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Sektorenübergreifende Planung - Krankenhausgesellschaft Sachsen

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<strong>Krankenhausgesellschaft</strong> <strong>Sachsen</strong><br />

Symposium: Quo vadis Krankenhausplanung?<br />

Leipzig am 11.11.2010<br />

TOP „Sektorenübergreifende <strong>Planung</strong>“<br />

Frederik Buscher<br />

Freie Hansestadt Bremen<br />

Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales<br />

Leitung des Referats Landesangelegenheiten Krankenhauswesen –31-<br />

-<strong>Planung</strong>, Förderung, Pflegesatzrecht-<br />

Bahnhofsplatz 29 - Tivoli Hochhaus-15. Stock, Zi: 10<br />

28 195 Bremen<br />

Tel: +49-421-361-4791; Fax:+49-421-496-4791<br />

http://www.krankenhauswegweiser.bremen.de<br />

http://www.bremer-krankenhausspiegel.de/<br />

http://www.soziales.bremen.de<br />

http://www.verbraucherschutz.bremen.de<br />

Sehr geehrter Herr Blaßkiewitz, Herr Dr. Helm, meine Damen und Herren!<br />

Mit der sektorenübergreifenden <strong>Planung</strong> hat sich jüngst die Gesundheitsministerkonferenz<br />

–GMK- beschäftigt. Unter dem Titel „Stärkung der Gestaltungsmöglichkeiten<br />

der Länder in der medizinischen Versorgung“ wurden eindeutige Beschlüsse gefasst.<br />

Nach dem Willen aller Gesundheitsministerien soll ihre Kompetenz mit neuen Steuerungsinstrumenten<br />

versehen werden. Instrumente, die es erlauben, die ambulanten<br />

und stationären Bedarfe der medizinischen Versorgung stärker in der Region miteinander<br />

zu verknüpfen. Für 2011 wurde vom Bundesminister für Gesundheit ein Versorgungsgesetz<br />

angekündigt.<br />

Welche Zukunftsrollen bekommen Länder, Kassenärztliche Vereinigungen und<br />

Krankenkassen bei der Sicherstellung der medizinischen Versorgung im neuen<br />

Versorgungsgesetz?<br />

Schon jetzt deutet sich an: Die Ideen der Länder finden nicht die ungeteilte Zustimmung<br />

des Bundesministeriums für Gesundheit. Ein Grund dafür liegt vermutlich in<br />

frederik.buscher@gesundheit.bremen.de 1


den unterschiedlichen Auffassungen zur Ausgestaltung der Zukunftsrollen bei der<br />

Sicherstellung der medizinischen Versorgung durch Länder, Kassenärztliche Vereinigungen<br />

und Leistungsträger der Gesetzlichen Krankenversicherung -GKV.<br />

Dabei geht es auch um den in unserem Sozialstaat immer wieder aufflammenden<br />

Disput über die Rollen von <strong>Planung</strong> und Wettbewerb. Wie verträgt sich die Verantwortung<br />

der Länder für die Daseinsvorsorge mit dem zunehmenden Wettbewerb selektiver<br />

Vertragsgestaltung durch einzelne Leistungsträger?<br />

Die Definition dieser Zukunftsrollen wird für die Weiterentwicklung sektorenübergreifender<br />

<strong>Planung</strong> entscheidend sein. Wird eine Steuerung überwiegend über „Marktregulierung“<br />

durch Ausweitung des Einzelwettbewerbs gesucht? Etabliert sich eine dritte,<br />

eigenständige Säule der medizinischen Versorgung durch selektive Verträge bei<br />

den Krankenkassenverbänden neben den Zuständigkeiten der Kassenärztlichen<br />

Vereinigungen und der Länder für die Sicherstellung der ambulanten und stationären<br />

