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«Wer weiss schon, was ich in fünf Jahren mache!»

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Ihr persönl<strong>ich</strong>es<br />

Exemplar –<br />

mit Wettbewerb!<br />

Das Magaz<strong>in</strong> der Buchhandlungen von Orell Füssli und Thalia<br />

Nr. 1/2014<br />

<strong>«Wer</strong> <strong>weiss</strong><br />

<strong>schon</strong>, <strong>was</strong> <strong>ich</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>fünf</strong> <strong>Jahren</strong><br />

<strong>mache</strong>!<strong>»</strong><br />

Stefan Bachmanns Debüt<br />

«Die Seltsamen<strong>»</strong><br />

Er<strong>in</strong>nerungen an die<br />

erste Liebe<br />

Frühl<strong>in</strong>gsgefühle<br />

zwischen Buchdeckeln<br />

Held<strong>in</strong>nen des Alltags<br />

Bücher über starke Mädchen<br />

Und ausserdem:<br />

Reiseführer für den Städtetrip,<br />

Kochbücher,<br />

Märchen, Bildbände


AARAU –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Meissner Thalia<br />

Bahnhofstrasse 41, 5001 Aarau<br />

Mo – Fr: 9.00 – 18.30 Uhr | Do: 9.00 – 20.00 Uhr<br />

Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />

EMMENBRÜCKE –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Thalia Emmen Center<br />

Stauffacherstrasse 1, 6020 Emmenbrücke<br />

Mo, Di + Do: 9.00 – 18.30 Uhr<br />

Mi + Fr: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 8.00 – 16.00 Uhr<br />

WINTERTHUR ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Orell Füssli Marktgasse<br />

Marktgasse 3, 8400 W<strong>in</strong>terthur<br />

Mo – Mi + Fr: 09.00 – 18.30 Uhr<br />

Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />

Inhalt<br />

Editorial | 3<br />

Wirz Thalia<br />

H<strong>in</strong>tere Vorstadt 18, 5001 Aarau<br />

Mo, Di, Mi + Fr: 9.00 – 18.30 Uhr<br />

Do: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 8.00 – 17.00 Uhr<br />

BADEN –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Thalia<br />

Langhaus beim Bahnhof, 5401 Baden<br />

Mo – Fr: 9.00 – 19.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />

BASEL ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Orell Füssli Bahnhof SBB<br />

Passerelle, Güterstrasse 115, 4053 Basel<br />

Mo – Fr: 7.00 – 21.00 Uhr | Sa: 8.00 – 21.00 Uhr<br />

So: 9.00 – 20.00 Uhr<br />

Thalia<br />

Freie Strasse 32, 4001 Basel<br />

Mo, Di, Mi + Fr: 9.00 – 18.30 Uhr<br />

Do: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr<br />

BERN ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Orell Füssli E<strong>in</strong>kaufszentrum Westside<br />

Gilberte-De-Courgenay-Platz 4, 3027 Bern<br />

Mo – Do: 9.00 – 20.00 Uhr | Fr: 9.00 – 22.00 Uhr<br />

Sa: 8.00 – 17.00 Uhr<br />

Stauffacher<br />

Neuengasse 25 – 37, 3001 Bern<br />

Mo – Mi + Fr: 9.00 – 19.00 Uhr<br />

Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />

Thalia Spitalgasse<br />

Spitalgasse 47/51, 3001 Bern<br />

Mo – Mi: 9:00 – 19.00 Uhr | Do: 9:00 – 21:00 Uhr<br />

Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 8:00 – 17:00 Uhr<br />

Thalia Bahnhof SBB<br />

Bahnhofplatz 10, 3001 Bern<br />

Mo – Sa: 7.00 – 22.00 Uhr | So: 9.00 – 22.00 Uhr<br />

BRIG –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

ZAP<br />

Furkastrasse 3, 3900 Brig<br />

Mo – Fr: 9.00 – 18.30 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />

ZAP Bürostore<br />

Englischgrussstrasse 6, 3900 Brig<br />

Mo – Fr: 8.30 – 12.00 und 13.30 – 17.00 Uhr<br />

BRUGG –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Thalia<br />

Neumarktplatz 12, 5200 Brugg<br />

Mo – Do: 9.00 – 18.30 Uhr | Fr: 9.00 – 20.00 Uhr<br />

Sa: 8.00 – 17.00 Uhr<br />

CHUR –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Thalia E<strong>in</strong>kaufscenter City West<br />

Raschärenstrasse 35, 7000 Chur<br />

Mo – Do: 9.00 – 19.00 Uhr | Fr: 9.00 – 20.00 Uhr<br />

So: 8.00 – 18.00 Uhr<br />

FRAUENFELD –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Orell Füssli E<strong>in</strong>kaufszentrum Passage<br />

Bahnhofstrasse 70 / 72, 8500 Frauenfeld<br />

Mo – Do: 8.00 – 19.00 Uhr | Fr: 8.00 – 20.00 Uhr<br />

Sa: 08.00 – 17.00 Uhr<br />

FRIBOURG ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Thalia<br />

Bahnhof / Gare, 1700 Fribourg<br />

Mo – Fr: 7.00 – 21.00 Uhr | Sa + So:<br />

9.00 – 21.00 Uhr<br />

SCHAFFHAUSEN ––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Thalia<br />

Vordergasse 77, 8200 Schaffhausen<br />

Mo – Mi + Fr: 8.30 – 18.30 Uhr<br />

Do: 8.30 – 20.00 Uhr | Sa: 8.00 – 17.00 Uhr<br />

SCHÖNBÜHL –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Thalia Shoppyland<br />

Industriestrasse 10, 3322 Schönbühl<br />

Mo – Do: 9.00 – 20.00 Uhr | Fr: 9.00 – 21.30 Uhr<br />

Sa: 8.00 – 17.00 Uhr<br />

SIERRE –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

ZAP<br />

Place de la Gare 2, 3960 Sierre<br />

Mo – Fr: 9:00 – 12:00 und 13:30 – 18:30 Uhr<br />

Sa: 9:00 – 17:00 Uhr<br />

SPREITENBACH ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Thalia Shoppi & Tivoli<br />

8957 Spreitenbach<br />

Mo – Sa: 9.00 – 20.00 Uhr<br />

ST. GALLEN ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Orell Füssli Bahnhof<br />

Poststrasse 28, 9000 St. Gallen<br />

Mo – Fr: 8.00 – 21.00 Uhr<br />

Sa + So: 9.00 – 20.00 Uhr<br />

Rösslitor Bücher<br />

Multergasse 1 – 3, 9001 St. Gallen<br />

Mo – Mi + Fr: 9.00 – 18.30 Uhr<br />

Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />

Thalia Shopp<strong>in</strong>g Arena<br />

Zürcher Strasse 464, 9015 St. Gallen<br />

Mo, Di, Mi + Fr: 9.00 – 19.00 Uhr,<br />

Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />

ST. MARGRETHEN –––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Thalia E<strong>in</strong>kaufszentrum Rhe<strong>in</strong>park<br />

9430 St. Margrethen<br />

Mo – Do: 9.00 – 19.00 Uhr | Fr: 9.00 – 21.00 Uhr<br />

Sa: 8.00 – 17.00 Uhr<br />

THUN –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Thalia<br />

Bälliz 60, 3600 Thun<br />

Mo – Mi + Fr: 9.00 – 18.30 Uhr<br />

Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />

Orell Füssli E<strong>in</strong>kaufszentrum Rosenberg<br />

Schaffhauserstrasse 152, 8400 W<strong>in</strong>terthur<br />

Mo – Fr: 8.30 – 20.00 Uhr | Sa: 8.00 – 18.00 Uhr<br />

Vogel Thalia<br />

Marktgasse 41, 8400 W<strong>in</strong>terthur<br />

Mo – Mi + Fr: 9.00 – 18.30 Uhr<br />

Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />

VISP ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

ZAP<br />

Bahnhofstrasse 21, 3930 Visp<br />

Mo – Fr: 9:00 – 12:00 und 13:30 – 18:30 Uhr<br />

Sa: 9:00 – 17:00 Uhr<br />

ZERMATT ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

ZAP<br />

Hofmattstrasse 3, 3920 Zermatt<br />

Mo – Sa: 9:00 – 12:00 Uhr und 14:00 – 18:30 Uhr<br />

Während der Saisonzeit:<br />

Mo – Fr: 9:00 – 12:30 Uhr und 14:00 – 19:00 Uhr<br />

So: 16:00 – 19:00 Uhr<br />

ZÜRICH ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Orell Füssli Kramhof<br />

Füsslistrasse 4, 8001 Zür<strong>ich</strong><br />

Mo – Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr<br />

Orell Füssli Am Bellevue<br />

Theaterstrasse 8, 8001 Zür<strong>ich</strong><br />

Mo – Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr<br />

Orell Füssli The Bookshop<br />

Bahnhofstrasse 70, 8001 Zür<strong>ich</strong><br />

Mo – Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr<br />

Orell Füssli Flughafen<br />

Airport Center, 8060 Zür<strong>ich</strong>–Flughafen<br />

Mo – So: 7.00 – 21.00 Uhr | Sa – So: 8.00 – 21.00 Uhr<br />

Orell Füssli Zür<strong>ich</strong> Hauptbahnhof<br />

Shopville, Halle Landesmuseum, 8001 Zür<strong>ich</strong><br />

Mo – Fr: 7.00 – 21.00 Uhr | Sa: 8.00 – 21.00 Uhr<br />

So: 9.00 – 20.00 Uhr<br />

Orell Füssli Bahnhof Stadelhofen<br />

Stadelhoferstrasse 8, 8001 Zür<strong>ich</strong><br />

Mo – Fr: 8.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 19.00 Uhr<br />

So: 10.00 – 18.00 Uhr<br />

Orell Füssli Im Franz Carl Weber<br />

Bahnhofstrasse 62, 8001 Zür<strong>ich</strong><br />

Mo – Mi: 9.00 – 18.30 Uhr<br />

Do + Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr<br />

www.books.ch<br />

www.buch.ch<br />

www.thalia.ch<br />

www.stauffacher.ch<br />

www.zap.ch<br />

Das erste Mal<br />

Liebe Leser<strong>in</strong><br />

Lieber Leser<br />

Die Tage werden länger, die Sonne sche<strong>in</strong>t wärmer<br />

– die Balz liegt <strong>in</strong> der Luft. Deshalb spürt<br />

Books zart knospenden Gefühlen nach: Die erste<br />

Liebe ist e<strong>in</strong> überwältigendes Naturereignis,<br />

das Autor<strong>in</strong>nen und Autoren <strong>schon</strong> immer gern<br />

schreibend ergründet haben. Dieses Vorhaben<br />

gle<strong>ich</strong>t allerd<strong>in</strong>gs dem Gang über e<strong>in</strong>en schmalen<br />

Grat, bei dem schnell der Absturz <strong>in</strong> Kitsch<br />

und Pathos droht. Ab Seite 20 stellen wir Ihnen<br />

Neuersche<strong>in</strong>ungen vor, welche die Gratwanderung<br />

je auf ihre eigene Art meistern und besondere<br />

Lesevergnügen bieten.<br />

Das erste Mal ist immer unvergessl<strong>ich</strong> – dieser<br />

Satz passt n<strong>ich</strong>t nur zu unserem Frühl<strong>in</strong>gsthema,<br />

sondern auch zu unserem grossen Interview<br />

mit dem jungen Autor Stefan Bachmann. Der<br />

Adliswiler schrieb mit nur gerade 16 <strong>Jahren</strong><br />

se<strong>in</strong>en <strong>in</strong>ternationalen Überraschungserfolg<br />

«Die Seltsamen<strong>»</strong> und sagt heute über se<strong>in</strong><br />

Debüt: «Ich b<strong>in</strong> nach wie vor stolz auf dieses<br />

Buch, aber jetzt würde <strong>ich</strong> s<strong>ich</strong>er vieles ganz<br />

anders <strong>mache</strong>n.<strong>»</strong> Und das hat er auch getan:<br />

Se<strong>in</strong>e Fortsetzung «The Whatnot<strong>»</strong> ist gerade auf<br />

Englisch erschienen.<br />

Ihr M<strong>ich</strong>ele Bomio<br />

CEO Orell Füssli Thalia AG<br />

FRÜHLINGSGEFÜHLE ZWISCHEN<br />

BUCHDECKELN<br />

Er<strong>in</strong>nerungen an die<br />

erste Liebe<br />

Seite 20<br />

NEUE KOCHBÜCHER<br />

Das Auge isst mit<br />

Seite 44<br />

Die nächste Ausgabe von Books, dem Magaz<strong>in</strong> der Orell Füssli<br />

Thalia AG, ersche<strong>in</strong>t am 23. Mai 2014. Sie erhalten Books kostenlos<br />

<strong>in</strong> jeder Filiale. Bestellungen nehmen wir gern entgegen über www.<br />

books.ch, orders@books.ch und Telefon 0848 849 848.<br />

REISEFÜHRER-SPEZIAL<br />

Die neusten Ratgeber<br />

für den Städtetrip<br />

Seite 23<br />

4 Notizen<br />

10 <strong>«Wer</strong> <strong>weiss</strong> <strong>schon</strong>, <strong>was</strong> <strong>ich</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>fünf</strong> <strong>Jahren</strong> <strong>mache</strong>!<strong>»</strong><br />

Interview mit Stefan Bachmann,<br />

Autor des Bestsellers<br />

«Die Seltsamen<strong>»</strong><br />

14 e<strong>in</strong>fach prächtig<br />

Neue Bildbände und Bücher<br />

zum Schmökern<br />

18 Im Schaufenster<br />

«Der Hof<strong>»</strong> von Simon Beckett<br />

32 kaffeepause<br />

Die Books-Debatte<br />

36 Fantastisch!<br />

Fantasy-Neuersche<strong>in</strong>ungen<br />

39 me<strong>in</strong> Buch<br />

40 Held<strong>in</strong>nen des Alltags<br />

Neues aus der K<strong>in</strong>derwelt<br />

43 Grosser Coup<br />

Der Gew<strong>in</strong>ner des Kurzgesch<strong>ich</strong>ten-Wettbewerbs<br />

46 kreuzworträtsel<br />

47 veranstaltungen<br />

48 kolumne<br />

Darum schreibe <strong>ich</strong> – von<br />

Lukas Hartmann<br />

50 märchen reloaded<br />

Ausstellung im Landesmuseum<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Orell Füssli Thalia AG, Dietz<strong>in</strong>gerstrasse 3, Postfach, 8036 Zür<strong>ich</strong><br />

Gesamtherstellung und Redaktion:<br />

Die Blatt<strong>mache</strong>r GmbH, Zür<strong>ich</strong><br />

Gestaltung / LAYOUT: Str<strong>ich</strong>punkt GmbH, W<strong>in</strong>terthur<br />

Coverfoto: Gerry Nitsch<br />

Jetzt Fan werden:<br />

www.facebook.com/OrellFuessli<br />

Preisänderungen vorbehalten. Unsere aktuellen Verkaufspreise<br />

und e<strong>in</strong>e umfassende Auswahl an Büchern, Filmen und Spielen<br />

f<strong>in</strong>den Sie auf www.books.ch.<br />

Alle so gekennze<strong>ich</strong>neten Bücher s<strong>in</strong>d auch als eBook erhältl<strong>ich</strong>.


4 | NOTIZEN Books Nr. 1/2014<br />

NOTIZEN | 5<br />

Notizen<br />

Marius Leutenegger<br />

Auch darüber schreibt Umberto Eco: Das Schlaraffenland – hier gesehen<br />

von Pieter Bruegel d. Ä.<br />

Die Welt ist bis <strong>in</strong> den letzten W<strong>in</strong>kel erforscht und entdeckt<br />

– davon legen auch die vielen Stadtführer e<strong>in</strong> Zeugnis<br />

ab, die wir <strong>in</strong> unserem «Spezial<strong>»</strong> ab Seite 23 vorstellen. Doch<br />

noch immer gibt es Orte, die niemals von e<strong>in</strong>em Menschen<br />

betreten wurden: Orte, die nur <strong>in</strong> unseren Köpfen existieren.<br />

Zwei Neuersche<strong>in</strong>ungen beschäftigen s<strong>ich</strong> auf äusserst attraktive<br />

Weise damit. Da ist e<strong>in</strong>mal «Die Gesch<strong>ich</strong>te der legendären Länder und Städte<strong>»</strong>,<br />

erschienen bei Hanser. Autor Umberto Eco kennen wir ja vor allem als Romancier – von<br />

ihm stammen die Welterfolge «Der Friedhof <strong>in</strong> Prag<strong>»</strong> und «Der Name der Rose<strong>»</strong>. Von<br />

Haus aus ist der Italiener aber Literaturhistoriker und Semiotiker, also Fachmann für Ze<strong>ich</strong>ensysteme.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus ist er e<strong>in</strong> wandelndes Lexikon und e<strong>in</strong> sehr humorvoller<br />

Zeitgenosse. In se<strong>in</strong>em neuen, re<strong>ich</strong> illustrierten Buch geht er jenen Orten nach, die irgendwann<br />

als existent galten und von manchen Leuten sogar gesucht<br />

wurden: das Re<strong>ich</strong> der König<strong>in</strong> von Saba, Atlantis, das Schlaraffenland,<br />

Eldorado und so weiter. Da wir wohl alle irgendwann<br />

vom e<strong>in</strong>en oder anderen dieser N<strong>ich</strong>torte geträumt haben und<br />

gelegentl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong> unstillbares Fernweh <strong>in</strong> uns spüren, macht das<br />

Buch enorm viel Spass – zumal Eco e<strong>in</strong> Wissenschaftler ist, dem<br />

jedes Professorale abgeht. Er erzählt Gesch<strong>ich</strong>ten, n<strong>ich</strong>t Gesch<strong>ich</strong>te,<br />

und nimmt uns mit auf e<strong>in</strong>e Reise <strong>in</strong>s Re<strong>ich</strong> der Fantasie. Noch<br />

et<strong>was</strong> weiter geht <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>s<strong>ich</strong>t der unverwüstl<strong>ich</strong>e Terry<br />

Pratchett. Die meisten se<strong>in</strong>er Scheibenwelt-Romane spielen <strong>in</strong><br />

der kuriosen Stadt Ankh-Morpork, <strong>in</strong> der Menschen, Werwölfe,<br />

Igors, Zwerge und Trolle ke<strong>in</strong>eswegs immer friedl<strong>ich</strong> zusammenleben.<br />

Nun hat Pratchett se<strong>in</strong>e gesammelte Fantasie über die Grossstadt<br />

aufs Papier gebracht: Se<strong>in</strong> bei Manhattan erschienener «Vollsthändiger und unentbehrl<strong>ich</strong>er<br />

Stadtführer von gesammt Ankh-Morpork<strong>»</strong> stellt die Stadt derart detailliert<br />

vor, dass man s<strong>ich</strong> kaum vorstellen kann, warum e<strong>in</strong>er so viel Zeit auf et<strong>was</strong> derart Uns<strong>in</strong>niges<br />

verwendet. Doch gerade dar<strong>in</strong> liegt der Reiz der Sache: Das Buch ist e<strong>in</strong> echter<br />

Reiseführer durch e<strong>in</strong>e Stadt – und damit auch e<strong>in</strong>e sehr üppige Reiseführer-Parodie.<br />

Prachett empfiehlt Hotels und Restaurants, füllt Dutzende von Seiten mit witzigen Anzeigen<br />

von Geschäften oder schlägt Routen für Stadtwanderungen vor. Das Juwel des Buchs<br />

ist e<strong>in</strong>e grosse Karte, auf der man nun wirkl<strong>ich</strong> jede Strasse f<strong>in</strong>det, die je <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Scheibenwelt-Roman<br />

vorkam.<br />

Als das Nobelpreis-<br />

Komitee im letzten<br />

Jahr die Gew<strong>in</strong>ner<strong>in</strong><br />

des Literatur-Nobelpreises<br />

bekannt gab,<br />

wunderte s<strong>ich</strong> ausnahmsweise<br />

niemand:<br />

Die Kanadier<strong>in</strong><br />

Alice Munro gilt <strong>schon</strong><br />

seit Jahrzehnten als e<strong>in</strong>e Meister<strong>in</strong> ihres<br />

Fachs. Und dieses ist die Kurzgesch<strong>ich</strong>te.<br />

Munro beschreibt<br />

unsentimental und h<strong>in</strong>ters<strong>in</strong>nig<br />

meist eher trübe und äusserst<br />

glaubwürdige Gesch<strong>ich</strong>ten<br />

aus dem Alltag e<strong>in</strong>er Frau<br />

mittleren Alters; sie verz<strong>ich</strong>tet<br />

oft auf e<strong>in</strong> klares Ende und bee<strong>in</strong>druckt<br />

durch e<strong>in</strong>e ebenso<br />

m<strong>in</strong>utiöse Beobachtungsgabe wie durch e<strong>in</strong>e<br />

Sprache, die karg und doch e<strong>in</strong>nehmend ist.<br />

Das ist hohe Literatur, die s<strong>ich</strong> auch le<strong>ich</strong>t<br />

lesen lässt. Rund 150 Gesch<strong>ich</strong>ten hat Munro<br />

bislang veröffentl<strong>ich</strong>t. Nun s<strong>in</strong>d wieder 14<br />

neue h<strong>in</strong>zugekommen – erschienen bei<br />

S.Fischer im Band «Liebes Leben<strong>»</strong>. Wie der<br />

Titel dieses 14. Erzählbandes von Munro<br />

sagt, geht es um die Liebe und das Leben<br />

schlechth<strong>in</strong>: um Untreue, den Kitzel des Augenblicks,<br />

e<strong>in</strong> kurzes Ausbrechen aus e<strong>in</strong>em<br />

Alltag, der deprimierenderweise meist n<strong>ich</strong>t<br />

e<strong>in</strong>mal schlecht, sondern nur banal ist. Wer<br />

Munro noch n<strong>ich</strong>t kennt, f<strong>in</strong>det hier e<strong>in</strong>en<br />

idealen E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> e<strong>in</strong> fasz<strong>in</strong>ierendes Werk.<br />

«Meisterwerk im Stil Isabel Allendes<strong>»</strong>, urteilte<br />

e<strong>in</strong> Kritiker über «Mofongo<strong>»</strong>. Der bei<br />

Urachhaus erschienene Familienroman<br />

stammt von der hierzulande noch wenig<br />

bekannten, im englischen Sprachraum<br />

aber längst höchst erfolgre<strong>ich</strong>en Autor<strong>in</strong><br />

Cecilia Samart<strong>in</strong>. Sie ist zwar e<strong>in</strong>e US-<br />

Amerikaner<strong>in</strong>, ihre Wurzeln liegen aber <strong>in</strong><br />

Kuba – daher auch der Vergle<strong>ich</strong> mit dem<br />

late<strong>in</strong>amerikanischen Superstar Allende.<br />

«Mofongo<strong>»</strong> präsentiert e<strong>in</strong>e bunte Palette<br />

attraktiver Figuren: den zehnjährigen Sebastian,<br />

se<strong>in</strong>e 70-jährige Grossmutter<br />

Lola, Sebastians liebevollen Vater, der zum<strong>in</strong>dest<br />

<strong>in</strong> Gedanken untreu wird und<br />

schwer dafür bezahlt, Schwester und<br />

Mutter – e<strong>in</strong>e Familie, die<br />

man <strong>in</strong>s Herz schliesst und<br />

der man gern angehörte,<br />

auch wenn es ihre Mitglieder<br />

mite<strong>in</strong>ander n<strong>ich</strong>t le<strong>ich</strong>t haben.<br />

E<strong>in</strong> herzerwärmendes<br />

Buch für die letzten kalten<br />

Nächte der Saison.<br />

Als Max Frisch im April 1991 starb, verfügte<br />

er e<strong>in</strong>e 20-jährige Sperrfrist über se<strong>in</strong>en<br />

Nachlass. Die betraf auch das «Berl<strong>in</strong>er<br />

Journal<strong>»</strong> – <strong>fünf</strong> R<strong>in</strong>gbücher voller Texte,<br />

die er während se<strong>in</strong>es Aufenthalts <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

von 1973 bis 1980 verfasste. Fast drei<br />

Jahre nach Ablauf der Sperrfrist hat Suhrkamp<br />

das Journal jetzt veröffentl<strong>ich</strong>t. Oder<br />

zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>en Teil davon: Von öffentl<strong>ich</strong>em<br />

Interesse seien<br />

nur die ersten<br />

beiden, gut ausgearbeiteten<br />

R<strong>in</strong>gbücher,<br />

die späteren,<br />

eher skizzenhaften<br />

enthielten vor allem<br />

Texte über Frischs<br />

Privatleben, heisst<br />

es im Nachwort.<br />

Doch auch die veröffentl<strong>ich</strong>ten<br />

Teile s<strong>in</strong>d<br />

von Privatem geprägt. Im Stil se<strong>in</strong>er zwei<br />

früheren und weltberühmten Tagebücher<br />

reflektiert Frisch über Kollegen, Erlebnisse<br />

und aktuelle Ereignisse, da und dort<br />

skizziert er e<strong>in</strong>e literarische Idee. Vor allem<br />

aber geht es ihm um ihn selbst, um<br />

se<strong>in</strong>e Ehe mit der 28 Jahre jüngeren Marianne,<br />

das Älterwerden, die schw<strong>in</strong>dende<br />

schriftstellerische Potenz. Man kann Max<br />

Frisch leider n<strong>ich</strong>t widersprechen, wenn er<br />

später <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief an se<strong>in</strong>en Schriftsteller-Freund<br />

Uwe Johnson über das Journal<br />

schreibt, der Text enthalte «viel Selbstgerechtigkeiten<strong>»</strong>;<br />

zuweilen s<strong>in</strong>d Frischs Narzissmus<br />

und Koketterie nur schwer erträgl<strong>ich</strong>.<br />

Doch der Zürcher bleibt e<strong>in</strong> Titan des<br />

Worts, und viele Stellen gehen e<strong>in</strong>em n<strong>ich</strong>t<br />

mehr aus dem Kopf. E<strong>in</strong> Beispiel? «Gelegentl<strong>ich</strong><br />

wundere <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong>, dass <strong>ich</strong> 62 werde.<br />

Ke<strong>in</strong> körperl<strong>ich</strong>es Gefühl davon, dass es<br />

<strong>in</strong> wenigen <strong>Jahren</strong> zu Ende ist. Wie bei e<strong>in</strong>em<br />

Blick auf die Uhr: So spät ist es <strong>schon</strong>?<strong>»</strong><br />

Leute, die das mögen, mögen auch ...<br />

Sie kennen das: Man hat gehofft, e<strong>in</strong> Buch<br />

g<strong>in</strong>ge nie zu Ende, weil es e<strong>in</strong>em so gefallen<br />

hat – aber irgendwann ist die letzte Seite<br />

dann doch gelesen. Zum Glück kann man<br />

s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> solchen Momenten an Fachleute<br />

wenden, die e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong> Buch mit vergle<strong>ich</strong>baren<br />

Qualitäten empfehlen. E<strong>in</strong>e solche<br />

Fachfrau ist die Berner<strong>in</strong> Cél<strong>in</strong>e Tapis. Nach<br />

der Matura absolvierte die heute 22-Jährige<br />

e<strong>in</strong>e Buchhändlerlehre; mittlerweile arbeitet<br />

sie zu 50 Prozent bei Stauffacher und<br />

studiert an der Universität Bern Germanistik<br />

sowie Interreligiöse Studien. «‹Gute<br />

Geister› von Kathryn Stockett hat viel Begeisterung<br />

ausgelöst – vor allem auch dank<br />

der grossartigen Verfilmung unter dem Orig<strong>in</strong>altitel<br />

‹The Help›. Die Gesch<strong>ich</strong>te spielt<br />

<strong>in</strong> den Südstaaten der USA <strong>in</strong> den 1960er-<br />

<strong>Jahren</strong>. Im Zentrum stehen die beiden<br />

schwarzen Hausangestellten M<strong>in</strong>nie und<br />

Aibileen sowie Skeeter, die Tochter e<strong>in</strong>er<br />

wohlhabenden <strong>weiss</strong>en Familie. Skeeter<br />

will e<strong>in</strong> Buch über die Diskrim<strong>in</strong>ierung der<br />

schwarzen Hausangestellten schreiben –<br />

und M<strong>in</strong>nie und Aibileen unterstützen sie<br />

dabei. In ihrem Debütroman<br />

erzählt Stockett so<br />

warmherzig wie <strong>schon</strong>ungslos<br />

von der Rassentrennung,<br />

von Freundschaft,<br />

Loyalität und den<br />

Schwierigkeiten, se<strong>in</strong>en<br />

eigenen Weg zu gehen.<br />

Im Buch steckt alles, <strong>was</strong><br />

man s<strong>ich</strong> als Leser<strong>in</strong> oder<br />

Leser wünscht: Es ist<br />

sehr unterhaltsam, aber<br />

auch sehr authentisch,<br />

aufrüttelnd und spannend. Zudem ist es gespickt<br />

mit historischen Details, die e<strong>in</strong>em<br />

die Epoche näher br<strong>in</strong>gen.<br />

Ganz ähnl<strong>ich</strong>e Vorzüge hat e<strong>in</strong> anderer Debütroman:<br />

‹Zu zweit tut das Herz nur halb<br />

so weh› von Julie Kibler. Lassen Sie s<strong>ich</strong><br />

vom furchtbaren deutschen Titel n<strong>ich</strong>t abschrecken;<br />

im Orig<strong>in</strong>al heisst das Buch ‹Cal-<br />

l<strong>in</strong>g Me Home›, <strong>was</strong> <strong>ich</strong> viel passender f<strong>in</strong>de.<br />

Der Roman ist gerade als Taschenbuch<br />

erschienen. Er spielt ebenfalls <strong>in</strong> den Südstaaten<br />

der USA, aber <strong>in</strong> den 1930er-<strong>Jahren</strong><br />

und <strong>in</strong> der Gegenwart. Die 90-jährige Isabelle<br />

beauftragt die 40-jährige Coiffeuse<br />

Dorrie, sie durchs ganze Land zu e<strong>in</strong>em<br />

w<strong>ich</strong>tigen Term<strong>in</strong> zu fahren. Auf ihrem<br />

Road Trip erzählen die beiden Frauen e<strong>in</strong>ander<br />

ihre Gesch<strong>ich</strong>te. Isabelle war e<strong>in</strong>st<br />

e<strong>in</strong>e Tochter aus bestem Haus; sie verliebte<br />

s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> den Sohn der schwarzen Hausangestellten<br />

und wurde von ihm schwanger, <strong>was</strong><br />

e<strong>in</strong>en Skandal auslöste. Das K<strong>in</strong>d wurde<br />

Isabelle gle<strong>ich</strong> nach der Geburt weggenommen,<br />

seither ist die Frau eigentl<strong>ich</strong> nie mehr<br />

glückl<strong>ich</strong> geworden. Jetzt spr<strong>ich</strong>t sie erstmals<br />

über ihre Erlebnisse. Aber auch Dorrie<br />

hat ihre Probleme: Sie steht mitten im Leben,<br />

hat e<strong>in</strong>en Sohn und <strong>weiss</strong> n<strong>ich</strong>t, ob sie<br />

mit ihrem neuen Freund zusammenziehen<br />

soll. Dorrie kämpft mit der Gegenwart, Isabelle<br />

mit der Vergangenheit.<br />

Re<strong>in</strong> thematisch s<strong>in</strong>d die beiden Romane<br />

e<strong>in</strong>ander sehr ähnl<strong>ich</strong>: Es geht hier wie dort<br />

um E<strong>in</strong>zelschicksale <strong>in</strong>nerhalb<br />

e<strong>in</strong>er von Rassentrennung<br />

geprägten Gesellschaft.<br />

Frauenfiguren<br />

stehen im Zentrum, und<br />

beide Bücher wenden den<br />

gle<strong>ich</strong>en Kniff an: Die Kapitel<br />

s<strong>in</strong>d jeweils aus S<strong>ich</strong>t<br />

e<strong>in</strong>er Protagonist<strong>in</strong> geschrieben.<br />

Das lässt sie<br />

besonders authentisch<br />

wirken. ‹Zu Zweit tut das<br />

Herz nur halb so weh› ist<br />

e<strong>in</strong>iges kürzer als ‹Gute Geister› und auch<br />

et<strong>was</strong> ruhiger, weil es weniger Nebenfiguren<br />

gibt und die Gesch<strong>ich</strong>te stark auf die<br />

beiden E<strong>in</strong>zelschicksale fokussiert. Aber <strong>ich</strong><br />

b<strong>in</strong> überzeugt: Wem ‹Gute Geister› gefiel,<br />

der wird auch von ‹Zu Zweit tut das Herz<br />

nur halb so weh› begeistert se<strong>in</strong>.<strong>»</strong>


6 | NOTIZEN Books Nr. 1/2014 NOTIZEN | 7<br />

Jahrestage<br />

Am 31. März jährt s<strong>ich</strong> der Todestag von<br />

Christian Morgenstern zum 100. Mal.<br />

Den 1871 <strong>in</strong> München geborenen D<strong>ich</strong>ter<br />

und Schriftsteller kennt man heute vor allem<br />

wegen se<strong>in</strong>er skurril-humoristischen<br />

Ged<strong>ich</strong>te («Es war e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Lattenzaun,<br />

mit Zwischenraum, h<strong>in</strong>durchzuschaun<strong>»</strong>);<br />

doch Morgenstern schuf auch e<strong>in</strong> umfangre<strong>ich</strong>es<br />

ernsthaftes Werk, er war Übersetzer<br />

von Ibsen, Str<strong>in</strong>dberg und Hamsun sowie<br />

e<strong>in</strong> enger Freund und Mitstreiter von<br />

Rudolf Ste<strong>in</strong>er, dem Begründer der Anthroposophie.<br />

Die Zeiten überdauert hat allerd<strong>in</strong>gs<br />

alle<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e lustige Lyrik. Sie bot Morgenstern<br />

vermutl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong> Ventil, denn zu<br />

lachen hatte der Schriftsteller Zeit se<strong>in</strong>es<br />

Lebens nur wenig: Se<strong>in</strong>e Mutter starb früh<br />

an Tuberkulose, und sie hatte ihn zuvor<br />

noch mit ihrer Krankheit angesteckt. E<strong>in</strong>en<br />

grossen Teil se<strong>in</strong>es Lebens verbrachte<br />

Morgenstern deshalb <strong>in</strong> Sanatorien, zum<br />

Beispiel <strong>in</strong> Arosa. Nach dem frühen Tod<br />

Morgensterns brachte Rudolf Ste<strong>in</strong>er dessen<br />

Asche <strong>in</strong>s Goetheanum bei Basel, wo<br />

sie s<strong>ich</strong> bis heute bef<strong>in</strong>det. Da die Rechte<br />

an Morgensterns Werk längst abgelaufen<br />

s<strong>in</strong>d, ersche<strong>in</strong>t es anlässl<strong>ich</strong> des Jahrestags<br />

<strong>in</strong> unzähligen Varianten. Hervorzuheben<br />

s<strong>in</strong>d zwei schön illustrierte Neuauflagen<br />

der «Galgenlieder<strong>»</strong>: Lappan präsentiert<br />

die Ged<strong>ich</strong>te mit kongenialen Illustrationen<br />

von Gerhard Glück, die Edition<br />

Büchergilde setzt auf den bewährten Hans<br />

T<strong>ich</strong>a.<br />

Noch mehr, ja viel mehr Neuersche<strong>in</strong>ungen<br />

wird <strong>in</strong> diesem Jahr e<strong>in</strong> anderes Jubiläum<br />

hervorbr<strong>in</strong>gen: Am 26. April ist es<br />

450 Jahre her, dass William Shakespeare<br />

getauft wurde. Der Geburtstag des Briten<br />

ist unbekannt, wird aber wohl <strong>in</strong> die Woche<br />

vor diesem Datum gefallen se<strong>in</strong>. Mit Superlativen<br />

sollte man<br />

vors<strong>ich</strong>tig umgehen,<br />

<strong>in</strong> diesem Fall<br />

sche<strong>in</strong>t aber e<strong>in</strong>er<br />

angebracht: Shakespeare<br />

ist wohl der<br />

w<strong>ich</strong>tigste Dramatiker<br />

der Theatergesch<strong>ich</strong>te.<br />

Auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

entsprechenden<br />

ARTE-Umfrage belegte<br />

der Brite Rang<br />

e<strong>in</strong>s, vor Schiller, Molière, Brecht, Goethe,<br />

Beckett und dem unverwüstl<strong>ich</strong>en Sophokles.<br />

38 Theaterstücke hat uns Shakespeare<br />

h<strong>in</strong>terlassen, e<strong>in</strong>ige davon gehören zu den<br />

bekanntesten überhaupt.<br />

Reclam hat<br />

<strong>in</strong> «Dramen<strong>»</strong> die<br />

klassischen Übersetzungen<br />

der<br />

Meisterwerke <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

schönen Band<br />

zusammengefasst.<br />

Der Manesse-Verlag<br />

präsentiert <strong>in</strong><br />

«Wie er uns gefällt<strong>»</strong><br />

Ged<strong>ich</strong>te aus<br />

vier Jahrhunderten und über 20 Ländern<br />

über Shakespeare und se<strong>in</strong> Werk – «von<br />

Jonson bis Brecht, von Wordsworth bis Nabokov,<br />

von Baudelaire bis Lorca<strong>»</strong>. Dazu<br />

gibt es natürl<strong>ich</strong> Sekundärliteratur und<br />

Biografien noch und nöcher. Über<br />

Shakespeare bleibt offenbar auch Jahrhunderte<br />

nach se<strong>in</strong>em Ableben immer<br />

wieder Neues zu sagen. Wenn das ke<strong>in</strong><br />

Beweis von Grösse ist.<br />

Zurück zu den Normalsterbl<strong>ich</strong>en, die aber<br />

dennoch <strong>in</strong> ihren Werken weiterleben. E<strong>in</strong><br />

solcher Schriftsteller ist der US-Amerika-<br />

ner Ambrose Bierce. Se<strong>in</strong> wildes Leben<br />

machte den 1842 Geborenen zu e<strong>in</strong>er Art<br />

Hem<strong>in</strong>gway der Vorkriegsjahre: Bierce<br />

war tapferer Soldat im Bürgerkrieg, Landvermesser<br />

<strong>in</strong> Indianer-Territorien, Zeitungskorrespondent<br />

<strong>in</strong> London und am<br />

Ende gar noch Revolutionär. Denn ums<br />

Leben kam er vor 100 <strong>Jahren</strong> an der Seite<br />

des mexikanischen Freiheitskämpfers<br />

Pancho Villa. Was damals genau geschah<br />

– und wann ganz genau –, ist n<strong>ich</strong>t klar. Aus<br />

Briefen von Bierce muss man schliessen,<br />

dass der notorische Menschenfe<strong>in</strong>d und<br />

Zyniker standrechtl<strong>ich</strong> erschossen wurde.<br />

Literarisch ist Bierce bedeutend, weil er<br />

zusammen mit Edgar Allen Poe und H.P.<br />

Lovecraft als Erf<strong>in</strong>der des Horror-Genres<br />

gilt. Se<strong>in</strong>e Gesch<strong>ich</strong>ten s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs eher<br />

drollig als gruslig – denn offenbar konnte<br />

Bierce e<strong>in</strong>fach n<strong>ich</strong>t anders, als ständig<br />

Breitseiten abzufeuern,<br />

<strong>in</strong> Ironie zu<br />

verfallen, e<strong>in</strong>e<br />

Po<strong>in</strong>te an die andere<br />

zu reihen oder<br />

se<strong>in</strong>e eigenen<br />

Schöpfungen zu<br />

verulken. Das alles<br />

macht se<strong>in</strong> Werk<br />

aber sehr vergnügl<strong>ich</strong><br />

und <strong>in</strong>teressant.<br />

Dem Insel-<br />

Verlag kommt das Verdienst zu, jetzt e<strong>in</strong>ige<br />

der besten Erzählungen neu herausgebracht<br />

zu haben: «Horrorgesch<strong>ich</strong>ten<strong>»</strong><br />

enthält elf kle<strong>in</strong>e Literatur-Juwelen.<br />

© SRF/Oscar Alessio<br />

Was lesen Sie gerade?<br />

Bernard Thurnheer, TV-Kommentator beim SRF:<br />

«Der schwedische Autor Jonas Jonasson<br />

wurde bekannt mit der Figur e<strong>in</strong>es Hundertjährigen,<br />

der zwar aus dem Altersheim,<br />

aber fast nie mehr aus den Bestsellerlisten<br />

verschwand. Darf <strong>ich</strong> vorstellen,<br />

se<strong>in</strong>e Nachfolger<strong>in</strong>: ‹Die Analphabet<strong>in</strong>, die<br />

rechnen konnte›.<br />

Wieder hat m<strong>ich</strong> das Lesevergnügen gepackt,<br />

obwohl <strong>schon</strong> bald klar ist, dass Jonasson<br />

mit demselben Trick wie <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Bestseller operiert: E<strong>in</strong> Nobody ist immer<br />

genau da, wo <strong>in</strong> der Weltpolitik Entscheidendes<br />

geschieht. Ja, durch se<strong>in</strong>e Naivität<br />

bee<strong>in</strong>flusst er sie sogar entscheidend. Der<br />

Film ‹Forrest Gump› war wohl der Proto-<br />

<strong>»</strong>Auf höchstem Alpen-Niveau.<br />

E<strong>in</strong> Glück für die deutsche<br />

Unterhaltungsliteratur.«<br />

Deutschlandfunk<br />

typ dieser Art von Gesch<strong>ich</strong>te. Die Analphabet<strong>in</strong><br />

und ihr Tun s<strong>in</strong>d zwar e<strong>in</strong>e pure<br />

Erf<strong>in</strong>dung, doch das Leben auf der Erde<br />

hat s<strong>ich</strong>, wie wir aus der Tagesschau wissen,<br />

genau so abgespielt! Dies macht dann<br />

wieder den Reiz des Buchs aus.<br />

Wird das auf die Dauer n<strong>ich</strong>t langweilig<br />

und voraussehbar? Ne<strong>in</strong>! Der Autor schafft<br />

es näml<strong>ich</strong>, se<strong>in</strong>e le<strong>ich</strong>t verrückten Figuren<br />

