«Wer weiss schon, was ich in fünf Jahren mache!»
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Ihr persönl<strong>ich</strong>es<br />
Exemplar –<br />
mit Wettbewerb!<br />
Das Magaz<strong>in</strong> der Buchhandlungen von Orell Füssli und Thalia<br />
Nr. 1/2014<br />
<strong>«Wer</strong> <strong>weiss</strong><br />
<strong>schon</strong>, <strong>was</strong> <strong>ich</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>fünf</strong> <strong>Jahren</strong><br />
<strong>mache</strong>!<strong>»</strong><br />
Stefan Bachmanns Debüt<br />
«Die Seltsamen<strong>»</strong><br />
Er<strong>in</strong>nerungen an die<br />
erste Liebe<br />
Frühl<strong>in</strong>gsgefühle<br />
zwischen Buchdeckeln<br />
Held<strong>in</strong>nen des Alltags<br />
Bücher über starke Mädchen<br />
Und ausserdem:<br />
Reiseführer für den Städtetrip,<br />
Kochbücher,<br />
Märchen, Bildbände
AARAU –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
Meissner Thalia<br />
Bahnhofstrasse 41, 5001 Aarau<br />
Mo – Fr: 9.00 – 18.30 Uhr | Do: 9.00 – 20.00 Uhr<br />
Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />
EMMENBRÜCKE –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
Thalia Emmen Center<br />
Stauffacherstrasse 1, 6020 Emmenbrücke<br />
Mo, Di + Do: 9.00 – 18.30 Uhr<br />
Mi + Fr: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 8.00 – 16.00 Uhr<br />
WINTERTHUR ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
Orell Füssli Marktgasse<br />
Marktgasse 3, 8400 W<strong>in</strong>terthur<br />
Mo – Mi + Fr: 09.00 – 18.30 Uhr<br />
Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />
Inhalt<br />
Editorial | 3<br />
Wirz Thalia<br />
H<strong>in</strong>tere Vorstadt 18, 5001 Aarau<br />
Mo, Di, Mi + Fr: 9.00 – 18.30 Uhr<br />
Do: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 8.00 – 17.00 Uhr<br />
BADEN –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
Thalia<br />
Langhaus beim Bahnhof, 5401 Baden<br />
Mo – Fr: 9.00 – 19.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />
BASEL ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
Orell Füssli Bahnhof SBB<br />
Passerelle, Güterstrasse 115, 4053 Basel<br />
Mo – Fr: 7.00 – 21.00 Uhr | Sa: 8.00 – 21.00 Uhr<br />
So: 9.00 – 20.00 Uhr<br />
Thalia<br />
Freie Strasse 32, 4001 Basel<br />
Mo, Di, Mi + Fr: 9.00 – 18.30 Uhr<br />
Do: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr<br />
BERN ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
Orell Füssli E<strong>in</strong>kaufszentrum Westside<br />
Gilberte-De-Courgenay-Platz 4, 3027 Bern<br />
Mo – Do: 9.00 – 20.00 Uhr | Fr: 9.00 – 22.00 Uhr<br />
Sa: 8.00 – 17.00 Uhr<br />
Stauffacher<br />
Neuengasse 25 – 37, 3001 Bern<br />
Mo – Mi + Fr: 9.00 – 19.00 Uhr<br />
Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />
Thalia Spitalgasse<br />
Spitalgasse 47/51, 3001 Bern<br />
Mo – Mi: 9:00 – 19.00 Uhr | Do: 9:00 – 21:00 Uhr<br />
Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 8:00 – 17:00 Uhr<br />
Thalia Bahnhof SBB<br />
Bahnhofplatz 10, 3001 Bern<br />
Mo – Sa: 7.00 – 22.00 Uhr | So: 9.00 – 22.00 Uhr<br />
BRIG –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
ZAP<br />
Furkastrasse 3, 3900 Brig<br />
Mo – Fr: 9.00 – 18.30 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />
ZAP Bürostore<br />
Englischgrussstrasse 6, 3900 Brig<br />
Mo – Fr: 8.30 – 12.00 und 13.30 – 17.00 Uhr<br />
BRUGG –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
Thalia<br />
Neumarktplatz 12, 5200 Brugg<br />
Mo – Do: 9.00 – 18.30 Uhr | Fr: 9.00 – 20.00 Uhr<br />
Sa: 8.00 – 17.00 Uhr<br />
CHUR –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
Thalia E<strong>in</strong>kaufscenter City West<br />
Raschärenstrasse 35, 7000 Chur<br />
Mo – Do: 9.00 – 19.00 Uhr | Fr: 9.00 – 20.00 Uhr<br />
So: 8.00 – 18.00 Uhr<br />
FRAUENFELD –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
Orell Füssli E<strong>in</strong>kaufszentrum Passage<br />
Bahnhofstrasse 70 / 72, 8500 Frauenfeld<br />
Mo – Do: 8.00 – 19.00 Uhr | Fr: 8.00 – 20.00 Uhr<br />
Sa: 08.00 – 17.00 Uhr<br />
FRIBOURG ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
Thalia<br />
Bahnhof / Gare, 1700 Fribourg<br />
Mo – Fr: 7.00 – 21.00 Uhr | Sa + So:<br />
9.00 – 21.00 Uhr<br />
SCHAFFHAUSEN ––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
Thalia<br />
Vordergasse 77, 8200 Schaffhausen<br />
Mo – Mi + Fr: 8.30 – 18.30 Uhr<br />
Do: 8.30 – 20.00 Uhr | Sa: 8.00 – 17.00 Uhr<br />
SCHÖNBÜHL –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
Thalia Shoppyland<br />
Industriestrasse 10, 3322 Schönbühl<br />
Mo – Do: 9.00 – 20.00 Uhr | Fr: 9.00 – 21.30 Uhr<br />
Sa: 8.00 – 17.00 Uhr<br />
SIERRE –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
ZAP<br />
Place de la Gare 2, 3960 Sierre<br />
Mo – Fr: 9:00 – 12:00 und 13:30 – 18:30 Uhr<br />
Sa: 9:00 – 17:00 Uhr<br />
SPREITENBACH ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
Thalia Shoppi & Tivoli<br />
8957 Spreitenbach<br />
Mo – Sa: 9.00 – 20.00 Uhr<br />
ST. GALLEN ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
Orell Füssli Bahnhof<br />
Poststrasse 28, 9000 St. Gallen<br />
Mo – Fr: 8.00 – 21.00 Uhr<br />
Sa + So: 9.00 – 20.00 Uhr<br />
Rösslitor Bücher<br />
Multergasse 1 – 3, 9001 St. Gallen<br />
Mo – Mi + Fr: 9.00 – 18.30 Uhr<br />
Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />
Thalia Shopp<strong>in</strong>g Arena<br />
Zürcher Strasse 464, 9015 St. Gallen<br />
Mo, Di, Mi + Fr: 9.00 – 19.00 Uhr,<br />
Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />
ST. MARGRETHEN –––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
Thalia E<strong>in</strong>kaufszentrum Rhe<strong>in</strong>park<br />
9430 St. Margrethen<br />
Mo – Do: 9.00 – 19.00 Uhr | Fr: 9.00 – 21.00 Uhr<br />
Sa: 8.00 – 17.00 Uhr<br />
THUN –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
Thalia<br />
Bälliz 60, 3600 Thun<br />
Mo – Mi + Fr: 9.00 – 18.30 Uhr<br />
Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />
Orell Füssli E<strong>in</strong>kaufszentrum Rosenberg<br />
Schaffhauserstrasse 152, 8400 W<strong>in</strong>terthur<br />
Mo – Fr: 8.30 – 20.00 Uhr | Sa: 8.00 – 18.00 Uhr<br />
