Eingliederungshilfe für behinderte Menschen - Landkreis Calw
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Kultur- und Sozialausschuss<br />
öffentliche Sitzung<br />
Datum: 19.07.2011<br />
Tagesordnungspunkt: 3<br />
Vorlage Nr. KSA IX/43<br />
Thema: <strong>Eingliederungshilfe</strong> für <strong>behinderte</strong> <strong>Menschen</strong><br />
- Förderung der familienentlastenden Dienste im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />
Verfasser:<br />
Dezernat: 4<br />
Abteilung: 46<br />
Name: Horst Lipinski Helmut Riegger<br />
Landrat<br />
Vorberatung am:<br />
Entscheidung am:<br />
19.09.2011<br />
Anlage: Zuschussanträge der Lebenshilfen für <strong>Menschen</strong> mit Behinderung <strong>Calw</strong> e.V.<br />
und Oberes Nagoldtal e.V. vom 11.07.2011 und 10.06.2011<br />
Antrag:<br />
Der <strong>Landkreis</strong> fördert im Rahmen der im Haushaltsplan bereit gestellten Mittel freie<br />
Träger der Behindertenhilfe auf der Grundlage der Verwaltungsvorschrift des<br />
Ministeriums für Arbeit und Soziales für die Gewährung von Zuwendungen zur<br />
Förderung familienentlastender Dienste auf dem Gebiet der Behindertenhilfe (VwV<br />
FED) vom 22.03.2006, Az.: 42-5127-1.18. Für den bedarfsgerechten Ausbau der<br />
familienentlastenden Dienste wurden bisher bis zu 39.000 Euro bereitgestellt. Diese<br />
Förderung wird ab dem Haushaltsjahr 2012 um 10.000 € auf bis zu 49.000 €<br />
(Produktgruppe 31.10.02) erhöht.
Begründung zur Vorlage KSA IX/43<br />
1. Sachverhalt<br />
Zum 01.01.2005 wurde die Zuständigkeit für die Gewährung von <strong>Eingliederungshilfe</strong> für<br />
<strong>behinderte</strong> <strong>Menschen</strong> in Baden-Württemberg von den überörtlichen Sozialhilfeträgern auf<br />
die örtlichen Sozialhilfeträger verlagert. Damit wurde der <strong>Landkreis</strong> unmittelbar verantwortlich<br />
für die Gewährung der notwendigen Hilfen zur Eingliederung <strong>behinderte</strong>r <strong>Menschen</strong>.<br />
Im Rahmen der Daseinsvorsorge hat der <strong>Landkreis</strong> Sorge zu tragen, dass ein ausreichendes<br />
Hilfeangebot für die <strong>behinderte</strong>n <strong>Menschen</strong> vorhanden ist. Nicht nur der <strong>behinderte</strong><br />
Mensch selbst benötigt zur Teilhabe und Inklusion bedarfsgerechter Hilfs- und<br />
Unterstützungsangebote. Häufig wird die Betreuung und Pflege von <strong>Menschen</strong> mit Behinderung<br />
auch von deren Familien selbst erbracht. Die zum Teil Jahrzehnte lange und intensive<br />
Betreuung und Pflege übersteigen nicht selten die von den Familien eingebrachten<br />
Selbsthilfekräfte, weshalb <strong>Menschen</strong> mit Behinderungen und deren Angehörige - neben<br />
Beratung und finanziellen Hilfen - auch auf unterstützende und entlastende Maßnahmen<br />
im Alltag angewiesen sind.<br />
Die familienentlastenden Dienste (FED) der Lebenshilfen <strong>Calw</strong> e.V. und Oberes Nagoldtal<br />
e.V. leisten im ambulanten Versorgungsspektrum einen wesentlichen Beitrag bei der<br />
Betreuung, Pflege und Versorgung von geistig und/oder körperlich <strong>behinderte</strong>n <strong>Menschen</strong>,<br />
die alleine, mit dem Partner, in Familien, in privaten Wohngemeinschaften oder<br />
im ambulant betreuten Wohnen leben. Die FED tragen damit zur Entlastung von Angehörigen<br />
sowie zur Stärkung der Selbsthilfekräfte und des Zusammenhalts der Angehörigen<br />
<strong>behinderte</strong>r <strong>Menschen</strong> bei. Sie fördern darüber hinaus auch die Teilhabe <strong>behinderte</strong>r<br />
<strong>Menschen</strong> am Leben in der Gemeinschaft.<br />
Das Land fördert seit 1985 nach den Fördergrundsätzen des Sozialministeriums offene<br />
Hilfen für Behinderte, insbesondere Familienentlastungsdienste. Nach der zum<br />
01.01.2006 in Kraft getretenen Verwaltungsvorschrift des Landes (VwV FED) wurde die<br />
Landesförderung ab 01.01.2009 an eine kommunale Mitfinanzierung, die mindestens<br />
dem Landeszuschuss entspricht, gebunden. Sie kann über die Vergütung von Betreuungen<br />
im Einzelfall oder eine Projektförderung erfolgen. Die Erfahrungen der Sozialhilfeträger<br />
und der Leistungsanbieter zeigen, dass für diese niedrigschwellige Versorgung im<br />
Rahmen der familienentlastenden Dienste eine pauschale Förderung den größten Wirkungsgrad<br />
bei den Nutzern erreicht und bürokratische Hürden sowie Abgrenzungsprobleme<br />
im Einzelfall vermieden werden können.<br />
2. Zielsetzung<br />
Die Förderung der FED ermöglicht es <strong>Menschen</strong> mit Behinderung und ihren Angehörigen<br />
zunehmend, Formen ambulanter Unterstützung, Assistenz und Entlastung in Anspruch zu<br />
nehmen und im familiären Umfeld, im örtlichen Gemeinwesen und in der eigenen Häuslichkeit<br />
zu bleiben. Zu den Angeboten gehören stundenweise, tageweise und mehrtätige<br />
Betreuungs- und Pflegehilfen innerhalb und außerhalb der Familie, sozialpädagogische<br />
Beratung und Begleitung der Familien sowie Vermittlung weiterer Hilfen.