– es gibt da noch e<strong>in</strong> paar weitere höchst<br />

dubiose Personen – derart plastisch und<br />

sympathisch darzustellen, dass man ihnen<br />

stets die Daumen drückt und ihnen immer<br />

weiter folgen will. Die Art, wie sie reden<br />

und wie sie die diversen politischen Situationen<br />

auf unserem Erdball von jegl<strong>ich</strong>em<br />

Sachwissen unbelastet locker-flockig beurteilen,<br />

lassen e<strong>in</strong>en andauernd schmunzeln.<br />

Ist Lesen anstrengend? Bei diesem<br />

Buch ganz s<strong>ich</strong>er n<strong>ich</strong>t!<strong>»</strong><br />

Die Analphabet<strong>in</strong>, die<br />

rechnen konnte<br />

Jonas Jonasson<br />

442 Seiten<br />

CHF 29.90<br />

carl’s books<br />

JÖRG MAURER – neue Alpenkrimis<br />

vom -Bestsellerautor!<br />

<strong>»</strong>Große deutsche<br />

Unterhaltungsliteratur:<br />

endl<strong>ich</strong>.« Denis Scheck<br />

ISBN 978-3-651-0063-6, sFr 28,90 (UVP)<br />

Die Passionsgesch<strong>ich</strong>te – also die Erzählung<br />

von Jesus’ H<strong>in</strong>r<strong>ich</strong>tung – gehört zu<br />

unserem Kulturschatz und wurde <strong>schon</strong><br />

<strong>in</strong> unzähligen Varianten aufbereitet.<br />

Colm Tóib<strong>in</strong> hat jetzt e<strong>in</strong>e weitere Version<br />

h<strong>in</strong>zugefügt: Im schmalen, aber<br />

sehr d<strong>ich</strong>ten und bei Hanser<br />

erschienen Band «Marias Testament<strong>»</strong><br />

erzählt der Ire die Gesch<strong>ich</strong>te aus S<strong>ich</strong>t<br />

von Maria. Für sie<br />

ist Jesus n<strong>ich</strong>t der<br />

Sohn Gottes, sondern<br />

ihr eigenes<br />

K<strong>in</strong>d, das sie immer<br />

weniger versteht<br />

und dessen<br />

Tod <strong>in</strong> gewissem<br />

S<strong>in</strong>ne auch ihr<br />

Ende bedeutet. Tóib<strong>in</strong><br />

stellt das Verhältnis von Maria und<br />

Jesus als zwar <strong>in</strong>tensive, letztl<strong>ich</strong> aber<br />

alltägl<strong>ich</strong>e Mutter-Sohn-Beziehung dar –<br />

und das auf e<strong>in</strong>e Weise, die niemand <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>en religiösen Gefühlen verletzt. Maria<br />

steht abseits, stellt s<strong>ich</strong> jene Fragen,<br />

die s<strong>ich</strong> wohl alle e<strong>in</strong>mal gestellt haben –<br />

<strong>in</strong>wiefern soll Jesus, <strong>in</strong>dem er am Kreuz<br />

starb, die Menschheit befreit haben? –<br />

und wehrt s<strong>ich</strong> gegen jegl<strong>ich</strong>e Verklärung<br />

ihres Sohns und ihrer selbst. E<strong>in</strong>e bedenkenswerte<br />

Perspektive, die uns der Autor<br />

des grossartigen Romans «Brooklyn<strong>»</strong><br />

hier eröffnet.<br />

ISBN 978-3-596-19535-0, sFr 16,90 (UVP)<br />

© Gaby Gerster


8 | NOTIZEN Books Nr. 1/2014 NOTIZEN | 9<br />

Neue virtuelle Lesegruppe<br />

auf booksblog.ch<br />

Lesen ist eigentl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>same Angelegenheit<br />

– das muss sie aber n<strong>ich</strong>t bleiben.<br />

Seit jeher tun s<strong>ich</strong> zum Beispiel Bücherfreund<strong>in</strong>nen<br />

und -freunde zu Lesezirkeln<br />

zusammen, um mite<strong>in</strong>ander e<strong>in</strong> Buch zu<br />

entdecken und s<strong>ich</strong> darüber auszutauschen.<br />

Sie motivieren e<strong>in</strong>ander, bis zu e<strong>in</strong>em<br />

vere<strong>in</strong>barten Zeitpunkt e<strong>in</strong>en Teil des<br />

Textes zu lesen oder s<strong>ich</strong> Gedanken zu e<strong>in</strong>em<br />

Aspekt des Buchs zu <strong>mache</strong>n.<br />

Nun gibt es e<strong>in</strong>en solchen Lesekreis auch<br />

virtuell: auf booksblog.ch. Seit 1. März können<br />

s<strong>ich</strong> ihm alle ganz unkompliziert im<br />

Blog der Orell Füssli Thalia AG anschliessen.<br />

Das erste Buch, dem s<strong>ich</strong> der virtuelle<br />

Lesekreis annimmt, ist «Jakobs Ross<strong>»</strong>. Der<br />

vielversprechende Debüt-Roman der Zürcher<br />

Journalist<strong>in</strong> Silvia Tschui ist bei Nagel<br />

& Kimche erschienen. Er erzählt von der<br />

jungen Magd Elsie, die <strong>in</strong> der Schweiz des<br />

19. Jahrhundert von e<strong>in</strong>er Karriere als Musiker<strong>in</strong><br />

träumt und um ihre Selbstbestimmung<br />

kämpft.<br />

«E<strong>in</strong>zige Voraussetzung für die Teilnahme<br />

am Lesekreis ist, dass man das Buch liest –<br />

als eBook oder <strong>in</strong> Papierform<strong>»</strong>, sagt Anne<br />

E<strong>in</strong>e Nacht lang den<br />

Kramhof nur für s<strong>ich</strong><br />

Abteilungsleiter<strong>in</strong> Nathalie Bänn<strong>in</strong>ger, l<strong>in</strong>ks, übergibt<br />

Angela Heller aus Zür<strong>ich</strong> den Büchergutsche<strong>in</strong><br />

über 500 Franken – und natürl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>en Blumenstrauss.<br />

Wieser; die bekannte Zürcher Literaturagent<strong>in</strong><br />

moderiert den Blog. E<strong>in</strong>kl<strong>in</strong>ken<br />

kann man s<strong>ich</strong> ohne Passwort und Registrierung.<br />

Wie aber funktioniert das «geme<strong>in</strong>same<br />

Lesen<strong>»</strong>? «Wir beschäftigen uns acht<br />

Wochen lang mit ‹Jakobs Ross›; <strong>ich</strong> werfe<br />

Themen auf und lanciere die Debatte mit<br />

Fragen. Die Teilnehmenden können selber<br />

Fragen an die Geme<strong>in</strong>schaft r<strong>ich</strong>ten und<br />

über das Buch diskutieren.<strong>»</strong> Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

liefert die Moderator<strong>in</strong> auch Zusatzmaterial<br />

zum Buch. Nach acht Wochen wird<br />

mit e<strong>in</strong>em neuen Titel gestartet.<br />

Letzten Herbst feierte der Kramhof, das<br />

Flaggschiff von Orell Füssli, se<strong>in</strong> 20-jähriges<br />

Bestehen. Wer se<strong>in</strong> liebstes Buch der vergangenen<br />

20 Jahre angab, nahm am Jubiläums-Wettbewerb<br />

teil. Erster Preis: E<strong>in</strong>en<br />

Abend lang von 20 Uhr bis Mitternacht den<br />

Kramhof exklusiv für s<strong>ich</strong> und e<strong>in</strong>e Begleitperson<br />

– sowie e<strong>in</strong> Büchergutsche<strong>in</strong> über<br />

500 Franken. Der attraktive Hauptgew<strong>in</strong>n<br />

wurde Angela Heller aus Zür<strong>ich</strong> zugelost.<br />

Mit der 31-jährigen Primarlehrer<strong>in</strong> hatte<br />

Fortuna die genau r<strong>ich</strong>tige Kund<strong>in</strong> ausgewählt<br />

– denn zum e<strong>in</strong>en ist Angela Heller<br />

e<strong>in</strong>e begeisterte Leser<strong>in</strong>, zum anderen erwartet<br />

sie zusammen mit ihrem Mann Oliver<br />

im Mai das erste K<strong>in</strong>d. Und wenn Bücherfreund<strong>in</strong>nen<br />

K<strong>in</strong>der bekommen,<br />

bauen sie meist die eigene Bibliothek aus.<br />

«Jetzt habe <strong>ich</strong> gerade ‹Tomte und der<br />

Fuchs› von Astrid L<strong>in</strong>dgren ausgewählt<strong>»</strong>,<br />

sagt Angela Heller kurz vor 21 Uhr. Auf ihrem<br />

noch kle<strong>in</strong>en Stapel liegen bereits e<strong>in</strong><br />

andere Bilderbuch und der neue Asterix-<br />

E<strong>in</strong>en bestimmten Leserhythmus muss<br />

man n<strong>ich</strong>t e<strong>in</strong>halten, um s<strong>ich</strong> beteiligen zu<br />

können. «Das Ziel ist aber <strong>schon</strong>, dass man<br />

das Buch geme<strong>in</strong>sam entdeckt<strong>»</strong>, sagt Anne<br />

Wieser. Sie schlägt vor, dass man im Durchschnitt<br />

etwa drei Seiten pro Tag liest. Was ist<br />

denn der Vorteil e<strong>in</strong>es solchen virtuellen Lesezirkels<br />

gegenüber e<strong>in</strong>em klassischen?<br />

«Man kann bequem von daheim aus mit<strong>mache</strong>n<br />

– dann, wann man Zeit hat<strong>»</strong>, sagt<br />

Anne Wieser. Dass die Sache funktioniert,<br />

belegen ähnl<strong>ich</strong>e Angebote im Internet. Von<br />

diesen unterscheidet s<strong>ich</strong> der Booksblog<br />

übrigens h<strong>in</strong>s<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> der Auswahl der Bücher:<br />

Vorderhand werden ausschliessl<strong>ich</strong><br />

Werke von Schweizer Autor<strong>in</strong>nen und Autoren<br />

thematisiert.<br />

Anne Wieser verantwortet übrigens auch<br />

den Facebook-Auftritt der Orell Füssli Thalia<br />

AG. «Tägl<strong>ich</strong> gibt es dort e<strong>in</strong>en neuen<br />

E<strong>in</strong>trag<strong>»</strong>, verspr<strong>ich</strong>t sie. Vorwiegend handelt<br />

es s<strong>ich</strong> dabei um aktuelle Leseempfehlungen;<br />

sie stammen von den Buchhändler<strong>in</strong>nen<br />

und Buchhändlern, aber auch von so<br />

bekannten Schreibenden wie Sunil Mann<br />

oder Katja Alves. Alle Bücherfreund<strong>in</strong>nen<br />

und -freunde sollten jetzt also drei D<strong>in</strong>ge<br />

tun: «Jakobs Ross<strong>»</strong> kaufen, s<strong>ich</strong> am Booksblog<br />

beteiligen – und die Facebook-Seite<br />

von Orell Füssli liken.<br />

Band. Am liebsten liest die Primarlehrer<strong>in</strong><br />

im Moment aber Krimis, «vor allem von<br />

Schweizer Autor<strong>in</strong>nen und Autoren – von<br />

Petra Ivanov, Sunil Mann oder Ernst Solèr.<br />

Mir gefällt es, wenn e<strong>in</strong>e Gesch<strong>ich</strong>te an e<strong>in</strong>em<br />

Ort spielt, den <strong>ich</strong> kenne.<strong>»</strong> Welches<br />

Buch sie beim Jubiläums-Wettbewerb angegeben<br />

hat, <strong>weiss</strong> Angela Heller <strong>in</strong>dessen<br />

n<strong>ich</strong>t mehr genau; e<strong>in</strong> Krimi sei es jedenfalls<br />

n<strong>ich</strong>t gewesen. «Ich glaube, <strong>ich</strong> nannte<br />

e<strong>in</strong>en Roman der Harry-Potter-Reihe.<br />

Oder den historischen Roman ‹Die mit<br />

dem W<strong>in</strong>d reitet›? Den las <strong>ich</strong> unzählige<br />

Male.<strong>»</strong> Dass der Kramhof nur für sie und<br />

ihren Mann vier Abendstunden lang geöffnet<br />

wurde, f<strong>in</strong>det sie «<strong>schon</strong> sehr lässig.<br />

Wenn wir sonst im Kramhof s<strong>in</strong>d, haben<br />

wir nachher meist noch et<strong>was</strong> vor und daher<br />

n<strong>ich</strong>t so viel Zeit. Aber jetzt können wir<br />

uns <strong>in</strong> grösster Ruhe alles anschauen, <strong>was</strong><br />

uns <strong>in</strong>teressiert. Und wir werden mitnehmen,<br />

so viel wir tragen können!<strong>»</strong><br />

© Beowulf Sheehan<br />

... und ausserdem<br />

Alle zwei Jahre quellen die Buchhandlungen<br />

von Fussball-Büchern<br />

über – dann näml<strong>ich</strong>, wenn Europa-<br />

oder Weltmeisterschaften<br />

stattf<strong>in</strong>den. Die besten Titel werden<br />

regelmässig neu aufgelegt,<br />

und daher müssen<br />

wir davon ausgehen,<br />

dass die fussballbegeisterten<br />

Books-Leser<strong>in</strong>nen<br />

und -Leser<br />

die w<strong>ich</strong>tigsten<br />

Bücher zum<br />

Thema bereits<br />

besitzen. Also<br />

zum Beispiel «Manchmal<br />

gew<strong>in</strong>nt der Bessere<strong>»</strong>, Met<strong>in</strong> Tolans<br />

Standardwerk über die Physik<br />

des Fussballspiels, oder<br />

«Fever Pitch<strong>»</strong>, Nick<br />

Hornbys sprühende<br />

Autobiographie e<strong>in</strong>es<br />

Fussball-Besessenen.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

f<strong>in</strong>det man<br />

<strong>in</strong> den Buchhandlungen<br />

aber<br />

auch e<strong>in</strong> weiteres<br />

Tool für alle Freund<strong>in</strong>nen und<br />

Freunde des runden Leders: Das<br />

kle<strong>in</strong>e Tisch-Magnetbrett «GOAL<strong>»</strong>.<br />

GOAL<br />

Magnetbrett mit drei<br />

Magneten<br />

CHF 19.90<br />

Es ist 21 Zentimeter breit und 14<br />

Zentimeter hoch, und mit den drei<br />

mitgelieferten Magneten im Fussball-Design<br />

kann man den aktuellen<br />

Spielplan ebenso befestigen wie<br />

das schönste Pan<strong>in</strong>i-Bildchen –<br />

oder diesen Artikel, falls man<br />

e<strong>in</strong>es der beiden genannten<br />

Fussballbücher doch noch<br />

n<strong>ich</strong>t besitzt und s<strong>ich</strong> dr<strong>in</strong>gend<br />

besorgen muss.<br />

Das neue<br />

MEISTERWERK<br />

von Bestsellerautor<strong>in</strong><br />

Donna Tartt!<br />

Wettbewerbs-<br />

Gew<strong>in</strong>ner<br />

In der letzten Ausgabe von Books verlosten<br />

wir unter den Teilnehmenden unseres<br />

Kreuzworträtsel-Wettbewerbs drei<br />

Büchergutsche<strong>in</strong>e. Gewonnen haben:<br />

1. Preis: Robert Dolder,<br />

9008 St. Gallen<br />

2. Preis: Olga Kesseli,<br />

8038 Zür<strong>ich</strong><br />

3. Preis: Patrick Agost<strong>in</strong>i,<br />

8106 Adlikon<br />

Herzl<strong>ich</strong>e Gratulation!<br />

Das Lösungswort lautete übrigens «Mauerbluemchen<strong>»</strong>.<br />

Die Gew<strong>in</strong>ner<strong>in</strong>nen und<br />

Gew<strong>in</strong>ner der Preise 4 bis 10 werden<br />

schriftl<strong>ich</strong> benachr<strong>ich</strong>tigt. Das aktuelle<br />

Kreuzworträtsel f<strong>in</strong>den Sie <strong>in</strong> dieser Ausgabe<br />

auf Seite 48.<br />

www.goldmann-verlag.de<br />

www.facebook.com/goldmannverlag


10 | Interview Books Nr. 1/2014<br />

Interview | 11<br />

<strong>«Wer</strong> <strong>weiss</strong> <strong>schon</strong>,<br />

<strong>was</strong> <strong>ich</strong> <strong>in</strong> <strong>fünf</strong> <strong>Jahren</strong><br />

<strong>mache</strong>!<strong>»</strong><br />

STEFAN BACHMANN<br />

Stefan Bachmann, 20, kam <strong>in</strong> den USA als<br />

viertes von <strong>fünf</strong> K<strong>in</strong>dern e<strong>in</strong>er US-Amerikaner<strong>in</strong><br />

und e<strong>in</strong>es Schweizers zur Welt.<br />

Als er e<strong>in</strong> Jahr alt war, zog die Familie nach<br />

Adliswil bei Zür<strong>ich</strong>. Stefan Bachmann und<br />

se<strong>in</strong>e Geschwister s<strong>in</strong>d von der Mutter<br />

zu Hause unterr<strong>ich</strong>tet worden. Seit er elf<br />

Jahre alt ist, besucht Stefan Bachmman<br />

das Konservatorium Zür<strong>ich</strong>; mittlerweile<br />

studiert der mehrfache Gew<strong>in</strong>ner des<br />

Suisa-Preises für Komposition die beiden<br />

Fächer Orgel und Komposition.<br />

Mit «The Peculiar<strong>»</strong> erzielte der <strong>in</strong> Adliswil wohnhafte, damals 16-jährige Autor Stefan Bachmann<br />

<strong>in</strong> den USA e<strong>in</strong>en Sensationserfolg. Jetzt ist das Buch auch auf Deutsch erschienen: «Die Seltsamen<strong>»</strong><br />

erzählt vom Zusammenstoss der Feen- und Menschengesellschaft im viktorianischen Zeitalter.<br />

Marius Leutenegger<br />

Books: Sie s<strong>in</strong>d zweisprachig aufgewachsen<br />

und haben Ihren Erstl<strong>in</strong>g «The<br />

Peculiar<strong>»</strong> auf Englisch verfasst. Ab sofort<br />

liegt er auch auf Deutsch vor – als «Die<br />

Seltsamen<strong>»</strong>. Wie ist es denn, die Übersetzung<br />

des eigenen Werks zu lesen?<br />

Stefan Bachmann: Ehrl<strong>ich</strong> gesagt habe<br />

<strong>ich</strong> nur Teile davon gelesen. Die Sache ist<br />

<strong>schon</strong> et<strong>was</strong> eigenartig – das deutsche<br />

Buch wirkt auf m<strong>ich</strong>, als hätte es jemand<br />

anderer verfasst. Natürl<strong>ich</strong> ist der Plot<br />

gle<strong>ich</strong>, aber die Sprache ist ganz anders.<br />

Der englische Wortschatz sche<strong>in</strong>t mir vielfältiger,<br />

manchmal braucht es auf Deutsch<br />

mehrere Wörter, um e<strong>in</strong>en englischen<br />

Begriff zu umschreiben. Das ist eben cool<br />

am Englischen: Wählt man die Wörter gut,<br />

kann man et<strong>was</strong> sehr knapp ausdrücken<br />

– und dennoch entsteht bei den Leser<strong>in</strong>nen<br />

und Lesern sofort e<strong>in</strong> Bild im Kopf.<br />

Aber ehrl<strong>ich</strong> gesagt <strong>weiss</strong> <strong>ich</strong> eigentl<strong>ich</strong> zu<br />

wenig über die deutsche Sprache, um das<br />

alles wirkl<strong>ich</strong> beurteilen zu können.<br />

Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Alter, <strong>in</strong> dem man<br />

schnell Fortschritte macht. Wie schätzen<br />

Sie aus heutiger S<strong>ich</strong>t den Roman «Die<br />

Seltsamen<strong>»</strong> e<strong>in</strong>, den Sie vor drei <strong>Jahren</strong><br />

beendeten?<br />

Ich dachte beim Wiederlesen <strong>schon</strong> e<strong>in</strong><br />

paar Mal: «Oh ne<strong>in</strong>!<strong>»</strong> Diesen Effekt gibt<br />

es ja bei Büchern oft: Man schreibt et<strong>was</strong><br />

und gibt das Beste, aber es ist eben nur<br />

das Beste, das man <strong>in</strong> jenem Moment<br />

geben kann. Mit «Die Seltsamen<strong>»</strong> habe <strong>ich</strong><br />

wohl me<strong>in</strong> damaliges Potenzial ausgeschöpft.<br />

Ich b<strong>in</strong> nach wie vor stolz auf<br />

dieses Buch, aber jetzt würde <strong>ich</strong> s<strong>ich</strong>er<br />

manches anders <strong>mache</strong>n.<br />

Zum Beispiel?<br />

Je älter man wird, desto mehr Leute<br />

kennt man – und desto bessere Charaktere<br />

schreibt man. Mit 16 habe <strong>ich</strong> die<br />

Menschen s<strong>ich</strong>er weniger gut verstanden,<br />

als <strong>ich</strong> das heute tue.<br />

Medienber<strong>ich</strong>ten kann man entnehmen,<br />

dass «Die Seltsamen<strong>»</strong> n<strong>ich</strong>t Ihr erstes<br />

Werk ist – Sie hätten zuvor <strong>schon</strong> vier<br />

Manuskripte verfasst. Werden diese<br />

irgendwann auch veröffentl<strong>ich</strong>t?<br />

Auf ke<strong>in</strong>en Fall. Diese früheren Versuche<br />

habe <strong>ich</strong> nur für die Familie geschrieben,<br />

und sie s<strong>in</strong>d auch zieml<strong>ich</strong> schlecht. Ich<br />

will lieber et<strong>was</strong> Neues veröffentl<strong>ich</strong>en.<br />

Was f<strong>in</strong>den Sie denn eigentl<strong>ich</strong> so toll am<br />

Scheiben?<br />

Die Antwort darauf hängt vom Buch ab,<br />

an dem <strong>ich</strong> gerade arbeite. Vor e<strong>in</strong>er Woche<br />

habe <strong>ich</strong> der Lektor<strong>in</strong> me<strong>in</strong>en dritten<br />

Roman abgegeben. Es ist ganz anders als<br />

die ersten beiden, also als «Die Seltsamen<strong>»</strong><br />

und dessen Fortsetzung «The Whatnot<strong>»</strong>,<br />

die gerade auf Englisch erschienen<br />

ist. Beim dritten Buch habe <strong>ich</strong> besonders<br />

geschätzt, et<strong>was</strong> ganz anderes <strong>mache</strong>n<br />

zu können, m<strong>ich</strong> ausserhalb der Fantasy-<br />

Welt zu bewegen. Bei «Die Seltsamen<strong>»</strong><br />

war für m<strong>ich</strong> h<strong>in</strong>gegen aufregend, e<strong>in</strong>e<br />

eigene Welt und e<strong>in</strong>e eigene Atmosphäre<br />

zu schaffen. Schreibt man e<strong>in</strong> Buch, kann<br />

man mit den Figuren <strong>mache</strong>n, <strong>was</strong> man<br />

will – das fand <strong>ich</strong> <strong>schon</strong> sehr spannend.<br />

Die deutsche Übersetzung Ihres Buchs<br />

ist über 360 Seiten dick. Wie lange arbeitet<br />

man an e<strong>in</strong>em solchen Werk?<br />

«Die Seltsamen<strong>»</strong><br />

368 Seiten<br />

CHF 25.90<br />

Diogenes<br />

England um 1850: E<strong>in</strong> bislang geschlossenes<br />

Portal öffnet s<strong>ich</strong> und Feen strömen <strong>in</strong> die<br />

Welt der Menschen. Es kommt zum Krieg,<br />

den die Menschen gew<strong>in</strong>nen. Die Feen <strong>in</strong>tegrieren<br />

s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> die Gesellschaft, die meisten<br />

von ihnen leben fortan allerd<strong>in</strong>gs unter<br />

missl<strong>ich</strong>en Bed<strong>in</strong>gungen. Besonders schlecht<br />

ergeht es den Fee-Mensch-Mischwesen. Zu<br />

diesen «Seltsamen<strong>»</strong> zählt auch der schüchterne<br />

Bartholomew Kettle, e<strong>in</strong>e der Hauptfiguren<br />

des Buchs. E<strong>in</strong>es Tages kommt e<strong>in</strong>e<br />

geheimnisvolle Frau <strong>in</strong> den Feen-Slum und<br />

nimmt Bartholomews Freund mit, der <strong>schon</strong><br />

bald als Le<strong>ich</strong>e aus der Themse gefischt<br />

wird. Als Bartholomews kle<strong>in</strong>e Schwester<br />

ebenfalls verschw<strong>in</strong>det, macht s<strong>ich</strong> der Junge<br />

auf die Suche nach ihr. Zweite Hauptfigur<br />

der Gesch<strong>ich</strong>te ist der tollpatschige Parlamentsabgeordnete<br />

Mr. Jelliby, der von e<strong>in</strong>er<br />

ganz anderen Seite <strong>in</strong> die gle<strong>ich</strong>e Gesch<strong>ich</strong>te<br />

um entführte K<strong>in</strong>der, böse Feen, ignorante<br />

Menschen, Magie, Technik und die Rettung<br />

der Welt gerät.


Der neue Thriller<br />

www.break<strong>in</strong>gnewsroman.com<br />

© Paul Schmitz; pla<strong>in</strong>picture/fStop; iStockphoto; Shutterstock/Alta Oosthuizen<br />

12 | Interview Books Nr. 1/2014 Interview | 13<br />

An der ersten Fassung schrieb <strong>ich</strong> sechs,<br />

sieben Monate lang. Dann feilte <strong>ich</strong> rund<br />

e<strong>in</strong> Jahr lang am Text. Es verg<strong>in</strong>gen alles<br />

<strong>in</strong> allem wohl zwei Jahre von der ersten<br />

Idee bis zum gedruckten Buch. Wie viel<br />

<strong>ich</strong> tatsächl<strong>ich</strong> schrieb, <strong>weiss</strong> <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t<br />

mehr genau – es ist ja alles <strong>schon</strong> drei<br />

Jahre her. Ich schrieb wohl jeden Tag, aber<br />

ohne Druck. Das hat s<strong>ich</strong> <strong>in</strong>zwischen geändert:<br />

Heute gibt es Verträge und e<strong>in</strong>en Abgabeterm<strong>in</strong>.<br />

Das Bücherschreiben ist jetzt<br />

e<strong>in</strong> Job, den <strong>ich</strong> neben der Schule erledige.<br />

Ich schreibe heute wohl durchschnittl<strong>ich</strong><br />

etwa zwei Stunden pro Tag, wobei <strong>ich</strong> eher<br />

blockweise arbeite; an e<strong>in</strong>em Schultag vielle<strong>ich</strong>t<br />

e<strong>in</strong>e halbe Stunde, am Wochenende<br />

dann viel mehr.<br />

Ist es denn e<strong>in</strong> Vor- oder e<strong>in</strong> Nachteil,<br />

dass Sie neben dem Schreiben noch an<br />

die Musikhochschule gehen?<br />

In erster L<strong>in</strong>ie ist es e<strong>in</strong> Vorteil. Es ist gut<br />

und w<strong>ich</strong>tig für e<strong>in</strong>en Autor, D<strong>in</strong>ge zu<br />

erleben, nach draussen zu gehen und im<br />

Leben zu stehen. Aber es hat natürl<strong>ich</strong><br />

auch Nachteile: Man kommt n<strong>ich</strong>t so<br />

schnell vorwärts.<br />

«Die Seltsamen<strong>»</strong> ist raff<strong>in</strong>iert konstruiert:<br />

Mehrere Stränge s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander<br />

verwoben und werden zu e<strong>in</strong>em dramatischen<br />

Ende zusammengeführt. Plant<br />

man e<strong>in</strong> solches Werk – oder ergibt s<strong>ich</strong><br />

die Struktur bei der Arbeit?<br />

Ich b<strong>in</strong> eigentl<strong>ich</strong> sehr unorganisiert und<br />

schreibe nie nach e<strong>in</strong>em genauen Plan.<br />

Natürl<strong>ich</strong> <strong>mache</strong> <strong>ich</strong> e<strong>in</strong> Gerüst und kenne<br />

von Anfang an das Ende der Gesch<strong>ich</strong>te.<br />

In der Regel schreibe <strong>ich</strong> zunächst e<strong>in</strong>en<br />

kurzen Plot, doch sehr genau ist dieser<br />

n<strong>ich</strong>t – andernfalls wäre mir die folgende<br />

Schreibarbeit auch zu langweilig. Oft entwickeln<br />

s<strong>ich</strong> D<strong>in</strong>ge dann auch ganz anders<br />

als im Gerüst vorgesehen, denn vieles<br />

kommt beim Schreibprozess aus dem<br />

Unterbewussten.<br />

Hand aufs Herz: Wie sehr ist denn Ihr<br />

Erstl<strong>in</strong>g von anderen mitgeprägt worden?<br />

Wie stark wurde lektoriert?<br />

Der Plot von «Die Seltsamen<strong>»</strong> ist noch immer<br />

genau so, wie er <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er ersten Fassung<br />

war. Ich diskutierte mit der Lektor<strong>in</strong><br />

aber viel über die Sprache. Sie beze<strong>ich</strong>nete<br />

zum Beispiel jene Stellen, die sie zu blumig<br />

fand, und <strong>ich</strong> überarbeitete diese. So g<strong>in</strong>g<br />

das h<strong>in</strong> und her. Alle Veränderungen nahm<br />

<strong>ich</strong> selber vor; die Lektor<strong>in</strong> griff n<strong>ich</strong>t e<strong>in</strong>,<br />

sie sagte e<strong>in</strong>fach ihre Me<strong>in</strong>ung, und dafür<br />

war <strong>ich</strong> ihr dankbar. Ich kann und will ja<br />

noch viel lernen, und me<strong>in</strong>e Lektor<strong>in</strong> ist<br />

gut. Sie hatte fast immer Recht mit dem,<br />

<strong>was</strong> sie sagte. Bei me<strong>in</strong>em neuen Buch<br />

arbeiten wir jetzt aber stärker am Plot.<br />

Sie haben «Die Seltsamen<strong>»</strong> zehn Buchagenten<br />

geschickt – und stiessen schnell<br />

auf Interesse. Wie viel hat dieses mit<br />

Ihrem Alter zu tun? Wie w<strong>ich</strong>tig s<strong>in</strong>d<br />

Sensationen heute im Buchmarkt?<br />

Da muss man unterscheiden zwischen den<br />

Agenten, die e<strong>in</strong>en gegenüber den Verlagen<br />

vertreten, und den Verlagen selbst. Für<br />

die Agenten ist das Alter n<strong>ich</strong>t so w<strong>ich</strong>tig,<br />

sie müssen <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>e Gesch<strong>ich</strong>te<br />

verkaufen, und diese muss sitzen. Man<br />

darf ja n<strong>ich</strong>t vergessen, dass es Zehntausende<br />

wie m<strong>ich</strong> gibt, die als Teenager<br />

e<strong>in</strong> Buch schreiben und veröffentl<strong>ich</strong>en<br />

wollen. Nur weil man jung ist, wird man<br />

n<strong>ich</strong>t gedruckt; <strong>ich</strong> selber erhielt ja auch<br />

acht Ablehnungen. Für die Verlage ist e<strong>in</strong><br />

junger Autor aber <strong>schon</strong> <strong>in</strong>teressant – me<strong>in</strong><br />

Alter ist s<strong>ich</strong>er et<strong>was</strong>, das viele aussergewöhnl<strong>ich</strong><br />

f<strong>in</strong>den.<br />

Christopher Paol<strong>in</strong>i war 15 Jahre alt, als<br />

er se<strong>in</strong>en Fantasy-Bestseller «Eragon<strong>»</strong><br />

schrieb. Hat se<strong>in</strong> Erfolg Ihnen Türen<br />

geöffnet?<br />

Für m<strong>ich</strong> war Paol<strong>in</strong>i zunächst e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e<br />

w<strong>ich</strong>tige Inspiration, se<strong>in</strong> Erfolg ermunterte<br />

m<strong>ich</strong>, es selber zu versuchen. Und s<strong>ich</strong>er<br />

hat Paol<strong>in</strong>i wesentl<strong>ich</strong> dazu beigetragen,<br />

dass die Verlage jugendl<strong>ich</strong>en Autoren<br />

e<strong>in</strong>en Erfolg zutrauen. Er ist für m<strong>ich</strong> also<br />

fraglos w<strong>ich</strong>tig. Darüber h<strong>in</strong>aus ist er auch<br />

sehr nett; <strong>ich</strong> habe ihn kennengelernt, und<br />

wir skypen jetzt regelmässig mite<strong>in</strong>ander.<br />

Wissen Sie eigentl<strong>ich</strong>, wie erfolgre<strong>ich</strong><br />

«Die Seltsamen<strong>»</strong> bis jetzt war – wie oft<br />

das Buch übersetzt wurde und welche<br />

Gesamtauflage es erzielte?<br />

Ich <strong>weiss</strong>, dass es <strong>in</strong> neun oder zehn Sprachen<br />

übersetzt wurde, habe aber ke<strong>in</strong>e Ahnung,<br />

wie oft es s<strong>ich</strong> verkaufte. Es werden<br />

Hunderttausende von Exemplaren se<strong>in</strong>.<br />

Das hat auch f<strong>in</strong>anzielle Folgen: Müssen<br />

Sie überhaupt jemals wieder arbeiten,<br />

oder können Sie jetzt e<strong>in</strong> Leben lang von<br />

«Die Seltsamen<strong>»</strong> zehren?<br />

Na, da muss <strong>schon</strong> noch et<strong>was</strong> kommen.<br />

Me<strong>in</strong>e Situation ist aber s<strong>ich</strong>er komfortabel.<br />

Noch mehr Geld käme <strong>in</strong> Ihre Kasse,<br />

wenn das Buch verfilmt würde. Man<br />

konnte lesen, es gäbe entsprechende<br />

Pläne. Wissen Sie Genaueres?<br />

Es wird immer viel geredet, et<strong>was</strong> Konkretes<br />

hat s<strong>ich</strong> bis jetzt aber n<strong>ich</strong>t ergeben.<br />

Ich <strong>weiss</strong> immerh<strong>in</strong>, dass das Buch von<br />

Produzenten gelesen wird.<br />

Aufwändig wäre die Verfilmung auf<br />

jeden Fall. «Die Seltsamen<strong>»</strong> gehört zur<br />

Gattung des Steampunk: Die Gesch<strong>ich</strong>te<br />

spielt im viktorianischen England,<br />

enthält aber futuristische und fantastische<br />

Elemente. Der Steampunk hat<br />

se<strong>in</strong>e Wurzeln <strong>in</strong> den Romanen von Jules<br />

Verne oder H.G. Wells und ist heute<br />

äusserst beliebt. Was fasz<strong>in</strong>iert Sie am<br />

viktorianischen Zeitalter?<br />

Oft <strong>in</strong>teressiert man s<strong>ich</strong> ja für Sachen,<br />

denen man als K<strong>in</strong>d begegnet ist. E<strong>in</strong>e<br />

w<strong>ich</strong>tige Inspirationsquelle war für<br />

m<strong>ich</strong> der Disney-Film «Basil, der grosse<br />

Mäusedetektiv<strong>»</strong>. Diesen Trickfilm, der im<br />

viktorianischen Zeitalter spielt, habe <strong>ich</strong><br />

als K<strong>in</strong>d geliebt, <strong>ich</strong> fand ihn sehr dunkel,<br />

sehr dramatisch, sehr attraktiv. Seither<br />

liebe <strong>ich</strong> die viktorianische Epoche. Das<br />

war ja auch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Zeit, <strong>in</strong> der<br />

s<strong>ich</strong> die Technik und die Gesellschaft stark<br />

veränderten. Mittlerweile <strong>in</strong>teressiere <strong>ich</strong><br />

m<strong>ich</strong> aber e<strong>in</strong> bisschen weniger dafür. Ich<br />

habe das Gefühl, wenn <strong>ich</strong> über e<strong>in</strong>e Sache<br />

e<strong>in</strong> Buch geschrieben habe, wird sie gewissermassen<br />

aus me<strong>in</strong>em System genommen<br />

– und das schafft Platz für Neues.<br />

Auch die Autoren, die Sie gern lesen,<br />

wirkten im 19. Jahrhundert: Charles<br />

Dickens oder Dostojewski. Es heisst, Sie<br />

hätten deren Werke <strong>schon</strong> als K<strong>in</strong>d gelesen.<br />

Stimmt das wirkl<strong>ich</strong>?<br />

Ja, «Schuld und Sühne<strong>»</strong> von Dostojewski<br />

las <strong>ich</strong> erstmals mit elf <strong>Jahren</strong>. Ich fand das<br />

Buch sehr brutal und war schockiert, dass<br />

der Mörder für se<strong>in</strong> Verbrechen zunächst<br />

n<strong>ich</strong>t bezahlen muss. Bis anh<strong>in</strong> hatte <strong>ich</strong><br />

nur K<strong>in</strong>derbücher gelesen, und dort gibt es<br />

so et<strong>was</strong> ja n<strong>ich</strong>t. Ich denke, <strong>ich</strong> verstand<br />

zwar die Gesch<strong>ich</strong>te, aber n<strong>ich</strong>t den Subtext.<br />

