AKT®-Training (Antigewalt- und Kompetenztraining)
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Kathrin Schuchardt<br />
Diplomlehrerin, Mediatorin/Konfliktmanagerin,<br />
AKT®-Trainerin (violence prevention network Berlin)<br />
Angebot<br />
zur Durchführung eines Sozialen <strong>Training</strong>s<br />
für Jugendliche<br />
AKT®-<strong>Training</strong><br />
(<strong>Antigewalt</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kompetenztraining</strong>)<br />
Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> Ziele:<br />
Die Verantwortungspädagogik® verbindet Gewaltprävention <strong>und</strong> politische Bildungsarbeit<br />
zu einer speziell entwickelten Methode. Mit hinterfragenden <strong>und</strong> demütigungsfreien<br />
Techniken durchbricht sie vordergründige Rechtfertigungen für Hass <strong>und</strong> Gewalt.<br />
Durch Kompetenzerweiterung <strong>und</strong> Selbstreflexion versetzt sie junge Menschen<br />
in die Lage, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen <strong>und</strong> ihr Leben gewaltfrei<br />
zu gestalten. Existentielle Bestandteile dieses Ansatzes sind die Freiwilligkeit der<br />
Teilnahme am pädagogischen Prozess <strong>und</strong> die Einbindung von positiv förderlichen<br />
Bezugspersonen aus dem nahen sozialen Umfeld.<br />
Voraussetzungen:<br />
Der Träger des <strong>Training</strong>sangebotes schließt mit den Teilnehmer/innen einen Vertrag<br />
ab, in dem sie ihre freiwillige Teilnahme bestätigen. Sie werden darüber informiert,<br />
dass die regelmäßige <strong>und</strong> aktive Beteiligung Voraussetzung ist, am Abschlussevent<br />
teilnehmen zu dürfen <strong>und</strong> ein Zertifikat zu erhalten.<br />
Ausgewählte Methoden<br />
Bewerbungsgespräch<br />
Biografisches Interview<br />
Kosten- <strong>und</strong> Nutzen-Analyse <strong>und</strong> „Stopp-Karte“<br />
Genogramm <strong>und</strong> „Ankerpersonen“<br />
Gewaltsitzung (demütigungsfrei!)
Gewaltaffine Interpretationsregimes<br />
„ Als Interpretationsregimes können diese Deutungen bezeichnet werden, weil sie<br />
keiner bewussten Entscheidung der Jugendlichen entspringen, gewisse Interaktionssituationen<br />
auf eine bestimmte Weise zu betrachten <strong>und</strong> zu werten. Sie deuten<br />
diese Situationen im Lichte vergangener, paradigmatischer Situationen, ohne<br />
dass sie sich oder anderen darüber Rechenschaft geben könnten. Die Jugendlichen<br />
werden vielmehr von ihren biographischen Erfahrungen beherrscht <strong>und</strong> unterstehen<br />
dem Regime der mit ihn erworbenen Wahrnehmungsmuster. Die entsprechenden<br />
Situationen sind aus biographischen Gründen überdeterminiert –<br />
<strong>und</strong> dies nicht nur, was ihre Interpretation, sondern auch was die folgende Reaktion<br />
angeht. Interpretationsregimes im hier gemeinten Sinn sind gewaltaffin, weil<br />
die Jugendlichen bestimmte Situationen durch die Brille von Deutungsmustern<br />
wahrnehmen, die eine gewaltsame Antwort als die nahe liegendste erscheinen<br />
lassen. Sie wollen nicht länger Opfer der Gewalt <strong>und</strong> Objekt der Erniedrigung sein<br />
<strong>und</strong> glauben, da sie die feindselige Welt ihrer Familie auf andere Handlungskontexte<br />
übertragen, sich ständig verteidigen <strong>und</strong> den Angriffen anderer zuvorkommen<br />
zu müssen.“ (ebenda S. 278)<br />
Gewaltmythologien <strong>und</strong> Kämpferideale<br />
„Wenn in der Erfahrung der Gewaltausübung selbst ein anziehendes, weil Ekstasezustände<br />
<strong>und</strong> Machtgefühle verbürgendes Moment steht, dann kann dies nicht ohne<br />