Versorgung?<br />

Oder werden Leitplanken für den Wettbewerb gezogen? Kann dies durch eine regionale,<br />

sektorenübergreifende Bedarfsplanung geschehen, auf die auch die Länder<br />

Einfluss nehmen?<br />

Die Gesundheitsminister der Länder haben sich einvernehmlich – und das ist bemerkenswert-<br />

für letzteres ausgesprochen. Sie haben sich damit klar zu ihrer regionalen<br />

Verantwortung und Zuständigkeit für die Gesundheitsversorgung bekannt. Diese war<br />

in der Vergangenheit zunehmend durch Bundesgesetzgebung mit Kassenfusionen<br />

und Entzug der Aufsicht sowie Vertragsgestaltungen außerhalb der bisherigen Sicherstellungszuständigkeiten<br />

in Frage gestellt worden. Gleichwohl wurden die Länder<br />

für regionale Fehlentwicklungen z. B. infolge demographischen Wandels, sich verändernder<br />

Versorgungsbedarfe und drohender Unterversorgung im ländlichen Gebiet in<br />

öffentliche Verantwortung genommen. Diese Divergenz zwischen Zuständigkeit und<br />

eingeschränkter Handlungskompetenz der Länder soll sich nun mit einem neuen Instrumentarium<br />

auflösen.<br />

Man kann es auf eine Formel bringen: Wettbewerb ja, aber in einem regionalen und<br />

bedarfsorientierten <strong>Planung</strong>srahmen.<br />

frederik.buscher@gesundheit.bremen.de 2


Vom Bundesminister für Gesundheit wurde auf der Sonder GMK am 25. Oktober eine<br />

„Bund-Länder Kommission“ ins Leben gerufen. Sie soll unter Einbeziehung der<br />

Spitzenverbände und des Gemeinsamen Bundesausschusses –GBA- bis Mitte 2011<br />

gemeinsame Positionen ausloten und Grundzüge eines neuen Versorgungsgesetzes<br />

erarbeiten, das auch intersektorale <strong>Planung</strong>serfordernisse berücksichtigt.<br />

Der von den Ländern gewählte Instrumentenkasten ist vielfältig. Heute möchte ich<br />

mich auf die Regelungen zur sektorenübergreifenden <strong>Planung</strong>, mein Vortragsthema,<br />

beschränken. Auf bereits gelebte Modelle sektorenübergreifender <strong>Planung</strong> und Versorgung<br />

soll abschließend hingewiesen werden, Modelle, die deutlich machen, dass<br />

man im Einzelfall nicht auf Gesetze warten sollte, wenn man sich in der Region über<br />

gemeinsame Versorgungsziele einig ist.<br />

Handlungsbedarf und derzeitige Lage der sektorenübergreifenden Versorgung<br />

Der Regelungs- und Handlungsbedarf, die sektorübergreifende Versorgung effizienter<br />

und effektiver zu gestalten, ist unstrittig.<br />

Angesichts demographischer Entwicklungen, Wanderungsbewegungen und drohender<br />

medizinischer Unterversorgung besonders in ländlichen Gebieten nimmt er zu.<br />

Die Verweildauern von Patienten in den Krankenhäusern sinken aus bekannten<br />

Gründen. Ambulante Angebote werden stärker genutzt. Hinzu kommt der medizintechnische<br />

Fortschritt und neue schonende Operationsverfahren, von denen vor allem<br />

unsere älter werdende Bevölkerung profitiert.<br />

Informationsbrüche und Kommunikationsprobleme zwischen den Sektoren führen<br />

nach wie vor zu Qualitäts- und Sicherheitsmängeln. Sektorübergreifende Behandlungsverläufe<br />

sind in der bisherigen Qualitätssicherung kaum abzubilden. Es fehlen<br />

standardisierte Behandlungspfade unter Einbeziehung auch der Notfallversorgung.<br />

Behandlungsergebnisse sind daher sektorbezogen und schlecht zu interpretieren.<br />

