Bulletin des médecins suisses 13-14/2013 - Schweizerische ...
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Notes de lecture<br />
HORIZONS<br />
allem der Telepathie. Wieder neue Entwicklungen<br />
zeigen, dass die Existenz solcher Phänomene<br />
nicht unbegründet sein muss. Jedenfalls<br />
war es kaum im Sinne von Bleuler und Freud,<br />
wenn man immer wieder Bleulers Aussage über<br />
«undiszipliniertes autistisches Denken» gegen<br />
Beschäftigung mit (noch) nicht erklärbaren<br />
Phänomenen und Methoden missbraucht.<br />
Der Rezensent las das Buch mit zwei Gs: mit<br />
Genuss und mit Gewinn für das dritte G – den<br />
Geist.<br />
Peter Marko<br />
Impfungen<br />
Klaus Hartmann<br />
Impfen, bis der Arzt kommt<br />
Wenn bei Pharmakonzernen Profit über<br />
Gesundheit geht<br />
München: Herbig-Verlag; 2012<br />
219 Seiten. 29.90 CHF<br />
ISBN 978-3-7766-2694-0<br />
2012 veröffentlichte Dr. med. Klaus Hartmann<br />
das Buch «Impfen, bis der Arzt kommt». Der<br />
Autor war nach langjähriger ärztlicher Tätigkeit<br />
zehn Jahre im renommierten deutschen<br />
Paul-Ehrlich-Institut im Referat für Arzneimittelsicherheit<br />
tätig und registrierter Experte bei<br />
der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA),<br />
London. Heute ist er gefragter Gutachter in<br />
Impfschadensprozessen und arbeitet als Arzt in<br />
einer rheumatologischen Klinik.<br />
«Die Idee für das Buch entstand im Herbst<br />
2009, als die Impfung gegen die neue H1N1<br />
oder auch ‹Schweinegrippe› gerade öffentlich<br />
empfohlen wurde. Es war faszinierend zu sehen,<br />
wie ein bei Impfungen bislang nicht bekanntes<br />
Chaos ausbrach.»<br />
Das vorliegende Buch ist gerade angesichts<br />
der heutigen Impfsituation aktuell, realistisch<br />
und ideologiefrei. Es ist das Werk eines Praktikers,<br />
der keiner Frage im Zusammenhang mit<br />
Impfen aus dem Weg geht. Der Einblick in das<br />
Problem wird vertieft durch die Beschreibung,<br />
welchen Weg ein Impfstoff von der Idee bis zur<br />
Zulassung als Arzneimittel durchläuft. Sind die<br />
Wege sicher? Welche Studien werden durchgeführt,<br />
und wer kontrolliert das Ganze? Wird<br />
wirklich alles getan, um die Sicherheit eines<br />
Impfstoffes zu garantieren?<br />
Der Abriss über die Geschichte der Impfstoffentwicklung<br />
von der ersten Impfung gegen<br />
Pocken durch den englischen Landarzt Edward<br />
Jenner im 18. Jahrhundert bis zu den modernen<br />
Mehrfachimpfstoffen lässt das Wirken berühmter<br />
Epidemio logen und Infektiologen wie Robert<br />
Koch und Emil von Behring lebhaft vor den<br />
Augen <strong>des</strong> Lesers Revue passieren. Dieses Wissen<br />
über Grundlagen seriöser medizinischer Forschung<br />
sollte im Interesse nachfolgender Medizin<br />
ergenerationen nicht verloren gehen. So<br />
wurden mit Impfungen verheerende Seuchen<br />
wie Pocken und Kinderlähmung ausgerottet,<br />
To<strong>des</strong>fälle durch Masern und Keuchhusten erheblich<br />
reduziert.<br />
Es gelingt dem Autor in anschaulicher<br />
Weise aufzuzeigen, was Impfstoffe zu Arzneimitteln<br />
mit besonderer Bedeutung macht und<br />
warum Diskussionen um das Impfen oft so hitzig<br />
und emotional geführt werden. Die offen<br />
dargelegten Fakten über erwünschte Wirkungen<br />
moderner Impfstoffe und unerwünschte<br />
Nebenwirkungen bieten Grundlagen für eine<br />
sachliche Diskussion. Hartmann bringt unmissverständlich<br />
zum Ausdruck, dass die Sicherheit<br />
eines Impfstoffes und das Wohl eines jeden<br />
Patienten zu jeder Zeit oberste Priorität haben<br />
müssen. So dürfen ungenügend getestete Impfstoffe,<br />
auch wenn die WHO eine noch so hohe<br />
Pandemiestufe ausruft oder eine Impfung aus<br />
welchen Gründen auch immer noch so dringend<br />
erscheint, nicht an Menschen verabreicht<br />