Vogel Thalia<br />
Marktgasse 41, 8400 W<strong>in</strong>terthur<br />
Mo – Mi + Fr: 9.00 – 18.30 Uhr<br />
Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr<br />
VISP ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
ZAP<br />
Bahnhofstrasse 21, 3930 Visp<br />
Mo – Fr: 9:00 – 12:00 und 13:30 – 18:30 Uhr<br />
Sa: 9:00 – 17:00 Uhr<br />
ZERMATT ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
ZAP<br />
Hofmattstrasse 3, 3920 Zermatt<br />
Mo – Sa: 9:00 – 12:00 Uhr und 14:00 – 18:30 Uhr<br />
Während der Saisonzeit:<br />
Mo – Fr: 9:00 – 12:30 Uhr und 14:00 – 19:00 Uhr<br />
So: 16:00 – 19:00 Uhr<br />
ZÜRICH ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />
Orell Füssli Kramhof<br />
Füsslistrasse 4, 8001 Zür<strong>ich</strong><br />
Mo – Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr<br />
Orell Füssli Am Bellevue<br />
Theaterstrasse 8, 8001 Zür<strong>ich</strong><br />
Mo – Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr<br />
Orell Füssli The Bookshop<br />
Bahnhofstrasse 70, 8001 Zür<strong>ich</strong><br />
Mo – Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr<br />
Orell Füssli Flughafen<br />
Airport Center, 8060 Zür<strong>ich</strong>–Flughafen<br />
Mo – So: 7.00 – 21.00 Uhr | Sa – So: 8.00 – 21.00 Uhr<br />
Orell Füssli Zür<strong>ich</strong> Hauptbahnhof<br />
Shopville, Halle Landesmuseum, 8001 Zür<strong>ich</strong><br />
Mo – Fr: 7.00 – 21.00 Uhr | Sa: 8.00 – 21.00 Uhr<br />
So: 9.00 – 20.00 Uhr<br />
Orell Füssli Bahnhof Stadelhofen<br />
Stadelhoferstrasse 8, 8001 Zür<strong>ich</strong><br />
Mo – Fr: 8.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 19.00 Uhr<br />
So: 10.00 – 18.00 Uhr<br />
Orell Füssli Im Franz Carl Weber<br />
Bahnhofstrasse 62, 8001 Zür<strong>ich</strong><br />
Mo – Mi: 9.00 – 18.30 Uhr<br />
Do + Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr<br />
www.books.ch<br />
www.buch.ch<br />
www.thalia.ch<br />
www.stauffacher.ch<br />
www.zap.ch<br />
Das erste Mal<br />
Liebe Leser<strong>in</strong><br />
Lieber Leser<br />
Die Tage werden länger, die Sonne sche<strong>in</strong>t wärmer<br />
– die Balz liegt <strong>in</strong> der Luft. Deshalb spürt<br />
Books zart knospenden Gefühlen nach: Die erste<br />
Liebe ist e<strong>in</strong> überwältigendes Naturereignis,<br />
das Autor<strong>in</strong>nen und Autoren <strong>schon</strong> immer gern<br />
schreibend ergründet haben. Dieses Vorhaben<br />
gle<strong>ich</strong>t allerd<strong>in</strong>gs dem Gang über e<strong>in</strong>en schmalen<br />
Grat, bei dem schnell der Absturz <strong>in</strong> Kitsch<br />
und Pathos droht. Ab Seite 20 stellen wir Ihnen<br />
Neuersche<strong>in</strong>ungen vor, welche die Gratwanderung<br />
je auf ihre eigene Art meistern und besondere<br />
Lesevergnügen bieten.<br />
Das erste Mal ist immer unvergessl<strong>ich</strong> – dieser<br />
Satz passt n<strong>ich</strong>t nur zu unserem Frühl<strong>in</strong>gsthema,<br />
sondern auch zu unserem grossen Interview<br />
mit dem jungen Autor Stefan Bachmann. Der<br />
Adliswiler schrieb mit nur gerade 16 <strong>Jahren</strong><br />
se<strong>in</strong>en <strong>in</strong>ternationalen Überraschungserfolg<br />
«Die Seltsamen<strong>»</strong> und sagt heute über se<strong>in</strong><br />
Debüt: «Ich b<strong>in</strong> nach wie vor stolz auf dieses<br />
Buch, aber jetzt würde <strong>ich</strong> s<strong>ich</strong>er vieles ganz<br />
anders <strong>mache</strong>n.<strong>»</strong> Und das hat er auch getan:<br />
Se<strong>in</strong>e Fortsetzung «The Whatnot<strong>»</strong> ist gerade auf<br />
Englisch erschienen.<br />
Ihr M<strong>ich</strong>ele Bomio<br />
CEO Orell Füssli Thalia AG<br />
FRÜHLINGSGEFÜHLE ZWISCHEN<br />
BUCHDECKELN<br />
Er<strong>in</strong>nerungen an die<br />
erste Liebe<br />
Seite 20<br />
NEUE KOCHBÜCHER<br />
Das Auge isst mit<br />
Seite 44<br />
Die nächste Ausgabe von Books, dem Magaz<strong>in</strong> der Orell Füssli<br />
Thalia AG, ersche<strong>in</strong>t am 23. Mai 2014. Sie erhalten Books kostenlos<br />
<strong>in</strong> jeder Filiale. Bestellungen nehmen wir gern entgegen über www.<br />
books.ch, orders@books.ch und Telefon 0848 849 848.<br />
REISEFÜHRER-SPEZIAL<br />
Die neusten Ratgeber<br />
für den Städtetrip<br />
Seite 23<br />
4 Notizen<br />
10 <strong>«Wer</strong> <strong>weiss</strong> <strong>schon</strong>, <strong>was</strong> <strong>ich</strong> <strong>in</strong><br />
<strong>fünf</strong> <strong>Jahren</strong> <strong>mache</strong>!<strong>»</strong><br />
Interview mit Stefan Bachmann,<br />
Autor des Bestsellers<br />
«Die Seltsamen<strong>»</strong><br />
14 e<strong>in</strong>fach prächtig<br />
Neue Bildbände und Bücher<br />
zum Schmökern<br />
18 Im Schaufenster<br />
«Der Hof<strong>»</strong> von Simon Beckett<br />
32 kaffeepause<br />
Die Books-Debatte<br />
36 Fantastisch!<br />
Fantasy-Neuersche<strong>in</strong>ungen<br />
39 me<strong>in</strong> Buch<br />
40 Held<strong>in</strong>nen des Alltags<br />
Neues aus der K<strong>in</strong>derwelt<br />
43 Grosser Coup<br />
Der Gew<strong>in</strong>ner des Kurzgesch<strong>ich</strong>ten-Wettbewerbs<br />
46 kreuzworträtsel<br />
47 veranstaltungen<br />
48 kolumne<br />
Darum schreibe <strong>ich</strong> – von<br />
Lukas Hartmann<br />
50 märchen reloaded<br />
Ausstellung im Landesmuseum<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Orell Füssli Thalia AG, Dietz<strong>in</strong>gerstrasse 3, Postfach, 8036 Zür<strong>ich</strong><br />
Gesamtherstellung und Redaktion:<br />
Die Blatt<strong>mache</strong>r GmbH, Zür<strong>ich</strong><br />
Gestaltung / LAYOUT: Str<strong>ich</strong>punkt GmbH, W<strong>in</strong>terthur<br />
Coverfoto: Gerry Nitsch<br />
Jetzt Fan werden:<br />
www.facebook.com/OrellFuessli<br />
Preisänderungen vorbehalten. Unsere aktuellen Verkaufspreise<br />
und e<strong>in</strong>e umfassende Auswahl an Büchern, Filmen und Spielen<br />
f<strong>in</strong>den Sie auf www.books.ch.<br />
Alle so gekennze<strong>ich</strong>neten Bücher s<strong>in</strong>d auch als eBook erhältl<strong>ich</strong>.
