12.03.2014 Aufrufe

AKT®-Training (Antigewalt- und Kompetenztraining)

AKT®-Training (Antigewalt- und Kompetenztraining)

AKT®-Training (Antigewalt- und Kompetenztraining)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Gewaltaffine Interpretationsregimes<br />

„ Als Interpretationsregimes können diese Deutungen bezeichnet werden, weil sie<br />

keiner bewussten Entscheidung der Jugendlichen entspringen, gewisse Interaktionssituationen<br />

auf eine bestimmte Weise zu betrachten <strong>und</strong> zu werten. Sie deuten<br />

diese Situationen im Lichte vergangener, paradigmatischer Situationen, ohne<br />

dass sie sich oder anderen darüber Rechenschaft geben könnten. Die Jugendlichen<br />

werden vielmehr von ihren biographischen Erfahrungen beherrscht <strong>und</strong> unterstehen<br />

dem Regime der mit ihn erworbenen Wahrnehmungsmuster. Die entsprechenden<br />

Situationen sind aus biographischen Gründen überdeterminiert –<br />

<strong>und</strong> dies nicht nur, was ihre Interpretation, sondern auch was die folgende Reaktion<br />

angeht. Interpretationsregimes im hier gemeinten Sinn sind gewaltaffin, weil<br />

die Jugendlichen bestimmte Situationen durch die Brille von Deutungsmustern<br />

wahrnehmen, die eine gewaltsame Antwort als die nahe liegendste erscheinen<br />

lassen. Sie wollen nicht länger Opfer der Gewalt <strong>und</strong> Objekt der Erniedrigung sein<br />

<strong>und</strong> glauben, da sie die feindselige Welt ihrer Familie auf andere Handlungskontexte<br />

übertragen, sich ständig verteidigen <strong>und</strong> den Angriffen anderer zuvorkommen<br />

zu müssen.“ (ebenda S. 278)<br />

Gewaltmythologien <strong>und</strong> Kämpferideale<br />

„Wenn in der Erfahrung der Gewaltausübung selbst ein anziehendes, weil Ekstasezustände<br />

<strong>und</strong> Machtgefühle verbürgendes Moment steht, dann kann dies nicht ohne<br />

nachhaltige Wirkungen <strong>und</strong> Folgen für das Selbstverständnis <strong>und</strong> die Wertehaltungen<br />

der entsprechenden Jugendlichen bleiben.“ (ebenda S. 293) Bereits die epiphanische<br />

Erfahrung als Auftakt zu einem neuen Selbstverständnis, wird durch die<br />

nachhaltige Wirkung von Gewaltakten verallgemeinert <strong>und</strong> kann dazu führen, dass<br />

Jugendliche die Gewaltsamkeit zu einem positiven Wert erheben. Die entstandenen<br />

Werte <strong>und</strong> Selbstbilder von gewalttätigen Jugendlichen bezeichnet Sutterlüty als<br />

„Gewaltmythologien“, der zwei Gründe aufführt von Mythologien der Gewalt zu sprechen.<br />

Erstens können mit dieser Bezeichnung die vielfältigen Verherrlichungen von Macht<br />

<strong>und</strong> Stärke gefasst werden in Verbindung mit den hohen Erwartungen, die Jugendliche<br />

mit der Gewaltausübung verbinden. Mit der Gewaltausübung wird eine bisher<br />

nicht gekannte Anerkennung erreicht, die den Jugendlichen eine ungeahnte Größe<br />

verleiht.<br />

Zweitens bezieht sich der Begriff „Mythologie“ auf den Fakt, dass die Jugendlichen<br />

der Gewalt Wirkungen zusprechen, die sich früher oder später durch konträre Gegenfolgen<br />

als unrealistisch herausstellen müssen. „Die Anerkennungserwartung wird<br />

durch gegenläufige Gewaltfolgen konterkariert, die von der Stigmatisierung im privaten<br />

Lebensumfeld, negativen schulischen oder beruflichen Konsequenzen bis hin zu<br />

strafrechtlichen Folgen reichen.“ (ebenda S. 294) In diesem Sinne bleiben die hohen<br />

Erwartungen an die glorreichen Wirkungen der Gewalt ein bloßer Mythos.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!