Methodik des kommunikativen Fremdsprachen- unterrichts
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eine oder andere Schreibkonvention „besser“ oder „schlechter“ ist, ist daher objektiv kaum<br />
zu entscheiden; die Wahl der Schreibkonvention orientiert sich am Verwendungszweck<br />
(VIELAU 1983c). Für einen Lautatlas oder für Sprachvergleiche bietet sich eine andere<br />
Schreibkonvention an (phonetic transcription) als für ein phonetisches Wörterbuch (narrow<br />
phonemic) oder für ein zweisprachiges <strong>Fremdsprachen</strong>wörterbuch (broad phonemic). Für<br />
den <strong>Fremdsprachen</strong>unterricht hätte sich die Wahl der Lautschrift primär didaktisch-methodisch<br />
zu begründen: Es kommt nur eine phonemische Lautschrift in Betracht, sie muss einfach<br />
und ökonomisch sein und vor allem leicht erlernbar.<br />
Eine visuelle Lernhilfe mit Signalcharakter ist eines der wichtigsten Instrumente für die Ausspracheschulung;<br />
beim Unterricht mit schwächeren Lernern und in der Erwachsenenbildung<br />
ist die Lautschrift nahezu unverzichtbar. Eine entsprechende phonetische Qualifikation (aktive<br />
Beherrschung der Lautschrift) muss bei phonetisch schwierigen Sprachen daher vom Lehrer<br />
verlangt werden. Besonders wichtig ist die Lautschrift bei der Korrektur: Gerade hier<br />
kommt es auf die Lenkung und Modellierung der Aufmerksamkeit an: Ein Feedback, das der<br />
Lernende nicht versteht und nicht „auf den Punkt bringen kann“, wirkt eher beunruhigend<br />
und verwirrend.<br />
Trotz gut geplanter Lernhilfen sollte man nicht zu viel erwarten: Mehr als eine leidlich angenäherte<br />
„Sprechhypothese“ ist im ersten Lernschritt meist nicht zu erreichen. Auch die Aussprache<br />
bedarf der gezielten Elaboration und Tiefenverarbeitung (siehe unten, Kap. 4.2.2.1<br />
Ausspracheübungen).<br />
4.2.1.4 Die Einführung der Schrift<br />
Bei phonetisch schwierigen Sprachen sollte die Schrift mit Verzögerung erst dann eingeführt<br />
werden, wenn das Klangbild durch Echosprechen bei geschlossenen Büchern leidlich gesichert<br />
ist. Ist die Distanz von Klangbild und Schriftbild groß, so könnte man zunächst eine<br />
kurze Mitlese-Phase folgen lassen. Dabei wird der Text noch einmal vom Lehrer vorgesprochen<br />
(oder per Tonträger präsentiert), bei geöffneten Büchern simultan mitgelesen und still<br />
gesprochen. Die Aufmerksamkeit soll sich dabei ganz auf die Aufnahme und Zuordnung der<br />
Schreibkonvention konzentrieren.<br />
Ginge man vom Echosprechen direkt zum Vorlesen über, müsste der Lernende mehrere Aufgaben<br />
zugleich bewältigen: das Schriftbild auffassen, es dem Klangbild zuordnen und gleichzeitig<br />
aktiv artikulieren. Schwächere Lerner reagieren überfordert auf diese Mehrfachbeanspruchung:<br />
Sie „vergessen“ das Klangbild und konstruieren die Aussprache top-down<br />
vom Schriftbild her mit Hilfe erstsprachlicher Lesestrategien (siehe auch Fallbeispiel oben).<br />
Um solche Interferenzen auszuschließen, ist gelegentlich vorgeschlagen worden, die Schrift<br />
zunächst ganz aus dem Anfangsunterricht herauszuhalten (audiolingual/ audiovisueller Vorkurs).<br />
Angesichts der wichtigen Funktion, die der Schrift in künstlichen Lernsituationen zukommt,<br />
halte ich das für keine gute Idee (vgl. auch MINDT/ MISCHKE 1985): Zum einen<br />
verlagert man die Probleme nur auf einen späteren Zeitpunkt, zum anderen nimmt man zusätzlich<br />
das Entstehen privatsprachlicher Kodierungen in Kauf. Denn die meisten Menschen<br />
können sich Sprache leichter in visueller Form einprägen: Das Schriftbild dient ihnen zur<br />
dauerhaften Verankerung und Fixierung <strong>des</strong> auditiven Wahrnehmungsinhalts. Steht kein Schriftbild<br />
zur Verfügung, so wird es eben autonom, notfalls als „innere Schrift“, erzeugt - immer<br />
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