Doch auch als K<strong>in</strong>d merkt man, wie<br />

gut Dostojewski schrieb und welch starke<br />

Charaktere er kreierte. Später las <strong>ich</strong> das<br />

Buch wieder und war natürl<strong>ich</strong> weniger<br />

schockiert.<br />

Sie beschreiben <strong>in</strong> «Die Seltsamen<strong>»</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Zeit, <strong>in</strong> der die Feen <strong>in</strong> unsere Welt gekommen<br />

und von den Menschen besiegt<br />

worden s<strong>in</strong>d. Gab es logische Knacknüsse<br />

zu bewältigen? Ich hatte zum Beispiel<br />

eher Mühe zu akzeptieren, dass die<br />

Feen den «Heiteren Krieg<strong>»</strong> gegen die<br />

Menschen verlieren – sie können doch<br />

zaubern!<br />

Ja, aber <strong>ich</strong> gebe als Grund für ihre<br />

Niederlage an, dass die Menschen mechanisiert<br />

und ihnen deshalb überlegen<br />

s<strong>in</strong>d. Wären die Feen 100 Jahre früher<br />

gekommen, hätten sie wohl den «Heiteren<br />

Krieg<strong>»</strong> gewonnen. Logische Knacknüsse<br />

ergeben s<strong>ich</strong> bei Fantasy-Büchern kaum,<br />

weil man ja selber alle Regeln aufstellen<br />

kann. Schwierig fand <strong>ich</strong> eher, die Stränge<br />

zusammenzubr<strong>in</strong>gen. Und kompliziert war<br />

auch, dass die e<strong>in</strong>en Figuren et<strong>was</strong> wissen,<br />

<strong>was</strong> andere n<strong>ich</strong>t wissen – die Leser<strong>in</strong>nen<br />

und Leser zugunsten der Spannung aber<br />

auch n<strong>ich</strong>t alles wissen dürfen.<br />

Dass «Die Seltsamen<strong>»</strong> e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>derbuch<br />

für Buben und Mädchen ab zwölf <strong>Jahren</strong><br />

ist, erfuhr <strong>ich</strong> erst, nachdem <strong>ich</strong> den<br />

Roman gelesen hatte. Er ersche<strong>in</strong>t mir<br />

für e<strong>in</strong>e solche Zielgruppe zieml<strong>ich</strong> komplex,<br />

auch sprachl<strong>ich</strong>, und <strong>ich</strong> f<strong>in</strong>de ihn<br />

stellenweise auch et<strong>was</strong> heftig.<br />

Der Roman ist tatsächl<strong>ich</strong> recht dunkel für<br />

K<strong>in</strong>der. Ich <strong>weiss</strong> n<strong>ich</strong>t, wie die hiesigen<br />

Verhältnisse s<strong>in</strong>d, <strong>was</strong> K<strong>in</strong>der gern lesen<br />

– da herrschen ja von Land zu Land et<strong>was</strong><br />

andere Verhältnisse. Aber brutal ist das<br />

Buch n<strong>ich</strong>t, oder?<br />

Ne<strong>in</strong>.<br />

Ich f<strong>in</strong>de, es entspr<strong>ich</strong>t h<strong>in</strong>s<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> Spannung<br />

und Effekte etwa e<strong>in</strong>em Grimm-Märchen.<br />

K<strong>in</strong>der merken <strong>schon</strong>, dass das alles<br />

n<strong>ich</strong>t im wirkl<strong>ich</strong>en Leben spielt.<br />

Aber e<strong>in</strong> wenig hochbegabt sollte man<br />

wohl se<strong>in</strong>, wenn man dieses Buch mit<br />

zwölf <strong>Jahren</strong> lesen will ...<br />

Ich f<strong>in</strong>de n<strong>ich</strong>t. «Die Seltsamen<strong>»</strong> ist vielle<strong>ich</strong>t<br />

n<strong>ich</strong>t unbed<strong>in</strong>gt für K<strong>in</strong>der geeignet,<br />

die vorher noch nie e<strong>in</strong> Buch gelesen<br />

haben. Aber <strong>ich</strong> kenne den hiesigen Markt<br />

n<strong>ich</strong>t so genau.<br />

Apropos hiesiger Markt: Erstaunl<strong>ich</strong><br />

ist, dass das Buch im Diogenes-Verlag<br />

ersche<strong>in</strong>t – der bis jetzt kaum Fantasy-<br />

Werke veröffentl<strong>ich</strong>te.<br />

Ich habe gehört, «Die Seltsamen<strong>»</strong> sei sogar<br />

der erste zeitgenössische Fantasy-Roman,<br />

der von Diogenes verlegt werde. Ich fühle<br />

m<strong>ich</strong> sehr geehrt, dass e<strong>in</strong> so renommierter<br />

Verlag die deutschen Rechte an me<strong>in</strong>em<br />

Buch gekauft hat.<br />

Die Fortsetzung von «Die Seltsamen<strong>»</strong>,<br />

«The Whatnot<strong>»</strong>, ist bereits auf Englisch<br />

erschienen. Um noch e<strong>in</strong>mal auf die<br />

Frage nach Ihren Fortschritten zurückzukommen:<br />

S<strong>in</strong>d die beiden Teile der<br />

Gesch<strong>ich</strong>te noch aus e<strong>in</strong>em Guss?<br />

Ich glaube, der zweite Band liest s<strong>ich</strong><br />

et<strong>was</strong> anders als der erste. Ich hoffe, er<br />

ist glatter, eleganter. Beim Schreiben des<br />

zweiten Bands hatte <strong>ich</strong> das Gefühl, alles<br />

gehe e<strong>in</strong>facher, der Plot laufe gerader. Ich<br />

f<strong>in</strong>de dennoch, dass man die beiden gut<br />

nache<strong>in</strong>ander lesen kann. Es gibt formale<br />

Unterschiede – aber es gibt auch e<strong>in</strong>en Zeitsprung<br />

<strong>in</strong> der Gesch<strong>ich</strong>te, die Landschaft<br />

wechselt, es kommen neue Figuren h<strong>in</strong>zu.<br />

Mit der Fortsetzung «The Whatnot<strong>»</strong>, die<br />

bei uns im Herbst ersche<strong>in</strong>en wird, ist<br />

die Gesch<strong>ich</strong>te abgeschlossen. Sie haben<br />

erwähnt, Sie hätten bereits das dritte<br />

Buch beendet. Wie geht es mit Ihrer<br />

Schriftstellerei weiter?<br />

Jetzt feile <strong>ich</strong> erst e<strong>in</strong>mal am dritten Buch.<br />

Das vierte beg<strong>in</strong>ne <strong>ich</strong> wohl <strong>in</strong> den Sommerferien<br />

– da steht erst der Plot.<br />

Sie s<strong>in</strong>d Musiker und Schriftsteller. Bleiben<br />

Sie beides?<br />

Wer <strong>weiss</strong> <strong>schon</strong>, <strong>was</strong> <strong>ich</strong> <strong>in</strong> <strong>fünf</strong> <strong>Jahren</strong><br />

<strong>mache</strong>! Ich hoffe, dass <strong>ich</strong> e<strong>in</strong>en Weg f<strong>in</strong>de,<br />

immer das tun zu können, <strong>was</strong> <strong>ich</strong> wirkl<strong>ich</strong><br />

tun will. Blöd ist natürl<strong>ich</strong>, dass <strong>ich</strong> jetzt<br />

überall zugle<strong>ich</strong> gefordert werde – denn<br />

die Musiker-Ausbildung ist ja ebenfalls<br />

anspruchsvoll. Aber auch alle me<strong>in</strong>e Kolleg<strong>in</strong>nen<br />

und Kollegen haben Stress, me<strong>in</strong>e<br />

Situation ist also n<strong>ich</strong>t speziell.<br />

Zum Schluss noch e<strong>in</strong>e Frage, die e<strong>in</strong>fach<br />

kommen muss: Die e<strong>in</strong>e Hauptfigur ihres<br />

Buchs, Bartholomew, darf das Haus nie<br />

verlassen und ist e<strong>in</strong> geächteter Mensch-<br />

Fee-Mischl<strong>in</strong>g. Ist es über<strong>in</strong>terpretiert,<br />

wenn man da Parallelen zu Ihnen zieht?<br />

Sie s<strong>in</strong>d wie Ihre Geschwister daheim<br />

von Ihrer Mutter unterr<strong>ich</strong>tet worden<br />

und g<strong>in</strong>gen n<strong>ich</strong>t <strong>in</strong> die öffentl<strong>ich</strong>e Schule.<br />

Und Sie s<strong>in</strong>d halb US-Amerikaner,<br />

halb Schweizer ...<br />

Ich b<strong>in</strong> n<strong>ich</strong>t Bartholomew. Ich war nie elf<br />

Jahre lang im Obergeschoss e<strong>in</strong>gesperrt.<br />

Und me<strong>in</strong>e Eltern s<strong>in</strong>d sehr nett.<br />

Die Mutter von Bartholomew ist ebenfalls<br />

nett.<br />

Die Leute me<strong>in</strong>en immer, man sei so<br />

wie se<strong>in</strong>e Figuren. Natürl<strong>ich</strong> haben alle<br />

Figuren irgendwie mit mir zu tun. Aber<br />

<strong>ich</strong> denke, <strong>ich</strong> b<strong>in</strong> eher wie die zweite<br />

Hauptfigur, Mr. Jelliby. Er ist e<strong>in</strong> Tollpatsch<br />

und stolpert durch die Gesch<strong>ich</strong>te. Er steht<br />

wie Bartholomew neben der Masse. Mit<br />

dem Buch wollte <strong>ich</strong> zeigen, dass die Leute<br />

zwischen den grossen Fraktionen die wahren<br />

Helden s<strong>in</strong>d – und n<strong>ich</strong>t jene, die s<strong>ich</strong><br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Schublade drängen lassen. Man<br />

muss aus der Schublade herausschauen,<br />

um zu sehen, wie die Welt ist. Was d<strong>ich</strong><br />

seltsam macht, ist ja oft auch das, <strong>was</strong> d<strong>ich</strong><br />

<strong>in</strong>teressant macht. Ich sehe <strong>schon</strong>, dass die<br />

meisten Menschen irgendwo dazugehören<br />

wollen, und dafür habe <strong>ich</strong> auch viel Verständnis<br />

– aber <strong>ich</strong> f<strong>in</strong>de, man sollte s<strong>ich</strong><br />

nie überanpassen.


14 | SCHÖNE BÜCHER Books Nr. 1/2014 SCHÖNE BÜCHER | 15<br />

E<strong>in</strong>fach prächtig<br />

Schöne Bildbände s<strong>in</strong>d ideale, da lange nachwirkende Geschenke – die man s<strong>ich</strong> natürl<strong>ich</strong> auch<br />

selber <strong>mache</strong>n kann. E<strong>in</strong>e besonders grosse Auswahl f<strong>in</strong>det man <strong>in</strong> der Abteilung für Kunst-,<br />

Architektur-, Design- und Fotobücher der Orell-Füssli-Filiale Kramhof <strong>in</strong> Zür<strong>ich</strong>. Abteilungsleiter<strong>in</strong><br />

Mirjam Kühnis hat für Books e<strong>in</strong>ige besonders bee<strong>in</strong>druckende Neuersche<strong>in</strong>ungen ausgewählt.<br />

Rückzugsorte, die e<strong>in</strong>en träumen lassen –<br />

präsentiert im Bildband «Hideaways<strong>»</strong>.<br />

© Knesebeck:<br />

Marius Leutenegger<br />

«Bei Knesebeck s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> letzter Zeit immer<br />

wieder attraktive Bildbände erschienen,<br />

die uns lustige, romantische, wilde oder anziehende<br />

Rückzugsorte zeigen: ‹Me<strong>in</strong> wundervoller<br />

Wohnwagen› zum Beispiel oder<br />

‹Me<strong>in</strong> cooler Caravan›. In diesen Büchern<br />

blättert man gern, weil sie e<strong>in</strong>en zum Träumen<br />

br<strong>in</strong>gen – denn wie schön wäre es,<br />

selber so et<strong>was</strong> zu besitzen! Ähnl<strong>ich</strong>e Gedanken<br />

g<strong>in</strong>gen mir auch durch den Kopf,<br />

als <strong>ich</strong> den neuesten Bildband von Knesebeck<br />

<strong>in</strong> den Händen hielt: ‹Hideaways› von<br />

V<strong>in</strong>ny Lee. Das Buch zeigt e<strong>in</strong>e riesige Vielfalt<br />

kle<strong>in</strong>er Rückzugsorte, die zumeist mitten<br />

<strong>in</strong> der Natur liegen: klassische Blockhütten<br />

<strong>in</strong> Colorado, e<strong>in</strong>e herzige rustikale<br />

Ste<strong>in</strong>hütte <strong>in</strong> Schottland, Baumhütten oder<br />

Schiffe, auf denen man se<strong>in</strong>e Ferien verbr<strong>in</strong>gen<br />

möchte, e<strong>in</strong>e Höhlenwohnung auf<br />

den Äolischen Inseln, e<strong>in</strong> umgebauter Silo<br />

und so weiter. All diese Verstecke spiegeln<br />

den Traum vom e<strong>in</strong>fachen Leben <strong>in</strong> der Natur<br />

und wecken Aussteiger-Sehnsüchte.<br />

Das Buch bietet aber n<strong>ich</strong>t alle<strong>in</strong> schöne<br />

Bilder zum Schwelgen, sondern auch viele<br />

praktische Informationen: Wie kocht man<br />

auf kle<strong>in</strong>em Raum? Wie hält man Ordnung,<br />

wenn man kaum Platz hat? Wie beleuchtet<br />

man e<strong>in</strong>en besonderen Rückzugsort optimal?<br />

Solche Fragen beantwortet die Autor<strong>in</strong><br />

oft kreativ und überraschend.<br />

Voller Kreativität ist auch die nächste<br />

Neuersche<strong>in</strong>ung, die <strong>ich</strong> empfehle: ‹Anziehungskraft›<br />

von Guido Maria Kretschmer.<br />

Der deutsche Modedesigner Kretschmer<br />

gehört zu den erfolgre<strong>ich</strong>sten se<strong>in</strong>er<br />

Zunft und arbeitet auch als Kostümbildner<br />

für Oper, Theater und Film. Bekannt machte<br />

ihn vor allem die Styl<strong>in</strong>g-Doku ‹Shopp<strong>in</strong>g<br />

Queen› auf Vox, <strong>in</strong> der Kretschmer das<br />

Outfit der Teilnehmer<strong>in</strong>nen po<strong>in</strong>tiert beurteilt.<br />

In se<strong>in</strong>em Buch beschreibt er 10 typische<br />

Figurformen – und er zeigt auf, wie<br />

man bei jeder Form Schwächen kaschieren<br />

und Stärken betonen kann. Es handelt s<strong>ich</strong><br />

bei diesem Werk aber um ke<strong>in</strong> eigentl<strong>ich</strong>es<br />

Bilderbuch; Kretschmer <strong>in</strong>formiert vorwiegend<br />

mit witzigen Texten voller Anekdoten.<br />

In allgeme<strong>in</strong>en Kapiteln geht er zum Beispiel<br />

auch den Fragen nach, wie frau im<br />

Kleiderschrank Ordnung hält oder wie e<strong>in</strong><br />

Modetrend überhaupt entsteht. Das Buch<br />

macht wirkl<strong>ich</strong> Spass – und s<strong>ich</strong>er n<strong>ich</strong>t<br />

nur Frauen.<br />

Me<strong>in</strong>e nächste Empfehlung ist riesig: ‹Hieronymus<br />

Bosch. Das vollständige Werk›<br />

von Stefan Fischer. Der niederländische<br />

Maler Hieronymus Bosch schuf zur Zeit der<br />

Renaissance Bilder, die bis heute rätselhaft<br />

geblieben s<strong>in</strong>d. Sie stecken voller Symbole,<br />

Dämonen und Fabelwesen, s<strong>in</strong>d meist so<br />

fasz<strong>in</strong>ierend wie erschreckend. Manche<br />

der Holztafeln von Bosch könnte man als<br />

Wimmelbilder beze<strong>ich</strong>nen, denn sie quellen<br />

geradezu von Figuren und Details<br />

über – etwa das berühmte Triptychon ‹Garten<br />

der Lüste›. Gerade solchen Bildern wird<br />

das Buch ganz besonders gerecht, denn es<br />

zeigt viele Details <strong>in</strong> Vergrösserungen; oft<br />

lassen s<strong>ich</strong> Seiten ausklappen, e<strong>in</strong>mal ist<br />

e<strong>in</strong>e Abbildung rund e<strong>in</strong> Meter gross.<br />

Ausstattung und Qualität des Buchs<br />

s<strong>in</strong>d hervorragend, die gestochen<br />

scharfen Bilder leuchten <strong>in</strong> satten<br />

Farben. Man spürt förml<strong>ich</strong> das<br />

Holz, auf das die Bilder gemalt<br />

wurden. Hat man das Buch<br />

aufgeschlagen, kann man<br />

kaum mehr aufhören, die Details<br />

und eigenartigen Wesen,<br />

die Bosch erfunden hat, zu<br />

studieren. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

bieten die klugen Texte<br />

e<strong>in</strong>e spannende E<strong>in</strong>führung<br />

<strong>in</strong>s Werk des Malers.<br />

Ich b<strong>in</strong> überzeugt,<br />

dass es viele<br />

Leute gibt, denen<br />

dieses Buch gefallen<br />

wird – weil es dank der<br />

tollen Aufmachung auch<br />

sehr modern wirkt.<br />

Wer es auch bei der Kunst et<strong>was</strong><br />

moderner bevorzugt, ist<br />

mit ‹Illustration – 100 Wege, e<strong>in</strong>en<br />

Vogel zu malen› von Felix<br />

Sche<strong>in</strong>berger gut bedient. In über<br />

100 kurzen Kapiteln erfährt man nun<br />

wirkl<strong>ich</strong> fast alles zum Thema Illustra-<br />

Oben: «Der Heuwagen<strong>»</strong> – abgebildet <strong>in</strong><br />

«Hieronymus Bosch. Das vollständige<br />

Werk<strong>»</strong>. © Museo Nacional del Prado<br />

L<strong>in</strong>ks: Guido Maria Kretschmer <strong>weiss</strong> <strong>in</strong><br />

«Anziehungskraft<strong>»</strong> Rat für jeden Figurentyp.<br />

© Guido Maria Kretschmer<br />

Unten: «Der heilige Antonius wird von Teufeln<br />

angeklagt<strong>»</strong> – Detailabbildung <strong>in</strong> «Hieronymus<br />

Bosch. Das vollständige Werk<strong>»</strong>.<br />

© Museu Nacional de Arte Antiga


16 | SCHÖNE BÜCHER Books Nr. 1/2014 SCHÖNE BÜCHER | 17<br />

© Hermann Schmidt<br />

Mirjam Kühnis, 37, leitet die Architektur-,<br />

Grafik-, Design- und Kunstbuch-Abteilung<br />

<strong>in</strong> der Orell-Füssli-Filiale Kramhof<br />

Zür<strong>ich</strong>. Neben klassischen Bildbänden<br />

bietet die Abteilung auch viele orig<strong>in</strong>elle<br />

Neuersche<strong>in</strong>ungen zu sämtl<strong>ich</strong>en Themen<br />

rund um Mode, Innene<strong>in</strong>r<strong>ich</strong>tung, Fotografie<br />

und Style – sowie unzählige Bücher, die<br />

s<strong>ich</strong> zum Schenken eignen.<br />

Es gibt 100 Wege, e<strong>in</strong>en Vogel zu malen –<br />

«Illustration<strong>»</strong> zeigt sie alle.<br />

Hideaways<br />

V<strong>in</strong>ny Lee<br />

208 Seiten<br />

CHF 44.90<br />

Knesebeck<br />

Anziehungskraft –<br />

Sonderausgabe<br />

Guido Maria<br />

Kretschmer<br />

237 Seiten<br />

CHF 27.90<br />

Edel<br />

tion: Was gibt es eigentl<strong>ich</strong> für Ausdrucksformen?<br />

Wie wird man Illustrator? Und wie<br />

überlebt man <strong>in</strong> diesem Beruf? Die vielfältigen<br />

Techniken und ihre Erfolgsgeheimnisse<br />

werden stets anhand von Vogel-<br />

Illustrationen gezeigt: L<strong>in</strong>olschnitt, Schabkarton,<br />

Radierung und so weiter. Dieses<br />

Buch ist e<strong>in</strong>e Ermutigung für alle Kreativen,<br />

ihren eigenen Weg zu gehen. Es eignet<br />

s<strong>ich</strong> für alle, die selber illustrieren oder mit<br />

dem Gedanken spielen, die Illustration zum<br />

Beruf zu <strong>mache</strong>n. Aber auch <strong>ich</strong>, die ke<strong>in</strong>e<br />

solchen Abs<strong>ich</strong>ten hegt, hatte viel Vergnügen<br />

beim Blättern im Buch: Die Vielfalt der<br />

Techniken ist bee<strong>in</strong>druckend, und <strong>ich</strong><br />

konnte viel über die Mögl<strong>ich</strong>keiten lernen,<br />

wie s<strong>ich</strong> et<strong>was</strong> darstellen lässt. Ganz besonders<br />

gefällt mir auch die Ausstattung des<br />

Buchs: Dank se<strong>in</strong>es dicken Le<strong>in</strong>enrückens<br />

fühlt es s<strong>ich</strong> toll an, es wirkt be<strong>in</strong>ahe wie e<strong>in</strong><br />

handgefertigtes Exemplar von e<strong>in</strong>em Buchb<strong>in</strong>der.<br />

Wem dieses schöne Buch Lust gemacht hat<br />

auf noch mehr Illustrationen, dem sei e<strong>in</strong>e<br />

prächtige neue Sammlung nahe gelegt:<br />

‹100 Illustrators›, zwei dicke, grossforma-<br />

tige Bände im Schuber. Mitherausgeber<br />

Steven Heller war 33 Jahre lang Art Director<br />

der New York Times. Zusammen mit<br />

Gestalter und Buchautor Julius Wiedemann<br />

hat er 100 prägende zeitgenössische<br />

Illustrator<strong>in</strong>nen und Illustratoren aus der<br />

ganzen Welt ausgewählt, darunter auch<br />

den Zürcher Andreas Gefe. Sie und ihr<br />

Werk werden jeweils auf mehreren Seiten<br />

vorgestellt. Ich b<strong>in</strong> mit der Illustratoren-<br />

Szene n<strong>ich</strong>t sehr vertraut, fand es aber sehr<br />

spannend, m<strong>ich</strong> durch all die verschiedenen<br />

Stile zu blättern. Dieses Buch empfehle<br />

<strong>ich</strong> allen, die s<strong>ich</strong> irgendwie für Kunst und<br />

Illustration <strong>in</strong>teressieren – aber auch all jenen,<br />

die noch e<strong>in</strong> schönes Buch fürs Beistelltischchen<br />

benötigen. Denn <strong>in</strong> diesem<br />

Werk schmökern wohl die meisten Menschen<br />

gern.<strong>»</strong><br />

«Dieses Buch<br />

empfehle <strong>ich</strong> allen,<br />

die s<strong>ich</strong> irgendwie<br />

für Kunst und<br />

Illustration <strong>in</strong>teressieren<br />

– aber auch<br />

all jenen, die noch<br />

e<strong>in</strong> schönes Buch<br />

fürs Beistelltischchen<br />

benötigen.<strong>»</strong><br />

© Taschen<br />

© Taschen<br />

Oben: Als wär’s auch von Hieronymus<br />

Bosch: «Desolate Night,<br />

Hell’s Kitchen<strong>»</strong> von Jeremyville,<br />

e<strong>in</strong>em der «100 Illustrators<strong>»</strong> im<br />

gle<strong>ich</strong>namigen Buch.<br />

L<strong>in</strong>ks: «100 Illustrators<strong>»</strong> zeigt<br />

Werke der weltbesten Illustratoren<br />

– zum Beispiel vom New<br />

Yorker Roberto Parada.<br />

Hieronymus<br />

Bosch.<br />

Das vollständige<br />

Werk<br />

Stefan Fischer<br />

300 Seiten<br />

CHF 135.00<br />

Taschen<br />

Illustration<br />

Felix Sche<strong>in</strong>berger<br />

326 Seiten<br />

CHF 52.90<br />

Hermann Schmidt<br />

100 Illustrators<br />

Julius Wiedemann<br />

und Steven Heller<br />

(Hrsg.)<br />

720 Seiten<br />

CHF 54.90<br />

Taschen


18 | Im Schaufenster Books Nr. 1/2014 Im Schaufenster | 19<br />

Gefangen <strong>in</strong><br />

Geheimnissen<br />

In Simon Becketts neuem Thriller «Der<br />

Hof<strong>»</strong> kommt se<strong>in</strong>e bekannteste Figur<br />

ausnahmesweise n<strong>ich</strong>t vor. Im Mittelpunkt<br />

steht statt Dr. David Hunter e<strong>in</strong><br />

junger Engländer, der auf der Flucht<br />

vom Regen <strong>in</strong> die Traufe gerät: Spannung<br />

mit psychologischem Raff<strong>in</strong>ement.<br />

Markus Ganz<br />

Der Atem stockt e<strong>in</strong>em <strong>schon</strong> nach wenigen<br />

Seiten. Der junge Engländer Sean ist<br />

auf e<strong>in</strong>er Strasse <strong>in</strong> Südfrankre<strong>ich</strong> unterwegs.<br />

Es ist erst früh am Morgen, aber bereits<br />

heiss. Sean ist offens<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> nervös,<br />

das Benz<strong>in</strong> droht jeden Moment auszugehen.<br />

Er geht zu Fuss weiter und macht<br />

Autostopp. Doch e<strong>in</strong>mal merkt er erst im<br />

letzten Augenblick, dass e<strong>in</strong> Wagen der Polizei<br />

auf ihn zufährt. Er spr<strong>in</strong>gt über e<strong>in</strong>en<br />

Stacheldrahtzaun und flüchtet <strong>in</strong> den Wald.<br />

Das Polizeiauto braust vorbei, doch Sean<br />

ruht s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t aus. «Ich muss <strong>in</strong> Bewegung<br />

bleiben<strong>»</strong>, sagt er s<strong>ich</strong> – und dies wird er mit<br />

gutem Grund auch am Ende der Gesch<strong>ich</strong>te<br />

wieder sagen. Sean geht weiter, schreit<br />

Beckett hält die<br />

Spannung n<strong>ich</strong>t<br />

mit Action aufrecht,<br />

sondern<br />

mit e<strong>in</strong>em psychologischen<br />

Kammerspiel.<br />

plötzl<strong>ich</strong>. Er ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong> rostiges Fangeisen<br />

getreten. Es wurde offens<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> am Rand<br />

e<strong>in</strong>es abgelegenen Bauernhofs ausgelegt,<br />

um Menschen fernzuhalten. Sean versucht<br />

s<strong>ich</strong> zu befreien, zunehmend hektisch.<br />

Doch es gel<strong>in</strong>gt ihm n<strong>ich</strong>t, auch am nächsten<br />

Morgen n<strong>ich</strong>t, als er bereits fiebrig ist.<br />

«Ich schaue me<strong>in</strong>en Fuss voller Hass an<br />

und wünschte, <strong>ich</strong> könnte ihn wie e<strong>in</strong> gefangenes<br />

Tier e<strong>in</strong>fach abkauen<strong>»</strong>, erzählt er.<br />

Und tatsächl<strong>ich</strong> beisst er <strong>in</strong> der Verzweiflung<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong> Be<strong>in</strong>. Dann fällt er <strong>in</strong> Ohnmacht.<br />

Trügerische Idylle<br />

Was wie e<strong>in</strong> typischer Thriller begonnen<br />

hat, wandelt s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> der Folge stark. Simon<br />

Beckett hält die Spannung n<strong>ich</strong>t mit nervenkitzelnder<br />

Action aufrecht, sondern mit<br />

e<strong>in</strong>em psychologischen Kammerspiel, das<br />

s<strong>ich</strong> zu e<strong>in</strong>em Drama entwickelt. Sean<br />

wacht <strong>in</strong> der Scheune des Hofs auf, wo er<br />

von zwei jüngeren Frauen liebevoll gepflegt<br />

wird. Doch weshalb haben die beiden<br />

ihn n<strong>ich</strong>t <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Spital gebracht, weshalb<br />

ist die Tür verriegelt? Der Vater der<br />

Frauen, Arnaud, erweist s<strong>ich</strong> zudem als<br />

Choleriker, der den Fremden nur unter der<br />

Bed<strong>in</strong>gung duldet, dass dieser e<strong>in</strong> Gebäude<br />

saniert. Sean akzeptiert und bleibt trotz<br />

der beklemmenden Stimmung auch auf<br />

dem Hof, als der Fuss e<strong>in</strong>igermassen verheilt<br />

ist. Er fürchtet noch immer die Polizei.<br />

Und dies verb<strong>in</strong>det ihn überraschender-<br />

Simon Beckett<br />

mg. Es s<strong>in</strong>d vor allem die Thriller mit Dr. David<br />

Hunter, die Simon Beckett bekannt gemacht<br />

haben. Der 1960 geborene Schriftsteller kontrastiert<br />

<strong>in</strong> dieser Reihe die empf<strong>in</strong>dsame Melancholie<br />

des forensischen Anthropologen mit<br />

der kühlen Unerbittl<strong>ich</strong>keit des Todes, die s<strong>ich</strong><br />

im Zerfall des Körpers zeigt. Für diese Bücher<br />

hat Simon Beckett auf e<strong>in</strong>er «Body Farm<strong>»</strong> <strong>in</strong><br />

den USA recherchiert, wo die Verwesung unter<br />

allen mögl<strong>ich</strong>en Bed<strong>in</strong>gungen wissenschaftl<strong>ich</strong><br />

untersucht wird. Die Beschreibung dieser<br />

Prozesse hat s<strong>ich</strong> besonders e<strong>in</strong>drückl<strong>ich</strong> im<br />

Thriller «Le<strong>ich</strong>enblässe<strong>»</strong> niedergeschlagen.<br />

Die Bücher mit Dr. David Hunter wurden <strong>in</strong><br />

29 Sprachen übersetzt. Alle<strong>in</strong> «Die Chemie<br />

des Todes<strong>»</strong> hat s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> Deutschland über e<strong>in</strong>e<br />

Million Mal verkauft.<br />

Der vierte und bisher letzte Hunter-Thriller<br />

erschien 2011 unter dem Titel «Verwesung<strong>»</strong>.<br />

Dieses Buch gibt es auch <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit<br />

e<strong>in</strong>er CD der Electro-Classical-Band In The<br />

Nursery, die wie Beckett aus Sheffield kommt.<br />

Die Band war von der Hunter-Reihe derart<br />

fasz<strong>in</strong>iert, dass sie dazu e<strong>in</strong>en spannungsvoll<br />

atmospärischen Soundtrack schuf, auf dem<br />

stellenweise Simon Beckett Buchausschnitte<br />

vorliest. Diese unübl<strong>ich</strong>e Zusammenarbeit<br />

zwischen e<strong>in</strong>er Band und e<strong>in</strong>em Autor ist n<strong>ich</strong>t<br />

so überraschend, denn Beckett war früher<br />

n<strong>ich</strong>t nur Immobilienhändler, Hausmeister und<br />

Sprachlehrer, sondern auch Perkussionist <strong>in</strong><br />

mehreren Bands. Neben der Hunter-Reihe hat<br />

Simon Beckett <strong>fünf</strong> weitere Thriller sowie drei<br />

Bücher mit Kurzgesch<strong>ich</strong>ten veröffentl<strong>ich</strong>t.<br />

Verwesung<br />

Sonderausgabe mit CD<br />

Simon Beckett<br />

443 Seiten<br />

CHF 25.90<br />

Wunderl<strong>ich</strong><br />

Foto: © Isolde Ohlbaum<br />

weise mit dem Hofbesitzer, der mit Methoden<br />

wie Fangeisen ja sogar alle Aussenstehenden<br />

vom Hof fernhalten will.<br />

Offens<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> hat auch Arnaud et<strong>was</strong> zu<br />

verbergen. Würde er Sean gar n<strong>ich</strong>t mehr<br />

gehen lassen, weil dieser unbeabs<strong>ich</strong>tigt zu<br />

e<strong>in</strong>em Mitwisser e<strong>in</strong>es dunklen Geheimnisses<br />

geworden ist?<br />

Zwei Geheimnisse, zwei Probleme<br />

Simon Beckett erweist s<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>mal mehr<br />

als meisterl<strong>ich</strong>er Gesch<strong>ich</strong>tenerzähler. Er<br />

verpackt die Story von «Der Hof<strong>»</strong> aber<br />

n<strong>ich</strong>t als forensisches Rätsel wie <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />

Thrillern mit dem Anthropologen Dr. David<br />

Hunter <strong>in</strong> der Hauptrolle. Er charakterisiert<br />

vielmehr mit psychologischem Fe<strong>in</strong>gespür<br />

se<strong>in</strong>e Figuren, die allesamt <strong>in</strong> missl<strong>ich</strong>e<br />

Lebensumstände geraten s<strong>in</strong>d.<br />

Besonders e<strong>in</strong>drückl<strong>ich</strong> gel<strong>in</strong>gt ihm die<br />

Beschreibung von Sean, aus dessen Perspektive<br />

er die Gesch<strong>ich</strong>te erzählt. Spannender<br />

aber ist, wie glaubhaft Simon Beckett<br />

die Beziehungen der Hofbewohner<br />

untere<strong>in</strong>ander aufzeigt. Alle Figuren wirken<br />

e<strong>in</strong>sam und verloren, gefangen im Geheimnis<br />

ihrer geme<strong>in</strong>samen Vorgesch<strong>ich</strong>te.<br />

Das Buch bleibt bis zum Schluss span-<br />

nend, weil man zunehmend auch das<br />

Geheimnis von Sean erfährt. Es ist beklemmend<br />

zu lesen, wie der unbescholtene junge<br />

Mann damals <strong>in</strong> England <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Albtraum<br />

geraten konnte, der ihn schliessl<strong>ich</strong><br />

zur Flucht nach Frankre<strong>ich</strong> zwang. Sean<br />

kann auch auf dem Hof n<strong>ich</strong>t verh<strong>in</strong>dern,<br />

dass er von der eigenen Vergangenheit e<strong>in</strong>geholt<br />

wird. Denn es zeigt s<strong>ich</strong>, dass er vor<br />

allem auf der Flucht vor s<strong>ich</strong> selbst ist, dass<br />

ihn Schuldgefühle plagen.<br />

«Unter der<br />

Oberfläche s<strong>in</strong>d<br />

wir alle Tiere.<strong>»</strong><br />

WERKE IN ACHT BÄNDEN<br />

Hg. v. Simon Zumsteg<br />

Zusammen 3184 S. Le<strong>in</strong>en,<br />

Lesebändchen, farbiges<br />

Vorsatzpapier. Geschlossen im<br />

Schuber. Auch als -Book<br />

www.nagel-kimche.ch<br />

Mitgefühl für wenig Sympathische<br />

Die aussergewöhnl<strong>ich</strong>e Erzählkraft von Simon<br />

Beckett zeigt s<strong>ich</strong> besonders <strong>in</strong> der<br />

Schilderung von Beziehungen. Er beschreibt<br />

etwa, wie Sean zu Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>es<br />

Albtraums neben se<strong>in</strong>er ihm fremd gewordenen<br />

Freund<strong>in</strong> auf dem Bett liegt und s<strong>in</strong>niert.<br />

«Ich will sie fragen, worüber sie<br />

nachdenkt, aber <strong>ich</strong> schweige. Ich habe<br />

Angst, sie könnte es mir erzählen.<strong>»</strong> Damit<br />

fesselt Simon Beckett. Und man entwickelt<br />

e<strong>in</strong> Mitgefühl auch für wenig sympathische<br />

Charaktere, weil man ihre Gesch<strong>ich</strong>te und<br />

deshalb ihr Handeln versteht. Das Fazit<br />

von Sean am Schluss aber lautet: «Unter<br />

der Oberfläche s<strong>in</strong>d wir alle Tiere.<strong>»</strong> Ke<strong>in</strong>er<br />

von uns wisse, wozu er unter Umständen<br />

<strong>in</strong> der Lage sei. «Wenn wir Glück haben,<br />

f<strong>in</strong>den wir es nie heraus.<strong>»</strong><br />

Der Hof<br />

Simon Beckett<br />

457 Seiten<br />

CHF 29.90<br />

Wunderl<strong>ich</strong><br />

Zum 25. Todestag am 28. Februar 2014 ersche<strong>in</strong>en die zu<br />

Lebzeiten veröffentl<strong>ich</strong>en Werke Hermann Burgers, e<strong>in</strong>em<br />

<strong>»</strong>der besten Schriftsteller der deutschen Gegenwartsliteratur«<br />

(Adolf Muschg 1989).