Die Beplanung der Sektoren findet unabhängig voneinander statt.<br />

Die Sicherstellungsplanung der Kassenärztlichen Vereinigungen nach Verhältniszahlen<br />

ist auf Überversorgung ausgerichtet und nicht auf Unterversorgung. Ihre <strong>Planung</strong>sräume<br />

sind großräumig und die Einteilung der Arztgruppen eher undifferenziert.<br />

Die Versorgung benachbarter <strong>Planung</strong>sregionen bleibt unberücksichtigt, ebenso<br />

die Versorgungslage im Krankenhaus mit den speziellen Vor- und Nachsorgebedarfen<br />

von ambulanter Diagnostik und Behandlung.<br />

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Umgekehrt endet die Krankenhausplanung der Länder an den Toren des Krankenhauses<br />

und den jeweiligen Landesgrenzen. Die länderübergreifende Versorgung ist<br />

ebenso wenig im Blick wie die ambulante Versorgung mit ihren regionalen Bedarfen<br />

an Medizin, Pflege und Rehabilitation.<br />

Die Ressourcen entwickeln sich folglich unabhängig voneinander nach der jeweils<br />

eigenen Finanzierungsgesetzlichkeit der Sektoren. Gesundheitsexperten verweisen<br />

darauf, dass heute in einer sektorenübergreifenden <strong>Planung</strong> und der Überwindung<br />

der sektoralen Budgets die größten Effektivitäts- und Effizienzgewinne liegen.<br />

Das setzt aber sektorenübergreifendes Denken, Planen und Handeln im Sinne indikationsbezogener,<br />

standardisierter Behandlungspfade voraus, wofür die Rahmenbedingungen<br />

weiter entwickelt werden sollen.<br />

Die Chancen dafür sind mit der Ländereinigung seit Oktober diesen Jahres und dem<br />

vom BMG angekündigten Versorgungsgesetz gestiegen.<br />

Bausteine der sektorübergreifenden Versorgung<br />

Sektorübergreifende Versorgung wird seit Jahren durch gestufte Behandlungsformen<br />

bewegt. Sie sollen die Schwellen zwischen den Systemen der ambulanten und stationären<br />

Versorgung in Krankenbehandlung, Rehabilitation und Pflege senken. Dies<br />

geschah zunächst aus der Perspektive der jeweiligen Sektoren.<br />

Der Wandel wurde bis heute allein über das Sozialgesetzbuch erreicht. Die Länder<br />

wollen diesen Weg weiter beschreiten. Das Krankenhausgesetz –KHG- soll im Kern<br />

unangetastet bleiben. Die Frage wird nun sein, ob das angesichts der zunehmenden<br />

Aufweichung der sektoralen Grenzen so bleiben kann. Der Krankenhausbegriff bezieht<br />

sich nach dem KHG allein auf die stationäre Versorgung und nicht auf Zentrumsbildung,<br />

ambulante Behandlung und sektorenübergreifende Versorgung durch<br />

Leistungsverbünde. Der missglückte Versuch der Vorgängerregierung, den Begriff<br />

der „Krankenhausplanung“ im KHG durch den Begriff der „Versorgungsplanung“ als<br />

einem Synonym für sektorenübergreifende <strong>Planung</strong> zu ersetzen, war ein Reflex auf<br />

diese Fragestellung.<br />

Welche Bausteine der sektorübergreifenden Versorgung gibt es heute?<br />

Da ist die „vor- und nachstationäre ambulante Behandlung“ und die „Tageskliniken“,<br />

die sich oftmals zu einer verkappten Institutsambulanz entwickelt haben wie z.B. in<br />

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der Onkologie. Diese Entwicklung war bei dem wachsenden Druck zur Überwindung<br />

der Kluft zwischen „ambulant“ und „stationär“ kaum überraschend.<br />

Die Ermächtigung psychiatrischer Krankenhäuser, in „Institutsambulanzen“ behandeln<br />

zu können, gehört auch dazu.<br />

In diesem Zusammenhang spreche ich auch vom „Belegarztwesen“ und von „Praxiskliniken“,<br />

die im ambulanten Sektor verankert sind und auch stationär versorgen.<br />

In der jüngeren Sozialgesetzgebung lag der Schwerpunkt auf der „Integrationsversorgung“<br />

und selektiven Verträgen sowie „strukturierten Behandlungsprogrammen“<br />

einzelner Kassen, die Behandlungsabläufe in der medizinischen Versorgung ihrer<br />

jeweiligen chronisch kranken Versicherten verbessern sollen.<br />

Schließlich ist die ambulante Versorgung durch Krankenhäuser zu nennen und die<br />

Regelungen zur Gründung „Medizinischer Versorgungszentren“.<br />

Die Komplexität der bei der ambulanten Krankenhausbehandlung nach § 116b SGB<br />

