IGA_Artikel_SonntagsZeitung_2013-06-23.pdf - IG altbau
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Dossier Wohnen<br />
23.<br />
Juni <strong>2013</strong><br />
Seite 79<br />
Notstand: Es<br />
werden zu wenig<br />
Häuser saniert<br />
Seite 80<br />
Checkliste:<br />
So klappt<br />
die Renovation<br />
Seite 88<br />
Umbau:<br />
Das dürfen Mieter<br />
selbst verändern<br />
Renovieren<br />
mit Gips<br />
und Grips<br />
Serafin Steinemann,<br />
Berufs-Schweizer-Meister bei<br />
den Gipsern/Stuckateuren
23. Juni <strong>2013</strong> Dossier Wohnen — 79<br />
Die nötige Wende<br />
kostet viel Energie<br />
In der Schweiz wird jährlich nur<br />
1 Prozent der alten Gebäude saniert<br />
Von Marius Leutenegger und Esther Betschart<br />
Laut Energie Schweiz verbraucht<br />
ein Wohngebäude,<br />
das vor 1970 gebaut wurde,<br />
jährlich pro Quadratmeter<br />
120 bis 150 Kilowattstunden<br />
Energie – während ein modernes,<br />
energieeffizientes Haus mit einem<br />
Drittel davon auskommt. Die<br />
Erneuerung von Gebäuden könnte<br />
also einen enormen Beitrag zur<br />
Energiewende leisten.<br />
Genutzt wird dieses Potenzial<br />
jedoch kaum. Gemäss Gebäudeprogramm<br />
von Bund und Kantonen<br />
müssten in der Schweiz 1,5 Millionen<br />
Häuser aus energetischen Gründen<br />
erneuert werden, tatsächlich<br />
aufgefrischt wird jährlich aber nur<br />
etwas über ein Prozent aller bestehenden<br />
Liegenschaften. Und wer<br />
hofft, es würden dafür viele alte<br />
Häuser durch neue, energieeffiziente<br />
ersetzt, muss ernüchtert zur<br />
Kennt nis nehmen, dass die jährliche<br />
Ersatzbaurate deutlich unter 0,1 Prozent<br />
liegt – nicht einmal jedes tausendste<br />
Haus macht pro Jahr einem<br />
neuen Platz. Geht es in diesem<br />
Tempo weiter, bleibt die 2000-Watt-<br />
Gesellschaft noch für Generationen<br />
eine Illusion.<br />
Viele Bauten sind Sünden<br />
aus der Hochkonjunktur<br />
Das Problem in der Schweiz ist dasselbe<br />
wie in vielen Ländern Europas:<br />
Ein grosser Teil der Gebäude wurde<br />
ungefähr zur gleichen Zeit erstellt<br />
und kommt jetzt auch gleichzeitig in<br />
die Jahre. Am bedeutendsten ist der<br />
Sanierungsbedarf bei den Gebäuden<br />
aus den 1960er- und 1970er-Jahren.<br />
Als sie gebaut wurden, waren die<br />
Energiepreise besonders tief, gute<br />
Isolierung war kein Thema. Über die<br />
Hälfte dieser Bauten wird noch<br />
heute mit Öl beheizt, 20 Prozent mit<br />
Gas.<br />
Einen Lichtblick gibt es aber: Der<br />
Anteil der Renovationen an den gesamten<br />
Bauausgaben steigt kontinuierlich.<br />
Laut Bundesamt für Statistik<br />
wurden seit 2005 jährlich zwischen<br />
31 und 36 Milliarden Franken<br />
für Neubauten ausgegeben, für Umbauten<br />
zwischen 15 und 19 Milliarden<br />
– das ist immerhin halb so viel.<br />
In den 1980er-Jahren machten die<br />
Ausgaben für Umbauten nur etwa<br />
ein Viertel jener für Neubauten<br />
aus.<br />
Zahlen und Fakten<br />
12 + 12 Jahre<br />
Renovation – betrifft mich nicht? Falsch:<br />
Jedes Haus braucht regelmässige Pflege,<br />
damit es seinen Wert behält und langfristig<br />
seinen Zweck erfüllt. Ungefähr im<br />
Zwölfjahresrhythmus folgen einander ein<br />
kleiner und ein grosser Service. Bei einer<br />
Teilerneuerung müssen Apparate instand<br />
gesetzt, Armaturen sowie Beläge erneuert<br />
werden. Bei einer Generalüberholung<br />
werden zusätzlich Leitungen, Küchenbauten<br />
und die Heizanlage erneuert,<br />
Installationen angepasst und die<br />
Gebäudehülle renoviert. Hinzu kommen<br />
meist aufwendige Massnahmen zur<br />
Erhöhung der Energieeffizienz.<br />
350 000<br />
300 000<br />
250 000<br />
200 000<br />
150 000<br />
100 000<br />
50 000<br />
35 000<br />
30 000<br />
25 000<br />
20 000<br />
15 000<br />
10 000<br />
5000<br />
0<br />
0<br />
bis<br />
1919<br />
Gebäudebestand<br />
bis<br />
1945<br />
in Mio. Fr.<br />
zu Preisen<br />
von 2000<br />
in der Schweiz<br />
Der Gebäudebestand in der Schweiz ist alt, ein beachtlicher Anteil<br />
der Altbauten wurde noch nicht saniert – und viele frühere<br />
Sanierungen entsprechen nicht mehr dem heutigen Standard.<br />
Bauausgaben<br />
1980<br />
1981<br />
1982<br />
1983<br />
1984<br />
1985<br />
1986<br />
1987<br />
1988<br />
1989<br />
1990<br />
1991<br />
1992<br />
1993<br />
1994<br />
1995<br />
1996<br />
1997<br />
1998<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
20<strong>06</strong><br />
2007<br />
2008<br />
2009<br />
2010<br />
2011<br />
Neubau Umbau Öffentliche Unterhaltsarbeiten<br />
40 Prozent<br />
neubauten in der Schweiz<br />
davon nicht saniert<br />
bis<br />
1960<br />
bis<br />
1970<br />
bis<br />
1980<br />
bis<br />
1990<br />
nach Art der Arbeiten<br />
Apropos Energieeffizienz: Da geht es<br />
keineswegs um Resultatkosmetik. Häuser<br />
sind in der Schweiz eindeutig die<br />
Umweltverschmutzer Nummer eins. Über<br />
40 Prozent der CO2-Emissionen und fast<br />
die Hälfte des Energiekonsums entfallen<br />
hierzulande auf den Gebäudebereich.<br />
So gross der Verbrauch der Häuserparks,<br />
so riesig auch sein Sparpotenzial:<br />
Mit energetischer Sanierung kann der<br />
Energieverbrauch vieler alter Gebäude mehr<br />
als halbiert werden. Dazu reicht es aber<br />
nicht, einfach auf Stromsparlampen<br />
umzustellen – man muss zum Beispiel die<br />
Gebäudehülle sanieren.<br />
bis<br />
1995<br />
bis<br />
2000<br />
Quelle: Schweiz. Mieter- und Mieterinnenverband<br />
2011 betrugen die Bauausgaben (Häuser, Schulen, Strassen,<br />
Brücken usw.) in der Schweiz gesamthaft rund 60 Milliarden<br />
Franken. Die Ausgaben für Gebäudeumbauten steigen zwar<br />
kontinuierlich, jene für Neubauten sind aber weiterhin doppelt<br />
so hoch – trotz zunehmendem Sanierungsbedarf.<br />
8 Millionen m 2<br />
Energieverlust<br />
Das Gebäudeprogramm von Bund und<br />
Kantonen will dazu beitragen, das grosse<br />
Sparpotenzial besser auszuschöpfen:<br />
Mit Subventionen motiviert es die<br />
Hauseigentümerinnen und -eigentümer, ihre<br />
Gebäude zu sanieren. 10 000 Sanierungen<br />
pro Jahr werden angestrebt. Fürs Programm<br />
stehen jährlich 260 bis 280 Millionen<br />
Franken bereit; der Beitrag des Bundes<br />
stammt aus der CO2-Abgabe auf fossile<br />
Brennstoffe. Das Programm ist recht<br />
erfolgreich: Bis Ende 2012 wurden mit den<br />
Beiträgen über 8 Millionen Quadratmeter<br />
Wohnfläche energieeffizient saniert.<br />
nach Bauteil bei schlechter Dämmung<br />
Den grössten Beitrag zur Energiewende kann bei Sanierungen<br />
die Erneuerung der Fassade leisten.<br />
Kellerdecke<br />
43%<br />
Fassade<br />
6%<br />
4%<br />
20%<br />
27%<br />
SoZ Candrian; Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS)<br />
23 Twh<br />
Fenster<br />
Estrichboden<br />
DAch<br />
Quelle: Schweiz. Maler- und Gipserunternehmer-Verband (SMGV)<br />
Im Rahmen der angestrebten<br />
«Energiewende» hat Umweltministerin<br />
Doris Leuthard auch Ziele für den<br />
Schweizer Gebäudepark definiert. Dank<br />
Altbausanierungen und strengeren<br />
Effizienzvorschriften bei Neubauten sollen<br />
bis 2050 insgesamt 23 Terawattstunden<br />
Energie gespart werden – was ungefähr der<br />
Energie entspricht, welche die fünf<br />
Schweizer AKW heute produzieren.<br />
Liebe<br />
Leserinnen<br />
und<br />
Leser<br />
«Das Alte stürzt, es ändert sich die<br />
Zeit», heisst es in Schillers «Wilhelm<br />
Tell». So schlimm steht es bei uns<br />
glücklicherweise noch nicht. Aber<br />
die Fakten geben zu denken, unsere<br />
Dörfer und Städte ein Haufen alter<br />
Häuser. Eineinhalb Millionen Bauten<br />
müssten gemäss Gebäudeprogramm<br />
von Bund und Kantonen saniert<br />
werden, weil sie bis zu dreimal<br />
so viel Energie verbrauchen wie ein<br />
Neubau. Und über die Hälfte der<br />
Bauten aus den 1960er- und 1970er-<br />
Jahren werden noch mit Öl beheizt.<br />
Sie gehören damit zu den grössten<br />
Dreckschleudern und Energiefressern<br />
in unserem Land.<br />
Doch «neues Leben blüht aus den<br />
Ruinen». Renovieren heisst das<br />
Zauberwort. Durch Altbausanierungen<br />
und strengere Effizienzvorschriften<br />
könnten bis 2050 rund<br />
23 Terawattstunden Energie gespart<br />
werden, etwa so viel, wie alle fünf<br />
Schweizer AKW zusammen produzieren.<br />
Aber nicht immer braucht es<br />
teure Totalrenovationen, auch kleinere<br />
Umbauten wie neue Fenster oder<br />
bessere Isolation führen zu erstaunlichen<br />
Resultaten. Und mit einem<br />
neuen Lichtkonzept oder einem frischen<br />
Farbanstrich spart man zwar<br />
keine Energie, verhilft aber der Wohnung<br />
zu neuem Leben. «Die Axt im<br />
Haus erspart den Zimmermann», um<br />
nochmals mit Schiller zu sprechen.<br />
Dass übrigens auch berühmte Gebäude<br />
saniert werden müssen, zeigt<br />
sich am Eiffelturm. Das 1889 erbaute<br />
Wahrzeichen von Paris wird alle<br />
sieben Jahre mit rund sechzig Tonnen<br />
Farbe neu bemalt. Bei der aktuellen<br />
Renovation ging man noch einen<br />
Schritt weiter und baute gleich vier<br />
Windräder ein, die in Zukunft Strom<br />
für die neuen Lifte liefern.<br />
<br />
Dominic Geisseler<br />
<br />
stv. Chefredaktor<br />
Impressum<br />
DOSSIER Wohnen<br />
ist eine Beilage der Sonntags<br />
Zeitung, siehe Impressum Seite 76<br />
Chefredaktion Martin Spieler<br />
Leitung Dominic Geisseler<br />
Redaktion Marius Leutenegger<br />
Autoren Esther Betschart, Erik<br />
Brühlmann, Markus Ganz,<br />
Benjamin Gygax, Christina Hwang,<br />
Marius Leutenegger<br />
Art Direction Tobias Gaberthuel<br />
Design und Layout<br />
Marius Vogelmann<br />
Infografik Jürg Candrian<br />
Produktion Michael Matthes,<br />
Detlef Paulus<br />
Fotoredaktion Sonia Favre<br />
Coverfoto Philipp Rohner<br />
Verlagsleitung Diego Quintarelli<br />
Leitung Werbemarkt<br />
Adriano Valeri, Werdstrasse 21,<br />
Postfach, 8021 Zürich,<br />
Tel 044 248 40 40,<br />
www.sonntagszeitung.ch
80 — Dossier Wohnen 23. Juni <strong>2013</strong><br />
D<br />
er Bodenbelag sieht<br />
nach 1970er-Jahren aus.<br />
Durchs Dach tropft es.<br />
Die Heizkosten schiessen<br />
in die Höhe. Einige<br />
Zimmer könnten zusammengelegt<br />
werden. Es gibt viele Gründe für eine<br />
Renovation! Beim Bauen hat man<br />