20 | erste liebe Books Nr. 1/2014 erste liebe | 21<br />

Er<strong>in</strong>nerungen an<br />

die erste Liebe<br />

Die Jahreszeit der Verliebtheit rückt näher: Auffallend viele neue Bücher beschäftigen<br />

s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> diesem Frühjahr mit dem prägenden «ersten Mal<strong>»</strong>. Die Redaktion hat für alle, welche<br />

die Liebe lieben, <strong>fünf</strong> Empfehlungen ausgewählt.<br />

Kurz, aber lange nachkl<strong>in</strong>gend<br />

Sie ist schl<strong>ich</strong>t die Schönste auf dem Schulhof.<br />

Davon ist zum<strong>in</strong>dest der 15-jährige<br />

Junge überzeugt, der s<strong>ich</strong> 1983 an e<strong>in</strong>em<br />

westdeutschen Gymnasium <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Mitschüler<strong>in</strong><br />

verliebt. Diese ist vier Jahre älter<br />

als er und deshalb eigentl<strong>ich</strong> unerre<strong>ich</strong>bar<br />

für ihn; dessen ist er s<strong>ich</strong> durchaus bewusst.<br />

Und doch schafft er es, dass sie e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>nige Beziehung mit ihm e<strong>in</strong>geht, deren<br />

turbulenter Verlauf <strong>in</strong> Navid Kermanis Roman<br />

«Grosse Liebe<strong>»</strong> beschrieben ist.<br />

Er habe damals das erste Mal geliebt und<br />

seither nie mehr so gross. Dies behauptet<br />

der Erzähler, der dieser Junge vor 30 <strong>Jahren</strong><br />

war. Und er gerät ab dieser Feststellung<br />

<strong>in</strong>s Grübeln. Denn die «grösste Liebe<br />

se<strong>in</strong>es Lebens<strong>»</strong> dauerte nur sehr kurz,<br />

n<strong>ich</strong>t e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e Woche, gerechnet vom<br />

ersten Kuss bis zur Trennung. Er habe seither<br />

andere Personen über e<strong>in</strong>en sehr viel<br />

längeren Zeitraum h<strong>in</strong>weg und tiefer geliebt,<br />

zum<strong>in</strong>dest körperl<strong>ich</strong> die Verzückung<br />

umfassender erlebt. Der Erzähler räumt<br />

denn auch e<strong>in</strong>, dass gewisse Er<strong>in</strong>nerungen<br />

zum Mythos gehörten, den se<strong>in</strong> Gedächtnis<br />

um diese grosse Liebe ranke.<br />

Es wird auch nie ganz klar, ob Navid Kermani<br />

mit dem Erzähler und damit mit dem<br />

Jungen identisch ist. Der Erzähler erklärt<br />

aber, wieso er vom Jungen <strong>in</strong> der dritten<br />

Person spr<strong>ich</strong>t. Dies sei mehr als e<strong>in</strong> literarischer<br />

Trick, welcher der Verfremdung<br />

diene. Der Grund sei, dass er s<strong>ich</strong> im Jungen<br />

n<strong>ich</strong>t wiedererkenne. Mit e<strong>in</strong>er Mischung<br />

aus Verwunderung und mildem<br />

Spott schildert er, wie dieser «hanswurstartig<br />

vorpreschende Autodidakt von e<strong>in</strong>em<br />

Casanova und Hüpfer von e<strong>in</strong>em Kerl<strong>»</strong><br />

e<strong>in</strong>e be<strong>in</strong>ahe erwachsene Frau eroberte,<br />

die «auf allen Schulhöfen der Welt die<br />

Schönste gewesen wäre<strong>»</strong>. Der Erzähler<br />

kann s<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>er gewissen Verklärung also<br />

n<strong>ich</strong>t erwehren. Deshalb gel<strong>in</strong>gt ihm auch<br />

n<strong>ich</strong>t, wie geplant allen Stationen dieser<br />

Liebesgesch<strong>ich</strong>te gle<strong>ich</strong> viel Platz e<strong>in</strong>zuräumen.<br />

Er gibt selbst zu, dass er zu lange<br />

bei der aufkeimenden Liebe verweile und<br />

deshalb der unvermeidl<strong>ich</strong>en Phase der<br />

Verzweiflung immer weniger Platz bleibe.<br />

Und dies, obwohl der Trennungsschmerz<br />

wesentl<strong>ich</strong> länger als die Beziehung gedauert<br />

habe – «<strong>in</strong> gewisser Weise bis heute,<br />

sonst würde <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t unsere Gesch<strong>ich</strong>te<br />

erzählen<strong>»</strong>.<br />

Die Gesch<strong>ich</strong>te allerd<strong>in</strong>gs gerät immer<br />

mehr zur Studie, wie der Autor selbst erkennt<br />

– und wofür er die Leserschaft um<br />

Vergebung bittet. Dies hat weniger damit<br />

zu tun, dass er den Zeitgeist der frühen<br />

1980er-Jahre im Umfeld der Liebenden<br />

schildert, die s<strong>ich</strong> für Friedens<strong>in</strong>itiativen<br />

und gegen e<strong>in</strong>e Stadtautobahn engagierten.<br />

Vielmehr verknüpft Navid Kermani die<br />

Liebesgesch<strong>ich</strong>te mit Weisheiten von arabischen<br />

und persischen D<strong>ich</strong>tern und Mystikern.<br />

Hier zeigt s<strong>ich</strong>, dass der 1967 <strong>in</strong><br />

Deutschland geborene Schriftsteller Sohn<br />

iranischer Eltern und promovierter Islamwissenschaftler<br />

ist. Er vermag überraschende<br />

Parallelen zwischen irdischer und<br />

göttl<strong>ich</strong>er Liebe aufzuzeigen – und auch zu<br />

relativieren. Besonders gern zitiert er den<br />

andalusischen Mystiker Ibn Arabi. Dieser<br />

soll im 13. Jahrhundert erklärt haben, dass<br />

die Heftigkeit, Kompromisslosigkeit und<br />

Kopflosigkeit der jugendl<strong>ich</strong>en Verliebtheit<br />

n<strong>ich</strong>t nur den Symptomen nach übere<strong>in</strong>stimmend<br />

se<strong>in</strong> sollen mit dem «Ertr<strong>in</strong>ken<strong>»</strong><br />

des Mystikers <strong>in</strong> der alles überflutenden<br />

Liebe des Göttl<strong>ich</strong>en.<br />

Geeignet für alle, die: gern an ihre erste<br />

grosse Liebe zurückdenken und sie neu<br />

e<strong>in</strong>schätzen möchten.<br />

Markus Ganz<br />

Grosse Liebe<br />

Navid Kermani<br />

224 Seiten<br />

CHF 27.90<br />

Hanser<br />

Liebe, wo sie n<strong>ich</strong>t se<strong>in</strong> kann<br />

Man nennt sie die «Zwill<strong>in</strong>ge<strong>»</strong>, weil sie alles<br />

mite<strong>in</strong>ander tun und e<strong>in</strong>ander <strong>in</strong> vielem<br />

so ähnl<strong>ich</strong> s<strong>in</strong>d: die Ich-Erzähler<strong>in</strong> Beatrice<br />

und Alfredo. Die beiden wachsen im<br />

gle<strong>ich</strong>en heruntergekommenen Block <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Armenviertel <strong>in</strong> Italien auf. Alfredos<br />

Vater prügelt se<strong>in</strong>e Söhne manchmal halbtot,<br />

und die Eltern von Beatrice waren selber<br />

noch halbe K<strong>in</strong>der, als sie ihre Familie<br />

gründeten. Perspektiven gibt es für die Jugendl<strong>ich</strong>en<br />

<strong>in</strong> «La Fortezza<strong>»</strong> ke<strong>in</strong>e; das Leben<br />

ist elend und freudlos, der Umgang<br />

untere<strong>in</strong>ander hart, zuweilen brutal. Alle<br />

haben s<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>en Panzer aus verme<strong>in</strong>tl<strong>ich</strong>er<br />

Gle<strong>ich</strong>gültigkeit und Gefühllosigkeit<br />

zugelegt.<br />

Zarte Liebe hat es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Umfeld<br />

schwer, Romantik kann ke<strong>in</strong>e aufkommen,<br />

denn Liebe macht verletzl<strong>ich</strong> – und verletzl<strong>ich</strong><br />

zu se<strong>in</strong>, das kann s<strong>ich</strong> hier niemand<br />

leisten. So überspielen Beatrice und Alfredo<br />

die <strong>in</strong>nige Zuneigung, die sie seit jeher<br />

für e<strong>in</strong>ander hegen, und transformieren sie<br />

<strong>in</strong> andere starke Emotionen: Streit und<br />

Machtkämpfe prägen ihr Verhältnis, zuweilen<br />

schlagen sie e<strong>in</strong>ander. Doch immer ist<br />

die überwältigende Sensibilität der beiden<br />

spürbar. Wenn die beiden aufe<strong>in</strong>ander losgehen,<br />

e<strong>in</strong>ander mit Vorwürfen e<strong>in</strong>decken,<br />

um ihre Liebe zu verbergen, möchte man<br />

ihnen ständig zurufen: Seht doch, wie e<strong>in</strong>fach<br />

es wäre – e<strong>in</strong> Wort, und alles wird gut!<br />

Aber wir wissen ja selber, wie schwer es<br />

ist, s<strong>ich</strong> zu öffnen. Und wir können uns<br />

le<strong>ich</strong>t vorstellen, wie schwierig es erst <strong>in</strong><br />

«La Fortezza<strong>»</strong> se<strong>in</strong> muss, e<strong>in</strong>e zart knospende<br />

Liebe zu hegen. Denn die junge Autor<strong>in</strong><br />

Valent<strong>in</strong>a d’Urbano br<strong>in</strong>gt uns das<br />

Armenviertel, <strong>in</strong> dem Beatrice und Alfredo<br />

n<strong>ich</strong>t zue<strong>in</strong>ander kommen können, sehr<br />

glaubwürdig, ohne Sentimentalität oder<br />

Kitsch näher. Ke<strong>in</strong> Wunder, dass ihr das<br />

gel<strong>in</strong>gt: Die 1985 geborene Italiener<strong>in</strong><br />

wuchs <strong>in</strong> Rom <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Quartier auf, das<br />

«La Fortezza<strong>»</strong> als Vorbild diente.<br />

Alfredo, der e<strong>in</strong>em sehr frühen Tod geweiht<br />

ist, und Beatrice s<strong>in</strong>d plastische Figuren,<br />

und ihr Umgang mite<strong>in</strong>ander wird<br />

wohl trotz aller Dramatik n<strong>ich</strong>t wenige Leser<strong>in</strong>nen<br />

und Leser an die eigene erste Liebe<br />

er<strong>in</strong>nern – an die Zeiten, <strong>in</strong> denen man<br />

s<strong>ich</strong> ungelenk, veruns<strong>ich</strong>ert und voller<br />

neuer, unheiml<strong>ich</strong>er Sehnsüchte e<strong>in</strong>em Gegenüber<br />

annähern wollte, das vielle<strong>ich</strong>t<br />

ebenso ungelenk und veruns<strong>ich</strong>ert war,<br />

dies aber kaum gezeigt hätte. Valent<strong>in</strong>a<br />

d’Urbano erzählt damit eigentl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>e<br />

ganz normale Liebesgesch<strong>ich</strong>te <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

ungewöhnl<strong>ich</strong>en Umfeld. Und sie tut dies<br />

auf brillante, schnörkellose, messerscharfe<br />

und doch poetische Weise. Dieses Buch ist<br />

e<strong>in</strong>e Trouvaille.<br />

Geeignet für alle, die: manchmal an der<br />

Liebe verzweifeln könnten – also für alle.<br />

Marius Leutenegger<br />

Mit zwanzig hat man ke<strong>in</strong><br />

Kleid für e<strong>in</strong>e Beerdigung<br />

Valent<strong>in</strong>a d’Urbano<br />

274 Seiten<br />

CHF 23.90<br />

dtv<br />

Äusserst kuriose Umstände<br />

Manchmal fragt man s<strong>ich</strong> <strong>schon</strong>, wie Übersetzungen<br />

zustande kommen: «Letztendl<strong>ich</strong><br />

s<strong>in</strong>d wir dem Universum egal<strong>»</strong> ist e<strong>in</strong><br />

gar kurioser Titel für den neuen Roman des<br />

jungen US-Amerikaners David Levithan.<br />

Da passt das Orig<strong>in</strong>al «Every Day<strong>»</strong> <strong>schon</strong><br />

viel besser. Denn das Leben der Hauptfigur<br />

dieser Gesch<strong>ich</strong>te – sie heisst bloss A. – ist<br />

every day völlig neu: Aus e<strong>in</strong>em Grund, den<br />

wir n<strong>ich</strong>t erfahren, steckt A. jeden Morgen<br />

im Körper e<strong>in</strong>es oder e<strong>in</strong>er anderen gle<strong>ich</strong>altrigen<br />

Jugendl<strong>ich</strong>en. Der eigentl<strong>ich</strong>e Besitzer<br />

dieses Körper macht unbewusst<br />

Pause, und A. übernimmt dessen Rolle: Jeden<br />

Tag hat A. e<strong>in</strong>e neue Familie, e<strong>in</strong> neues<br />

Aussehen, neue Freunde und so weiter.<br />

A. hat Zugriff auf die Er<strong>in</strong>nerungen der<br />

Person, deren Körper besetzt wird, und<br />

kommt daher jeweils recht souverän durch<br />

den Tag, benennt alle Leute r<strong>ich</strong>tig und<br />

<strong>weiss</strong>, wo die Autoschlüssel liegen.<br />

Das geht lange gut – bis A. e<strong>in</strong>es Tages als<br />

Just<strong>in</strong> erwacht und s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> dessen Freund<strong>in</strong><br />

Rhiannon verliebt. A. möchte Rhiannon<br />

unbed<strong>in</strong>gt besser kennenlernen. Doch<br />

wie soll das gehen, wenn die eigene Seele<br />

ke<strong>in</strong> Zuhause hat und e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em uns<strong>ich</strong>eren<br />

Emigrantenmädchen, dann wieder<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em langhaarigen Rocker steckt?<br />

Und der geborgte Körper jeweils Punkt<br />

Mitternacht wieder dort se<strong>in</strong> muss, wo er<br />

h<strong>in</strong>gehört? Es gibt nur e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Konstante<br />

<strong>in</strong> A.s Leben: e<strong>in</strong>en eigenen E-Mail-<br />

Account. Und <strong>schon</strong> bald erhält Rhiannon<br />

e<strong>in</strong>e Mitteilung, die mehr als verstörend ist.<br />

«Letztendl<strong>ich</strong> s<strong>in</strong>d wir dem Universum<br />

egal<strong>»</strong> ist e<strong>in</strong> Jugendroman. Aber es wäre<br />

schade, würde er nur von Jugendl<strong>ich</strong>en gelesen<br />

– Levithans Idee ist ausgesprochen<br />

orig<strong>in</strong>ell, und der vielfach preisgekrönte<br />

Autor beschäftigt s<strong>ich</strong> auf spannende Weise<br />

damit, <strong>was</strong> Liebe wirkl<strong>ich</strong> ausmacht,<br />

<strong>was</strong> Identität bedeutet, <strong>was</strong> zum Gefühl<br />

von Geborgenheit führt und wie w<strong>ich</strong>tig<br />

Urvertrauen ist. Auch wir Lesenden müssen<br />

Levithan schliessl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>fach vertrauen,<br />

dass se<strong>in</strong>e Idee funktioniert – und das<br />

tut sie je länger je besser.<br />

Geeignet für alle, die: gern <strong>in</strong> fremden<br />

Nachttischchen herumwühlen und e<strong>in</strong>e<br />

gute Idee zu schätzen wissen.<br />

Marius Leutenegger<br />

Letztendl<strong>ich</strong> s<strong>in</strong>d wir<br />

dem Universum egal<br />

David Levithan<br />

400 Seiten<br />

CHF 25.90<br />

FJB


22 | erste liebe Books Nr. 1/2014<br />

Spezial – städtereisen | 23<br />

Die Opulenz e<strong>in</strong>er erwachsenen<br />

Frau<br />

Autor John Banville hat s<strong>ich</strong> ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache<br />

Variante der ersten Liebe vorgenommen:<br />

«Billy Gray war me<strong>in</strong> bester Freund, und<br />

se<strong>in</strong>e Mutter war me<strong>in</strong>e erste Liebe. Vielle<strong>ich</strong>t<br />

ist Liebe e<strong>in</strong> zu starkes Wort, aber <strong>ich</strong><br />

<strong>weiss</strong> ke<strong>in</strong> schwächeres, das passen würde.<strong>»</strong><br />

So eröffnet der Autor aus Dubl<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />

jüngsten Roman «Im L<strong>ich</strong>te der Vergangenheit<strong>»</strong>.<br />

Als 15-Jähriger hat Alexander<br />

Cleave e<strong>in</strong>e Affäre mit Mrs Gray, wobei er<br />

diesen Begriff als erwachsener Erzähler<br />

n<strong>ich</strong>t für sonderl<strong>ich</strong> passend hält: «Für<br />

m<strong>ich</strong> und auch für sie war das, <strong>was</strong> wir<br />

zusammen taten, viel e<strong>in</strong>facher, viel elementarer,<br />

viel – wenn <strong>ich</strong> e<strong>in</strong> solches Wort<br />

<strong>in</strong> diesem Kontext gebrauchen darf – k<strong>in</strong>dl<strong>ich</strong>er<br />

als das ehebrecherische Treiben der<br />

Erwachsenen.<strong>»</strong><br />

Heute steht der Protagonist an der Schwelle<br />

zum Pensionsalter, hat e<strong>in</strong> erfolgre<strong>ich</strong>es<br />

Leben als Schauspieler h<strong>in</strong>ter s<strong>ich</strong> und<br />

wirft den Blick aus der Distanz e<strong>in</strong>es ganzen<br />

Lebens zurück auf se<strong>in</strong>e erste Liebe.<br />

«Mrs Gray hat mir viele D<strong>in</strong>ge beigebracht,<br />

das W<strong>ich</strong>tigste und Kostbarste von allen<br />

aber war, dem anderen Menschen zu verzeihen,<br />

dass er menschl<strong>ich</strong> ist.<strong>»</strong> Diese<br />

menschl<strong>ich</strong>en Makel schildert John Banville<br />

ohne Scham und falsche Höfl<strong>ich</strong>keit,<br />

aber warmherzig und unglaubl<strong>ich</strong> ausdrucksstark.<br />

Er beschreibt den Körper der<br />

begehrten Mrs Gray, aber auch Landschaft<br />

und Wetter so fe<strong>in</strong> und plastisch, dass man<br />

me<strong>in</strong>t, er wolle das Gesehene malen. Und<br />

obwohl die Er<strong>in</strong>nerungen zum Greifen nah<br />

ersche<strong>in</strong>en, schränkt er sogle<strong>ich</strong> wieder<br />

e<strong>in</strong>, dass es so eigentl<strong>ich</strong> gar n<strong>ich</strong>t gewesen<br />

se<strong>in</strong> könne. «Madame Er<strong>in</strong>nerung ist e<strong>in</strong>e<br />

grosse, raff<strong>in</strong>ierte Simulant<strong>in</strong>.<strong>»</strong><br />

Die Er<strong>in</strong>nerungen an den Sommer vor 50<br />

<strong>Jahren</strong> verwebt John Banville mit aktuellen<br />

Ereignissen im Leben von Alexander<br />

Cleave: Zu se<strong>in</strong>er Überraschung wird der<br />

Theaterschauspieler, der mit se<strong>in</strong>em Beruf<br />

eigentl<strong>ich</strong> abgeschlossen hat und se<strong>in</strong>e<br />

Tage <strong>in</strong> der Dachkammer se<strong>in</strong>es Hauses<br />

verbr<strong>in</strong>gt, näml<strong>ich</strong> angefragt, ob er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Film mitspielen wolle. Dieses Projekt<br />

und die Begegnung mit se<strong>in</strong>em jungen Co-<br />

Star Dawn Devonport werfen ihn zurück<br />

auf den e<strong>in</strong>en grossen Schicksalsschlag,<br />

der se<strong>in</strong> Leben und das se<strong>in</strong>er Frau Lydia<br />

überschattet: Se<strong>in</strong>e Tochter Cass war seit<br />

ihrer K<strong>in</strong>dheit psychisch krank und hatte<br />

s<strong>ich</strong> als junge Frau – trotz allem unerwartet<br />

– ohne Abschied das Leben genommen.<br />

«Ich glaube, Cass’ Tod hat uns und unserem<br />

Zusammenleben e<strong>in</strong>e falsche Last,<br />

e<strong>in</strong>e falsche Ernsthaftigkeit auferlegt. Es<br />

war, als hätte unsere Tochter uns durch ihr<br />

Fortgehen irgendwie e<strong>in</strong>e grosse Aufgabe<br />

h<strong>in</strong>terlassen, die über unsere Kräfte g<strong>in</strong>g.<strong>»</strong><br />

Als Dawn Devonport e<strong>in</strong>en Suizidversuch<br />

unternimmt, fühlt s<strong>ich</strong> das für Cleave an,<br />

als würde er «beim Schlafittchen gepackt<br />

und umstandslos an e<strong>in</strong>en seltsamen Ort<br />

befördert. Allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>en Ort, den <strong>ich</strong> nur<br />

allzu gut kannte und von dem <strong>ich</strong> eigentl<strong>ich</strong><br />

geglaubt hatte, dass <strong>ich</strong> ihn nie mehr<br />

wieder würde betreten müssen; e<strong>in</strong>en<br />

furchtbaren Ort.<strong>»</strong> Vergangenheit und Gegenwart<br />

lassen uns unbekannte Zusammenhänge<br />

vermuten, doch der Autor löst<br />

nur wenige davon auf. Es geht ihm n<strong>ich</strong>t<br />

um den effektvollen Plot – den hebt er s<strong>ich</strong><br />

für die Thriller auf, die er unter dem Pseudonym<br />

Benjam<strong>in</strong> Black schreibt.<br />

Geeignet für alle, die: ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fachen<br />

Antworten erwarten und e<strong>in</strong>e re<strong>ich</strong>e Sprache<br />

geniessen.<br />

Benjam<strong>in</strong> Gygax<br />

Im L<strong>ich</strong>te der Vergangenheit<br />

John Banville<br />

336 Seiten<br />

CHF 29.90<br />

Kiepenheuer & Witsch<br />

Zwiel<strong>ich</strong>tige Geschäfte im<br />

düsteren Schwarzwald<br />

Matthias Nawrats zweiter Roman «Unternehmer<strong>»</strong><br />

dreht s<strong>ich</strong> um e<strong>in</strong> Familienunternehmen<br />

der besonderen Art: Der Vater, die<br />

14-jährige Lipa und ihr kle<strong>in</strong>er, e<strong>in</strong>armiger<br />

Bruder Berti verdienen ihr Geld damit, aus<br />

leerstehenden Fabriken mechanische Teile<br />

zu entwenden. Von diesen Fabriken sche<strong>in</strong>t<br />

es dort, wo der Roman spielt, genügend zu<br />

geben – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er düsteren, fast <strong>schon</strong> postapokalyptischen<br />

Version des Schwarzwalds.<br />

Das «Klimpergeld<strong>»</strong> fliesst. Doch<br />

dann erwächst dem kle<strong>in</strong>en Familienunternehmen<br />

Konkurrenz, die Preise s<strong>in</strong>ken,<br />

und nur der «grösste Spezialtag von allen<strong>»</strong><br />

– e<strong>in</strong> extrem riskanter Beutezug – kann<br />

den grossen Traum e<strong>in</strong>er Auswanderung<br />

nach Neuseeland noch retten.<br />

Lipa hat andere Träume als die Auswanderung.<br />

Anfangs drehen s<strong>ich</strong> diese noch um<br />

den schönen Pius, doch bald <strong>schon</strong> tauscht<br />

sie mit dessen Kumpel, dem langen Nasen-<br />

Timo, erste schüchterne Küsse aus. Das<br />

junge Glück wird auf die Probe gestellt, als<br />

Timo mit Lipa flüchten will. E<strong>in</strong> altes, zerfleddertes<br />

Buch lässt den Jungen glauben,<br />

der Schwarzwald sei noch lebensfe<strong>in</strong>dl<strong>ich</strong>er,<br />

als er <strong>schon</strong> ist, und die Flucht bleibe<br />

als e<strong>in</strong>ziger Ausweg.<br />

Wer erwartet, diese junge Liebe als emotionsgeladenen<br />

Bildersturm geschildert zu<br />

bekommen, wird enttäuscht. Statt als<br />

überwältigendes Gefühlswirrwarr beschreibt<br />

Nawrat die <strong>in</strong>timen Momente von<br />

Lipa und Timo als nüchterne Alltagshandlungen.<br />

Diese Nüchternheit <strong>in</strong> der Sprache<br />

zieht s<strong>ich</strong> durchs ganze Buch und hat ihre<br />

Logik – jene des Unternehmertums, <strong>in</strong> dem<br />

der Vater se<strong>in</strong>e zwei K<strong>in</strong>der gefangen hält.<br />

«Die Familie ist e<strong>in</strong>e Kapitalgesellschaft,<br />

hat Vater mir e<strong>in</strong>mal erklärt<strong>»</strong>, bemerkt<br />

Lipa gegen Ende des Buchs. Und so kann<br />

man diesen Roman auch als e<strong>in</strong>e Parodie<br />

auf eben dieses Unternehmertum lesen –<br />

e<strong>in</strong> Unternehmertum, dem die Familie<br />

selbst ihre Gesundheit unterordnet.<br />

Wie absurd die vom Vater aufgebaute Realität<br />

ist, zeigt s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> den Beschreibungen<br />

von Lipa, die als Ich-Erzähler<strong>in</strong> auftritt. Oft<br />

fragt man s<strong>ich</strong> als Leser<strong>in</strong> oder Leser, <strong>was</strong><br />

der spätk<strong>in</strong>dl<strong>ich</strong>en Fantasie der Teenager<strong>in</strong><br />

entspr<strong>in</strong>gt – und <strong>was</strong> wirkl<strong>ich</strong> ist. Das<br />

wirkt zuweilen et<strong>was</strong> verwirrend, macht<br />

aber letztl<strong>ich</strong> auch den Reiz dieses Romans<br />

aus.<br />

Geeignet für alle, die: e<strong>in</strong>en verstörenden<br />

Blick auf e<strong>in</strong>e düster verzerrte Realität<br />

werfen möchten.<br />

Thomas Mäder<br />

Unternehmer<br />

Matthias Nawrat<br />

144 Seiten<br />

CHF 25.90<br />

Rowohlt<br />

Books<br />

Spezial<br />

Reiseführer für den<br />

Städtetrip<br />

Für jede Stadt die r<strong>ich</strong>tigen Tipps<br />

Städtereisen s<strong>in</strong>d beliebter denn je. Und damit niemand se<strong>in</strong>e Reise<br />

ahnungslos und unvorbereitet antreten muss, gibt es für fast jede beliebige<br />

Dest<strong>in</strong>ation mittlerweile e<strong>in</strong>e Vielzahl von Städtereiseführern.<br />

Die e<strong>in</strong>en vere<strong>in</strong>en auf klassische Weise allerhand Informationen und<br />

Tipps, andere wiederum verfolgen orig<strong>in</strong>ellere – zuweilen aber n<strong>ich</strong>t<br />

unbed<strong>in</strong>gt praktischere – Ansätze.


24 | Spezial – Städtereisen Books Nr. 1/2014 Spezial – gesch<strong>ich</strong>te | 25<br />

Direkt am Puls<br />

der Stadt.<br />

Man sieht nur, <strong>was</strong> man weiß.<br />

Amsterdam Mit Cityplan<br />

Athen Mit Cityplan<br />

Barcelona Mit Cityplan<br />

Berl<strong>in</strong> Mit Cityplan<br />

Brüssel Mit Cityplan<br />

Budapest Mit Cityplan<br />

Dresden Mit Cityplan<br />

Dubl<strong>in</strong> Mit Cityplan<br />

Florenz Mit Cityplan<br />

Hamburg Mit Cityplan<br />

Istanbul Mit Cityplan<br />

London Mit Cityplan<br />

Madrid Mit Cityplan<br />

München Mit Cityplan<br />

New York Mit Cityplan<br />

Paris Mit Cityplan<br />

Prag Mit Cityplan<br />

Stockholm Mit Cityplan<br />

Sydney Mit Cityplan<br />

Venedig Mit Cityplan<br />

Wien Mit Cityplan<br />

Stadtluft macht Spass<br />

Jede Stadt hat ihre ganz besondere Atmosphäre. Heute kann man<br />

diese während e<strong>in</strong>es Wochenendtrips erleben. Es ist allerd<strong>in</strong>gs<br />

noch gar n<strong>ich</strong>t lange her, dass die berühmten Städte der Welt für<br />

die meisten Menschen unerre<strong>ich</strong>bar blieben.<br />

Erik Brühlmann<br />

Herbert Grönemeyer lobte «Bochum<strong>»</strong> <strong>in</strong><br />

den höchsten Tönen, Frank S<strong>in</strong>atra widmete<br />

«New York, New York<strong>»</strong> e<strong>in</strong>e unvergessl<strong>ich</strong>e<br />

Hymne, und die britischen Punks<br />

«The Clash<strong>»</strong> hörten «London Call<strong>in</strong>g<strong>»</strong>:<br />

Städte üben <strong>schon</strong> seit je e<strong>in</strong>e Fasz<strong>in</strong>ation<br />

auf die Menschen aus. Sie s<strong>in</strong>d Zentren der<br />

Macht, der Kultur und des Gelds – ke<strong>in</strong><br />

Wunder also, dass frühe «Städtereisen<strong>»</strong> oft<br />

die Gestalt von Feldzügen hatten, bei denen<br />

man n<strong>ich</strong>t <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em 5-Sterne-Hotel,<br />

sondern im Biwak vor den Stadtmauern<br />

wohnte.<br />

Götter, Spiel und Spass<br />

Natürl<strong>ich</strong> gab es <strong>schon</strong> früh Städtereisen<br />

mit weniger martialischer Motivation.<br />

Wallfahrten zu den Tempeln der Götter, die<br />

s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> den grossen Städten befanden, wurden<br />

bereits im alten Ägypten, im antiken<br />

Griechenland und Rom unternommen.<br />

Aber auch Sportveranstaltungen wie die<br />

Olympischen Spiele zogen Städtereisende<br />

an. Selbstredend waren es vor allem die<br />

wohlhabenden Bürger, die s<strong>ich</strong> solche Vergnügungsreisen<br />

zu Pferd oder gar mit e<strong>in</strong>em<br />

Gespann leisten konnten. Dabei entwickelten<br />

s<strong>ich</strong> besonders günstig und<br />

malerisch gelegene Städte wie zum Beispiel<br />

Pompeji zu regelrechten Treffpunkten der<br />

Re<strong>ich</strong>en und Schönen: Das lokale Amphitheater<br />

fasste bis zu 20‘000 Zuschauer, und<br />

fast an jeder Ecke fanden s<strong>ich</strong> Tavernen,<br />

Herbergen, Imbissstände und Bordelle.<br />

Mittelalterl<strong>ich</strong>e Reisepause<br />

Der Untergang des römischen Re<strong>ich</strong>s legte<br />

auch den frühen touristischen Reiseverkehr<br />

lahm, denn das bestens ausgebaute<br />

Strassensystem <strong>in</strong> Westeuropa zerfiel. Bis<br />

<strong>in</strong>s Mittelalter h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> blieb Reisen e<strong>in</strong> Privileg<br />

der Re<strong>ich</strong>en, und wer s<strong>ich</strong> die Mühe<br />

machte, nach Venedig, Rom oder Wien zu<br />

reisen, befand s<strong>ich</strong> meist auf religiöser, politischer<br />

oder geschäftl<strong>ich</strong>er Mission – oder<br />

auf e<strong>in</strong>er Bildungsreise. So wurde es im<br />

Spätmittelalter bei Intellektuellen und<br />

Künstlern beispielsweise zur Tradition, die<br />

antiken Stätten <strong>in</strong> Italien zu besuchen. Daraus<br />

entwickelte s<strong>ich</strong> ab dem 17. Jahrhundert<br />

bei den Adligen die so genannte Grand<br />

Tour: e<strong>in</strong> Initiationsritus, der den jungen<br />

Adligen den letzten Schliff geben sollte. Auf<br />

dem Programm standen Wien, Paris, Rom,<br />

Florenz, Neapel, Berl<strong>in</strong>, Weimar und Rotterdam<br />

– Städte mit kultureller, architektonischer<br />

oder <strong>in</strong>tellektueller Tradition.<br />

Raus aus der Stadt!<br />

Interessanterweise waren Städtereisen so<br />

ungefähr das Letzte, <strong>was</strong> die Begründer<br />

der modernen Tourismusbewegung im<br />

S<strong>in</strong>n hatten. Ziel der Touristen des späten<br />

18. und frühen 19. Jahrhunderts war es<br />

näml<strong>ich</strong>, eben diesen Städten und ihrer nie<br />

versiegenden Geschäftigkeit zu entfliehen<br />

und die Stille der Natur zu geniessen. Erst<br />

als das Reisen auch für geme<strong>in</strong>e Bürger<br />

erschw<strong>in</strong>gl<strong>ich</strong> wurde, wurden Städte als<br />

Ziele für Vergnügungsreisen wieder beliebt.<br />

Endl<strong>ich</strong> wurde es mögl<strong>ich</strong>, das Flair<br />

und das pulsierende Leben der Städte, von<br />

denen man sonst nur hörte oder las, am<br />

eigenen Leib zu erfahren!<br />

Zeigen, wo’s langgeht<br />

Da kam es den Reisenden wie gerufen,<br />

dass e<strong>in</strong> Buchhändler namens Karl Baedeker<br />

1835 die Gesch<strong>ich</strong>te der Reiseführer<br />

begründete. Die «Rhe<strong>in</strong>reise von Ma<strong>in</strong>z bis<br />

Cöln<strong>»</strong> wurde e<strong>in</strong> so grosser Erfolg, dass<br />

bald darauf e<strong>in</strong>e Moselreise und weitere<br />

Führer durch Holland, Belgien, Österre<strong>ich</strong><br />

und die Schweiz folgten. Pünktl<strong>ich</strong> zur<br />

Weltausstellung 1855 zeigte Karl Baedeker<br />

den Reisenden auch, wo es <strong>in</strong> Paris langgeht<br />

und <strong>was</strong> man gesehen haben muss.<br />

Beliebt waren die Baedeker-Führer vor allem<br />

wegen ihrer Präzision: Die Treppen<br />

zum Turm des Mailänder Doms soll Baedeker<br />

mithilfe von Erbsen gezählt haben. Auf<br />

dem Weg nach oben wanderte pro Stufe<br />

e<strong>in</strong>e Erbse von der Westentasche <strong>in</strong> die Hosentasche;<br />

auf dem Weg nach unten verlief<br />

die Gegenprobe <strong>in</strong> umgekehrter R<strong>ich</strong>tung.<br />

Nebenbei geschrieben<br />

Die Ära der modernen Reiseführer begann<br />

<strong>in</strong> den 1970er-<strong>Jahren</strong>, als erkundungsfreudige<br />

«Hippies<strong>»</strong> e<strong>in</strong>fach ihren Krempel<br />

zusammenpackten und s<strong>ich</strong> aufmachten,<br />

die Welt zu bereisen. Manch e<strong>in</strong>er wurde<br />

auf diese Weise nebenbei zum Reisebuchautor.<br />

Die beliebte Reihe «Lonely Planet<strong>»</strong><br />

entstand beispielsweise, als Tony und<br />

Maureen Wheeler <strong>in</strong> den Flitterwochen mit<br />

dem Rucksack durch Afghanistan, Indien,<br />

Ostasien und Australien trampten. Als ihnen<br />

das Geld ausg<strong>in</strong>g, schrieben sie ihre<br />

Reiseerlebnisse <strong>in</strong> Buchform nieder und<br />

re<strong>ich</strong>erten sie mit Tipps für junge Rucksacktouristen<br />

an. Das Buch verkaufte s<strong>ich</strong><br />

so gut, dass s<strong>ich</strong> das Paar weitere Reisen<br />

damit f<strong>in</strong>anzieren konnte.<br />

Alles an e<strong>in</strong>em Ort<br />

Heutzutage s<strong>in</strong>d längere und kürzere Trips<br />

nach London, Paris oder Madrid <strong>schon</strong> fast<br />

alltägl<strong>ich</strong>. Die Gründe dafür liegen auf der<br />

Hand: Städte s<strong>in</strong>d zumeist schnell und e<strong>in</strong>fach<br />

zu erre<strong>ich</strong>en; e<strong>in</strong>e Unterkunft f<strong>in</strong>det<br />

s<strong>ich</strong> le<strong>ich</strong>t; kulturelle Attraktionen wie Museen,<br />

berühmte Gebäude und Monumente<br />

liegen d<strong>ich</strong>t beie<strong>in</strong>ander; Veranstaltungen<br />

aller Art können quasi an jeder Ecke besucht<br />

werden. Alles ist <strong>in</strong> ungezählten Reiseführern<br />

m<strong>in</strong>utiös beschrieben, sodass<br />

s<strong>ich</strong> langwierige Reiserecherchen im Vorfeld<br />

mittlerweile eigentl<strong>ich</strong> erübrigen. Was<br />

liegt also näher, als die berühmte Wiener<br />

Kaffeehauskultur kennenzulernen, <strong>in</strong> Barcelona<br />

e<strong>in</strong> Fussballspiel zu besuchen oder<br />

s<strong>ich</strong> im Kolosseum <strong>in</strong> Rom vorzustellen,<br />

wie schwer gepanzerte Gladiatoren um<br />

Ehre und Leben kämpften? Schliessl<strong>ich</strong><br />

kann man s<strong>ich</strong> heute e<strong>in</strong>fach <strong>in</strong>s Flugzeug<br />

setzen und muss n<strong>ich</strong>t erst e<strong>in</strong>e wochenlange<br />

Anreise zu Pferd auf s<strong>ich</strong> nehmen!<br />

WELTWEIT Beliebteste<br />

Städtedest<strong>in</strong>ationen 2013<br />

1. Bangkok 11. Seoul<br />

2. London 12. Mailand<br />

3. Paris 13. Rom<br />

4. S<strong>in</strong>gapur 14. Shanghai<br />

5. New York 15. Amsterdam<br />

6. Istanbul 16. Tokyo<br />

7. Dubai 17. Wien<br />

8. Kuala Lumpur 18. Taipei<br />

9. Hongkong 19. Riad<br />

10. Barcelona 20. Los Angeles<br />

Quelle: MasterCard Global Dest<strong>in</strong>ation<br />

Cities 2013 Index


26 | Spezial – überblick Books Nr. 1/2014<br />

REISEN MIT GUTEM<br />

BAUCHGEFÜHL<br />

mit der erfolgre<strong>ich</strong>sten Reiseführer-Reihe der Welt.<br />

3 31<br />

von<br />

ISBN 978-3-7342-0002-1<br />

Der erste Reiseführer<br />

mit<br />

M<strong>in</strong>i-Kochbuch!<br />

neuen Vis-à-Vis-<br />

Reiseführern<br />

Schön anzusehen –<br />

klares, übers<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong>es<br />

und zeitgemäßes Design<br />

Urlaub erleben –<br />

mehr Tages- und Thementouren,<br />

neue Hotel- und Restaurantlisten<br />

Detaillierte Informationen zu den Vis-à-Vis-Reiseführern<br />

f<strong>in</strong>den Sie auf www.dorl<strong>in</strong>gk<strong>in</strong>dersley.de<br />

oder auf www.facebook.com/visavis.reisen.<br />

ISBN 978-3-7342-0011-3<br />

ISBN 978-3-7342-0001-4<br />

M<strong>in</strong>d the Gap!<br />

London ist noch immer die beliebteste Dest<strong>in</strong>ation für Städtereisende<br />

<strong>in</strong> Europa. Grund genug, <strong>in</strong> der Orell-Füssli-Filiale Kramhof <strong>in</strong><br />

Zür<strong>ich</strong> zu überprüfen, ob die Reiseführer für London ebenso vielfältig<br />

s<strong>in</strong>d wie die Metropole selbst.<br />

Erik Brühlmann<br />

Im Vergle<strong>ich</strong> mit Schweizer Städten ist<br />

London e<strong>in</strong>e Mega-City: Knapp 8,5 Millionen<br />

Menschen leben auf 1572 Quadratkilometern<br />

<strong>in</strong> 33 Stadtbezirken – also etwa<br />

so viele Menschen wie <strong>in</strong> der ganzen<br />

Schweiz. Wer diesen Moloch als Tourist erkunden<br />

und dabei mehr als nur die übl<strong>ich</strong>en<br />

Sehenswürdigkeiten erleben will, tut<br />

gut daran, e<strong>in</strong>en Blick <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en der vielen<br />

Stadtereiseführer auf dem Markt zu werfen.<br />

Die Klassiker<br />

Umfangre<strong>ich</strong> präsentiert s<strong>ich</strong> «London<strong>»</strong><br />

von Lonely Planet, e<strong>in</strong> Klassiker unter den<br />

Stadtereiseführern. Neben den übl<strong>ich</strong>en Informationen<br />

über die Stadt und deren Bewohner,<br />

Karten, e<strong>in</strong>em U-Bahn-Plan und<br />

den w<strong>ich</strong>tigsten Adressen und Tipps für den<br />

London-Aufenthalt bietet das Buch noch e<strong>in</strong>ige<br />

spezielle Kapitel. Die «Top 16<strong>»</strong> listen<br />

kompakt die <strong>in</strong>teressantesten Sehenswürdigkeiten<br />

auf, «Gut zu wissen<strong>»</strong> hilft bei der<br />

Reisevorbereitung. Der zweite Klassiker,<br />

der hier natürl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t fehlen darf, ist der<br />

Baedeker-Reiseführer «London<strong>»</strong>. In bewährter<br />

Tradition und Qualität s<strong>in</strong>d hier<br />

alle wissenswerten Informationen für<br />

Hauptstadttouristen vere<strong>in</strong>t, angere<strong>ich</strong>ert<br />

mit Bildern, Übers<strong>ich</strong>tskarten und e<strong>in</strong>em<br />

Stadtplan. Für welchen Klassiker man s<strong>ich</strong><br />

entscheidet, ist letztl<strong>ich</strong> Geschmacksache.<br />

London für Sparfüchse<br />

Die englische Hauptstadt ist e<strong>in</strong> teures<br />

Pflaster. Allerd<strong>in</strong>gs lässt s<strong>ich</strong> die Stadt an<br />

der Themse auch mit wenig Geld erkunden.<br />

Wie das geht, zeigt «London<strong>»</strong> aus der Low-<br />

Budget-Reihe von Marco Polo. Das Büchle<strong>in</strong><br />

mit City-Atlas passt <strong>in</strong> jeden Rucksack<br />

und verrät, wie und wo man als Tourist Geld<br />

sparen kann. Aufgelistet werden Museen<br />

mit freiem E<strong>in</strong>tritt, Adressen für gutes und<br />

günstiges Essen und Schlafen, Bezugsmögl<strong>ich</strong>keiten<br />

für Rabattgutsche<strong>in</strong>e und spezielle<br />

Aktionen wie zum Beispiel die Gratisführungen<br />

der Tate Modern zwischen 11 und<br />

15 Uhr. Zudem zeigt der Reiseführer auch<br />

Mögl<strong>ich</strong>keiten, die teuren Sehenswürdigkeiten<br />

auf e<strong>in</strong>e günstigere Art zu erleben.<br />

London für Fussgänger<br />

In der Themsestadt s<strong>in</strong>d die Distanzen riesig.<br />

Deshalb bewegt man s<strong>ich</strong> bevorzugt<br />

mit der U-Bahn, dem Taxi oder mit dem<br />

Bus von A nach B. Schade eigentl<strong>ich</strong>, denn<br />

auch zu Fuss lässt s<strong>ich</strong> die Stadt wunderbar<br />

erleben. Ganze 30 Stadtwandertouren<br />

s<strong>in</strong>d zum Beispiel <strong>in</strong> «London zu Fuss entdecken<strong>»</strong><br />

zusammengestellt. Zu jeder Tour<br />

gibt es den entsprechenden Kartenausschnitt<br />

mit e<strong>in</strong>geze<strong>ich</strong>neter Route, e<strong>in</strong>e genaue<br />

