und – zu einem
weit geringeren Teil – Frauen hatten sich vor den Gerichten verantworten müssen,
insgesamt mehr als doppelt so viele, als man ursprünglich erwartet hatte. Gut 20
Prozent der Verfahren endeten mit Freispruch. Der größte Teil der ruandischen Bevölkerung
war in irgendeiner Form beteiligt, sei es als Täter, Überlebender, Zeuge,
Angehöriger oder Richter. Die Überfüllung der Haftanstalten stellt auch weiterhin ein
Problem dar. Die Zahl der Insassen war aufgrund von Strafen wie gemeinnützige
Arbeit und der jährlichen Freilassung von Häftlingen deutlich zurückgegangen, durch
die Zahl der Gacacaprozesse erhöhte sich die Zahl der Gefangenen aber wieder. Im
Oktober 2009 befanden sich 62.821 Personen in ruandischen Gefängnissen. Nach
einer Krise im August 2006 hat sich das Verhältnis zwischen der ruandischen Regierung
und dem Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda (ICTR) wieder normalisiert.
Beide Seiten versicherten, dass die Zusammenarbeit reibungslos verlaufe.
Die Initiative „New Partnership for Africa’s Development“ (NEPAD) hat ein Instrument
zur Selbstüberwachung der Teilnehmerstaaten eingeführt. Das „Africa Peer Review
Monitoring“ (APRM) überprüft und vergleicht regelmäßig die Entwicklung der Mitgliedstaaten.
Beim Gipfeltreffen der Afrikanischen Union im Juli 2006 wurde der
NEPAD/APRM-Bericht zu Ruanda angenommen. Er würdigt die besonders guten
Leistungen und teilweise enormen Fortschritte Ruandas in den Bereichen Gute Regierungsführung,
Gesundheitsversorgung, Bildung, Beteiligung von Frauen am politischen
Leben und Einbeziehung der lokalen Bevölkerung in entwicklungspolitische
Entscheidungen. Kritische Anmerkungen des Berichts wurden durch die Regierung
zurückgewiesen oder mit einem Aktionsplan beantwortet. Ruanda gehört damit zu
18

den ersten drei afrikanischen Staaten, die den Peer-Review-Prozess abgeschlossen
haben. Auch die Nichtregierungsorganisation „Transparency International“ bescheinigte,
dass Ruanda – im Vergleich zu anderen afrikanischen Staaten – „nahezu korruptionsfrei“
sei. Im Jahr 2009 wurde eine neunjährige Grundausbildung (Nine-Year
Basic-Education) eingeführt. Diese ist in sechs Jahren Grundschule und drei Jahren
Sekundarschule gegliedert. Als ehrgeiziges Ziel wurde Anfang August 2011 vom ruandischen
Bildungsminister bekannt gegeben, dass eine Verlängerung der Grundbildung
von 9 auf 12 Jahren geplant ist. Mit der Umsetzung dieses Vorhabens wurde
bereits begonnen. Hierfür werden 14,13 Milliarden Ruanda-Franc (rund 18 Millionen
Euro) zur Verfügung gestellt. Der Pflichtschulunterricht ist an staatlichen Schulen gebührenfrei.
Private Schulen, die von verschiedenen Trägern betrieben werden, wie
zum Beispiel kirchliche Organisationen, sind in der Regel kostenpflichtig. Die Einschulungsrate
liegt bei circa 95 Prozent. Davon beenden jedoch 15 Prozent die
Grundschulausbildung nicht. Nur rund 10 Prozent durchlaufen die weiterführende
Sekundarschule. Die hohe Quote von Schulabbrechern entsteht dadurch, dass die
Schülerinnen und Schüler meist im Haushalt oder in der Landwirtschaft der Eltern
oder Verwandten helfen müssen.
Menschenrechte
Die Menschenrechte sind herausgehobener Bestandteil der ruandischen Verfassung.
Die Menschenrechtslage hat sich mit Konsolidierung der inneren Sicherheit im Allgemeinen
verbessert. Gravierende Menschenrechtsverletzungen sind in letzter Zeit
nicht bekannt geworden, doch sind den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen
Rechten angesichts einer zu 57 Prozent unterhalb der Armutsgrenze lebenden Bevölkerung
objektive Grenzen gesetzt.
Problematisch bleiben die Situation in den überfüllten Gefängnissen, gelegentliche
Fälle von Amts- bzw. Machtmissbrauch sowie ungeklärte Fälle von verschwundenen
Personen aus dem Jahr 2003.
Der im April 2002 verhaftete frühere Staatspräsident Bizimungu wurde wegen illegaler
politischer Aktivitäten, Veruntreuung und des Schürens ethnischer Gegensätze im
Juni 2004 zu 15 Jahren Haft verurteilt. Der Fall wurde im Berufungsverfahren vor
dem Obersten Gerichtshof Ruandas (Cour Suprême), das im Januar 2006 das Urteil
bestätigte, abschließend behandelt. Nach einem Gnadengesuch an Staatspräsident
Kagame wurde Bizimungu am 7. April 2007 vorzeitig aus der Haft entlassen.
Die 1999 gegründete nationale Menschenrechtskommission hat zwar durch eine
im Januar 2003 in Kraft getretene Gesetzesänderung gestärkte Untersuchungs- und
Interventionsbefugnisse erhalten, allerdings sind inzwischen auch Zweifel an der Effizienz
der Kommission und ihrer Regierungsunabhängigkeit entstanden.
Die Todesstrafe ist seit Juni 2007 auch gesetzlich abgeschafft; seit 1998 wurde sie
nicht mehr vollstreckt.
19

Zwar verfolgt die ruandische Regierung eine Politik der Dezentralisierung und Teilhabe
der Bevölkerung am politischen Geschehen, behält aber dennoch ein hohes
Maß an zentraler Kontrolle, auch durch straff geführte Sicherheitskräfte, bei.
Gleichzeitig wird die Arbeit der Regierung aber durch unabhängige Institutionen (Parlament,
Rechnungshof, Gerichte) überwacht. Von einer wirklichen politischen Opposition,
die auch öffentlich in Erscheinung tritt, ist in Ruanda weiterhin kaum etwas zu
bemerken. Im Parteienforum, das laut Verfassung eine Machtteilhabe der Parteien
gewährleisten soll, spielt die FPR nach wie vor die entscheidende Rolle. Gleichwohl
werden in beiden Kammern des Parlaments Gesetzentwürfe heftig und kontrovers
diskutiert, bevor sie verabschiedet oder auch mit Änderungsvorschlägen an die Regierung
zurückgesandt werden.
Gerade vor den Präsidentschaftswahlen 2010 wurde kritisiert, dass die Presse massiver
Zensur und Repression ausgesetzt sei. Im Laufe der vergangenen Jahre ist sie
aber ständig freier, offener und auch mutiger geworden und bewegt sich in Richtung
einer unabhängigen Meinungsäußerung, wenn auch bis zum Erreichen dieses Ziels
noch ein längerer Weg zurückzulegen ist.
Am 1. Oktober 2008 trat ein Gesetz in Kraft, das "Völkermordideologie" unter Strafe
stellt. Das Gesetz ist jedoch in einer sehr vagen und zweideutigen Sprache abgefasst.
So kann es Haftstrafen zwischen zehn und 25 Jahren geben, wobei auch
schon Kinder unter 12 Jahre bestraft werden können. Dieses Gesetz könnte das
Recht auf freie Meinungsäußerung einschränken.
Nach Bürgerkrieg und Völkermord machen Frauen heute ca. 54 Prozent der Bevölkerung
aus; bei den 25 bis 30jährigen beträgt ihr Anteil sogar 60 Prozent. 34 Prozent
aller Haushalte werden von Witwen und Waisen geführt. Und so ist es nicht erstaunlich,
dass Frauen nicht nur in großen Städten wie Kigali, sondern auch in ländlichen
Gebieten eine große wirtschaftliche Kraft bilden. Damit verbunden ist auch die zu
beobachtende Unabhängigkeit der ruandischen Frauen von dem männlichen Geschlecht.
Es muss hierbei erwähnt werden, dass die Abkehr von der in den Traditionen
verankerten Rolle der Frau eine unabwendbare Folge des Völkermordes ist, der
zahlreiche Witwen und Waisen zurückließ. Und ebenso hat sich der Justizapparat
dieser neuen Entwicklung angepasst. Die Verfassung Ruandas schreibt die Gleichheit
von Mann und Frau ausdrücklich mit Einrichtung eines "Gender Monitoring Office"
zu deren Gewährleistung fest. Die Verfassung schreibt auch eine Mindestvertretung
von Frauen in Höhe von jeweils 30 Prozent in beiden Kammern des Parlaments,
teilweise auch in regionalen Gremien, vor. Im Ergebnis hat dies nach den Wahlen zu
einer Vertretung von Frauen in beiden Kammern von 56 Prozent geführt, der weltweit
höchsten parlamentarischen Vertretung von Frauen.
20

Außenpolitik
Die Außenpolitik Ruandas orientiert sich am Ziel der Konsolidierung der äußeren und
inneren Sicherheit. Hierfür verfolgt die Regierung mehrere Strategien: eine stärkere
Einbindung Ruandas in regionale Bündnisse, die Normalisierung bzw. Verbesserung
des Verhältnisses mit seinen direkten Nachbarn, eine Intensivierung der Zusammenarbeit
mit internationalen Gebern und potentiellen Investoren, sowie die aktive Beteiligung
in internationalen Organisationen und UN-Friedensmissionen.
Das ruandische Militär marschierte 1998 in die Demokratische Republik Kongo ein,
der Rückzug erfolgte 2002. In dieser Zeit wurde die Rebellenbewegung RCD-Goma
unterstützt. Das Vorgehen wurde mit einer Bedrohung der Grenzen und der inneren
Sicherheit Ruandas durch vom Ostkongo aus operierende Ex-FAR/Interahamwe, die
sich hinter der Bezeichnung FDLR (Forces Démocratique de la Libération du Rwanda)
verbergen, begründet. Umgekehrt wurden der ruandischen Armee und den anderen
Konfliktparteien als Folge der Besetzung des Ostkongo schwere Menschenrechtsverletzungen
und wirtschaftliche Ausbeutung vorgeworfen, z. B. die illegale
Förderung des seltenen Rohstoffs Coltan zur Herstellung von Mikrochips für Mobiltelefone.
Nach überwiegender Meinung besteht durch die FDLR-Rebellen derzeit keine
Gefahr mehr für Ruanda, doch leidet die örtliche Zivilbevölkerung noch immer unter
Übergriffen. Seit Ende 2005 wird auf beiden Seiten auch offiziell von einem deutlich
entspannteren Verhältnis gesprochen. Am 31. März 2005 unterzeichnete der politische
Flügel der FDLR in St. Egidio bei Rom eine Erklärung, wonach sie bereit sei,
den bewaffneten Kampf aufzugeben, allerdings ohne dem bislang nachzukommen.
Am 9. November 2007 einigten sich die DR Kongo und Ruanda in Nairobi auf weitere
Schritte zur Entwaffnung und Rückführung der FDLR-Milizen, die durch das Goma-
Abkommen vom 23. Januar 2008 zum Ostkongo unterstützt werden. Der UN-
Sicherheitsrat hat das Nairobi-Abkommen am 13. März 2008 mit einer Resolution
indossiert. Im Oktober 2008 ist trotz des Nairobi-Abkommens die Situation erneut
eskaliert. Laurent Nkunda, Anführer der Rebellengruppe CNDP (Le Congrès Nationale
pour la Défense du Peuple), der zuvor General in der kongolesischen Armee
war, führte eine bewaffnete Offensive an, die Tausenden von Menschen obdachlos
machte. Seit 2004 schon dauerte die Rebellion der CNDP gegen die FDLR und das
Morden von im Kongo lebenden Tutsis an. Im Herbst 2008 gelang es Nkunda weite
Teile der Nord-Kivu Provinz zu erobern wodurch er die kongolesische Regierung vor
eine große Herausforderung stellte. Bis zuletzt dementierte Kigali die Vorwürfe der
UN, die Rebellen finanziell zu unterstützen und erklärte, dass Nkunda das Problem
Kongos sei. Erst als der internationale Druck auf die Regierung wuchs, erklärte sich
Ruanda bereit, mit der kongolesischen Regierung zu kooperieren. Schließlich führte
die gemeinsame kongolesisch-ruandische Militäraktion („Umoja wetu“) im Januar und
Februar 2009 zum Niederschlag der Rebellion und zur Verhaftung Nkundas durch
ruandische Truppen. Die Lage im Osten Kongos bleibt weiterhin angespannt. Zum
einen schüren die Ex-FAR/Interahamwe den Hass gegen die Tutsi nun auch in den
21

jüngeren Generationen und bilden die sogenannten Mai-Mai Kämpfer (Kindersoldaten)
militärisch aus; und zum anderen werfen Menschenrechtsorganisationen sowohl
der FDLR als auch der CNDP Folter, Vergewaltigungen und grausame Morde vor.
Auch die Vorfälle von Dorfbesetzungen und Massenvergewaltigungen während eines
Feldzuges der FDLR im August 2010, bei der die dort stationierten UN-
Blauhelmsoldaten nicht eingriffen oder nicht eingreifen konnten, verdeutlichen die
traurige Realität. Mit der gemeinsamen Militäroperation gegen die FDLR hat sich jedoch
das Verhältnis zwischen Ruanda und dem Kongo spürbar verbessert. Als Ergebnis
wurden inzwischen von beiden Ländern wieder Botschafter in Kigali und
Kinshasa ausgetauscht.
Für erneutes internationales Aufsehen sorgte die Veröffentlichung eines Berichts der
Expertengruppe zum Kongo an den UN-Sicherheitsrat. In diesem Bericht werden
schwere Vorwürfe gegen die ruandische Regierung und die ruandische Armee erhoben.
Sie sollen die seit dem Frühjahr 2012 anhaltende Rebellion der M-23 unter Führung
von Bosco Ntaganda und Sultani Makenga, ehemaliger General bzw. Oberst
der Streitkräfte der DRC, unterstützt haben. Die Vorwürfe umfassen die unmittelbare
Unterstützung bei der Gründung der Rebellengruppe, Versorgung mit Geld, Waffen,
Lebensmitteln und anderem militärischen Gerät, die Rekrutierung von Kindersoldaten
und demobilisierter Ex-Kombattanten. Nach Veröffentlichung des UN-Berichtes dementierte
das ruandische Außenministerium eine Verwicklung in den aktuellen Bürgerkrieg
im Osten der DRC. Eine zehn Punkte umfassende offizielle Stellungnahme
der Regierung in Kigali zu den Vorwürfen wurde dem UN-Sicherheitsrat übergeben.
Ein dies berücksichtigender abschließender Bericht der Vereinten Nationen steht
noch aus.
Ruanda strebt im Verhältnis zu den ostafrikanischen Nachbarn nach regionaler wirtschaftlicher
Integration. Die Aufnahme Ruandas in die Ostafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft
(EAC) erfolgte im Juni 2007. Am 28. November 2009 ist
Ruanda als 54. Mitglied in den Commonwealth aufgenommen worden.
Die Beziehungen zum ehemals engsten Partner Uganda, wo ein bedeutender Teil
der jetzigen ruandischen Führungsschicht aufgewachsen ist, sind seit 2002 grundsätzlich
stabil und von regem Austausch im Handel und Personenverkehr geprägt.
Dennoch waren immer wieder politische Belastungen und gegenseitige Spionagevorwürfe
zu verzeichnen. Seit Mitte 2006 ist eine deutliche politische Entspannung
und Rückkehr zur engen Zusammenarbeit festzustellen.
Das Verhältnis zwischen Ruanda und Burundi ist auch aufgrund vieler persönlicher
Beziehungen, u.a. zwischen den beiden Regierungschefs, sehr eng. Die rund 27.000
nach Burundi geflüchteten Ruander sind bis auf 2.500 zurückgekehrt.
Das Verhältnis zu Tansania ist seit Mai 2006 durch die Ausweisung von bis zu
60.000 ruandisch stämmigen Bewohnern Westtansanias vorübergehend belastet
gewesen. Deren Integration stellt für Ruanda ein großes finanzielles Problem dar.
Trotzdem wurde die Angelegenheit nicht thematisiert, um die Aufnahme Ruandas in
die Ostafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (EAC) nicht zu gefährden.
22

Die Beziehungen zu Kenia bewegen sich auf gutem Niveau. Mit Sorge betrachtete
man in Ruanda die Auswirkungen der Krise und der Wahlen in Kenia im Dezember
2007.
Trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten bemüht sich Ruanda, im gesamtafrikanischen
Kontext Verantwortung zu übernehmen. So war Kigali Veranstaltungsort wichtiger
Konferenzen wie des 6. African Governance Forums und des COMESA-
Ministertreffens. Ruanda ist ebenfalls aktiver Mitgliedstaat der Afrikanischen Union
(AU). In Darfur sind 3.473 ruandische Soldaten stationiert. Mit 4.571 Soldaten und
Polizisten im Einsatz rangiert Ruanda auf Platz sechs der größten Truppensteller im
Rahmen von UN-Friedensmissionen. Es ist in insgesamt sechs UN-Missionen beteiligt.
Die ruandische Führung wirft der internationalen Staatengemeinschaft und insbesondere
den UN vor, vor und während des Genozids versagt zu haben. UN-
Generalsekretär Ban Ki-Moon bekannte sich im Januar 2008 in Kigali zu einer internationalen
Verantwortung durch Untätigkeit während des Genozids 1994. Dem Internationalen
Strafgerichtshof für Ruanda in Arusha wirft Ruanda schleppende Ermittlungen
und hohe Kosten vor. Die wichtige Rolle der UN-Sonderorganisationen und
der Weltbankgruppe für die weitere Entwicklung Ruandas wird von der ruandischen
Regierung anerkannt und das Verhältnis gepflegt. Umgekehrt engagiert sich Ruanda
zunehmend durch die Entsendung größerer Kontingente für AU und UN-Missionen
(siehe oben) und hat sich in den letzten Jahren erfolgreich Führungsposten bei multilateralen
Organisationen gesichert (Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB), Welthandelsorganisation
(WTO). Ruanda wird in einem Bericht der UN-
Menschrechtskommission für Menschenrechtsverletzungen in der Demokratischen
Republik Kongo 1996/1997 scharf kritisiert. Die ruandische Armee habe bei der Verfolgung
ruandischer Völkermordtäter im Kongo eventuell ‚Völkermord‘ verübt, sofern
die Massaker einwandfrei erwiesen seien. Die ruandische Regierung kritisiert, dass
der Bericht den ruandischen Völkermord ignoriere. Die ruandische Führung sieht sich
seit dem Bekanntwerden der Vorwürfe, sie spiele eine aktive Rolle im Bürgerkrieg im
Ostkongo, der Kritik und der Forderung nach Aufklärung seitens der größten internationalen
Geber ausgesetzt. Unmittelbar nach der Veröffentlichung des UN-Berichts
dementierte das ruandische Außenministerium die Vorwürfe und bezeichnete sie in
der momentanen Situation als gefährlich. Die Einstellung der Hilfszahlungen seitens
der USA, der Niederlande und Deutschlands wurden von Paul Kagame kritisiert und
öffentlich als abermaliges Zeichen für die Notwendigkeit gewertet, Ruandas Abhängigkeit
von Budgethilfen aus der internationalen Gemeinschaft zu reduzieren. Das
Verhältnis zu den USA ist grundsätzlich eng, vor allem im Bereich der militärischen
Zusammenarbeit. Es besteht eine rege Besuchsdiplomatie; Staatspräsident Kagame
war 2006 dreimal in den USA. In der Entwicklungszusammenarbeit ist das USAID
Programm von großer Wichtigkeit, das sich, neben der Verbesserung von Gesundheit
und Lebensumständen, die politische und wirtschaftliche Entwicklung zur Aufgabe
gemacht hat. Und trotz der wenigen amerikanischen Investoren sind große amerikanische
Stiftungen in Ruanda zur AIDS-Bekämpfung und Gesundheitsförderung
23