4 | NOTIZEN Books Nr. 1/2014<br />
NOTIZEN | 5<br />
Notizen<br />
Marius Leutenegger<br />
Auch darüber schreibt Umberto Eco: Das Schlaraffenland – hier gesehen<br />
von Pieter Bruegel d. Ä.<br />
Die Welt ist bis <strong>in</strong> den letzten W<strong>in</strong>kel erforscht und entdeckt<br />
– davon legen auch die vielen Stadtführer e<strong>in</strong> Zeugnis<br />
ab, die wir <strong>in</strong> unserem «Spezial<strong>»</strong> ab Seite 23 vorstellen. Doch<br />
noch immer gibt es Orte, die niemals von e<strong>in</strong>em Menschen<br />
betreten wurden: Orte, die nur <strong>in</strong> unseren Köpfen existieren.<br />
Zwei Neuersche<strong>in</strong>ungen beschäftigen s<strong>ich</strong> auf äusserst attraktive<br />
Weise damit. Da ist e<strong>in</strong>mal «Die Gesch<strong>ich</strong>te der legendären Länder und Städte<strong>»</strong>,<br />
erschienen bei Hanser. Autor Umberto Eco kennen wir ja vor allem als Romancier – von<br />
ihm stammen die Welterfolge «Der Friedhof <strong>in</strong> Prag<strong>»</strong> und «Der Name der Rose<strong>»</strong>. Von<br />
Haus aus ist der Italiener aber Literaturhistoriker und Semiotiker, also Fachmann für Ze<strong>ich</strong>ensysteme.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus ist er e<strong>in</strong> wandelndes Lexikon und e<strong>in</strong> sehr humorvoller<br />
Zeitgenosse. In se<strong>in</strong>em neuen, re<strong>ich</strong> illustrierten Buch geht er jenen Orten nach, die irgendwann<br />
als existent galten und von manchen Leuten sogar gesucht<br />
wurden: das Re<strong>ich</strong> der König<strong>in</strong> von Saba, Atlantis, das Schlaraffenland,<br />
Eldorado und so weiter. Da wir wohl alle irgendwann<br />
vom e<strong>in</strong>en oder anderen dieser N<strong>ich</strong>torte geträumt haben und<br />
gelegentl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong> unstillbares Fernweh <strong>in</strong> uns spüren, macht das<br />
Buch enorm viel Spass – zumal Eco e<strong>in</strong> Wissenschaftler ist, dem<br />
jedes Professorale abgeht. Er erzählt Gesch<strong>ich</strong>ten, n<strong>ich</strong>t Gesch<strong>ich</strong>te,<br />
und nimmt uns mit auf e<strong>in</strong>e Reise <strong>in</strong>s Re<strong>ich</strong> der Fantasie. Noch<br />
et<strong>was</strong> weiter geht <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>s<strong>ich</strong>t der unverwüstl<strong>ich</strong>e Terry<br />
Pratchett. Die meisten se<strong>in</strong>er Scheibenwelt-Romane spielen <strong>in</strong><br />
der kuriosen Stadt Ankh-Morpork, <strong>in</strong> der Menschen, Werwölfe,<br />
Igors, Zwerge und Trolle ke<strong>in</strong>eswegs immer friedl<strong>ich</strong> zusammenleben.<br />
Nun hat Pratchett se<strong>in</strong>e gesammelte Fantasie über die Grossstadt<br />
aufs Papier gebracht: Se<strong>in</strong> bei Manhattan erschienener «Vollsthändiger und unentbehrl<strong>ich</strong>er<br />
Stadtführer von gesammt Ankh-Morpork<strong>»</strong> stellt die Stadt derart detailliert<br />
vor, dass man s<strong>ich</strong> kaum vorstellen kann, warum e<strong>in</strong>er so viel Zeit auf et<strong>was</strong> derart Uns<strong>in</strong>niges<br />
verwendet. Doch gerade dar<strong>in</strong> liegt der Reiz der Sache: Das Buch ist e<strong>in</strong> echter<br />
Reiseführer durch e<strong>in</strong>e Stadt – und damit auch e<strong>in</strong>e sehr üppige Reiseführer-Parodie.<br />
Prachett empfiehlt Hotels und Restaurants, füllt Dutzende von Seiten mit witzigen Anzeigen<br />
von Geschäften oder schlägt Routen für Stadtwanderungen vor. Das Juwel des Buchs<br />
ist e<strong>in</strong>e grosse Karte, auf der man nun wirkl<strong>ich</strong> jede Strasse f<strong>in</strong>det, die je <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Scheibenwelt-Roman<br />
vorkam.<br />
Als das Nobelpreis-<br />
Komitee im letzten<br />
Jahr die Gew<strong>in</strong>ner<strong>in</strong><br />
des Literatur-Nobelpreises<br />
bekannt gab,<br />
wunderte s<strong>ich</strong> ausnahmsweise<br />
niemand:<br />
Die Kanadier<strong>in</strong><br />
Alice Munro gilt <strong>schon</strong><br />
seit Jahrzehnten als e<strong>in</strong>e Meister<strong>in</strong> ihres<br />
Fachs. Und dieses ist die Kurzgesch<strong>ich</strong>te.<br />
Munro beschreibt<br />
unsentimental und h<strong>in</strong>ters<strong>in</strong>nig<br />
meist eher trübe und äusserst<br />
glaubwürdige Gesch<strong>ich</strong>ten<br />
aus dem Alltag e<strong>in</strong>er Frau<br />
mittleren Alters; sie verz<strong>ich</strong>tet<br />
oft auf e<strong>in</strong> klares Ende und bee<strong>in</strong>druckt<br />
durch e<strong>in</strong>e ebenso<br />
m<strong>in</strong>utiöse Beobachtungsgabe wie durch e<strong>in</strong>e<br />
Sprache, die karg und doch e<strong>in</strong>nehmend ist.<br />
Das ist hohe Literatur, die s<strong>ich</strong> auch le<strong>ich</strong>t<br />
lesen lässt. Rund 150 Gesch<strong>ich</strong>ten hat Munro<br />
bislang veröffentl<strong>ich</strong>t. Nun s<strong>in</strong>d wieder 14<br />
neue h<strong>in</strong>zugekommen – erschienen bei<br />
S.Fischer im Band «Liebes Leben<strong>»</strong>. Wie der<br />
Titel dieses 14. Erzählbandes von Munro<br />
sagt, geht es um die Liebe und das Leben<br />
schlechth<strong>in</strong>: um Untreue, den Kitzel des Augenblicks,<br />
e<strong>in</strong> kurzes Ausbrechen aus e<strong>in</strong>em<br />
Alltag, der deprimierenderweise meist n<strong>ich</strong>t<br />