Wegbeze<strong>ich</strong>nung und e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum<br />

an <strong>in</strong>teressanten Fakten zu den e<strong>in</strong>zelnen<br />

Wegpunkten.<br />

London für Insider<br />

Sie haben den Big Ben <strong>schon</strong> läuten gehört,<br />

s<strong>in</strong>d bei Madame Tussaud’s stundenlang <strong>in</strong><br />

der Schlange gestanden und kennen selbst<br />

die letzte Schraube der «HMS Belfast<strong>»</strong>?<br />

Dann wird es Zeit für Insider-Tipps! Über<br />

hundert touristisch selten erforschte Örtl<strong>ich</strong>keiten<br />

hält «111 Orte <strong>in</strong> London, die<br />

man gesehen haben muss<strong>»</strong> von John Sykes<br />

parat. Auf jeweils e<strong>in</strong>er Doppelseite<br />

werden hier Orte vorgestellt, die selbst erfahrene<br />

London-Fans vielle<strong>ich</strong>t noch nie<br />

gesehen haben: von der Apothecaries’ Hall<br />

über den ehemaligen Armen- und Prostituierten-Friedhof<br />

Crossbones Graveyard<br />

und den legendären London Stone bis zum<br />

Pub «Ye Olde Mitre<strong>»</strong>.<br />

London für Städteführermuffel<br />

Es soll ja Touristen geben, die mit Städteführern<br />

n<strong>ich</strong>ts anfangen können. Denen<br />

seien zwei Bücher aus dem re<strong>ich</strong>haltigen<br />

London-Angebot ans Herz gelegt: «Gebrauchsanweisung<br />

für London<strong>»</strong> von Roland<br />

Reng erkundet die Stadt über viele<br />

kle<strong>in</strong>e Gesch<strong>ich</strong>ten. Reiseführertypische<br />

Karten, Infoboxen und Checklisten sucht<br />

man hier vergebl<strong>ich</strong>. Im Vordergrund steht<br />

der Lesespass. Und ganz nebenbei erfährt<br />

man, wie die pulsierende Stadt und ihre<br />

Bewohner ticken und wo man vielle<strong>ich</strong>t<br />

beim nächsten Besuch e<strong>in</strong>mal vorbeischauen<br />

sollte. E<strong>in</strong>en ganz ähnl<strong>ich</strong>en Ansatz<br />

verfolgt Gerhard Elfers mit «111<br />

Spezial – london | 27<br />

Gründe, London zu lieben<strong>»</strong>. Se<strong>in</strong>e 111<br />

Kurzgesch<strong>ich</strong>ten s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Liebeserklärung<br />

an die Themsestadt und enthalten<br />

e<strong>in</strong>e ganze Menge nützl<strong>ich</strong>er Informationen.<br />

Nur s<strong>in</strong>d diese eben n<strong>ich</strong>t übers<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong><br />

und praktisch <strong>in</strong> Listen verpackt, sodass<br />

das Buch wohl eher et<strong>was</strong> für Fans als<br />

für Wochenendreisende ist.<br />

London<br />

Damian Harper<br />

495 Seiten<br />

CHF 34.90<br />

Lonely Planet<br />

London<br />

Ra<strong>in</strong>er Eisenschmid<br />

392 Seiten<br />

CHF 37.90<br />

Baedeker<br />

London<br />

Kathleen Becker<br />

159 Seiten<br />

CHF 14.90<br />

Marco Polo<br />

London zu Fuss<br />

entdecken<br />

Joseph<strong>in</strong>e Grever<br />

159 Seiten<br />

CHF 17.90<br />

Polyglott<br />

111 Orte <strong>in</strong> London,<br />

die man gesehen<br />

haben muss<br />

John Sykes<br />

230 Seiten<br />

CHF 22.90<br />

Emons<br />

Gebrauchsanweisung<br />

für London<br />

Roland Reng<br />

208 Seiten<br />

CHF 24.90<br />

Piper<br />

111 Gründe, London<br />

zu lieben<br />

Gerhard Elfers<br />

344 Seiten<br />

CHF 15.90<br />

Schwarzkopf &<br />

Schwarzkopf


28 | Spezial – Interview Books Nr. 1/2014<br />

«Essen ist das w<strong>ich</strong>tigste<br />

Ferienerlebnis!<strong>»</strong><br />

Doris Giesemann ist Vertriebs- und Market<strong>in</strong>gleiter<strong>in</strong> bei Dorl<strong>in</strong>g<br />

K<strong>in</strong>dersley. Der Verlag veröffentl<strong>ich</strong>t die weltweit erfolgre<strong>ich</strong>ste Reiseführer-Reihe<br />

«Vis-à-Vis<strong>»</strong>, die es seit genau 20 <strong>Jahren</strong> gibt. Sie will<br />

n<strong>ich</strong>t nur <strong>in</strong> Städte und Länder, sondern auch an den Herd locken.<br />

Thomas Mäder<br />

«Books<strong>»</strong>: Woh<strong>in</strong> führte Sie Ihre letzte<br />

Städtereise?<br />

Doris Giesemann: Als <strong>ich</strong> im letzten<br />

Frühl<strong>in</strong>g berufl<strong>ich</strong> <strong>in</strong> London war, konnte<br />

<strong>ich</strong> den Anlass nutzen, und mir an e<strong>in</strong>em<br />

verlängerten Wochenende endl<strong>ich</strong> wieder<br />

e<strong>in</strong>mal die Stadt anschauen. Londons<br />

Pracht fasz<strong>in</strong>iert m<strong>ich</strong> immer wieder.<br />

Trotz der Grösse kann man viel zu Fuss<br />

unternehmen. E<strong>in</strong> Geheimtipp für Spaziergänger<br />

ist zum Beispiel e<strong>in</strong> Spaziergang<br />

von Little Venice den Regent Canal<br />

entlang bis <strong>in</strong>s Punkerviertel Camden.<br />

Solchen Entdeckungstouren wurde <strong>in</strong><br />

der Neuauflage der Vis-à-Vis-Reiseführer<br />

mehr Platz e<strong>in</strong>geräumt ...<br />

Wir wollten unsere Reiseführer noch e<strong>in</strong>mal<br />

rundum erneuern und natürl<strong>ich</strong> auch<br />

verbessern – und darum haben vermehrt<br />

auch besondere Themen e<strong>in</strong>en Platz im<br />

Buch: Genuss- und Kulturtouren oder<br />

Tipps für Familien. Um e<strong>in</strong> wenig Platz zu<br />

sparen, haben wir gle<strong>ich</strong>zeitig die Menge<br />

der Hotelempfehlungen et<strong>was</strong> reduziert.<br />

Ist das ke<strong>in</strong> Verlust?<br />

Mittlerweile <strong>in</strong>formieren s<strong>ich</strong> die meisten<br />

Leute im Internet über Hotels. Auch <strong>ich</strong><br />

hatte me<strong>in</strong> Hotel <strong>in</strong> London übers Internet<br />

gesucht und gebucht. Wir haben unsere<br />

Hotelempfehlungen daher qualitativ<br />

verändert: Sie s<strong>in</strong>d persönl<strong>ich</strong>er abgefasst<br />

und bieten Zusatz<strong>in</strong>formationen, wie man<br />

beispielsweise als Rollstuhlfahrer das<br />

beste Hotel f<strong>in</strong>det. Zudem haben wir die<br />

Tipps für Restaurants und Bars ausgebaut<br />

und ebenfalls attraktiver gestaltet.<br />

Die auffälligste Neuerung ist, dass den<br />

Reiseführern e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Kochbuch mit<br />

regionalen Spezialitäten beiliegt. Wie<br />

ist diese Idee entstanden?<br />

Aufgrund e<strong>in</strong>es logischen Prozesses –<br />

denn unser Verlag ist ja n<strong>ich</strong>t nur mit<br />

Reiseführern, sondern auch mit Kochbüchern<br />

sehr erfolgre<strong>ich</strong>. Analysen aus der<br />

Tourismusbranche zeigen, dass das Essen<br />

für viele Reisende das w<strong>ich</strong>tigste Erlebnis<br />

<strong>in</strong> den Ferien ist – noch vor der Kultur.<br />

Daher dachten wir uns: Das müssen wir<br />

verb<strong>in</strong>den. Viele holen s<strong>ich</strong> später gern<br />

die Ferien noch e<strong>in</strong>mal kul<strong>in</strong>arisch nach<br />

Hause – oder wollen s<strong>ich</strong> mit e<strong>in</strong>em typischen<br />

Essen <strong>schon</strong> e<strong>in</strong>mal aufs Reiseziel<br />

e<strong>in</strong>stimmen. Und das können die Leser<strong>in</strong>nen<br />

und Leser der Vis-à-Vis-Bände nun<br />

bequem tun.<br />

Geht es eher um die besonders typischen<br />

Ger<strong>ich</strong>te – oder um solche, die<br />

auch wirkl<strong>ich</strong> jeder und jede nachkochen<br />

kann?<br />

Wir bieten e<strong>in</strong>e runde Mischung für<br />

Anfänger und Fortgeschrittene. Der Fokus<br />

aber liegt natürl<strong>ich</strong> auf besonders typischen<br />

Ger<strong>ich</strong>ten, das ist ja das Konzept<br />

des M<strong>in</strong>i-Kochbuchs.<br />

Rezepte haben den Vorteil, dass sie<br />

stets aktuell bleiben. Das ist bei vielen<br />

Angaben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Städtereiseführer<br />

anders. Hat man da gegen die Konkurrenz<br />

aus dem Internet überhaupt noch<br />

e<strong>in</strong>e Chance?<br />

Ja, und das belegen auch die Umsatzzahlen.<br />

Im vergangenen Jahr stiegen die<br />

Umsätze bei gedruckten Reiseführern um<br />

7,5 Prozent.<br />

Worauf führen Sie zurück, dass die<br />

gedruckten Reiseführer vom Internet<br />

n<strong>ich</strong>t verdrängt werden?<br />

Im Internet muss man s<strong>ich</strong> erst alle<br />

Informationen mühsam zusammensuchen,<br />

man wird regelrecht von Tipps<br />

überschwemmt, alles braucht viel Zeit<br />

– und dann hat man noch n<strong>ich</strong>t e<strong>in</strong>mal<br />

e<strong>in</strong>e Garantie für die Qualität der Tipps<br />

oder Bewertungen. Bei e<strong>in</strong>em Reiseführer<br />

hat <strong>schon</strong> jemand e<strong>in</strong>e Filterung<br />

vorgenommen und man erhält geprüfte<br />

Informationen. Der gedruckte Reiseführer<br />

führt durch die Reise, nimmt e<strong>in</strong>en an die<br />

Hand und strukturiert. Das wollen viele<br />

Reisende.<br />

E<strong>in</strong>e Reiseführer-App hat diese Nachteile<br />

n<strong>ich</strong>t ...<br />

R<strong>ich</strong>tig. Dennoch führen App- und E-<br />

Book-Produkte nach wie vor e<strong>in</strong> Nischendase<strong>in</strong>.<br />

Womögl<strong>ich</strong> ändert s<strong>ich</strong> das<br />

aber noch: Die Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen<br />

unseres Mutterhauses <strong>in</strong> London witzeln<br />

immer, sie würden deutschsprachige<br />

Touristen daran erkennen, dass diese<br />

noch mit e<strong>in</strong>em Stadtplan nach ihrem Ziel<br />

suchten. Die Engländer zücken da eher<br />

das Smartphone oder das Tablet. Aber<br />

das s<strong>in</strong>d vielle<strong>ich</strong>t auch e<strong>in</strong>fach kulturelle<br />

Unterschiede im Umgang mit der Technik.<br />

Aber bezügl<strong>ich</strong> Aktualität kann e<strong>in</strong><br />

Buch wohl kaum mit dem Internet mithalten<br />

...?<br />

Das stimmt. Wir veröffentl<strong>ich</strong>en etwa alle<br />

e<strong>in</strong>- bis e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb Jahre e<strong>in</strong>e Neuauflage<br />

unserer Städtereiseführer. Das ist natürl<strong>ich</strong><br />

e<strong>in</strong> enormer Aufwand, aber <strong>ich</strong> b<strong>in</strong> immer<br />

wieder überrascht, wie viel nach bloss<br />

e<strong>in</strong>em Jahr wieder geändert werden muss.<br />

Vieles bleibt aber auch unverändert – etwa<br />

die w<strong>ich</strong>tigsten Sehenswürdigkeiten.<br />

Mit welchem Städtereiseführer planen<br />

Sie Ihre nächste Reise?<br />

Mit dem neu aufgelegten Barcelona-Reiseführer.<br />

In diese Stadt will <strong>ich</strong> unbed<strong>in</strong>gt!<br />

«Vis-à-Vis<strong>»</strong> ist mit rund 40 Millionen<br />

verkauften Exemplaren die weltweit<br />

erfolgre<strong>ich</strong>ste Reiseführer-Reihe. Zum<br />

20-Jahr-Jubiläum der Reihe wird sie neu<br />

lanciert. Neu liegt allen Reiseführern e<strong>in</strong><br />

M<strong>in</strong>i-Kochbuch bei, ausserdem wurde den<br />

Tages- und Thementouren mehr Platz<br />

e<strong>in</strong>geräumt und das Layout aufgefrischt.<br />

Doris Giesemann von Dorl<strong>in</strong>g K<strong>in</strong>dersley:<br />

«Bei e<strong>in</strong>em gedruckten Reiseführer hat<br />

<strong>schon</strong> jemand e<strong>in</strong>e Filterung aller Informationen<br />

vorgenommen.<strong>»</strong><br />

© swiss-image.ch<br />

NEU<br />

Wanderkarten mit<br />

Tourenvorschlägen<br />

3 <strong>in</strong> 1 – Karte,<br />

Tourenführer und Fotos<br />

E<strong>in</strong> neuartiges Produkt<br />

E<strong>in</strong>e Wanderkarte im Massstab 1: 50 000 mit 33 Wandertouren<br />

Diese neuen Wanderkarten auf <strong>was</strong>ser- und reissfestem Papier präsentieren<br />

attraktive Vorschläge und verschaffen den raschen Überblick über<br />

die geplante Tour. In Zusammenarbeit mit Geo-Tracks haben wir alles<br />

Wissenswerte über die schönsten Wanderregionen der Schweiz <strong>in</strong> diese<br />

Karten e<strong>in</strong>fliessen lassen: W<strong>ich</strong>tige Angaben über Höhenprofile, Zeitangaben<br />

der Wanderung, Restaurants, Autobus und vieles mehr!<br />

Als weiteres Highlight können Sie Ihre Karte kostenlos auf Ihr<br />

Smartphone laden. Durch die GPS-genaue Position <strong>in</strong> der Karte<br />

wissen Sie jederzeit, wo Sie s<strong>ich</strong> genau bef<strong>in</strong>den.<br />

33 Wandertouren mit:<br />

Schwierigkeit der Tour (Wanderwege für Anfänger bis sehr anspruchsvolle<br />

Alp<strong>in</strong>wanderwege); Gesamthärte der Tour (unter Berücks<strong>ich</strong>tigung von Länge,<br />

Höhendifferenz und Schwierigkeit); Tourendistanz; Höhenmeter (Gesamt-<br />

Höhenunterschied der Haupttour); Zeitbedarf; Höchster Punkt.<br />

Nr. 1<br />

Nr. 2<br />

Nr. 3<br />

Nr. 4<br />

Nr. 5<br />

Nr. 6<br />

Nr. 7<br />

Nr. 8<br />

BUCHtipps | 29<br />

Zürcher Oberland<br />

Appenzellerland, Säntis<br />

Heidiland, Flumserberge<br />

Jungfrau Region, Gr<strong>in</strong>delwand<br />

Saanenland, Adelboden-Lenk<br />

Aletsch-Goms, Brig<br />

Oberengad<strong>in</strong>, Bern<strong>in</strong>a<br />

Region Lugano, Mendrisiotto<br />

www.swisstravelcenter.ch


30 | Buchtipps Books Nr. 1/2014 BUCHtipps | 31<br />

ACSI<br />

Internationaler<br />

Camp<strong>in</strong>gführer<br />

Europa 2014<br />

Raymond Maurer<br />

Picknick und<br />

Grill <strong>in</strong> der<br />

Schweiz<br />

Schweiz 2014 –<br />

Offizielle Strassenkarte<br />

Schweiz<br />

Tourismus<br />

Navigator<br />

Europa-Strassenatlas<br />

Arne Dahl<br />

Neid<br />

Deon Meyer<br />

Sieben Tage<br />

Leonardo Padura<br />

Ketzer<br />

Dorothee Elmiger<br />

Schlafgänger<br />

Wer auf jedem Camp<strong>in</strong>gplatz im<br />

Europa-Camp<strong>in</strong>gführer von ACSI e<strong>in</strong>e<br />

Nacht verbr<strong>in</strong>gen wollte, müsste fast<br />

25 Jahre Ferien <strong>mache</strong>n: Das Buch<br />

stellt 8500 Plätze <strong>in</strong> 30 Ländern vor.<br />

Die Porträts s<strong>in</strong>d umfassend und werden<br />

auf aufwändige Weise erstellt:<br />

Über 300 Camp<strong>in</strong>gplatz-Inspektoren<br />

von ACSI durchqueren jedes Jahr<br />

Europa, um die Plätze auf Herz und<br />

Nieren zu prüfen. Entsprechend<br />

aktuell und fundiert s<strong>in</strong>d denn auch<br />

die Informationen. In der diesjährigen<br />

Ausgabe des zweibändigen Werks<br />

neu h<strong>in</strong>zugekommen s<strong>in</strong>d Plätze<br />

<strong>in</strong> Estland, Lettland, Litauen und<br />

Rumänien. E<strong>in</strong>e beigelegte DVD mit<br />

<strong>in</strong>tegriertem Routenplaner, Videos<br />

sowie L<strong>in</strong>ks auf die Websites der<br />

Plätze erle<strong>ich</strong>tert die Vorbereitung auf<br />

den Camp<strong>in</strong>gtrip.<br />

Alle, die lieber Cervelat statt Sushi<br />

essen und die Picknickdecke auf e<strong>in</strong>er<br />

grünen Alpwiese der Tischdecke<br />

<strong>in</strong> der heimischen Stube vorziehen,<br />

werden dieses Buch mit zugehöriger<br />

Faltkarte lieben: Es stellt 120 Picknickund<br />

Grillplätze der Schweiz vor. Da<br />

dürfte für alle Outdoor-Gourmets<br />

et<strong>was</strong> dabei se<strong>in</strong>: für die Liebhaber<br />

des e<strong>in</strong>fachen Picknicks genauso wie<br />

für jene des stilvollen Mahls <strong>in</strong> freier<br />

Natur, für Wanderer wie für Velofahrer,<br />

für Alpenpanorama-Bewunderer<br />

und Seeufer-Romantiker. Damit das<br />

Picknick ganz s<strong>ich</strong>er e<strong>in</strong> Erfolg wird,<br />

gibt’s zusätzl<strong>ich</strong> Tipps zum r<strong>ich</strong>tigen<br />

Feuer<strong>mache</strong>n, viele Rezepte und<br />

sogar e<strong>in</strong>e Entscheidungshilfe bei der<br />

w<strong>ich</strong>tigen Frage: Picknickkorb oder<br />

Picknick-Rucksack?<br />

Dieses Jahr kommt die offizielle<br />

Strassenkarte von Schweiz Tourismus<br />

im digitalen Zeitalter an. Auf der<br />

Karte ist neu e<strong>in</strong> Download-Code<br />

abgedruckt – damit f<strong>in</strong>det sie künftig<br />

n<strong>ich</strong>t nur im Seitenfach der Autotür<br />

Platz, sondern auch auf dem Smartphone.<br />

Die Verb<strong>in</strong>dung von analog<br />

und digital geht aber noch weiter: Mit<br />

dem Smartphone können sogenannte<br />

BeeTaggs gescannt werden, um<br />

Entfernungsangaben zu erhalten.<br />

Dazu kommen Transitpläne, e<strong>in</strong><br />

Orts<strong>in</strong>dex, touristische Informationen<br />

und Angaben zu Sehenswürdigkeiten.<br />

Alle Informationen s<strong>in</strong>d wie gewohnt<br />

aktuell, übers<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> dargestellt<br />

und überzeugen durch die e<strong>in</strong>fache<br />

Handhabung.<br />

«Navi<strong>»</strong> ist die Kurzform von Navigator<br />

und me<strong>in</strong>t heutzutage natürl<strong>ich</strong><br />

e<strong>in</strong> elektronisches Gerät, das e<strong>in</strong>en<br />

ziels<strong>ich</strong>er an den gewünschten Ort<br />

br<strong>in</strong>gt. Dass der klassische Navigator<br />

<strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Strassenatlas’ trotzdem<br />

noch n<strong>ich</strong>t ausgedient hat, beweist die<br />

Neuauflage des Europa-Strassenatlas<br />

von Hallwag. Auf geballten 512 Seiten<br />

bietet das Werk Karten jedes W<strong>in</strong>kels<br />

des Kont<strong>in</strong>ents sowie 59 Stadt- und 30<br />

Transitpläne. Wer die Übers<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong>keit<br />

e<strong>in</strong>er analogen Strassenkarte auch<br />

<strong>in</strong> digitalen Zeiten n<strong>ich</strong>t missen will, ist<br />

mit diesem Referenzwerk also bestens<br />

bedient. Und die digitale Ergänzung<br />

wird auch gle<strong>ich</strong> mitgeliefert – im<br />

Kaufpreis <strong>in</strong>begriffen ist e<strong>in</strong> Code, mit<br />

dem s<strong>ich</strong> die Europa-Strassenkarte<br />

1:800‘000 auf das Smartphone laden<br />

lässt.<br />

E<strong>in</strong>em Professor wird auf offener<br />

Strasse die Kehle durchgeschnitten.<br />

E<strong>in</strong> bl<strong>in</strong>der Bettler flieht mit dem<br />

Smartphone des Wissenschaftlers,<br />

auf dem s<strong>ich</strong> sensible Daten bef<strong>in</strong>den.<br />

Der blutige Mordfall ist von<br />

europäischer Tragweite, und deshalb<br />

wird Paul Hjelm e<strong>in</strong>geschaltet – der<br />

Chef der Europol-Gruppe Opcop.<br />

Se<strong>in</strong>e Ermittlungen führen ihn <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en Kampf gegen die mächtige<br />

Energie-Lobby. Es ist e<strong>in</strong> Kampf, bei<br />

dem Paul Hjelm alle se<strong>in</strong>e Pr<strong>in</strong>zipien<br />

über Bord werfen muss. Selbst se<strong>in</strong>en<br />

alten Freund Gunnar Nyberg, der<br />

s<strong>ich</strong> längst auf e<strong>in</strong>e griechische Insel<br />

zurückgezogen hatte, muss Hjelm <strong>in</strong><br />

Gefahr br<strong>in</strong>gen.<br />

«Neid<strong>»</strong> ist nach «Zorn<strong>»</strong> und «Gier<strong>»</strong><br />

der dritte Krimi des schwedischen<br />

Romanautors Arne Dahl über die<br />

<strong>in</strong>offizielle Europol-Ermittlergruppe<br />

Opcop und deren Chef Paul Hjelm.<br />

Bennie Griessel muss e<strong>in</strong> Blutbad<br />

verh<strong>in</strong>dern. E<strong>in</strong> mysteriöser Heckenschütze<br />

schiesst <strong>in</strong> Kapstadt e<strong>in</strong>en<br />

Polizisten an und droht damit, jeden<br />

Tag e<strong>in</strong>en weiteren Polizisten <strong>in</strong>s<br />

Visier zu nehmen. Die Attentate<br />

sollen erst dann stoppen, wenn der<br />

Mörder e<strong>in</strong>er jungen Anwält<strong>in</strong> vor<br />

Ger<strong>ich</strong>t gebracht wird. Doch die<br />

Polizei tappt bei diesem Mordfall im<br />

Dunkeln.<br />

Während Bennie Griessel unter<br />

Hochdruck ermittelt, ist auch <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Liebesleben e<strong>in</strong>iges <strong>in</strong> Bewegung.<br />

Nachdem die Beziehung zu<br />

se<strong>in</strong>er Frau gescheitert ist, hat er e<strong>in</strong>e<br />

neue Liebe gefunden: zu e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>st<br />

erfolgre<strong>ich</strong>en Sänger<strong>in</strong>, die wie er<br />

dem Alkohol verfallen war und<br />

nun an ihrem Comeback arbeitet.<br />

«Sieben Tage<strong>»</strong> ersche<strong>in</strong>t erstmals als<br />

deutsches Taschenbuch.<br />

Auf e<strong>in</strong>er Auktion <strong>in</strong> London taucht<br />

2007 e<strong>in</strong> bislang unbekanntes Christus-Porträt<br />

von Rembrandt auf. Die<br />

Kunstwelt ist aus dem Häuschen, doch<br />

das Bild wirft viele Fragen auf, etwa<br />

nach dem Eigentümer des Werks.<br />

Mario Conde schaltet s<strong>ich</strong> e<strong>in</strong> – der<br />

Polizist aus dem «Havanna-Quartett<strong>»</strong>,<br />

das den kubanischen Autor Leonardo<br />

Padura weltberühmt machte.<br />

Conde versucht die Geheimnisse des<br />

Gemäldes zu ergründen. Die Spur<br />

führt durch die Jahrhunderte und um<br />

die ganze Welt. Der Polizist stösst auf<br />

die Gesch<strong>ich</strong>te e<strong>in</strong>es jungen Juden, der<br />

e<strong>in</strong>st als Schüler von Rembrandt <strong>in</strong><br />

den Besitz des Bilds gelangte. Und er<br />

erfährt vom Schicksal e<strong>in</strong>er jüdischen<br />

Familie im Zweiten Weltkrieg, die s<strong>ich</strong><br />

mit dem Bild die E<strong>in</strong>reise nach Kuba<br />

s<strong>ich</strong>ern wollte.<br />

Irgendwo tief im europäischen Wald<br />

begegnen sie e<strong>in</strong>ander: Grenzgänger,<br />

Schmuggler<strong>in</strong>nen, Flüchtl<strong>in</strong>ge, Arbeiter<strong>in</strong>nen,<br />

Asylbewerber, Kontrolleure,<br />

Künstler<strong>in</strong>nen, Instrumentalist<strong>in</strong>nen,<br />

Schauspieler, Journalisten, Stipendiaten,<br />

Logistiker, Student<strong>in</strong>nen, Geister.<br />

Sie kommen von überall. Sie alle s<strong>in</strong>d<br />

Stellvertreter unserer Zeit, und sie<br />

führen e<strong>in</strong> Gespräch. Über Herkunft<br />

und Gerechtigkeit, über Körper und<br />

Staat, Import und Export, Heimat und<br />

Migration, über Glück, Musik und den<br />

Tod.<br />

Mit ihrem Debütroman «E<strong>in</strong>ladung an<br />

die Waghalsigen<strong>»</strong> erregte die junge<br />

Schweizer Autor<strong>in</strong> Dorothee Elmiger<br />

2010 grosses Aufsehen. Das Buch<br />

wurde mit zahlre<strong>ich</strong>en Preisen ausgeze<strong>ich</strong>net.<br />

In ihrem neuen Werk leuchtet<br />

Dorothee Elmiger die brisanten Fragen<br />

unserer Gegenwart aus.<br />

1368 Seiten<br />

139 Seiten<br />

512 Seiten<br />

512 Seiten<br />

432 Seiten<br />

656 Seiten<br />

160 Seiten<br />

CHF 39.90<br />

CHF 22.90<br />

CHF 19.90<br />

CHF 29.90<br />

CHF 25.90<br />

CHF 15.90<br />

CHF 36.90<br />

CHF 26.90<br />

Hallwag<br />

Kümmerly+Frey<br />

Hallwag<br />

Hallwag<br />

Piper<br />

Aufbau Verlag<br />

Unionsverlag<br />

DuMont<br />

ISBN 978-3-905755-55-8<br />

ISBN 978-3-259-03723-2<br />

ISBN 978-3-8283-1021-6<br />

ISBN 978-3-8283-0799-5<br />

ISBN 978-3-492-05537-6<br />

ISBN 978-3-7466-3015-1<br />

ISBN 978-3-293-00469-6<br />

ISBN 978-3-8321-9742-1


32 | Kaffeepause Books Nr. 1/2014 Kaffeepause | 33<br />

Der Geschmack der<br />

Sehnsucht<br />

Kim Thúy<br />

160 Seiten<br />

CHF 24.90<br />

Kunstmann<br />

Der Alte, dem Kugeln<br />

n<strong>ich</strong>ts anhaben<br />

konnten<br />

Daniel Friedman<br />

320 Seiten<br />

CHF 26.90<br />

Aufbau<br />

Ewigkeitsfjord<br />

Kim Le<strong>in</strong>e<br />

640 Seiten<br />

CHF 35.90<br />

Hanser<br />

Die Debatte<br />

Was <strong>mache</strong>n Buchhändler <strong>in</strong> der Kaffeepause? Natürl<strong>ich</strong> plaudern<br />

sie über Bücher. Zum Beispiel im Bagels im St. Galler<br />

Rösslitor, der grössten Buchhandlung der Ostschweiz. Books<br />

hat s<strong>ich</strong> dort zu Bett<strong>in</strong>a Zeidler und Dario Widmer gesetzt.<br />

Marius Leutenegger<br />

Books: Bett<strong>in</strong>a, du hast «Der Geschmack<br />

der Sehnsucht<strong>»</strong> mitgebracht. Wie bist du<br />

auf dieses Buch gekommen?<br />

Bett<strong>in</strong>a Zeidler (BZ): Me<strong>in</strong> Interesse<br />

wurde durch das wunderschöne Cover<br />

geweckt – und weil das Buch auch sonst<br />

sehr schön aufgemacht ist.<br />

Worum geht’s?<br />

BZ: Die Gesch<strong>ich</strong>te beg<strong>in</strong>nt während des<br />

Vietnamkriegs. Das Mädchen Man wird<br />

im allgeme<strong>in</strong>en Chaos von e<strong>in</strong>er Familie<br />

zur nächsten geschoben. Und es lernt: Du<br />

musst de<strong>in</strong>e Identität aufgeben und darfst<br />

niemals auffallen, wenn du überleben<br />

willst. Schliessl<strong>ich</strong> wächst Man bei ihrer<br />

dritten «Mutter<strong>»</strong> heran, e<strong>in</strong>er Lehrer<strong>in</strong>.<br />

Diese Frau arrangiert für die junge Frau<br />

dann auch e<strong>in</strong>e Ehe mit e<strong>in</strong>em älteren,<br />

wohlhabenden Vietnamesen, der <strong>in</strong> Montreal<br />

e<strong>in</strong> Restaurant führt. Man beg<strong>in</strong>nt,<br />

zurückgezogen und zieml<strong>ich</strong> isoliert <strong>in</strong><br />

dessen Küche zu arbeiten. Dabei kann sie<br />

all das Wissen nutzen, dass ihr ihre Mütter<br />

weitergegeben haben. Schliessl<strong>ich</strong> kommt<br />

es zu e<strong>in</strong>er schicksalhaften Begegnung:<br />

Man lernt Julie kennen, die das Potenzial<br />

der jungen Frau erkennt und mit ihr e<strong>in</strong><br />

Kochbuch zu schreiben beg<strong>in</strong>nt. Bis anh<strong>in</strong><br />

war Man äusserst gefügig; um jeden Streit<br />

von vornhere<strong>in</strong> auszuschliessen, hat sie<br />

zum Beispiel ihrem Mann jeden Wunsch<br />

von den Augen abgelesen. Jetzt lernt sie<br />

aber, ihren eigenen Wünschen und Sehnsüchten<br />

nachzugehen. Dank Julie gelangt<br />

sie <strong>in</strong> die weite Welt h<strong>in</strong>aus – und schliessl<strong>ich</strong><br />

lernt sie <strong>in</strong> Paris Luc kennen, <strong>in</strong> den<br />

sie s<strong>ich</strong> unsterbl<strong>ich</strong> verliebt.<br />

Ist dies die Lebensgesch<strong>ich</strong>te der Autor<strong>in</strong>?<br />

BZ: Tatsächl<strong>ich</strong> kam Kim Thúy <strong>in</strong> Saigon<br />

zur Welt; ihre Familie flüchtete nach Kanada,<br />

als sie zehn Jahre alt war. Es könnte<br />

<strong>schon</strong> ihre Gesch<strong>ich</strong>te se<strong>in</strong> – oder die<br />

Gesch<strong>ich</strong>te e<strong>in</strong>er Bekannten.<br />

Dario, wie fandest du das Buch?<br />

Dario Widmer (DW): Sehr, sehr gut – es<br />

hat mir wirkl<strong>ich</strong> ausserordentl<strong>ich</strong> gut<br />

gefallen. Die Sprache ist sehr schön, und<br />

mit Man ist der Autor<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e hervorragende<br />

Hauptperson geglückt. Sie ist so herzig,<br />

<strong>ich</strong> hätte m<strong>ich</strong> fast <strong>in</strong> sie verliebt. Hervorragend<br />

f<strong>in</strong>de <strong>ich</strong> auch, wie es der Autor<strong>in</strong><br />

gel<strong>in</strong>gt, schreckl<strong>ich</strong>e D<strong>in</strong>ge aus der S<strong>ich</strong>t<br />

e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des darzustellen.<br />

BZ: Ja, und dabei ist sie nie voyeuristisch.<br />

Kim Thúy hat e<strong>in</strong>e sehr angenehme<br />

Distanz zu ihrem Thema gefunden: Sie<br />

macht oft nur le<strong>ich</strong>te Andeutungen und ist<br />

so zurückhaltend wie ihre Protagonist<strong>in</strong>.<br />

Ich habe noch selten et<strong>was</strong> so Sensibles<br />

gelesen, die Sprache berührt e<strong>in</strong>en ebenso<br />

wie die Hauptfigur. In diesem Buch steckt<br />

e<strong>in</strong>fach alles dr<strong>in</strong>: Man erfährt viel übers<br />

Kochen, es gibt e<strong>in</strong>e schöne Liebesgesch<strong>ich</strong>te,<br />

man erhält e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong>s<br />

Leben während des Kriegs – und das alles<br />

auf gerade e<strong>in</strong>mal 160 Seiten.<br />

DW: Zudem s<strong>in</strong>d immer wieder Ged<strong>ich</strong>te<br />

e<strong>in</strong>gestreut – im vietnamesischen Orig<strong>in</strong>al<br />

und als Übersetzung.<br />

BZ: Ja, und diese Ged<strong>ich</strong>te s<strong>in</strong>d unendl<strong>ich</strong><br />

poetisch. Ach, das ist e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong> tolles<br />

Buch, e<strong>in</strong>e wirkl<strong>ich</strong>e Perle!<br />

Ihr seid ja sehr begeistert. Gibt es an<br />

diesem Buch n<strong>ich</strong>ts auszusetzen?<br />

DW: Ich habe schade gefunden, dass es<br />

so schmal ist. Ich hätte gern länger dar<strong>in</strong><br />

gelesen.<br />

BZ: Aber diese Kürze entspr<strong>ich</strong>t genau<br />

dem Inhalt: Man will nie auffallen, ist zurückhaltend<br />

– da würde et<strong>was</strong> Ausuferndes<br />

n<strong>ich</strong>t passen.<br />

Kommen wir zum zweiten Titel, über<br />

den wir heute reden – zu jenem, der<br />

Dario <strong>in</strong> unsere Runde e<strong>in</strong>gebracht hat:<br />

«Der Alte, dem Kugeln n<strong>ich</strong>ts anhaben<br />

konnten<strong>»</strong>. Das Buch hat auf der ganzen<br />

Welt geradezu enthusiastische Kritiken<br />

erhalten.<br />

DW: Den Orig<strong>in</strong>altitel f<strong>in</strong>de <strong>ich</strong> aber weit<br />

besser als die deutsche Version: «Don’t<br />

Ever Get Old<strong>»</strong>. Die Übersetzung er<strong>in</strong>nert an<br />

«Der Hundertjährige, der aus dem Fenster<br />

stieg und verschwand<strong>»</strong>, und dadurch<br />

könnte der E<strong>in</strong>druck entstehen, das neue<br />

Buch sei e<strong>in</strong> Abklatsch dieses Bestsellers,<br />

e<strong>in</strong>e billige Annäherung. Dabei ist «Der<br />

Alte, dem Kugeln n<strong>ich</strong>ts anhaben konnten<strong>»</strong><br />

et<strong>was</strong> ganz anderes. Die Gesch<strong>ich</strong>te spielt<br />

<strong>in</strong> den USA. Hauptfigur ist der 87-jährige<br />

Buck Schatz, e<strong>in</strong> zynischer, arroganter Ex-<br />

Polizist – e<strong>in</strong> r<strong>ich</strong>tig harter Hund, der e<strong>in</strong>st<br />

se<strong>in</strong>e Fälle mit dem Revolver löste und jetzt<br />

nur noch daheim sitzt, Unmengen von Zigaretten<br />

raucht und Fernsehserien schaut.<br />

E<strong>in</strong>es Tages erzählt ihm e<strong>in</strong> sterbender<br />

Kollege im Krankenhaus e<strong>in</strong> Geheimnis:<br />

Nach Kriegsende habe er e<strong>in</strong>em Nazi geholfen,<br />

mit e<strong>in</strong>em Goldschatz zu entkommen.<br />

Dieser Nazi, He<strong>in</strong>r<strong>ich</strong> Ziegler, lebe<br />

<strong>in</strong> den USA. Gle<strong>ich</strong> nach dieser Erzählung<br />

stirbt der Freund – und Buck macht s<strong>ich</strong><br />

nach langem Zögern und mysteriösen<br />

Vorfällen mit se<strong>in</strong>em Enkel Tequila auf die<br />

Suche nach Ziegler und dem Goldschatz.<br />

Dieser wird aber auch von anderen gejagt.<br />

Das kl<strong>in</strong>gt nach e<strong>in</strong>em Plot, mit dem<br />

man auch e<strong>in</strong> durchschnittl<strong>ich</strong>es Buch<br />

schreiben könnte. Was ze<strong>ich</strong>net denn den<br />

Roman von Daniel Friedman aus?<br />

BZ: Mir hat der Humor extrem gut gefallen.<br />

Dieser 87-Jährige, der s<strong>ich</strong> über alles<br />

h<strong>in</strong>wegsetzt, hat m<strong>ich</strong> an Helmut Schmidt<br />

er<strong>in</strong>nert, der s<strong>ich</strong> auch um viele Regeln<br />

foutiert. Ich habe das Buch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Stück<br />

durchgelesen, weil es so unterhaltsam ist.<br />

Der Autor klopft unvergle<strong>ich</strong>l<strong>ich</strong>e Sprüche<br />

und beschreibt alles sehr bildhaft und<br />

wortgewaltig. Es gibt aber auch traurige<br />

Gesch<strong>ich</strong>ten; bee<strong>in</strong>druckt hat m<strong>ich</strong> zum<br />

Beispiel das Verhältnis von Buck und se<strong>in</strong>er<br />

Frau Rose.<br />

DW: Der Humor ist wirkl<strong>ich</strong> aussergewöhnl<strong>ich</strong><br />

– weil er auch das, <strong>was</strong> wir als «typisch<br />

amerikanisch<strong>»</strong> beze<strong>ich</strong>nen würden, auf die<br />

Schippe nimmt. Geschrieben ist das Buch<br />

generell sehr gut, es liest s<strong>ich</strong> flüssig, die<br />

Gesch<strong>ich</strong>te führt e<strong>in</strong>en n<strong>ich</strong>t auf zu viele<br />

Nebengeleise und ist logisch aufgebaut.<br />

Ist das Buch denn e<strong>in</strong> Thriller, als das es<br />

angeboten wird?<br />

BZ: Ich würde sagen: e<strong>in</strong>e Thrillerkomö-<br />

die. Manchmal geht die Post ab, und mir<br />

als Thriller-Fan hat der e<strong>in</strong>e oder andere<br />

Blutspritzer natürl<strong>ich</strong> besonders gut gefallen.<br />

Nun, <strong>ich</strong> habe m<strong>ich</strong> köstl<strong>ich</strong> amüsiert<br />

– und <strong>ich</strong> verstehe auch, dass der Produzent<br />

der Harry-Potter-Reihe dieses Buch<br />

verfilmen will.<br />

Der letzte Titel, über den wir heute reden,<br />

ist «Ewigkeitsfjord<strong>»</strong> von Kim Le<strong>in</strong>e.<br />

BZ: Als <strong>ich</strong> die Kiste mit den neuen Büchern<br />

öffnete, dachte <strong>ich</strong>: 640 Seiten – und<br />

wir sollen das jetzt besprechen! Ich hätte<br />

«Ewigkeitsfjord<strong>»</strong> von mir aus wohl kaum<br />

gelesen. Dann hätte <strong>ich</strong> aber et<strong>was</strong> verpasst,<br />

denn auch dies ist e<strong>in</strong> unglaubl<strong>ich</strong><br />

gutes Buch, das jeden Rahmen sprengt<br />

und bei mir das re<strong>in</strong>ste Kopfk<strong>in</strong>o auslöste.<br />

Ich nehme aufgrund des Titels und des<br />

Covers an, die Gesch<strong>ich</strong>te spielt im hohen<br />

Norden ...<br />

DW: Ja, hauptsächl<strong>ich</strong> <strong>in</strong> Grönland. Hauptfigur<br />

ist Morten Falck, der gegen se<strong>in</strong>en<br />

Willen Pfarrer werden muss; die Gesch<strong>ich</strong>te<br />

spielt von 1750 bis 1815, als es so et<strong>was</strong><br />

noch gab. Falck studiert <strong>in</strong> Kopenhagen,<br />

hat dort auch e<strong>in</strong>e Beziehung zu e<strong>in</strong>er<br />

Tochter aus gutem Haus – beschliesst<br />

dann aber, mit e<strong>in</strong>er Kuh im Schlepptau<br />

als Missionar nach Grönland zu gehen.<br />

Grönland war damals e<strong>in</strong>e dänische Kolonie,<br />

und die Menschen lebten auf der Insel<br />

unter elenden Bed<strong>in</strong>gungen. Wir erfahren<br />

viel über menschl<strong>ich</strong>e Abgründe. Diese<br />

tun s<strong>ich</strong> vor allem unter den wenigen<br />

Dänen auf der Kolonie auf, darunter zum<br />

Beispiel e<strong>in</strong> Schmied oder die Witwe e<strong>in</strong>es<br />

Kaufmanns. Schliessl<strong>ich</strong> landet Falck<br />

im Ewigkeitsfjord, wo e<strong>in</strong>e abtrünnige<br />

Dario Widmer: Manchmal<br />

fand <strong>ich</strong>, der Autor<br />

beschreibe die Welt von<br />

gestern mit den Augen<br />

von heute.<br />

Bett<strong>in</strong>a Zeidler:<br />

Ich glaube, er wollte<br />

auch gar ke<strong>in</strong>en historischen<br />

Roman verfassen.<br />

Im Vordergrund stehen<br />

die menschl<strong>ich</strong>en<br />

Abgründe. Fasz<strong>in</strong>iert<br />

haben m<strong>ich</strong> vor allem<br />

die Charaktere und die<br />

Beschreibungen der<br />

Lebensumstände.<br />

Dario Widmer:<br />

Ke<strong>in</strong>e Frage: Kim Le<strong>in</strong>e<br />

kann schreiben. Aber<br />

die Gesch<strong>ich</strong>te hätte<br />

auch irgendwo anders<br />

und zu e<strong>in</strong>er anderen<br />

Zeit spielen können.<br />

Bett<strong>in</strong>a Zeidler:<br />

Zwei, drei Sachen fand<br />

<strong>ich</strong> s<strong>ich</strong>er auch n<strong>ich</strong>t<br />

ideal, aber <strong>ich</strong> verzeihe<br />

dem Autor <strong>in</strong> diesem<br />

Fall jede Schwachstelle.