es immer mit Prototypen zu tun, deshalb<br />
sind Pannen und Nervenproben<br />
kaum zu vermeiden. Wie kann man<br />
dafür sorgen, dass die Renovation<br />
dennoch nicht zum Schrecken ohne<br />
Ende wird?<br />
Thomas Ammann, Architekt und<br />
bautechnischer Mitarbeiter beim<br />
Hauseigentümerverband (HEV) der<br />
Schweiz, hat einen generellen Rat:<br />
«Man sollte möglichst früh mit einem<br />
Fachpartner zusammenarbeiten<br />
– also mit einem Architekten oder<br />
Energieberater. Wichtig ist, dass er<br />
den Kunden umfassend und mit<br />
langem Zeithorizont berät. Er sollte<br />
nicht nur seine eigene Bauaufgabe<br />
im Blick haben, sondern auch die<br />
Finanzierung und den Wert der<br />
Liegenschaft nach der Renovation.»<br />
Dass eine solche Beratung etwas<br />
kostet, ist klar. «Aber es lohnt sich,<br />
in ein gutes, langfristiges Sanierungskonzept<br />
zu investieren», sagt Ammann<br />
überzeugt. «Letztlich kostet es<br />
mehr, wenn man heute die Fassade<br />
saniert und erst in ein paar Jahren<br />
das Dach. Und dann passt vielleicht<br />
auch nichts mehr zusammen.» Man<br />
müsse als Hauseigentümer immer<br />
über den eigenen Horizont hinaus<br />
und im Lebenszyklus des Hauses<br />
denken. Ammann: «Die Grundsubstanz<br />
eines Gebäudes hält 80 bis<br />
100 Jahre, alle Bauteile drumherum<br />
müssen angepasst werden. So verbaut<br />
man sich nichts für später.»<br />
Als Partner kommen nur<br />
Fachleute infrage<br />
Wer eine Renovation plant, kann<br />
heute zwischen über 11 000 Architekturbüros<br />
mit 36 000 Beschäftigten<br />
wählen. Wie kommt man da zu einem<br />
qualifizierten, vertrauenswürdigen<br />
Planer für sein Renovationsprojekt?<br />
Thomas Ammann rät: «Auf der<br />
Minergie-Website ist zum Bei spiel<br />
ein Projektverzeichnis aufgeführt, in<br />
dem man geeignete Fachpartner findet.<br />
Ein guter Weg ist immer, Bekannte<br />
und Nachbarn nach ihren<br />
Erfahrungen mit Architekten zu fragen.»<br />
Auch Thomas Müller, Kommunikationschef<br />
des Schweizerischen<br />
Ingenieur- und Architektenvereins<br />
SIA, hat einen Tipp für die Partnerwahl.<br />
«Da die Berufsbezeichnungen<br />
Ingenieur oder Architekt in der<br />
Schweiz nicht geschützt sind, kann<br />
es schwierig sein, gute Fachleute zu<br />
finden. Die SIA-Mitgliedschaft bietet<br />
eine Orientierungshilfe, denn unser<br />
Verband nimmt nur Leute mit guter<br />
Ausbildung auf.» Auf der SIA-<br />
Web site findet man eine Mitgliederliste<br />
nach Berufen und Regionen.<br />
Drum prüfe,<br />
wer sich bindet<br />
Bei der Renovation von Altbauten sind<br />
die richtige Partnerwahl und eine gute<br />
Planung die wichtigsten Erfolgsfaktoren<br />
Von Benjamin Gygax<br />
Gute Anlaufstellen für erste Auskünfte<br />
und Adressen seien auch die<br />
öffentlichen Energieberatungsstellen.<br />
Thomas Müller: «Geht es um eine<br />
energeti sche Sanierung, kann<br />
man sich an einen Planer wenden,<br />
der ein weiterführendes Fach hochschul<br />
studium ‹Energieingenieur Gebäude›<br />
absolviert hat.»<br />
Stellt ein Altbau besondere Herausforderungen,<br />
kann man auch<br />
das Netzwerk der <strong>IG</strong> Altbau nutzen.<br />
Der Verein besteht seit 20 Jahren,<br />
seine Mitglieder sind Planer und<br />
Handwerker, die über viel Knowhow<br />
im Umgang mit alter Bausubstanz<br />
verfügen. «Unsere Architekten<br />
bieten auch Kaufberatungen an»,<br />
sagt Geschäftsstellenleiterin Sabine<br />
Michel, «die Erstberatung ist oft kostenlos.»<br />
Der Vorteil der <strong>IG</strong> Altbau als<br />
Verein gegenüber einem Generalunternehmer<br />
sei, dass man nicht alles<br />
aus einer Hand beziehen müsse:<br />
«Wer einen Maler in der Familie hat,<br />
kann diese Arbeiten auch ihm übergeben.»<br />
Auf jeden Fall lohne es sich<br />
bei einem Altbau, mit erfahrenen<br />
Fachleuten zusammenzuarbeiten,<br />
findet auch Sabine Michel. Ein solcher<br />
Fachmann ist Kaspar Schläpfer,<br />
der als Bauberater für die Denkmalpflege<br />
gearbeitet und als Architekt<br />
viele Altbauten saniert hat. Für ihn<br />
ist klar: «Altbausanierungen und<br />
Neubauten sind zwei paar Schuhe.<br />
Für die Sanierung braucht es zwar<br />
keine anderen Fachleute, aber die<br />
Anforderungen sind höher.» Zum<br />
Beispiel, weil aus denkmalpflegerischen<br />
Gründen nicht jede Lösung<br />
möglich ist. Klar sei: «Ein Altbau<br />
birgt immer viele Unbekannte.»<br />
Aufgrund des bauphysikalischen<br />
und statischen Zustands könne es<br />
sein, dass ein Projekt wesentlich teurer<br />
werde als vorgesehen. «Je älter<br />
ein Haus, umso mehr Reserven muss<br />
man einkalkulieren», so Schläpfer.<br />
«Wollte man alle Risiken erkennen,<br />
müsste man das ganze Haus<br />
schälen!»<br />
Erst wenn alles abgeklärt und<br />
geplant ist, die Kosten bekannt sind<br />
und die Finanzierung gesichert ist,<br />
kann die Arbeit beginnen. Manchmal<br />
lohnt es sich, einige Leistungen<br />
selber zu übernehmen – man kann<br />
etwa das Haus selber ausräumen,<br />
Arbeiten vorbereiten oder selber<br />
putzen. Wichtig ist aber, dass man<br />
sich über die eigenen Ressourcen im<br />
Klaren ist: Macht der Rücken mit?<br />
Lässt der Job Zeit? Meist hat man<br />
mit der Renovation auch dann genug<br />
zu tun, wenn man nicht selber die<br />
Platten legt. Im Zweifelsfall sollte<br />
man sich lieber auf Planung, Entscheidung<br />
und Kontrolle konzentrieren<br />
– denn diese Aufgaben muss man<br />
als Bauherr so oder so selber übernehmen.<br />
Foto: Ekkehart reinsch/Visum<br />
10 Gebote<br />
fürs<br />
Renovieren<br />
1<br />
Du sollst deine Zukunft planen.<br />
Wie werde ich in zehn Jahren<br />
leben? Was kann ich mir leisten?<br />
Klären Sie Ihre Situation ab. Prüfen Sie<br />
– eventuell mit einem Planer – mehrere<br />
Optionen, bevor Sie loslegen.<br />
2<br />
Du sollst dich mit Bedacht<br />
binden. Ziehen Sie früh einen<br />
Architekten oder Energieberater bei,<br />
dem Sie vertrauen. Planen Sie<br />
langfristig und umfassend.<br />
3<br />
Du sollst wissen, was du<br />
darfst. Überprüfen Sie die<br />
rechtlichen Aspekte der Renovation:<br />
Ausnutzungsziffern, Grenzabstände,<br />
Denkmalschutz. Vielleicht brauchen<br />
Sie auch eine Baubewilligung.<br />
4<br />
Kenne die Kosten. Klären Sie<br />
die Kosten vor Baubeginn genau<br />
ab. Kostenvoranschläge und Konkurrenzofferten<br />
schaffen Klarheit, eine<br />
angemessene Reserve gibt Sicherheit.<br />
5<br />
Du sollst wissen, woher das<br />
Geld kommt. Haben Sie<br />
Rücklagen gebildet, oder müssen Sie<br />
die Hypothek aufstocken? Klären Sie<br />
die Finanzierung frühzeitig ab, und<br />
vergleichen Sie Angebote der Banken.<br />
6<br />
Prüfe, was des Kaisers ist.<br />
Geben Sie Geld für die Werterhaltung<br />
aus, können Sie es von den<br />
Steuern abziehen, eine Wertvermehrung<br />
aber nicht. Prüfen Sie steuerliche<br />
Auswirkungen der Renovation.<br />
7<br />
Du sollst jeden Schritt<br />
festlegen.Klären Sie alle Details<br />
des Projekts und den sinnvollen Ablauf<br />
der Arbeiten, bevor die Handwerker im<br />
Haus stehen. Vermeiden Sie Zeitdruck.<br />
8<br />
Du sollst deine Nachbarn<br />
achten. Informieren Sie<br />
Nachbarn frühzeitig und offen über Ihr<br />
Projekt, wenn diese davon betroffen<br />
sind. Ein Streit kann Sie mehr Nerven<br />
kosten als der Umbau selbst.<br />
9<br />
Du sollst nachdenken, bevor<br />
du selbst Hand anlegst.<br />
Können und wollen Sie selber<br />
mitarbeiten? Das spart zwar Honorare,<br />
kostet aber Zeit und Nerven. Schätzen<br />
Sie Ihre Ressourcen realistisch ein.<br />
10<br />
Du sollst prüfen und<br />
reklamieren. Nehmen Sie alle<br />
Arbeiten in Ruhe ab, und rügen Sie<br />
Mängel umgehend nach deren<br />
Entdeckung. Schauen Sie nach einiger<br />
Zeit noch einmal genau nach: Die<br />
Garantie- und Gewährleistungspflicht<br />
des Unternehmers dauert fünf Jahre.<br />
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Der<br />
schönste teil<br />
ihres spaziergangs? Das<br />
heimkommen.<br />
Zu Hause ist es eben doch am Schönsten.<br />
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23. Juni <strong>2013</strong> Dossier Wohnen — 81<br />
Wer saniert, dem wird gegeben<br />
Setzt man bei einer Sanierung auf Energieeffizienz,<br />
spart man Heizkosten – und profitiert von Fördergeldern<br />
Von Markus Ganz<br />
D<br />
ie angestrebte Energiewende<br />
ist in der<br />
Schweiz nur möglich,<br />
wenn der Gebäudebestand<br />
energieeffizienter<br />
wird – denn der grösste Teil des hiesigen<br />
Energieverbrauchs entfällt auf<br />
Häuser. Doch nur jede zweite Sanierung<br />
zielt tatsächlich auf höhere<br />
Energieeffizienz ab. Hauseigentümer<br />
wollen eben vor allem dort<br />
investieren, wo es sich lohnt – und<br />
viele von ihnen zweifeln offensichtlich<br />
am wirtschaftlichen Nutzen des<br />
Energiesparens. Zuoberst auf ihrer<br />
Prioritätenliste steht meist das Beheben<br />
von Schäden, das dem Werterhalt<br />
der Liegenschaft dient. Danach<br />
folgen Modernisierungen, die<br />
den Komfort und dadurch auch den<br />
Marktwert einer Liegenschaft<br />
erhöhen. Diese Werterhöhung ist<br />
auch wichtig, wenn es um die Finanzierung<br />
geht – denn Banken gewähren<br />
in der Regel nur Kredite für<br />
wertvermehrende Investitionen. Der<br />
Ersatz einer alten sanitären Einrichtung<br />
durch eine gleichwertige neue<br />
gilt nur als werterhaltend und wird<br />
nicht finanziert.<br />
Ob sich eine energetische Sanierung<br />
aus finanzieller Warte lohnt, ist<br />
tatsächlich umstritten. Auf der Website<br />
www.dasgebaeudeprogramm.ch<br />
wird vorgerechnet, dass man mit der<br />
Gesamtsanierung eines typischen<br />
Schweizer Einfamilienhauses jährlich<br />
rund 1800 Franken an Heizkosten<br />
einsparen könne. Trotzdem<br />
meint Ansgar Gmür, Direktor des<br />
Hauseigentümerverbands HEV<br />
Schweiz, die Kosten einer energetischen<br />
Sanierung liessen sich bei den<br />
gegenwärtigen Energiepreisen kaum<br />
amortisieren. «Muss aber zum Beispiel<br />
der Verputz ohnehin ersetzt<br />
werden, kann sich der Einbau einer<br />
besseren Dämmung rentieren. Solche<br />
Massnahmen können wegen<br />
Auflagen ohnehin zwingend sein, oft<br />