aktiv, so beispielsweise die Bill und Melinda Gates Stiftung.. Kagame zeigte sich sehr
erfreut über den Wahlsieg von Barack Obama zum Präsidenten der Vereinigten
Staaten. Sein historischer Sieg zum ersten schwarzen Präsidenten der USA sei für
die afrikanischen Staaten von großer Bedeutung. Kagame betonte jedoch, dass die
Wahl von Präsident Obama keine automatische Lösung der Probleme des afrikanischen
Kontinents herbeiführen werde. In der Folge des Bekanntwerdens der Vorwürfe
aus dem Bericht an den UN-Sicherheitsrat kündigten die USA ihre Militärhilfe in
Höhe von 200 000 US Dollar für das Jahr 2012 auf.
Auch China engagiert sich in Ruanda, u.a. im Straßenbau und Krankenhauswesen.
Im September 2006 war der stellvertretende KP-Chef in Ruanda zu Gast und sagte
den Neubau des Außenministeriums für ca. 8 Millionen Euro und eine Studie zur Eisenbahnanbindung
Ruandas an Tansania zu. Am 15. Mai 2007 hat Chinas Staatspräsident
Hu Jintao das ruandische Staatsoberhaupt Kagame zu einem Gespräch in
Peking empfangen. Im Januar 2009 war der chinesische Außenminister Yang Jiechi
in Ruanda zu Besuch. Bei einem Treffen mit der ruandischen Regierung erklärten
beide Seiten, dass die Zusammenarbeit zwischen Ruanda und China, die schon seit
1971 besteht, fortgesetzt und ausgebaut werden solle.
Die EU ist größter Geber Ruandas im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit. Im
10. Europäischen Entwicklungsfonds 2008-2013 sind bis zu 255 Millionen Euro für
Ruanda vorgesehen. Die Spannungen in den Beziehungen zu Belgien (Verhaftung
eines Priesters wegen Unterstützung des Genozids, Entzug der Start- und Landegenehmigung
für eine ruandische Fluggesellschaft aus Sicherheitsgründen) sind beigelegt.
Im Dezember 2006 war Staatspräsident Kagame mit großer Delegation in
Großbritannien zu Gast und erhielt eine Zusage von 35 Millionen Pfund Budgethilfe
für 2007. Im Zuge der Vorwürfe im UN-Bericht setzte das britische Königreich seine
Budgetzahlungen im August vorläufig aus. Im September 2012 beschloss die Regierung
in London allerdings, die Hälfte der zugesagten Gelder auszuzahlen, da Ruanda
deutliche Bemühungen gezeigt habe, an der dauerhaften Beilegung des Konflikts
im Ostkongo aktiv mitzuwirken. Durch die Aufnahme Ruandas in den Commonwealth
dürfte sich das Verhältnis zu Großbritannien noch weiter verstärken. In den Niederlanden
wurde eine ruandische Botschaft eröffnet; dennoch sehen das niederländische
Parlament wie auch die Öffentlichkeit die zivilgesellschaftliche Entwicklung
Ruandas kritischer als andere EU-Staaten. Dementsprechend waren die Niederlande
auch der erste Förder-Staat, der auf den UN-Report 2008 reagierte, der Ruanda
vorwarf, Rebell Laurent Nkunda für seine Ost-Kongo Rebellion zu unterstützen, und
die 3 Millionen Euro Budgethilfe vorzeitig einstellte; gefolgt von der schwedischen
Regierung, die Ruanda ebenfalls die Jahreshilfe strich. Die damalige ruandische Außenministerin
Rosemary Musominali zeigte sich in einer darauffolgenden Pressekonferenz
enttäuscht über diese Art der Positionierung und sagte diese Erfahrung solle
Ruanda lehren, die Abhängigkeit von Entwicklungsgeldern zu reduzieren. Im Zuge
der Veröffentlichung des aktuellen UN-Berichts folgten die Niederlande als erster EU-
Mitgliedsstaat dem Beispiel der USA und setzten ihre Budgethilfe für die ruandische
Regierung aus.
24

Das schwierige Verhältnis zu Frankreich scheint sich zu normalisieren. Im Januar
2010 besuchte der französische Außenminister Kouchner Kigali. Die diplomatischen
Beziehungen wurden Mitte Dezember 2009 wieder aufgenommen. Die Beziehungen
hatten im November 2006 einen Tiefpunkt erreicht. Der französische Untersuchungsrichter
Bruguière hatte Haftbefehl gegen neun teilweise hochrangige ruandische Offizielle,
ehemalige Tutsi-Rebellen, ausgestellt und auch dem Präsidenten Kagame öffentlich
vorgeworfen, hinter dem Abschuss des Flugzeuges des ehemaligen Präsidenten
Habyarimana im April 1994 zu stehen. Ruanda antwortete mit dem Abbruch
der diplomatischen Beziehungen. Mitte April 2007 hat Ruanda vor dem Internationalen
Gerichtshof (IGH) Beschwerde gegen die Haftbefehle eingelegt. Die ruandische
Regierung argumentiert, Frankreich verletze mit seinem Vorgehen das Völkerrecht
und das Gebot der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten.
Seit August 2007 zeichnete sich eine vorsichtige Wiederannährung ab, die allerdings
ihr sofortiges Ende fand, als Bruguières Haftbefehl in die Tat umgesetzt wurde.
Die Protokollchefin Rose Kabuye wurde am 9. November 2008 bei ihrer Einreise
nach Deutschland festgenommen. Da die Vertraute Kagames zum Zeitpunkt der
Festnahme privat unterwegs war, und somit keine diplomatische Immunität genoss,
folgten die deutschen Beamten dem europäischen Haftbefehl. Kabuye wurde nach
einem mehrwöchigen Aufenthalt im Frauengefängnis an Frankreich ausgeliefert. Inzwischen
ist sie wieder in Ruanda. Unterdessen hat Ruanda ebenfalls eine Liste anzuklagender
französischer Politiker verfasst, denen vorgeworfen wird, das Massaker
von 1994 gefördert und Tätern des Genozids zur Flucht verholfen zu haben. Am 29.
November 2009 gab Ruanda schließlich die Wiederaufnahme der Beziehungen mit
Frankreich bekannt. Mitte Dezember 2009 wurden die neuen Botschafter der beiden
Länder benannt. Am 12. September 2011 besuchte der ruandische Präsident Paul
Kagame Paris und traf mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy zusammen.
Dies wird als historischer Besuch gewertet um die Beziehungen weiter zu normalisieren.
25

Wirtschaftspolitik
Der tertiäre Sektor ist mit 60 Prozent inzwischen der wichtigste Bereich der erfassten
Wirtschaftsleistungen, gefolgt von der Landwirtschaft (80 Prozent aller Ruander leben
auf dem Land) und dem Industriesektor. Über 90 Prozent aller landwirtschaftlichen
Betriebe haben eine Fläche von weniger als einem Hektar. Ein Gesetz zur
Landreform, das verbrieften Erwerb von Land ermöglicht und hierdurch mehr Anreize
zu Investitionen als im überkommenen System von "Customer ownership" geben
soll, wurde 2005 verabschiedet.
Die Nahrungsproduktion deckt nur ca. 80 Prozent des Bedarfs. Bau- und Dienstleistungssektor
bleiben Motoren des Wirtschaftswachstums. Die wenig bedeutende Industrie
stellt einfache Verbrauchsgüter für den heimischen Markt her (Getränke, Textilien,
Zigaretten, Baumaterial). Der Aufschwung des Dienstleistungsgewerbes
(Gastgewerbe, Telekommunikation) setzt sich vor allem in der Hauptstadt fort.
Im Jahr 2010 ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach offiziellen Angaben um rund
7,5 Prozent auf 5,25 Milliarden US-Dollar gewachsen, im Vergleich zu 4,1 Prozent im
Vorjahr (2009). Schätzungen des IWF und der Weltbank gehen davon aus, dass sich
das Wirtschaftswachstum mittelfristig auf ca. 6,5 Prozent einpendelt – ein Wert, der
angesichts des hohen Bevölkerungswachstums (laut Deutsche Stiftung Weltbevölkerung
– Datenreport 2012: 2,2 Prozent) für das Erreichen der ambitionierten Entwicklungsziele
(Vision 2020) womöglich nicht ausreichen wird. Das erzielte Wirtschaftswachstum
ist trotz ungünstiger meteorologischer Bedingungen und vergleichsweise
niedriger Ernten durch ein gutes Wachstum des Dienstleistungssektors zustande gekommen.
Die Inflationsrate lag Ende 2010 bei rund 2 Prozent. In 2011 stieg sie auf
geschätzte 6 bis 7 Prozent. Angaben über das laufende Jahr liegen noch nicht vor.
Der Staatshaushalt für das Haushaltsjahr 2011/12 hatte nach offiziellen Angaben
ein Volumen von ca. 1,3 Mrd. US- Dollar (Auswärtiges Amt, ca. 1,1 Mrd EUR, Kurs: 1
EUR= 0,7 US-Dollar). Der Anteil der externen Geberfinanzierung beträgt hieran 48
Prozent.
Ruanda bleibt mit einem BIP pro Kopf von ca. 540 US-Dollar/Jahr eines der ärmsten
Länder der Welt (Human Development-Index 2011: Platz 166). Im September
2007 hat die ruandische Regierung ein neues Programm für wirtschaftliche Entwicklung
und Armutsbekämpfung für den Zeitraum 2008 – 2012 beschlossen (EDPRS).
Rund 85 Prozent seiner Ziele wurden erreicht, vor allem im Bereich Bildung und Gesundheit.
In den Schlüsselbereichen Energieversorgung und Privatinvestitionen hinkt
das Land aber noch deutlich seinen eigenen Zielen hinterher. Trotz bisheriger Anstrengungen
lebt der Großteil der Bevölkerung, insbesondere auf dem Land, weiterhin
in Armut. Gleichwohl ist der Anteil der Menschen unterhalb der Armutsgrenze von
56 Prozent in 2006 auf 44 Prozent in 2011 gesungen.
Seitens des IWF erhält Ruanda weiterhin insgesamt gute Noten, insbesondere für
die erzielten Fortschritte bei der Modernisierung der öffentlichen Finanzverwaltung.
Der abschließende Überprüfungsbericht der Poverty Reducation and Growth Facility
26

(PRGF) wurde im Mai 2006 vom IWF-Board genehmigt. Ruanda hat sich bereits erfolgreich
um eine neue PRGF bemüht. Auch die Weltbank hat seit 2004 weitere Armutsbekämpfungskredite
und -zuschüsse in den Schlüsselsektoren Infrastruktur, Erziehung
und Gesundheit beschlossen. Die Budgethilfe der Weltbank wird ebenfalls
fortgesetzt. Im Zuge der in einem dem UN-Sicherheitsrat vorgelegten Expertenbericht,
die ruandische Regierung unterstütze im Ostkongo aktiv die Rebellengruppe
M23, setzten die wichtigen Geber Großbritannien, Deutschland und die Niederlande
ihre Budgetzahlungen an Ruanda vorläufig aus. Man wolle die Ergebnisse eines abschließenden
UN-Berichts zur Verwickelung Kigalis in den Bürgerkrieg im Ostkongo
abwarten. Auf mittlere Sicht bleibt Ruanda in hohem Maße von öffentlicher Entwicklungshilfe
abhängig (2010 ca. 50 Prozent des nationalen Budgets). Die wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen verbessern sich weiter, es bleiben aber auch für in- und
ausländische Investoren einzelne schwierige Faktoren bestehen. Hohes Bevölkerungswachstum,
Landknappheit, Binnenlage, kleiner fragmentierter Markt und regionale
Unsicherheit sind wenig günstige Rahmenbedingungen für Investitionen. Für
internationale Investoren sind diese Rahmenbedingungen in den letzten Jahren jedoch
stark verbessert worden.
Im Juni 2005 hat der G8-Gipfel beschlossen, den 37 ärmsten Staaten der Welt
Schulden in Höhe von insgesamt 55 Mrd. USD zu erlassen. Ruanda war mit einem
Schuldenerlass von 100 Prozent eines der begünstigten Länder.
Unverändert schwierig ist die Energiesituation. Geringere Regenfälle und mangelnde
Investitionen der letzten Jahre haben zu einem Leistungsrückgang der wenigen
Wasserkraftwerke geführt. Der Energiebedarf im Land ist mit der wirtschaftlichen Erholung
der vergangenen Jahre aber deutlich gestiegen. Seit 2005 wurden große Dieselgeneratoren
installiert, was umweltpolitisch und gesamtwirtschaftlich nicht unumstritten
war, doch zu einer Verringerung der Zahl der Stromabschaltungen geführt
hat. Nachhaltige Lösungen sind in Angriff genommen, benötigen jedoch wegen des
hohen Finanzierungsumfangs Zeit. Um die Energieversorgung nachhaltig zu verbessern,
soll ein mit Methan aus dem Kivu-See betriebenes 100 Megawatt-Kraftwerk
errichtet werden. Ferner sind die neuen Staudämme Nyabarongo, Rusizi III und
Rusumo in Planung. 20 privat finanzierte Kleinkraftwerkprojekte machen gute Fortschritte.
Die Regierung setzt nun stärker auf eine Dezentralisierung der Energieproduktion
und die Einführung regenerativer Energien.
Das Hauptstraßennetz mit gut 1000 km asphaltierten Straßen ist eines der besten in
der Region. Hingegen sind viele der Zubringerstraßen in schlechtem Zustand, was
die Einbindung mancher Regionen in den Wirtschaftskreislauf erschwert und verteuert.
Ein weiterer Ausbau des Straßennetzes erfolgt mit Unterstützung multilateraler
Geberorganisationen (Weltbank, EU). Ruanda hat zurzeit noch keinen Eisenbahnanschluss.
Die Deutsche Bahn AG erhielt von der ruandischen Regierung im April 2007
aber den Auftrag, eine Machbarkeitsstudie in Kooperation mit der Afrikanischen Ent-
27

wicklungsbank über eine neu zu bauende Eisenbahnstrecke zwischen Ruanda und
Tansania (mit Anschluss an Burundi) zu erstellen. Die Ergebnisse der Studie bescheinigen
die Machbarkeit eines Eisenbahnprojekts.
Ruanda verfügt nur über unbedeutende Binnenhäfen am Kivu-See. Die wichtigen
Straßenverbindungen zu den nächsten Seehäfen Mombasa/Kenia und Daressalam/Tansania
(je über 1500 km) sind nach wie vor in schlechtem Zustand. Allerdings
wird die Asphaltstraßenverbindung zwischen Daressalam und Kigali zurzeit renoviert.
Die Binnenlage, hohe Abgaben, geringe Transportvolumina und schwache Konkurrenz
machen Ruanda zu einem der Länder mit den weltweit höchsten Transportkosten,
die in den vergangenen Jahren infolge des stark erhöhten Ölpreises nochmals
überproportional anstiegen.
Im Außenhandel sind hochwertiger Kaffee, Tee und Mineralerze die wichtigsten
Ausfuhrprodukte. Um die Exportbasis zu verbreitern, versucht die Regierung, den
Anbau und die Vermarktung von Blumen oder Obst zu fördern. Vor allem aber soll
die Produktion von Tee und Markenkaffee noch weiter intensiviert werden. Ruanda
importiert vor allem Treibstoff, Fahrzeuge und Konsumgüter. Die wichtigsten deutschen
Lieferindustrien sind Maschinenbau, Elektrotechnik, chemische Erzeugnisse
und Metalle. Die Regierung setzt auf Regionalisierung der Wirtschaft, wobei das
Land eine Brückenfunktion zwischen den anglophonen Staaten Ostafrikas und den
zentralafrikanischen Nachbarn Burundi und Demokratische Republik Kongo ausüben
will. In diesem Zusammenhang hat Ruanda den Beitritt zur EAC erfolgreich betrieben
(siehe Außenpolitik). Im Rahmen des Gemeinsamen Ost- und Südafrikanischen
Marktes (COMESA) hat sich Ruanda zur Absenkung und Angleichung seiner Zölle
verpflichtet. Die seit November 2009 bestehende Mitgliedschaft im Commonwealth
ist für Ruanda wirtschaftlich ebenfalls von Vorteil.
Umweltfragen nehmen in der ruandischen politischen Debatte zunehmend eine
wichtige Rolle ein. Die Böden sind infolge der intensiven Landwirtschaft und der
Brandrodung der ursprünglichen Bergwälder von Erosion bedroht. Die Regierung
unterstützt Aufforstungs- und Terrassierungsprogramme und unternimmt ernsthafte
Anstrengungen zum Erhalt der Restwälder als Schutzgebiete, auch aus Gründen der
Attraktivität für Touristen. Problematisch ist vor allem die Tatsache, dass viele ruandische
Haushalte in diesem Land mit der höchsten afrikanischen Bevölkerungsdichte
mit Holz oder Holzkohle kochen. Baumpflanzaktionen sollen das Bewusstsein für die
Gefahren der Abholzung stärken. Die Regierung räumt der Entwicklung alternativer,
umweltschonender Energieformen hohe Priorität ein.
28

Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland
Vor dem Hintergrund einer nur kurzen, unbelasteten kolonialen Vergangenheit (1885
- 1916) besteht ein positives Verhältnis zwischen beiden Staaten. Deutschland gilt
als ein Partner ohne eigennützige wirtschaftliche oder politische Interessen. Präsident
Kagame war zur Fußballweltmeisterschaft im Juli 2006 in Deutschland zu Gast
und ist bereits mehrfach mit Bundeskanzlerin Merkel zusammengetroffen. Auch mit
dem ehemaligen Bundespräsidenten Köhler gab es einige Treffen. Ferner ist es aufgrund
der Partnerschaft Rheinland-Pfalz/Ruanda schon häufig zu Begegnungen zwischen
Präsident Kagame und Ministerpräsident Kurt Beck gekommen. Im November
2006 im Juni 2008 und im Mai 2011 hielten sich Bundestagsparlamentariergruppen
in Ruanda auf. Vom 2. bis 9. Mai 2011 besuchte der Ausschuss für Menschrechte
und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages Ruanda und die Demokratische
Republik Kongo. Zusammenfassend berichtete der Ausschuss zu Ruanda: Ruanda
wird von Präsident Kagame weitgehend autoritär regiert. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen
im Jahr 2012 ist es zu Behinderungen der Opposition gekommen,
auch werden Meinungs- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt. Laut Verfassung
darf der Präsident nach Ablauf seiner zweiten, siebenjährigen Amtszeit im Jahr 2017
nicht erneut kandidieren. Er hat bereits erklärt, dies akzeptieren zu wollen. Verhältnismäßig
fortschrittlich ist Ruanda bei der Verwirklichung der Gleichberechtigung. So
haben die Frauen die Mehrheit im Parlament. Auch werden LGBT-Personen durch
die Gesetzeslage nicht diskriminiert. In der Realität gibt es allerdings große Vorbehalte
gegen Homosexualität.
Im Februar 2008 besuchte Bundespräsident a.D. Köhler als erstes deutsches
Staatsoberhaupt Ruanda. Der ruandische Staatspräsident Kagame erwiderte den
Besuch im April 2008 und hielt sich das letzte Mal vom 22. bis 25. April und vom 2.
bis 4. Oktober 2009 offiziell in Deutschland auf. Die bilateralen Beziehungen zwischen
Deutschland und Ruanda wurden Ende 2008 von einem für die Annäherung
der beiden Länder ungünstigen Vorfall überschattet. Die Festnahme von Rose
Kabuye in Deutschland löste Protest und Unverständnis unter der ruandischen Bevölkerung
aus. Als Konsequenz der ruandischen Regierung wurde der deutsche Botschafter
zurück nach Deutschland geschickt. Inzwischen wurde das angespannte
Verhältnis durch die gemeinsame deutsch-ruandische Erklärung vom 19. Januar
2009 wieder verbessert. Seit Mai 2011 findet vor dem Oberlandesgericht Stuttgart
der Prozess gegen die Ruander Ignace Murwanashyaka und Straton Musoni statt.
Sie sollen von Deutschland aus als politische Chefs der ruandischen FDLR-Miliz
agiert und in dieser Funktion in den Jahren 2008 und 2009 Massaker im Ostkongo
befehligt haben. Ein weiterer Prozess findet seit Januar 2011 vor dem Frankfurter
Landgericht wegen Völkermords gegen den ruandischen Staatsbürger Onesphore
Rwabukombe statt. Ihm wird vorgeworfen, für den Tod von über 3700 Menschen
verantwortlich zu sein.
29

Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dirk Niebel besuchte
im Januar 2010 neben der Demokratischen Republik Kongo und Mosambik
auch die Republik Ruanda.
Die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit (EZ) mit Ruanda basiert auf dem
Rahmenabkommen zur Entsendung von Entwicklungshelfern (DED) vom 12.02.71,
dem Abkommen im Rahmen der Finanziellen Zusammenarbeit (FZ) vom 10.11.77
und dem Abkommen im Rahmen der Technischen Zusammenarbeit (TZ) vom
22.11.79. Weitere bilaterale Wirtschafts- und Handelsabkommen existieren nicht. Die
Schwerpunkte der deutschen FZ und TZ werden u.a. anhand der nationalen Entwicklungs-
und Armutsreduzierungsstrategie (Economic Development and Poverty
Reduction Strategy, EDPRS) gemeinsam im Rahmen von Regierungsverhandlungen
identifiziert. Hierbei wird auch die Höhe der Leistungen festgelegt. Deutschland hat
seit Beginn der wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Jahr 1962 bis heute ca. 700 Millionen
Euro an bilateraler Hilfe zugesagt. Im April 1995 war die Bundesrepublik das
erste Geberland, das nach dem Genozid Verhandlungen mit der neuen Regierung
führte. Die deutsche EZ konzentrierte sich zunächst auf Landwirtschaft, Infrastrukturvorhaben
und das Erziehungs- sowie Gesundheitswesen. Unmittelbar nach Kriegsende
begann die deutsche EZ mit Nothilfe- und Rehabilitierungsmaßnahmen (Wasser-
und Stromversorgung u. a.). 2001 wurde Ruanda in die Kategorie der Schwerpunktpartnerländer
des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung aufgenommen. Vor Ort tätig sind die GIZ, die Deutsche Welthungerhilfe
und das Deutsche Rote Kreuz.
Die letzten deutsch-ruandischen Regierungsverhandlungen fanden im November
2011 in Bonn statt. Dabei wurden für einen Zeitraum von drei Jahren (2011-2013)
Zusagen in Höhe von insgesamt 60 Millionen Euro gemacht. Die Schwerpunkte liegen
aktuell in drei Sektoren: Dezentralisierung (Demokratieförderung, Zivilgesellschaft,
öffentliche Verwaltung, Versöhnung), Basisgesundheit und Familienplanung
sowie nachhaltige Wirtschaftsförderung (Berufsbildung / Beschäftigungsförderung,
wirtschaftliche Rahmenbedingungen / Finanzsektorentwicklung). Deutschland stärkt
die Zusammenarbeit im Schwerpunkt Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung (insbesondere
Berufliche Bildung) sowie im Schwerpunkt Dezentralisierung. Als Konsequenz
aus der von der ruandischen Regierung geführten Arbeitsteilungsdiskussion mit den
Entwicklungspartnern beendet Deutschland bis Ende 2012 seine Arbeit im Bereich
Gesundheit und wird sich verstärkt der Zusammenarbeit im Bereich Beschäftigungsförderung
und berufliche Bildung widmen.
In der Folge der Veröffentlichung eines UN-Berichts zur Verwicklung der ruandischen
Armee und Regierung in den Bürgerkrieg im Osten der Demokratischen Republik
Kongo folgte die Bundesregierung dem Beispiel der USA und der Niederlande, indem
sie im August 2012 die Budgethilfe bis 2013 in Höhe von 21 Milliarden Euro vorläufig
einfror. Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel verkündete, dass die Suspendierung
bis zur lückenlosen Aufklärung der Vorwürfe bestehen bliebe. Diese Maßnahme
sei ein "unmissverständliches Zeichen an die Regierung Ruandas".
30

Deutschland erhöhte in der Vergangenheit seine Zusagen für die deutsch-ruandische
Entwicklungszusammenarbeit um fast 60 Prozent und würdigt damit die Entwicklungserfolge
der ruandischen Regierung: Beispielsweise besuchten mit 95 Prozent in
2010 in Ruanda bereits fast alle schulpflichtigen Kinder die Grundschule im Vergleich
zu 69 Prozent im Jahr 2001. Im gleichen Zeitraum sank die Sterblichkeitsrate der
Kinder unter 5 Jahren um 35 Prozent. Durch umfassende Dezentralisierungsreformen
wurde die Bevölkerung verstärkt in Entscheidungsprozesse auf Gemeindeebene
eingebunden, so zum Beispiel bei der Ausarbeitung von Gemeindeentwicklungsplänen.
Weiterhin unterstützt Deutschland Ruanda bei Reformen im Gesundheitswesen,
so durch die Einführung von Krankenversicherungen und einer aktiveren Familienplanungspolitik.
Ein Bereich langfristiger kultureller Zusammenarbeit ist der Rundfunk. Die Deutsche
Welle (DW) betreibt in Kigali seit fast 40 Jahren eine ihrer wenigen Kurzwelle-
Relaisstationen. Mit ihren Lizenzgebühren und mit verschiedenen Ausbildungsprogrammen
leistet die DW eine kontinuierliche und vom Umfang her bedeutende Unterstützung
für den staatlichen Mediensektor (TV und Radio). Radio Rwanda wurde
daneben im Rahmen der bilateralen EZ mit einem Projekt in Höhe von 4 Millionen
Euro und der Entsendung eines Experten unterstützt. Seit 1999 hat die DW eine
UKW-Sendelizenz und kann in ganz Kigali auf UKW empfangen werden. Das Verbindungsbüro
des Goethe-Instituts hat im Juli 2008 seinen Betrieb aufgenommen.
Als Gemeinschaftsprojekt der Regierungen Ruandas, Deutschlands und des Bundeslandes
Rheinland-Pfalz wurde das Kandt-Haus renoviert; die Kolonialresidenz
des ersten deutschen Generalresidenten wurde im April 2004 als Naturkundemuseum
offiziell eröffnet. Stipendienprogramme, Sprachkurse, und Projekte vor allem im
Bereich Sport, Musik und Film runden das bilaterale kulturelle Programm ab.
31

III. Schwerpunktthema Jugend
Jugendpolitik in Ruanda
Die ruandische Regierung zählt alle Bürger im Alter von 14 bis 35 zur Altersgruppe
der "Jugend". Dem letzten großen Zensus von 2002 1 zufolge lebten zu jenem Zeitpunkt
knapp 8,1 Millionen Menschen 2 in dem ostafrikanischen Land. Die Deutsche
Stiftung Weltbevölkerung beziffert die ruandische Bevölkerung in Ihrem aktuellen Datenreport
auf 10,8 Millionen. 67% der Ruander sind jünger als 25 Jahre. Dem staatlichen
ruandischen Statistikinstitut zufolge lag das Durchschnittsalter der Bevölkerung
im Jahr 2010 bei gerade einmal 19 Jahren. Bei einer jährlichen Wachstumsrate von
2,9% könnten bereits 2020 sechzehn Millionen, 2050 sogar knapp einundzwanzig
Millionen Menschen in dem kleinen Binnenland leben. Auf 100 Frauen kommen 88
Männer. Die Gesellschaft zeichnet sich dementsprechend durch zwei Charakteristika
aus: Erstens ist sie ausgesprochen jung und zweitens von einem Frauenüberschuss
geprägt (MYCS: 9).
Die ruandische Jugend stellt eine Altersgruppe dar, die sich speziellen Herausforderungen
gegenübersieht. Besonders schwer wiegen die direkten und indirekten Auswirkungen
des Genozids. Ein großer Teil der ruandischen Jugendlichen verloren
1994 beide Elternteile. 22,8% wuchsen ohne Vater, 4,6% ohne Mutter auf (MYCS:
18). Dies bedeutet, dass die unmittelbaren Familienstrukturen von 92% der heute
unter 25jährigen durch den Völkermord entweder völlig zerstört oder zumindest langfristig
gestört wurden. Nicht ausschließlich, aber doch maßgeblich verstärkend wirken
sich bis heute diese Spätfolgen auf Bereiche wie etwa den Bildungssektor, Beschäftigung,
Gesundheit, Drogenmissbrauch und Umwelt aus.
Die Regierung um Präsident Paul Kagame ist sich der genannten Probleme bewusst
und betont, dass der Jugend bei deren Bewältigung aber auch in der generellen
nachhaltigen Entwicklung des Landes eine Schlüsselrolle zukomme. Aus diesem
Grunde hat das ruandische Ministerium für Jugend, Kultur und Sport in Kooperation
mit der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im Jahr 2003 eine Bedarfsanalyse
als Grundlage für ein kohärentes Regierungsprogramm zur Jugendförderung durchgeführt.
Im Ergebnis wurden folgende Handlungsfelder als besonders notwendig
identifiziert:
1 Es hat unlängst im Jahr 2012 eine Volkszählung stattgefunden. Zum Zeitpunkt der Redaktion lagen die Daten
allerdings noch nicht vor.
2 Die Abteilung für Demographie der Vereinten Nationen gibt die Einwohnerzahl Ruandas für das Jahr 2010 mit
10,6 Millionen an (UN 2012).
32

1. Bildung und Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT)
2. nationale Einheit, Versöhnung und Sozialreform
3. Beschäftigung und Armutsreduzierung
4. Umwelt
5. Jugendgesundheit und -sicherheit
6. Kultur, Sport und Freizeit
7. Gender
8. Kooperation und Globalisierung
In der Folge wurde eine nationale Entwicklungsstrategie für die Jugend erarbeitet, in
der die Regierung sich der nachhaltigen Entwicklung Ruandas verschrieben hat. Das
Dokument analysiert sehr ausführlich die Herausforderungen der Jugend in Ruanda
und entwickelt erste Ansätze für eine Strategie zur Bewältigung ebendieser. Im Sektor
Einheit und Versöhnung sieht die ruandische Regierung die Entwicklung kontextangepasster
Bildungsprogramme für Jugendliche vor. Hierdurch sollen etwa die
Spätfolgen des Genozids systematisch aufgearbeitet werden. Im Bereich Armut und
Jugendarbeitslosigkeit plant der Staat, allen jungen Ruanderinnen und Ruandern den
Zugang zu Bildung zu ermöglichen und sie mit einem Schwerpunkt in modernen
Kommunikations- und Informationstechnologien auszubilden. Darüber hinaus sollen
in der Legislative Gesetze eingebracht werden, die Jungendliche vor Ausbeutung am
Arbeitsplatz schützen. Zudem sollen sie durch Maßnahmen fortgebildet werden, die
ihnen die Unternehmensgründung ermöglichen soll, um so den Arbeitsmarkt weiter
auszubauen. In Bezug auf Umwelt sollen unterschiedliche Programme für den Umweltschutz
und dem nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen auf den Weg
gebracht werden. Ein weiteres elementares Feld, in dem bis 2012 so große Fortschritte
gemacht werden konnten, dass die ruandische Regierung in den Regierungsverhandlungen
von 2011 darum bat, nicht mehr extern in diesen Bereich einzugreifen,
ist Gesundheit. Als Zeichen ruandischer Eigenverantwortung nimmt dieses
Ressort in der Jugendstrategie eine wichtige Rolle ein. So wird der Aufklärung über
HIV/AIDS insbesondere unter Jugendlichen große Aufmerksamkeit geschenkt. Ein
Indikator für die Eigenverantwortung ist die Tatsache, dass die ruandische Regierung
zukünftig selbst ein Monitoring- und Evaluierungssystem über die Erfolge in der
AIDS-Bekämpfung einrichten wird. So lassen sich Erfolge evaluieren und eventueller
neuer Handlungsbedarf feststellen. Im Sektor Kultur, Sport und Gesundheit nimmt
die ruandische Regierung sich in ihrem Jugendprogramm vor, junge Menschen durch
unterschiedlichste Sport und Freizeitaktivitäten zu fördern. Zu einem gewissen Grad
sollen hierfür Schulstrukturen genutzt werden. Als der Staat mit dem weltweit höchsten
Anteil weiblicher Abgeordneter, nimmt die Geschlechtergleichstellung eine maßgebliche
Rolle in der nationalen Jugendstrategie ein. Die Regierung bekräftigt dementsprechend
ihre Bemühungen alle Frauen im Land zum Schulbesuch zu animieren
und hierfür die Kapazitäten bereitzustellen. Zudem sollen Frauen dazu ermuntert
werden, sich an Entscheidungsfindungsprozessen zu beteiligen und noch stärker in
Jugendorganisationen zu engagieren. Im Zuge der Felder Kooperation und Globalisierung
stärkt der ruandische Staat durch kontextangepasste Programme die Zu-
33

sammenarbeit ruandischer Jugendlicher auf nationaler Ebene. Im internationalen
Kontext wird großer Wert auf den Austausch mit Partnern im Ausland gelegt (MYCS:
27-31)
Literatur:
United Nations, Department of Economic and Social Affairs, 2012: World population
Prospects, the 2010 Revision (abrufbar unter: http://esa.un.org/unpd/wpp/Sorting-
Tables/tab-sorting_population.htm [13.08.2012])
The Republic of Rwanda, Ministry of Youth, Culture and Sports (MYCS), o.J.: National
Youth Policy
Jugendorganisationen in Ruanda
Unter der Vielzahl an Organisationen wurden im Folgenden die relevantesten
ausgewählt:
Rwanda National Youth Council
Der in der Verfassung festgeschrieben und durch Parlamentsakt bestärkte Jugendverband
wurde 2003 ins Leben gerufen. Er ist für die Jugendarbeit zuständig. Es ist
die einzige Organisation, die wirklich landesweit dezentral organisiert ist und verfolgt
das Ziel, die Jugend aktiv in die sozio-ökonomische Entwicklung und friedvolle gesellschaftliche
Transformation einzubinden. Der Verband ist auch verantwortlich für
die sog. Itorero Camps, in deren Anschluss Leistungsverträge geschlossen werden,
um das Leben der Jugendgemeinschaften zu verbessern. Während -er Camps soll -
nach dem Selbstverständnis des Verbandes - vor allem das „patriotische Verständnis,
sowie das Selbstbewusstsein und positive Werte“ gefördert werden. Bei dieser
Zielsetzung wird bereits deutlich, dass die Organisation politisiert ist und aktiv von
der Regierung zur Mobilisierung der Jugendlichen eingesetzt wird. Die Mitglieder
sind hauptsächlich Funktionäre auf Sektor- und Distriktebene. Ihre Arbeit ist insbesondere
erfolgreich in der Förderung von Kooperativen, welche sich zur effektiveren
wirtschaftlichen Entwicklung gründen sollen. Der Verband wird überwiegend von der
ruandischen Regierung finanziert, bezieht aber zusätzliche Mittel von externen Gebern.
Die Auseinandersetzung mit zivilgesellschaftlichen Elementen gestaltet sich
schwierig.
Forum de Jeunes Giramahoro
Dieses Jugendforum setzt sich aus 18 unterschiedlichen Organisationen zusammen,
welche sich mit Kultur- und Friedensförderung beschäftigen. Als Dachorganisation
ist es auch für den Aufbau und die Leitung des Jugendzentrums in Kimisagara zuständig.
Das Forum befindet sich allerdings gerade in einer Umstrukturierungsphase.
Während viele der Mitglieder nicht mehr aktiv sind, haben andere Organisationen wie
die Theatergruppe Espérance Mitgliedsanträge gestellt . Dieses Jahr soll eine Mitgliederversammlung
stattfinden, um neue Mitglieder aufzunehmen und über eine
34

Strategie für die folgenden Jahrezu beraten und abzustimmen. Von der Wahl des
neuen Vorstandes und dessen Engagement hängt auch der künftige Aktivitätsgrad
des Forums ab.
Die aktiven Mitgliederorganisationen bieten allerdings ebenfalls die Möglichkeit
mit entsprechenden Counterparts in Rheinland-Pfalz zu kooperieren. Nach Aussage
des Sekretärs des Forums sind diese auch entsprechend gut organisiert, so dass
eine Kooperation erfolgreich verlaufen könnte. Es handelt sich dabei um:
Association de Guides: die weiblichen Pfadfinder; national organisiert
Association de Scouts: die männlichen Pfadfinder, national organisiert
Association National pour la Promotion du Sport Féminin
Association National pour la Promotion des Jeunes et le Developement
(AJDR)
KORA : Theatervereinigung
Eglise Episcopale (EER Diocèse Shyira) : regional auf die Diözese
Shyira beschränkt
Jeunes Etudiantine Chrétienne
Jeunes Ouvrière Chrétienne: hier gibt es eine Jungen- und eine Mädchenvereinigung
Jeunes Volontaire de Kigali: Zusammenschluss von ehrenamtlich tätigen
jungen Menschen in Kigali
Mouvement Xavérie du Rwanda: die „christlichen Pfadfinder“
Association de Taxi Vélos – UNATAVE
PAJER: Kulturvereinigung auf Sektor-Ebene,
AJEPRODOH: konzentriert sich auf Menschenrechte und gute Regierungsführung
Kirchliche Vereinigungen
Die unterschiedlichen Kirchen haben dezentrale Jugendverbände sowie nationale
Vertretungen. Teile von ihnen sind im Forum de Jeunes Giramahoro vertreten (s.o.).
Folgende kirchliche Vereinigungen gibt es:
Jeunesse Adventiste
Mouvement Xavérie du Rwanda
Jeunesse Etudiante Chrétienne
Jeunesse Ouvrière Chrétienne
Groupe Biblique Universitaire
Kunst und Kultur
Wie oben bereits erwähnt, gibt es hier die PAJER, welche sich jedoch hauptsächlich
aus Funktionären zusammensetzt. Im zivilgesellschaftlichen Bereich gibt es gerade
in Kigali einige Initiativen, wovon viele im Jugendzentrum in Kimisagara oder aber
auch im Jugendzentrum in Gisenyi zusammenlaufen. Genannt seien hier:
AJSK Espérance: Theater und Fußball für den Frieden
ADAP: Drogenprävention durch modernen Tanz und Akrobatik
Holy Jah Doves Orchestra: Raggae Gruppe
35

HEZA Project: Radio
PROSCITE: veranstalten eine Art Quiz
UTUNYANGE: Vereinigung von Primarschülern, die traditionelle Tänze
aufführen
Sport
Im Bereich Sport gibt es eine Vielzahl von Vereinigungen über die unterschiedlichsten
Sportarten. Auch arbeiten sie lokal begrenzt und sind nicht national aufgestellt.
Deren Organisationsgrad, welcher für Kooperationsfähigkeit entscheidend ist, ist jedoch
von Vereinigung zu Vereinigung unterschiedlich. Grundsätzlich lässt sich jedoch
feststellen, dass die Vereinigungen, die an ein Jugendzentrum wie Kimisagara
oder in Gisenyi angegliedert sind, einen höheren Organisationsgrad aufweisen. Eine
Kooperation mit Verbänden auf dem Land ist schwierig, obwohl es hier eine Vielzahl
von lockeren Zusammenschlüssen gibt. Hier eine Auswahl:
FAYT: Karate
IPPON: Karate
Volontaire: Fußball
Umoja: Fußball
Kimisagara Boxing Club
Tischtennisverein Nyanza
Quelle: Koordinationsbüro der Partnerschaft in Kigali
Situationsbericht zur Jugend in Ruanda
"Chancen erkennen und nutzen"
Wir machen uns keine Sorgen über unsere Zukunft – es wird schwierig, aber gut!“ Es
wäre wünschenswert diesen Satz öfter aus dem Mund von jungen Ruandern zu hören.
Dass jedoch gerade Theaterstudenten, die bald als Lehrer an die Schulen gehen
sollen, dies aus Überzeugung sagen, ist besonders erstaunlich. Schule ist in Ruanda
immer noch ein Ort des puren, meist frontalen Lernens. Der Schulalltag ist streng
geregelt und die methodologische Vielfalt eingeschränkt. Dies soll mit den Theaterlehrern
nun anders werden. Sich jedoch in das streng geregelte administrative und
hierarchische System an den Schulen einzufügen, wird eine immense Herausforderung.
Warum also dieser Optimismus?
Zuerst einmal haben sie studiert; ein Wunsch, den fast jeder junger Ruander teilt.
Auch die Absolventen der so geförderten Berufsschulen sehen dies eigentlich nur als
Zwischenstation zum Studium, da sie nur so Hoffnung auf ein besseres Leben und
ein auskömmliches Einkommen sehen. In einem Land, das seine weitere Entwicklung
auf den Bankensektor und die Informationstechnologie stützt, verwundert dieser
Wunsch nicht. Leider gibt es aber bei weitem nicht genügend Studienplätze und die
36