34 | Kaffeepause Books Nr. 1/2014 BUCHtipps | 35<br />

Siedlergeme<strong>in</strong>schaft nach rousseauschen<br />

Grundsätzen lebt. Diese Geme<strong>in</strong>schaft<br />

wird von den Dänen gar n<strong>ich</strong>t gern gesehen<br />

– und schliessl<strong>ich</strong> zerstört.<br />

BZ: Es passiert enorm viel im Buch. Le<strong>in</strong>e<br />

beschreibt die erbärml<strong>ich</strong>en hygienischen<br />

Zustände, überhaupt das Leben unter<br />

elenden Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> Abgeschiedenheit<br />

– und er porträtiert vor allem Menschen.<br />

Dieses Buch ist e<strong>in</strong> Epos und beschreibt<br />

e<strong>in</strong>e ganze Epoche. Die Sprache ist derart<br />

bildhaft, dass man me<strong>in</strong>t, den Tran förml<strong>ich</strong><br />

zu riechen.<br />

Bett<strong>in</strong>a wirkt sehr begeistert. Kannst du<br />

d<strong>ich</strong> ihr anschliessen, Dario?<br />

DW: Nur teilweise. Auch <strong>ich</strong> habe die<br />

Beschreibungen sehr gut gefunden, sie<br />

s<strong>in</strong>d genau und tatsächl<strong>ich</strong> plastisch. Aber<br />

manchmal fand <strong>ich</strong>, Le<strong>in</strong>e beschreibe die<br />

Welt von gestern mit den Augen von heute.<br />

Ich <strong>weiss</strong> zum Beispiel n<strong>ich</strong>t, ob s<strong>ich</strong> die<br />

Menschen damals am Gestank derart störten<br />

– oder ob wir das nur annehmen, weil<br />

wir uns Gestank n<strong>ich</strong>t mehr gewohnt s<strong>in</strong>d.<br />

Am Ende fand <strong>ich</strong> wegen dieses modernen<br />

Blickw<strong>in</strong>kels alles e<strong>in</strong> wenig oberflächl<strong>ich</strong>.<br />

BZ: Ich glaube, Le<strong>in</strong>e wollte auch gar<br />

ke<strong>in</strong>en historischen Roman verfassen. Im<br />

Vordergrund stehen die menschl<strong>ich</strong>en Abgründe.<br />

Fasz<strong>in</strong>iert haben m<strong>ich</strong> vor allem<br />

die Charaktere und die Beschreibungen<br />

der Lebensumstände. Und <strong>ich</strong> bewundere<br />

Le<strong>in</strong>es Begabung, bei den Leser<strong>in</strong>nen und<br />

Lesern Bilder im Kopf entstehen zu lassen.<br />

Und manches g<strong>in</strong>g mir echt unter die Haut<br />

– etwa die Abtreibungsszene.<br />

DW: Ke<strong>in</strong>e Frage: Le<strong>in</strong>e kann schreiben.<br />

Den historisch verbürgten Brand von<br />

Kopenhagen schildert er sehr spannend.<br />

Aber der Autor führt zum Beispiel auch<br />

immer wieder Figuren e<strong>in</strong>, die eigentl<strong>ich</strong><br />

gar ke<strong>in</strong>e Rolle spielen und eher verwirren;<br />

das hat m<strong>ich</strong> gestört. Und <strong>ich</strong> f<strong>in</strong>de,<br />

die Gesch<strong>ich</strong>te hätte auch irgendwo<br />

anders und zu e<strong>in</strong>er anderen Zeit spielen<br />

können. Grönland wird hier eher als H<strong>in</strong>tergrund<br />

für e<strong>in</strong>e Gesch<strong>ich</strong>te genutzt und<br />

ist n<strong>ich</strong>t r<strong>ich</strong>tig <strong>in</strong> diese e<strong>in</strong>gebunden.<br />

BZ: Man sollte dieses Buch n<strong>ich</strong>t als<br />

grosses Grönland-Epos anschauen. Zwei,<br />

drei Sachen fand <strong>ich</strong> an «Ewigkeitsfjord<strong>»</strong><br />

s<strong>ich</strong>er auch n<strong>ich</strong>t ideal, aber alles <strong>in</strong> allem<br />

hat mir das Buch wahns<strong>in</strong>nig gut gefallen.<br />

Ich verzeihe dem Autor <strong>in</strong> diesem Fall jede<br />

Schwachstelle!<br />

Bett<strong>in</strong>a Zeidler:<br />

Diese Ged<strong>ich</strong>te<br />

s<strong>in</strong>d unendl<strong>ich</strong> poetisch.<br />

Ach, das ist<br />

e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong> tolles<br />

Buch, e<strong>in</strong>e wirkl<strong>ich</strong>e<br />

Perle!<br />

Bett<strong>in</strong>a Zeidler, 49, lebt <strong>in</strong> St. Gallen. Sie<br />

arbeitet <strong>in</strong> der Abteilung Belletristik der St.<br />

Galler Buchhandlung Rösslitor, die zu Orell<br />

Füssli Thalia gehört. Am liebsten liest sie<br />

skand<strong>in</strong>avische Krimis und Thriller.<br />

Dario Widmer, 21, lebt <strong>in</strong> Bühler <strong>in</strong><br />

Appenzell Ausserrhoden. Se<strong>in</strong>e Lehre zum<br />

Buchhändler absolvierte er im Rösslitor,<br />

heute arbeitet er <strong>in</strong> der Orell-Füssli-Filiale<br />

Kramhof <strong>in</strong> Zür<strong>ich</strong>. Er hat e<strong>in</strong> <strong>schon</strong> seit<br />

jeher e<strong>in</strong> grosses Interesse an Literatur.<br />

Nimm dir Zeit für die schönsten<br />

Seiten des Lebens.<br />

Carly Phillips<br />

Küss m<strong>ich</strong><br />

später<br />

Mike Marsden arbeitet als verdeckter<br />

Ermittler <strong>in</strong> Manhattan. Er führt e<strong>in</strong><br />

rastloses Leben ohne feste B<strong>in</strong>dungen.<br />

Dann erkrankt se<strong>in</strong> Vater an<br />

Krebs. Mike kehrt zurück <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e<br />

Heimatstadt Serendipity. Hier trifft er<br />

auf se<strong>in</strong>e Berufskolleg<strong>in</strong> Cara Hartley,<br />

mit der er vor e<strong>in</strong>iger Zeit e<strong>in</strong>en<br />

One-Night-Stand hatte. Diese Nacht<br />

erschien damals beiden bedeutungslos<br />

– doch jetzt entdecken sie plötzl<strong>ich</strong>,<br />

wie gut sie e<strong>in</strong>ander eigentl<strong>ich</strong><br />

ergänzen ...<br />

«Küss m<strong>ich</strong> später<strong>»</strong> ist bereits das<br />

vierte auf Deutsch erschienene Buch<br />

der US-Autor<strong>in</strong> Carly Phillips über<br />

das Leben und Lieben der E<strong>in</strong>wohner<br />

der fiktiven Kle<strong>in</strong>stadt Serendipity.<br />

Anthony McCarten<br />

funny girl<br />

Die schüchterne Kurd<strong>in</strong> Azime, 20,<br />

wächst <strong>in</strong> London auf. Ost und West,<br />

Islam und Säkularismus, Burka und<br />

bauchfrei – <strong>in</strong> Azimes beiden Welten<br />

gibt es klare Regeln. Als Terroranschläge<br />

<strong>in</strong> der U-Bahn Hunderte<br />

von Opfern fordern, <strong>weiss</strong> sie, dass<br />

sie ihre Stimme erheben muss. Auf<br />

ihre Art. Heiml<strong>ich</strong> besucht sie e<strong>in</strong>en<br />

Comedy-Kurs, schlüpft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Burka<br />

und tritt auf: als weltweit erste muslimische<br />

Komiker<strong>in</strong>. Die englische Presse<br />

feiert sie als Sensation, ihre Familie<br />

verstösst sie. Es wird ernst. Und doch<br />

immer komischer. Und ganz anders,<br />

als man jetzt denkt.<br />

Der neuseeländische Autor Anthony<br />

McCarten sorgte <strong>schon</strong> als 25-Jähriger<br />

für Furore mit dem Theaterstück<br />

«Ladies Night<strong>»</strong>, das als Vorlage zur<br />

unautorisierten Filmadaption «The<br />

Full Monty – Ganz oder gar n<strong>ich</strong>t<strong>»</strong><br />

diente. In «funny girl<strong>»</strong> lässt er nun<br />

traditionellen Islam und westl<strong>ich</strong>en<br />

Säkularismus <strong>in</strong> tragikomischer Weise<br />

aufe<strong>in</strong>ander prallen.<br />

Thilo Sarraz<strong>in</strong><br />

Der neue<br />

Tugendterror<br />

Mit se<strong>in</strong>em Buch «Deutschland schafft<br />

s<strong>ich</strong> ab<strong>»</strong> löste Thilo Sarraz<strong>in</strong> 2010<br />

e<strong>in</strong>e Kontroverse über die E<strong>in</strong>wanderung<br />

aus. Die Debatte drehte s<strong>ich</strong><br />

aber bald auch darum, <strong>was</strong> man <strong>in</strong><br />

Deutschland sagen und schreiben<br />

darf und <strong>was</strong> n<strong>ich</strong>t. In Interviews<br />

lotete der SPD-Politiker seither die<br />

Grenzen der Me<strong>in</strong>ungsfreiheit weiter<br />

aus und handelte s<strong>ich</strong> neue Rassismusvorwürfe<br />

e<strong>in</strong>.<br />

Nun schreibt Sarraz<strong>in</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

neuen Buch gegen den Me<strong>in</strong>ungskonformismus<br />

an, der se<strong>in</strong>er Ans<strong>ich</strong>t<br />

nach herrscht. Er prangert<br />

an, forscht nach Ursachen und benennt<br />

14 «vorherrschende Denkund<br />

Redeverbote unserer Zeit<strong>»</strong>.<br />

Auch diesmal wird Sarraz<strong>in</strong> mit<br />

se<strong>in</strong>em Buch s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>e Debatte<br />

lostreten.<br />

Aran Goyoaga<br />

Familienrezepte<br />

glutenfrei<br />

Aran Goyoaga hat mit ihrem<br />

Food-Blog «Cannelle et Vanille<strong>»</strong> im<br />

englischsprachigen Raum für Furore<br />

gesorgt. Ihre Ber<strong>ich</strong>te über e<strong>in</strong>en<br />

neuen glutenfreien Lebensstil liessen<br />

die Klickzahlen förml<strong>ich</strong> explodieren,<br />

es regnete Anerkennung und Ausze<strong>ich</strong>nungen.<br />

Jetzt hat Aran Goyoaga 120 glutenfreie<br />

Rezepte für die Familienküche<br />

zwischen zwei Buchdeckeln festgehalten.<br />

Das Spektrum re<strong>ich</strong>t von<br />

herzhaften Tartes über fantasievolle<br />

Salate und deftige E<strong>in</strong>töpfe bis h<strong>in</strong> zu<br />

wunderbaren Desserts. Die Rezepte<br />

lassen s<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>fach zubereiten und<br />

eignen s<strong>ich</strong> ideal für den tägl<strong>ich</strong>en<br />

Familientisch. Dazu kommen viele<br />

Tipps und e<strong>in</strong>e praktische Liste für<br />

den glutenfreien Vorrat. Wer für<br />

se<strong>in</strong>e Familie glutenfrei kochen muss<br />

oder will, wird dieses Buch n<strong>ich</strong>t mehr<br />

missen wollen.<br />

447 Seiten<br />

384 Seiten<br />

400 Seiten<br />

296 Seiten<br />

CHF 14.90<br />

CHF 30.90<br />

CHF 34.90<br />

CHF 34.90<br />

Besuche auch unsere Starbucks Coffeehouses <strong>in</strong> den<br />

Orell Füssli Buchhandlungen im Westside <strong>in</strong> Bern<br />

sowie im Kramhof und am Bellevue <strong>in</strong> Zür<strong>ich</strong>.<br />

Heyne<br />

ISBN 978-3-453-41066-4<br />

Diogenes<br />

ISBN 978-3-257-06892-4<br />

DVA<br />

ISBN 978-3-421-04617-8<br />

AT-Verlag<br />

ISBN 978-3-03800-703-6


36 | Fantastisch! Books Nr. 1/2014 Fantastisch! | 37<br />

nes Nachts erwacht der Knochendrachen<br />

zum Leben und spr<strong>ich</strong>t Evie an. Und er hilft<br />

ihr, ihre Erlebnisse zu verarbeiten. Nacht<br />

für Nacht führt er sie et<strong>was</strong> näher zu jenem<br />

Haus, <strong>in</strong> dem sie e<strong>in</strong>st lebte und <strong>in</strong> dem sie<br />

von ihrer leibl<strong>ich</strong>en Mutter gequält wurde.<br />

Stück für Stück erfahren wir mehr über die<br />

traurige Vergangenheit des Mädchens. Ob<br />

es den Drachen wirkl<strong>ich</strong> gibt oder ob er<br />

e<strong>in</strong>e Imag<strong>in</strong>ation von Evie ist, wird n<strong>ich</strong>t<br />

aufgelöst – und spielt eigentl<strong>ich</strong> auch ke<strong>in</strong>e<br />

Rolle.<br />

«Heute stelle <strong>ich</strong> drei Neuersche<strong>in</strong>ungen<br />

vor, die eher schwerere Kost bieten. Sie<br />

beschäftigten m<strong>ich</strong> alle noch, nachdem <strong>ich</strong><br />

sie zu Ende gelesen hatte. Zudem haben<br />

alle e<strong>in</strong>e fantastische und e<strong>in</strong>e realistische<br />

Komponente.<br />

‹So wie Kupfer und Gold› von Jane Nickerson<br />

ist märchenhaft; es lehnt s<strong>ich</strong><br />

stark an die Erzählung von Ritter Blaubart<br />

an. Märchen liegen gegenwärtig im Trend;<br />

Cornelia Funkes ‹Reckless›-Reihe ist ja e<strong>in</strong><br />

grosser Erfolg, und gerade ist ‹Wie Monde<br />

so silbern› von Marissa Meyer erschienen,<br />

das s<strong>ich</strong> an Aschenputtel anlehnt.<br />

Das Blaubart-Märchen erzählt von e<strong>in</strong>em<br />

älteren Ritter, der alle se<strong>in</strong>e Gatt<strong>in</strong>nen tötet,<br />

bis es e<strong>in</strong>er jungen Frau gel<strong>in</strong>gt, ihn zu<br />

überlisten. In Nickersons Debüt-Roman<br />

heisst Blaubart Bernard de Cressac und ist<br />

e<strong>in</strong> ausnehmend attraktiver junger Mann.<br />

Die schöne rothaarige Sophia ist mit ihm<br />

verwandt und wird von ihrer Familie auf<br />

se<strong>in</strong> riesiges Landgut geschickt. Das romantisch-verträumte<br />

Herrenhaus liegt<br />

weitab vom Schuss, und Sophia will eigentl<strong>ich</strong><br />

n<strong>ich</strong>t dorth<strong>in</strong>. de Cressac ist aber ausnehmend<br />

charmant zu ihr, holt sie mit der<br />

schönsten Kutsche ab und macht ihr wert-<br />

Fantastisch!<br />

E<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong> von Orell Füssli präsentiert Neuersche<strong>in</strong>ungen und Geheimtipps aus<br />

dem Fantasy-Genre: Bücher für alle, die s<strong>ich</strong> gern <strong>in</strong> fremde Welten entführen lassen.<br />

Marius Leutenegger<br />

volle Geschenke. Lange merkt Sophia<br />

n<strong>ich</strong>t, dass die Sache e<strong>in</strong> wenig eigenartig<br />

ist. Sie erfährt zwar, dass Bernard <strong>schon</strong><br />

mehrmals verheiratet war und se<strong>in</strong>e Frauen<br />

alle auf mysteriöse Weise verschwunden<br />

s<strong>in</strong>d, aber sie wird n<strong>ich</strong>t misstrauisch.<br />

Bis sie e<strong>in</strong>es Tages – wie im Blaubart-Märchen<br />

– e<strong>in</strong> Zimmer betritt, das sie n<strong>ich</strong>t<br />

hätte betreten dürfen, und dort e<strong>in</strong>en grausigen<br />

Fund macht: Die drei früheren Ehefrauen<br />

von de Cressac – oder eher die<br />

Überreste davon – liegen angekettet an der<br />

Wand.<br />

Schön ist, wie Nickerson die Stimmung aufbaut:<br />

Man merkt als Leser<strong>in</strong> oder Leser<br />

<strong>schon</strong> bald, dass mit de Cressac et<strong>was</strong> n<strong>ich</strong>t<br />

stimmt, aber Sophia lässt s<strong>ich</strong> von ihm weiterh<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>lullen. Im fulm<strong>in</strong>anten letzten<br />

Drittel des Buchs überschlagen s<strong>ich</strong> dann<br />

die Ereignisse. Es wird auch et<strong>was</strong> gruslig,<br />

doch wie das Blaubart-Märchen geht auch<br />

diese Gesch<strong>ich</strong>te gut aus. Eigentl<strong>ich</strong> handelt<br />

es s<strong>ich</strong> bei ‹So wie Kupfer und Gold›<br />

n<strong>ich</strong>t um klassische Fantasy; es gibt weder<br />

Magie noch Trolle oder Drachen. Doch die<br />

märchenhafte Stimmung wird wohl den<br />

meisten Fantasy-Fans gefallen. Zum<strong>in</strong>dest<br />

den weibl<strong>ich</strong>en; <strong>ich</strong> nehme an, dass kaum<br />

e<strong>in</strong> Mann dieses Buch lesen wird, denn es<br />

ist mit se<strong>in</strong>er romantisch-düsteren Stimmung<br />

und se<strong>in</strong>er wackeren Held<strong>in</strong> ganz<br />

auf junge Leser<strong>in</strong>nen zugeschnitten.<br />

Das zweite Buch, das <strong>ich</strong> heute vorstelle,<br />

habe <strong>ich</strong> alle<strong>in</strong> wegen des Covers zu lesen<br />

begonnen: ‹Die Nacht gehört dem Drachen›<br />

von Alexia Casale zeigt auf dem<br />

Umschlag e<strong>in</strong>en Drachen im Glas. Das<br />

sprach m<strong>ich</strong> sofort an, und <strong>ich</strong> dachte, es<br />

handle s<strong>ich</strong> hier um e<strong>in</strong>e Drachengesch<strong>ich</strong>te<br />

im Stil von ‹Eragon›. Damit hat dieser<br />

Debüt-Roman aber n<strong>ich</strong>ts zu tun. Hauptfigur<br />

ist das Teenager-Mädchen Evie. Sie lebt<br />

bei Adoptiveltern, die s<strong>ich</strong> gut um sie kümmern,<br />

s<strong>ich</strong> viel Zeit nehmen für sie und ihr<br />

helfen wollen. Denn Evie hat offenbar<br />

schlimme D<strong>in</strong>ge erlebt. Die Gesch<strong>ich</strong>te beg<strong>in</strong>nt<br />

damit, dass Evie gerade e<strong>in</strong>e Operation<br />

überstanden hat, bei der ihr e<strong>in</strong> Teil der<br />

unteren Rippe entfernt wurde. Dieses Rippenstück<br />

nimmt sie vom Spital mit nach<br />

Hause. Ihr Adoptivonkel zeigt ihr, wie sie<br />

daraus e<strong>in</strong>en Drachen schnitzen kann. Die<br />

Schnitzerei sche<strong>in</strong>t et<strong>was</strong> zu se<strong>in</strong>, das Evie<br />

ermögl<strong>ich</strong>t, ihre eigene Lebensgesch<strong>ich</strong>te<br />

aufzuarbeiten.<br />

Über weite Strecken er<strong>in</strong>nerte m<strong>ich</strong> dieses<br />

Buch an ‹Sieben M<strong>in</strong>uten nach Mitternacht›<br />

von Patrick Ness. In jenem Roman<br />

wird Conor jede Nacht von e<strong>in</strong>em Monster<br />

besucht, das ihm hilft, mit dem Sterben<br />

der Mutter fertigzuwerden. Ich konnte<br />

‹Sieben M<strong>in</strong>uten nach Mitternacht› nur<br />

daheim lesen, weil es m<strong>ich</strong> ständig zu Tränen<br />

rührte, und mit ‹Die Nacht gehört dem<br />

Drachen› ist es mir ähnl<strong>ich</strong> ergangen. Das<br />

Buch geht e<strong>in</strong>em wirkl<strong>ich</strong> unter die Haut.<br />

Ehrl<strong>ich</strong> gesagt <strong>weiss</strong> <strong>ich</strong> auch n<strong>ich</strong>t genau,<br />

warum man et<strong>was</strong> liest, das derart traurig<br />

ist. Ich konnte das Buch jedenfalls n<strong>ich</strong>t<br />

mehr weglegen, weil <strong>ich</strong> unbed<strong>in</strong>gt wissen<br />

wollte, <strong>was</strong> die leibl<strong>ich</strong>e Mutter Evie antat<br />

und ob sie dafür zur Rechenschaft gezogen<br />

wird.<br />

Der Verlag schreibt zwar, das Buch r<strong>ich</strong>te<br />

s<strong>ich</strong> an Jugendl<strong>ich</strong>e ab 14 <strong>Jahren</strong>, <strong>ich</strong> würde<br />

es aber eher älteren Leser<strong>in</strong>nen und<br />

Lesern empfehlen. Und empfohlen werden<br />

muss ‹Die Nacht gehört dem Drachen›<br />

auf jeden Fall – dieses Buch verkauft s<strong>ich</strong><br />

n<strong>ich</strong>t von alle<strong>in</strong>, denn das Cover ist irreführend<br />

und die Autor<strong>in</strong> noch gänzl<strong>ich</strong> unbekannt.<br />

Ich kann den Roman aber mit<br />

sehr gutem Gewissen empfehlen, denn er<br />

sorgt dafür, dass man s<strong>ich</strong> auch mit s<strong>ich</strong><br />

selber und der eigenen Vergangenheit<br />

ause<strong>in</strong>andersetzt.<br />

Me<strong>in</strong>e dritte Empfehlung ‹Wen der Rabe<br />

ruft› stammt von Maggie Stiefvater. Diese<br />

Romantasy-Spezialist<strong>in</strong> baut ihre Gesch<strong>ich</strong>ten<br />

oft auf historischen Begebenheiten<br />

oder Legenden auf. Diesmal bildet die<br />

Sage um den mittelalterl<strong>ich</strong>en walisischen<br />

Nationalhelden Owen Glendower das Fundament<br />

der Gesch<strong>ich</strong>te. Von Glendower<br />

heisst es, er werde wieder ersche<strong>in</strong>en,<br />

wenn Wales se<strong>in</strong>e Hilfe benötige.<br />

Die weibl<strong>ich</strong>e Hauptfigur der Gesch<strong>ich</strong>te<br />

ist die etwa 15-jährige Blue. Ihre Mutter ist<br />

e<strong>in</strong> Medium und verdient ihr Geld mit Séancen.<br />

Blue hat s<strong>ich</strong> damit arrangiert,<br />

dass ständig andere Medien und selbster-<br />

Die Vorlage zu «So wie Kupfer und Gold<strong>»</strong> von Jane<br />

Nickerson: das Märchen von Ritter Blaubart, hier<br />

illustriert von Gustav Doré.<br />

Bis hierher ist die Gesch<strong>ich</strong>te sehr realistisch.<br />

Dann folgt der fantastische Teil: E<strong>in</strong>annte<br />

Hexen <strong>in</strong>s Haus kommen und dass<br />

ihr Lebensumfeld zieml<strong>ich</strong> chaotisch ist.<br />

Et<strong>was</strong> mehr Mühe macht ihr e<strong>in</strong> Fluch, der<br />

auf ihr lasten soll: Der erste Junge, den sie<br />

nach ihrem 16. Geburtstag küssen wird,<br />

muss sterben.<br />

E<strong>in</strong> zweiter Erzählstrang spielt <strong>in</strong> der Eliteschule<br />

der Stadt. Dort gibt es e<strong>in</strong>e Clique<br />

von Jungs, die zwar alle aus bestem Haus<br />

stammen, aber trotzdem ihre Probleme<br />

haben. E<strong>in</strong>er von ihnen, Gansey, ist total<br />

angefressen von der erwähnten Sage um<br />

Glendower und will unbed<strong>in</strong>gt das Grab<br />

des Helden f<strong>in</strong>den. Blue lernt ihn kennen,<br />

weil Gansey ihre Mutter bittet, e<strong>in</strong>e Séance<br />

durchzuführen. Blue, die e<strong>in</strong> fe<strong>in</strong>es Gespür<br />

für Übers<strong>in</strong>nl<strong>ich</strong>es hat, schliesst s<strong>ich</strong><br />

<strong>in</strong> der Folge der Clique um Gansey an und<br />

will ihr helfen, das Grab zu f<strong>in</strong>den.<br />

Und dann gibt es auch noch e<strong>in</strong>en dritten<br />

Erzählstrang um den sehr eigenartigen<br />

Schüler Noah – aber davon will <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>ts<br />

verraten. Die verschiedenen Stränge dieser<br />

komplexen Gesch<strong>ich</strong>ten laufen mit der<br />

Zeit immer näher zusammen. Mit ihrem<br />

raff<strong>in</strong>ierten Erzählstil hat Stiefvater me<strong>in</strong><br />

Herz erobert – von ihr würde <strong>ich</strong> e<strong>in</strong>fach<br />

alles lesen! Mit ‹Wen der Rabe ruft› hat sie<br />

mir wieder e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e Sage nähergebracht,<br />

die <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t kannte, und sie hat<br />

diese <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e sehr spannende Gesch<strong>ich</strong>te<br />

gepackt. Lustig ist gelegentl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>zig die<br />

Tollpatschigkeit von Blue, ansonsten<br />

herrscht e<strong>in</strong>e ausnehmend düstere, aber<br />

sehr anziehende Atmosphäre vor. Herrl<strong>ich</strong>!<strong>»</strong><br />

Eigentl<strong>ich</strong> wollte Angel<strong>in</strong>a Rubli <strong>in</strong> dieser<br />

Rubrik unbed<strong>in</strong>gt «Edelherb<strong>»</strong> vorstellen,<br />

die Fortsetzung von «Bitterzart<strong>»</strong> von<br />

Gabrielle Zev<strong>in</strong> – dieses Buch hat sie<br />

restlos begeistert. Aber zum e<strong>in</strong>en empfahl<br />

Angel<strong>in</strong>a «Bitterzart<strong>»</strong> bereits <strong>in</strong> der vorletzten<br />

Ausgabe euphorisch, zum anderen<br />

stellen wir hier n<strong>ich</strong>t so gern Fortsetzungen<br />

vor. Doch allen Zev<strong>in</strong>-Leser<strong>in</strong>nen<br />

und -Lesern sei vers<strong>ich</strong>ert: «Edelherb<strong>»</strong> ist<br />

m<strong>in</strong>destens so lesenswert wie «Bitterzart<strong>»</strong>.<br />

Die 28-jährige Angel<strong>in</strong>a Rubli arbeitet<br />

übrigens bei Orell Füssli am Bellevue und<br />

lebt <strong>in</strong> Dachsen.<br />

So wie Kupfer<br />

und Gold<br />

Jane Nickerson<br />

443 Seiten<br />

CHF 25.90<br />

cbt<br />

Die Nacht<br />

gehört dem<br />

Drachen<br />

Alexia Casale<br />

315 Seiten<br />

CHF 22.90<br />

Carlsen<br />

Wen der Rabe<br />

ruft<br />

Maggie<br />

Stiefvater<br />

460 Seiten<br />

CHF 28.90<br />

script5


38 | FANTASTISCH Books Nr. 1/2014 me<strong>in</strong> buch | 39<br />

Junge Mitarbeitende geben weitere Tipps aus<br />

dem Fantasy-Genre<br />

Mar<strong>in</strong>o Castelli, 29,<br />

wohnt <strong>in</strong> Gunzwil<br />

und arbeitet bei<br />

Orell Füssli am<br />

Bellevue. Buchhändler<br />

wurde er,<br />

weil «<strong>ich</strong> e<strong>in</strong> leidenschaftl<strong>ich</strong>er<br />

Leser b<strong>in</strong> und<br />

me<strong>in</strong> Hobby zum<br />

Beruf <strong>mache</strong>n wollte<strong>»</strong>. An se<strong>in</strong>er Tätigkeit<br />

schätzt er vor allem, dass er immer neue<br />

Bücher entdecken kann – auch dank der<br />

Kund<strong>in</strong>nen und Kunden, die et<strong>was</strong> Bestimmtes<br />

suchen. Mar<strong>in</strong>o liest querbeet,<br />

vor allem Krimis und Fantasy-Romane.<br />

Se<strong>in</strong> Tipp: «The Bone Season – Die Träumer<strong>in</strong><strong>»</strong><br />

von Samantha Shannon. «Die junge<br />

Paige kann die Gedanken anderer auskundschaften.<br />

Deswegen wird sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

geheime Stadt verschleppt, <strong>in</strong> der die<br />

Rephaim herrschen. Dort lernt sie Arcturus<br />

kennen, der so schön wie unheiml<strong>ich</strong><br />

ist. Se<strong>in</strong>e Gedanken bleiben ihr seltsamerweise<br />

verschlossen – und ausgerechnet<br />

ihm soll sie als Sklav<strong>in</strong> dienen ... Der jungen<br />

Londoner Autor<strong>in</strong> Samantha Shannon<br />

ist mit diesem Serien-Auftakt e<strong>in</strong>e wirkl<strong>ich</strong><br />

spannende und gut durchdachte Fantasygesch<strong>ich</strong>te<br />

geglückt; sie hat e<strong>in</strong>e neue Welt<br />

erschaffen, die derart gross und kompakt<br />

ist, dass man anfängl<strong>ich</strong> et<strong>was</strong> Mühe hat,<br />

alles zu durchschauen. Nach e<strong>in</strong>er Weile<br />

kann man das Buch aber n<strong>ich</strong>t mehr weglegen.<br />

Besonders gut gefiel mir – neben der<br />

sympathischen Protagonist<strong>in</strong> – die Atmosphäre.<br />

Ganz allmähl<strong>ich</strong> braut s<strong>ich</strong> da et<strong>was</strong><br />

zusammen, aber man hat ke<strong>in</strong>en<br />

Schimmer davon, worauf die Sache am<br />

Ende h<strong>in</strong>ausläuft. Langeweile kommt so<br />

nie auf. Ich freue m<strong>ich</strong> jetzt <strong>schon</strong> auf die<br />

Fortsetzung.<strong>»</strong><br />

The Bone Season –<br />

Die Träumer<strong>in</strong><br />

Samantha Shannon<br />

605 Seiten<br />

CHF 25.90<br />

Berl<strong>in</strong><br />

Tim Lenny George,<br />

19, lebt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Dorf ausserhalb<br />

von Bern. Er hat<br />

gerade se<strong>in</strong>e<br />

Buchhändler-Lehre<br />

abgeschlossen<br />

und macht jetzt<br />

die Berufsmatura.<br />

Momentan arbeitet<br />

er Teilzeit <strong>in</strong> der Orell-Füssli-Filiale<br />

Kramhof <strong>in</strong> Zür<strong>ich</strong>. Se<strong>in</strong> Tipp: «Die Bestimmung<br />

03. Die Entscheidung<strong>»</strong> von Veronica<br />

Roth. «Tris’ Welt liegt <strong>in</strong> Trümmern.<br />

Die Ideale der Fraktionen sche<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>zige grosse Lüge zu se<strong>in</strong>. Denn es gibt<br />

e<strong>in</strong>e andere Welt ausserhalb des Zauns,<br />

und diese ist auf die Hilfe der ‹Unbestimmten›<br />

angewiesen. Die Fraktionslosen haben<br />

unter der Führung von Tobias’ Mutter<br />

die Kontrolle über die Stadt an s<strong>ich</strong> gerissen.<br />

Niemand darf die Stadt verlassen und<br />

<strong>in</strong> die neue Welt gehen. Im Untergrund bildet<br />

s<strong>ich</strong> aber e<strong>in</strong>e Bewegung, die s<strong>ich</strong> die<br />

Zeiten der Fraktionen zurückwünscht und<br />

s<strong>ich</strong> Hilfe von der neuen Welt verspr<strong>ich</strong>t.<br />

Tris und Tobias werden aus der Stadt geschleust,<br />

damit sie die andere Seite des<br />

Zauns erforschen können. Tris hat brennende<br />

Fragen: Wieso wurde das Wissen<br />

über die andere Seite jahrzehntelang geheim<br />

gehalten? Was hat ihre Mutter mit<br />

allem zu tun? Nur die Menschen von ausserhalb<br />

können ihr Antwort geben ... Veronika<br />

Roth ist mit diesem Buch e<strong>in</strong> fulm<strong>in</strong>antes<br />

und tempore<strong>ich</strong>es Ende ihrer<br />

‹Divergent›-Trilogie geglückt. Wie bei den<br />

ersten beiden Bänden will man das Buch<br />

n<strong>ich</strong>t aus der Hand legen, ehe man n<strong>ich</strong>t<br />

das Ende kennt. Das Buch ersche<strong>in</strong>t am 24.<br />

März – rund zwei Wochen später kommt<br />

der erste Teil der Trilogie <strong>in</strong> die K<strong>in</strong>os.<strong>»</strong><br />

Die Bestimmung 03.<br />

Letzte Entscheidung<br />

veronica roth<br />

450 Seiten<br />

CHF 26.90<br />

cbt<br />

Kai Mader, 32,<br />

wohnt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

kle<strong>in</strong>en Vorort von<br />

Basel auf deutscher<br />

Seite. Weil er<br />

gern liest, stieg er<br />

vor etwa zehn<br />

<strong>Jahren</strong> mit e<strong>in</strong>em<br />

Praktikum <strong>in</strong> den<br />

Buchhändler-Beruf<br />

e<strong>in</strong>. Seit vier <strong>Jahren</strong> leitet er die Fantasy-Abteilung<br />

bei Thalia, «die mit Abstand<br />

grösste ihrer Art <strong>in</strong> Basel<strong>»</strong>. Se<strong>in</strong> Tipp: «Die<br />

Lügen des Lock Lamora<strong>»</strong> von Scott Lynch.<br />

«Dieses Buch habe <strong>ich</strong> gebannt gelesen<br />

und empfehle es auch deshalb gern, weil es<br />

s<strong>ich</strong> gut als E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong>s Fantasy-Genre eignet:<br />

Die beschriebene Welt und die Figuren<br />

s<strong>in</strong>d n<strong>ich</strong>t so abgehoben, dass sie E<strong>in</strong>steiger<br />

abschrecken würden. Im Herzogtum<br />

Camorr, das entfernt an Venedig er<strong>in</strong>nert,<br />

treibt e<strong>in</strong>e Diebesbande ihr Unwesen. Ihr<br />

Anführer und Ausbilder ist Lock Lamora,<br />

der s<strong>ich</strong> als Priester des Schutzpatrons der<br />

Diebe und Betrüger beze<strong>ich</strong>net. Der Bande<br />

geht es zwar auch um die Beute, m<strong>in</strong>destens<br />

so sehr aber darum, Camorrs Re<strong>ich</strong>e<br />

zu erschrecken – nach Lamoras Ans<strong>ich</strong>t<br />

haben s<strong>ich</strong> Ober- und Untersch<strong>ich</strong>t <strong>in</strong> der<br />