erhöhen sie zudem den Komfort.»<br />
Beiträge muss man vor<br />
Baubeginn beantragen<br />
Kommt hinzu, dass man die Kosten<br />
für energetische Massnahmen nicht<br />
allein stemmen muss. Seit die Energiewende<br />
eingeläutet wurde, ist die<br />
Zahl der staatlichen Unterstützungsangebote<br />
geradezu explodiert. Mittlerweile<br />
gibt es über 2000 öffentliche<br />
Fördermittelprogramme, die man je<br />
nach Wohnort und Art der energetischen<br />
Sanierungsmassnahmen angehen<br />
kann. Auf Energiefranken.ch<br />
werden die am Wohnort beanspruchbaren<br />
Förderprogramme nach<br />
Angabe der Postleitzahl mitsamt den<br />
Kontaktangaben aufgelistet. Bauwelt.ch<br />
liefert noch mehr: Dort kann<br />
man mögliche Massnahmen<br />
bezüglich Solarthermie, Fotovoltaik,<br />
Dach, Fenster, Lüftung, Heizung,<br />
Keller und Fassade wählen; der<br />
Energiesparrechner gibt dann die<br />
prozentualen Einsparungen der einzelnen<br />
Massnahmen an und zeigt,<br />
wie sich die Energiekennzahl, der<br />
Energieverbrauch, der CO2-Ausstoss<br />
und der Solaranteil verändern.<br />
Wer Fördermittel beanspruchen<br />
will, muss in jedem Fall darauf achten,<br />
dass die Beiträge vor Baubeginn<br />
beantragt werden und dass die Termine<br />
für die Gesuchseingabe eingehalten<br />
werden. Die bereitgestellten<br />
finanziellen Mittel können zudem<br />
bereits ausgeschöpft sein, wie dies<br />
bei «Das Gebäudeprogramm» letztes<br />
Jahr der Fall war. Die Sache mit den<br />
Förderbeiträgen ist also ähnlich<br />
komplex wie jene mit dem Energiesparen.<br />
Deshalb lohnt es sich, einen<br />
Experten beizuziehen – umso mehr,<br />
als dass viele Gemeinden und Kantone<br />
selber Energieberatungsstellen<br />
unterhalten und sich meist stark an<br />
den Kosten einer Beratung beteiligen.<br />
Die Stadt Zürich stellt zum Beispiel<br />
25 unabhängige Energie-Coaches<br />
zur Verfügung. Deren reine<br />
Vorgehensberatung ist kostenlos,<br />
themenspezifische Beratungen, etwa<br />
bezüglich Heizsystem, gibt es ab 500,<br />
eine Baubegleitung ab 2000 Franken.<br />
Im Kanton Basel-Stadt ist die<br />
Baubegleitung durch einen Energie-<br />
Coach im Fall einer Gesamtsanierung<br />
sogar weitgehend gratis. Grosszügig<br />
ist Basel-Stadt auch mit Förderbeiträgen:<br />
Bei Gesamtsanierungen,<br />
die energetische Massnahmen<br />
einschliessen, können sie bis zu ein<br />
Drittel der Baukosten abdecken.<br />
Bei Neubauten sind<br />
Auflagen oft strenger<br />
Grundsätzlich beginnt die Kalkulation<br />
der Kosten bei einem Erneuerungsprojekt<br />
immer mit der Frage,<br />
ob ein Ersatzneubau nicht sinnvoller<br />
wäre – zumal sich dann auch das<br />
Problem der Energieeffizienz<br />
elegant lösen liesse.<br />
Ansgar Gmür vom HEV<br />
betont, dass es auf die<br />
Frage «Neubau oder Sanierung?»<br />
meistens keine<br />
simplen Ant worten gebe.<br />
«Viele Aspekte müssen<br />
berücksichtigt werden,<br />
etwa auch Bauauflagen,<br />
die bei einem Neubau<br />
häufig strenger sind. In<br />
erster Linie zählt aber die<br />
Substanz des spezifischen<br />
Objekts und die finanzielle Situation<br />
des Eigentümers.» Entscheidet man<br />
sich für eine Sanierung, kann man<br />
zwischen einer Gesamtsanierung<br />
und einer Etappierung wählen. Die<br />
Gesamtsanierung ist in der Regel<br />
günstiger als ein etappenweises<br />
Vorgehen. Bei einer Etappierung<br />
Es lohnt<br />
sich,<br />
Experten<br />
beizuziehen<br />
können dafür die Investitionen auf<br />
mehrere Jahre verteilt werden, was<br />
sich meistens auch steuerlich auszahlt.<br />
Zudem kann die Liegenschaft<br />
weiterhin bewohnt werden – Vermieter<br />
haben daher weiterhin Einnahmen,<br />
selbst wenn sie je nach<br />
Dauer und Beeinträchtigung eine<br />
Mietzinsermässigung gewähren müssen.<br />
HEV-Direktor Gmür widerspricht<br />
der oft gehörten Ansicht, Vermieter<br />
hätten kein Interesse an einer energetischen<br />
Sanierung, weil die Mieter<br />
die Heizkosten so oder so übernehmen<br />
müssten. «Hauseigentümer tragen<br />
mit energetischen Sanierungen<br />
auch zum Erhalt und zur Verbesserung<br />
der Bausubstanz ihrer Liegenschaft<br />
bei. Und sie werden damit den<br />
steigenden Ansprüchen der Mieterschaft<br />
besser gerecht, sodass sie mit<br />
ihrer Liegenschaft auf dem Markt<br />
besser bestehen können.» Da energetische<br />
Sanierungsmassnahmen<br />
den Wert einer Liegenschaft erhöhen,<br />
dürfen Vermieter diesen Anteil auch<br />
auf den Mietzins abwälzen. Der<br />
Schweizerische Mieterinnen- und<br />
Mieterverband hat ausgerechnet,<br />
dass bei einer Investition von 140 000<br />
Franken in energetische Massnahmen<br />
pro Wohnung mit einer<br />
Erhöhung des monatlichen Mietzinses<br />
um 230 Franken gerechnet werden<br />
muss.<br />
«Sanierungen haben einen<br />
hohen Unsicherheitsfaktor»<br />
Kurt Frehner, Raiffeisen Schweiz, über<br />
Unvorhergesehenes bei Renovationsprojekten<br />
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Modernisierung<br />
mit Mehrwert<br />
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Light Art by Gerry Hofstetter ©<br />
Wie finanziert man am besten<br />
die Sanierung des Eigenheims?<br />
Das hängt vom Kundenbedürfnis<br />
und den eigenen finanziellen Möglichkeiten<br />
ab. Meist setzt sich die<br />
Finanzierung einer Sanierung aus<br />
einer Kombination von Erspartem<br />
und einer Hypothek zusammen. Wir<br />
fördern Sanierungen auch mit Zinsvergünstigungen<br />
wie bei der Ecohypothek<br />
oder der Renovationshypothek.<br />
Erhält man für eine Sanierung<br />
denn ebenso einfach eine Hypothek<br />
wie für einen Neubau?<br />
Raiffeisen finanziert grundsätzlich<br />
nur wertvermehrende Investitionen,<br />
ausser die bisherige Hypothek ist so<br />
weit amortisiert, dass sie wieder<br />
aufgestockt werden kann. Häuser<br />
werden zu maximal 80 Prozent belehnt;<br />
Steigt der Wert eines Gebäu<br />
Kurt Frehner,<br />
Leiter Basisund<br />
Bilanzprodukte<br />
bei<br />
Raiffeisen<br />
des nach dem Umbau, kann man<br />
daher auch die Hypothek erhöhen.<br />
Wir achten darauf, dass unsere<br />
Kunden die Umbaukosten langfristig<br />
tragen können, indem die gesamten<br />
Finanzierungskosten für das<br />
Gebäude nicht mehr als ein Drittel<br />
des Bruttolohns ausmachen dürfen.<br />
Wo liegen Ihrer Erfahrung nach<br />
die finanziellen Fallstricke?<br />
Sanierungen sind mit einem hohen<br />
Unsicherheitsfaktor behaftet, vor<br />
allem, wenn Umbauarbeiten die<br />
Grundsubstanz des Gebäudes betreffen.<br />
Da können schon einmal<br />
unvorhersehbare Dinge zum Vorschein<br />
kommen, die massgeblich<br />
mehr kosten als ursprünglich geplant.<br />
Hier sind finanzielle Reserven<br />
wichtig, damit zusätzliche Kosten<br />
kein Problem darstellen.<br />
<br />
Markus ganz<br />
Klimaschutz inbegriffen.<br />
Im Sommer ist das Fell des Polarfuchses braun und die Haare kurz. Im Winter wächst ihm ein weisses Fell<br />
mit langen Haaren; so kann er in bis zu minus 80° Celsius ausharren. EgoKiefer Wechselrahmen-Fenster<br />
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23. Juni <strong>2013</strong> Dossier Wohnen — 83<br />
Ganz<br />
neuAufstocken,<br />
schön<br />
erweitern,<br />
umnutzen und optimieren:<br />
Bei Sanierungsprojekten<br />
können sich Bauherren<br />
und Architekten austoben<br />
von Marius Leutenegger<br />
VORHER<br />
NACHHER<br />
60 Tonnen Farbe<br />
und Berner<br />
Liftkabinen<br />
Der Eiffelturm ist wohl eines der berühmtesten Monumente der Welt. Auf jeden Fall ist es<br />
mit einem Wert von 435 Milliarden Euro das wertvollste Europas, wie die Handelskammer<br />
von Monza errechnete. Das 324 Meter hohe Juwel wird entsprechend gut in Schuss<br />
gehalten und alle sieben Jahre neu bemalt. Das dauert jeweils fast eineinhalb Jahre und<br />
verbraucht rund 60 Tonnen Farbe, die auch eine Schutzschicht für das alte Puddeleisen<br />
ist. In seiner bald 125-jährigen Geschichte hat der Eiffelturm mehrmals die Farbe<br />
gewechselt: Mal war er ockergelb, dann rostbraun, seit einiger Zeit ist er bronzefarben,<br />
von oben nach unten leicht abgetönt, damit er sich gleichmässig vom Pariser Dunst<br />
abhebt. Der Eiffelturm wird aber nicht nur ständig renoviert, sondern auch unentwegt<br />
optimiert. Seit Frühjahr 2012 erfährt seine erste Etage eine Neugestaltung nach Plänen<br />
von Moatti-Rivière Architects. Die Balustraden und Böden bestehen künftig teilweise aus<br />
Glas, was besonderen Nervenkitzel 57 Meter über dem Boden garantiert. Zudem wird<br />
der Eiffelturm zum Kraftwerk: Vier Windräder produzieren 8000 Kilowattstunden Strom<br />
pro Jahr, vier Solarkollektoren liefern den Strom für die Wassererwärmung. Ende Jahr ist<br />
die Erneuerung der ersten Etage abgeschlossen, doch die Arbeiten gehen weiter. Seit<br />
2008 wird der Westpfeiler saniert, unter anderem auch mit Schweizer Hilfe: Das Berner<br />
Karosserieunternehmen Gangloff hat die Liftkabinen geliefert. «Die besondere<br />
Herausforderung war, die Kabinen als Bausätze zu fabrizieren, denn wir konnten sie erst<br />
direkt im Turm zusammenbauen», sagt Marc Pfister, Direktor von Gangloff. «Das<br />
verlangte viel Entwicklungsarbeit.» Diese zahlt sich wohl aus: Wird dereinst der Ostpfeiler<br />
saniert, kommt Gangloff erneut zum Zug.<br />
VORHER<br />
Fassade<br />
als Kraftwerk<br />
Fast immer gehen Gebäudesanierungen einher mit einer deutlichen Verbesserung der Energieeffizienz – das hat rechtliche,<br />
wirtschaftliche und ökologische Gründe. Einen konsequenten Weg ist das Zürcher Architekturbüro Viridén + Partner beim<br />
Umbau und bei der Erweiterung eines Mehrfamilienhauses in Romanshorn TG gegangen: Das 50-jährige Gebäude wurde in<br />
ein Plusenergiehaus verwandelt. Dazu hat das Büro, das sich auf Umbauten nach ökologischen Kriterien spezialisiert hat, nicht<br />
nur eine Solarthermie- und Fotovoltaikanlage auf dem Dach installiert, sondern gleich die gesamte Fassade mit Fotovoltaikmodulen<br />
eingekleidet. Das Haus wird damit zum Kraftwerk, das jährlich rund 6000 Kilowattstunden mehr Strom produziert, als es<br />
selber benötigt. Den Mietern werden keine Energiekosten verrechnet. Dass die Fassade ihres Hauses dank einer sorgfältig<br />
