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Restitutionsbericht 2006 - Wien Museum

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1. Beschlagnahmte Bücher: Bibliotheken verfolgter Organisationen wie Parteien,<br />

religiöser Gemeinschaften, Logen oder jüdischer Institutionen wurden auf Antrag<br />

„sichergestellt“. Zu den bekanntesten der von solchen „Sicherstellungen“ betroffenen<br />

<strong>Wien</strong>er Bibliotheken zählen jene der Israelitischen Kultusgemeinde (mit – je nach<br />

Quelle – 27.000 bis 83.000 Bänden) und die der Israelitischen theologischen<br />

Lehranstalt (mit 23.000 Bänden). 5 Auch größere jüdische Privatbibliotheken wurden<br />

auf diese Weise konfisziert. Institutionen der Stadt <strong>Wien</strong> beteiligten sich an diesem<br />

Konkurrenzkampf um kostenlos oder preisgünstig zu erhaltende Objekte. So stellte<br />

die Direktion der Städtischen Sammlungen (so die Bezeichnung für die noch bis<br />

Dezember 1939 bestehende organisatorische Einheit aus Stadtbibliothek und<br />

<strong>Museum</strong>) im September 1939 an die Zentralstelle für Denkmalschutz – unter<br />

Hinweis auf eine angeblich „drohende Verschleppung“ – das Ansuchen, die<br />

Sammlung des jüdischen Rechtsanwalts Siegfried Fuchs (Bilder, Musikdrucke,<br />

Handschriften, Almanache usw.) sicherzustellen. Diesem Ansuchen wurde<br />

allerdings nicht stattgegeben, da einerseits der Wert der Sammlung als zu gering<br />

angesehen wurde, andererseits ohnehin von Fuchs zum Kauf angeboten worden<br />

war. Über den Weg der Beschlagnahmung durch Dritte (in der Regel durch die<br />

<strong>Wien</strong>er Zentralstelle für Denkmalschutz) gelangten allerdings andere Sammlungen<br />

in die im Rathaus untergebrachte Stadtbibliothek, etwa die Sammlungen Strauß-<br />

Simon und Strauß-Meyszner. Prinzipiell war die Stadtbibliothek aber nicht in den<br />

organisierten Raub der Bücher eingebunden. Die Hauptströme des organisierten<br />

Buchraubes liefen über die Deutsche Bücherei Leipzig und in <strong>Wien</strong> über die<br />

Nationalbibliothek.<br />

2. Enteigneter Besitz jüdischer und anderer verfolgter Personen: Dabei handelt es sich<br />

um den „Hausrat“ jüdischer Emigranten oder Deportierter, den diese zurücklassen<br />

mussten und der von den NS-Behörden veräußert wurde. Nutznießer waren private<br />

Käufer, Antiquariate, aber auch Bibliotheken, da sich unter dem Hausrat häufig auch<br />

Bücher befanden. Eine zentrale Rolle spielte dabei die VUGESTA, eine vom NS-<br />

Regime geschaffene Einrichtung in <strong>Wien</strong> 1, Bauernmarkt 24, welche die von der<br />

Gestapo beschlagnahmten Umzugsgüter verkaufte, nachdem den emigrierenden<br />

5 Evelyn Adunka: Der Raub und die Restitution der <strong>Wien</strong>er jüdischen Bibliotheken. Vortrag auf der Tagung „Raub und<br />

Restitution in Bibliotheken“, 23./24.3.2003, <strong>Wien</strong> (http://www.stadtbibliothek.wien.at/sammlungen/digital/adunkaevelyne-restitution.pdf).

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