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Das Geheimnis von Stift Vorau

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G E H E I M G Ä N G E<br />

<strong>Das</strong><br />

Forscherteam<br />

um Dr. Heinrich<br />

Kusch bei den<br />

Bohrungen in<br />

<strong>Vorau</strong>.<br />

<strong>Das</strong> <strong>Geheimnis</strong> <strong>von</strong> <strong>Stift</strong> <strong>Vorau</strong><br />

Auf einem Plan, der in einer alten<br />

Kanonenkugel entdeckt wurde, ist<br />

ein ganzes Labyrinth <strong>von</strong><br />

unterirdischen Gängen<br />

eingezeichnet, das unter dem <strong>Stift</strong><br />

<strong>Vorau</strong> und seiner Umgebung<br />

verläuft. Ein Forscherteam um den<br />

bekannten Grazer Wissenschafter<br />

Dr. Heinrich Kusch ist dem Rätsel<br />

bereits auf der Spur.<br />

Von Werner Kopacka<br />

<strong>Das</strong> verzweigte<br />

Tunnelsystem unter<br />

dem <strong>Stift</strong> in einer<br />

Computer-Grafik.<br />

In einer Kanonenkugel entdeckte<br />

man einen geheimen Tunnelplan<br />

die sie später genau untersuchten. In<br />

einer Bohrung entdeckte man nämlich<br />

einen kleinen, zusammengerollten<br />

Plan. Und der zeigt, dass, ausgehend<br />

vom <strong>Stift</strong>, unzählige unterirdische<br />

Gänge in alle Himmelsrichtungen<br />

verlaufen. Beim Geheimdokument<br />

handelt es sich, auch das steht<br />

fest, um die spätere Kopie eines Originals<br />

aus dem 15. Jahrhundert.<br />

„<strong>Das</strong>s es unter dem <strong>Stift</strong> Gänge<br />

gibt, ist seit langem bekannt“, sagt<br />

Kusch, „in den letzten beiden Jahrhunderten<br />

haben viele, darunter auch<br />

einige Chorherren, immer wieder danach<br />

gesucht. Sie werden in historischen<br />

Schriften erwähnt und sind<br />

auch der Nährboden für viele Sagen<br />

aus der Gegend. Durch das Papier in<br />

der Kanonenkugel, wissen wir es jetzt<br />

aber ganz genau. Auch der eingezeichnete<br />

Verlauf der Stollen dürfte, wie<br />

unsere Untersuchungen bisher ergeben<br />

haben, stimmen.“<br />

Mit seiner Frau Ingrid und dem früher<br />

im <strong>Stift</strong> tätigen Ehepaar Aloisia<br />

und Ferdinand Reiß hat der Forscher<br />

zwei Jahre lang, unter Einsatz persönlicher<br />

Geldmittel, unermüdlich an der<br />

Lüftung des <strong>Geheimnis</strong>ses gearbeitet.<br />

Viele Gänge wurden bereits lokalisiert<br />

und dokumentiert. „Nach heutiger<br />

Kenntnis haben die im Plan eingezeichneten<br />

Stollen eine Gesamtlänge<br />

<strong>von</strong> weit über zehn Kilometern“, sagt<br />

der Grazer.<br />

Ende Juli dieses Jahres hatten es<br />

Kusch & Co. endlich geschafft, die<br />

nötigen Geldmittel für erste Erkundungsbohrungen<br />

auf dem <strong>Stift</strong>sgelände<br />

aufzutreiben. „Magister Gerhard<br />

Rechberger, der Propst des <strong>Stift</strong>es und<br />

Prälat Rupert Kroisleitner haben uns<br />

kräftig unterstützt, auch die Firma Josef<br />

Fuchs aus Greinbach bei Hartberg,<br />

die für die Tiefenbohrungen zuständig<br />

war, und Ewald Schantl, Chef der Firma<br />

WDL aus St. Stefan im Rosental,<br />

Was man über der Erde sieht, ist<br />

eindrucksvoll genug. Da überragt<br />

ein mächtiges Bauwerk mit majestätischer<br />

Würde alles andere im<br />

hügeligen oststeirischen Joglland.<br />

Seit dem Jahr 1163 gibt es in <strong>Vorau</strong><br />

das gewaltige Augustiner Chorherrenstift,<br />

und es bringt jährlich noch immer<br />

Tausende Besucher zum Staunen.<br />

Dabei wissen die noch nichts über das,<br />

was sich dort unter der Erde verbirgt.<br />

Der bekannte Grazer Prähistoriker<br />

und Anthropospeläologe Dr. Heinrich<br />

Kusch und andere Eingeweihte<br />

wissen es auch (noch) nicht ganz. Aber<br />

sie haben eine Ahnung vom ganz<br />

großen <strong>Geheimnis</strong>, und sie forschen<br />

unermüdlich weiter.<br />

Es war vor 27 Jahren, als in <strong>Stift</strong>snähe<br />

der Dachstuhl eines uralten Bauernhauses<br />

abgerissen wurde. Der Besitzer<br />

staunte nicht schlecht, als ihm<br />

dabei eine Kanonenkugel vor die Beine<br />

rollte. Noch verblüffter waren jene,<br />

30 K R O N E B U N T<br />

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG


G E H E I M G Ä N G E<br />

Es ist ein<br />

imposantes<br />

Bauwerk, das<br />

oststeirische <strong>Stift</strong><br />

<strong>Vorau</strong> (re.).<br />

Im Bild unten: Die<br />

Forscherin Ingrid<br />

Kusch in einem der<br />

neu entdeckten<br />

geheimen Stollen.<br />

Fortsetzung <strong>von</strong> Seite 15<br />

tersuchen allerdings noch genauer, ob<br />

es doch welche gibt, die offen sind.“<br />

Viele, einst offene Gänge in diesem<br />

gewaltigen System wurden, das steht<br />

fest, im 16. oder 17. Jahrhundert <strong>von</strong><br />

die Filmaufnahmen in den Bohrlöchern<br />

gemacht hat, haben dieses Unternehmen<br />

möglich gemacht.“ Dazu<br />

kamen persönliche Ersparnisse der<br />

Forscher selbst.<br />

Wer hat die Gänge zur Unterwelt aus<br />

„Dabei sind wir auf einen unterirdischen<br />

Gang in 8,7 Meter Tiefe und ei-<br />

welchem Grund verschlossen?<br />

nen größeren Raum in 12,8 Meter<br />

Tiefe gestoßen. Leider waren alle<br />

Hohlräume bis zur Decke mit verfestigtem,<br />

wässrigem Schlamm gefüllt.<br />

<strong>Das</strong> bedeutet leider, dass die Gänge<br />

und Kammern unter dem <strong>Stift</strong> heute<br />

nicht mehr zugänglich sind. Wir un-<br />

32 K R O N E B U N T<br />

Menschen absichtlich mit bis zu 15<br />

Meter starken Verfüllungen versehen.<br />

Diese bestehen aus Trockenmauern,<br />

Geröll und Sediment. Kusch: „Ein<br />

weiteres Rätsel. Warum verschließt<br />

man plötzlich die Zugänge zu einem<br />

unterirdischen Reich? Wollte man da-<br />

mit vielleicht etwas verbergen, das damals<br />

nicht in die kirchliche oder weltliche<br />

Weltanschauung passte. Es ist<br />

schon eigenartig. Denn Jahrhunderte<br />

zuvor hatte man – wie Dokumente belegen<br />

– die unterirdische Anlage und<br />

eine darin enthaltene <strong>Stift</strong>s-Krypta<br />

noch uneingeschränkt benutzt. Und<br />

dann – warum dieser Aufwand? Um<br />

einen Zugang abzusperren, hatte man<br />

gewaltige Steine <strong>von</strong> weit her gewälzt,<br />

diese mit kleineren verkeilt und die<br />

Zwischenräume mit Lehm abgedichtet.“<br />

Der Forscher könnte sich vorstellen,<br />

„dass man damals gemeint<br />

hat, der Teufel selbst würde dort unten<br />

sein Unwesen treiben. Es war ja<br />

um die Zeit der Hexenverfolgung . . .“<br />

Die Sagen berichten <strong>von</strong> unermesslichen<br />

Goldschätzen unter der Mariensäule<br />

Um jenen Ort, an dem Kusch & Co.<br />

ihre ersten Bohrungen unternommen<br />

hatten – den Platz neben der Frauensäule<br />

vor dem <strong>Stift</strong>stor –, rankt sich<br />

auch eine Sage. In einem gewölbten<br />

unterirdischen Raum soll es viele mit<br />

Gold und Silber gefüllte Fässer geben.<br />

Es könnte so viel Edelmetall sein, dass<br />

man damit das gesamte <strong>Stift</strong> dreimal<br />

neu aufbauen könnte. Den Zugang<br />

sollen nur die alten Chorherren gekannt<br />

haben, denen ein schwarzer<br />

Mann zur Seite stand, der sie auf<br />

Wunsch zu den Schätzen bringen<br />

konnte. In uralten Zeiten, so heißt es<br />

in der Sage, wurde der so genannte<br />

<strong>Stift</strong>sbinder mit verbundenen Augen<br />

in diese Schatzkammer geführt. Dort<br />

musste er die lockeren Reifen an den<br />

Bottichen und Fässern neu anschlagen.<br />

Heinrich Kusch glaubt an den<br />

wahren Kern, der in jeder Sage steckt.<br />

„Den Schatz, wenn er je überhaupt<br />

existiert hat, gibt es heute wohl nicht<br />

mehr. Sehr wohl existiert aber eine<br />

Felskammer, auch mehrere andere<br />

Kammern und Gänge gibt es dort, die<br />

in Tiefen bis zu 70 Metern verlaufen.<br />

Einen Teil da<strong>von</strong> haben unsere Bohrungen<br />

ja bereits bestätigt.“<br />

<strong>Das</strong> vom „<strong>Vorau</strong>-Fieber“ gepackte<br />

Forscherquartett macht weiter. Noch<br />

hat man keine Ahnung, wer dieses unterirdische<br />

Labyrinth zu welchem<br />

Zweck geschaffen hat. Und vor allem,<br />

wie alt es ist. Kusch: „Da wird es, wenn<br />

wir unsere weiteren Forschungen finanzieren<br />

können, mit Sicherheit noch einige<br />

große Überraschungen geben . . .<br />

Fotos: Jürgen Radspieler, Heinrich Kusch

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