Stadt viel zu gut mite<strong>in</strong>ander arrangiert. In<br />

diesem ersten Band e<strong>in</strong>er Trilogie verfolgen<br />

wir mit, wie die Bande e<strong>in</strong>en grossen<br />

Coup plant und s<strong>ich</strong> mit etl<strong>ich</strong>en Schwierigkeiten<br />

herumschlagen muss. Die Charaktere<br />

s<strong>in</strong>d eigenständig und toll herausgearbeitet,<br />

der Roman ist flüssig<br />

geschrieben und der grosse Plan ist erst<br />

zum Schluss erkennbar. Das Buch ist zwar<br />

<strong>schon</strong> 2007 erschienen, doch <strong>in</strong> diesem<br />

April kommt nach langer Pause endl<strong>ich</strong><br />

der dritte Band ‹Die Republik der Diebe› <strong>in</strong><br />

die Buchhandlungen.<strong>»</strong><br />

Die Lügen des Lock<br />

Lamora<br />

scott lynch<br />

847 Seiten<br />

CHF 23.90<br />

Heyne<br />

«Belletristik habe <strong>ich</strong> mir<br />

eigentl<strong>ich</strong> verboten<strong>»</strong><br />

Wir möchten von Kund<strong>in</strong>nen und Kunden wissen: Welches ist Ihr liebstes<br />

Buch? Heute antwortet He<strong>in</strong>z Rataj aus Rapperswil.<br />

Erik Brühlmann<br />

Vor dem Abflug noch e<strong>in</strong> wenig Zeit totschlagen<br />

– dies müssen viele Menschen am<br />

Flughafen Kloten tun. E<strong>in</strong>en Abstecher <strong>in</strong><br />

die Filiale von Orell Füssli bietet s<strong>ich</strong> da<br />

natürl<strong>ich</strong> an. Auch He<strong>in</strong>z Rataj steckt gerade<br />

<strong>in</strong> der Situation, dass er auf se<strong>in</strong>en Abflug<br />

warten muss. «Me<strong>in</strong> Flieger nach Wien<br />

geht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stunde<strong>»</strong>, erzählt er mit charmantem<br />

österre<strong>ich</strong>ischen Akzent. Zurück<br />

<strong>in</strong> die Heimat? «Ne<strong>in</strong>, von Berufs wegen,<br />

<strong>ich</strong> gebe dort e<strong>in</strong> Sem<strong>in</strong>ar.<strong>»</strong> Zwar sei er <strong>in</strong><br />

Wien geboren, er lebe aber seit drei <strong>Jahren</strong><br />

<strong>in</strong> Rapperswil und betreibe dort mit se<strong>in</strong>er<br />

Frau e<strong>in</strong>e Praxis. He<strong>in</strong>z Rataj ist näml<strong>ich</strong><br />

Heilpraktiker und unterr<strong>ich</strong>tet auch <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Diszipl<strong>in</strong>en.<br />

Seit <strong>Jahren</strong> liest He<strong>in</strong>z Rataj ausschliessl<strong>ich</strong><br />

Fachliteratur und philosophische Werke.<br />

«Belletristik habe <strong>ich</strong> mir e<strong>in</strong>mal verboten<strong>»</strong>,<br />

sagt er. «Der argent<strong>in</strong>ische Autor<br />

Jorge Luis Borges hielt e<strong>in</strong>mal fest: Bücher<br />

zu lesen ist, wie mit fremden Gehirnen zu<br />

denken. Das hat m<strong>ich</strong> sehr nachdenkl<strong>ich</strong><br />

gemacht, denn <strong>ich</strong> wollte ja mit me<strong>in</strong>em<br />

eigenen Gehirn denken.<strong>»</strong> Deshalb habe er<br />

es s<strong>ich</strong> abgewöhnt, die Gesch<strong>ich</strong>ten anderer<br />

zu lesen. «Heute lese <strong>ich</strong> fast nur noch<br />

Bücher zu den Themen Philosophie, Tiefenpsychologie<br />

und mediz<strong>in</strong>ische Naturheilkunde.<strong>»</strong><br />

Die Früchte se<strong>in</strong>er eigenen<br />

Gedanken hat der Österre<strong>ich</strong>er selber bereits<br />

mehrfach <strong>in</strong> Buchform veröffentl<strong>ich</strong>t.<br />

Das Buch, das He<strong>in</strong>z Rataj heute <strong>in</strong> der<br />

Hand hält und <strong>in</strong> unserer Rubrik vorstellen<br />

möchte, ist jedoch e<strong>in</strong>deutig belletristischer<br />

Natur: «1913 – Der Sommer des<br />

ROBERTO SAVIANO<br />

Autor des Bestsellers Gomorrha<br />

KOKAIN – wenn du ke<strong>in</strong>en kennst,<br />

der kokst, bist du bl<strong>in</strong>d – oder du selbst<br />

bist derjenige, der kokst.<br />

Hörprobe, Leseprobe, Videos und mehr unter<br />

www.hanser-literaturverlage.de/roberto-saviano<br />

Jahrhunderts<strong>»</strong> von Florian Illies. Das Buch<br />

schildert <strong>in</strong> anekdotischer Weise das Leben,<br />

Lieben und Leiden <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es<br />

Jahrs, das e<strong>in</strong>e Schwelle zwischen Höhepunkt<br />

und Niedergang, zwischen künstlerischer<br />

Exzentrik und politischem Zerfall<br />

darstellte. «Dass <strong>ich</strong> jetzt dieses Buch gekauft<br />

habe, ist die ganz grosse Ausnahme<br />

und hat e<strong>in</strong>en sentimentalen H<strong>in</strong>tergrund<strong>»</strong>,<br />

erzählt der Heilpraktiker. «Me<strong>in</strong><br />

Vater wurde näml<strong>ich</strong> am 13. März 1913<br />

geboren. Ausserdem hat das Buch e<strong>in</strong>e gewisse<br />

Aff<strong>in</strong>ität zu Wien und zu den Wiener<br />

Kaffeehäusern, wo s<strong>ich</strong> die grossen Köpfe<br />

der Zeit trafen und austauschten.<strong>»</strong> Und da<br />

ihm ausserdem e<strong>in</strong>ige begeisterte Rezensionen<br />

<strong>in</strong> die Hände kamen, habe er nun für<br />

e<strong>in</strong>mal se<strong>in</strong>e Regel gebrochen. «Aber <strong>ich</strong><br />

muss zugeben, der Hauptgrund ist die Gesch<strong>ich</strong>te<br />

um me<strong>in</strong>en Vater. Würde das Buch<br />

1914 behandeln, hätte <strong>ich</strong> es n<strong>ich</strong>t gekauft<br />

– so e<strong>in</strong>fach ist das manchmal!<strong>»</strong><br />

1913 – Der Sommer des<br />

Jahrhunderts<br />

Florian Illies<br />

319 Seiten<br />

CHF 29.90<br />

S. Fischer<br />

Ü.: Walter Kögler, Rita Seuß. 480 S. Gebunden, Lesebändchen. Auch als -Book<br />

Foto: © Just<strong>in</strong> Griffiths-Williams / Writer Pictures


40 | K<strong>in</strong>derwelt Books Nr. 1/2014 k<strong>in</strong>derwelt | 41<br />

Held<strong>in</strong>nen des Alltags<br />

Bücher mit starken Mädchen oder starken jungen Frauen haben ständig Hochkonjunktur. Nicole<br />

Stäuble, unsere Fachfrau für K<strong>in</strong>derbücher aus der Orell-Füssli-Filiale <strong>in</strong> Frauenfeld, präsentiert<br />

e<strong>in</strong>ige besonders geglückte Neuersche<strong>in</strong>ungen, bei denen Held<strong>in</strong>nen im Zentrum stehen.<br />

«Held<strong>in</strong>nen haben <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>der- und Jugendliteratur<br />

e<strong>in</strong>en ganz besonderen Platz.<br />

Das Spektrum ist dabei sehr weit; es re<strong>ich</strong>t<br />

von Heidi, das nirgends anecken will, aber<br />

dank se<strong>in</strong>es grossen Herzens schliessl<strong>ich</strong><br />

doch se<strong>in</strong> Glück f<strong>in</strong>det, über die bärenstarke<br />

Pippi Langstrumpf, die Polizisten durch<br />

die Luft wirbelt und s<strong>ich</strong> von wirkl<strong>ich</strong> gar<br />

niemandem et<strong>was</strong> sagen lässt, bis zu Katniss,<br />

die <strong>in</strong> der ‹Panem›-Trilogie e<strong>in</strong> tödl<strong>ich</strong>es<br />

Spiel spielen muss. Natürl<strong>ich</strong> schätzen<br />

vor allem Mädchen solche Held<strong>in</strong>nen<br />

– aber gerade das Beispiel der bis heute<br />

überaus beliebten Pippi zeigt, dass auch<br />

Buben ihre helle Freude an starken Mädchenfiguren<br />

haben können.<br />

E<strong>in</strong>e solche Mädchenfigur – wenn auch<br />

ohne besondere Muskelkraft – ist die zehnjährige<br />

Astrid aus ‹Astrids Plan vom grossen<br />

Glück›; geschaffen hat sie der preisgekrönte<br />

norwegische Schriftsteller Levi<br />

Henriksen. Astrids Eltern haben s<strong>ich</strong><br />

getrennt. In den Sommerferien soll<br />

das Mädchen erst den Vater und dessen<br />

neuen Liebe nach Griechenland<br />

begleiten, anschliessend mit der<br />

Mutter und deren neuem Herzblatt<br />

nach Norwegen reisen. Weil<br />

sie ihre Ferien aber lieber mit beiden<br />

Eltern zusammen verbr<strong>in</strong>gen<br />

will, heckt Astrid e<strong>in</strong>en Plan aus: Sie<br />

lockt Mutter und Vater auf e<strong>in</strong>e verlassene<br />

Insel, mit der die beiden schöne<br />

Er<strong>in</strong>nerungen verb<strong>in</strong>den, schaltet deren<br />

Mobiltelefone aus und versteckt die Boote<br />

für die Rückfahrt. Was als e<strong>in</strong>e Art Stre<strong>ich</strong><br />

beg<strong>in</strong>nt, wird <strong>schon</strong> bald zum Abenteuer:<br />

Die drei s<strong>in</strong>d auf der Insel n<strong>ich</strong>t alle<strong>in</strong>, der<br />

Vater erleidet e<strong>in</strong>en schlimmen Unfall, und<br />

die Familie kann die Insel n<strong>ich</strong>t mehr verlassen.<br />

Zum Glück gibt’s aber e<strong>in</strong> Happy<br />

End.<br />

Dieses Buch fesselt K<strong>in</strong>der ab neun <strong>Jahren</strong><br />

mit atemloser Spannung und e<strong>in</strong>er Hauptfigur,<br />

die über s<strong>ich</strong> h<strong>in</strong>auswächst und <strong>in</strong><br />

Marius Leutenegger<br />

schwierigen Situationen viel Mut aufbr<strong>in</strong>gt.<br />

Astrid verzweifelt n<strong>ich</strong>t, steckt Schuldgefühle<br />

weg und kämpft bis zum Schluss –<br />

damit identifiziert man s<strong>ich</strong> doch gern!<br />

Et<strong>was</strong> weniger heldenhaft wirkt die Hauptfigur<br />

des nächsten Buchs – aber nur auf<br />

den ersten Blick. In ‹Die Wahrheit, wie<br />

Delly sie sieht› erzählt die New Yorker<strong>in</strong><br />

Kather<strong>in</strong>e Hannigan von e<strong>in</strong>em Mädchen,<br />

das <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Dorf als böse und gewalttätig<br />

gilt – denn wenn Delly et<strong>was</strong> n<strong>ich</strong>t passt,<br />

kann sie zieml<strong>ich</strong> unverfroren werden. Bei<br />

e<strong>in</strong>er Kle<strong>in</strong>tierausstellung lässt sie zum<br />

Beispiel aus Mitleid alle Hühner frei, oder<br />

sie sagt hemmungslos, <strong>was</strong> sie denkt. Dass<br />

h<strong>in</strong>ter Dellys Taten meist e<strong>in</strong>e gute Abs<strong>ich</strong>t<br />

steckt, erkennt niemand; und irgendwann<br />

glaubt das Mädchen selber, es sei böse,<br />

weil ihm das ständig e<strong>in</strong>geredet wird. So<br />

verliert Delly allmähl<strong>ich</strong> ihr Lächeln und<br />

fängt an, die Schule zu schwänzen und zu<br />

stehlen. Doch dann kommt Ferris neu <strong>in</strong><br />

Dellys Schulklasse. Ferris sieht knabenhaft<br />

aus, spr<strong>ich</strong>t ke<strong>in</strong> Wort und lässt s<strong>ich</strong> von<br />

niemandem berühren. Delly fühlt s<strong>ich</strong> von<br />

Ferris angezogen, und <strong>schon</strong> bald verbr<strong>in</strong>gen<br />

die beiden Mädchen jede freie M<strong>in</strong>ute<br />

zusammen. Ferris' stille Art hilft Delly, ihre<br />

Umgebung besser zu verstehen und s<strong>ich</strong><br />

ihrer Handlungen bewusst zu werden.<br />

Bald braucht aber auch Ferris Dellys Hilfe.<br />

Auch <strong>in</strong> dieser Gesch<strong>ich</strong>te muss e<strong>in</strong> Mädchen<br />

über s<strong>ich</strong> h<strong>in</strong>auswachsen und se<strong>in</strong>en<br />

ganzen Mut zusammennehmen. Delly<br />

wächst e<strong>in</strong>em derart ans Herz, dass man<br />

sie selber zur Freund<strong>in</strong> haben möchte. ‹Die<br />

Wahrheit, wie Delly sie sieht› ist e<strong>in</strong>e wunderschöne<br />

Gesch<strong>ich</strong>te, die e<strong>in</strong>em beim Lesen<br />

das Herz zum Überlaufen br<strong>in</strong>gt. Ich<br />

empfehle das Buch für K<strong>in</strong>der ab elf <strong>Jahren</strong><br />

– und <strong>ich</strong> f<strong>in</strong>de, es eignet s<strong>ich</strong> ideal dafür, <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Schulklasse vorgelesen zu werden.<br />

Wenn wir <strong>schon</strong> bei Schulklassen s<strong>in</strong>d: Die<br />

Englischlehrer<strong>in</strong> Sharon M. Draper hat<br />

e<strong>in</strong>st den jährl<strong>ich</strong> vergebenen und sehr begehrten<br />

Preis als beste Lehrer<strong>in</strong> der USA<br />

gewonnen. Daneben ist sie auch noch<br />

Schriftsteller<strong>in</strong>. Und <strong>was</strong> für e<strong>in</strong>e! In ‹Mit<br />

Worten kann <strong>ich</strong> fliegen› erzählt sie von<br />

der elfjährigen Melody, die Wörter über alles<br />

liebt. Leider kann sie diese aber n<strong>ich</strong>t<br />

verwenden, weil sie an e<strong>in</strong>er seltenen<br />

Krankheit leidet – Melody wird niemals gehen,<br />

selber essen und reden können. Dass<br />

sie sehr <strong>in</strong>telligent ist, sehen weder<br />

Ärzte noch Lehrer. Nur ihre Eltern<br />

und ihr K<strong>in</strong>dermädchen<br />

glauben an das Mädchen, dessen<br />

Vorbild der ebenfalls schwer beh<strong>in</strong>derte<br />

Wissenschaftler Stephen<br />

Hawk<strong>in</strong>g ist.<br />

Melodys Situation verbessert s<strong>ich</strong> erst,<br />

als ihre ‹Beh<strong>in</strong>dertenklasse› e<strong>in</strong>e neue<br />

Lehrer<strong>in</strong> bekommt. Diese merkt<br />

schnell: Melody will gefordert werden. Sie<br />

lässt das Mädchen deshalb jeden Tag e<strong>in</strong><br />

paar Stunden lang am regulären Schulunterr<strong>ich</strong>t<br />

teilnehmen. Bald darauf erhält Melody<br />

den Sprachcomputer, den sie s<strong>ich</strong> so<br />

sehr gewünscht hat. Und als die Schule e<strong>in</strong><br />

Team für e<strong>in</strong>en landesweiten Wissenswettbewerb<br />

zusammenstellen muss, bekommt<br />

Melody die e<strong>in</strong>malige Chance, endl<strong>ich</strong> allen<br />

zu zeigen, <strong>was</strong> sie kann.<br />

Ehrl<strong>ich</strong>: ‹Mit Worten kann <strong>ich</strong> fliegen› ist<br />

e<strong>in</strong>es der e<strong>in</strong>drückl<strong>ich</strong>sten Bücher, das <strong>ich</strong><br />

je gelesen habe. Es hat mir viel gegeben:<br />

Verständnis, Bewunderung und Respekt<br />

für alle Menschen, die jeden Tag so kämpfen<br />

müssen wie Melody. Der Autor<strong>in</strong> möchte<br />

man dafür danken, dass sie e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>en<br />

derart tiefen E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> e<strong>in</strong> schwieriges<br />

Leben ermögl<strong>ich</strong>t. Die Gesch<strong>ich</strong>te eignet<br />

s<strong>ich</strong> für Mädchen und Jungen ab zwölf<br />

<strong>Jahren</strong>.<br />

Ebenfalls sehr empfehlenswert ist ‹Wenn<br />

ihr uns f<strong>in</strong>det›; das neue Buch von Emily<br />

Murdoch stiess <strong>in</strong> den USA auf ähnl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>hellige<br />

Begeisterung wie ‹Mit Worten kann<br />

<strong>ich</strong> fliegen›. Es eignet s<strong>ich</strong> für Jugendl<strong>ich</strong>e<br />

ab 14 <strong>Jahren</strong>. Die 15-jährige Carey und<br />

ihre neunjährige Schwester Jenessa leben<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em alten Wohnwagen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>samen<br />

Wald. Ihre Mutter bleibt oft wochenlang<br />

weg – dann beschafft sie s<strong>ich</strong> Geld und<br />

besorgt s<strong>ich</strong> Drogen und Lebensmittel. Carey<br />

kümmert s<strong>ich</strong> liebevoll um ihre jüngere<br />

Schwester und versucht, sie zu beschützen.<br />

In freien M<strong>in</strong>uten spielt sie auf e<strong>in</strong>er<br />

alten Geige, und beide Mädchen lernen aus<br />

verschlissenen Schulbüchern. Doch seit e<strong>in</strong>em<br />

Jahr schweigt Jenessa beharrl<strong>ich</strong>.<br />

Den Mädchen gehen allmähl<strong>ich</strong> die Lebensmittel<br />

aus, und das ewige Dosenfutter<br />

hängt ihnen zum Halse raus. Schliessl<strong>ich</strong><br />

wird klar: Diesmal kommt die Mutter n<strong>ich</strong>t<br />

mehr zurück.<br />

Die beiden Mädchen kommen zu ihrem<br />

Vater, dessen neuer Frau und Stieftochter<br />

Delany. Delany ist e<strong>in</strong> Jahr älter als Carey<br />

und sehr eifersüchtig. Jenessa gel<strong>in</strong>gt es<br />

schnell, s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> die neue Situation e<strong>in</strong>zuleben,<br />

Carey h<strong>in</strong>gegen fällt der Neuanfang<br />

schwer. Immer wieder kommen Er<strong>in</strong>nerungen<br />

an ihr früheres Leben hoch. E<strong>in</strong>e<br />

davon hält sie tief <strong>in</strong> s<strong>ich</strong> verschlossen: die<br />

HANSPETER<br />

MÜLLER-DROSSAART<br />

«himmelhoch!<strong>»</strong><br />

MI 2. APR / DO 3. APR 20.00 Uhr<br />

Er<strong>in</strong>nerung an den Tag, an dem Jenessa<br />

ihre Stimme verlor.<br />

Ich fand das Buch sehr, sehr spannend.<br />

Immer wieder standen mir beim Lesen die<br />

Haare zu Berge, und die Gesch<strong>ich</strong>te beschäftigt<br />

m<strong>ich</strong> immer noch, obwohl es<br />

<strong>schon</strong> Wochen her ist, seit <strong>ich</strong> das Buch<br />

gelesen habe. Ich kann m<strong>ich</strong> an kaum e<strong>in</strong><br />

anderes Buch er<strong>in</strong>nern, dass mir so unter<br />

die Haut g<strong>in</strong>g.<strong>»</strong><br />

Nicole Stäuble, 41, ist Buchhändler<strong>in</strong> bei<br />

Orell Füssli <strong>in</strong> Frauenfeld; sie hat e<strong>in</strong>en<br />

dreijährigen Sohn. «Ich machte bereits<br />

me<strong>in</strong>e Lehre zur Buchhändler<strong>in</strong> bei Orell<br />

Füssli<strong>»</strong>, erzählt sie. Schon <strong>in</strong> der Lehre<br />

seien K<strong>in</strong>der- und Jugendbücher für sie das<br />

Grösste gewesen, denn «dieser Bere<strong>ich</strong><br />

ist so vielseitig – und fast so et<strong>was</strong> wie<br />

e<strong>in</strong>e Buchhandlung <strong>in</strong> der Buchhandlung!<strong>»</strong><br />

Ausserdem könne man die Kund<strong>in</strong>nen<br />

und Kunden, die K<strong>in</strong>derbücher suchten,<br />

r<strong>ich</strong>tig beraten: «Die meisten Leute s<strong>in</strong>d<br />

dankbar für Empfehlungen, weil sie s<strong>ich</strong><br />

mit den Neuersche<strong>in</strong>ungen n<strong>ich</strong>t so gut<br />

auskennen.<strong>»</strong><br />

SCHÖN&GUT<br />

«Schönmatt<strong>»</strong><br />

MI 16. APR<br />

20.00 Uhr<br />

Kartenbestellung und weitere Infos: www.cas<strong>in</strong>otheater.ch oder Telefon 052 260 58 58<br />

Astrids Plan vom grossen<br />

Glück<br />

Levi Henriksen<br />

256 Seiten<br />

CHF 19.90<br />

dtv<br />

Die Wahrheit, wie Delly<br />

sie sieht<br />

Kather<strong>in</strong>e Hannigan<br />

288 Seiten<br />

CHF 22.90<br />

Hanser<br />

Mit Worten kann <strong>ich</strong> fliegen<br />

Sharon M. Draper<br />

320 Seiten<br />

CHF 22.90<br />

Ueberreuter<br />

Wenn ihr uns f<strong>in</strong>det<br />

Emily Murdoch<br />

304 Seiten<br />

CHF 23.90<br />

Heyne<br />

LORENZ KEISER<br />

«Chäs und Brot & Rock ’n’ Roll<strong>»</strong><br />

FR 9. MAI – SA 31. MAI<br />

20.00 Uhr


42 | Schöne Bücher Books Nr. 1/2014<br />

voralpen-express | 43<br />

Le<strong>ich</strong>tigkeit im Detail.<br />

Entdecken Sie die vielen Funktionen und technischen Besonderheiten,<br />

die dem neuen tol<strong>in</strong>o sh<strong>in</strong>e se<strong>in</strong>e Le<strong>ich</strong>tigkeit verleihen.<br />

Grosser Coup mit kurzer<br />

Gesch<strong>ich</strong>te<br />

Voralpen-Express und Orell Füssli Thalia riefen geme<strong>in</strong>sam dazu auf,<br />

kurze Zugreise-Erzählungen für den Wettbewerb «Gesch<strong>ich</strong>ten sp<strong>in</strong>nen<strong>»</strong><br />

e<strong>in</strong>zure<strong>ich</strong>en. Bed<strong>in</strong>gung: Die Erzählungen mussten die Begriffe<br />

«unbekannter Koffer<strong>»</strong>, «Voralpen-Express<strong>»</strong>, «Rothenthurmer Hochmoor<strong>»</strong>,<br />

«Sitterviadukt<strong>»</strong> und «Rickentunnel<strong>»</strong> enthalten. Die Jury hatte<br />

viel zu tun, denn es trafen fast 500 Beiträge e<strong>in</strong>. Als Gew<strong>in</strong>ner wurde<br />

Othmar Koller aus Wilen bei Wil gekürt. Er darf s<strong>ich</strong> auf e<strong>in</strong>e Übernachtung<br />

für zwei Personen <strong>in</strong> der Literaturküche von Schreiber vs. Schneider<br />

<strong>in</strong>klusive E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong>s Heilbad Bad Zurzach freuen – und darüber,<br />

dass wir hier se<strong>in</strong>e Gesch<strong>ich</strong>te e<strong>in</strong>em breiten Publikum vorstellen.<br />

Fr. 129.–<br />

PREISLEISTUNGSSIEGER<br />

GUT (1,9)<br />

Im Test:<br />

13 E-Book-Reader<br />

Ausgabe<br />

6/2013<br />

Jetzt <strong>in</strong> allen Orell Füssli und Thalia<br />

Buchhandlungen erhältl<strong>ich</strong>.<br />

13JE01<br />

Ungeschliffen und Dreist<br />

Draussen brennt die Sonne mit 32 Grad<br />

unbarmherzig auf die Stadtleute nieder.<br />

Von ihrer Stirn perlen die Wassertropfen zu<br />

Boden. Ist es die Hitze oder ihr erhaltener<br />

Auftrag, der Rebekka S. die Wärme <strong>in</strong>s Ges<strong>ich</strong>t<br />

treibt? Sie <strong>weiss</strong> es n<strong>ich</strong>t. Doch sie ist<br />

froh, <strong>in</strong> Luzern endl<strong>ich</strong> <strong>in</strong> den klimatisierten<br />

Voralpen-Express steigen zu können.<br />

«Hoffentl<strong>ich</strong> ist es ke<strong>in</strong> schlechtes Omen,<br />

dass die Zug-Lok die Werbung der Polizeischule<br />

Ostschweiz trägt<strong>»</strong>, denkt s<strong>ich</strong> Rebekka<br />

kurz, während sie nach dem Couvert<br />

<strong>in</strong> ihrer Tasche sucht.<br />

Im Couvert ihres Auftraggebers ist auch e<strong>in</strong><br />

Billett erster Klasse. Das schützt besser vor<br />

neugierigen Blicken. Die ganze Strecke<br />

kennt Rebekka wie ihre rechte Hosentasche.<br />

Sie ist sie <strong>schon</strong> Monate vorher mehrmals<br />

abgefahren. Sie kennt jeden Halt, jedes<br />

Signal, jede Kreuzung, jeden Bahnhof<br />

– e<strong>in</strong>fach alles. Doch heute steigt Rebekka<br />

n<strong>ich</strong>t an e<strong>in</strong>em Bahnhof aus. Sie benutzt<br />

die Wartezeit für die Zugskreuzung beim<br />

Rothenthurmer Hochmoor, um unauffällig<br />

den Zug zu verlassen. Ihre Komplizen haben<br />

dafür gesorgt, dass s<strong>ich</strong>er «ihr Zug<strong>»</strong> auf<br />

die Kreuzung warten muss. Alles muss<br />

schnell gehen. Es gibt nur e<strong>in</strong>e Mögl<strong>ich</strong>keit,<br />

den Zug zu verlassen, ohne dass der Lokführer<br />

e<strong>in</strong>e Störmeldung erhält. Auch das<br />

hat Rebekka vorher e<strong>in</strong>ige Male ausgetestet.<br />

Als s<strong>ich</strong> der Voralpen-Express wieder <strong>in</strong><br />

Bewegung setzt, schaut sie ihm nach und<br />

prüft kurz, ob sie n<strong>ich</strong>t von jemandem gesehen<br />

wurde. Rebekka nimmt den Plan aus<br />

dem Couvert. In e<strong>in</strong>er der kle<strong>in</strong>en Hütten<br />

im Moor ist der unbekannte Koffer deponiert.<br />

Von der Strasse ertönen Polizeisire-<br />

nen. Sie bleibt kurz stehen und verfolgt den<br />

Klang. Sie <strong>weiss</strong>, dass sie ihr auf den Fersen<br />

s<strong>in</strong>d. Schon e<strong>in</strong>mal hatten sie sie fast geschnappt.<br />

Auf direktem Weg schreitet sie<br />

auf die markierte Hütte zu. Nur le<strong>ich</strong>t versteckt<br />

schaut der Koffer h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>er Ecke<br />

hervor. Sie nimmt ihn <strong>in</strong> die Hand und<br />

überprüft diesen kurz. Kaum zu glauben,<br />

alle würden den Koffer für e<strong>in</strong>en ganz normalen<br />

Reisekoffer halten – wäre da n<strong>ich</strong>t<br />

noch e<strong>in</strong>e Lasche, unter der e<strong>in</strong>e digitale<br />

Anzeige rot bl<strong>in</strong>kt.<br />

Wenig später steht Rebekka mit dem Koffer<br />

am Bahnhof Altmatt und wartet auf den<br />

«Regio<strong>»</strong> R<strong>ich</strong>tung Biberbrugg. Dort angekommen,<br />

wechselt sie <strong>in</strong> den nächsten<br />

Voralpen-Express nach St. Gallen. Kurz vor<br />

der Ausfahrt im Rickentunnel bremst der<br />

Zug stark ab und bleibt schliessl<strong>ich</strong> stehen.<br />

E<strong>in</strong> kurzes Lächeln zieht über Rebekkas<br />

Ges<strong>ich</strong>t. Als der Zug <strong>in</strong> Wattwil e<strong>in</strong>fährt, ist<br />

es gewiss. Der vorhergehende Voralpen-<br />

Express steht auf e<strong>in</strong>em Nebengeleise und<br />

ist umz<strong>in</strong>gelt von Polizisten, Fahndern uns<br />

Spürhunden. «Gute Arbeit, Kollegen<strong>»</strong>,<br />

murmelt Rebekka leise vor s<strong>ich</strong> h<strong>in</strong>, «die<br />

falsche Fährte hat funktioniert.<strong>»</strong><br />

Der Zug rollt weiter R<strong>ich</strong>tung St. Gallen.<br />

Beim Sitterviadukt sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e unbekannte<br />

Baufirma Unterhaltsarbeiten an der<br />

Brücke durchzuführen. Es steht e<strong>in</strong> sehr<br />

grosser Autokran bereit. Für Rebekka<br />

heisst es jetzt nochmals volle Konzentration.<br />

Der Koffer muss genau auf dem Sitterviadukt<br />

aus dem Gepäckabteil geworfen<br />

werden. Nur so wird die kostbare Fracht<br />

von den Auffangnetzen gehalten. Kurz vor<br />

der Brücke öffnet die seitl<strong>ich</strong>e Gepäcktüre.<br />

Et<strong>was</strong> später fliegt e<strong>in</strong> Koffer durch die<br />

Luft, und unten beg<strong>in</strong>nt s<strong>ich</strong> der Autokran<br />

<strong>in</strong> Bewegung zu setzen. «Bis am Abend,<br />

Kumpels<strong>»</strong>, denkt sie s<strong>ich</strong> und steigt <strong>in</strong> St.<br />

Gallen aus dem Zug.<br />

Am Abend treffen s<strong>ich</strong> Auftraggeber und<br />

Empfänger sowie sämtl<strong>ich</strong>e Gehilfen et<strong>was</strong><br />

ausserhalb der Stadt. Der Auftraggeber<br />

nimmt den Koffer und hebt die Lasche. Er<br />

kennt als e<strong>in</strong>ziger den Code des elektronischen<br />

Schlosses. Beim Öffnen geht e<strong>in</strong> Raunen<br />

durch die Runde. E<strong>in</strong> weiterer Teil der<br />

Rohdiamanten hat den Weg <strong>in</strong> die Schweiz<br />

gefunden. «Saubere Arbeit, Leute<strong>»</strong>, me<strong>in</strong>t<br />

der Empfänger und händigt im Gegenzug<br />

se<strong>in</strong>en Koffer mit dem Bargeld aus. Für<br />

Rebekka S. ist der Auftrag nach erfolgter<br />

Bezahlung abgeschlossen. Sie ist bereit für<br />

den nächsten Coup.<br />

Die 10 Preisträger<br />

1. Othmar Koller, Wilen bei Wil<br />

2. Ruth Perlt-Vögeli, St. Gallen<br />

3. Frank Waldis, Luzern<br />

4. Rosmarie Ziegler-Salzmann, Galgenen<br />

5. Marianne Vogt, Aarau<br />

6. Sarah Jagfeld, W<strong>in</strong>terthur<br />

7. M<strong>ich</strong>ael Rimle, Wattwil<br />

8. Brigitte Möhr, Maienfeld<br />

9. Barbara Haener, Baar<br />

10. Carol<strong>in</strong>e Breitenmoser, Lustmühle


44 | kochbücher Books Nr. 1/2014<br />

Kochbücher | 45<br />

E<strong>in</strong> Schmaus auch<br />

für die Augen<br />

E<strong>in</strong> Ger<strong>ich</strong>t muss attraktiv aussehen, wenn es Appetit wecken soll.<br />

Neue Kochbücher zeigen, wie man gut und schön kocht.<br />

Markus Ganz<br />

Es ist e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>senwahrheit, dass das Auge<br />

mitisst. Wer ernsthaft kocht, drapiert und<br />

dekoriert die Spesen denn auch hübsch.<br />

Aber selbst Profis begnügen s<strong>ich</strong> häufig mit<br />

et<strong>was</strong> Petersilie, um ihre Ger<strong>ich</strong>te farbl<strong>ich</strong><br />

aufzupeppen. Für Tatjana Reimann, Caro<br />

Mantke und Tim Schober ist die Farbe jedoch<br />

ke<strong>in</strong>e Nebensache. Die drei Designer<br />

und Hobbyköche aus Berl<strong>in</strong> haben die Farbe<br />

<strong>in</strong> den Fokus ihres aussergewöhnl<strong>ich</strong>en<br />

Buchs «Kochen nach Farben<strong>»</strong> gestellt –<br />

und liessen s<strong>ich</strong> dabei von der französischen<br />

Konzeptkünstler<strong>in</strong> Sophie Calle <strong>in</strong>spirieren.<br />

Ihr Buch präsentiert zwölf Menüs,<br />

deren Speisen allesamt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Farbe<br />

gehalten s<strong>in</strong>d: Weiss, Schwarz, Beige, Hellgrün,<br />

Gelb, Hellrot, Dunkelgrün, Rot, Violett,<br />

Orange, Dunkelrot und Braun. Alle<br />

zwölf Menüs bestehen aus zwei Vorspeisen,<br />

e<strong>in</strong>em Hauptger<strong>ich</strong>t, e<strong>in</strong>em Dessert<br />

und drei begleitenden Getränken.<br />

Lehrre<strong>ich</strong>e Irritation<br />

E<strong>in</strong>farbige Menüs irritieren n<strong>ich</strong>t nur als<br />

Idee. Auch der Anblick ist gewöhnungsbedürftig,<br />

vor allem bei Farben wie Violett<br />

oder Schwarz. Aber diese Beschränkung<br />

schärft die S<strong>in</strong>ne. Auf den ersten Blick<br />

glaubt man, alle Speisen hätten die gle<strong>ich</strong>e<br />

Farbe. Doch dann zeigen s<strong>ich</strong> bald deutl<strong>ich</strong>e<br />

Nuancen. Man schaut genauer h<strong>in</strong> und<br />

stellt auch <strong>in</strong> der Textur der Zutaten Unterschiede<br />

fest. Derart sensibilisiert, kostet<br />

man die Speisen aufmerksamer. Und wird<br />

n<strong>ich</strong>t enttäuscht. Denn die vorgestellten Ger<strong>ich</strong>te<br />

bieten n<strong>ich</strong>t nur e<strong>in</strong> optisch unvergessl<strong>ich</strong>es<br />

Erlebnis, sondern überzeugen<br />

auch im Gaumen. Tatsächl<strong>ich</strong> schmecken<br />

die Menüs n<strong>ich</strong>t so e<strong>in</strong>dimensional, wie ihr<br />

Aussehen vermuten lässt. Ungewöhnl<strong>ich</strong>e<br />

Komb<strong>in</strong>ationen schaffen spannende Geschmackserlebnisse.<br />

Beim grünen Menü<br />

etwa gibt es Brownies aus <strong>weiss</strong>er Schokolade<br />

und dem japanischen Teepulver Matcha,<br />

orig<strong>in</strong>ell ist auch e<strong>in</strong> Cocktail aus G<strong>in</strong>,<br />

Agavensirup, Limettensaft und Basilikum.<br />

Das mag teilweise penetrant aussehen, wie<br />

letzterer Dr<strong>in</strong>k zeigt. Doch es werden nur<br />

natürl<strong>ich</strong>e Zutaten und ke<strong>in</strong>erlei künstl<strong>ich</strong>e<br />

Farbstoffe e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Die Kunst der Kruste<br />

Bei gewöhnl<strong>ich</strong>eren Speisen s<strong>in</strong>d Tipps<br />

und Tricks vielle<strong>ich</strong>t umso w<strong>ich</strong>tiger, damit<br />

e<strong>in</strong> sowohl geschmackl<strong>ich</strong> wie optisch ansprechendes<br />

Ergebnis resultiert. Diese<br />

Tipps und Tricks vermittelt die Buchreihe<br />

«Schöner kochen<strong>»</strong> konsequent – und sie<br />

ist deshalb auch e<strong>in</strong> Verkaufsschlager. In<br />

der neusten Ausgabe geht es um «Die<br />

Kunst des perfekten Grat<strong>in</strong>ierens<strong>»</strong>. Der<br />

Sternekoch Achim Schwekendiek zeigt dar<strong>in</strong>,<br />

dass gute Küche auch <strong>in</strong> diesem Bere<strong>ich</strong><br />

«n<strong>ich</strong>t aufwändiger Kreationen oder<br />

avantgardistischer Kompositionen<strong>»</strong> bedarf.<br />

Er führt vor, wie man aus e<strong>in</strong>fachen<br />

Zutaten edle Ger<strong>ich</strong>te <strong>mache</strong>n kann, die<br />

auch Hobbyköchen gel<strong>in</strong>gen. Dabei hilft<br />

die Bebilderung aller entscheidenden<br />

Schritte von der Vorbereitung bis zum Anr<strong>ich</strong>ten.<br />

Achim Schwekendiek verrät e<strong>in</strong>em<br />

auch Kniffe, wie man etwa die perfekte<br />

Kruste zustande br<strong>in</strong>gt. Das Buch re<strong>ich</strong>t<br />

weit über den Kartoffelgrat<strong>in</strong> h<strong>in</strong>aus und<br />

berücks<strong>ich</strong>tigt auch die exotische Küche.<br />

N<strong>ich</strong>t vergessen gehen verwandte Techniken<br />

wie Soufflieren und Karamellisieren<br />

mitsamt Rezepten.<br />

Der Profiratgeber für Hobbyköche<br />

Das sechsbändige und fast 2500 Seiten<br />

umfassende Kochbuch «Modernist Cuis<strong>in</strong>e<br />

– The Art and Science of Cook<strong>in</strong>g<strong>»</strong> erschien<br />