gewählten Modulgrösse erst noch gut aussieht, ist ein zusätzliches Zückerchen.<br />
VORHER<br />
NACHHER<br />
Detailversessener<br />
Blick aufs Ganze<br />
Es ist manchmal fast unglaublich, was aus einem «alten Haus von Rocky Docky» mit Erfahrung, Fantasie<br />
und handwerklichem Einfühlungsvermögen herausgeholt werden kann. In Steinmaur ZH sollten in einen<br />
alten denkmalgeschützten Speicher, dessen Kernbau aus dem 17. Jahrhundert stammt, zwei Wohnungen<br />
eingebaut werden. Die Lösung der hochkomplexen Aufgabe begann mit einer akkuraten Bestandesaufnahme:<br />
Alle Konstruktionstechniken mussten verstanden, der Zustand jedes Bauteils beurteilt werden.<br />
Gemeinsam entschieden die Fachleute, die alle der Interessengemeinschaft Altbau angehören, über fast<br />
unendlich viele Detailmassnahmen. Wie werden Fenster angebracht – und wie sorgt man dafür, dass sie<br />
zum Gesamtbild passen? Welche Elemente müssen unbedingt erhalten bleiben, was lässt sich ersetzen,<br />
ohne dass der Charakter des Baus beeinträchtigt wird? Durch eine solche aufwendige Sanierung wird<br />
Geschichte nicht nur er-, sondern auch belebbar.<br />
NACHHER<br />
Mehr Ausdruck<br />
Anbauten an bestehende Gebäude sind manchmal nötig: Die Familie hat sich vergrössert, der Ruf nach<br />
Verdichtung führt zu Erweiterungen. Doch Anbauten sind auch heikel, weil sich das Neue nicht immer mit<br />
dem Alten verträgt. Manchmal entstehen jedoch attraktive Kontraste. Ein Beispiel für eine geglückte<br />
Symbiose von Baustilen findet man in Thusis GR. Das Wohnhaus Trepp entstand um 1845. Später kam<br />
an der Gebäuderückseite noch ein eher lieblos konzipierter Anbau hinzu. Bei der Sanierung des Gebäudes<br />
nach denkmalpflegerischen Kriterien sollte auch ein Personenlift eingebaut werden. Der Churer<br />
Architekt Pablo Horváth entschied sich, den Lift im Anbau unterzubringen. Dazu musste dieser erweitert<br />
und neu gestaltet werden. Die Form des Anbaus nimmt ebenso Bezug auf das klassizistisch gestaltete<br />
Hauptgebäude wie die Fassade, die sich an der klassischen Moderne orientiert. So entsteht ein<br />
Ensemble, das auf eindrückliche Weise verschiedene Kapitel der Architekturgeschichte repräsentiert.<br />
VORHER<br />
NACHHER<br />
Fotos: Haerle Hubacher Architekten, Mark Röthlisberger/Hochbauamt Kanton Zürich, Thomas aus der Au, Manuel Lesch/Prisma, Moatti-Rivière architecture, Roger Frei, Viridén + Partner (2)<br />
Helle Hallen<br />
statt trübe<br />
Tassen<br />
Der Botanische Garten der Universität Zürich ist auch<br />
wegen seiner Architektur bekannt: Bei der Eröffnung 1976<br />
erregten die drei Schauhäuser, die von Hans und<br />
Annemarie Hubacher als markante Kuppeln gestaltet<br />
wurden, weit herum Beachtung. Ihr futuristisches<br />
Aussehen konnte sie nicht vor Alter schützen.<br />
Rost griff die Tragstruktur an, die Plexiglasscheiben<br />
wurden undicht und trüb, das Klima liess sich in den<br />
Gebäuden nicht mehr richtig regulieren – Subtropen-,<br />
Tropen- und Savannenhaus verwandelten sich schleichend<br />
in düstere Höhlen. Der Kanton Zürich beauftragte<br />
deshalb die beiden Architekturbüros Haerle Hubacher und<br />
Hubacher Peier mit der Komplettsanierung der Kuppeln.<br />
Die Architekten fanden Wege, die ursprüngliche<br />
Schönheit der Bauwerke trotz vielfältiger neuer Anforderungen<br />
zu bewahren: Sie verstärkten die Tragstruktur,<br />
ersetzten die einfache Plexiglashülle durch eine raffinierte<br />
zweifache und bauten ein Klimasystem ein, das sogar<br />
Nebel und Wind produzieren kann – die gezielten<br />
Luftströme verbessern das Pflanzenwachstum. Die<br />
Sanierung hat auch ökonomische Vorteile: Der<br />
Energieverbrauch ist um drei Viertel reduziert worden,<br />
jährlich werden 100 000 Franken an Energie- und<br />
Betriebskosten eingespart. Die neuen Kuppeln sind seit<br />
Anfang Juni wieder öffentlich zugänglich.<br />
VORHER<br />
NACHHER<br />
VORHER NACHHER<br />
Lila und Lavendel<br />
Bei der Modernisierung eines Einfamilienhauses aus den 1950er-Jahren im zürcherischen Küsnacht wurde auch das Badezimmer umgebaut. «Die<br />
Bauherrschaft hat eine Vorliebe für Opulenz», sagt Architekt Giovanni Mammone von Felix Partner. «Wir setzten beim Badezimmer deshalb nicht auf die<br />
übliche zurückhaltende Noblesse matt abgetönter Wände und sorgfältig darauf abgestimmter Bodenbeläge, für einmal durfte es etwas mehr Farbe sein<br />
– etwas viel mehr Farbe.» Gemeinsam mit den Bauherren wählten die Architekten die Farben Lila und Lavendel. Der Farbton zieht sich im Badezimmer<br />
konsequent durch, auch die Schränke sind entsprechend bemalt – dadurch integrieren sich die einzelnen Objekte vollständig ins Ganze. «Lila und<br />
Lavendel werden eher als feminin eingeschätzt», so Mammone. «Auf grossen Flächen wirken die Farben aber ausdruckstark, kräftig und geheimnisvoll.»<br />
Das Beispiel zeigt eindrücklich: Mit Farben kann man ohne grossen Aufwand viel Frische in ein altes Haus bringen. Dazu braucht es zuweilen aber Mut.
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23. Juni <strong>2013</strong> Dossier Wohnen — 85<br />
Hightech mit Durchblick<br />
Fenster haben sich in den letzten Jahrzehnten<br />
enorm entwickelt – daher lohnt es sich gleich mehrfach,<br />
sie bei Sanierungen zu erneuern<br />
Von Erik Brühlmann<br />
Fenster gehörten stets zu den<br />
schwächsten Bauteilen und<br />
entwickelten sich während<br />
Jahrtausenden nur sehr<br />
langsam. Erst bestand ein<br />
Fenster einfach aus einem Loch in<br />
der Mauer. Um sich im Innern vor<br />
Witterungseinflüssen zu schützen,<br />
wurden bald «Fenster scheiben» aus<br />
Tierhäuten, Pergament, Leinenstoff<br />
oder durchscheinendem Alabaster<br />
eingesetzt. Im alten Rom entstanden<br />
dann die ersten gläsernen Fensterscheiben<br />
aus Guss glas; im Mittelalter<br />
setzten sich die Butzenscheiben<br />
durch, bei denen Glasteile mittels<br />
Bleifassungen zu Fenstern zusammengesetzt<br />
wurden.<br />
Mit der Zeit konnte immer grösseres<br />
Fensterglas hergestellt werden,<br />
weshalb sich Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
endlich das Einfachglasfenster<br />
durchsetzte. Ab den 1950er-Jahren<br />
bestanden Fenster dann sogar aus<br />
zwei Glasscheiben, die dank der<br />
Luftschicht zwischen den Scheiben<br />
besser isolierten – «Doppelverglasung»<br />
hiess das. Wollte man das Glas<br />
richtig sauber kriegen, musste man<br />
den Rahmen aufschrauben. «Denn<br />
zwischen den Scheiben bildete sich<br />
nach einer gewissen Zeit Kondenswasser»,<br />
erklärt Ueli Moor, Leiter<br />
Beratung beim Bützberger Glashersteller<br />
Glas Trösch.<br />
Pro Quadratmeter Glas<br />
20 Liter Heizöl sparen<br />
Solche Fenster waren noch bis in die<br />
1970er-Jahre Standard. Danach wurden<br />
sie von den sogenannten Isolierverglasungen<br />
abgelöst. Trotz ihres<br />
Namens boten Isolierverglasungen<br />
zu jener Zeit aber kaum Vorteile hinsichtlich<br />
Wärmedämmung. Moor:<br />
«Der Fortschritt betraf das Randverbundsystem:<br />
Es verschloss den Raum<br />
zwischen den Scheiben hermetisch.<br />
Daher konnte sich kein Kondenswasser<br />
mehr bilden.»<br />
Seit einigen Jahrzehnten werden<br />
Fenster nun in rasendem Tempo verbessert<br />
– dank neuer Materialien<br />
und Verfahren. «Bei Neubauten sind<br />
heute Dreifachverglasungen mit zwei<br />
Wärmeschutzbeschichtungen die<br />
Norm», so Ueli Moor. Die Zwischenräume<br />
zwischen den Scheiben sind<br />
üblicherweise mit dem Edelgas Ar-<br />
Dreifach-isolierVerglasung<br />
Multifunktionale Technik<br />
Basisschutz<br />
für Vögel (E5)<br />
Energie-Ventil<br />
Der U-Wert ist die Masseinheit für den Wärmedurchgangskoeffizienten. Er gibt die<br />
Wärmemenge an, die pro Zeiteinheit bei einem Temperaturunterschied von einem<br />
Grad durch einen Quadratmeter eines Bauteils hindurchfliesst. Weniger technisch<br />
formuliert, bezeichnet der U-Wert den Wärmeverlust eines Bauteils, zum Beispiel<br />
einer Verglasung. Je näher der U-Wert bei null liegt, desto kleiner ist der Wärmeverlust<br />
nach aussen und desto geringer ist der Energieverbrauch innen.<br />
Der g-Wert bezeichnet den Gesamtenergiedurchlassgrad. Er ist die Summe aus<br />
Strahlungstransmission und Wärmeabgabe nach innen. Mit anderen Worten: Der<br />
g-Wert gibt an, wie viel von der auf ein Glas treffenden Sonnenenergie ins Innere<br />
gelangt. Während der U-Wert möglichst klein gehalten werden sollte, ist der g-Wert<br />
eine flexible Grösse. Soll die passive Sonnenenergie optimal genutzt werden, ist ein<br />
hoher g-Wert gefragt; soll die Sonnenschutzwirkung optimal sein, braucht es einen<br />
niedrigen g-Wert.<br />
<strong>SonntagsZeitung</strong> Huwi<br />
Glas<br />
Argonfüllung<br />
Hoher<br />
Lichtdurchlassgrad<br />
Solare<br />
Energiegewinnung<br />
Wärmedämmbeschichtung<br />
Wärmereflexion<br />
gon gefüllt, das besser isoliert als<br />
Luft. Das eigentliche Geheimnis<br />
einer guten Verglasung sind aber die<br />
Wärmeschutzbeschichtungen auf<br />
den Scheiben selbst; sie verhindern,<br />
dass die Wärme ungehindert von innen<br />
nach aussen abstrahlen kann.<br />
Technisch gesprochen werden auf<br />
diese Weise U-Werte von durchschnittlich<br />
0,5 bis 0,7 erreicht (mehr<br />
dazu im Kasten). Alte Isoliergläser<br />
haben einen U-Wert von etwa 2,8.<br />
Dass man einen energetischen<br />
Quantensprung vollziehen kann,<br />
wenn man alte Fenster austauscht,<br />
versteht sich da fast von selbst: Weil<br />
viele Altbauten aus den 1950er-,<br />
1960er- und 1970er-Jahren noch immer<br />
mit Doppel- und Isolierverglasungen<br />
aufwarten, lassen sich pro<br />
Quadratmeter Glas jährlich bis zu<br />
20 Liter Heizöl einsparen. Ein Optimum<br />
erreicht man allerdings erst,<br />
wenn man beim Austausch einer<br />
Verglasung gleich das komplette<br />
Fenster inklusiv Rahmensystem ersetzt.<br />
«Denn was Wärme- und Schalldämmung<br />
anbelangt, ist heutzutage<br />
das Rahmensystem der Schwachpunkt»,<br />
sagt Ueli Moor. Bei Renovierungen<br />
kann es indessen vorkommen,<br />
dass der Aufwand für den Austausch<br />
des Rahmens zu gross wäre –<br />
und sich keine Dreifachverglasung in<br />
den alten Rahmen einbauen lässt.<br />
In solchen Fällen greift man als Kompromiss<br />