Kosten hierfür sind so hoch, dass sich die wenigsten Familien ein Studium leisten
können. Einige wenige haben die Chance eine Arbeit als Wachmann oder ähnliches
zu finden. So trifft man viele Nachtwächter, die abends über ihren Büchern sitzen
und für ihr Studium, welches sie tagsüber absolvieren, lernen. Dies setzt aber nicht
nur Glück sondern auch ein immenses Durchhaltevermögen voraus. Die Theaterstudenten
haben noch einen weiteren großen Vorteil. Durch die Neuartigkeit des Programms
und den Mangel an anglophonen Lehrern haben sie einen gesicherten Arbeitsplatz.
Dies gibt ihnen eine Perspektive, die viele junge Ruander nicht haben.
Auch Studenten beschreiben ihre Aussichten auf einen Arbeitsplatz als schwierig –
c’est difficile – aber bis dahin wird man sich schon arrangieren – on se débrouille.
Doch dies ist im Vergleich zum Alltag vieler Jugendlicher auf dem Land bereits eine
privilegierte Situation. Durch die stete Verbesserung des Bildungssektors soll hier
Abhilfe geschaffen werden. Entgegen der weitläufigen Meinung sehen aber nur 12%
der ruandischen Jugendlichen Bildung als Teil ihrer Zukunftsstrategie. Nur zum Vergleich:
in Burundi sind dies 85% (Sommers & Uvin 2011: 5). Wie sieht also ein Tag
im Leben eines Jugendlichen aus, der im ländlichen Raum groß wird? Viele gehen
täglich Wasser holen und laufen mehrere Kilometer zur Schule. Nicht selten sind sie
auch dafür verantwortlich das Feuerholz zum Kochen zu suchen. Damit gehen
durchschnittlich mehr als 28 Stunden pro Woche verloren, welche nicht für Hausaufgaben
oder Freizeitaktivitäten genutzt werden können. Auf der Sekundarschule angekommen,
gibt es dann sog. clubs, die mit den deutschen AGs vergleichbar sind.
Hier ist die einzige Möglichkeit, sich kreativ zu betätigen. Es gibt Debattierclubs,
Theaterclubs und auch Clubs zu gesundheitlichen Themen wie HIV/Aids oder gesellschaftlichen
Themen wie Versöhnung. Sport ist immer eine gern gesehene Abwechslung
– Kinder spielen in jeder freien Minute Fußball. Aber auch Volley- und Basketball
erfreuen sich immer größerer Beliebtheit.
Der Tag in den Internaten ist streng geregelt: „Wir stehen morgens um sechs Uhr auf
und beten. Danach wird gefrühstückt und der Unterricht beginnt. Nach einer einstündigen
Mittagspause geht der Unterricht weiter bis 16 Uhr. Anschließend können wir
eine Stunde Sport machen, bevor wir lernen müssen. Abendessen gibt es dann um
19 Uhr und danach wird wieder gelernt bis zur Nachtruhe um 22 Uhr.“ erzählt ein
Schüler eines katholischen Internats. Was will er nach der Schule mit dem Abschluss
machen? „Studieren.“
Wenn hierfür aber die Mittel fehlen, geht es zuerst einmal zurück auf den Hügel der
Eltern. Hier werden die Schüler dann mit einer ganz anderen Realität konfrontiert.
Haben sie in den Internaten an der Modernisierung schnuppern können, ist diese auf
dem Land noch relativ weit weg. Zählte in den Schulen noch das Interesse an amerikanischem
Hip Hop, geht es nun darum, wann endlich das Haus fertiggestellt ist.
Dies ist Voraussetzung zur Gründung einer Familie. Die Jugendlichen sind also hin
und her gerissen zwischen Moderne und Tradition. Gleichzeitig wird es aufgrund der
Modernisierungsmaßnahmen immer schwieriger, den Traditionen nachzukommen.
Es gibt mittlerweile strenge Auflagen, wo und wie ein Haus gebaut werden darf. Da-
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für sind auch mehr finanzielle Mittel nötig. Es ist jedoch sehr schwer, diese allein
durch die Landwirtschaft zu erwirtschaften. Somit stehen die jungen Erwachsenen
unter einem erheblichen Druck, den Normen und Werte auf sie ausüben. Aufgrund
der Modernisierung können viele den traditionellen Verpflichtungen nur schwerlich
nachkommen. Verstärkt wird dies durch die fehlende Perspektive, denn das Studium
bleibt oftmals unerschwinglich und somit auch die vermeintliche Chance auf ein besseres
Leben.
„Die jungen Leute heiraten immer später und dies ist in den Augen der älteren Generation
immer noch ein Zeichen von Schwäche“, beschreibt ein Sozialarbeiter die Lage.
Gleichzeitig scheinen die Menschen aber auch nicht bereit, ihre Traditionen und
Bräuche an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Die Jugendlichen schwärmen
also für ein Leben, was den Eltern fremder nicht sein könnte. Auch gibt es in den
Familien häufig vier oder mehr Kinder, sodass eine individuelle Förderung der Kinder
unter den häufig ärmlichen Umständen schwierig ist. Eine typische Eltern-Kind-
Beziehung gibt es häufig nicht. Insbesondere in der Stadt, wo die Jugendlichen noch
vielmehr dem direkten Einfluss von Drogen und Alkohol ausgesetzt sind, rutschen
einige Jugendliche ab. Ihnen fehlen die Ventile, um Frustration abzubauen. Diese
Ventile fehlen oft auch auf dem Land – nicht ohne Grund bestand die berüchtigte
Interahamwe 3 aus jungen, gewaltbereiten Menschen, die sonst keine Perspektive
sahen.
Dieser brisanten Mischung aus Perspektivlosigkeit, Zugangsschwierigkeiten zu höherer
Bildung, Druck der Moderne und Druck der Traditionen versucht der Staat bereits
entgegenzuwirken und konzentriert sich insbesondere auf einkommensschaffende
Maßnahmen. Dies gibt den jungen Menschen nicht nur eine Beschäftigung, sondern
auch finanzielle Mittel, um Pläne in die Tat umzusetzen. Dies kann jedoch ein zivilgesellschaftliches
Engagement nicht ersetzen. Durch Freizeitbeschäftigungen, wie
sie an den wenigen Jugendzentren in Ruanda angeboten werden, werden Jugendliche
nicht nur individuell gefördert, sondern sie können sich auch mit anderen Jugendlichen
austauschen und Ideen sammeln, diskutieren und weiterentwickeln. Das
Freizeitangebot in Kigali wächst stetig – zuletzt durch die Gründung einer Musikschule.
Die Nutzung dieses Angebots ist jedoch häufig den reicheren Familien vorbehalten.
Auch gibt es in Kigali mehrere Jugendzentren. In größeren Städten wie Butare
und Gisenyi wird die Jugendarbeit zunehmend vorangetrieben. Solche Initiativen fehlen
jedoch noch flächendeckend und so fallen viele Jugendliche durch das Netz.
Schulbesuche zeigen immer wieder, welches Potential in der Jugend steckt
:Kreativität, Innovation, Wissen, sportliches sowie musisches Können und Einfallsreichtum.
Um Präsident Paul Kagames Worte „die Jugend ist nicht nur unsere Hoffnung
für eine bessere Zukunft sondern insbesondere auf ein besseres Jetzt“ (zitiert
3 Die Interahamwe war ursprünglich die Jugendorganisation der MRND (Mouvement Républicain National
pour la Démocratieet le Développement), die 1990 von dem damaligen Präsidenten Juvénal
Habyarimana gegründet wurde. Sie entwickelte sich jedoch schnell zu einer Kampfmiliz und war als
Hutu-Miliz wesentlich am Genozid 1994 beteiligt.
38

nach Storrs 2010) wahr werden zu lassen, braucht es jedoch mehr als einkommensschaffende
Maßnahmen. Das Entwicklungspotential der Jugendlichen ist mindestens
genauso groß wie das Gewaltpotential. Ersteres braucht jedoch mehr Anschub und
wird gerade durch konkrete Maßnahmen der zivilgesellschaftlichen Jugendarbeit wie
Freizeitangebot und informelle Beratung unterstützt.
Ob dadurch die Perspektivlosigkeit in Bezug auf Ausbildungschancen bewältigt werden
kann, wird sich noch zeigen müssen. Die Jugendlichen wissen aber zumindest,
dass es Alternativen gibt. Sie könnten ihr Entwicklungspotential nutzen. So warten
auf die Jugendlichen in Ruanda viele Herausforderungen und Enttäuschungen, aber
auch viele Chancen, die sie hoffentlich erkennen und nutzen können.
Verfasst von Charlotte Kuhlmann, Koordinationsbüro in Kigali
Literatur:
Sommers & Uvin (2011): Youth in Rwanda and Burundi – Contrasting Visions, Special Report
293, United States Insitute of Peace
Storrs (2010): Millions suffer from underdevelopment and poverty when money is needlessly
spent on weapons. http://web.uconn.edu/unescochair/Media/May_25_2010.htm
(29.08.2012)
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IV. Partnerschaft Rheinland-Pfalz / Ruanda
Organisation der Partnerschaft Rheinland-Pfalz / Ruanda
Vertragliche Grundlagen
07.06.1982 Briefwechsel über die Aufnahme partnerschaftlicher Beziehungen
03.05.2002 Vereinbarung zur Vertiefung der partnerschaftlichen Zusammenarbeit
Einführung
Die Partnerschaft zwischen Rheinland-Pfalz und Ruanda feiert in diesem Jahr ihr 30-
jähriges Jubiläum. Was 1982 als ein ungewöhnlicher Versuch zweier Länder zur
Neugestaltung von Entwicklungspolitik begann, ist heute zu einem international anerkannten
Modell einer bürgernahen, dezentralen und effizienten Entwicklungszusammenarbeit
geworden. Bei der Tsunami-Katastrophe in Südostasien im Jahr 2004
diente es bundesweit als Modell für die Gestaltung nachhaltiger Partnerschaften mit
den betroffenen Gemeinden. Die Partnerschaft genießt in der ruandischen Bevölkerung
einen hervorragenden Ruf und ist auch in der rheinland-pfälzischen Bevölkerung
inzwischen tief verwurzelt. Sie ist aufgrund der breiten Zustimmung ein Teil der
politischen Kultur von Rheinland-Pfalz geworden. Heute unterhalten neben 50 Kommunen,
55 Vereine, Stiftungen und Organisationen, auch 15 Pfarreien sowie vier
Hochschulen Beziehungen zu ruandischen Partnern.
Die Konzeption der Partnerschaft beruht darauf, dass sie in beiden Ländern von den
Kommunen und den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen aktiv gestaltet wird.
Diese so genannte „Graswurzelpartnerschaft“ hat sich gerade in den problematischen
Zeiten des Bürgerkrieges sehr bewährt. Die beiden Regierungen bieten lediglich
den Rahmen, um die Zusammenarbeit der Partner vor Ort zu ermöglichen. Die
ruandische Bevölkerung soll eigenverantwortlicher Gestalter und Träger der Entwicklungsmaßnahmen
sein. Die Partner in Ruanda schlagen jeweils die Projekte vor, die
ihnen am dringlichsten und sinnvollsten erscheinen; die rheinland-pfälzischen Partner
bemühen sich darum, die finanzielle und materielle Unterstützung bereit zu stellen.
Die Projekte werden im Sinne der „Hilfe zur Selbsthilfe“ umgesetzt, so dass
Hilfsgüter nach Möglichkeit nicht nach Ruanda exportiert, sondern dort produziert
werden.
Im Beisein des früheren rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Bernhard Vogel,
der die Partnerschaft mit Ruanda 1982 ins Leben rief und einer ruandischen Delegation
unter Leitung vom Minister für Lokale Angelegenheiten, James Musoni, wurde
am 18. Mai 2012 der landesweite Ruanda-Tag im Rahmen des Verfassungsfestes
des rheinland-pfälzischen Landtages in Mainz mit afrikanischer Musik und Essen gefeiert.
Zum 30. Partnerschaftsjubiläum ist es gelungen, 30 neue Schulpartnerschaften
auf den Weg zu bringen.
40

Im September 2011 fand in Koblenz im Rahmen der Bundesgartenschau der jährliche
Ruanda-Tag unter dem Motto „One Tree per Child- Bäume machen Schule“
statt. Neben Ministerpräsident Kurt Beck und Minister des Inneren, für Sport und Infrastruktur,
Roger Lewentz, nahmen auch die ruandische Botschafterin Christine
Nkulikiyinka und der Staatsminister des ruandischen Bildungsministeriums, Dr. Mathias
Harebamungu, teil.
Im Jahr 2010 besuchte Kurt Beck den Ruanda-Tag in Prüm und zeigte sich beindruckt
von der großen Zahl junger Menschen, die sich für das Gelingen des Tages
eingesetzt hatten.
Im Rahmen des Ruanda-Tages in Neuwied im Jahr 2009, an dem auch der frühere
Bundespräsident Horst Köhler teilnahm, stellte der Verein Partnerschaft Rheinland-
Pfalz / Ruanda die Neuwieder Erklärung zur Zukunft der Partnerschaft vor (siehe
Anhang). Sie wurde vor Ort dem Bundespräsidenten übergeben und soll ein Signal
neuer Orientierung und Selbstverpflichtung in der Partnerschaftsarbeit sein. Um auf
den Wandel in Ruanda und damit auf einen Wechsel in Schwerpunkten hinzuarbeiten,
wurde die Neuwieder Erklärung anlässlich der Gemeinsamen Kommission in
Mainz aktualisiert und ergänzt.
Institutionen
Den institutionellen und organisatorischen Rahmen der Partnerschaft mit Ruanda
schafft die rheinland-pfälzische Landesregierung. Sie nimmt Anregungen auf, gibt
eigene Impulse, regt neue Kontakte an, vermittelt Projekte zwischen einzelnen Partnern
und hilft bestehende Beziehungen zu verbessern. Sie versucht, die gegenseitige
Kenntnis durch Informationen und Öffentlichkeitsarbeit zu fördern und zu vertiefen,
und bemüht sich, im Dialog mit der Regierung und den politischen Kräften im
Partnerland den Weg frei zu machen für eine möglichst reibungslose Verwirklichung
der Vorhaben.
Im Ministerium des Innern und für Sport begleitet das Referat "Entwicklungszusammenarbeit
mit dem Partnerland Ruanda" den Kontakt zwischen den rheinland-pfälzischen
und den ruandischen Partnern, bietet fachliche und organisatorische
Hilfe bei der Durchführung der einzelnen Projekte und veröffentlicht regelmäßig aktuelle
Informationen zu Ruanda. Darüber hinaus verwaltet das Referat die vom Landtag
für die Partnerschaft mit Ruanda bereit gestellten Haushaltsmittel. Damit können
sinnvolle Projekte im Partnerland bezuschusst werden, welche die finanziellen Möglichkeiten
der Partner allein überfordern würden. So konnten zwischen 1982 und
2011 rund 1.700 Projekte verwirklicht und dadurch die Lebensbedingungen vieler
ruandischer Menschen nachhaltig verbessert werden. Unter dem Leitsatz 'Hilfe zur
Selbsthilfe' wurde die Partnerschaft mit Ruanda im Zeitraum 1982 bis 2011 mit rund
70 Millionen Euro gefördert, davon waren etwa ein Fünftel Spenden.
In der konkreten Zusammenarbeit stellte sich heraus, dass zur reibungslosen und
effizienten Durchführung der vielen Partnerschaftsprojekte ein weiteres Instrument
erforderlich war, insbesondere zur Weiterleitung der Hilfsgelder nach Ruanda, zur
Verteilung der Hilfsgüter aus Rheinland-Pfalz, zur Beurteilung und Überwachung der
Projekte sowie zur Prüfung von Kostenvoranschlägen und Abrechnungen vor Ort. Da
41

das Land Rheinland-Pfalz selbst aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 32 GG)
nicht tätig werden konnte, wurde bereits am 11. März 1983 der "Verein Partnerschaft
Rheinland-Pfalz / Ruanda e.V." gegründet, dem Vertreter politischer Parteien
im Landtag, der Landesregierung und von Kommunen, Schulen, Kirchen, der
Handwerkskammern, der örtlichen Partnerschaftsvereine sowie viele Privatpersonen
angehören. Aufgabe des Vereins ist es, die Hilfestellung für die Partnerschaft zu leisten,
die von der Landesregierung selbst nicht übernommen werden kann. Dazu gehören
die Auszahlung der finanziellen Hilfen in Ruanda, Begleitung der Projektplanung,
Überwachung der Projektdurchführung und Projektabrechnung vor Ort sowie
die Beantragung von Zuschüssen aus Landesmitteln.
Die direkte Betreuung der Partnerschaftsprojekte in Ruanda erfolgt durch ein Koordinationsbüro
in der Hauptstadt Kigali, das in der Trägerschaft des Vereins steht.
Der Verein ist damit Arbeitgeber des dortigen Personals. Die deutschen und ruandischen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Büros stehen in Kontakt mit den ruandischen
Partnern, sie betreuen den Fortgang der Projekte und kontrollieren den Einsatz
der Mittel. So wird gewährleistet, dass die Projektgelder, die von der rheinlandpfälzischen
Bevölkerung und der Landesregierung aufgebracht werden, auch tatsächlich
vor Ort ankommen und bestimmungsgemäß verwendet werden. Das Büro
wird seit April 2011 von Uwe Mayer geleitet. Sein Vorgänger Michael Nieden ist seit
Mai 2011 Leiter der Geschäftsstelle des Partnerschaftsvereins in Mainz.
Das Gebäude, das als Sitz des Koordinationsbüros dient, ist eines der ältesten der
Stadt Kigali. Es wird zu einer symbolischen Miete von der ruandischen Regierung zur
Verfügung gestellt. Im Laufe der Jahre wurde es mehrfach erweitert, zuletzt 2007.
Aufgrund des bestehenden Masterplanes der Stadt Kigali soll das Bürogebäude voraussichtlich
noch in diesem Jahr geräumt werden und abgerissen werden. Die ruandische
Seite hat angekündigt, im Rahmen der Delegationsreise eine Alternative
vorzustellen.
42