e<strong>in</strong>mal schlecht, sondern nur banal ist. Wer<br />
Munro noch n<strong>ich</strong>t kennt, f<strong>in</strong>det hier e<strong>in</strong>en<br />
idealen E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> e<strong>in</strong> fasz<strong>in</strong>ierendes Werk.<br />
«Meisterwerk im Stil Isabel Allendes<strong>»</strong>, urteilte<br />
e<strong>in</strong> Kritiker über «Mofongo<strong>»</strong>. Der bei<br />
Urachhaus erschienene Familienroman<br />
stammt von der hierzulande noch wenig<br />
bekannten, im englischen Sprachraum<br />
aber längst höchst erfolgre<strong>ich</strong>en Autor<strong>in</strong><br />
Cecilia Samart<strong>in</strong>. Sie ist zwar e<strong>in</strong>e US-<br />
Amerikaner<strong>in</strong>, ihre Wurzeln liegen aber <strong>in</strong><br />
Kuba – daher auch der Vergle<strong>ich</strong> mit dem<br />
late<strong>in</strong>amerikanischen Superstar Allende.<br />
«Mofongo<strong>»</strong> präsentiert e<strong>in</strong>e bunte Palette<br />
attraktiver Figuren: den zehnjährigen Sebastian,<br />
se<strong>in</strong>e 70-jährige Grossmutter<br />
Lola, Sebastians liebevollen Vater, der zum<strong>in</strong>dest<br />
<strong>in</strong> Gedanken untreu wird und<br />
schwer dafür bezahlt, Schwester und<br />
Mutter – e<strong>in</strong>e Familie, die<br />
man <strong>in</strong>s Herz schliesst und<br />
der man gern angehörte,<br />
auch wenn es ihre Mitglieder<br />
mite<strong>in</strong>ander n<strong>ich</strong>t le<strong>ich</strong>t haben.<br />
E<strong>in</strong> herzerwärmendes<br />
Buch für die letzten kalten<br />
Nächte der Saison.<br />
Als Max Frisch im April 1991 starb, verfügte<br />
er e<strong>in</strong>e 20-jährige Sperrfrist über se<strong>in</strong>en<br />
Nachlass. Die betraf auch das «Berl<strong>in</strong>er<br />
Journal<strong>»</strong> – <strong>fünf</strong> R<strong>in</strong>gbücher voller Texte,<br />
die er während se<strong>in</strong>es Aufenthalts <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
von 1973 bis 1980 verfasste. Fast drei<br />
Jahre nach Ablauf der Sperrfrist hat Suhrkamp<br />
das Journal jetzt veröffentl<strong>ich</strong>t. Oder<br />
zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>en Teil davon: Von öffentl<strong>ich</strong>em<br />
Interesse seien<br />
nur die ersten<br />
beiden, gut ausgearbeiteten<br />
R<strong>in</strong>gbücher,<br />
die späteren,<br />
eher skizzenhaften<br />
enthielten vor allem<br />
Texte über Frischs<br />
Privatleben, heisst<br />
es im Nachwort.<br />
Doch auch die veröffentl<strong>ich</strong>ten<br />
Teile s<strong>in</strong>d<br />
von Privatem geprägt. Im Stil se<strong>in</strong>er zwei<br />
früheren und weltberühmten Tagebücher<br />
reflektiert Frisch über Kollegen, Erlebnisse<br />
und aktuelle Ereignisse, da und dort<br />
skizziert er e<strong>in</strong>e literarische Idee. Vor allem<br />
aber geht es ihm um ihn selbst, um<br />
se<strong>in</strong>e Ehe mit der 28 Jahre jüngeren Marianne,<br />
das Älterwerden, die schw<strong>in</strong>dende<br />
schriftstellerische Potenz. Man kann Max<br />
Frisch leider n<strong>ich</strong>t widersprechen, wenn er<br />
später <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief an se<strong>in</strong>en Schriftsteller-Freund<br />
Uwe Johnson über das Journal<br />
schreibt, der Text enthalte «viel Selbstgerechtigkeiten<strong>»</strong>;<br />
zuweilen s<strong>in</strong>d Frischs Narzissmus<br />
und Koketterie nur schwer erträgl<strong>ich</strong>.<br />
Doch der Zürcher bleibt e<strong>in</strong> Titan des<br />
Worts, und viele Stellen gehen e<strong>in</strong>em n<strong>ich</strong>t<br />
mehr aus dem Kopf. E<strong>in</strong> Beispiel? «Gelegentl<strong>ich</strong><br />
wundere <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong>, dass <strong>ich</strong> 62 werde.<br />
Ke<strong>in</strong> körperl<strong>ich</strong>es Gefühl davon, dass es<br />
<strong>in</strong> wenigen <strong>Jahren</strong> zu Ende ist. Wie bei e<strong>in</strong>em<br />
Blick auf die Uhr: So spät ist es <strong>schon</strong>?<strong>»</strong><br />
Leute, die das mögen, mögen auch ...<br />
Sie kennen das: Man hat gehofft, e<strong>in</strong> Buch<br />
g<strong>in</strong>ge nie zu Ende, weil es e<strong>in</strong>em so gefallen<br />
hat – aber irgendwann ist die letzte Seite<br />
dann doch gelesen. Zum Glück kann man<br />
s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> solchen Momenten an Fachleute<br />
wenden, die e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong> Buch mit vergle<strong>ich</strong>baren<br />
Qualitäten empfehlen. E<strong>in</strong>e solche<br />
Fachfrau ist die Berner<strong>in</strong> Cél<strong>in</strong>e Tapis. Nach<br />
der Matura absolvierte die heute 22-Jährige<br />
e<strong>in</strong>e Buchhändlerlehre; mittlerweile arbeitet<br />
sie zu 50 Prozent bei Stauffacher und<br />
studiert an der Universität Bern Germanistik<br />
sowie Interreligiöse Studien. «‹Gute<br />
Geister› von Kathryn Stockett hat viel Begeisterung<br />
ausgelöst – vor allem auch dank<br />
der grossartigen Verfilmung unter dem Orig<strong>in</strong>altitel<br />
‹The Help›. Die Gesch<strong>ich</strong>te spielt<br />
<strong>in</strong> den Südstaaten der USA <strong>in</strong> den 1960er-<br />
<strong>Jahren</strong>. Im Zentrum stehen die beiden<br />
schwarzen Hausangestellten M<strong>in</strong>nie und<br />