V erforderlichen Abstimmung zeigt am besten die derzeitige Problematik staatlicher<br />

sektorenübergreifender <strong>Planung</strong>:<br />

Die Bestimmung geeigneter Krankenhäuser soll „im Rahmen der Krankenhausplanung<br />

des Landes“ erfolgen unter „Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation“<br />

bei „anzustrebendem Einvernehmen“ mit den an der Krankenhausplanung<br />

unmittelbar Beteiligten, zu denen in der Regel aber die Kassenärztlichen<br />

Vereinigungen nicht gehören.<br />

Ein Regelungskonstrukt, das mit hoher Klageanfälligkeit versehen ist. Derzeit sind in<br />

der Republik 124 Klagen bei Sozialgerichten anhängig, 70% davon kommen von<br />

Vertragsärzten, die Konkurrentenschutz geltend machen. Der Rest sind Verbandsklagen.<br />

Das ist offensichtlich kein Erfolgsmodell sektorenübergreifender <strong>Planung</strong>.<br />

Zusammenfassend lässt sich zum gegenwärtigen Stand sagen: Sektorübergreifende<br />

Versorgung in Deutschland ist durch einen starken Sektorbezug geprägt und in<br />

jüngster Zeit durch behutsam zunehmenden Vertragswettbewerb. Sektorenübergreifende<br />

<strong>Planung</strong> gibt es derzeit nur aus der Wettbewerbsperspektive der einzelnen<br />

Krankenkassen für ihre jeweiligen Versicherten oder wie -gerade geschildert- in einem<br />

komplexen Bestimmungsprozedere durch die Länder.<br />

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Wo liegen bislang die Versorgungsschwerpunkte bei der kassenindividuellen,<br />

sektorenübergreifenden <strong>Planung</strong>?<br />

Nach dem Jahresbericht 2009 der Registrierungsstelle zur Unterstützung der Umsetzung<br />

des § 140d SGB V haben Verträge zur Behandlung der Erkrankungen von<br />

Muskeln, Skelett u. Bindegewebe die größte Bedeutung; ebenso Leistungen zur Behandlung<br />

der Erkrankungen des Kreislaufsystems sowie des Nervensystems. Bezogen<br />

auf die Anzahl der Vertragsmeldungen betrifft jede vierte Meldung die palliativmedizinische<br />

Versorgung. Die Möglichkeit, Integrationsverträge mit Pflegekassen<br />

oder Pflegeeinrichtungen abschließen zu können, wurde bislang nur in sehr geringem<br />

Maße genutzt.<br />

Hier ist sicher noch Entwicklungspotential. Damit wächst langsam und stetig über die<br />

Integrationsversorgung eine dritte Säule der Versorgung heran unter Mitnutzung der<br />

vorhandenen ambulanten und stationären medizinischen Infrastruktur.<br />

Die sektorenübergreifende <strong>Planung</strong> funktioniert derzeit allein nach kassenindividuellen<br />

Wettbewerbsgrundsätzen. Sie steht außerhalb der Krankenhausplanung und<br />

Förderung der Länder und dem Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen.<br />

Welche Kapazitäten in der Region, z.B. in welchen Krankenhäusern zu welchen Preisen<br />

und mit welcher Qualität geplant, verhandelt und genutzt werden und wofür, ist<br />

unbekannt. Darüber gibt es keine Informationspflicht und keine Verpflichtung, Bedarfe<br />

abzustimmen.<br />

Transparenzdefizite sind systemimmanent und gehören zur Ausgestaltung kassenindividueller,<br />

sektorenübergreifender <strong>Planung</strong>. Dies führt auch dazu, dass die Medizinressourcen<br />

nur unzureichend aufeinander abgestimmt werden können.<br />

Beschlüsse der GMK zur Zukunft der sektorenübergreifenden <strong>Planung</strong><br />

Meine Damen und Herren,<br />

mit dem jüngsten GMK Beschluss nimmt die Weiterentwicklung der sektorenübergreifenden<br />