Die Lebenshilfen für <strong>Menschen</strong> mit Behinderung, Ortsvereinigung Oberes Nagoldtal e.V.<br />
und Ortsvereinigung <strong>Calw</strong> e.V. haben seit vielen Jahren einen familienentlastenden<br />
Dienst eingerichtet und die Kreis- bzw. Landesförderung in vollem Umfang (2010 jeweils<br />
38.400 Euro) in Anspruch genommen. Durch den notwendigen Auf- und Ausbau der<br />
Leistungen in der individuellen Betreuung von <strong>Menschen</strong> mit erhöhtem Betreuungsbedarf<br />
entstehen zusätzliche Aufwendungen, die nicht durch vorrangige Leistungsträger und individuelle<br />
Leistungsentgelte gedeckt werden können. Diese Hilfen sind jedoch für schwer<br />
mehrfach <strong>behinderte</strong> <strong>Menschen</strong> und Ihre Angehörigen eine wichtige Voraussetzung, um<br />
eine wohnortnahe ambulante Betreuung und passgenaue Unterstützung zu erhalten und<br />
im Verbund mit den familiären Hilfen sicherstellen zu können.<br />
Die Verwaltung schlägt daher zur Sicherung einer wohnortnahen Unterstützung von <strong>Menschen</strong><br />
mit Behinderung vor, ab dem Haushaltsjahr 2012 den Kreiszuschuss zur Förderung<br />
der familienentlastenden Dienste neben der Grundförderung nach der Verwaltungsvorschrift<br />
(VwV FED) zu erhöhen. Mit der nachhaltigen Stärkung der familienentlastenden<br />
Dienste verfolgt die Kreisverwaltung das Ziel, Unterstützungsangebote im ambulanten,<br />
familien- und wohnortnahen Bereich weiter auszubauen, um so wesentlich teurere stationäre<br />
Maßnahmen in Zukunft so weit als möglich zu vermeiden.<br />
3. Finanzierung<br />
Die von den FED erbrachten ambulanten Leistungen werden durch Entgelte der Nutzer<br />
(nach Ziffer 6.3 VwV FED), Leistungen der Pflegeversicherung und der Sozialhilfeträger<br />
(nach Ziffer 6.4 VwV FED), Eigenmittel der Träger (nach Ziffer 6.5 VwV FED), Zuschüsse<br />
des Landes (Ziffer 7 VwV FED) und des Kreises finanziert.<br />
Angesichts der Entwicklung der <strong>Eingliederungshilfe</strong> (der Gesamtaufwand betrug im Jahr<br />
2010 netto 18,2 Mio. Euro) und um den Umfang des jetzigen Angebots aufrecht zu erhalten,<br />
hält die Verwaltung zum weiteren Ausbau der familienentlastenden Dienste im<br />
Jahr 2012 einen Zuschuss aus Mitteln des Kreises von bis zu 49.000,-- Euro (PG<br />
31.10.02) für notwendig und erforderlich.<br />
Der Zuschuss ersetzt notwendige Hilfen im Einzelfall, auf die ein Rechtsanspruch nach<br />
dem SGB XII besteht. Deshalb erfolgt seine Finanzierung über den <strong>Eingliederungshilfe</strong>haushalt<br />
und nicht als „freiwillige Leistung“. Die Kreisverwaltung geht davon aus, dass<br />
anfangs zumindest im selben Umfang entsprechende Leistungen der <strong>Eingliederungshilfe</strong><br />
eingespart werden können. Nur der Vollständigkeit halber: Die Kosten für eine vollstationäre<br />
Maßnahme überschreiten regelmäßig den ab 2012 vorgesehen Zuschuss. Mittel- bis<br />
langfristig sind deshalb auch im Zusammenhang mit einer Intensivierung des Fallmanagements<br />
und einer individuellen Hilfeplanung in der <strong>Eingliederungshilfe</strong> höhere Einsparpotentiale<br />
zu erwarten.