Aibileen sowie Skeeter, die Tochter e<strong>in</strong>er<br />
wohlhabenden <strong>weiss</strong>en Familie. Skeeter<br />
will e<strong>in</strong> Buch über die Diskrim<strong>in</strong>ierung der<br />
schwarzen Hausangestellten schreiben –<br />
und M<strong>in</strong>nie und Aibileen unterstützen sie<br />
dabei. In ihrem Debütroman<br />
erzählt Stockett so<br />
warmherzig wie <strong>schon</strong>ungslos<br />
von der Rassentrennung,<br />
von Freundschaft,<br />
Loyalität und den<br />
Schwierigkeiten, se<strong>in</strong>en<br />
eigenen Weg zu gehen.<br />
Im Buch steckt alles, <strong>was</strong><br />
man s<strong>ich</strong> als Leser<strong>in</strong> oder<br />
Leser wünscht: Es ist<br />
sehr unterhaltsam, aber<br />
auch sehr authentisch,<br />
aufrüttelnd und spannend. Zudem ist es gespickt<br />
mit historischen Details, die e<strong>in</strong>em<br />
die Epoche näher br<strong>in</strong>gen.<br />
Ganz ähnl<strong>ich</strong>e Vorzüge hat e<strong>in</strong> anderer Debütroman:<br />
‹Zu zweit tut das Herz nur halb<br />
so weh› von Julie Kibler. Lassen Sie s<strong>ich</strong><br />
vom furchtbaren deutschen Titel n<strong>ich</strong>t abschrecken;<br />
im Orig<strong>in</strong>al heisst das Buch ‹Cal-<br />
l<strong>in</strong>g Me Home›, <strong>was</strong> <strong>ich</strong> viel passender f<strong>in</strong>de.<br />
Der Roman ist gerade als Taschenbuch<br />
erschienen. Er spielt ebenfalls <strong>in</strong> den Südstaaten<br />
der USA, aber <strong>in</strong> den 1930er-<strong>Jahren</strong><br />
und <strong>in</strong> der Gegenwart. Die 90-jährige Isabelle<br />
beauftragt die 40-jährige Coiffeuse<br />
Dorrie, sie durchs ganze Land zu e<strong>in</strong>em<br />
w<strong>ich</strong>tigen Term<strong>in</strong> zu fahren. Auf ihrem<br />
Road Trip erzählen die beiden Frauen e<strong>in</strong>ander<br />
ihre Gesch<strong>ich</strong>te. Isabelle war e<strong>in</strong>st<br />
e<strong>in</strong>e Tochter aus bestem Haus; sie verliebte<br />
s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> den Sohn der schwarzen Hausangestellten<br />
und wurde von ihm schwanger, <strong>was</strong><br />
e<strong>in</strong>en Skandal auslöste. Das K<strong>in</strong>d wurde<br />
Isabelle gle<strong>ich</strong> nach der Geburt weggenommen,<br />
seither ist die Frau eigentl<strong>ich</strong> nie mehr<br />
glückl<strong>ich</strong> geworden. Jetzt spr<strong>ich</strong>t sie erstmals<br />
über ihre Erlebnisse. Aber auch Dorrie<br />
hat ihre Probleme: Sie steht mitten im Leben,<br />
hat e<strong>in</strong>en Sohn und <strong>weiss</strong> n<strong>ich</strong>t, ob sie<br />
mit ihrem neuen Freund zusammenziehen<br />
soll. Dorrie kämpft mit der Gegenwart, Isabelle<br />
mit der Vergangenheit.<br />
Re<strong>in</strong> thematisch s<strong>in</strong>d die beiden Romane<br />
e<strong>in</strong>ander sehr ähnl<strong>ich</strong>: Es geht hier wie dort<br />
um E<strong>in</strong>zelschicksale <strong>in</strong>nerhalb<br />
e<strong>in</strong>er von Rassentrennung<br />
geprägten Gesellschaft.<br />
Frauenfiguren<br />
stehen im Zentrum, und<br />
beide Bücher wenden den<br />
gle<strong>ich</strong>en Kniff an: Die Kapitel<br />
s<strong>in</strong>d jeweils aus S<strong>ich</strong>t<br />
e<strong>in</strong>er Protagonist<strong>in</strong> geschrieben.<br />
Das lässt sie<br />
besonders authentisch<br />
wirken. ‹Zu Zweit tut das<br />
Herz nur halb so weh› ist<br />
e<strong>in</strong>iges kürzer als ‹Gute Geister› und auch<br />
et<strong>was</strong> ruhiger, weil es weniger Nebenfiguren<br />
gibt und die Gesch<strong>ich</strong>te stark auf die<br />
beiden E<strong>in</strong>zelschicksale fokussiert. Aber <strong>ich</strong><br />
b<strong>in</strong> überzeugt: Wem ‹Gute Geister› gefiel,<br />
der wird auch von ‹Zu Zweit tut das Herz<br />
nur halb so weh› begeistert se<strong>in</strong>.<strong>»</strong>
6 | NOTIZEN Books Nr. 1/2014 NOTIZEN | 7<br />
Jahrestage<br />
Am 31. März jährt s<strong>ich</strong> der Todestag von<br />
Christian Morgenstern zum 100. Mal.<br />
Den 1871 <strong>in</strong> München geborenen D<strong>ich</strong>ter<br />
und Schriftsteller kennt man heute vor allem<br />
wegen se<strong>in</strong>er skurril-humoristischen<br />
Ged<strong>ich</strong>te («Es war e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Lattenzaun,<br />
mit Zwischenraum, h<strong>in</strong>durchzuschaun<strong>»</strong>);<br />
doch Morgenstern schuf auch e<strong>in</strong> umfangre<strong>ich</strong>es<br />
ernsthaftes Werk, er war Übersetzer<br />
von Ibsen, Str<strong>in</strong>dberg und Hamsun sowie<br />
e<strong>in</strong> enger Freund und Mitstreiter von<br />
Rudolf Ste<strong>in</strong>er, dem Begründer der Anthroposophie.<br />
Die Zeiten überdauert hat allerd<strong>in</strong>gs<br />
alle<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e lustige Lyrik. Sie bot Morgenstern<br />
vermutl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong> Ventil, denn zu<br />
lachen hatte der Schriftsteller Zeit se<strong>in</strong>es<br />
Lebens nur wenig: Se<strong>in</strong>e Mutter starb früh<br />
an Tuberkulose, und sie hatte ihn zuvor<br />
noch mit ihrer Krankheit angesteckt. E<strong>in</strong>en<br />
grossen Teil se<strong>in</strong>es Lebens verbrachte<br />
Morgenstern deshalb <strong>in</strong> Sanatorien, zum<br />
Beispiel <strong>in</strong> Arosa. Nach dem frühen Tod<br />
Morgensterns brachte Rudolf Ste<strong>in</strong>er dessen<br />