<strong>Planung</strong> nun Konturen an. Für die Länder stehen dabei zunächst Regelungen<br />

im Vordergrund, die Leitplanken für den Vertragswettbewerb setzen sollen.<br />

Die GMK schlägt vor, dass die für die Bedarfsplanung in der ambulanten und stationären<br />

Versorgung zuständigen Gremien durch ein „sektorübergreifendes Gremium“<br />

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ergänzt werden. Dort soll die Selbstverwaltung des Landes vertreten sein mit der<br />

Kassenärztlichen Vereinigung, den Krankenkassen, der <strong>Krankenhausgesellschaft</strong><br />

und schließlich auch das Land selbst.<br />

Dieses neue Gremium soll über die in der Region bedeutsamen Fragen der sektorenübergreifenden<br />

Bedarfsplanung beraten und beschließen. Die rechtliche Ausgestaltung<br />

soll dem Landesrecht überlassen bleiben. Ein ähnliches Gremium hat die<br />

Kassenärztliche Bundesvereinigung bereits in ihrem Forderungskatalog zur Verbesserung<br />

der intersektoralen <strong>Planung</strong> gefordert.<br />

Im Übrigen soll den Ländern mit Blick auf Gesichtspunkte der regionalen Bedarfsplanung<br />

ein Beanstandungs- und Initiativrecht bei selektiver Vertragsgestaltung eingeräumt<br />

werden.<br />

Angesprochen sind Verträge über die<br />

• Leistungsvergütung,<br />

• die Hausarztzentrierte Versorgung,<br />

• Verträge zur ambulanten ärztlichen Versorgung und<br />

• Integrationsverträge.<br />

Zugleich sollen die Länder im Gemeinsamen Bundesausschuss –GBA- zu Fragen<br />

der Bedarfsplanung und sektorübergreifenden Qualitätssicherung mit Antragsrechten<br />

beteiligt werden. Damit soll z.B. mit Blick auf dünn besiedelte und unterversorgte<br />

ländliche Gebiete eine „Gefährdung der allgemeinen bedarfsgerechten Versorgung“<br />

verhindert werden.<br />

Datenzusammenführung für die sektorenübergreifende <strong>Planung</strong><br />

Zeitgleich hat die GMK im Juli d. J. einen Antrag Bremens beschlossen, die Nutzung<br />

der Daten nach § 21 Krankenhausentgeltgesetz außer für die Krankenhausplanung<br />

der Länder auch für eine veränderte Form der sektorenübergreifenden Bedarfsplanung<br />

zu ermöglichen.<br />

Hierzu wurde von Bremen eine Bundesratsinitiative eingebracht, nach der die Länder<br />

ermächtigt werden, dies gesetzlich regeln zu können. Inzwischen liegt jedoch das<br />

ablehnende Votum der Bundesregierung vor. Danach soll der Datenschutz sensibler<br />

Unternehmensdaten dem entgegen stehen.<br />

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Meine Damen und Herren, die systematische Einbeziehung von Krankenhausdaten<br />

ist für die Zukunft der sektorenübergreifenden <strong>Planung</strong> bedeutsam, weil ihre Aussagefähigkeit<br />

für den ambulanten Bereich dadurch deutlich steigen würde.<br />

Wie will man sonst zuverlässig die regionalen Bedarfe für planbare intersektorale<br />

Behandlungspfade und Ressourcenbedarfe z. B. bei Infarkt, Schlaganfall, Diabetes,<br />

Krebs oder der Behandlung von Hochbetagten, Kindern und psychiatrischen Patienten<br />

formulieren? Wie will man sonst eine indikationsbezogene ärztliche Über – und<br />

Unterversorgung in der Versorgungsregion feststellen?<br />

Wie Sie wissen, hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung –KBV- ihr Zentralinstitut<br />

beauftragt, für jeden Versorgungsbezirk regionale Analysen über die jeweiligen Versorgungsbedarfe<br />

vorzulegen. Auf dieser Grundlage soll künftig eine kleinräumige<br />

sektorenübergreifende Versorgungsplanung vorgenommen werden. Stationäre Kapazitäten<br />

sollen dabei berücksichtigt werden, was ohne Krankenhausdaten kaum<br />

möglich sein wird.<br />

Die Sondergesundheitsministerkonferenz v. 25. Okt. d. J. hat deshalb in Ergänzung<br />

des Bremer Bundesratsantrags beim BMG eine Prüfung der Vorschriften der Datenhaltung<br />

im 10. Kapitel des SGB V angemahnt, damit eine rechtssichere Datenzusammenführung<br />

für die sektorübergreifende Bedarfsplanung ermöglicht wird.<br />

Die Frage ist derzeit offen, wie die sektorenübergreifende <strong>Planung</strong> in der Bund-<br />