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Koordinationsbüros und ihre Aufgabenbereiche:
Direktorium
Leiter (Verwaltung)
Uwe Mayer
Koordinatoren
Bereich „Soziales“, Kleinprojekte, Charlotte Kuhlmann
„Schulpartnerschaften, Patenschaften“
Bereich „Bau und Wasserversorgung“ Christoph Weber
Sachbearbeiter
Bereich „Schülerpatenschaften“ Félicité Nyiranshuti
Bereich „Sozial- und Mikroprojekte“ Espérance Muteteli
Buchhaltung
Siméon Habumugisha
Buchhaltung, Fahrzeuge, Logistik Jean-Claude Kazenga
Wasserprojekte
Bereich „Bau und Konstruktion“ Bau
und Konstruktion ist m.E. das Gleiche
Jean-Aimé Mugabo und Diane
Umumararungu, Allen Mugisha (Praktikant)
Bereich „Schulpartnerschaften“, „Zusammenarbeit
mit Jumelagekomitees“
Sekretariat
Sekretariat/Empfang und Übersetzungen
FSJ
FSJ – Weltwärts im Bereich „Schulpartnerschaften“
FSJ - Weltwärts im Bereich „Sozialund
Mikroprojekte“
Fahrer
Jean-Baptiste Bicamumpaka und Guylain
Kabagambe
Marie-Claire Mukagatera
Marie-Jeanne Semnar
Florian Holz
Xavier (Ally) Buregeya
Richard Mashavu
Im August 2007 hat der Landtag Rheinland-Pfalz aus Anlass des 25-jährigen Bestehens
der Partnerschaft einen Entschließungsantrag der Landtagsfraktionen zur
Partnerschaft Rheinland-Pfalz/Ruanda verabschiedet (siehe Anhang). Unter dem
Titel „25 Jahre Partnerschaft Rheinland-Pfalz / Ruanda: Neue Impulse für ein erfolgreiches
Entwicklungsmodell. Aus Partnern wurden Freunde“ bekräftigen alle Fraktionen
des rheinland-pfälzischen Landtags ihr Bekenntnis zur Partnerschaft und den
Willen, der Kooperation neue Akzente zu geben.
In der Zeit vom 14. bis 15. Juni 2010 fand in Mainz die 9. Gemeinsame Kommission
statt. Sie wird alle vier Jahre mit Vertretern von Rheinland-Pfalz und Ruanda abgehalten,
um gemeinsame Ziele festzulegen. Die ruandische Delegation wurde von
der inzwischen verstorbenen Staatsministerin Marie-Christine Nyatanyi und die rheinland-pfälzische
Delegation von Innenminister Karl Peter Bruch angeführt. Beide Sei-
43

ten hoben die besondere Bedeutung dieser Partnerschaft zwischen beiden Ländern
hervor. Im Rahmen dieser Fachtagung wurden die Schwerpunkte der Partnerschaft
für die kommenden Jahre festgelegt. Diese liegen vor allem in den Bereichen der
beruflichen Bildung und der Einführung der zwölfährigen Schulpflicht. Aber auch Fragen
der Umwelt, des Naturschutzes und erneuerbarer Energien und ein stärkerer
wirtschaftlicher Austausch sind als bestimmende Inhalte angesehen worden. Zudem
soll in Zukunft noch mehr Wert auf den Austausch von Wissen und Kultur gesetzt
werden.
Ein Ergebnis der Gemeinsamen Kommission war die Unterstützung des Baumpflanzprogramms
„One Tree per Child“ der ruandischen Regierung.
Zusammenarbeit der Universitäten
Im Rahmen der seit 1985 bestehenden Partnerschaft zwischen der Universität
Mainz und der Université National du Rwanda (UNR) in Butare arbeiteten Wissenschaftler
beider Universitäten bis 2006 im Projet Agricole et Sociale Interuniversitaire
(PASI) vor allem an der Optimierung des ökologischen Landbaus in den Tropen.
Die 25-jährige Zusammenarbeit zwischen der Universität Mainz und der UNR wurde
im Dezember 2007 mit einer Vortragsreihe gewürdigt.
Die Universität Koblenz-Landau unterhält seit 1999 eine Partnerschaft mit der UNR
und dem Institut für Wissenschaftliche und Technische Forschung (IRST) von Ruanda.
Schwerpunkte der Kooperationsprojekte sind die Erhaltung der Biodiversität,
Schutz der Boden- und Wasserressourcen, ökologischer Landbau und Nutzung
ruandischer Medizinalpflanzen. Neben der Unterstützung der Lehre an der UNR
werden akademische Austauschmaßnahmen und gemeinsame Tagungsveranstaltungen
durchgeführt.
Aufbauend auf langjährigen Erfahrungen hat die Universität Koblenz-Landau in
Ruanda ein Konzept zur Erhaltung der Biodiversität des größten Bergnebelwaldes
Ostafrikas - dem im Forêt de Nyungwe - durch Anlage eines agroforstlichen Schutzgürtels
auf einer Fläche von 7000 Hektar mit allein 2000 Pflanzenarten und überragender
Bedeutung für die Wasserreserven des Landes entwickelt. Das Projekt wird
mit einem Fördervolumen von 1,6 Millionen Euro durch das Bundesumweltministerium
im Rahmen der internationalen Klimaschutzinitiative gefördert.
Am 19. August 2002 unterzeichnete die Fachhochschule Trier ein Kooperationsabkommen
mit dem IRST. Ziel der Zusammenarbeit ist der wissenschaftliche Austausch
auf dem Gebiet "Einsatz erneuerbarer Energien", insbesondere der Solarenergie
in Ruanda.
Die Kooperation der TU Kaiserslautern mit dem KIST hat als wesentliches Ziel,
den Ausbildungsprozess durch Studienangebote an der TU für qualifizierte ruandische
Studierende zu beschleunigen und zu verbessern. Im Juni 2005 haben die ersten
15 Studierenden aus Ruanda ihr Studium an der TU aufgenommen, das nach
einem einjährigen Deutschkurs mit dem Fachstudium fortgesetzt wird. Die Studierenden
werden vor Ort in Ruanda von Vertretern der TU Kaiserslautern ausgewählt. Ne-
44

en der Qualifikation ist ein weiteres Auswahlkriterium, alle sozialen Schichten anzusprechen
und insbesondere junge ruandische Frauen zu interessieren. Derzeit studieren
rund 60 ruandische Studierende an der TU.
Neben dem Studienaufenthalt ruandischer Studierender ist eine Kooperation im
Energiesektor geplant. Themen sind Energieeinsparung, Energieeffizienz, Biomasse
und Biogas, Kochöfen mit Pflanzenöl, Geothermie in der Region der Vulkanberge,
Klimaverbesserung in den Hütten, Lebensmittelbevorratung mittels solarer Trocknung
und Trinkwasseraufbereitung.
Zusammenarbeit im Bereich der Energie- und Umweltpolitik und des Naturschutzes
Im Rahmen des Besuchs der ruandischen Delegation aus Anlass des 25-jährigen
Bestehens der Partnerschaft im September 2007 unterzeichneten die Umweltminister
beider Länder eine Absichtserklärung zur Kooperation im Bereich der Energieund
Umweltpolitik und des Naturschutzes.
Schwerpunkte der Kooperation sind Projekte und Maßnahmen zur Entwicklung einer
nachhaltigen Energieversorgung, zum Klimaschutz sowie zur Verbesserung der
Trinkwasserversorgung. Stellvertretend für den Aufbau erneuerbarer Energien im
ganzen Land soll hier das von den Mainzer Stadtwerken gebaute Solarkraftwerk in
Kigali genannt werden. Ebenfalls dem Klimaschutz verpflichtet, ist ein Projekt im
Rahmen der Kooperation der beiden Hauptstädte Mainz und Kigali zur Entwicklung
einer Abfall- und Kreislaufwirtschaft. Dazu gehört auch die Fassung eines der umweltrelevantesten
Schadstoffe, des Deponiegases, der immer noch in Betrieb befindlichen
Deponie Nyanza im Rahmen der Sanierung.
2001 wurde auf Initiative der damaligen Umweltministerin Klaudia Martini eine Vereinbarung
über einen Wasserfonds für Ruanda unterzeichnet. Der „Wasserfonds
Ruanda“ ist eine gemeinnützige Initiative des Gemeinde- und Städtebundes, des Ministeriums
für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz und des Vereins Partnerschaft
Rheinland-Pfalz / Ruanda e.V. In der Vergangenheit konnten drei Projekte in
Karambi-Mugano, Rwamweru und Ruramba gefördert werden. Die Finanzierung erfolgt
ausschließlich aus Spendenmitteln. Die Entscheidung über Förderprojekte fällt
ein Beirat. Dieser setzt sich aus zwei Vertretern des Fachbeirates „Eigenbetriebe und
kommunale Unternehmen Rheinland-Pfalz“ sowie einem Vertreter des Umweltministeriums
und des Vereins Partnerschaft Rheinland-Pfalz / Ruanda e.V. zusammen.
Die Abwicklung erfolgt über das Koordinationsbüro in Kigali. Der Fonds verfügt weiterhin
über Spendengelder, die in neue Projektvorschläge eingehen sollen
Der Naturschutzbund (NABU) Rheinland-Pfalz unterzeichnete im Sommer 2006
eine Kooperationsvereinbarung mit der Association pour la Conservation de la Nature
au Rwanda (ACNR) zum Erhalt des Nyungwe Regenwaldes. Durch Umwelterziehung
und nachhaltige Nutzung soll ein gemeinsames Projekt helfen, Ressourcen zu
bewahren und Armut zu reduzieren.
45

Schulpartnerschaften
Derzeit bestehen rund 220 Partnerschaften zwischen rheinland-pfälzischen und
ruandischen Schulen, davon auch einige zwischen Kindergärten, die sich durch einen
lebendigen Kontakt zwischen Kindern und Jugendlichen beider Länder auszeichnen.
Die Schulpartnerschaften sind bemüht, keine reine "Geber-Nehmer-
Mentalität" zu etablieren, sondern, ganz im Sinne der Partnerschaftsgrundsätze, zur
Mitgestaltung der "Hilfe zur Selbsthilfe" anzuregen. Obwohl solche Partnerschaften
nicht so einfach herzustellen sind wie zu einer französischen oder englischen Schule
– schon die Entfernung spielt eine wichtige Rolle –, werden durch Brief- und wenige
Mailkontakte mit der Partnerschule gegenseitige Kenntnisse von Lebens-, Schul- und
Arbeitsbedingungen vermittelt. Rheinland-pfälzische Schülerinnen und Schüler erhalten
ein Bild der Lebenssituation ihrer Altersgenossen in diesem anderen Kulturkreis.
Um das Engagement rheinland-pfälzischer Schüler und Lehrer zu unterstützen, vor
allem aber, um den Schulen Hilfestellung bei der Intensivierung und beim Aufbau
schulpartnerschaftlicher Kontakte zu geben, wurde die Handreichung "Schulpartnerschaften
zwischen Rheinland-Pfalz und Ruanda" vom Pädagogischen Landesinstitut
(PL) und vom Ministerium des Innern und für Sport in Zusammenarbeit mit dem Ministerium
für Bildung, Frauen und Jugend herausgegeben und in Kooperation mit
dem Verein Partnerschaft Rheinland-Pfalz / Ruanda in diesem Jahr aktualisiert.
Ergänzt wird die Handreichung durch eine Broschüre von Ejo-Connect, die sich zum
Ziel gesetzt hat, insbesondere junge Menschen für die Partnerschaft zu begeistern.
Im Jahr 2011 war eine achtköpfige Schulleiter- Delegation in Rheinland-Pfalz. Während
des zehntägigen Besuchs gewannen sie Einblicke in ihre Partnerschule und
den Alltag bei Lehrern und Schülern. In Seminaren des Pädagogischen Landesinstituts
in Speyer erlernten sie didaktische Methoden. Als Ergebnis dieses Besuches
reisten zwei Mitarbeiterinnen des Pädagogischen Landesinstituts Speyer Anfang dieses
Jahres nach Ruanda, um erste Schritte für eine zukünftige Kooperation des PL
mit dem KIE (Kigali Institut of Education) einzuleiten.
Im Jahr 2003 hat die Mainzer Kinderhilfsorganisation Human Help Network die landesweite
„Aktion Tagwerk“ ins Leben gerufen. An einem Tag vor den Sommerferien
arbeiten landes- bzw. bundesweit Schülerinnen und Schüler für Projekte in Entwicklungsländern,
in Rheinland-Pfalz vorwiegend für Projekte in Ruanda.
Weitere Projektschwerpunkte
Schulbildung
Zur Verbesserung der Grundschulbildung werden weiterhin insbesondere in ländlichen
Gegenden Primarschulen gebaut und ausgestattet, ältere Schulen werden renoviert.
Punktuell werden auch Projekte im Bereich der Sekundarschulen unterstützt,
wie beispielsweise der Bau von Schlafsälen oder die Ausstattung mit Schulmaterial.
Seit Beginn der Partnerschaft vor 30 Jahren konnten im Rahmen der Zusammenar-
46

eit der beiden Länder rund 650 Schulen gebaut beziehungsweise renoviert oder
ausgestattet werden. Bei der Umsetzung der von ruandischer Seite beschlossenen
neun- und bald zwölfjährigen Schulpflicht wird das Land Rheinland-Pfalz seinem
Partnerland tatkräftig zur Seite stehen.
Außerdem betreut das Referat „Entwicklungszusammenarbeit mit dem Partnerland
Ruanda“ im Ministerium des Innern und für Sport zurzeit rund 200 Patenschaften zu
ruandischen Sekundarschülerinnen und -schülern, deren Schulgeld, -material und -
kleidung von Paten übernommen wird.
Im Jahr 2005 wurden diese Patenschaften durch einen Ausbildungsfonds für Kinder
mit Behinderungen ergänzt. Seither konnten Patenschaften zu gehörlosen, körperoder
geistig behinderten Kindern vermittelt werden, die durch diesen Fonds die Möglichkeit
erhalten, zur Schule zu gehen. Außerdem hält der Fonds Mittel bereit, um
kleinere Operationen und Prävention durch Aufklärung zu finanzieren.
Gesundheitsprojekte
Die medizinische Versorgung der ruandischen Bevölkerung ist leider nach wie vor
unzureichend, obwohl sie sich diese durch die Einführung einer Krankenversicherung
sehr verbessert hat. Seit Beginn der Partnerschaft konnten mit rheinland-pfälzischer
Hilfe rund 140 medizinische Projekte durchgeführt werden. So wurden beispielsweise
für eine bessere medizinische Versorgung der Bevölkerung dezentrale Gesundheitszentren/
Krankenstationen gebaut und ausgestattet.
Nach Angaben der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (2009) sind 2,8 Prozent der
ruandischen Erwachsenen HIV-positiv, in der Hauptstadt Kigali lag die AIDS-Rate
2005 bei 16 Prozent. Durch rheinland-pfälzische Hilfen für Beratungszentren und
Selbsthilfevereine und -gruppen in Ruanda wird versucht, einen Beitrag zur Prävention
zu leisten und die betroffenen Menschen und ihre Familien zu unterstützen.
Nach dem Besuch einer Ärztedelegation der Universitätsklinik Mainz im Herbst 2005
in Ruanda wurden erste Schritte zu einer Kooperation zwischen den Universitätskliniken
Mainz und Butare unternommen. In den Sommersemesterferien 2006 absolvierten
erstmals fünf Studentinnen der Universitätsklinik Mainz eine mehrwöchige
Famulatur an der Universitätsklinik Butare, um Kontakte auch auf der studentischen
Ebene zu etablieren. Solche Famulaturen werden in den kommenden Semesterferien
fortgesetzt.
Projekte zur Wasserversorgung
Die Versorgung mit sauberem Trinkwasser ist eine wesentliche Voraussetzung zur
dauerhaften Verbesserung des Gesundheitszustandes der Bevölkerung. Daher werden
insbesondere Projekte der Trinkwasserversorgung gefördert, so z. B. die Fassung
von Quellen bzw. Bächen und der Bau von Verteilungsnetzen. 2002 wurde in
Kooperation mit dem Deutschen Entwicklungsdienst (DED) im rheinland-pfälzischen
Koordinationsbüro in Kigali ein Wasserbauingenieur eingestellt, der gemeinsam mit
den Verantwortlichen in den ruandischen Distrikten ein System der Nachhaltigkeit
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durch den Einsatz von so genannten Wasserkomitees für die Wasserprojekte entwickelte.
Die Bilanz seiner Tätigkeit sind der Bau und die Instandsetzung von zehn
Wasserleitungen, Quellfassungen oder Zisternen bis August 2005. Neben der reinen
Bautätigkeit war die Sensibilisierung der Verantwortlichen in den Distrikten wesentlicher
Bestandteil der Arbeit des Wasserbauingenieurs. Für die Sensibilisierung wurde
geeignetes didaktisches Material erarbeitet. Die Aufbautätigkeit des Wasserbauingenieurs
war sehr erfolgreich; die Fortführung seiner Arbeit wurde inzwischen vom
Koordinationsbüro übernommen.
Land- und forstwirtschaftliche Projekte
Von 1985-2006 betrieb die Universität Mainz mit Unterstützung des Landes Rheinland-Pfalz
das Projekt PASI, das nun in das Projekt PARES überführt wurde. Die
Projekte dienen der Erforschung und Umsetzung ökologischen Landbaus in Ruanda.
Weiterhin wurden verschiedene landwirtschaftliche Projekte durchgeführt, die sich
aus Landesmitteln und Spenden finanzierten. Dazu gehörten unter anderem Viehzucht-,
Bienenzucht- und Agroforstprojekte.
Handwerksförderung
Um die dringend notwendigen beruflichen Perspektiven von Jugendlichen und jungen
Erwachsenen zu verbessern und Alternativen zur Landwirtschaft zu schaffen,
werden Projekte junger Handwerker unterstützt, Werkstätten gebaut und ausgestattet
sowie die Vermarktung von Produkten gefördert.
Viele Jahre unterstützte die Handwerkskammer Rheinhessen die ruandischen
Handwerker der Region Rubavu (ehemals Gisenyi) dabei, tragfähige und anerkannte
Selbstverwaltungs- und Selbsthilfeeinrichtungen aufzubauen und ihre berufliche Ausund
Fortbildung auf ein professionelles Niveau anzuheben. Dazu wurden das Centre
des Métiers in Rubavu und sieben andere kleine Handwerkszentren rehabilitiert und
ausgerüstet. Das Projekt wurde im letzten Jahr beendet.
Frauenprojekte
Kleinen Kooperativen, die den Frauen ein zusätzliches Einkommen ermöglichen,
wird durch Starthilfen für die Ausstattung ihrer Projekte und durch Fortbildung der
Mitglieder geholfen.
Die Abteilung Frauen im zuständigen rheinland-pfälzischen Ministerium konzentriert
sich seit 2001 darauf, Voraussetzungen für einen Informations- und Ideentransfer zur
Lebenssituation der Frauen in Ruanda zu schaffen. Weiterhin sollen Foren bereitgestellt
werden, um Projekte für Frauen in Ruanda zu vernetzen und die eigenverantwortliche
Weiterentwicklung zu fördern.
Soziale Projekte
Den Straßenkindern wird durch schulische und berufliche Ausbildung die Möglichkeit
gegeben, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Die Mainzer Kinderhilfsorga-
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nisation „Human Help Network" (HHN) hat in diesem Bereich einen ihrer Arbeitsschwerpunkte
und wird bei ihren Projekten von der Landesregierung finanziell unterstützt.
Aber auch für bedürftige Menschen, Waisenkinder, Witwen, alte Menschen
und Menschen mit Behinderungen werden Hilfen gegeben.
Sportförderung
Die Zusammenarbeit im Sportbereich erfolgt auf rheinland-pfälzischer Seite im Wesentlichen
über den Landessportbund Rheinland-Pfalz. Der Schwerpunkt liegt bei
Förderung des Breiten- und Behindertensports, der auch durch den Behindertensportverband
Rheinland-Pfalz mit einer offiziellen Partnerschaft unterstützt wird. Bisher
konnten über 20 Projekte realisiert werden. Mehrere Primarschulen und Jugendzentren
wurden durch die Lieferung umfangreicher Sportausrüstung unterstützt. Darüber
hinaus wurden in Zusammenarbeit mit dem Landessportbund mehrere Mehrzwecksportfelder
in ruandischen Gemeinden und Schulen gebaut. Ferner vermittelt
der Landessportbund ruandischen Stipendiaten Auslandstrainerausbildungen des
deutschen Leichtathletikverbandes in Mainz (einjährige Ausbildung zum Diplom-
Leichtathletiktrainer). Zudem fanden Lehrgänge für Fußballtraining mit Kindern und
Jugendlichen sowie zwei Lehrgänge für Trainer im Behindertensport in Ruanda statt.
Der Fußball- und Kulturverein Rheinland-Pfalz (FKV) wurde 2006 vom Deutschen
Fußballbund (DFB) beauftragt, das Projekt „Fußball in Ruanda“ zu betreuen. Ende
Dezember 2006 kam es in Frankfurt zum Abschluss eines partnerschaftlichen Vertrages
zwischen DFB und dem ruandischen Fußballverband FERWAFA, die zwischenzeitlich
beendet wurde. Die Kooperation beider Verbände erstreckte sich auf
die technische Entwicklung, die administrative Zusammenarbeit, die Förderung der
ruandischen U18-Nationalmannschaft, die Förderung des Frauen- und Mädchenfußballs
in Ruanda sowie die allgemeine Talentförderung.
Vermessungswesen
Auf Grund der ruandischen Kommunalreform ist es erforderlich geworden, die Darstellung
von Straßen, Wegen, Gemeindegrenzen, etc. auf der Karte Ruandas, die
vom Landesamt für Vermessung und Geodateninformation erstellt worden ist, zu
überprüfen. Zur Erhebung der örtlich vorhandenen Straßen und Wege wurde von der
Vermessungs- und Katasterverwaltung im Jahre 2006 ein GPS-Empfänger beschafft
und dem Koordinationsbüro in Kigali zur Verfügung gestellt. So kann seitdem die Lage
von bestehenden, neuen oder verlagerten Straßen und Wegen mit neuestem
technischem Standard bestimmt werden.
Im September 2009 wurde vom Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation
in Koblenz gemeinsam mit den zuständigen ruandischen Behörden eine neue
Ruanda-Karte gedruckt, die allen rheinland-pfälzischen Partnern kostenlos zur Verfügung
steht. Im Rahmen Delegationsreise des ehemaligen Innenministers Karl Peter
Bruch nach Ruanda übergab er seinem ruandischen Amtskollegen James Musoni
drei Vermessungsgeräte für die dortige Vermessungsabteilung.
49