Asche <strong>in</strong>s Goetheanum bei Basel, wo<br />
sie s<strong>ich</strong> bis heute bef<strong>in</strong>det. Da die Rechte<br />
an Morgensterns Werk längst abgelaufen<br />
s<strong>in</strong>d, ersche<strong>in</strong>t es anlässl<strong>ich</strong> des Jahrestags<br />
<strong>in</strong> unzähligen Varianten. Hervorzuheben<br />
s<strong>in</strong>d zwei schön illustrierte Neuauflagen<br />
der «Galgenlieder<strong>»</strong>: Lappan präsentiert<br />
die Ged<strong>ich</strong>te mit kongenialen Illustrationen<br />
von Gerhard Glück, die Edition<br />
Büchergilde setzt auf den bewährten Hans<br />
T<strong>ich</strong>a.<br />
Noch mehr, ja viel mehr Neuersche<strong>in</strong>ungen<br />
wird <strong>in</strong> diesem Jahr e<strong>in</strong> anderes Jubiläum<br />
hervorbr<strong>in</strong>gen: Am 26. April ist es<br />
450 Jahre her, dass William Shakespeare<br />
getauft wurde. Der Geburtstag des Briten<br />
ist unbekannt, wird aber wohl <strong>in</strong> die Woche<br />
vor diesem Datum gefallen se<strong>in</strong>. Mit Superlativen<br />
sollte man<br />
vors<strong>ich</strong>tig umgehen,<br />
<strong>in</strong> diesem Fall<br />
sche<strong>in</strong>t aber e<strong>in</strong>er<br />
angebracht: Shakespeare<br />
ist wohl der<br />
w<strong>ich</strong>tigste Dramatiker<br />
der Theatergesch<strong>ich</strong>te.<br />
Auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
entsprechenden<br />
ARTE-Umfrage belegte<br />
der Brite Rang<br />
e<strong>in</strong>s, vor Schiller, Molière, Brecht, Goethe,<br />
Beckett und dem unverwüstl<strong>ich</strong>en Sophokles.<br />
38 Theaterstücke hat uns Shakespeare<br />
h<strong>in</strong>terlassen, e<strong>in</strong>ige davon gehören zu den<br />
bekanntesten überhaupt.<br />
Reclam hat<br />
<strong>in</strong> «Dramen<strong>»</strong> die<br />
klassischen Übersetzungen<br />
der<br />
Meisterwerke <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
schönen Band<br />
zusammengefasst.<br />
Der Manesse-Verlag<br />
präsentiert <strong>in</strong><br />
«Wie er uns gefällt<strong>»</strong><br />
Ged<strong>ich</strong>te aus<br />
vier Jahrhunderten und über 20 Ländern<br />
über Shakespeare und se<strong>in</strong> Werk – «von<br />
Jonson bis Brecht, von Wordsworth bis Nabokov,<br />
von Baudelaire bis Lorca<strong>»</strong>. Dazu<br />
gibt es natürl<strong>ich</strong> Sekundärliteratur und<br />
Biografien noch und nöcher. Über<br />
Shakespeare bleibt offenbar auch Jahrhunderte<br />
nach se<strong>in</strong>em Ableben immer<br />
wieder Neues zu sagen. Wenn das ke<strong>in</strong><br />
Beweis von Grösse ist.<br />
Zurück zu den Normalsterbl<strong>ich</strong>en, die aber<br />
dennoch <strong>in</strong> ihren Werken weiterleben. E<strong>in</strong><br />
solcher Schriftsteller ist der US-Amerika-<br />
ner Ambrose Bierce. Se<strong>in</strong> wildes Leben<br />
machte den 1842 Geborenen zu e<strong>in</strong>er Art<br />
Hem<strong>in</strong>gway der Vorkriegsjahre: Bierce<br />
war tapferer Soldat im Bürgerkrieg, Landvermesser<br />
<strong>in</strong> Indianer-Territorien, Zeitungskorrespondent<br />
<strong>in</strong> London und am<br />
Ende gar noch Revolutionär. Denn ums<br />
Leben kam er vor 100 <strong>Jahren</strong> an der Seite<br />
des mexikanischen Freiheitskämpfers<br />
Pancho Villa. Was damals genau geschah<br />
– und wann ganz genau –, ist n<strong>ich</strong>t klar. Aus<br />
Briefen von Bierce muss man schliessen,<br />
dass der notorische Menschenfe<strong>in</strong>d und<br />
Zyniker standrechtl<strong>ich</strong> erschossen wurde.<br />
Literarisch ist Bierce bedeutend, weil er<br />
zusammen mit Edgar Allen Poe und H.P.<br />
Lovecraft als Erf<strong>in</strong>der des Horror-Genres<br />
gilt. Se<strong>in</strong>e Gesch<strong>ich</strong>ten s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs eher<br />
drollig als gruslig – denn offenbar konnte<br />
Bierce e<strong>in</strong>fach n<strong>ich</strong>t anders, als ständig<br />
Breitseiten abzufeuern,<br />
<strong>in</strong> Ironie zu<br />
verfallen, e<strong>in</strong>e<br />
Po<strong>in</strong>te an die andere<br />
zu reihen oder<br />
se<strong>in</strong>e eigenen<br />
Schöpfungen zu<br />
verulken. Das alles<br />
macht se<strong>in</strong> Werk<br />
aber sehr vergnügl<strong>ich</strong><br />
und <strong>in</strong>teressant.<br />
Dem Insel-<br />
Verlag kommt das Verdienst zu, jetzt e<strong>in</strong>ige<br />
der besten Erzählungen neu herausgebracht<br />
zu haben: «Horrorgesch<strong>ich</strong>ten<strong>»</strong><br />
enthält elf kle<strong>in</strong>e Literatur-Juwelen.<br />
© SRF/Oscar Alessio<br />
Was lesen Sie gerade?<br />
Bernard Thurnheer, TV-Kommentator beim SRF:<br />
«Der schwedische Autor Jonas Jonasson<br />
wurde bekannt mit der Figur e<strong>in</strong>es Hundertjährigen,<br />
der zwar aus dem Altersheim,<br />
aber fast nie mehr aus den Bestsellerlisten<br />
verschwand. Darf <strong>ich</strong> vorstellen,<br />
se<strong>in</strong>e Nachfolger<strong>in</strong>: ‹Die Analphabet<strong>in</strong>, die<br />
rechnen konnte›.<br />
Wieder hat m<strong>ich</strong> das Lesevergnügen gepackt,<br />
obwohl <strong>schon</strong> bald klar ist, dass Jonasson<br />
mit demselben Trick wie <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />
Bestseller operiert: E<strong>in</strong> Nobody ist immer<br />
genau da, wo <strong>in</strong> der Weltpolitik Entscheidendes<br />