2011 und mauserte s<strong>ich</strong> schnell zu e<strong>in</strong>em<br />

Referenzwerk für Profis. Nun haben<br />

Nathan Myhrvold und Maxime Bilet für<br />

ambitionierte Hobbyköche e<strong>in</strong>e reduzierte<br />

Ausgabe geschaffen, die auch <strong>in</strong> der deutschen<br />

Version «Modernist Cuis<strong>in</strong>e at<br />

Home<strong>»</strong> heisst. Im ersten Teil f<strong>in</strong>det man<br />

alle Angaben, wie man die Utensilien e<strong>in</strong>er<br />

modernen Küche optimal nutzt und wie<br />

man die unterschiedl<strong>ich</strong>en Kochtechniken<br />

meistert. Dann folgen unzählige Anleitungen,<br />

wie man Basics wie aromatisierte Öle,<br />

Gewürzmischungen, Saucen und Mar<strong>in</strong>a-<br />

den herstellt. Unter den Rezepten f<strong>in</strong>det<br />

man auch sche<strong>in</strong>bar simple Standardger<strong>ich</strong>te<br />

wie Chicken W<strong>in</strong>gs oder alle mögl<strong>ich</strong>en<br />

Arten von Frühstückseiern. Aber<br />

auch hier gilt, dass von der Auswahl qualitativ<br />

hochstehender Zutaten bis zur makellosen<br />

Präsentation alles detailliert ausgeführt,<br />

n<strong>ich</strong>ts dem Zufall überlassen wird.<br />

Wissenschaftl<strong>ich</strong>e Perfektion<br />

Es ist die grosse Verständl<strong>ich</strong>keit, die dieses<br />

Kochbuch aussergewöhnl<strong>ich</strong> macht. Dazu<br />

tragen unzählige selbsterklärende Illustrationen<br />

und vere<strong>in</strong>fachte wissenschaftl<strong>ich</strong>e<br />

Erläuterungen der Kochvorgänge viel bei.<br />

Akribisch wird etwa erläutert, wie kalte<br />

und heisse Fette den Geschmack unterschiedl<strong>ich</strong><br />

bee<strong>in</strong>flussen oder wie die perfekte<br />

Pizzakruste zustandekommt. Solche<br />

Erklärungen wären ohne die Vorgesch<strong>ich</strong>te<br />

der beiden Autoren undenkbar, die gemäss<br />

Verlagsangaben <strong>schon</strong> als K<strong>in</strong>der kul<strong>in</strong>arisch<br />

experimentiert und dabei be<strong>in</strong>ahe die<br />

Küchen ihrer Eltern niedergebrannt hätten.<br />

Besonders ist vor allem die Karriere<br />

von Nathan Myhrvold. Dieser promovierte<br />

an der Pr<strong>in</strong>ceton University <strong>in</strong> Wirtschaftsmathematik<br />

und theoretischer Physik. Später<br />

wurde er erster «Chief Technology Officer<strong>»</strong><br />

bei Microsoft, bevor er s<strong>ich</strong> voll se<strong>in</strong>er<br />

Leidenschaft für das schöne Kochen und<br />

die Lebensmitteltechnologie widmete.<br />

Kochen nach Farben –<br />

12 Farben, 12 Menüs<br />

Tatjana Reimann, Caro<br />

Mantke, Tim Schober<br />

208 Seiten<br />

CHF 44.90<br />

Prestel<br />

Schöner Kochen – Die<br />

Kunst des perfekten<br />

Grat<strong>in</strong>ierens<br />

Achim Schwekendiek<br />

192 Seiten<br />

CHF 37.90<br />

Becker-Joest-Volk<br />

Modernist Cuis<strong>in</strong>e at Home<br />

Nathan Myhrvold,<br />

Maxime Bilet<br />

676 Seiten<br />

CHF 135.00<br />

Taschen<br />

Für Sie probiert: Rucola-Salat mit Pistazienkoriander-Frikadellen<br />

Rezept aus dem nebenan besprochenen Buch «Kochen nach Farben<strong>»</strong><br />

Zutaten:<br />

150 g Rucola-Salat<br />

250 g gemischtes Hackfleisch<br />

20 g Pistazienkerne<br />

1/2 Bund Koriander<br />

20 g frischer Ingwer<br />

1 Knoblauchzehe<br />

6 grüne Pfefferkörner<br />

1 Ei<br />

Salz<br />

Olivenöl<br />

Dress<strong>in</strong>g:<br />

6 EL Kürbiskernöl<br />

1 TL Akazienhonig<br />

Saft e<strong>in</strong>er Zitrone<br />

ENTRÉE<br />

SüSSe Verführung<br />

Besuchen Sie den Orell-Füssli-Stand am «Salon du chocolat<strong>»</strong> –<br />

Signierstunden mit bekannten Kochbuch-Autoren vor Ort und die<br />

leckerste Bücherauswahl zum Thema Schokolade und Süssigkeiten.<br />

Mehr Infos unter www.books.ch/chocolat<br />

WettbeWerb<br />

Zubereitung:<br />

Rucola-Salat <strong>was</strong>chen und auf vier Teller<br />

verteilen. Pistazien und Pfefferkörner fe<strong>in</strong><br />

hacken, Koriander <strong>was</strong>chen und trocken<br />

schütteln. Blättchen von den Stielen zupfen<br />

und fe<strong>in</strong> hacken. Knoblauch und Ingwer<br />

schälen und fe<strong>in</strong> reiben. Hackfleisch, Pistazien,<br />

Koriander, Ingwer, Knoblauch und<br />

Pfeffer mit Ei vermengen und mit den Händen<br />

zu e<strong>in</strong>em Teig verkneten. Mit Salz würzen<br />

und zu Rollen von ca. 3 cm Durchmesser<br />

formen. Et<strong>was</strong> Öl <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Pfanne<br />

erhitzen und die Rollen bei mittlerer Hitze<br />

unter Wenden ca. 10 M<strong>in</strong>uten braten. Danach<br />

<strong>in</strong> 2 cm dicke Stücke schneiden und<br />

auf dem Salat verteilen.<br />

In e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Schüssel die Zutaten für<br />

das Dress<strong>in</strong>g verrühren und über den portionierten<br />

Rucola und die Frikadellenscheiben<br />

träufeln. Zubereitungszeit: 40<br />

M<strong>in</strong>uten.<br />

4.–6. April 2014,<br />

Messe Zür<strong>ich</strong>,<br />

Stand 9 und 10<br />

Gew<strong>in</strong>nen Sie E<strong>in</strong>trittskarten für den «Salon du chocolat<strong>»</strong>! Wir verlosen unter allen Teilnehmenden 10 × 2<br />

Tickets für die feierl<strong>ich</strong>e VIP-Eröffnung am 3. April sowie 20 E<strong>in</strong>zeltageskarten, e<strong>in</strong>lösbar zwischen 4. und 6. April.<br />

E<strong>in</strong>fach E-Mail mit Betreff «Chocolat<strong>»</strong> und Ihrer Postadresse an 4kommunikation@books.ch schicken.<br />

Teilnahmebed<strong>in</strong>gungen: Teilnahmeschluss ist der 26.3.2014. Die Gew<strong>in</strong>ner werden per Zufall ermittelt und schriftl<strong>ich</strong> benachr<strong>ich</strong>tigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Ke<strong>in</strong>e Barauszahlung oder Übertragung des Gew<strong>in</strong>ns<br />

mögl<strong>ich</strong>. Teilnahmeberechtigt s<strong>in</strong>d alle Personen ausser den Mitarbeitenden der Orell Füssli Thalia AG. Ihre Adresse wird nur für die Dauer des Wettbewerbs gespe<strong>ich</strong>ert und n<strong>ich</strong>t an Dritte weitergegeben.


46 | WETTBEWERB Books Nr. 1/2014 VERANSTALTUNGEN | 47<br />

Das Literatur-Kreuzworträtsel<br />

Unter den r<strong>ich</strong>tigen Lösungen verlosen wir Gutsche<strong>in</strong>karten von Orell Füssli Thalia:<br />

1. Preis: CHF 200.–, 2. Preis: CHF 100.–, 3. Preis: CHF 50.–, 4. bis 10. Preis: je CHF 20.–.<br />

MÄRZ<br />

19.<br />

19.<br />

Rösslitor St.Gallen 20 h<br />

«Rettet die Wall Street – warum<br />

wir die Zocker brauchen<strong>»</strong><br />

Lesung mit Jens Korte<br />

Stauffacher Bern 20 h<br />

«Schreib oder stirb – 129 Autorenschicksale<strong>»</strong><br />

Lesung und Gespräch mit Charles L<strong>in</strong>smayer<br />

und Manfred Papst<br />

24. Kellerbühne St. Gallen 20 h<br />

«Sout<strong>in</strong>es letzte Fahrt<strong>»</strong><br />

Lesung mit Ralph Dutli, veranstaltet von der<br />

Kellerbühne <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der<br />

Buchhandlung Rösslitor<br />

25.<br />

Thalia Basel 20.15 h<br />

«Gömmer Starbucks?<strong>»</strong><br />

Hörbuch-Taufe mit Bänz Friedli<br />

26. Kramhof Zür<strong>ich</strong> 20.15 h<br />

«Frauen hassen<strong>»</strong><br />

Buchpräsentation und Lesung mit M<strong>ich</strong>ael<br />

Herzig<br />

26. ZAP Brig 19.30 h<br />

Veranstaltungen<br />

31. Stauffacher Bern 20 h<br />

«Koala<strong>»</strong><br />

Lesung mit Lukas Bärfuss<br />

april<br />

2.<br />

2.<br />

3.<br />

7.<br />

9.<br />

15.<br />

16.<br />

25.<br />

Meissner Aarau 19.30 h<br />

«Gartenreiseführer Schweiz<strong>»</strong><br />

Vortrag und Bilderschau von Sarah Fasol<strong>in</strong><br />

Thalia Bern 20 h<br />

«Wie wir für die Freiheit<br />

kämpften<strong>»</strong><br />

Lesung und Gespräch über die stillen Held<strong>in</strong>nen<br />

und Helden <strong>in</strong> Südafrika; mit Rommel Roberts<br />

Orell Füssli am Bellevue, Zür<strong>ich</strong> 20.30 h<br />

Wer b<strong>in</strong> <strong>ich</strong>?<br />

Roger Schaw<strong>in</strong>ski erzählt aus se<strong>in</strong>em Leben<br />

Thalia Bern 17.30 h<br />

«Die digitale Revolution und<br />

unsere Arbeitswelt<strong>»</strong><br />

Berner WissenschaftsCafé; öffentl<strong>ich</strong>er Vortrag<br />

und Diskussion<br />

ZAP Brig 19.30 h<br />

«Dramödyssee<strong>»</strong><br />

Lesung mit Kosta Athanasopoulos<br />

Thalia Basel 20 h<br />

«Verdammtes Land. E<strong>in</strong>e Reise<br />

durch Paläst<strong>in</strong>a<strong>»</strong><br />

Lesung mit Andreas Altmann<br />

Stauffacher Bern 20 h<br />

«Verdammtes Land. E<strong>in</strong>e Reise<br />

durch Paläst<strong>in</strong>a<strong>»</strong><br />

Lesung mit Andreas Altmann<br />

Zeughaus Kultur Brig 19.30 h<br />

26.<br />

Märlischtund<br />

Orell Füssli Frauenfeld 10.30 h<br />

28. Thalia Basel 20 h<br />

«Me<strong>in</strong> Leben für den Fussball<strong>»</strong><br />

Lesung und Gespräch mit Gilbert Gress<br />

30.<br />

mai<br />

3.<br />

3.<br />

5.<br />

6.<br />

12.<br />

12.<br />

Stauffacher Bern 20 h<br />

«Pendler zwischen Wirtschaft<br />

und Politik<strong>»</strong><br />

Lesung und Gespräch mit Kaspar Villiger<br />

Kramhof Zür<strong>ich</strong> 13-15 h<br />

Theo der Bär besucht die<br />

K<strong>in</strong>derwelt<br />

Stauffacher Bern 19 h<br />

«Brennesseljahre<strong>»</strong><br />

Lesung und Buchvernissage mit Daniela<br />

Schenk<br />

Thalia Bern 17.30 h<br />

«Der manipulierte Konsument<strong>»</strong><br />

Berner WissenschaftsCafé; öffentl<strong>ich</strong>er Vortrag<br />

und Diskussion<br />

Meissner Aarau 19.30 h<br />

«Me<strong>in</strong> Leben für den Fussball<strong>»</strong><br />

Lesung und Gespräch mit Gilbert Gress<br />

Thalia Thun 17.30 h<br />

«S<strong>in</strong>d die Bienen noch zu<br />

retten?<strong>»</strong><br />

Thuner WissenschaftsCafé; öffentl<strong>ich</strong>er Vortrag<br />

und Diskussion<br />

Stauffacher Bern 20 h<br />

«Re<strong>in</strong>er We<strong>in</strong><strong>»</strong><br />

Lesung mit Mart<strong>in</strong> Walker<br />

13.<br />

Thalia Basel 20 h<br />

«Re<strong>in</strong>er We<strong>in</strong><strong>»</strong><br />

Lesung mit Mart<strong>in</strong> Walker<br />

✁<br />

Lösungswort:<br />

Bis zum 30. April 2014 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Filiale von Orell Füssli, Thalia, Stauffacher, ZAP oder bei<br />

Rösslitor Bücher abgeben – oder per E-Mail senden an: books@books.ch.<br />

Über den Wettbewerb wird ke<strong>in</strong>e Korrespondenz geführt.<br />

Vorname / Name<br />

Adresse<br />

PLZ / Ort<br />

E-Mail<br />

«Hypnotisiere m<strong>ich</strong> – Wenn<br />

Gedanken de<strong>in</strong> Leben schaffen<strong>»</strong><br />

Vortrag von Gabriel Palacios<br />

29.<br />

Märlischtund<br />

Orell Füssli Frauenfeld 10.30 h<br />

«Jenseitskontakte<strong>»</strong><br />

Vortrag und Demonstration von Pascal<br />

Voggenhuber, Kooperation des Giger-Verlags<br />

mit ZAP Brig<br />

14.<br />

ZAP Visp 19 h<br />

«Traum Alp – Älpler<strong>in</strong>nen im<br />

Porträt<strong>»</strong><br />

Lesung mit Bilderschau; mit Daniela Schwegler<br />

Mehr Veranstaltungen f<strong>in</strong>den Sie auf<br />

www.books.ch, www.thalia.ch,<br />

www.stauffacher.ch und www.zap.ch.<br />

Mehr Veranstaltungen f<strong>in</strong>den Sie auf www.books.ch, www.thalia.ch, www.stauffacher.ch und www.zap.ch


48 | kolumne Books Nr. 1/2014<br />

FILMTIPPS | 49<br />

Schweizer Autor<strong>in</strong>nen und<br />

Autoren erzählen <strong>in</strong> «Books<strong>»</strong>,<br />

warum sie schreiben.<br />

Heute: Lukas Hartmann<br />

Es war e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Junge, der gerne<br />

las. Weil es aber bei ihm zu Hause nur wenige<br />

Bücher gab, kl<strong>in</strong>gelte er bei den Nachbarn<br />

und fragte, ob sie ihm Bücher ausleihen<br />

könnten. E<strong>in</strong>e alte Frau führte ihn auf<br />

den Dachboden, dort lagen <strong>in</strong> Schachteln<br />

Dutzende von alten Büchern. Die Frau blies<br />

den Staub von ihnen weg und sagte:<br />

«Nimm, <strong>was</strong> du willst!<strong>»</strong> So kam der Junge<br />

dazu, «Rob<strong>in</strong>son Crusoe<strong>»</strong> zu lesen, «Der<br />

Graf von Monte Christo<strong>»</strong>, «Oliver Twist<strong>»</strong>.<br />

Weit weg führten den Jungen se<strong>in</strong>e Leseabenteuer<br />

und doch wieder zu s<strong>ich</strong> selbst,<br />

sie brachten ihn ausser Atem, sie liessen<br />

ihn bangen, hoffen, glückl<strong>ich</strong> se<strong>in</strong>.<br />

E<strong>in</strong>es Tages beschloss der Junge – er war<br />

elf- oder zwölfjährig – , selber e<strong>in</strong>e Gesch<strong>ich</strong>te<br />

zu erf<strong>in</strong>den. Er schlug e<strong>in</strong> leeres<br />

Schulheft auf, setzte den Stift an und stellte<br />

s<strong>ich</strong> vor, wie es wäre, wenn er, wie Rob<strong>in</strong>son,<br />

ganz alle<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>e Insel verschlagen<br />

würde. Er merkte, dass er auf diese Weise<br />

et<strong>was</strong> Eigenes schaffen konnte, das ihm<br />

viel mehr bedeutete als die Aufsätze, die er<br />

<strong>in</strong> der Schule schreiben musste. Als er das<br />

Heft gefüllt hatte, wusste er, dass er Schriftsteller<br />

werden wollte, und er wünschte<br />

s<strong>ich</strong>, dass viele Leute se<strong>in</strong>e Gesch<strong>ich</strong>ten lesen<br />

würden. Aber das Heft zeigte er niemandem,<br />

und se<strong>in</strong>en Wunsch behielt er<br />

lange für s<strong>ich</strong>, denn er ahnte, dass die Erwachsenen<br />

ihm se<strong>in</strong>en Traum ausreden<br />

würden.<br />

Mehr als e<strong>in</strong> halbes Jahrhundert später sitze<br />

<strong>ich</strong> vor dem Bildschirm. Ich b<strong>in</strong> nach<br />

vielen Umwegen und Anläufen tatsächl<strong>ich</strong><br />

Schriftsteller geworden. Wenn K<strong>in</strong>der m<strong>ich</strong><br />

heute fragen, warum <strong>ich</strong> schreibe, erzähle<br />

<strong>ich</strong> ihnen diese Gesch<strong>ich</strong>te. Sie ist wahr,<br />

und sie enthält den Keim me<strong>in</strong>er Schriftstellerexistenz.<br />

Wenn Erwachsene mir die<br />

gle<strong>ich</strong>e Frage stellen – <strong>ich</strong> höre sie oft –,<br />

wird die Antwort komplizierter. Ebenso<br />

gut, denke <strong>ich</strong> <strong>in</strong> solchen Momenten, könnte<br />

man m<strong>ich</strong> fragen: «Warum atmen Sie?<strong>»</strong><br />

«Weil <strong>ich</strong> muss<strong>»</strong>, möchte <strong>ich</strong> antworten.<br />

Oder e<strong>in</strong>fach: «Darum<strong>»</strong> – und ke<strong>in</strong> Wort<br />

mehr; denn eigentl<strong>ich</strong> <strong>weiss</strong> <strong>ich</strong> ja gar<br />

n<strong>ich</strong>t, <strong>was</strong> genau m<strong>ich</strong> dazu br<strong>in</strong>gt, wieder<br />

und wieder e<strong>in</strong>en neuen Stoff aufzugreifen<br />

und ihm <strong>in</strong> monatelanger harter Arbeit<br />

e<strong>in</strong>e gültige Form zu geben.<br />

E<strong>in</strong>es ist mir <strong>in</strong>zwischen aber doch klar:<br />

Jede Gesch<strong>ich</strong>te, die <strong>ich</strong> erzähle, hat <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er<br />

Weise mit mir zu tun. Meist f<strong>in</strong>de<br />

<strong>ich</strong> erst im Lauf der Niederschrift heraus,<br />

<strong>was</strong> es ist. Zu me<strong>in</strong>em letzten Roman, «Abschied<br />

von Sansibar<strong>»</strong>, kam <strong>ich</strong> so: Freunde<br />

erzählten mir vom Palastmuseum <strong>in</strong> Sansibar;<br />

dort gebe es e<strong>in</strong>en Raum, welcher der<br />

Pr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong> Salme, später Emily Ruete, gewidmet<br />

sei. Von ihr hatte <strong>ich</strong> noch nie gehört.<br />

Aber <strong>was</strong> <strong>ich</strong> <strong>in</strong> groben Zügen vernahm,<br />

packte m<strong>ich</strong> sogle<strong>ich</strong>: E<strong>in</strong>e Muslim<strong>in</strong><br />

verliebt s<strong>ich</strong> um 1860 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Hamburger<br />

Kaufmann, wird von ihm schwanger und<br />

muss fliehen. Sie lebt, als Christ<strong>in</strong>, unglückl<strong>ich</strong><br />

<strong>in</strong> Hamburg, verliert früh ihren Mann<br />

durch e<strong>in</strong>en Unfall, versucht ihre drei K<strong>in</strong>der<br />

zu guten Deutschen zu <strong>mache</strong>n.<br />

«Was für e<strong>in</strong> Stoff!<strong>»</strong>, dachte <strong>ich</strong> und begann<br />

<strong>schon</strong> am nächsten Tag zu recherchieren.<br />

Bald war mir klar, dass es <strong>in</strong> dieser Gesch<strong>ich</strong>te<br />

zentral um die Frage geht, auf welche<br />

Weise die Integration <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e fremde<br />

Kultur glücken kann oder warum sie scheitert.<br />

Und damit leuchtet Emilys Schicksal<br />

gle<strong>ich</strong>sam <strong>in</strong> unsere Zeit h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. Mehr<br />

noch: H<strong>in</strong>ter Emily Ruete sah <strong>ich</strong> immer<br />

deutl<strong>ich</strong>er die Umrisse me<strong>in</strong>er Mutter.<br />

Durch ihre Heirat wurde sie, die Bauerntochter,<br />

<strong>in</strong> die Stadt verpflanzt, wo ihr alles<br />

völlig fremd war. Sie we<strong>in</strong>te nachts, <strong>was</strong> sie<br />

mir erst im Alter gestand, und sehnte s<strong>ich</strong><br />

zurück nach dem Bauernhof. Emily nahezukommen,<br />

bedeutete für m<strong>ich</strong>, me<strong>in</strong>e<br />

Mutter, Jahre nach ihrem Tod, <strong>in</strong> ihrer <strong>in</strong>neren<br />

Zerrissenheit besser zu verstehen.<br />

Schreibe <strong>ich</strong> darum? Schreibe <strong>ich</strong>, um mit<br />

der Welt auch m<strong>ich</strong> selbst und me<strong>in</strong>e Herkunft<br />

zu erforschen? Das mag se<strong>in</strong>. Ich<br />

werde jedenfalls weiterschreiben, Buch um<br />

Buch, so hoffe <strong>ich</strong>.<br />

Lukas hartmann<br />

Lukas Hartmann, 69, schreibt historische<br />

Romane, Gesch<strong>ich</strong>ten für Erwachsene<br />

sowie K<strong>in</strong>der- und Jugendbücher. Er studierte<br />

Musik, Germanistik und Psychologie;<br />

heute lebt er <strong>in</strong> Spiegel bei Bern. Für se<strong>in</strong><br />

Werk wurde Lukas Hartmann mehrfach<br />

ausgeze<strong>ich</strong>net, unter anderem mit dem<br />

«Grossen Literaturpreis von Stadt und<br />

Kanton Bern<strong>»</strong>. Se<strong>in</strong> aktuelles Buch erzählt<br />

die Saga e<strong>in</strong>er west-östl<strong>ich</strong>en Familie:<br />

Abschied von Sansibar<br />

328 Seiten<br />

CHF 34.90<br />

Diogenes<br />

© Peter Mosimann<br />

FANTASY<br />

Game of<br />

Thrones –<br />

Staffel 3<br />

Die Lennisters sche<strong>in</strong>en den Krieg<br />

der <strong>fünf</strong> Könige gewonnen zu haben,<br />

nachdem sie Stannis Baratheon e<strong>in</strong>e<br />

vern<strong>ich</strong>tende Niederlage zugefügt<br />

haben. Auf Robb Stark, den König<br />

des Nordens, kommt h<strong>in</strong>gegen Unheil<br />

zu, obwohl ihm das Schlachtenglück<br />

hold ist. Immer grösser wird auch die<br />

Bedrohung des ganzen Kont<strong>in</strong>ents<br />

Westeros durch die Armee der Wildl<strong>in</strong>ge,<br />

die ihren Marsch gegen Süden<br />

unaufhaltsam fortsetzt. Und jenseits<br />

der Meerenge sammelt Daenerys Targaryen<br />

ihre Kräfte, um den Eisernen<br />

Thron zurückzuerobern.<br />

Wer bereits vom Game-of-Thrones-<br />

Virus befallen ist, wird s<strong>ich</strong> die dritte<br />

Staffel der Serie n<strong>ich</strong>t entgehen lassen.<br />

Und er wird n<strong>ich</strong>t enttäuscht werden<br />

von dieser Verfilmung der Bestseller<br />

von George R.R. Mart<strong>in</strong>.<br />

580 M<strong>in</strong>uten<br />

DVD: CHF 44.90<br />

Blu-ray: CHF 54.90<br />

SCIENCE-FICTION<br />

Die Tribute<br />

von Panem –<br />

Catch<strong>in</strong>g Fire<br />

Katniss und Peeta müssen erneut <strong>in</strong><br />

die Arena. Mit e<strong>in</strong>er List überlebten<br />

beide im ersten Teil der Filmserie die<br />

Hungerspiele. Doch damit ermutigten<br />

sie auch die unterdrückte Bevölkerung<br />

zur Rebellion gegen das Regime.<br />

Also setzt Präsident Snow alles daran,<br />

Katniss‘ Glaubwürdigkeit als Symbolfigur<br />

der Rebellion zu zerstören. Das<br />

soll mit e<strong>in</strong>er Spezialauflage der tödl<strong>ich</strong>en<br />

Hungerspiele gel<strong>in</strong>gen, <strong>in</strong> der<br />

bisherige Sieger der Spiele gegene<strong>in</strong>ander<br />

antreten. Doch im H<strong>in</strong>tergrund<br />

reift e<strong>in</strong> anderer, grösserer Plan.<br />

Die Verfilmung des zweiten Romans<br />

der «Panem<strong>»</strong>-Trilogie von Suzanne<br />

Coll<strong>in</strong>s bietet noch mehr Überraschungen<br />

als der erste Teil – den man<br />

allerd<strong>in</strong>gs kennen muss, um «Catch<strong>in</strong>g<br />

Fire<strong>»</strong> zu verstehen. Die Filme also<br />

gle<strong>ich</strong> im Doppelpack kaufen!<br />

146 M<strong>in</strong>uten<br />

DVD: CHF 19.90<br />

Blu-ray: CHF 24.90<br />

DRAMA<br />

Das Mädchen<br />

Wadjda<br />

Die zehnjährige Wadjda hat e<strong>in</strong>en<br />

Traum. Sie träumt vom grünen Velo,<br />

das sie auf ihrem Schulweg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Spielzeuggeschäft sieht. Denn damit<br />

könnte sie endl<strong>ich</strong> ihren Nachbarjungen<br />

Abdullah <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Rennen besiegen.<br />

Die Sache hat allerd<strong>in</strong>gs zwei<br />

Haken. Wadjda lebt <strong>in</strong> Saudi-Arabien,<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er konservativen Gesellschaft,<br />

<strong>in</strong> der Mädchen das Velofahren n<strong>ich</strong>t<br />

gestattet ist. Und Geld für das Velo<br />

hat sie auch ke<strong>in</strong>es. Doch die lebenslustige<br />

Wadjda macht s<strong>ich</strong> mit viel<br />

Unternehmergeist und Hartnäckigkeit<br />

daran, die nötigen f<strong>in</strong>anziellen Mittel<br />

aufzutreiben.<br />

Für ihren berührenden und gle<strong>ich</strong>wohl<br />

witzigen Film über e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e<br />

Rebellion wurde die saudische Regisseur<strong>in</strong><br />

Haifaa Al Mansour mehrfach<br />

ausgeze<strong>ich</strong>net.<br />

97 M<strong>in</strong>uten<br />

DVD: CHF 19.90<br />

ANIMATIONSFILM<br />

Die Eiskönig<strong>in</strong> –<br />

Völlig unverfroren<br />

Im Königre<strong>ich</strong> Arendelle herrscht ewiger<br />

W<strong>in</strong>ter. Grund dafür ist Elsa, die<br />

neue König<strong>in</strong> des Re<strong>ich</strong>s. Sie verfügt<br />

über magische Kräfte, die sie lange<br />

mit Müh und Not unter Kontrolle<br />

halten konnte. Doch dann verlor Elsa<br />

die Beherrschung – und damit auch<br />

die Kontrolle über ihre Macht. Nun<br />

macht s<strong>ich</strong> Elsas jüngere Schwester<br />

Anna auf den beschwerl<strong>ich</strong>en Weg<br />

durch das w<strong>in</strong>terl<strong>ich</strong>e Königre<strong>ich</strong>, um<br />

die Eiskönig<strong>in</strong> wider Willen <strong>in</strong> ihrem<br />

Eispalast <strong>in</strong> den Bergen zu f<strong>in</strong>den.<br />

Der Disney-Film «Die Eiskönig<strong>in</strong> –<br />

Völlig unverfroren<strong>»</strong> ist lose <strong>in</strong>spiriert<br />

vom bekannten Märchen «Die<br />

Schneekönig<strong>in</strong><strong>»</strong> von Hans Christian<br />

Andersen und bietet e<strong>in</strong>en rasanten<br />

Animationsfilmspass für Jung und Alt.<br />

98 M<strong>in</strong>uten<br />

DVD: CHF 19.90<br />

Blu-ray: CHF 24.90


50 | landesmuseum Books Nr. 1/2014 LANDESMUSEUM | 51<br />

Das Landesmuseum Zür<strong>ich</strong> entführt Gross und Kle<strong>in</strong> <strong>in</strong> die Märchenwelt.<br />

Märchen reloaded<br />

Märchen durchdr<strong>in</strong>gen unsere Kultur und bezaubern K<strong>in</strong>der und Erwachsene. Das Landesmuseum Zür<strong>ich</strong> beleuchtet<br />

verschiedene Facetten dieses Phänomens und würdigt die grosse Märchenerzähler<strong>in</strong> Trudi Gerster.<br />

Das Landesmuseum präsentiert uns Gegenstände<br />

aus vergangenen Tagen, weil<br />

diese oft e<strong>in</strong>e lange und <strong>in</strong>teressante Gesch<strong>ich</strong>te<br />

erzählen können. Jetzt sei im Landesmuseum<br />

Zür<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>e Ausstellung zu<br />

sehen, bei der es s<strong>ich</strong> für e<strong>in</strong>mal umgekehrt<br />

verhalte, sagt Museumsdirektor Andreas<br />

Spillmann: «Die Gesch<strong>ich</strong>ten standen<br />

am Anfang, als wir e<strong>in</strong>e Ausstellung über<br />

Trudi Gerster und Märchen planten, dann<br />

haben wir die passenden Objekte dazu gesucht.<strong>»</strong><br />

Die Sucharbeit der beiden Kuratoren<br />

Pascale Meyer und Walter Keller hat<br />

s<strong>ich</strong> gelohnt. Die Ausstellung «Märchen,<br />

Magie und Trudi Gerster<strong>»</strong> führt vom Mittelalter<br />

bis <strong>in</strong> die Gegenwart und zeigt Gegenstände,<br />

die für Besuchende jeden Alters<br />

e<strong>in</strong>en Gew<strong>in</strong>n darstellen.<br />

Benjam<strong>in</strong> Gygax<br />

jekten aus Andalusien lag. In roter T<strong>in</strong>te<br />

und e<strong>in</strong>em sehr altertüml<strong>ich</strong>en, maghreb<strong>in</strong>ischen<br />

Schriftstil las <strong>ich</strong> die Überschrift:<br />

‹kitâb fîhi hadîth mi’at layla wa-layla – Das<br />

Buch mit der Gesch<strong>ich</strong>te von Hundertunde<strong>in</strong>er<br />

Nacht› – und war sofort elektrisiert.<strong>»</strong><br />

Das Manuskript wurde <strong>in</strong>zwischen von<br />

Claudia Ott übersetzt und veröffentl<strong>ich</strong>t.<br />

Wertvolle Orig<strong>in</strong>ale europäischer<br />

Erzähler<br />

N<strong>ich</strong>t weniger bedeutend ist e<strong>in</strong> Ausstellungsstück<br />

<strong>in</strong> der sogenannten «Schatzkammer<strong>»</strong><br />

des Landesmuseums: Hier kann<br />

man e<strong>in</strong>en Blick auf e<strong>in</strong>e Handschrift werfen,<br />

mit der die Brüder Grimm 1810 zwei<br />

Märchen festhielten. Daneben liegen Scherenschnitte,<br />

die Hans Christian Andersen<br />

kunstvoll anfertigte. An e<strong>in</strong>em anderen Ort<br />

ist e<strong>in</strong>e der 22 noch erhaltenen Erstausgaben<br />

von «Alice’s Adventures <strong>in</strong> Wonderland<strong>»</strong><br />

aus dem Jahr 1865 zu sehen. Sogar<br />

Orig<strong>in</strong>ale e<strong>in</strong>er echten König<strong>in</strong> gibt es zu<br />

bestaunen: Margrethe II., König<strong>in</strong> von Dänemark,<br />

ist begabte Illustrator<strong>in</strong> und Designer<strong>in</strong>.<br />

Sie schuf 2009 die Kostüme und<br />

Dekors zur Verfilmung des Andersen-Märchens<br />

«Die wilden Schwäne<strong>»</strong>. Das Landesmuseum<br />

stellt die Kleider und Dekors im<br />

Orig<strong>in</strong>al aus.<br />

Die Märchen-König<strong>in</strong> der Schweiz<br />

Auch die Schweiz hatte e<strong>in</strong>e König<strong>in</strong>: Die<br />

Märchen-König<strong>in</strong> Trudi Gerster, die durch<br />

ihre Auftritte an der Landesausstellung<br />

1939 <strong>in</strong> Zür<strong>ich</strong> bekannt wurde und vor<br />

rund e<strong>in</strong>em Jahr verstarb. E<strong>in</strong> eigener<br />

Raum der Ausstellung ist diesem Schweizer<br />

Phänomen gewidmet. In e<strong>in</strong>em bezaubernden<br />

Märchenwald steht der Thron,<br />

auf dem Trudi Gerster so oft sass und die<br />

Zuhörenden <strong>in</strong> ihren Bann zog. Gross und<br />

Kle<strong>in</strong> können hier ihren Erzählungen lauschen<br />

und Bilder von Andreas Jenni bewundern.<br />

Beim Künstler handelt s<strong>ich</strong> um<br />

Trudi Gersters Sohn; er teilt ihre Begeisterung<br />

für Märchen und arbeitet als Illustrator<br />

und Erzähler.<br />

Märchen durchdr<strong>in</strong>gen unsere Kultur<br />

Wie stark Märchen bis heute wirken, belegt<br />

der letzte Raum der Ausstellung. Hier<br />

s<strong>in</strong>d neben Ausschnitten moderner Märchenverfilmungen<br />

aus Hollywood auch Bilder<br />

von Tomi Ungerer und grossflächige<br />

Fotografien von Annelies Strba und Nan<br />

Gold<strong>in</strong> zu sehen. Beide liessen s<strong>ich</strong> auf unterschiedl<strong>ich</strong>e<br />

Art von der Fantasiewelt der<br />

Märchen <strong>in</strong>spirieren und schufen Bilder,<br />

die e<strong>in</strong>en eigenen Zauber ausstrahlen.<br />

«Wir wollten<br />

das Monument<br />

Trudi Gerster<br />

würdigen<strong>»</strong><br />

Books: Was hat Sie veranlasst, dem<br />

Thema Märchen e<strong>in</strong>e Ausstellung zu<br />

widmen?<br />

Pascale Meyer: Der Anstoss dazu war,<br />

dass wir Trudi Gerster <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ausstellung<br />

würdigen wollten. Deshalb s<strong>in</strong>d wir auch<br />

froh, dass sie vor ihrem Tod noch von<br />

unseren Plänen erfuhr und dass uns ihre<br />

Familie mit ihrem Wissen und Objekten<br />

aus dem Nachlass grosszügig unterstützte.<br />

Walter Keller: Es g<strong>in</strong>g uns aber auch<br />

darum, e<strong>in</strong>er Erzählform zu ihrem Recht<br />

zu verhelfen, die von Erwachsenen oft<br />

unterschätzt wird. Märchen öffnen Gross<br />

und Kle<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Fenster zu Mögl<strong>ich</strong>keitsformen<br />

und nehmen mit ihrem Zauber<br />

eigentl<strong>ich</strong> Filme und Games des digitalen<br />

Zeitalters vorweg. Deshalb wollten wir<br />

Märchen mit der Ausstellung re-aktualisieren<br />

– sie könnte auch «Märchen reloaded<strong>»</strong><br />

heissen.<br />

Dennoch, haben Märchen n<strong>ich</strong>t an<br />

Bedeutung verloren?<br />

Pascale Meyer: Der Aargauer Illustrator<br />

Felix Hoffmann, dessen Bücher bei uns zu<br />

sehen s<strong>in</strong>d, verkaufte <strong>in</strong> den 1970er-<strong>Jahren</strong><br />

e<strong>in</strong>e unglaubl<strong>ich</strong>e Auflage von 600’000<br />

Büchern. Sie werden bis heute <strong>in</strong> Südkorea<br />

gedruckt. Das K<strong>in</strong>o hat <strong>in</strong> den letzten<br />

<strong>Jahren</strong> immer mehr populäre Märchen-<br />

Verfilmungen gezeigt, und die Kultur ist<br />

durchdrungen von Märchen-Themen. Das<br />

zeigen auch die Fotoarbeiten von Annelies<br />

Strba und Nan Gold<strong>in</strong> <strong>in</strong> unserer Ausstellung.<br />

Pascale Meyer und Walter Keller: «Märchen s<strong>in</strong>d<br />

auch heute e<strong>in</strong> Fenster zu Mögl<strong>ich</strong>keitsformen.<strong>»</strong><br />

MÄRCHENHAFTE ANLÄSSE<br />

15. März: «Zwerg, Pr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong>,<br />

Zauberkugel<strong>»</strong><br />

K<strong>in</strong>der schlüpfen mit der Märchenerzähler<strong>in</strong><br />

Verena Jenny <strong>in</strong> Rollen und spielen<br />

Märchen.<br />

23. März: «Spiegle<strong>in</strong>, Spiegle<strong>in</strong><br />

an der Wand, wage d<strong>ich</strong> <strong>in</strong>s<br />

Märchenland<strong>»</strong><br />

Führung für K<strong>in</strong>der mit anschliessendem<br />

Theaterspiel, geleitet vom Theaterpädagogen<br />

Beni Müller.<br />

5. April: Tagung «Das Märchen<br />

s<strong>in</strong>d wir<strong>»</strong><br />

E<strong>in</strong> Samstag mit verschiedenen Vorträgen<br />

und K<strong>in</strong>derprogramm «Abrakadabra<br />

und Simsalabim<strong>»</strong>.<br />

25. März, 8./22. April, 6. Mai.<br />

Öffentl<strong>ich</strong>e Führungen durch die Ausstellung<br />

Informationen zur Ausstellung und zu Veranstaltungen:<br />

www.nationalmuseum.ch/zuer<strong>ich</strong><br />

Märchen-<br />

Empfehlungen<br />

101 Nacht<br />

Claudia Ott/<br />

Aga Khan<br />

Museum<br />

329 Seiten<br />

CHF 74.90<br />

Manesse<br />

800 Jahre alte Entdeckung<br />

Die Ausstellung beg<strong>in</strong>nt mit e<strong>in</strong>em Blick<br />

auf die orientalischen Märchen. Als Besonderheit<br />

ist hier e<strong>in</strong>e Abbildung der Handschrift<br />

«101 Nacht<strong>»</strong> von 1234 zu sehen.<br />

Die Orientalist<strong>in</strong> Claudia Ott entdeckte die<br />

kle<strong>in</strong>e Schwester der bekannten Gesch<strong>ich</strong>tensammlung<br />

erst vor wenigen <strong>Jahren</strong><br />

beim Gang durch e<strong>in</strong>e Ausstellung: «Mir<br />

fiel e<strong>in</strong>e Handschrift auf, die et<strong>was</strong> abseits<br />

der anderen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Vitr<strong>in</strong>e mit Kunstob-<br />

Tausendunde<strong>in</strong>e<br />

Nacht<br />

Claudia Ott<br />

696 Seiten<br />

CHF 44.90<br />

C.H.Beck<br />

Das grosse<br />

Märchenbuch<br />

Christian Str<strong>ich</strong><br />

(Herausgeber),<br />

Tatjana Hauptmann<br />

(Illustrationen)<br />

662 Seiten<br />

CHF 70.00<br />

Diogenes<br />

Die schönsten<br />

Märchen<br />

der Schweiz<br />

Dirk Vaih<strong>in</strong>ger<br />

(Herausgeber),<br />

Doris Lecher<br />

(Illustrationen)<br />

204 Seiten<br />

CHF 29.90<br />

Nagel & Kimche<br />

Trudi Gerster<br />

erzählt<br />

CHF 10.90<br />

45 M<strong>in</strong>uten<br />

swissandfamous

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