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Restitutionsbericht 2006 - Wien Museum

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32<br />

In ihrem Schreiben vom 30. Mai 1939 hat die Stadtbibliothek den Rechtskonsulenten<br />

Dr. Emil Wolf aufgefordert, ihr - wie mündlich mit dem Eigentümer der Handschriften,<br />

Herrn Ludwig Friedrich, besprochen – das oben erwähnte Konvolut auszufolgen. Diese<br />

Handschriften wurden einer Schätzung unterzogen, anhand der ein Kaufpreis von RM<br />

100,-- festgestellt wurde. Ein handschriftlicher Vermerk hält fest, dass „eine Schenkung<br />

aus nichtarischem Besitz“ nicht in Betracht komme. 11 Das Geld wurde im Juni 1939 an<br />

Herrn Friedrich überwiesen. 12<br />

Einschätzung der Erwerbung<br />

Ludwig Friedrich war Jude. Ein Verkauf der Objekte angesichts einer materiellen<br />

Notlage erscheint wahrscheinlich. Als Gattin ist Else (auch: Elly) Friedrich (geboren am<br />

15.1.1884 in <strong>Wien</strong>; Eheschließung am 11. 6. 1911 vor dem Matrikelamt Szentgotthard)<br />

bekannt. 13 Am 29. Juni 1939 meldete sich Herr Friedrich nach Szentgotthard ab, 14<br />

nachdem er 1938 die ungarische Staatsbürgerschaft wieder erlangt hatte. 1943 wurde<br />

das Ehepaar Friedrich ins Ghetto Szombathely deportiert, von wo sie nach Auschwitz<br />

kamen. Sie haben den Holocaust nicht überlebt. 15<br />

Mehrere Anfragen an ungarische Behörden und in Ungarn tätige Institutionen über<br />

mögliche Rechtsnachfolger blieben unbeantwortet bzw. ergebnislos, bis sich im<br />

Frühjahr 2005 ein Großneffe von Ludwig Friedrich bei der heutigen <strong>Wien</strong>bibliothek<br />

meldete. Dieser war auf den Bericht auf der Website der Bibliothek aufmerksam<br />

geworden. Nach seiner Auskunft hatte der kinderlose Friedrich Ludwig zwei<br />

Geschwister, von denen eines (die Schwester) schon als Kind starb. Der Bruder hatte<br />

zwei Söhne, die sich in Schweden niedergelassen hatten. Auf Basis einer Vielzahl<br />

vorgelegter Dokumente empfahl die Restitutionskommission am 17. Oktober <strong>2006</strong>, die<br />

Sammlung zur Hälfte an den in Schweden noch lebenden Sohn sowie zur anderen<br />

Hälfte der Witwe und den drei Kindern des verstorbenes Sohnes (in Schweden und<br />

Israel lebend) zu restituieren. Die Übergabe war zum Zeitpunkt der Redaktion noch<br />

nicht abgeschlossen.<br />

11 Schreiben der Direktion der Städtischen Sammlungen an Dr. Emil Wolf vom 30.5.1939 (St. S. 1035/39)<br />

12 Zahlungsanweisung der Städtischen Sammlungen an die Fachrechnungsabteilung Ic vom 20.6.1939 (St. S.<br />

1035/39)<br />

13 Schreiben der MA 61 an die MA 9 vom 16.10.2000 (MA 61/V-Allg. 52/00)<br />

14 Meldeauskunft der MA 8 vom 8.7.1999 (MA 8 - M-2640-54/99)<br />

15 Mail des Neffen N.N. an Mag. Mertens vom 22.4.2005.

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