geschieht. Ja, durch se<strong>in</strong>e Naivität<br />
bee<strong>in</strong>flusst er sie sogar entscheidend. Der<br />
Film ‹Forrest Gump› war wohl der Proto-<br />
<strong>»</strong>Auf höchstem Alpen-Niveau.<br />
E<strong>in</strong> Glück für die deutsche<br />
Unterhaltungsliteratur.«<br />
Deutschlandfunk<br />
typ dieser Art von Gesch<strong>ich</strong>te. Die Analphabet<strong>in</strong><br />
und ihr Tun s<strong>in</strong>d zwar e<strong>in</strong>e pure<br />
Erf<strong>in</strong>dung, doch das Leben auf der Erde<br />
hat s<strong>ich</strong>, wie wir aus der Tagesschau wissen,<br />
genau so abgespielt! Dies macht dann<br />
wieder den Reiz des Buchs aus.<br />
Wird das auf die Dauer n<strong>ich</strong>t langweilig<br />
und voraussehbar? Ne<strong>in</strong>! Der Autor schafft<br />
es näml<strong>ich</strong>, se<strong>in</strong>e le<strong>ich</strong>t verrückten Figuren<br />
– es gibt da noch e<strong>in</strong> paar weitere höchst<br />
dubiose Personen – derart plastisch und<br />
sympathisch darzustellen, dass man ihnen<br />
stets die Daumen drückt und ihnen immer<br />
weiter folgen will. Die Art, wie sie reden<br />
und wie sie die diversen politischen Situationen<br />
auf unserem Erdball von jegl<strong>ich</strong>em<br />
Sachwissen unbelastet locker-flockig beurteilen,<br />
lassen e<strong>in</strong>en andauernd schmunzeln.<br />
Ist Lesen anstrengend? Bei diesem<br />
Buch ganz s<strong>ich</strong>er n<strong>ich</strong>t!<strong>»</strong><br />
Die Analphabet<strong>in</strong>, die<br />
rechnen konnte<br />
Jonas Jonasson<br />
442 Seiten<br />
CHF 29.90<br />
carl’s books<br />
JÖRG MAURER – neue Alpenkrimis<br />
vom -Bestsellerautor!<br />
<strong>»</strong>Große deutsche<br />
Unterhaltungsliteratur:<br />
endl<strong>ich</strong>.« Denis Scheck<br />
ISBN 978-3-651-0063-6, sFr 28,90 (UVP)<br />
Die Passionsgesch<strong>ich</strong>te – also die Erzählung<br />
von Jesus’ H<strong>in</strong>r<strong>ich</strong>tung – gehört zu<br />
unserem Kulturschatz und wurde <strong>schon</strong><br />
<strong>in</strong> unzähligen Varianten aufbereitet.<br />
Colm Tóib<strong>in</strong> hat jetzt e<strong>in</strong>e weitere Version<br />
h<strong>in</strong>zugefügt: Im schmalen, aber<br />
sehr d<strong>ich</strong>ten und bei Hanser<br />
erschienen Band «Marias Testament<strong>»</strong><br />
erzählt der Ire die Gesch<strong>ich</strong>te aus S<strong>ich</strong>t<br />
von Maria. Für sie<br />
ist Jesus n<strong>ich</strong>t der<br />
Sohn Gottes, sondern<br />
ihr eigenes<br />
K<strong>in</strong>d, das sie immer<br />
weniger versteht<br />
und dessen<br />
Tod <strong>in</strong> gewissem<br />
S<strong>in</strong>ne auch ihr<br />
Ende bedeutet. Tóib<strong>in</strong><br />
stellt das Verhältnis von Maria und<br />
Jesus als zwar <strong>in</strong>tensive, letztl<strong>ich</strong> aber<br />
alltägl<strong>ich</strong>e Mutter-Sohn-Beziehung dar –<br />
und das auf e<strong>in</strong>e Weise, die niemand <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>en religiösen Gefühlen verletzt. Maria<br />
steht abseits, stellt s<strong>ich</strong> jene Fragen,<br />
die s<strong>ich</strong> wohl alle e<strong>in</strong>mal gestellt haben –<br />
<strong>in</strong>wiefern soll Jesus, <strong>in</strong>dem er am Kreuz<br />
starb, die Menschheit befreit haben? –<br />
und wehrt s<strong>ich</strong> gegen jegl<strong>ich</strong>e Verklärung<br />
ihres Sohns und ihrer selbst. E<strong>in</strong>e bedenkenswerte<br />
Perspektive, die uns der Autor<br />
des grossartigen Romans «Brooklyn<strong>»</strong><br />
hier eröffnet.<br />
ISBN 978-3-596-19535-0, sFr 16,90 (UVP)<br />
© Gaby Gerster
8 | NOTIZEN Books Nr. 1/2014 NOTIZEN | 9<br />
Neue virtuelle Lesegruppe<br />
auf booksblog.ch<br />
Lesen ist eigentl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>same Angelegenheit<br />
– das muss sie aber n<strong>ich</strong>t bleiben.<br />
Seit jeher tun s<strong>ich</strong> zum Beispiel Bücherfreund<strong>in</strong>nen<br />
und -freunde zu Lesezirkeln<br />
zusammen, um mite<strong>in</strong>ander e<strong>in</strong> Buch zu<br />
entdecken und s<strong>ich</strong> darüber auszutauschen.<br />
Sie motivieren e<strong>in</strong>ander, bis zu e<strong>in</strong>em<br />
vere<strong>in</strong>barten Zeitpunkt e<strong>in</strong>en Teil des<br />
Textes zu lesen oder s<strong>ich</strong> Gedanken zu e<strong>in</strong>em<br />
Aspekt des Buchs zu <strong>mache</strong>n.<br />
Nun gibt es e<strong>in</strong>en solchen Lesekreis auch<br />
virtuell: auf booksblog.ch. Seit 1. März können<br />
s<strong>ich</strong> ihm alle ganz unkompliziert im<br />
Blog der Orell Füssli Thalia AG anschliessen.<br />
Das erste Buch, dem s<strong>ich</strong> der virtuelle<br />
Lesekreis annimmt, ist «Jakobs Ross<strong>»</strong>. Der<br />
vielversprechende Debüt-Roman der Zürcher<br />
Journalist<strong>in</strong> Silvia Tschui ist bei Nagel<br />
& Kimche erschienen. Er erzählt von der<br />
jungen Magd Elsie, die <strong>in</strong> der Schweiz des<br />
19. Jahrhundert von e<strong>in</strong>er Karriere als Musiker<strong>in</strong><br />
träumt und um ihre Selbstbestimmung<br />
kämpft.<br />
«E<strong>in</strong>zige Voraussetzung für die Teilnahme<br />
am Lesekreis ist, dass man das Buch liest –<br />
als eBook oder <strong>in</strong> Papierform<strong>»</strong>, sagt Anne<br />
E<strong>in</strong>e Nacht lang den<br />
Kramhof nur für s<strong>ich</strong><br />