nachhaltige Wirkungen <strong>und</strong> Folgen für das Selbstverständnis <strong>und</strong> die Wertehaltungen<br />
der entsprechenden Jugendlichen bleiben.“ (ebenda S. 293) Bereits die epiphanische<br />
Erfahrung als Auftakt zu einem neuen Selbstverständnis, wird durch die<br />
nachhaltige Wirkung von Gewaltakten verallgemeinert <strong>und</strong> kann dazu führen, dass<br />
Jugendliche die Gewaltsamkeit zu einem positiven Wert erheben. Die entstandenen<br />
Werte <strong>und</strong> Selbstbilder von gewalttätigen Jugendlichen bezeichnet Sutterlüty als<br />
„Gewaltmythologien“, der zwei Gründe aufführt von Mythologien der Gewalt zu sprechen.<br />
Erstens können mit dieser Bezeichnung die vielfältigen Verherrlichungen von Macht<br />
<strong>und</strong> Stärke gefasst werden in Verbindung mit den hohen Erwartungen, die Jugendliche<br />
mit der Gewaltausübung verbinden. Mit der Gewaltausübung wird eine bisher<br />
nicht gekannte Anerkennung erreicht, die den Jugendlichen eine ungeahnte Größe<br />
verleiht.<br />
Zweitens bezieht sich der Begriff „Mythologie“ auf den Fakt, dass die Jugendlichen<br />
der Gewalt Wirkungen zusprechen, die sich früher oder später durch konträre Gegenfolgen<br />
als unrealistisch herausstellen müssen. „Die Anerkennungserwartung wird<br />
durch gegenläufige Gewaltfolgen konterkariert, die von der Stigmatisierung im privaten<br />
Lebensumfeld, negativen schulischen oder beruflichen Konsequenzen bis hin zu<br />
strafrechtlichen Folgen reichen.“ (ebenda S. 294) In diesem Sinne bleiben die hohen<br />
Erwartungen an die glorreichen Wirkungen der Gewalt ein bloßer Mythos.
Fremdsteuerung<br />
„Die Jugendlichen sind weit davon entfernt, von einem über den Dingen stehenden<br />
Beobachterstandpunkt aus die Vorteile <strong>und</strong> Risiken eines Gewaltaktes quasiobjektivistisch<br />
gegeneinander abzuwägen. Vielmehr tragen sie ihre subjektiven<br />
Erfahrungen, …Wahrnehmungsmuster <strong>und</strong> negativen Erwartungen an die soziale<br />
Umwelt in die Deutung des Handelns ihrer Interaktionspartner hinein...Sie haben<br />
weder ein klares Bewusstsein davon, dass sie ihre familiären Sozialisationserfahrungen<br />
in andere Handlungskontexte hineinlesen, noch ziehen sie mögliche<br />
Handlungsalternativen in Erwägung. Damit lassen sie ein wesentliches Kriterium<br />
der Rationalität im Sinne eines Handelns nach utilitaristischen Kalkülen vermissen;<br />
es fehlen die Voraussetzungen für eine rationale Wahl zwischen verschiedenen<br />
Optionen...“ (ebenda S.353f).<br />
Genogramme in der Jugendarbeit<br />
Ein Genogramm ist ein Familienschaubild <strong>und</strong> die Arbeit mit Genogrammen ist eine<br />
praktische Methode, Familienstrukturen <strong>und</strong> die Beziehungen der einzelnen Familienmitglieder<br />
zueinander übersichtlich in einer Grafik darzustellen. Es entsteht hier die<br />
Möglichkeit, gemeinsam mit den Jugendlichen den aktuellen Stand seiner Beziehungen<br />
zu dokumentieren. Hierbei können auch sehr komplexe Familienstrukturen verdeutlicht<br />
<strong>und</strong> interpretiert werden. Mit Hilfe des Trainers können die Jugendlichen ihr<br />
Bedingungsgefüge auf eine neue Art reflektieren, Emotionale Probleme können rational<br />
„gezeichnet“ werden. Mit einem Genogramm können aktuelle Probleme der Familie,<br />
aber eventuell historisch entstandene Konflikte sichtbar gemacht werden.<br />
Neben den Informationen über Familienangehörige, wichtigen Familienereignissen<br />
<strong>und</strong> aktuellen Konflikten sind für die <strong>Antigewalt</strong>arbeit Informationen über Problembereiche<br />
wie Alkoholismus, Kriminalität, familiäre Überforderung <strong>und</strong> familiäre Gewalt<br />
