Verkehrssicherheit von Bäumen

Januar:
Verkehrssicherheit von Bäumen
Unzweifelhaft können Bäume Schäden verursachen. Das kann ein Unfall sein, oder es kann
ein Verschulden vorliegen.
Den Begriff "Verkehrssicherheit" gibt es streng genommen nicht – er hat sich aus der
Rechtsprechung entwickelt.
Viele irritiert der erste Wortteil und man denkt daher an Straßen und den darauf
stattfindenden Verkehr. Juristen betrachten das ein wenig anders; z.B. wenn man Gäste
einlädt und diese in den Garten lässt, hat man bereits einen Verkehr eröffnet.
Wird durch Einsturz (Z.B.: Torsionsbruch des Stammes) oder Ablösung (Z.B.: Astbruch) von
Teilen eines Gebäudes oder eines anderen auf einem Grundstück aufgeführten Werkes
(Pergola, Einfriedungsmauer etc., aber auch Gehölz) jemand verletzt oder sonst ein Schaden
verursacht, so ist der Besitzer des Gebäudes oder Werkes, wenn die Ereignung die Folge der
mangelhaften Beschaffenheit des Werkes ist und er nicht beweist, dass er alle zur Abwehr der
Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet habe, zum Ersatz verpflichtet.
Je höher die zu erwartenden Eigentümerkenntnisse und das Risiko, desto höhere
Sicherheitsanforderungen gelten. Daher haben Kommunen wesentlich höhere
Sicherheitsanforderungen als der private Baumbesitzer. Das Risiko ist im Wald klarerweise
anders einzustufen, als in einem Park, oder einem Privatgarten, oder in einer Schule bzw. in
einem Kindergarten.
Jeder Grundeigentümer ist in der Regel verpflichtet, den auf seinem Grundstück stockenden
Baumbestand in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten. Zur ordnungsgemäßen
Gehölzinstandhaltung gehört auch der Pflegeschnitt, der den Regeln der Technik entsprechen
sollte [ZTV-Baumpflege], allerdings kann jeder mit seinem Eigentum machen was er will und
darf daher Bäume auch kappen oder sonst schädigen, ausgenommen es gibt eine
Baumschutzverordnung oder es ist ein Naturdenkmal etc.
Es ist eine allgemeine Regel, dass jeder für die Verkehrssicherheit zu sorgen hat, der auf
einem ihm gehörenden oder seiner Verfügung unterstehenden Grund und Boden einen
Verkehr für Menschen eröffnet. Dies gilt auch für einen beschränkten Verkehr (z.B. Gäste).
Es geht bei der Verkehrssicherungspflicht nicht um den "Besitzer" im Sinn des BGB bzw.
ABGB, sondern um denjenigen der die tatsächliche Verfügungsgewalt hat und nicht auf das
Eigentum am Werk (Baum). Verkehrssicherungspflichtig ist somit der Eigentümer, Pächter
oder Mieter.
„Was bedeutet das in der Praxis?“
1. Einer Stadt oder Gemeinde wird gegenüber der Allgemeinheit eine besondere
Verantwortung aufgebürdet. Das bedeutet in der Praxis, dass sich die Kommunen
intensiv mit Baumkontrollen und Baumpflege auseinandersetzen müssen. Daher
werden oft Baumkataster für das Baummanagement eingesetzt und es boomt die
Spezialausbildung zum Baumkontrolleur und/oder Baumpfleger.
2. In etwas geringerem Umfang, Haftung und Risiko sind ja auch geringer, wird das
unter 1) genannte auch von großen privaten Baumbesitzern bereits durchgeführt und,
wenn auch nur zögerlich, bereits von kleinen Grundbesitzern. Vor allem Vermieter
haben hier noch Handlungsbedarf.