häufig auf eine Doppelverglasung<br />
aus modernem Isolier glas<br />
mit Wärmeschutzbeschichtung zurück.<br />
Die Verbesserung der U-Werte<br />
ist auch dann noch eklatant.<br />
Moderne Verglasungen können<br />
wesentlich mehr als nur isolieren.<br />
Heute bleiben fast keine Funktionswünsche<br />
offen. Es gibt<br />
Sonnenschutz- und Antibeschlagbeschichtungen<br />
oder Ver- und Entspiegelungen,<br />
Einscheiben- und<br />
Verbundsicherheitsgläser sorgen für<br />
Splitter- und Einbruchschutz, Vogelschutzglassysteme<br />
garantieren, dass<br />
Vögel eine Scheibe als Hindernis erkennen<br />
und nicht dagegenfliegen. Alle<br />
diese Funktionen sind bei einer<br />
Verglasung auch noch fast beliebig<br />
kombinierbar. Diese Multifunktionalität<br />
hat aber auch Tücken. «Vielleicht<br />
läuft man allmählich Gefahr,<br />
das Bauelement Fenster zu überfor-<br />
dern», sagt Peter Schwehr, Leiter des<br />
Kompetenzzentrums Typologie &<br />
Planung in Architektur (CCTP) an<br />
der Hochschule Luzern. Fenster sollten<br />
– wie jedes andere Bauteil auch<br />
– nicht für sich selbst, sondern als Teil<br />
des Systems Haus betrachtet werden.<br />
«Es ist immer gefährlich, wenn ein<br />
einzelnes Bauteil unzählige Sachen<br />
leisten muss», so Schwehr. «Man sollte<br />
von der Idee wegkommen, Bauteile<br />
gesondert perfektionieren zu wollen,<br />
sie dann zusammenzusetzen und<br />
zu hoffen, dass dies zu einem optimalen<br />
Ergeb nis führt.» Sonst orientiere<br />
man sich an vielen einzelnen Spitzenwerten<br />
und verliere die Verhältnismässigkeit<br />
aus den Augen. Oder<br />
anders gesagt: Was nützt ein luftdichtes<br />
Fenster, wenn es aufgrund der<br />
Orientierung des Gebäudes zur Überhitzung<br />
der Räume führt, die dann<br />
mit einer Energie verbrauchenden<br />
Klimatisierung ausgeglichen werden<br />
muss? «Wichtig ist das Gesamtresultat»,<br />
sagt Schwehr.<br />
Experimente mit Vakuum<br />
und Vierfachverglasung<br />
Das Potenzial von Dreifachverglasungen<br />
scheint heute weitgehend<br />
ausgereizt. Was kann da die Zukunft<br />
noch bringen? Ueli Moor von Glas<br />
Trösch: «Man experimentiert schon<br />
seit etwa 25 Jahren mit Verglasungen,<br />
die statt einer Argonfüllung ein<br />
Vakuum zwischen den Gläsern haben.<br />
So könnte man mit einer Zweifachverglasung<br />
U-Werte wie bei einer<br />
modernen Dreifachverglasung erreichen.»<br />
Technische Tücken wie zum<br />
Beispiel eine Systemdichtigkeit, die<br />
über Jahrzehnte gewährleistet sein<br />
muss, und die Herstellungskosten<br />
verhindern allerdings bisher die<br />
Marktfähigkeit von Vakuumverglasungen.<br />
Auch Vier fach verglasungen,<br />
die Glas Trösch bereits versuchsweise<br />
entwickelt hat, scheitern an der<br />
Wirtschaftlichkeit. Viel Potenzial<br />
liegt jedoch darin, das Glas als Energielieferanten<br />
zu nutzen. Sonnenstrahlung<br />
ist auch dann vorhanden,<br />
wenn der Himmel nicht blau ist. Eine<br />
Dreifachisolierverglasung lässt diese<br />
Gratisenergie zwar herein, aber nicht<br />
mehr hinaus. Ueli Moor: «Daraus<br />
sollte man ein effizientes Haustechniksystem<br />
entwickeln.»<br />
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23. Juni <strong>2013</strong><br />
Eine Hürde,<br />
aber kein<br />
Hindernis<br />
Wer mit dem Denkmalschutz zu<br />
tun hat, erlebt Grauenhaftes –<br />
falsch, sagen Experten,<br />
die Zusammenarbeit kann<br />
problemlos sein<br />
Von Marius Leutenegger<br />
Villa Sunneschy,<br />
Stäfa ZH: Gebaut<br />
1905, renoviert 2001<br />
W<br />
hohl jeder, der sich<br />
mit Bauen beschäftigt,<br />
hat schon einmal<br />
eine Gruselgeschichte<br />
rund um<br />
die Renovation eines zwar privaten,<br />
aber vom Staat denkmalgeschützten<br />
Gebäudes gehört: Wohlmeinende<br />
Eigentümer wollten eine Villa oder<br />
ein anderes wertvolles altes Haus instand<br />
stellen – doch die Denkmalpfleger<br />
stellten sich quer, verteuerten<br />
durch ihre Auflagen jeden Schritt<br />
und verhinderten am Ende, dass das<br />
alte Gebäude mit neuem Leben gefüllt<br />
werden konnte. Doch gibt es ihn<br />
tatsächlich, den Interessenkonflikt<br />
bei der Sanierung alter Bausub stanz?<br />
Und sind Denkmalpfleger tatsächlich<br />
sture Kerle ohne Verständnis für<br />
moderne Bedürfnisse?<br />
Zumindest Daniel Schneller macht<br />
nicht den Eindruck eines weltabgewandten<br />
Ewiggestrigen, der die Innenstädte<br />
am liebsten mumifizieren<br />
würde. Der 48-jährige Kunsthistoriker<br />
leitet seit drei Jahren die Denkmalpflege<br />
des Kantons Basel-Stadt;<br />
zuvor war er in gleicher Funktion in<br />
Winterthur tätig. Im Gespräch erweist<br />
er sich als humorvoller Fachmann,<br />
der zwar ein grosses historisches<br />
Interesse, aber beide Füsse auf<br />
dem Boden hat. Und der sich auch<br />
bewusst ist, dass er keine exakte Wissenschaft<br />
vertritt, sondern eine, die<br />
reichlich Ermessensspielraum lässt<br />
und bei der vieles nicht so klar ist.<br />
Wie viele Gebäude in der Schweiz<br />
unter Schutz stehen, kann er zum<br />
Beispiel nicht sagen. Denn erstens<br />
gibt es viele verschiedene Abstufungen<br />
vom Denkmalschutz über die<br />
Inventarisierung bis zum Ortsbildschutz.<br />
Zweitens ist, wie in der<br />
Schweiz üblich, alles von Kanton zu<br />
Kanton verschieden. Und drittens<br />
stellt sich die Frage, ob ein privates<br />
Gebäude geschützt ist, oft erst, wenn<br />
dafür ein konkretes Bauprojekt vorliegt.<br />
Denkmalschutz ist immer<br />
ein politischer Entscheid<br />
«Bei uns in Basel wurde zum Beispiel<br />
noch nicht jedes Gebäude beurteilt»,<br />
sagt Schneller. Seit 1980<br />
schreibt ein Gesetz die Überprüfung<br />
des gesamten Gebäudebestands im<br />
Stadt kanton vor. Die Denkmalpfleger<br />
gehen durch eine Strasse<br />
nach der anderen, beurteilen, welche<br />
Gebäude schützenswert sein<br />
könnten – und nehmen diese in ein<br />
Inventar auf. Eine Inventarisierung<br />
bedeute nicht, dass ein Gebäude<br />
auch wirklich denkmalgeschützt sei,<br />
sagt Schneller. «Wird aber ein Bauprojekt<br />
eingereicht, das eine Gefährdung<br />
für ein inventarisiertes Gebäude<br />
bedeutet, folgen weitere Abklärungen.»<br />
Diese können zu einem<br />
Gutachten eines Architektur- oder<br />
Kunsthistorikers führen. Der Denkmalrat<br />
befindet dann anhand des<br />
Gutachtens, ob ein Gebäude schützenswert<br />
sei, und er stellt dem Regierungsrat<br />
einen Antrag. Dieser<br />
entscheidet über die Unterschutzstellung,<br />
die vor Gericht angefochten<br />
werden kann.<br />
In anderen Kantonen ist das<br />
Vorgehen anders, grundsätzlich<br />
bleibt die Unterschutzstellung aber<br />
komplex und selten – nur ganz<br />
wenige Prozent aller Gebäude in der<br />
Schweiz sind geschützt. «Das Eigentumsrecht<br />
hat in der Schweiz einen<br />
hohen Stellenwert», sagt Daniel<br />
Schneller. «Die Hürden, dieses einzuschränken,<br />
sind entsprechend<br />
hoch.» Tatsächlich beschneidet eine<br />
Unterschutzstellung das Eigentumsrecht<br />
stark: Mit einem denkmalgeschützten<br />
Haus kann sein Besitzer<br />
nicht mehr tun, was er will. Wird die<br />
Unterschutzstellung nicht von einem<br />
Gericht aufgehoben, dürfen jene<br />
Elemente des Gebäudes, welche die<br />
Denkmalpfleger als schützenswert<br />
erachten, nicht mehr beeinträchtigt<br />
werden. Meistens ist vor allem die<br />
Fassade geschützt, weil sie für das<br />
Gesicht einer Strasse oder eines Platzes<br />
besonders wichtig ist; manchmal<br />
können aber selbst Türklinken unter<br />
Schutz stehen, weil sie etwas Wichtiges<br />
über die bauliche Vergangenheit<br />
aussagen. Jedes Gebäude ist ein<br />
Unikat, und deshalb sind auch die<br />
denkmalpflegerischen Auflagen individuell.<br />
Führt das notgedrungen zu Konflikten<br />
mit Bauherren? Daniel<br />
Schneller winkt ab: «Meist werden<br />
denkmalgeschützte Gebäude von<br />
Leuten umgebaut, die eine hohe Affinität<br />
zur alten Bausubstanz haben<br />
und selber an deren Erhalt interessiert<br />
sind. Echte Zielkonflikte entstehen<br />
vor allem dann, wenn jemand<br />
ein denkmalgeschütztes<br />
Objekt<br />
kauft, um damit<br />
Geld zu machen<br />
– wenn er das<br />
Gebäude zur<br />
Ware degradiert.»<br />
Das komme<br />
jedoch selten<br />
vor. Daniel<br />
Schneller ist<br />
froh, dass dem<br />
so ist, denn «bei uns in der Denkmalpflege<br />
arbeiten so wenig Leute, dass<br />
wir die vielen Projekte gar nicht begleiten<br />
könnten, wenn es ständig<br />
grundsätzliche Konflikte gäbe.» In<br />
Basel werden jedes Jahr etwa 600<br />
schützenswerte Objekte restauriert,<br />
umgebaut oder renoviert; gegen die<br />
Empfehlungen der Denkmalpflege<br />
wird pro Jahr etwa in drei Fällen rekurriert.<br />
Diese äusserst geringe Rate<br />
«schlecht<br />
bewohnte<br />
Häuser<br />
sterben»<br />
führt Schneller auf die Schweizer<br />
Mentalität zurück. «Wir sind auf<br />
Ausgleich getrimmt, die Konsensfindung<br />
ist hoch entwickelt. Niemand<br />
will einen Fall eskalieren lassen –<br />
und wir Denkmalpfleger wollen ja<br />
auch nicht, dass ein geschütztes Gebäude<br />
nicht mehr bewohnt werden<br />
kann.» In Projekte mit denkmalgeschützten<br />
Gebäuden seien zudem oft<br />
Architekten involviert, die viel Erfahrung<br />
im Umgang mit kulturhistorischer<br />
Substanz hätten und sich<br />
ebenfalls als deren Anwälte verstehen<br />
würden.<br />
Ein solcher Architekt ist der<br />
Zürcher Wolfgang Müller. «Ich liebe<br />
Projekte mit denkmalgeschützten<br />
Häusern!», sagt er. «Aus einem alten<br />
Haus kann man lesen wie aus einem<br />
Krimi – zerkratzte Türen, die<br />
verschiedenen Farbaufträge, die<br />
technischen Installationen oder<br />
früheren Umbauten erzählen viel<br />
über den Charakter der Bewohner.»<br />
Die Frage, warum der Erhalt alter<br />
Gebäude wichtig ist, beantwortet<br />
Müller mit dem Verweis auf<br />
Demenzkranke: «Es gehört zu den<br />
tragischen Erfahrungen, jemanden<br />
zu erleben, der seine Identität verloren<br />
hat. Wir brauchen Vergangenheit<br />
– und zu ihr gehören eben auch<br />
Gebäude.» Gleichzeitig sei aber auch<br />
wichtig, dass die alten Häuser gern<br />
bewohnt würden – «denn schlecht<br />
anzeige<br />
BAUSTART<br />
ERFOLGT!