Zusammenarbeit im Bereich des Brand- und Katastrophenschutzes
Mitte 2003 wurde die Feuerwehr- und Katastrophenschutzschule Rheinland-Pfalz
(LFKS) beauftragt, beim Aufbau des Brand- und Katastrophenschutzes in Ruanda
Unterstützung zu leisten. Nach einer ersten Untersuchung vor Ort wurde im November
2003 ein Konzept vorgelegt.
2005/2006 erhielten zwei ruandische Polizeioffiziere auf Einladung des Ministeriums
des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz als Multiplikatoren eine feuerwehrtechnische
Ausbildung. Ende 2006 wurde der Republik Ruanda ein geländegängiger
Rüstwagen zur Verfügung gestellt, um dort beispielsweise bei Verkehrsunfällen wertvolle
Hilfe zu leisten.
Zusammenarbeit im Polizeibereich
Im Rahmen der Partnerschaft Rheinland-Pfalz-Ruanda bekundeten die Innenminister
beider Länder im November 1995 in einer Gemeinsamen Absichtserklärung, auch
eine polizeiliche Zusammenarbeit im Bereich der Aus- und Fortbildung für Angehörige
der Nationalen Polizei (damals noch Gendarmerie Nationale und Kommunalpolizei)
aufzunehmen. Im September 2006 wurde vereinbart, die Partnerschaft in den
Bereichen Verkehrssicherheit und Kriminalitätsbekämpfung weiter zu vertiefen. Im
Rahmen der Delegationsreise des damaligen Staatssekretärs Roger Lewentz im Juni
2008 fanden Gespräche mit Vertretern der ruandischen Polizei zu Möglichkeiten der
Kooperation im Polizeibereich statt. Die Polizei des Landes Rheinland-Pfalz unterstützte
zwei Maßnahmen der Deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit
(heute GIZ), beispielsweise zu den Themen „Bekämpfung der häuslichen Gewalt“
und „Verkehrssicherheitsarbeit“. Der Leiter der Polizeiabteilung im rheinlandpfälzischen
Innenministerium führte im Jahr 2009 Gespräche in Ruanda und beriet
Vorschläge für die künftige polizeiliche Kooperation. Im Mai 2011 wurde eine aktualisierte
Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen den Polizeien Ruandas und
Rheinland-Pfalz unterzeichnet. Schwerpunkt der weiteren Zusammenarbeit soll vor
allem die Wissensvermittlung sein. Außerdem wurde eine Partnerschaft zwischen der
Rwanda National Police Academy und der Landespolizeischule Rheinland-Pfalz vereinbart.
Im Juni dieses Jahres hospitierten der Leiter des kriminaltechnischen Instituts
von Ruanda und der Leiter der Rechtsmedizin in Kigali zwei Wochen beim Landeskriminalamt
Rheinland-Pfalz.
Kultur
Im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen dem Naturhistorischen Museum in Mainz
und dem Nationalmuseum in Huye wurde die eiszeitliche Fossilfundstelle
Masangano im Norden Ruandas erforscht. Das Projekt wurde teilweise aus Landesmitteln
finanziert. Die Grabung wurde 2006 an das Nationalmuseum in Huye (ehemals
Butare) übergeben.
Darüber hinaus hat sich das Naturhistorische Museum Mainz bei der Renovierung,
dem Ausbau und der Ausstattung des Kandt-Hauses in Kigali engagiert. Aktuell beraten
Mitarbeiter des Museums in Mainz mit Unterstützung des rheinland-pfälzischen
Umweltministeriums die ruandische Regierung beim Konzept eines Umweltmuseums
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in Karongi am Kivusee. Zur weiteren Vertiefung dieser Kooperation hielt sich der Leiter
des Nationalmuseums Alphonse Bartson Umullisa zu Planungs- und Abstimmungsgesprächen
auf Einladung des rheinland-pfälzischen im August Umweltministeriums
in Rheinland-Pfalz auf.
Persönliche Begegnungen
Die persönliche Begegnung der Menschen beider Länder spielt in der Partnerschaft
eine herausragende Rolle. Regelmäßige Besuche rheinland-pfälzischer Partner in
Ruanda und umgekehrt ermöglichen einen direkten Einblick in die jeweiligen Lebensumstände
und damit erst das Verständnis für das kulturelle, soziale und wirtschaftliche
Umfeld des Partners. Regelmäßige Treffen der für die Partnerschaft verantwortlichen
Politiker beider Länder helfen, mögliche bestehende Probleme zu beseitigen
und den Rahmen für eine lebendige und dauerhafte Partnerschaft zu sichern.
Um diesen Austausch zu Verstärken hat Rheinland-Pfalz einen Teil der Projektgelder
für Reisen junger Menschen nach Ruanda und für Zielgruppenreisen aus Ruanda
reserviert. Als erste Zielgruppe waren im September acht ruandische Schulleiter in
Rheinland-Pfalz. Mit Unterstützung des Pädagogischen Landesinstituts wurde den
Schulleitern das rheinland-pfälzische Bildungssystem vorgestellt, didaktischen Methoden
diskutiert und eine zukünftige Zusammenarbeit besprochen. Außerdem besuchten
sie ihre Partnerschulen.
In diesem Jahr war auf Einladung des Landes Rheinland-Pfalz im Rahmen des Begegnungsprogrammes
eine Künstlerdelegation in Rheinland-Pfalz, die nicht nur hier
ihre Werke präsentierten, sondern auch Kontakte zu rheinland-pfälzischen Künstlerinnen
und Künstlern sowie Verbänden knüpfte (siehe auch S. 56).
51

V. Programmpunkte
Hauptstadt Kigali
Mit rund einer Million Einwohnern ist Kigali die Hauptstadt der Präsidialrepublik
Ruanda. Die größte Stadt des ostafrikanischen Landes liegt auf 1550 Metern Höhe
im stark besiedelten Hochland. Die Nähe zum Kagera-Nil beschert der Stadt im Zentrum
eines der ärmsten Länder der Welt fruchtbaren Boden. Knapp südlich vom
Äquator gelegen herrscht in Kigali - bedingt durch die Gebirgslage - dennoch insgesamt
mildes Klima mit durchschnittlich ausreichenden Niederschlägen.
Kigali selbst wurde erst 1907 vom deutschen Residenten Richard Kandt gegründet.
Bereits 1884/85 war das damalige Königreich Ruanda auf der Berliner Kongo-
Konferenz dem deutschen Kaiserreich als Teil Deutsch-Ostafrikas zugeordnet worden.
1922 wurde das Land als Ruanda-Urundi-Territorium unter belgisches Völkerbundmandat
gestellt. Nach der Teilung in die unabhängigen Staaten Ruanda und
Burundi im Jahre 1962 wurde Kigali die Hauptstadt Ruandas.
Der Völkermord in Ruanda an den Tutsi und den gemäßigten Hutu im Jahre 1994
begann in Kigali. Die Stadt verlor dabei etwa 100.000 Einwohner, während in ganz
Ruanda etwa eine Million Menschen in nur 100 Tagen dem Völkermord zum Opfer
fielen.
Wie im gesamten Land leben die Einwohner Kigalis von Landwirtschaft und Viehzucht.
Textil-, chemische und Zinn verarbeitende Industrie ist rund um Kigali angesiedelt.
Zunehmend beherrschen aber auch Handel und Dienstleistungen die Hauptstadt.
Kigali hat sich in den letzten Jahren mehr und mehr zu einer westlich geprägten
Metropole entwickelt. Die Stadt verfügt über einen internationalen Flughafen mit
täglichen Verbindungen über Nairobi und Addis Abeba nach Europa und in wichtige
afrikanische Länder. Kigali liegt an einer Fernverkehrsstraße, die die Stadt mit Burundi
und mit Uganda verbindet. Die Straßen sind gewöhnlich in einem guten Zustand.
Kigali ist Sitz mehrerer Hochschulen und verfügt über eine französischsprachige
belgische und eine englischsprachige Schule.
52

Kandthaus in Kigali
Richard Kandt, geboren am 17. Dezember
1867 in Posen, war erster
kaiserlicher Resident von Ruanda und
Gründer der heutigen Hauptstadt Kigali.
Er unternahm bereits Ende des
19. Jahrhunderts wissenschaftliche
Expeditionen nach Ruanda, weilte
zeitweise am Hof des ruandischen
Königs und entdeckte 1898 die Nilquelle
in Ruanda. Der von 1901 bis
1906 in Daressalam amtierende Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Gustav Adolf
Graf von Götzen, plante, Ruanda langfristig als "Residentur" zu verwalten. Die dortige
Königsherrschaft sollte bestehen bleiben, dem König jedoch ein Resident als
ständiger Berater zur Seite gestellt werden. Dr. Richard Kandt wurde 1907 zum Kaiserlichen
Residenten von Ruanda ernannt und wirkte bis Ende 1913.
Das Haus von Dr. Kandt in Kigali wurde 1907 errichtet und gilt als das älteste Gebäude
Kigalis. Im Rahmen der Partnerschaft zwischen dem Naturhistorischen Museum
der Stadt Mainz und dem ruandischen Nationalmuseum in Huye (damals Butare)
entstand 1987 die Idee, ein Naturkundemuseum für Ruanda aufzubauen. 2002 stellte
die ruandische Regierung das Kandt-Haus für die Einrichtung eines naturkundlichen
Museums als Dependance des Nationalmuseums zur Verfügung. Damit soll der verstärkten
Naturzerstörung entgegengewirkt und durch Information und Bildung das
Bewusstsein der Bevölkerung zum Erhalt der noch existierenden Naturräume gestärkt
werden. Mit Mitteln des Auswärtigen Amtes und des Landes Rheinland-Pfalz
sowie durch Spenden wurde das Haus 2004 renoviert und ausgebaut und konnte
noch im selben Jahr an die ruandische Regierung übergeben werden. Seither wird
das Kandt-Haus für Sonderausstellungen und Veranstaltungen genutzt.
53

Gedenkstätte Gisozi
Das Kigali Memorial Centre in Gisozi ist das größte und eindrucksvollste Mahnmal
zum Gedenken an den Völkermord von 1994 und wurde im April 2004 anlässlich des
10. Jahrestags des Genozids eingeweiht. Sie ist kollektive Grabstätte und Erinnerung
an die mehr als 250.000 Menschen, die in der ruandischen Hauptstadt zwischen April
und Juni 1994 ermordet wurden. In den Hügel wurden große Gräber eingelassen.
Hier wurden die Opfer beerdigt, die man in den Straßen gefunden oder aus flachen
Gräbern exhumiert hat. Immer noch werden sterbliche Überreste aus ganz Ruanda
nach Gisozi gebracht.
Die Stadt Kigali hat gemeinsam mit internationalen Geldgebern eine Gedenkstätte
und ein Bildungszentrum eingerichtet. Es wird eine Dauerausstellung auch in englischer
Sprache zum Genozid gezeigt, die durch Bild- und Filmmaterial, Augenzeugenberichte
und Skelette intensivste Eindrücke dieser Tragödie vermittelt. Besonders
die dokumentierten ungezählten Morde an Babys und Kindern erschüttern den Besucher.
Die Ausstellung besteht aus drei Teilen, in denen jeweils auf die Zeit vor dem,
während und nach dem Genozid eingegangen wird. Aber es wird auch anderer vergangener
Genozide in der Welt (z. B. die der Nationalsozialisten an den Juden, Sinti
und Roma) gedacht.
Botschaft der Ausstellung ist nicht in erster Linie ein weiteres Mal an das Nie-Wieder
zu appellieren, sondern vermittelt wird eher das Gegenteil. Es wird darauf hingewiesen,
dass überall dort wo und solange Menschen in Kategorien von Rassen und
Gruppen denken und Unterdrückung ein Mittel zum Machterhalt ist, sich ein Völkermord
jederzeit abspielen könnte. Zusätzlich gibt es Möglichkeiten für Seminare und
schulische Besuche. Ein weiteres Gebäude birgt das nationale Dokumentationszentrum
mit einer Bücherei zum Thema Genozid, einem Archiv mit Dokumenten und Artefakten,
dem nationalen Gacaca-Archiv sowie einem Studienzentrum.
2008 wurde während der Trauerwoche anlässlich des Genozid auf die Gedenkstätte
Gisozi ein Anschlag mit einer Granate verübt, bei der ein Polizist getötet und einer
verletzt wurde.
54