3. Im Wald ist die Rechtslage ein wenig anders, aber auch dort erfolgen im
„Wegebereich“ Kontrollen.
4. Der private Hauseigentümer (gemeint ist im Wesentlichen ein
Einfamilienhauseigentümer) hat meist nur wenige Bäume und sollte diese auch
kontrollieren. Das macht er in der Regel ja auch, nur kann er mangels Aufzeichnungen
in einem Schadensfall meist nicht nachweisen das er kontrolliert und registrierte
Mängel beseitigt hat, also dass er alle zur Abwehr der Gefahr erforderliche Sorgfalt
angewendet habe.
„Was sollte man als privater Hauseigentümer tun?“.
Wie schon oben beschrieben sind Bäume ordnungsgemäß zu pflegen. Hierzu gehört das
Entfernen abgestorbener Äste und auch der Pflegeschnitt. Dürre Äste sind ab einer Stärke von
5 cm (Durchmesser) zu entfernen. Aststummel sind ebenfalls zu entfernen.
Kronenauslichtungen sind im Fein- und Schwachastbereich vertretbar, wobei das Ausmaß
maximal 15 % des Kronenvolumens betragen darf. Schnitte sind so anzusetzen, dass bei
möglichst kleiner und runder Verwundung eine optimale Überwallung möglich ist. Grüne
Äste mit einem Durchmesser von mehr als 5cm sollten nicht geschnitten werden. Auch
Wurzeln sollten nicht geschädigt werden.
Eine absolute Sicherheitsgarantie bei einem Baum verbieten einerseits die
Leichtbauprinzipien der Natur, deren gesetzmäßiger Bestandteil eine natürliche Bruchrate
auch völlig fehlerfreier Bäume ist und andererseits nicht beeinflussbare äußere Faktoren wie
Windbruch, Schneelast, Bodensenkungen usw..
Es stellt zwar jeder Baum eine mögliche Gefahrenquelle dar, weil durch Naturereignisse sogar
gesunde Bäume entwurzelt oder geknickt oder Teile von ihnen abgebrochen werden können,
andererseits ist die Erkrankung oder Vermorschung eines Baumes von außen nicht immer
erkennbar.
Um besser abschätzen zu können, ob der in Ihrem Garten befindliche Baum eventuell
bruchgefährdet ist sollten Sie auf folgendes achten:
• Betrachten Sie den Baum regelmäßig. Wenn er kleinere Blätter als sonst bekommt und
die Triebe kürzer werden ist das ein Zeichen des „Unwohlseins“.
• Schauen Sie nach Starkwindereignissen auf den Boden beim Stamm. Wenn Sie dort
Risse (vor allem konzentrische) feststellen ist der Baum möglicherweise im
Wurzelbereich geschädigt, wenn er Zeichen des „Unwohlseins“ zeigt ist das sogar
sehr wahrscheinlich.
• Achten Sie nun auf den Stammfuß, ob Fäule möglich, oder ob abgeplatzte Rinde
feststellbar ist.
• Nun schaut man weiter hinauf auf den Stamm. Zwiesel mit Rissbildung sind stark
bruchgefährdet. (Zwiesel sind gleich [zumindest annähernd] starke Stämmlinge die V-
förmig in den Stamm übergehen.)
• Häufiger sind Aushöhlungen oder Morschungen im Stamm, wobei das hier gesagte
sinngemäß für dickere Äste genauso gilt. Hier ist es schwierig festzustellen, ob ein
Risiko gegeben ist. Messen Sie (in cm) den Radius (=R) im Bereich der Schadstelle
und anschließend versuchen Sie mit einem Lineal festzustellen, wie stark die
Restwandstärke (=t) mindestens ist. Wenn t:R kleiner als 0,3 ist sollte der Baum von
einem Fachmann beurteilt werden. Achtung! Diese statistische Abschätzung ist stark

vereinfacht und bei t/R=0,3 ist ein Baum in der Regel noch mehrere Jahre bruchsicher.
Diese Faustregel hilft nur zur Orientierung!
• Von einer erhöhten Gefahr des Ausbruchs muss dann ausgegangen werden, wenn der
Baum relativ frei steht (große Ausschwingwege), einen Zwiesel, eine gerissene
Zwieselnaht, oder wellige Rindenstauchungen mit senkrecht verlaufenden Rissen hat
oder mehrere Stämmlinge besitzt, an deren Basis sich eingeschlossene Rinde befindet
und/oder, die sich an ihrer Basis berühren.
• Entdeckt man bei der Kontrolle holzzerstörende Pilze am Baum, so besteht
Handlungsbedarf. Entweder muss der Baum gefällt werden, was nicht immer zu
verantworten ist und auch nicht immer erforderlich ist. Ist der Pilzbefall gekoppelt mit
einem schlechten Kronenbild (Verzweigungsmängel, Dürreerscheinungen auch in der
Kronenperipherie), oder betrifft die Pilzbesiedlung eine Weide, Pappel, Birke und
ähnlich schlechte Kompartimentierer, so sollte man eher zur Fällung neigen.
• Sind in einem Baum im Stamm bzw. in stärkeren Ästen Öffnungen von Nisthöhlen,
z.B. Spechtlöcher, ist dies ein Hinweis darauf, dass in diesem Bereich möglicherweise
eine umfangreiche Fäule bzw. Höhlung vorliegt, da z.B. Spechte ihre Höhlen nur in
weichem und damit in morschem, pilzbefallenen Holz bauen.
• Das verstärkte Vorkommen von Insekten, z.B. Ameisen, am bzw. im Stammfuß kann
darauf hindeuten, dass im Stamminneren, insbesondere im Wurzelstock, eine Fäule
vorliegt, da die Tiere ihren Bau in der Regel nur in geschädigtem Holz anlegen.
• Auch am Stammfuß befindliches braunes Bohrmehl, das Insekten aus einer Höhlung
heraustransportieren, kann ein Hinweis auf eine durch holzzerstörende Pilze
verursachte Fäule im Stammfuß sein.
Bäume sind aber in der Regel zäh und die Schäden die sie verursachen sind, in Relation dazu
wie viele es gibt, marginal. Meist sind Schäden, die von Bäumen verursacht werden darauf
zurückzuführen das der Baum vorher von einem Menschen beschädigt, oder zumindest nicht
ordentlich gepflegt, wurde.