relevant:<br />
Familiärer Stress, meist resultierend aus wirtschaftlichen Problemen<br />
Konflikte zwischen den Eltern<br />
Geringe Erziehungsfertigkeiten <strong>und</strong> inkonsequentes Erziehungsverhalten der<br />
Eltern<br />
Anwendung machtbetonter Erziehungsmethoden<br />
Fehlende Wärme <strong>und</strong> Anteilnahme der Eltern<br />
Ausübung von Gewalt seitens der Eltern <strong>und</strong> Geschwister
DER GEWALTKARRIEREVERLAUF:<br />
DER KREISLAUF VON MISSHANDLUNG UND MISSACH-<br />
TUNG BIS ZUM GEWALTHANDELN<br />
VIKTIMI-<br />
SIERUNG<br />
IN DER<br />
KINDHEIT<br />
GEWALT-<br />
AFFINE<br />
EPIPHANI-<br />
SCHE ER-<br />
FAHRUNG<br />
STIGMATI-<br />
SIERUNG<br />
DES<br />
SOZIALEN<br />
UMFELDES<br />
GEWALT-<br />
MYTHOS<br />
RECHTFER-<br />
TIGUNGS-<br />
ZWANG<br />
GEWALT-<br />
AFFINES IN-<br />
TERPRE-<br />
TATIONS-<br />
REGIME<br />
thomas.muecke@violence-prevention-network.de
Checkliste für die Kosten-Nutzen-Analyse<br />
Bilanzanalyse gewalttätigen Verhaltens<br />
Ziele:<br />
• Verstehen einer Gewalthandlung unter dem Aspekt „Warum ist Gewalt für mich<br />
attraktiv <strong>und</strong> welche Interessen verfolge ich damit?“<br />
• Aufzeigen der Nachteile für alle Beteiligte durch Gewaltinszenierungen<br />
• Entwicklung einer persönlichen Stopp-Karte<br />
Die Teilnehmer unterliegen oftmals der „Gewaltmythologie“, d.h. sie schreiben der<br />
Gewalt Wirkungen zu, die sich früher oder später durch konträre Gegenfolgen als<br />
unrealistisch herausstellen müssen.<br />
Verlauf:<br />
Mit den Teilnehmern wird durch eine Pro-<strong>und</strong>-Kontra-Diskussion eine Kosten-<br />
Nutzen-Analyse ihrer Gewalttaten durchgeführt. Die Teilnehmenden argumentieren<br />
aus verschiedenen Meinungsrollen. Einerseits aus der Rolle „Gewalt ist attraktiv …“<br />
<strong>und</strong> andererseits aus der Rolle „Gewalthandlungen haben nachteilige Wirkungen …“<br />
Die Ergebnisse werden auf Moderationskarten festgehalten <strong>und</strong> gegenübergestellt.<br />
Durch diese Vorgehensweise wird eine differenzierte Diskussion innerhalb der Gruppe<br />
ermöglicht. Die Trainer/innen geben folgende Fragen in die Gruppe:<br />
• Welchen Sinn macht für mich persönlich Gewaltausübung?<br />
• Erreiche ich durch gewalttätiges Verhalten meine Ziele? Kann ich meine Ziele<br />
anders erreichen?<br />
• Welche Vorteile <strong>und</strong> welche Nachteile wirken kurzfristig <strong>und</strong> welche langfristig?<br />
<strong>und</strong> die dahinter liegenden Interessen aufgezeigt. Welchen Sinn macht für<br />
mich Gewalt <strong>und</strong> wie kann ich meine Bedürfnisse anders erreichen?<br />
Die Gruppendiskussion soll die Erkenntnis verdeutlichen, dass Gewalthandlungen<br />
zur Zielerreichung nicht funktionieren. Die Vorteile einer gewalttätigen Handlung<br />
werden hinterfragt <strong>und</strong> damit der Legendenbildung entgegengewirkt. Es zeigt<br />
sich, dass die scheinbaren Vorteile kurzfristig wirken, die Nachteile sind für alle<br />
Beteiligten tiefgreifender <strong>und</strong> wirken langfristig.<br />
In einem nächsten Schritt wird für jeden Teilnehmer den für ihn bedeutendsten<br />
Nachteil festgehalten <strong>und</strong> als eine „persönliche Stoppkarte“ formuliert. Die „persönliche<br />
Stoppkarte“ wird visualisiert, d.h. die Teilnehmer entwickeln ein situatives<br />
Bild, was die nachteilige Wirkung ihres Gewalthandelns zeigt.<br />
In zukünftigen konfliktträchtigen Situationen soll der Teilnehmer sich seiner persönlichen<br />
Stoppkarte vergegenwärtigen. Hierzu führen die TrainerInnen illustrative<br />
Beispiele auf.