Dossier Wohnen — 87<br />
«Ich will<br />
unser Zuhause<br />
optimal<br />
versichern.»<br />
Denkmalgeschützte Scheune<br />
aus dem 19. Jahrhundert:<br />
Schifffahrtsmuseum in Männedorf ZH<br />
bewohnte Gebäude sterben ebenfalls».<br />
Man müsse deshalb immer<br />
einen Weg finden, bei einem Haus<br />
das Wertvolle zu erhalten und zugleich<br />
zeitgenössisches Wohnen zu<br />
ermöglichen. «Der Grat zwischen<br />
diesen Aufgaben ist oft sehr schmal<br />
und kann nur mit viel Kreativität,<br />
Sorgfalt, Erfahrung und regem<br />
Gedankenaustausch bewältigt werden.»<br />
Er schätze deshalb Denkmalpfleger,<br />
mit denen er über das Objekt<br />
sprechen könne, sagt Müller. «Heute<br />
ist die Denkmalpflege in der Regel<br />
ein hoch professioneller Partner,<br />
modern und auf geschlossen. Es gibt<br />
keine grundsätzlichen Zielkonflikte,<br />
im Gegenteil: Ohne Denkmalpflege<br />
wäre ich manchmal unsicher, mir<br />
fehlte der Gesprächspartner.»<br />
Pauschales Gutachten<br />
erschwert Abbruch<br />
«In der Regel» meint allerdings, dass<br />
die Zusammenarbeit doch nicht in<br />
jedem Fall reibungslos verläuft.<br />
«Man hat mit Menschen zu tun»,<br />
sagt Müller, «und es kommt sehr darauf<br />
an, wer einem gegenübersitzt.»<br />
Unerfreulich sei zuweilen auch die<br />
Zusammenarbeit mit Heimatschutzkommissionen,<br />
die sich ebenfalls<br />
einschalten, wenn es um die Erneuerung<br />
alter Bausubstanz geht. «Dort<br />
können Leute sitzen, die von der<br />
Unterschutzstellung geradezu besessen<br />
sind.» Müller steht dem Verbandsbeschwerderecht<br />
daher skeptisch<br />
gegenüber. «Wir brauchen professionelle<br />
Partner – weil die Arbeit<br />
mit denkmalgeschützter Substanz<br />
extrem anspruchsvoll ist.»<br />
Eine andere negative Erfahrung<br />
machte der Architekt mit Isos, dem<br />
«Bundesinventar der schützenswerten<br />
Ortsbilder von nationaler Bedeutung<br />
der Schweiz». Müller berichtet<br />
von einem grösseren Bauvorhaben,<br />
dem Abbruchhäuser weichen sollten.<br />
«Meines Erachtens haben diese Häuser<br />
keinerlei denkmalpflegerischen<br />
Wert. Jetzt hat sie das Isos aber in<br />
einem äusserst knappen und pauschalen<br />
Gutachten als schützenswert<br />
bezeichnet.» Das Gutachten basiere<br />
einzig auf dem Urteil der verantwortlichen<br />
Person bei Isos, die Gemeinden<br />
seien nicht involviert gewesen.<br />
Müller: «Wir müssen nun ebenfalls<br />
ein teures Gutachten erstellen lassen,<br />
das alles verzögert.»<br />
Ob ein Projekt mit alter Bausubstanz<br />
zum Traum oder doch zum Albtraum<br />
wird, hat also vor allem damit<br />
zu tun, welche Stellen und Personen<br />
darin involviert sind. Als Bauherr ist<br />
man daher gut beraten, erfahrene<br />
Architekten zu beauftragen – und so<br />
früh wie möglich den Kontakt zu den<br />
Behörden zu suchen.<br />
Er ist der beste<br />
Stuckateur<br />
der Schweiz<br />
Wer ein altes Gebäude renoviert, braucht<br />
oft einen guten Stuckateur. Als bester im<br />
Land gilt der Berner Serafin Steinemann<br />
Unsere Epoche liebt den Wettbewerb – und<br />
deshalb gibt es auch einen Schweizer Meister<br />
unter den Gipsern/Stuckateuren. Er ist gerade<br />
einmal 20 Jahre alt, stammt aus Bern und heisst<br />
Serafin Steinemann. Geradezu gigantisch war die<br />
Konkurrenz um den Titel allerdings nicht: Zu den<br />
Berufsmeisterschaften der Stiftung Swiss Skills<br />
wird nur eingeladen, wer einen wirklich guten<br />
Lehrab schluss gemacht hat. «Und es gibt nicht<br />
viele, die eine Lehre anfangen und auch beenden»,<br />
weiss Steinemann. Dabei ist die Nachfrage nach<br />
guten Berufsleuten gross – als gelernter Gipser<br />
habe man deshalb immer einen Job, sagt der<br />
Champion. Er selbst ergriff den Beruf, weil er<br />
sowohl Interesse an Handwerk als auch an<br />
Feinarbeiten hat. Heute arbeitet er bei der Maler<br />
Pfister AG in Bern, die auch auf die Renovation<br />
historischer Bauten spezialisiert ist.<br />
Trainiert für die WM: Serafin Steine mann,<br />
Schweizer Meister Gipser/Stuckateur<br />
Stuckaturen benötigten viel Feingefühl. «Aber es ist<br />
halt billiger, eine fertige Plastikstukkatur im<br />
Baumarkt zu kaufen und selbst an die Wand zu<br />
kleben, als eine richtige Stuckatur in aufwendiger<br />
Handarbeit von einem Profi machen zu lassen.»<br />
Ebenso viel Geschick benötige ein Wandputz: «Das<br />
ist, wie wenn man mit einer nassen Joghurtmasse<br />
eine Fläche überziehen muss, ohne dabei Striemen<br />
zu hinterlassen!»<br />
Wer seine Decke vom Meister persönlich<br />
ver schönern lassen möchte, braucht gegenwärtig<br />
etwas Geduld: In diesen Wochen arbeitet Serafin<br />
Steinemann nur aushilfsweise, denn er befindet<br />
sich im Training für die World Skills, die Berufsweltmeisterschaften.<br />
Sie finden vom 2. bis 7. Juli in<br />
Leipzig statt. Die Schweiz tritt mit einer Delegation<br />
von 39 Teilnehmern aus 37 Berufen an – «eine<br />
grosse Sache!», findet Steinemann. Entsprechend<br />
hart trainiert er auch. «In meiner Branche wird vier<br />
Monate vor der Weltmeisterschaft mitgeteilt,<br />
welches Projekt es am Titelkampf zu bewältigen<br />
gilt – und das ist gut so, denn ohne gezielte<br />
Vorbereitung wäre man bei einer solch<br />
komplizierten Aufgabe verloren.» Erik Brühlmann<br />
24/7<br />
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88 — Dossier Wohnen 23. Juni <strong>2013</strong><br />
Mieter als sanfte Sanierer<br />
Auch wenn Sie nicht Wohnungseigentümer sind, können Sie Ihrem<br />
Lebensraum mit wenig Aufwand viel Individualität verleihen<br />
Von Marius Leutenegger und Christina Hwang<br />
K<br />
lar: Eine Mietwohnung gehört<br />
dem Eigen tümer. Er<br />
bestimmt, wann was saniert<br />
wird. Das bedeutet<br />
aber keineswegs, dass<br />
Mieter ihr Wohn umfeld nicht mitprägen<br />
könnten – im Gegenteil: Das<br />
Mietrecht lässt ihnen sogar recht<br />
grossen Spielraum. Grundsätzlich<br />
gilt nämlich, dass Mieter die Wohnung<br />
einfach wieder so zurückgeben<br />
müssen, wie sie diese übernommen<br />
haben. Sie können also die Wände<br />
in jeder beliebigen Farbe streichen,<br />
wenn sie am Ende den ursprünglichen<br />
Zustand wieder herstellen. Sie<br />
können auf eigene Kosten neue<br />
Böden verlegen, falls sich diese wieder<br />
spurlos entfernen lassen, und sie<br />
dürfen sogar ihr Lieblingslavabo installieren,<br />
wenn sie das ursprüngliche<br />
behalten und im Kündigungsfall<br />
wieder sauber einsetzen. Unter Umständen<br />
können sie sogar Änderungen<br />
vornehmen, die nicht reversibel<br />
sind – dazu be nötigen sie aber die<br />
ausdrückliche Einwilligung des Vermieters.<br />
Manch mal ist der Vermieter<br />
sogar bereit, eine Umgestaltung<br />
mitzufinanzieren, zum Beispiel<br />
dann, wenn sie die Woh nung aufwertet.<br />
Zu empfehlen ist daher in jedem<br />
Fall: bei grösseren Eingriffen<br />
Rück sprache mit dem Eigentümer<br />
nehmen.<br />
Kurs in Plättlikleben<br />
und Laminatverlegen<br />
Obwohl die Möglichkeiten, einer<br />
Mietwohnung eine individuelle Note<br />
zu verleihen, ziemlich gross sind,<br />
werden sie eher selten genutzt –<br />
offenbar gibt es Hemmungen, an<br />
fremdem Eigentum herumzuwerkeln.<br />
Für Zurückhaltung sorgt wohl<br />
auch, dass man sich gute Resultate<br />
schlicht nicht zutraut, wenn man<br />
selber Hand anlegt.<br />
Heimwerken erfordert aber keine<br />
besonderen Talente, und abgesehen<br />
davon gibt es heute unzählige Kurse,<br />
in denen man sich die nötigen<br />
Kompetenzen aneignen kann. Die<br />
Migros-Klubschule bietet zum Beispiel<br />
den Workshop «1 x 1 des Haushalthandwerks»<br />
an, bei dem man<br />
den Umgang mit Bohrer und Pinsel<br />
lernt. Besonders erfolgreich ist der<br />
«Woman’s Day», den der Do-it-<br />
Fachmarkt Bauhaus regelmässig<br />
veranstaltet: Frauen lernen dort,<br />
wie man Plättli klebt oder Laminat<br />
verlegt. Der Kurs, der in zahlreichen<br />
Bauhaus-Filialen durchgeführt wird,<br />
kostet nichts, ist aber oft schon früh<br />
ausgebucht.<br />
Wer keinen Platz findet, muss<br />
deshalb nicht verzweifeln: Die<br />
meisten Do-it-Geschäfte präsentieren<br />
auf ihren Websites unendlich<br />
viele Tipps, Tricks und Anleitungen<br />
für Heimwer ker. Vorbildlich sind<br />
dabei zum Beispiel Hornbach.ch<br />
oder Obi-baumarkt.ch. Und Tipps<br />
über Farb gestaltung und Licht erhalten<br />
Sie auch auf dieser Seite.<br />
Der sanften Sanierung der<br />
eigenen Mietwohnung steht also<br />
selbst mit zwei linken Händen nichts<br />
im Weg!<br />
Lampe und Kunstwerk:<br />
Kollektion «IN-EI» von<br />
Issey Myake, Artemide,<br />
600 bis 2000 Franken<br />
Licht: Das unterschätzte Potenzial<br />
Oft wird bei Einrichtungen die Beleuchtung sträflich vernachlässigt. Noch immer scheint die Einstellung<br />
weit verbreitet, Licht müsse einfach für anständige Sichtverhältnisse sorgen. Dabei ist Licht ein<br />
Gestaltungselement, das auch einem wenig attraktiven Raum Stil und Eleganz verleihen kann.<br />
Lichtquellen schaffen Inseln für verschiedene Aufmerksamkeitsbereiche und Tätigkeiten, der Lichtkegel<br />
definiert, fokussiert und optimiert die Wahrnehmung des Raums.<br />
Eine einfache Empfehlung lautet: Ein Raum sollte über mindestens eine Grundbeleuchtung und zwei bis<br />
drei Akzentbeleuchtungen verfügen. Er sollte also nicht in einem regelmässigen gleissenden Licht<br />
erstrahlen, sondern sozusagen durch Licht geformt werden. Probieren Sie einfach aus, wie Ihr Raum<br />
unter verschiedenen Beleuchtungen wirkt, setzen Sie Akzente, arbeiten Sie auch einmal mit indirektem<br />
Licht, leuchten Sie also direkt an die Wand oder Decke. Dass manche Leuchten nur die Funktion eines<br />
Stimmungsmachers erfüllen, muss Stromsparer nicht gleich auf die Palme bringen – dank LED ist der<br />
Verbrauch der Lampen inzwischen gering.<br />
So anspruchsvoll das ausgewogene Beleuchten eines Raums auch ist, eine Regel bleibt simpel: Bei<br />
Leuchten sollte man nicht die günstigste Lösung wählen. Es lohnt sich, hochwertige Produkte<br />
anzu schaffen, denn diese sind in der Regel so konzipiert, dass sie das Licht gleichmässig verteilen. Eine<br />
ideale Leuchte lässt sich stufenlos dimmen und bietet Flexibilität hinsichtlich der Leuchtrichtungen. Ein<br />
gutes Beispiel für einen solchen Allrounder ist «Twilight LED» von Belux; diese Leuchte verfügt auch über<br />
eine sogenannte Weisston-Modulation, man kann also einstellen, ob sie Kalt- oder Warmlicht spenden<br />
soll – die Weisston-Modulation in einem Raum sollte nämlich stets einheitlich sein. Ausserdem kann<br />
«Twilight LED» nur noch oben abstrahlen, nur am Leuchtkörper selbst Licht abgeben oder beides<br />
miteinander. Damit lässt sich nun wirklich etwas anfangen.<br />