werden. Das Beispiel <strong>des</strong> Rotavirus-Lebend-<br />
Impfstoffs «Rotashield», bei dem nach Zulassung<br />
und Verabreichung doch schwere Nebenwirkungen<br />
auftraten, führt Klaus Hartmann als<br />
positives Beispiel für verantwortungsvolles<br />
Handeln an. Denn anders als bei dem tragischen<br />
Contergan-Unglück in den 60er Jahren<br />
<strong>des</strong> vorigen Jahrhunderts wurde der Impfstoff<br />
nach Bekanntwerden der Nebenwirkungen<br />
umgehend aus dem Handel genommen.<br />
Auch für Laien sind die zum Teil komplizierten<br />
Zusammenhänge der Wirkungen von<br />
Impfstoffen im menschlichen Körper sehr gut<br />
verständlich beschrieben. Es wird deutlich<br />
sichtbar, dass das menschliche Immunsystem<br />
eine unendliche Vielfalt von Möglich keiten<br />
hat, auf eine Impfung zu reagieren. Im Posi tiven<br />
wie aber auch im Negativen. Dieser Umstand<br />
sollte uns Respekt einflössen und zur Bescheidenheit<br />
und Vorsicht mahnen.<br />
Das Buch befasst sich auch mit der Frage,<br />
warum die Impfstoffhersteller, mit enger Verbindung<br />
zur Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO), ein so grosses Interesse daran haben,<br />
viele gesundheitliche Pro bleme der Menschen<br />
durch eine Entwicklung immer neuer Impfstoffe<br />
lösen zu wollen. «Dabei haben die Hersteller<br />
längst den Kernbereich der ‹klassischen›<br />
Infektionskrankheiten verlassen und neue Ziele<br />
anvisiert. Beispielweise ist derzeit eine Impfung<br />
gegen Bluthochdruck in der Zulassungsphase.»<br />
So sind die Ausführungen über die ökonomischen<br />
Hintergründe, insbesondere über die Gewinnmargen<br />
der Impfstoffhersteller, sehr erhellend.<br />
Zum Schluss noch ein Wunsch <strong>des</strong> Autors<br />
dieses sehr lesenswerten Buches: «Wir sollten<br />
unser Gesundheitssystem wieder zu einem machen,<br />
das den Menschen wirklich in den Mittelpunkt<br />
stellt. Und auch wirklich gesünder<br />
macht.» .<br />
Erzählungen<br />
Hans Jörg Leu<br />
Fallwind<br />
Egg: Thesis Verlag; 2012<br />
<strong>14</strong>3 Seiten. 25 CHF<br />
ISBN 978-3-908544-68-5<br />
Andreas Bau<br />
«Ohne Geschichten hätte die Welt keine Geschichte»,<br />
setzt Hans Jörg Leu als Motto vor<br />
seine neusten Geschichten. Der pensionierte<br />
Chefarzt lebt abwechselnd in Baden und Novaggio,<br />
wo er seit Jahren mit grossem Erzähltalent<br />
seine Umwelt beobachtet. Vieles sei erfunden,<br />
die Mehrzahl aber tatsächlich so oder<br />
ähnlich passiert, ist im Vorwort zu lesen. Leu<br />
vergleicht seine Erzählungen mit dem unberechenbaren<br />
Fallwind, da die Überlebenden sie<br />
weiterreichen, verändern oder verfälschen –<br />
«eine Wiederkehr in Träumen aus einer Welt,<br />
die es nicht mehr gibt und nie mehr geben<br />
wird, die es in Wirklichkeit auch gar nie gab,<br />
weil sie eben auch nur eine Illusion war». Der<br />
Grundton ist klarsichtig und melancholisch,<br />
oft auch abgründig humorvoll und ironisch.<br />
Hans Jörg Leu fühlt mit seinen Figuren, ob<br />
Täter oder Opfer, wer auch immer sie sind. Dabei<br />
sind ihm erneut wunderbare Beschreibungen<br />
der Innen- und Aussenwelt gelungen, die<br />
eine grosse Meisterschaft verraten. Viele Stimmen<br />
kommen zu Wort. Wovon sie auch immer<br />
berichten, sie lassen uns nie gleichgültig und<br />
wirken lange nach. Ausser dem Umschlagsbild<br />
enthält der schmale Band leider keine weiteren,<br />
eigenen Illustrationen. Schade, denn auch<br />
im Bereich der bildenden Kunst ist Leu ein<br />
gros ser Könner.<br />
Erhard Taverna<br />
Editores Medicorum Helveticorum<br />
<strong>Bulletin</strong> <strong>des</strong> médecins <strong>suisses</strong> | <strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bollettino dei medici svizzeri | 20<strong>13</strong>;94: <strong>13</strong>/<strong>14</strong> 537