Jugendzentrum Kimisagara in Kigali
Ein gelungenes Beispiel der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im Bereich der
Jugendarbeit ist das Jugendzentrum Kimisagara (KYC - Kimisagara Youth Center) in
einem von dichter Bebauung gekennzeichneten Stadtviertel von Kigali. Das Zentrum
ist mittlerweile bei sehr vielen Jugendlichen zu einem äußerst beliebten Treffpunkt
geworden. Basis ist ein reiches Sportangebot, doch daneben haben sich im Laufe
der Zeit auch andere Angebote wie Videoprojekte, ein Jugendradio, Theater- und vor
allem auch Musikgruppen etabliert. Neben den vielen Freizeit- und Ausbildungsangeboten
sind als neue Elemente in der Jugendarbeit die Versöhnungsarbeit und
auch friedenspädagogische Maßnahmen sowie die AIDS- und Drogenprävention
hinzugekommen. Vor zwei Jahren hat das ruandische Jugendministerium ein kleines
Büro in dem Zentrum eröffnet, nachdem die GIZ ihre finanzielle Unterstützung beendet
und die Verantwortung an das Jugendministerium übertragen hat. Gleichwohl
sind in dem Zentrum bis heute freie Gruppen aktiv. So versucht beispielsweise der
Club CINEDUC, den Jugendlichen verschiedene Themen mit Hilfe von Filmen näher
zu bringen.
Das Jugendzentrum Kimisagara wurde Ende der 80er Jahre mit Unterstützung des
Landessportbundes (LSB) und des Landes Rheinland-Pfalz gebaut (Kostenvolumen
rund 78.000 €, davon wurden rund 51.000 € vom LSB und rund 27.000 € vom Land
finanziert). Nach dem Krieg wurde es vorübergehend als Waisenhaus genutzt, danach
war es renovierungsbedürftig. Daher haben der Landessportbund und das Land
Rheinland-Pfalz in den Jahren 2002 bis 2004 erneut rund 115.000 € (LSB rund
42.000 €, Land rund 73.000 €) in das Projekt investiert. Insgesamt wurden für das
Projekt rund 190.000 € zur Verfügung gestellt. Außer den Mehrzweckplätzen für
Fußball, Handball, Volleyball und Basketball verfügt das Zentrum über eine Bibliothek,
einen Computerraum, Ateliers für die handwerkliche Ausbildung, Seminar-,
Aufenthalts- und Gymnastikräume.
Der Grundstein für das Jugendzentrum wurde am 14. Juni 1988 durch den damaligen
rheinland-pfälzischen Innenminister Rudi Geil gelegt. Die Eröffnung des Zentrums
erfolgte am 24. August 1990.
Nach der Beendigung des Genozids 1994 haben sich zunehmend die staatlichen
deutschen Entwicklungsorganisationen wie GTZ (jetzt GIZ), DED und ZFD (Ziviler
Friedensdienst) für dieses Projekt sowohl in finanzieller als auch in personeller Hinsicht
engagiert. Bis heute wird das Projekt von einer deutschen Fachkraft beraten.
Man kann mit Stolz sagen, dass das Jugendzentrum Kimisagara, das mittlerweile
zum beliebtesten Treffpunkt sehr vieler Jugendlicher geworden ist, auch das bestgeführte
und am meisten frequentierte Jugendzentrum der Stadt ist. Das Zentrum hat
Modellcharakter für ganz Ruanda bekommen.
Bei einer Podiumsdiskussion mit Vertretern ruandischer und rheinland-pfälzischer
Jugendorganisationen soll das Thema 'Stellenwert der Jugend in der Gesellschaft
Ruanda & Rheinland-Pfalz' beleuchtet werden.
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Eröffnung der Ausstellung ruandischer Künstler
- ruandische Künstler besuchten Rheinland-Pfalz
Jugend und Kultur ist das Motto im Jubiläumsjahr der Partnerschaft. Passend dazu
besuchten auf Einladung des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur im
März 2012 sechs junge ruandische Künstlerinnen und Künstler Rheinland-Pfalz.
Schwerpunkt dieser zweiten Zielgruppenreise im Rahmen des Begegnungsprogramms
war, die breitgefächerte Kunstszene in Rheinland-Pfalz kennenzulernen,
Künstler vor Ort zu treffen und so einen Austausch beider Länder zu initiieren. Auf
dem zehntägigen Besuchsprogramm stand die Kunstmesse „Kunst direkt" in Mainz,
ein Treffen mit dem Künstler Stefan Budian in dem Atelier Waggonfabrik in Mainz,
die Kunstschule „Villa Wieser" in Herxheim, das Kulturzentrum „Haus Catoir" in Bad
Dürkheim, „Kunst und Künstler" in Hachenburg, das Kunstgymnasium Rheinland-
Pfalz in Alzey, die Tufa Trier, das Arp Museum in Remagen sowie die KaiserbadMühle
in Westhofen. Bei den Reisen quer durch Rheinland-Pfalz stand der rege Austausch
zwischen den ruandischen Gästen mit verschiedenen lokalen Künstlern immer
im Mittelpunkt.
Die ruandische Künstlergruppe, die aus einer Frau und fünf Männern bestand, stellte
ihre Bilder in der Ausstellung "Zeitgenössische Afrikanische Kunst aus Ruanda" im
Foyer des Landtags Rheinland-Pfalz aus. Die Ausstellungseröffnung war ein großer
Erfolg. Neben vielen Landtagsabgeordneten und Vertretern der Landesregierung
kamen zahlreiche Engagierte und Künstler aus RLP, um die Aussteller und deren
Kunstwerke zu sehen. Am gleichen Abend bot der anschließende Parlamentarische
Abend des Partnerschaftsvereins zudem die Gelegenheit, sich mit den Künstlern
auszutauschen. Künftig soll verstärkt der Kunstaustausch zwischen Ruanda und RLP
gepflegt werden. Es sind bereits erste Gespräche mit Vertretern des rheinlandpfälzischen
Berufsverbands Bildender Künstler (BBK) geführt worden, um eine entsprechende
Kooperation mit Ruanda ins Leben zu rufen.
Die ruandischen Künstler präsentieren der Delegation im Koordinationsbüro in Kigali
ihre nach dem Besuch in RheinlandPfalz entstandenen neuen Werke.
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MINALOC
Die Abkürzung „MINALOC“ steht für „Ministry of Local Government“. Im Fokus seines
Zuständigkeitsbereiches steht die Förderung des Wohlergehens der Bevölkerung
durch verantwortungsbewusste Regierungsführung (Dezentralisierung, Demokratisierung),
kommunale Entwicklung und soziale Angelegenheiten. Ziel des Ministeriumsist
unter anderem durch Schaffung dezentralisierter, demokratischer Verwaltungsstrukturen,
die Bevölkerung zu mobilisieren, die Regierungsprogramme umzusetzten und
so eigenständig zu Problemlösungen beizutragen. Auch die Förderung von Partnerschaften
mit anderen Ländern zählt zu seinen Aufgaben. Zurzeit steht es unter der
Leitung von Minister James Musoni und Staatsministerin Dr. Alvera Mukabaranga.
Königspalast in Nyanza
Einige Kilometer vom Zentrum des Ortes
Nyanza findet man den historischen
Palast des Mwami (König), vermutlich
aus dem 15. Jahrhundert, der
heute ein Museum ist. Es handelt sich
um einen Kuppelbau traditioneller
Bauart aus Naturmaterialien. Das Königshaus
hat einen Durchmesser von
15 m und eine Höhe von 6 m. Am Eingang
befinden sich ein vorgebauter
Regenschutz, eine Stufe und der Königsthron.
Der große Innenraum bietet Platz für eine Feuerstelle und Grasmatten mit
verschiedenen Mustern und Verzierungen. Über dem Einstieg zum Schlafgemach
des Königs hängt ein Köcher mit Pfeilen. Am Kopfende des Bettes stehen Körbe für
Wertsachen. Ein Korb bietet Platz für eine Kalebasse mit Bananenbier. Ein Bereich
des Rundhauses dient als Vorratsraum für Lebensmittel. In Kalebassen wurden
Sorgho- (Hirse-) und Bananenbier aufbewahrt, in Tonkrügen Milch.
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National University of Rwanda (Huye)
Die ruandische Nationaluniversität in Butare im Süden des Landes wurde 1963 eröffnet
und ist damit die älteste Universität Ruandas. Mit mehr als 11.000 Studierenden
ist sie außerdem die größte Hochschule. Etwa ein Drittel aller ruandischen Studentinnen
und Studenten werden dort ausgebildet. Die Hochschule bietet insgesamt 39
verschiedene Bachelor- und 28 Masterstudiengänge.
Die National University of Rwanda Students Union (NURSU) ist die Studentengemeinschaft
der Universität, in der jeder einzelne Student / jede Studentin Mitglied ist.
Ihr Ziel ist es, die Interessen der Mitglieder zu verteidigen und zu fördern. Sie arbeitet
daran, die Forschungsmöglichkeiten für Studenten zu verbessern, setzt sich für Talentförderung
ein und ermöglicht es den Studenten außerdem sich mit ähnlichen Organisationen
in Verbindung zu setzen. Sie kümmert sich auch in Zusammenarbeit
mit der Universitätsadministration darum, den Lebensstandard der Studenten, sowie
die Studienbedingungen zu verbessern. Die Verbreitung von Werten wie Demokratie,
Menschenrechte und Geschlechtergleichheit, sowie der Kampf gegen Korruption und
Genozidideologie beziehungsweise Ethnizität sind weitere Aufgaben der Vereinigung.
IBUKA (Erinnerung)
Der Genozid vom Jahre 1994 hat heutzutage immer noch einen großen Einfluss auf
die Gesellschaft Ruandas. Viele Menschen haben seit Jahren Traumata ohne zu
wissen, wie sie damit umgehen sollen. Innerhalb von Gemeinschaften mehrerer
Überlebender können leicht Konflikte entstehen, die ein Trauma weiterhin verschlimmern.
Auch können unterdrückte traumatische Erinnerungen zu einem plötzlichen
Ausbruch von Gewalt führen.
Die Organisation IBUKA (ruandisch: „erinnern“) repräsentiert seit 1995 Überlebende
des Völkermords im ganzen Land. Heute ist sie die Dachorganisation von 15 verschiedenen
Vereinigungen, die mit Überlebenden zusammenarbeiten. Ihr Hauptsitz
ist in Kigali, ein weiteres Büro ist im südlichen Distrikt Huye zu finden. Um das Problem
der viel verbreiteten Traumata zu bekämpfen, gehen sie nach einem bestimmten
Prinzip vor: Sie suchen nach Freiwilligen aus den jeweiligen Kommunen und schulen
diese darin ihre Nachbarn zu sensibilisieren und zu unterstützen. Somit ermöglichen
sie es den Betroffenen, mit einer Ansprechperson, die sie bereits kennen auf sehr
persönlicher Ebene reden können. Diese Vorgehensweise hat sich bisher als sehr
effizient erwiesen und ist im Gegensatz zu anderen Maßnahmen wie beispielsweise
der Ausbildung von professionellen Psychotherapeuten kostengünstig.
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Eine Delegation des Partnerschaftsvereins Karaba-Neuwied hat Ende Juli das Projekt
besucht und war von dem Ansatz, traumatisierten Menschen zu helfen, überzeugt.
Eine Gruppe, die von IBUKA unterstützt wird, befindet sich Partnergebiet von
Neuwied. Mit Neuwieder Hilfe sollen Häuser für die traumatisierten Menschen renoviert
werden, um deren Lebensumstände und gesundheitliche Situation zu verbessern.
Sekundarschule Ruhango
(Sektor Ruhango, Distrikt Ruhango, Südprovinz)
Bereits im Jahr 1982 begannen erste Bemühungen, eine Schulpartnerschaft zwischen
dem Max-Slevogt-Gymnasium in Landau und einer ruandischen Schule zu
vermitteln. Nach Beendigung einer Partnerschaft mit einer ruandischen Primarschule
im Jahr 2001, wurde im Jahr 2005 die Partnerschaft mit der Sekundarschule
Ruhango offiziell gegründet. Seither konnten mithilfe von regelmäßigen Erlösen aus
Spendenaktionen der Landauer Schule verschiedene Projekte realisiert werden. Da
an der Schule Wassermangel herrschte, wurde zur Verbesserung der Wasserversorgung
ein Projekt zur Trinkwassergewinnung finanziert. Das Regenwasser wird von
den Schuldächern in Zisternen geleitet und es wurde eine Wasseranschluss gelegt.
Weiterhin wurde an der Schule mithilfe des Freundeskreises Ruhango-Kigoma aus
Landau eine Mehrzweckhalle mit Küche, die auch als Speisesaal dient sowie ein
neuer Schlafsaal gebaut. Die rheinland-pfälzische Partnerschule hat zudem Laborund
Sportmaterial finanziert. Zuletzt wurden aufgrund eines schweren Unwetters
sämtliche Elektronikgeräte wie beispielsweise Computer an der ruandischen Schule
zerstört, die mithilfe des Max-Slevogt-Gymnasiums inzwischen neu angeschafft werden
konnten. Es besteht eine sehr gute Kommunikation zwischen den beiden Partnerschulen,
die unter anderem durch das Engagement von Gerlinde Rahm vom
Freundeskreis Ruhango-Kigoma unterstützt wird. Frau Rahm reist in regelmäßigen
Abständen nach Ruanda, um die Partnerregion und -schulen zu besuchen.
An der Sekundarschule Ruhango wird der Delegation ein neues Projekt der Partnerschaft
präsentiert:
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Partizipatives Theater an ruandischen Partnerschulen
Ein Theaterstück, in das die Schüler aktiv eingebunden werden, war den Lehrern
zunächst fremd. Das hat sich nach mittlerweile 10 von 18 Aufführungen geändert.
Diese für Schüler wie Lehrer neue erzieherische Methode wird begeistert aufgenommen.
Bildung stellt den wohl wichtigsten Entwicklungsfaktor in Ruanda dar. Allen Kindern
soll der Zugang zur Schule ermöglicht werden. Die Anzahl der Pflichtschuljahre wurde
kürzlich von 9 auf 12 Jahre erhöht. Doch die Anzahl der Schuljahre allein reicht
nicht aus, um gute Bildung zu gewährleisten. Das Hauptproblem ruandischer Schulen
liegt in der Gestaltung des Unterrichts: er ist wenig abwechslungsreich, sehr theoretisch
und strikt durchorganisiert. Den Schülern wird wenig Zeit und Möglichkeit
gegeben, ihre Interessen und Kreativität abseits vom Schulalltag auszuüben und
auszuleben.
Darum wurde vom Koordinationsbüro Kigali im April dieses Jahres mithilfe einer
großzügigen Spende eines Partners in Rheinland-Pfalz ein partizipatives Theaterprojekt
ins Leben gerufen. Die Theatergruppe Espérance führt an insgesamt 18
verpartnerten ruandischen Schulen ein Theaterstück auf, in das die Schüler mit einbezogen
werden. Die einzelnen Aufführungen werden per Videokamera dokumentiert
und der entsprechenden deutschen Partnerschule gesendet. Das Ziel des Koordinationsbüros
ist die Verbesserung von Bildungsangeboten im Freizeitbereich an
ruandischen Schulen und die Verbesserung der Kommunikation zwischen den
verpartnerten Schulen. Entscheidend ist die Partizipation der Schüler
Espérance konnte bisher ganz und gar überzeugen. Die junge Gruppe aus Kigali
versteht es, sensible Themen mit einer Mischung aus Witz und Ernsthaftigkeit an die
Schüler heranzutragen. Vor der eigentlichen Aufführung informieren sich die Darsteller
über die örtlichen Gegebenheiten, erfragen Spitznamen von Lehrern und kleiden
sich in Schuluniformen der jeweiligen Schule. Espérance kann auf diesem Wege ein
angepasstes Schauspiel präsentieren, in dem sich die Schüler mit den Darstellern
identifizieren können. Nachdem der Direktor der Schule die Veranstaltung eröffnet
hat, werden zunächst traditionelle und moderne Tänze von den Schülern aufgeführt.
Der traditionelle ruandische Einfluss in Musik und Tanz bleibt stets gewahrt. Dies
allein ist schon etwas ganz Besonderes für die Schüler. Anschließend kommt es zum
Hauptteil der Veranstaltung. Espérance führt sechs Sketche zu unterschiedlichen
Themen auf. Thematisiert werden unterschiedliche Probleme der Jugend in Ruanda
wie z.B. Drogenkonsum, Disziplinlosigkeit in der Schule, Sexualkrankheiten, Prostitution
und nationaler Zusammenhalt.
Daran schließt sich der partizipative Teil des Theaterstücks an. Der Moderator bittet
einzelne Schüler aus dem Publikum nach vorne, um mit den Darstellern über ihr
Verhalten zu diskutieren. Die Schüler müssen versuchen, mit guten Argumenten die
Darsteller von einem besseren Verhalten zu überzeugen. Die Darsteller argumentieren
geschickt dagegen und zwingen die Schüler, spontan neue Lösungswege zu fin-
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den. Diese Interaktion ist eine Lernform, die an den Schulen sonst nicht bekannt ist
und nicht genutzt wird.
Mit Ironie und Witz die Schüler erreichen
Die Rückmeldung der Schüler- und Lehrerschaft sowie der Direktion ist stets positiv,
häufig sogar begeistert. Die Veranstaltung spricht tabuisierte Themen mit viel Ironie
und Witz offen an und findet so Eingang bei den Schülern. Das selbstständige Entwickeln
von Lösungsansätzen führt zu einer nachhaltigen Wirkung des Gelernten. Entgegen
der anfänglichen Skepsis zeigen sich Lehrkräfte nun hochinteressiert und
möchten mehr über diese Methode erfahren, um sie selbst anwenden zu können.
Damit geht der Projekterfolg über das einmalige Ereignis hinaus und wird sich unter
Umständen auch nachhaltig im Schulalltag manifestieren.
Akagera- Nationalpark
Der Akagera- Nationalpark liegt im Osten Ruandas an der Grenze zu Tansania. Der
Park erstreckt sich über 2500 km². Der Fluss Akagera fließt im Park durch einen
sumpfigen und mit Seen durchzogenen Graben. Dieser ist 15 km breit und etwa 200
km lang. Der Fluss leidet jedoch zunehmend unter einer Algenplage, die sich nicht
zuletzt durch schleichende Erwärmung des Klimas verschlimmert. Der Rest des
Parks ist offene Baum- Savanne, die sich über Hügelland erstreckt. Die belgische
Kolonialmacht gründete diesen Park 1934. In den 1980er Jahre kam es wegen des
hohen Bevölkerungsdrucks zur Verkleinerung des Parks. Teile des Parks wurden
während des Krieges als Flüchtlingslager genutzt. So musste er um ein Drittel verkleinert
werden. Heute ist er mit angrenzenden Schutzgebieten in Tansania und
Uganda das größte Schutzgebiet und Ökosystem zwischen dem Viktoriasee und
dem zentralafrikanischen Graben.
Neben Antilopenarten, Zebras und Giraffen sind im Akagera-Park auch Elefanten
und Büffel zu sehen. Selten sind auch Löwen, Hyänen und Leoparden zu beobachten.
Außerdem leben insgesamt mehr als 525 Vogel- und zahlreiche Affenarten im
Park. Der Grundstein zum Bau der Akagera Game Lodge wurde 1974 gelegt.
Seit Dezember 2010 wird der Akagera Park von der Akagera Management Company
geleitet. Diese setzt sich zusammen aus dem Africa Park Network (APN) und dem
staatlichen Rwandan Development Board (RDB). Die Kooperation ist auf 20 Jahre
angelegt und hat eine sichere Finanzierung von 1,35 Millionen US Dollar jährlich für
die ersten fünf Jahre.
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Behindertenzentrum Komera
(Sektor Mushubati, Distrikt Rutsiro, Westprovinz)
Das Zentrum Komera wurde im Jahr 2006 eröffnet und beherbergt derzeit 58 Kinder
mit verschiedenen Behinderungen. Unter dem 25-köpfigen Pflegepersonal befinden
sich sechs Erzieher und Erzieherinnen und zwei Assistenzkräfte, die sich um die
Kinder kümmern. Es gibt drei Klassen, die aufgeteilt sind in eine für gehörlose, eine
für traumatisierte und eine für geistig behinderte Kinder. Einige der Kinder besuchen
benachbarte Primarschulen und werden nur nachmittags und nachts im Zentrum betreut.
Je nach Grad der Behinderung und Bedürfnissen der Kinder wird ein individueller
Stundenplan und Tagesablauf erstellt, um die Kinder möglichst auf ein selbstständiges
Leben und Integration in der Gesellschaft vorzubereiten. Die Kinder wohnen
von Montag bis Donnerstag im Zentrum und gehen dann zurück in ihre Familien.
Auch gibt es Workshops und regelmäßige Versammlungen, um die Eltern im Umgang
mit Behinderungen in der Familie und in der Gesellschaft sowie für die Arbeit
des Zentrums zu sensibilisieren. Es gibt zusätzlich ein außerschulisches Programm,
bei dem sich die Betreuerinnen um bedürftige Menschen mit Behinderungen und deren
Familien in den umliegenden Dörfern kümmern.
Bisher hat sich das Zentrum mithilfe von Spenden (beispielsweise holländische
NGOs, Handicap International) finanziert, soll jedoch künftig von der ruandischen
Regierung getragen werden. Das Zentrum Komera gehört einem Dachverband von
Behindertenzentren in Ruanda an und genießt einen hervorragenden Ruf. Leiter des
Zentrums ist Pater Murenzi, der einen guten Kontakt zur Partnerschaft pflegt. Im
Rahmen des seit 2005 bestehenden Patenschaftsprogramms für Kinder mit Behinderungen
BAKOMEZA, wurden auch Kinder von Paten aus diesem Zentrum gefördert.
Im Frühjahr 2012 wurde eine Schulpartnerschaft mit der Eric Kästner-Schule
Singhofen (Förderschule) begründet.
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Primarschule Sure
(Sektor Mushubati, Distrikt Rutsiro)
Die Primarschule Sure ist Partnerschule der Grundschule Theisbergstegen im Landkreis
Kusel. Dank des Engagements der rheinland-pfälzischen Partnerschule konnte
im Jahr 2005 ein Toilettenblock mit 6 Kabinen gebaut und eine Regenwasserzisterne
errichtet werden.
Mit finanzieller Unterstützung der rheinland-pfälzischen Partnerschule von rund 3.300
€, einem Beitrag der Mainzer Kinderhilfsorganisation Human Help Network aus Mitteln
der Aktion Tagwerk 2010 von rund 25.600 € und einer Landeszuwendung von
rund 77.000 € wurden im Jahr 2011 acht neue Klassenräume und ein Verwaltungsblock
mit einem Büro für den Schulleiter und Lehrerzimmer gebaut und möbliert.
Ferner wurden zwei weitere Toilettenblocks à sechs Kabinen sowie zwei Regenwasserzisternen
errichtet. Die neuen Räume wurden bereits im August 2011 fertiggestellt
und werden seitdem auch genutzt. Nach Ablauf der mit dem Bauunternehmen vertraglich
vereinbarten Garantiezeit von 12 Monaten und der definitiven Bauabnahme
soll nun die offizielle Einweihung stattfinden.
Schuhmacherausbildung einer Behindertenkooperative und Handwerkerausbildung
von Jugendlichen der Batwa
(Distrikt Rwamagana)
Der Förderverein Ruanda e. V. der Verbandsgemeinde Braubach engagiert sich seit
20 Jahren in Ruanda. Die Partnersektoren sind östlich von Kigali am wunderschönen
Muhazi-See gelegen. Das heutige Partnerschaftsgebiet umfasst mit insgesamt vier
Partnersektoren (Muhazi, Munyiginya, Musha und Gishari) ein recht großes Gebiet
im Distrikt Rwamagana.
Die Schwerpunkte des Engagements liegen im Schul- und Gesundheitsbereich sowie
in der beruflichen Bildung und in der Handwerksförderung. So werden derzeit