Länder Kommission bewegt wird und welche Rolle das für 2011 angekündigte Strukturgesetz<br />

spielen wird.<br />

Die einstimmige Beschlusslage der GMK spricht jedenfalls jenseits der politischen<br />

Farbenlehre dafür, den Ländern als den Verantwortungsträgern für die Daseinsvorsorge<br />

neue Steuerungsinstrumente zur intersektoralen regionalen <strong>Planung</strong> zur Verfügung<br />

zu stellen.<br />

Beispiele regionaler sektorenübergreifender <strong>Planung</strong> und Versorgung<br />

Meine Damen und Herren,<br />

es gibt interessante Modelle der sektorübergreifenden <strong>Planung</strong> und Versorgung, die<br />

schon heute, unabhängig vom weiteren gesetzlichen Klärungsbedarf, möglich sind.<br />

Sie machen Mut, weil sie sich dadurch auszeichnen, dass es Initiatoren gibt, die sich<br />

zusammengetan haben und sektorenübergreifend ein regionales medizinisches Ver-<br />

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sorgungsnetz planen und im Verbund von ambulant und stationär, von Krankenbehandlung,<br />

Rehabilitation und Pflege auch anbieten.<br />

Da gibt es z. B. :<br />

Das Knappschaftsprojekt „Prosper - Gesund im Verbund“, dem sich ca. 26.000<br />

Knappschaftsversicherte aus Bottrop und Oberhausen, ca. 80 Knappschaftsärzte<br />

und das Knappschaftskrankenhaus angeschlossen haben und einen integrierten Behandlungsansatz<br />

mit gemeinsamen Therapieempfehlungen, durchgehender Qualitätssicherung<br />

und ausgeschöpften Effizienzreserven anbieten. Ein Projekt, das durch<br />

die allumfassende Zuständigkeit der Knappschaft für Krankenbehandlung, Rehabilitation<br />

und Pflege begünstigt ist und negative Auswirkungen sektoraler Budgets nicht<br />

kennt.<br />

Das Projekt „Gesundes Kinzigtal GmbH“ in Baden-Württemberg, wo sich mit ähnlicher<br />

Zielsetzung engagierte Ärzte mit einer auf Integrationsversorgung spezialisierten<br />

Firma und einer Versorgungsidee zur Nutzung des § 140b SGB V zusammengetan<br />

haben und Integrationsverträge zur regionalen Versorgung mit Krankenkassen<br />

schließen.<br />

Das Projekt der „regionalen Budgets“ zur Verbesserung der intersektoralen psychiatrischen<br />

Behandlung in Schleswig Holstein.<br />

Und schließlich:<br />

Das Projekt der „sektorübergreifende Koordinierung in der Geriatrie“ ebenfalls in<br />

Schleswig Holstein, wo eine Vereinbarung zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern<br />

vorsieht, dass Geriatriepatienten künftig an allen tagesklinischen Geriatriestandorten<br />

des Landes nach einem abgestuften Verfahren je nach Bedarf behandelt<br />

werden und der Hausarzt die Patienten für ein Assessment anmeldet und sie<br />

begleitet. Die Krankenkassen zahlen pro Fall eine Pauschale an das Krankenhaus,<br />

aus der der Hausarzt sein Honorar für die Begleitung und Koordinierung erhält: Eine<br />

kreative Lösung zur Überwindung der sektoralen Budgets!<br />

Meine Damen und Herren,<br />

der Schweizer Nationalrat hat am 15. Juni 2010 entschieden, die Integrierte Versorgung<br />

in Netzen zur Regel zu machen. So einfach und schnell kann es auch gehen.<br />

Vielen Dank<br />

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