Heute gibt es auch viele Leuchten, die regelrechte Objekte oder kleine Kunstwerke darstellen –<br />
wie etwas das «IN-EI» von Artemide, von Issey Myake gestaltet und aus rezykliertem PET-Gewebe<br />
geschaffen. Besonders stimmungsvoll wirds, wenn das Licht Muster in den Raum zeichnet – wie das<br />
bei «PostKrisi» von Catellani & Smith der Fall ist. Mit dieser Lampe muss man sich nicht mehr überlegen,<br />
wie eine Wand Charakter erhält.<br />
Der Alleskönner:<br />
«Twilight LED»<br />
von Belux,<br />
rund 2000 Franken<br />
Malt Schatten<br />
an die Wand:<br />
«Postkrisi» von<br />
Catellani & Smith,<br />
rund 1000 Franken<br />
Farbe: Simpel, aber effektvoll<br />
Die Gestaltung mit Farbe ist die wirkungsvollste Art,<br />
einem Raum Individualität und Frische zu verleihen.<br />
Oft sieht es besonders gut aus, wenn man nur eine<br />
Wand in einem Raum farbig streicht – vor allem bei<br />
moderner Architektur. Diese Wand sollte möglichst<br />
nicht durch Fenster, Radiatoren u.s.w. unterbrochen<br />
werden. Gibt es im Zimmer keine solche Wand, kann<br />
man einfach eine möglichst grosse Fläche auf einer<br />
anderen definieren und diese in der gewünschten<br />
Farbe bemalen – rundherum belässt man die Wand<br />
in der bisherigen Farbe. So wird die Farbfläche zu<br />
einer Art riesigem Bild. Entsprechende Experimente<br />
haben kaum Folgen: Gehen sie schief, kann man die<br />
Wand einfach wieder übermalen.<br />
Nicht ganz einfach ist die Wahl des passenden Tons<br />
– auch deshalb, weil die Auswahl an schönen<br />
Anstrichen riesig ist. Malfreudige sollten sich einmal<br />
auf folgenden Websites umsehen:<br />
qwww.farrow-ball.com: Schon der Internetauftritt<br />
des britischen Traditionsunternehmens macht Lust,<br />
zum Pinsel zu greifen. In der Schweiz bekommt man<br />
die hochwertigen Farben in Fachge schäften.<br />
qwww.flamant.com: Flamant ist ein belgisches<br />
Einrichtungsgeschäft, das mit Flamant Paint eine<br />
eigene Farblinie führt. Erhältlich ist sie zum Beispiel<br />
bei Nuances in Zürich.<br />
qwww.ktcolor.ch: «Unsere weltweit einzigartigen<br />
Farben funkeln wie frisch gefallener Schnee»,<br />
schreibt die Farbmanufaktor kt.Color. Das ist für<br />
Gut sind zum<br />
Beispiel die Farben<br />
von Flamant Paint<br />
oder Farrow & Ball<br />
einmal nicht blosses Marketinggetöse. Das Unternehmen aus Uster verkauft zum<br />
Beispiel die legendären Corbusier-Farben. Auf der Website bekommt man auch gleich Vorschläge,<br />
welche Farbe zu welcher passt.<br />
Momentan sind Erdtöne besonders beliebt – wie generell bei der Inneneinrichtung. Als Wandfarbe<br />
für Wohnzimmer eignen sich alle Farben mit warmer Wirkung, also Töne von Beige über Rot bis<br />
Braun, fürs Schlafzimmer werden beruhigende Blautöne empfohlen.<br />
Vorhänge: Zurück in die Zukunft<br />
Lange verpönt, sind Vorhänge in den letzten Jahren wieder beliebter geworden. Das hat gute Gründe:<br />
Ein Raum ohne Fensterbekleidung wirkt oft etwas kühl, unfertig oder im schlimmsten Fall gar schlicht<br />
ungemütlich. Die Wiedergeburt des Vorhangs begann im Schlafzimmer. Vorhänge eignen sich als<br />
Gestaltungsmittel aber nicht nur dort, sondern in allen Zimmern. Fenster sind dann für Vorhänge<br />
geeignet, wenn der Stoff ungehindert bis auf den Boden fallen kann, und wenn seitlich genügend Platz<br />
vorhanden ist, damit der Vorhang auch problemlos geöffnet bleiben kann.<br />
Als Alternative zu den klassischen Wellen-Gardinen gibt es Flächenvorhänge; sie passen vor allem in<br />
moderne Gebäude und immer dort, wo partielle Aus- oder Einblicke gewünscht sind. Denn mit ihnen<br />
kann eine beliebige Fensterfläche abgedeckt werden. Es muss aber nicht immer Vorhang sein: Bei<br />
Fenstern, die in Nischen eingelassen oder durch eine Fensterbank abgeschlossen sind, sollte man<br />
Rollos vorziehen. Heute gibt es Modelle für jeden Geschmack. Aussergewöhnlich sind die Produkte<br />
des finnischen Anbieters Woodnotes, die aus Papiergarn gefertigt werden. Ein anderes System für die<br />
Gestaltung des Fensterbereichs sind Panels, die sich in der Höhe verschieben lassen – sie bieten<br />
horizontal partiellen Sichtschutz, sind exklusiv und schön. Sie<br />
können auch als Raumteiler eingesetzt werden. Bekannt ist in<br />
diesem Bereich das «System W» der Schwedin Ann Idstein –<br />
skandinavisches Design ist momentan ja ohnehin hip.<br />
Hochwertige Gestaltungselemente: Panels von Ann Idstein
23. Juni <strong>2013</strong> Dossier Wohnen — 91<br />
«Eine 4-zimmer-wohnung darf<br />
wieder 95 statt 110 m 2 haben»<br />
Martin Grüninger, Leiter Bau und Bewirtschaftung der<br />
Allgemeinen Baugenossenschaft Zürich, über Flächenverbrauch,<br />
hohe Sanierungskosten und den Verzicht auf Labels<br />
von Benjamin Gygax (Text) UND PHILIPP ROHNER (Foto)<br />
M<br />
it 4600 Wohnungen und<br />
122 Einfamilienhäusern<br />
in 60 Siedlungen ist die<br />
Allgemeine Baugenossenschaft<br />
Zürich die<br />
grösste Wohnbau genossenschaft<br />
der Schweiz. Wächst sie weiter?<br />
Wir sind seit 1916 kontinuierlich<br />
gewachsen und wachsen weiter. In<br />
absehbarer Zeit werden wir bei den<br />
Wohneinheiten die 5000er-Grenze<br />
erreichen, einerseits dank einem<br />
grossen Projekt im Glattpark, aber<br />
auch dank geplanter Ersatzneubauten.<br />
Denn bei Ersatzneubauten entstehen<br />
immer mehr neue Wohnungen,<br />
als alte wegfallen – alte Siedlungen<br />
verfügen meist über beträchtliche<br />
Ausnützungsreserven, die wir<br />
zur Verdichtung nutzen können.<br />
Wie viel investiert die ABZ in<br />
Renovationen?<br />
Wir haben in den letzten fünf Jahren<br />
rund 750 Wohnungen saniert. Dabei<br />
wurden 105 Millionen Franken investiert,<br />
also 20 Millionen pro Jahr<br />
oder 140000 Franken pro Wohneinheit.<br />
Jährlich sanieren wir also etwa<br />
150 Wohnungen, was bei insgesamt<br />
4600 Einheiten eine Erneuerungsquote<br />
von rund 3 Prozent ergibt.<br />
Diese Quote schwankt allerdings<br />
stark, obwohl wir aus Ressourcenüberlegungen<br />
versuchen, die Renovationen<br />
in der Planung etwas zu<br />
verteilen. Doch man kann nicht alles<br />
planen – es gibt auch viele äussere<br />
Einflüsse, Rekurse zum Beispiel,<br />
komplizierte Bewilligungsverfahren<br />
oder unerwartete Altlasten.<br />
Trügt der Eindruck, dass<br />
Genossenschaften gegenwärtig<br />
stark in die Erneuerung ihrer<br />
Liegenschaften investieren?<br />
Nein, denn ein grosser Teil der Genossenschaftswohnungen<br />
stammt<br />
aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />
und muss jetzt erneuert<br />
werden. Hinzu kommt, dass viele<br />
Genossenschaften über grosse innere<br />
Landreserven verfügen, die angesichts<br />
der Nachfrage nach Wohnraum<br />
besser genutzt werden müssen.<br />
Die Bau- und Zonenordnung schafft<br />
ein Ausnutzungspotenzial, das beim<br />
eineinhalb- bis dreifachen der 80<br />
Jahre alten Siedlungen liegt. Ob es<br />
städtebaulich und architektonisch<br />
sinnvoll ist, die Reserven in jedem<br />
Fall bis zum Letzten auszunützen,<br />
muss man natürlich von Fall zu Fall<br />
prüfen; wir gehen nicht ans Limit.<br />
Was entscheidet darüber, ob eine<br />
Siedlung saniert werden muss?<br />
Wir können Sanierungen auch einmal<br />
hinauszögern, weil wir nicht<br />
renovieren müssen, um hohe Marktmieten<br />
zu rechtfertigen. Doch irgendwann<br />
kommt der Punkt, an dem<br />
man einfach erneuern muss: Das Interesse<br />
an den frei werdenden Wohnungen<br />
sinkt, es meldet sich plötzlich<br />
ein anderes Publikum, bestehende<br />
Mitglieder rümpfen über die Wohnungen<br />
nur noch die Nase, die Reparaturkosten<br />
werden zu hoch. Der<br />
technische Aspekt ist auch wichtig:<br />
Oft erfüllen die Wohnungen die aktuellen<br />
Ansprüche an die Alters- und<br />
Behindertentauglichkeit, die Erdbebensicherheit<br />
oder den Energieverbrauch<br />
nicht mehr. Wir sind mit einer<br />
hohen Regeldichte konfrontiert, so<br />
dass es mit einer Pinselsanierung<br />
nicht mehr getan ist. Ein grosses Problem<br />
ist auch die Ringhörigkeit.<br />
10000 Menschen<br />
«wichtig<br />
ist der<br />
Grundriss»<br />
Wie entscheiden Sie darüber, ob _<br />
saniert oder neu gebaut wird?<br />
Diesem Entscheid geht eine sorgfältige<br />
Analyse der Siedlung voraus.<br />
Der bautechnische Teil ist nur ein<br />
Aspekt, den es zu berücksichtigen<br />
gilt. Ganz wichtig ist auch, wie sich<br />
die Bewohnerstruktur in der Siedlung<br />
präsentiert und wie diese in Zukunft<br />
aussehen soll. Welches Wohnungsangebot<br />
braucht es dafür? In<br />
dem Moment, in dem man keine Familien<br />
mit Kindern mehr in eine<br />
Siedlung bringt, stimmt etwas nicht<br />
mehr – entweder das Quartierumfeld<br />
oder das Wohnungs- und Umgebungsangebot.<br />
Ist das Ausnützungspotenzial<br />
gross sowie die Substanz<br />
und Bewohnerstruktur ungenügend,<br />
spricht vieles für einen Ersatzneubau.<br />
Manche unserer Siedlungen<br />
stammen noch aus den 1920er- und<br />
1930er-Jahren und weisen die bekannten<br />
Defizite auf – die man mit<br />
Umbauen nur teilweise, aber nie<br />
ganz beseitigen könnte. Ausserdem<br />
sind Sanierungen pro Quadratmeter<br />
Wohnfläche oft teuer als ein Neubau.<br />
Es kann aber sein, dass eine Siedlung<br />
unter Denkmalschutz steht, dann ist<br />
kein Ersatz möglich.<br />
Wie hoch ist denn der Anteil ihrer<br />
Objekte, die geschützt sind?<br />
Er ist bei uns nicht so hoch wie bei<br />
anderen Genossenschaften. Aber wir<br />
haben gerade die denkmalgeschützte,<br />
1928 erstellte Siedlung Sihlfeld<br />
mit 138 Wohnungen umfassend saniert.<br />
Dabei haben wir 32 Millionen<br />
Franken investiert – über 3100 Franken<br />
pro Quadratmeter Wohnfläche.<br />
Dafür könnte man auch eine flächenmässig<br />
gleich grosse Siedlung<br />
im Minergie-Standard neu bauen.<br />
Apropos Minergie: Nur vier Ihrer<br />
60 Siedlungen verfügen über ein<br />
entsprechendes Label. Deutet das<br />
auf den hohen Erneuerungsbedarf<br />
hin oder legt die ABZ gar keinen<br />
grossen Wert auf Label?<br />
Sagen wir es so: Wir sind nicht mehr<br />
auf Teufel komm raus auf ein Label<br />
aus. Bei unseren letzten beiden<br />
Projekten war die Vorgabe nicht das<br />
Label – wir haben es dann aber trotzdem<br />
erreicht. Die Vorgabe lautet<br />
heute, dass die Siedlung nach dem<br />
SIA-Effizienzpfad Energie des<br />
Schweizerischen Ingenieur- und<br />
Architektenvereins 2000-Watt-tauglich<br />
sein muss. Dies ist eine umfassendere<br />
Betrachtungsweise, die nicht<br />
nur die Betriebsenergie einbezieht,<br />
sondern auch die Graue Energie für<br />
die Erstellung und die Mobilität. Der<br />
Planungsspielraum wird erweitert<br />
und ermöglicht wieder dünnere<br />
Dämmstoffdicken von 20 bis 25 Zentimetern<br />
in Verbindung mit erneuerbarer<br />
Energie für die Wärmeerzeugung.<br />