zwei Berufsbildungsprojekte im Partnersektor Muhazi gefördert. Bei dem einen Projekt
geht es um die finanzielle Unterstützung der Behindertenkooperative
ABISHIZEHAMWE, die in enger Zusammenarbeit mit dem Sektor Muhazi ein Ausbildungszentrum
für Schuhmacher aufgebaut hat. Zurzeit erhalten 20 behinderte Menschen
eine professionelle Schuhmacherausbildung, wodurch ihnen ein finanziell unabhängiges
und besseres Leben ermöglicht werden soll. Da es mittlerweile in Ruanda
ein Gesetz gibt, wonach alle Ruander verpflichtet sind Schuhe zu tragen, ist dies
zudem eine sichere Einnahmequelle.
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In einem weiteren Projekt geht es um die finanzielle Unterstützung junger Menschen
einer marginalisierten Volksgruppe (Batwa), die im Centre de Formation Professionelle
de Karwiru (CFPK) eine Ausbildung im Maurer-, Tischler- und Schneiderhandwerk
erhalten. Das CFPK setzt sich für die Mitglieder der unterprivilegierten
Batwa ein, die fast alle aus sehr ärmlichen Verhältnissen kommen und kaum eine
Chance auf eine Verbesserung ihrer Lebenssituation haben. Die Batwas wurden und
werden von der restlichen Bevölkerung ausgegrenzt und stigmatisiert. Sie haben
auch heute noch, nicht zuletzt wegen des häufig von ihnen ausgeübten Berufs des
Töpfers, der sehr wenig Geld einbringt, einen schwierigen Stand in der Gesellschaft.
Als Batwa bezeichnet man die ursprünglichen Bewohner Ruandas, die zu einem
Pygmäenstamm zählen.
Zurzeit werden 72 Jugendliche zwischen 17 und 24 Jahren am CFPK ausgebildet. 50
Jugendlichen, die nicht von ihren Eltern unterstützt werden oder zu weit entfernt
wohnen, stellt das Zentrum außerdem eine Unterkunft zur Verfügung. Durch die Berufsausbildung
erhalten sie die Chance die Armut zu überwinden und ermöglicht Zukunftsperspektiven,
die die Batwa vorher nicht kannten.
Zur Finanzierung der beiden Ausbildungsprojekte (kalkulierte Kosten insgesamt rund
18.000 €) wurden vom Förderverein Ruanda e. V. Braubach rund 5.000 € und vom
Land Rheinland-Pfalz rund 13.000 € zur Verfügung gestellt.
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Familienzentrum Mu Rugo
(Sektor Kanombe, Distrikt Kicukiro)
Das Familienzentrum Mu Rugo wurde im Jahr 2003 als ein gemeinsames Projekt der
Frauenvereinigungen BENHIMPUHWE und SERUKA gegründet. Die Anregung zur
Gründung eines Familienzentrums erhielten die damals Verantwortlichen während
eines ruandisch-rheinland-pfälzischen Frauenkongresses in Mainz im April 2001.
Damals entstanden die ersten Kontakte zum Familienzentrum Haus GUK in Landstuhl
und deren Leiterin, Beate Mundt. Auch nach Schließung von Haus GUK im Jahr
2004 hat Frau Mundt den Kontakt zu der Leiterin von BENHIMPUHWE, Beatrice
Mukankusi, weiter gepflegt und sie fachlich beraten. Darüber hinaus hat Frau Mundt
bis zu ihrer Auswanderung nach Tansania im Jahr 2011 immer wieder Spenden eingeworben
und damit verschiedene Aktivitäten von Mu Rugo unterstützt.
Langjährige Kontakte und insbesondere fachlicher Austausch bestehen auch zum
Frauennotruf Mainz und insbesondere zu deren Mitarbeiterin, Anette Diehl. Der
Frauennotruf plant, eine offizielle Partnerschaft mit Mu Rugo einzugehen.
Mu Rugo kümmert sich hauptsächlich um die Kinderbetreuung bedürftiger Familien.
Um das Schulgeld zu erwirtschaften wurde eine Hasenzucht ins Leben gerufen. Jedes
Jahr gibt es eine Nähklasse für Jugendliche, in der hauptsächlich Mädchen eine
Ausbildung erhalten, um sich anschließend ihren Lebensunterhalt verdienen zu können.
Das Zentrum leistet mit Seminaren und Vorträgen auch Aufklärungsarbeit zu
unterschiedlichen Themen wie z.B. 'häusliche Gewalt' und 'die Bedeutung von
Schulbildung für Kinder', bietet aber auch Gelegenheiten zum informellen Austausch
von Familienmitgliedern mit anderen Familien über Alltagsprobleme und Lösungsmöglichkeiten.
BENIMPUHE hat sich zwischenzeitlich als Dachorganisation etabliert und unterstützt
und berät, soweit es die begrenzten finanziellen Mittel zulassen, angegliederte Organisationen.
Die Kooperative UREGEYO ist angesiedelt im Dorf Buhoro, das im Jahr 2000 von
BENIMPUHE gebaut und Familien zur Verfügung gestellt wurde, die bis dahin keine
Häuser hatten. Es handelte sich dabei überwiegend um zurückgekehrte
Genozidflüchtlinge, z.T. auch um Familien, die 1959 vertrieben wurden. Auch einige
Genozidtäter wohnen in dem Dorf, das zwischenzeitlich ans Stromnetz angeschlossen
wurde. Mangels Alternativen sind die Bewohner zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes
auf die Landwirtschaft angewiesen. Das Dorf liegt in einer der trockensten
Regionen Ruandas. Zudem verfügen die Familien nicht über genügend Ackerland,
um ausreichende Erträge erwirtschaften zu können. Die Folgen sind Armut - Schulgeld
und Krankenversicherungsbeiträge können meist nicht aufgebracht werden -
und Mangelernährung.
Mit einem Champignonzuchtprojekt will die Kooperative UREGEYO ihren Mitgliedern
ermöglichen, sich ein kleines regelmäßiges Einkommen zu erwirtschaften. Bera-
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ten und unterstützen, sowohl beim Anbau der Champignons als auch bei der Vermarktung,
will dabei ein Mitglied von BENHIMPUHE, das als Multiplikator ausgebildet
werden soll. Die Anschubfinanzierung für das Vorhaben (Ausbildung sowie Ausstattungsbedarf,
um eine Champignonzucht aufzubauen) ist kalkuliert mit einem Betrag
von rund 9.170 € und soll im Rahmen eines Partnerschaftsprojektes erfolgen. Das
Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Familie (MIFKJF) - Ministerin
Alt - will Spendenbeiträge von rund 5.000 € einwerben. Die Restfinanzierung
soll aus Landesmitteln erfolgen. Abhängig vom Stand der Spendenakquise durch das
MIFKJF ist der Projektstart für Ende 2012 / Anfang 2013 vorgesehen.
Sekundarschule Cyinzovu
(Sektor Kabarondo, Distrikt Kayonzam, Ostprovinz)
An der Sekundarschule Cyinzovu wurden im Rahmen der Partnerschaft der VG
Treis-Karden mit dem Sektor Kayonza im Jahr 2009/2010 drei neue Klassenräume
gebaut und möbliert sowie zwei Gebäudeblocks (mit fünf Klassenräumen, einem Lagerraum
und einem Büro für den Schulleiter) renoviert und mit Schulmöbeln ausgestattet.
Außerdem wurden zwei neue Toilettenblocks (à sechs Kabinen) sowie zwei
Regenwasserzisternen errichtet.
Die Kosten beliefen sich auf rund 49.500 € und wurden finanziert von der VG Treis
Karden mit rund 11.500 € und 38.000 € aus Mitteln des Landes Rheinland-Pfalz.
Sekundarschule Ruramira
(Sektor Ruramira, Distrikt Kayonza, Ostprovinz)
Die Partnerschaft der Verbandsgemeinde Treis-Karden mit vier Sektoren im Distrikt
Kayonza besteht seit vielen Jahren. In der Vergangenheit wurden zahlreiche Projekte
umgesetzt und es gab einen regen Austausch. Auf Initiative des Ruandabeauftragten
der Verbandsgemeinde, Jürgen Claßen, pflegt die Realschule Plus in Cochem seit
dem Jahr 2006 eine Schulpartnerschaft mit der Sekundarschule Ruramira. In einem
gemeinsamen Projekt wurde im Jahr 2007 eine Baumaßnahme zur Verbesserung
der sanitären Anlagen an der Partnerschule von der Verbandsgemeinde Treis-
Karden und der Realschule Plus Cochem finanziert. In den letzten Jahren hat die
Partnerschaft geruht. Durch den Besuch der Schule soll die Partnerschaft wiederbelebt
werden.
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Berufsausbildungszentrum Muhororo
(Sektor Murambi / Distrikt Karongi, Westprovinz)
Das Berufsausbildungszentrum (CfJ - Centre de Formation) Muhororo ist ein neues
Partnerschaftsprojekt des Ruanda Komitees Bad Kreuznach. Es liegt im Sektor
Murambi/Distrikt Karongi, einem der beiden Partnersektoren des Ruanda Komitees.
Zurzeit werden dort 60 Schüler und Schülerinnen von fünf Lehrkräften im Schneiderund
Schreinerhandwerk unterrichtet.
Während des Genozids haben in dem Zentrum offenbar Erschießungen stattgefunden.
Im Jahr 2006 wurden die Gebäude dem CfJ vom Sektor zur Nutzung freigegeben.
Die Bausubstanz ist in einem relativ guten Zustand, aber der Innenausbau, insbesondere
des Hauptgebäudes, bedarf einer Instandsetzung. In einem ersten Schritt
wird nun ein Teil der Gebäude renoviert und die sanitären Einrichtungen werden verbessert.
Diese Baumaßnahmen sind mit rund 68.000 € kalkuliert; davon trägt das
Ruanda Komitee Bad Kreuznach 17.000,- €, die Restfinanzierung erfolgt aus Landesmitteln.
Anlässlich des Besuches von Julia Klöckner im Sektor Murambi soll der offizielle '-
Startschuss' für den Beginn der Renovierungsmaßnahmen fallen.
In einem zweiten Schritt ist die Ausstattung mit Möbeln und Maschinen vorgesehen.
Der konkrete Bedarf wird derzeit vom Büro Kigali ermittelt. Mit der Unterstützung der
'Jumelage' werden die Voraussetzungen geschaffen, das Zentrum in ein durch WDA
(Workforce Development Authority/ruandische Behörde zur Schaffung eines professionalisierten,
formalisierten Ausbildungssystems für Handwerksberufe) anerkanntes
Berufsausbildungszentrums umzuwandeln. Für Jugendliche des Sektors, die nach
Abschluss der Primarschule oder auch ohne Schulabschluss eine Alternative zu einer
Beschäftigung in der Landwirtschaft suchen, bietet das Zentrum eine Chance,
eine qualifizierte und anerkannte Ausbildung in einem Handwerksberuf zu erhalten.
Außerdem ist die Vermittlung einer Schulpartnerschaft mit der Berufsbildenden Schule
Technik, Gewerbe, Hauswirtschaft, Sozialwesen in Bad Kreuznach vorgesehen.
Die Bemühungen hierzu sind bereits weit fortgeschritten, so dass die Schulpartnerschaft
möglicherweise noch im Oktober begründet werden kann.
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Primarschule Gitovu
(Sektor Busoro, Distrik Nyanza, Südprovinz)
Die Stiftung FLY & HELP (Stiftungsgründer Reiner Meutsch) unterstützt weltweit Bildungsprojekte.
Im Jubiläumsjahr liegt der Förderschwerpunkt der Stiftung auf Ruanda.
Dank des Engagements von Herrn Meutsch können in diesem Jahr allein in
Ruanda sechs Schulen ausgebaut werden, u. a. auch die Primarschule Gitovu, die
im Partnersektor Busoro der Stadt Oppenheim liegt. Außer dem Sektor Busoro zählen
auch noch die Sektoren Kibirizi und Ntyazo (Distrikt Nyanza) zum Partnerschaftsgebiet
der Stadt Oppenheim.
Mit finanzieller Unterstützung von FLY & HELP konnten an der Primarschule Gitovu
sechs neue Klassenräume sowie ein Büro für den Schulleiter, das gleichzeitig auch
als Lehrerzimmer genutzt wird, gebaut und mit Möbeln ausgestattet werden. Ferner
wurden neue Toiletten und eine Regenwasserzisterne errichtet. Das Projekt wurde
innerhalb kürzester Zeit umgesetzt. Die neuen Räumlichkeiten wurden bereits im Juli
dieses Jahres fertiggestellt. Zurzeit läuft allerdings noch die mit dem Bauunternehmer
vertraglich vereinbarte Garantiezeit von zwölf Monaten. Die Bauendabnahme
wird im Juli 2013 erfolgen.
Die Projektkosten lagen bei rund 78.000 €. Die Stiftung FLY & HELP hat in das Projekt
rund 45.000 € investiert, das Land Rheinland-Pfalz übernahm die Restfinanzierung.
Berufsschule Busoro
(Sektor Busoro, Distrik Nyanza, Südprovinz)
Die kleine Berufsschule von Busoro liegt in der Partnerregion von Oppenheim, in
einer im nationalen Vergleich eher rückständigen und armen Gegend im Süden
Ruandas. Die Schule war lange Zeit nur minimal ausgestattet. Es gab vier Klassenräume
mit einem Nähatelier und zwei kleine Nebengebäude, in denen eine Schreinerei
und eine Schlosserei untergebracht waren. Um den jungen Menschen eine bessere
Ausbildung und damit ein regelmäßiges Einkommen zu ermöglichen, wurde die
Schule im vergangenen Jahr vom Lions-Club Winnweiler und der Stadt Oppenheim
finanziell unterstützt. Es wurde ein neues Gebäude errichtet, in dem sich nun eine
Backstube, ein Lager mit einem Vorbereitungsraum für die Brot- und Backwaren sowie
ein kleiner Verkaufsraum befinden. Zudem wurde für die Schreinerei eine Maschine
zur Massivholzbearbeitung gekauft. Durch das Projekt konnte die wirtschaftliche
Situation in der gesamten Region von Busoro verbessert werden.
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Das Berufsschulprojekt Busoro ist ein sehr gelungenes Projekt, über das es mittlerweile
auch eine Filmdokumentation gibt. Der Film wurde vom SWR gedreht und im
Sommer ausgestrahlt.
Finanziert wurde das Projekt (Gesamtkosten rund 29.000 €) vom Lions-Club
Winnweiler (4.500 €), der Stadt Oppenheim (rund 1.000 €) und dem Land Rheinland-
Pfalz (rund 23.500 €).
Home de la Vierge des Pauvres (HVP) Gatagara
(Sektor Gatagara, Distrik Nyanza, Südprovinz)
Seit über 50 Jahren kümmert sich das Krankenhaus HVP Gatagara insbesondere um
behinderte Kinder und Erwachsene. Allein in 2011 wurden insgesamt 1886 Kinder
von den rund 100 Angestellten des Krankenhauses behandelt. Das Zentrum bietet
den Kranken Physiotherapie, Orthopädie und chirurgische Operationen und verfügt
außerdem über ein Diagnoselabor sowie über eine Werkstatt, in der Prothesen hergestellt
und angepasst werden können. Gleichzeitig ermöglicht das HVP seinen Patienten
mit einer angeschlossenen Schule auch eine Ausbildung. Da die Patienten aus
teilweise weit entfernten Regionen kommen, ja sogar aus dem Ausland, gibt es außerdem
ein Internat. Nicht nur deshalb kann das HVP von sich behaupten, dass führende
Zentrum in ganz Ruanda zu sein. Die verhältnismäßig teure medizinische Versorgung
benötigt jedoch externe finanzielle Unterstützung. Der Freundeskreis
Ruhango-Kigoma e.V. aus Landau unterstützt das Zentrum seit Jahren und hat auch
die Anschaffung und den Transport von Physiotherapiematerial sowie Labor- und
Orthopädiematerial finanziert.
Schulpartnerschaft
zwischen dem Albert-Einstein-Gymnasium und der
Ecole Sainte Bernadette de Kamonyi
(Distrikt Kamonyi, Südprovinz)
Die ‚Ecole Sainte Bernadette de Kamonyi‘ liegt im Distrikt Kamonyi in der Südprovinz
Ruandas. Die Schulpartnerschaft wurde im Jahr 2007 von Hildegard Olbermann in
die Wege geleitet. Bei Gründung der Partnerschaft bestand die ruandische Internatsschule
aus neun Klassenräumen für 330 Schüler/Innen und 18 Lehrkräfte.
Mehrmals im Jahr engagiert sich das Albert-Einstein-Gymnasium mit verschiedenen
Spendenaktionen. So kamen in wenigen Jahren insgesamt fast 40.000 Euro an
Spenden zusammen. Mit Hilfe dieser Spendengelder konnten zwischenzeitlich verschiedene
Projekte zur Verbesserung der Schulbedingungen an der Partnerschule in
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Ruanda realisiert werden. So konnte einen Zisterne gebaut, Bücher und Sportgeräte
gekauft und ein Computerraum eingerichtet werden. Auch wurde im Jahr 2010 die
erfolgreiche Schulpartnerschaft von Frankenthal in einem Erdkundebuch vorgestellt.
Der Schulleiter Abbé Muvunyi Innocent war im Rahmen des Begegnungsprogramms
Teil einer Schulleiterdelegation, die im September 2011 Rheinland-Pfalz und ihre
Partnerschulen besucht hat. Bei seinem Aufenthalt in Frankental konnte er eine
Spende von 8.000 Euro entgegennehmen. Mit der Spende soll an der Partnerschule
ein Physiksaal eingerichtet werden.
Schulpartnerschaft
zwischen dem Megina-Gymnasium Mayen und dem Collège de
Karambi
(Sektor Bweramana, Distrikt Ruhango, Südprovinz)
Seit dem Jahr 2006 pflegt das Megina-Gymnasium in Mayen eine Schulpartnerschaft
mit dem Collège de Karambi. Diese Schulpartnerschaft wird seit ihrer Gründung von
der "Ruanda-AG" an der Schule in enger Zusammenarbeit mit dem lokalen Verein
"Connect e.V. -Hilfe für Ruanda" geführt. Mithilfe dieser Kooperation auf lokaler Ebene
und regelmäßigen Spendenaktionen konnten die allgemeinen Lern- und Lehrbedingungen
an der ruandischen Partnerschule positiv beeinflusst werden, wie beispielsweise
durch Renovierungsarbeiten und eine Verbesserung der Wasserversorgung.
Da für die rheinland-pfälzische Seite die Kommunikation zwischen den Schülern und
Lehrern beider Partnerländer zeitweise unbefriedigend verlief, hat sich das Gymnasium
etwas Besonderes ausgedacht: Die Ruanda-AG hat ein Ruanda-Spiel konzipiert,
das Schülerinnen und Schülern aus verschiedenen Altersstufen auf eine Entdeckungsreise
schickt, um das Partnerland näher kennenzulernen. Auf spielerischer
Weise werden die weiten Kilometerstrecken überwunden, um Land und Leute kennenzulernen.
Die zeitweise schleppende Kommunikation zwischen den Partnerschulen
konnte damit deutlich verbessert werden.
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Schulpartnerschaft
zwischen dem Stefan-George-Gymnasium und der Ecole Féminine
d'Agronomie (EFA) de Nyagahanga
(Sektor Nyagahanga, Distrikt Gatsibo, Ostprovinz)
Das Stefan-George-Gymnasium in Bingen pflegt seit dem Jahr 1986 eine Schulpartnerschaft
mit der weiterführenden Schule, Ecole Féminine d’Agronomie (EFA) de
Nyagahanga. Diese Schulpartnerschaft ist ein Beispiel dafür, dass auch der Genozid
die freundschaftlichen Bindungen zwischen den beiden Partnerländern nicht zerstören
konnte. Bereits 1995 wurden von der rheinland-pfälzischen Schule Spendenbeträge
für den Wiederaufbau und -eröffnung der Schule erwirtschaftet. Seitdem wurden
der ruandischen Schule regelmäßig Spendengelder zur Verfügung gestellt, um
verschiedene Projekte zu realisieren. Neben der Anschaffung von Schulmaterial zur
Verbesserung der allgemeinen Lern- und Lehrbedingungen, wurde auch ein Projekt
zur Wiederaufbereitung der Wasserleitungen und Zisternenan der Partnerschule finanziert.
Im Jahr 2004 ist zum ersten Mal eine Schülergruppe mit dem Geographielehrer Prof.
Dr. Volker Wilhelmi nach Ruanda gereist, um die Partnerschule zu besuchen. In den
letzten Jahren war der Kontakt zwischen den Partnerschulen nicht immer zufriedenstellend,
konnte jedoch wieder verbessert werden, als zuletzt im Jahr 2011 erneut
eine Schülergruppe unter der Leitung von Hr. Wilhelmi an die ruandische Partnerschule
reiste.
Herr Wilhelmi hat für das Jahr 2013 wieder eine Reise mit 16 Schüler/Innen nach
Ruanda angekündigt.
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Goethe-Institut
Das Goethe-Institut Liaison Office Kigali wurde 2008 im Zuge der von Horst Köhler,
Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier ins Leben gerufenen "Aktion Afrika" gegründet.
Wie die gleichzeitig entstandenen Verbindungsbüros in Ouagadougou, Kano
und Lilongwe handelt es sich um eine Präsenzform ohne Bibliothek und Sprachunterricht.
Im Zentrum steht ausschließlich die kulturelle Verbindungsarbeit: Kooperationen
mit einheimischen Kulturakteuren, das heißt Künstlern und Kulturverbänden.
Schon die Lage des Instituts bringt diese Linie zum Ausdruck: Das Büro mit zwei
Veranstaltungsräumen befindet sich im Ishyo Arts Centre, dem wichtigsten Player im
Bereich zeitgenössischer Kultur in Rwanda.
Unter den verschiedenen künstlerischen Sparten erweisen sich in Ruanda Film, Musik,
traditioneller Tanz (Itorero) als besonders dynamisch (Malerei und Skulptur sind
am wenigstens innovativ). Von daher ist die Förderung des zeitgenössischen ruandischen
Filmschaffens ein besonderes Anliegen. Das Insitut unterstützte 2012 das
Ruanda Film Festival und richtet in Zusammenarbeit mit Almond Tree Films inzwischen
fast monatlich Workshops für junge Filmemacher aus. Einmal pro Woche werden
im Rahmen von “Goethe’s Tuesday Filmscreening” in der Ishyo Theater Hall
deutsche, ruandische bzw. afrikanische Filme gezeigt. In den Filmworkshops vermitteln
erfahrene deutsche oder einheimische Regisseure (im Frühjahr auch ein belgischer)
Kenntnisse in einer der vielen Filmdisziplinen. Im Oktober kommt Peter Heller
aus München nach Kigali, um einen zweiwöchigen Dokumentarfilmworkshop zu leiten.
Einmal pro Monat findet unter dem Motto “brainSTORM – Thinking outside the Box”
eine öffentliche Podiumsdiskussion statt, bei der auch heikle, teils sogar tabuisierte
Themen der ruandischen Gesellschaft zur Sprache kommen: “un/Africanness”, “Curse
& Blessing of Migration”, “Reconciliation and the Arts”, “The European Union &
Africa”, “The Future of the Past”. Mit einer persönlichen Meinung an die Öffentlichkeit
zu treten, ist in Ruanda keineswegs selbstverständlich.
Des Weiteren findet ebenfalls einmal monatlich ein Creative-Writing-Workshop statt,
den bekannte Literaten aus Ruanda oder von außerhalb leiten. Mit der Youth Literary
Organisation arbeitet das Institut an einem Programm zur Lese- und Schreibförderung
für eine jüngere Generation. Zuletzt kamen vierzig Schülerzeitungsredakteure
zu einem eintägigen Workshop zusammen und erhielten eine Einführung in aktuelle
Möglichkeiten, ein solches Medium zu veröffentlichen. 2012 gelang es, eine Reihe
ungewöhnlicher Konzerte zu organisieren: mit der Deutsch-Nigerianerin Nneka, dem
Kameruner Bass-Bariton Jacques-Greg Belobo (im Rahmen eines Elysée-Projekts
mit dem Franz. Kulturinstitut), “Thunder & Lightning of Inanga” mit drei der bedeutendsten
Vertreter dieser altruandischen “Zither”, dem Helmchen-Hecker-Trio aus
Berlin und Alif Naaba aus Burkina Faso. Ein besonderer Erfolg war das Gedächtniskonzert
für Athanase Sentore. Im Verbindungsbüro Kigali arbeiten derzeit der Leiter
des Instituts, Dr. Peter Stepan, sowie als Kultur-Assistent Raphael Nirk.
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