Komplizierte und teure Konstruktionen<br />
mit Wärmedämmungen<br />
von 30 Zentimetern und mehr oder<br />
eine kontrollierte Wohnungslüftung,<br />
wie sie Minergie vorschreibt, sind<br />
nicht zwingend.<br />
Wenn Sie sich bei einer Siedlung<br />
gegen einen Ersatzneubau und für<br />
eine Sanierung entschieden haben<br />
– wie gehen Sie vor?<br />
Wir haben genügend Ressourcen,<br />
um die Bauherrenfunktionen selber<br />
zu übernehmen. Wir planen aber<br />
nicht selber und führen auch nicht<br />
Der 54-jährige Martin Grüninger ist Leiter Bau und Bewirtschaftung<br />
und Mitglied der Geschäftsleitung der Allgemeine Baugenossenschaft Zürich<br />
(ABZ). Er studierte Raumplanung an der Fachhochschule Rapperswil. ABZ,<br />
die grösste Baugenossenschaft der Schweiz, wurde 1916 von einer<br />
Gruppe von 15 Eisenbähnlern gegründet. Sie hat heute über 7000 Mitglieder,<br />
rund 10 000 Menschen leben in den Wohnungen der ABZ. Fortsetzung auf Seite 93
10CFWMMQ4CMQwEX-Rod2M7BJfouhMFok-DqPl_xR0dxTSj0ex7RcOP23Z_bo8iqGFwBGdd-myIqFRvKRWSU2C_0pGePvnXm7sGgXU2hjSORTe5QYs9Do7D6RRg-7zeX2o_C-mAAAAA<br />
10CAsNsjY0MDQy1zUwMTA1tAQAdH9iVg8AAAA=<br />
23. Juni <strong>2013</strong> Dossier Wohnen — 93<br />
Fortsetzung von Seite 91<br />
«Eine 4-Zimmer-<br />
Wohnung darf<br />
wieder 95 ...<br />
selber aus. Jedes grössere Sanierungs-<br />
oder Bauprojekt entwickeln<br />
wir, indem wir einige Architekturbüros<br />
zu einem Wettbewerb einladen.<br />
Solche Verfahren führen wir durch,<br />
weil wir überzeugt sind, dass wir so<br />
bezüglich Wohnwert, Architektur<br />
und Städtebau zur richtigen Lösung<br />
gelangen. Und wir brauchen gute<br />
Lösungen, weil wir für unseren<br />
Eigenbestand bauen. Erstellen wir<br />
eine Siedlung, die sich später als problematisch<br />
erweist – in baulicher<br />
oder sozialer Hinsicht –, müssen wir<br />
damit für die nächsten 80 Jahre leben.<br />
Wir können die Siedlung dann<br />
nicht wie ein privater Investor auf<br />
den Markt werfen und hoffen, dass<br />
uns jemand das Problem abnimmt.<br />
Wie finanzieren Sie die<br />
Sanierungen?<br />
Wir legen jedes Jahr 1 Prozent des<br />
Gebäudeversicherungswerts in einen<br />
Erneuerungsfonds ein – das sind<br />
rund 12 Millionen Franken. Mit diesen<br />
Rückstellungen können wir<br />
einen schönen Teil der Sanierungskosten<br />
abfedern. Der Rest wird aber<br />
auch bei uns mietzinswirksam.<br />
Kann sich die ABZ dem Druck<br />
steigender Ansprüche entziehen?<br />
Den Komfort-Wettlauf müssen wir<br />
als Baugenossenschaft nur zum Teil<br />
mitmachen. Wenn wir eine Küche erneuern<br />
und dabei einen Geschirrspüler,<br />
einen A++-Kühlschrank und eine<br />
Steinabdeckung einbauen, ist das<br />
noch keine Luxussanierung. Und ein<br />
Bad behält bei einer Sanierung seine<br />
Abmessungen. Dem Trend, in jeder<br />
Wohnung einen Waschturm einzubauen,<br />
versuchen wir uns zu entziehen<br />
– weil wir davon überzeugt sind,<br />
das die Waschküche ein wichtiger<br />
Begegnungsort ist. Bei Neubauten<br />
planen wir deshalb einen Waschsalon,<br />
der mit einer genügend grossen Zahl<br />
Maschinen ausgerüstet ist und wenn<br />
möglich gleich beim Eingang liegt,<br />
damit man sich dort trifft. Ein privater<br />
Eigentümer würde einen solchen<br />
Raum vielleicht vermieten, wir nutzen<br />
ihn als Beitrag zum Zusammenleben.<br />
Bei Sanierungen ist eine solche Lösung<br />
aber meist nicht möglich.<br />
Wie beeinflussen Sanierungen die<br />
Mietkosten?<br />
Bei einem tiefen Eingriff wie in der<br />
Siedlung Sihlfeld kommt eine Wohnung<br />
nach der Sanierung auf den<br />
gleichen oder sogar auf einen leicht<br />
höheren Mietzins pro Quadratmeter<br />
als bei einem Neubau. Zusätzlich<br />
sind die Nebenkosten höher. Dennoch<br />
ist die absolute Miete pro<br />
Wohnung in der Regel beim Neubau<br />
höher, weil dort die Fläche einer<br />
Wohneinheit grösser ist.<br />
Der durchschnittliche<br />
Flächen verbrauch liegt bei rund<br />
50 Quadratmetern pro Kopf.<br />
Versuchen Sie der Entwicklung zu<br />
immer mehr Wohnfläche<br />
entgegenzusteuern?<br />
Das ist ein wichtiger Punkt. Bei uns<br />
liegt der Flächenverbrauch deutlich<br />
tiefer, weil wir Belegungsregeln anwenden.<br />
Aber wir versuchen auch<br />
bei unseren geplanten Projekten zu<br />
bremsen: Eine Vierzimmerwohnung<br />
darf auch wieder 95 statt 110 Quadratmeter<br />
haben. Entscheidend für<br />
das Gefühl, in einer Wohnung Platz<br />
zu haben, ist nicht unbedingt die Fläche,<br />
sondern ein gut geschnittener<br />
Grundriss.<br />
Eine Genossenschaft wie die ABZ<br />
prägt ganze Quartiere und trägt<br />
damit Verantwortung für die<br />
Stadtentwicklung. Wie arbeiten Sie<br />
mit Behörden zusammen?<br />
Diese Zusammenarbeit ist sehr gut<br />
und wird von beiden Seiten gepflegt.<br />
In Wollishofen haben wir einen Bestand<br />
von 700 Wohnungen, die in<br />
den nächsten Jahrzehnten nach und<br />
nach erneuert werden müssen. Dabei<br />
tragen wir eine grosse Verantwortung,<br />
weil wir das Quartier Entlisberg<br />
stark prägen. Deshalb haben<br />
wir mit der Stadt zusammen einen<br />
privat finanzierten Masterplan erstellt,<br />
um die Leitplanken für die<br />
recht grosse städtebauliche Veränderung<br />
zu setzten.<br />
Gibt es auch Interessenkonflikte<br />
zwischen der ABZ und der Stadt?<br />
Das kann es geben, aber die Differenzen<br />
sind nicht gross. Auch für uns<br />
ist klar: Das Gebiet Entlisberg ist zu<br />
Ein Kühlschrank<br />
A++ oder eine<br />
Steinabdeckung<br />
ist kein Luxus<br />
mehr: Erneuertes<br />
Bad, Siedlung<br />
Wie dikon<br />
in Zürich<br />
Fotos: Hannes Heinz, Ulrich Stockaus<br />
sensibel, als dass man in einer Zone<br />
mit dreigeschossigem Wohnbauten<br />
Neubauten mit bis zu sieben Geschossen<br />
erstellen könnte – obwohl<br />
die Arealbebauung so etwas zuliesse.<br />
Eine solche Veränderung würden<br />
zudem auch unsere Bewohner nicht<br />
einfach durchwinken.<br />
Wie gestaltet sich denn die<br />
Zusammenarbeit mit den<br />
Bewohnern?<br />
Wohnen ist ein Grundbedürfnis, und<br />
ein Sanierungs- oder Ersatzprojekt<br />
erschreckt zunächst, weil es das<br />
direkte Wohnumfeld betrifft. Aber<br />
unsere Mitglieder geniessen ein<br />
Wohnrecht. Wir müssen also vorübergehende<br />
oder definitive Ersatzlösungen<br />
anbieten. Deshalb beginnen<br />
wir jeweils früh damit, Wohnungen<br />
für die Umsiedlungen bereitzuhalten,<br />
indem wir leer werdende Wohnungen<br />
nur noch befristet vermieten.<br />
Darüber hinaus braucht es in jeder<br />
Phase eine umfassende und rechtzeitige<br />
Information. Schon 2007 haben<br />
wir den Erneuerungsplan 2010 bis<br />
2019 aufgelegt und Informationsabende<br />
durchgeführt. Alle wussten<br />
früh, was ungefähr wann passiert.<br />
Auch bei einfachen Sanierungen<br />
müssen die Bewohnerinnen und Bewohner<br />
einem Projekt zustimmen.<br />
Und wenn sie mit einem Projekt<br />
nicht einverstanden sind?<br />
Dann überprüft es der Vorstand<br />
noch einmal oder er überweist es –<br />
wenn er davon überzeugt ist – an die<br />
Generalversammlung. Ich muss allerdings<br />
sagen, dass es in den letzten<br />
20 Jahren nie so weit kam. Das hängt<br />
auch damit zusammen, dass wir sehr<br />
sorgfältig informieren und planen –<br />
und sinnvolle Anregungen der<br />
Direktbetroffenen frühzeitig aufnehmen.<br />
anzeige<br />
Lebensräume zum Wohlfühlen — mit Schweizer Holz<br />
Als Gesamtleistungsanbieter, mit<br />
Schwerpunkt Holz, vereint die<br />
Unternehmensgruppe Strüby Entwicklung,<br />
Planung und Holzbau<br />
unter einem Dach. Dies als wichtige<br />
Voraussetzung, um mehrgeschossige<br />
Bauten sowie Grossprojekte effizient<br />
und präzise umzusetzen.<br />
Zur Firmengruppe gehören die Strüby<br />
Konzept AG als Architektur- und Totalunternehmung,<br />
die Strüby Holzbau AG<br />
als Produktions- und Ausführungsfirma<br />
sowie die Strüby Immo AG für Immobiliendienstleistungen.<br />
Die Strüby-Unternehmen<br />
sind in den Geschäftsfeldern<br />
Wohnbau (Ein- und Mehrfamilienhäuser)<br />
Umbau, Stallbau, Gewerbe- und<br />
Überbauung Naturblick, Realp UR<br />
Industriebau sowie Landi-Ladenbau<br />
tätig. Sie gehören zu den schweizweit<br />
führenden Gesamtleistungsanbietern<br />
mit Schwerpunkt Holz.<br />
Erfahrung und Innovation – eine<br />
starke Basis<br />
Für einen nachhaltigen Erfolg setzen<br />
sich rund 250 Mitarbeitende mit vollem<br />
Einsatz ein. Der Firmenerfolg wird<br />
als Ergebnis der gemeinsamen und<br />
motivierten Arbeit auf allen Stufen<br />
betrachtet und so auch gefördert und<br />
honoriert. Die Zusammenarbeit der<br />
mehr als 25 Berufsgattungen ist anspruchsvoll,<br />
aber gleichzeitig äusserst<br />
inspirierend und kreativ. Diese Grundlage<br />
gibt dem Kunden die Gewissheit,<br />
für sein Bauprojekt auch wirklich auf<br />
eine Gesamtleistung zählen zu können.<br />
Dass sich dabei rund 20 junge<br />
Menschen in vier Berufen bei der Unternehmensgruppe<br />
Strüby ausbilden<br />
lassen können, ist Garant für zukünftige<br />
praxisorientierte und gleichzeitig<br />
spezialisierte Fachleute.<br />
Ein Meilenstein für die Zukunft<br />
Die Strüby Holzbau AG, als Produktionsunternehmen<br />
innerhalb der Unternehmensgruppe<br />
Strüby, verarbeitet<br />
für ihre Bauprojekte in der ganzen<br />
Schweiz pro Jahr mehr als 10‘000 m 3<br />
Konstruktionsholz. Um diese riesige<br />
Menge modern, rasch und exakt verarbeiten<br />
zu können, wurde in Root LU<br />
ein neues Produktionszentrum mit einer<br />
Fläche von 7‘300 m 2 erstellt und<br />
mit modernster Holzbau-Technologie<br />
ausgerüstet.<br />
LANDI Reba Aesch BL<br />
Überbauung Perla, Vitznau LU<br />
Schweizer Holz<br />
Die Strüby Holzbau AG setzt nachweislich<br />
auf Holz aus Schweizer Wäldern.<br />
Sie hat dies mit dem Herkunftszeichen<br />
Schweizer Holz, welches die<br />
Rückverfolgbarkeit innerhalb der Verarbeitungskette<br />
garantiert, zertifizieren<br />
lassen. Mit diesem Bekenntnis zum<br />
heimischen Rohstoff wird ein wertvoller<br />
Beitrag für nachhaltiges Wirtschaften<br />
und Leben geleistet.<br />
Erfahren Sie noch mehr auf unserer<br />
Website strueby.ch!<br />
Vorteile des Gesamtleistungsanbieters<br />
Strüby:<br />
• Finanzielle Kostensicherheit<br />
des Gesamtprojektes<br />
• Ganzheitliche Fachkompetenz<br />
• Beste Ausführungsqualität<br />
dank projektbezogenem<br />
Qualitätsmanagement<br />
• Garantierte Übergabetermine<br />
• Sämtliche Spezialisten sind<br />
vorhanden und im ganzen<br />
Projektprozess integriert<br />
• Externe Schnittstellen sind<br />
minimiert<br />
• Langjährige Erfahrung in der<br />
innovativen Holzbauweise<br />
• Geringe Belastung der<br />
Bauherrschaft im ganzen<br />
Bauprozess<br />
Bauen auf entspannte Art!<br />
Überbauung Schöngarn, Einsiedeln SZ