Abteilungsleiter<strong>in</strong> Nathalie Bänn<strong>in</strong>ger, l<strong>in</strong>ks, übergibt<br />
Angela Heller aus Zür<strong>ich</strong> den Büchergutsche<strong>in</strong><br />
über 500 Franken – und natürl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>en Blumenstrauss.<br />
Wieser; die bekannte Zürcher Literaturagent<strong>in</strong><br />
moderiert den Blog. E<strong>in</strong>kl<strong>in</strong>ken<br />
kann man s<strong>ich</strong> ohne Passwort und Registrierung.<br />
Wie aber funktioniert das «geme<strong>in</strong>same<br />
Lesen<strong>»</strong>? «Wir beschäftigen uns acht<br />
Wochen lang mit ‹Jakobs Ross›; <strong>ich</strong> werfe<br />
Themen auf und lanciere die Debatte mit<br />
Fragen. Die Teilnehmenden können selber<br />
Fragen an die Geme<strong>in</strong>schaft r<strong>ich</strong>ten und<br />
über das Buch diskutieren.<strong>»</strong> Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
liefert die Moderator<strong>in</strong> auch Zusatzmaterial<br />
zum Buch. Nach acht Wochen wird<br />
mit e<strong>in</strong>em neuen Titel gestartet.<br />
Letzten Herbst feierte der Kramhof, das<br />
Flaggschiff von Orell Füssli, se<strong>in</strong> 20-jähriges<br />
Bestehen. Wer se<strong>in</strong> liebstes Buch der vergangenen<br />
20 Jahre angab, nahm am Jubiläums-Wettbewerb<br />
teil. Erster Preis: E<strong>in</strong>en<br />
Abend lang von 20 Uhr bis Mitternacht den<br />
Kramhof exklusiv für s<strong>ich</strong> und e<strong>in</strong>e Begleitperson<br />
– sowie e<strong>in</strong> Büchergutsche<strong>in</strong> über<br />
500 Franken. Der attraktive Hauptgew<strong>in</strong>n<br />
wurde Angela Heller aus Zür<strong>ich</strong> zugelost.<br />
Mit der 31-jährigen Primarlehrer<strong>in</strong> hatte<br />
Fortuna die genau r<strong>ich</strong>tige Kund<strong>in</strong> ausgewählt<br />
– denn zum e<strong>in</strong>en ist Angela Heller<br />
e<strong>in</strong>e begeisterte Leser<strong>in</strong>, zum anderen erwartet<br />
sie zusammen mit ihrem Mann Oliver<br />
im Mai das erste K<strong>in</strong>d. Und wenn Bücherfreund<strong>in</strong>nen<br />
K<strong>in</strong>der bekommen,<br />
bauen sie meist die eigene Bibliothek aus.<br />
«Jetzt habe <strong>ich</strong> gerade ‹Tomte und der<br />
Fuchs› von Astrid L<strong>in</strong>dgren ausgewählt<strong>»</strong>,<br />
sagt Angela Heller kurz vor 21 Uhr. Auf ihrem<br />
noch kle<strong>in</strong>en Stapel liegen bereits e<strong>in</strong><br />
andere Bilderbuch und der neue Asterix-<br />
E<strong>in</strong>en bestimmten Leserhythmus muss<br />
man n<strong>ich</strong>t e<strong>in</strong>halten, um s<strong>ich</strong> beteiligen zu<br />
können. «Das Ziel ist aber <strong>schon</strong>, dass man<br />
das Buch geme<strong>in</strong>sam entdeckt<strong>»</strong>, sagt Anne<br />
Wieser. Sie schlägt vor, dass man im Durchschnitt<br />
etwa drei Seiten pro Tag liest. Was ist<br />
denn der Vorteil e<strong>in</strong>es solchen virtuellen Lesezirkels<br />
gegenüber e<strong>in</strong>em klassischen?<br />
«Man kann bequem von daheim aus mit<strong>mache</strong>n<br />
– dann, wann man Zeit hat<strong>»</strong>, sagt<br />
Anne Wieser. Dass die Sache funktioniert,<br />
belegen ähnl<strong>ich</strong>e Angebote im Internet. Von<br />
diesen unterscheidet s<strong>ich</strong> der Booksblog<br />
übrigens h<strong>in</strong>s<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> der Auswahl der Bücher:<br />
Vorderhand werden ausschliessl<strong>ich</strong><br />
Werke von Schweizer Autor<strong>in</strong>nen und Autoren<br />
thematisiert.<br />
Anne Wieser verantwortet übrigens auch<br />
den Facebook-Auftritt der Orell Füssli Thalia<br />
AG. «Tägl<strong>ich</strong> gibt es dort e<strong>in</strong>en neuen<br />
E<strong>in</strong>trag<strong>»</strong>, verspr<strong>ich</strong>t sie. Vorwiegend handelt<br />
es s<strong>ich</strong> dabei um aktuelle Leseempfehlungen;<br />
sie stammen von den Buchhändler<strong>in</strong>nen<br />
und Buchhändlern, aber auch von so<br />
bekannten Schreibenden wie Sunil Mann<br />
oder Katja Alves. Alle Bücherfreund<strong>in</strong>nen<br />
und -freunde sollten jetzt also drei D<strong>in</strong>ge<br />
tun: «Jakobs Ross<strong>»</strong> kaufen, s<strong>ich</strong> am Booksblog<br />
beteiligen – und die Facebook-Seite<br />
von Orell Füssli liken.<br />
Band. Am liebsten liest die Primarlehrer<strong>in</strong><br />
im Moment aber Krimis, «vor allem von<br />
Schweizer Autor<strong>in</strong>nen und Autoren – von<br />
Petra Ivanov, Sunil Mann oder Ernst Solèr.<br />
Mir gefällt es, wenn e<strong>in</strong>e Gesch<strong>ich</strong>te an e<strong>in</strong>em<br />
Ort spielt, den <strong>ich</strong> kenne.<strong>»</strong> Welches<br />
Buch sie beim Jubiläums-Wettbewerb angegeben<br />
hat, <strong>weiss</strong> Angela Heller <strong>in</strong>dessen<br />
n<strong>ich</strong>t mehr genau; e<strong>in</strong> Krimi sei es jedenfalls<br />
n<strong>ich</strong>t gewesen. «Ich glaube, <strong>ich</strong> nannte<br />
e<strong>in</strong>en Roman der Harry-Potter-Reihe.<br />
Oder den historischen Roman ‹Die mit<br />
dem W<strong>in</strong>d reitet›? Den las <strong>ich</strong> unzählige<br />
Male.<strong>»</strong> Dass der Kramhof nur für sie und<br />
ihren Mann vier Abendstunden lang geöffnet<br />
wurde, f<strong>in</strong>det sie «<strong>schon</strong> sehr lässig.<br />
Wenn wir sonst im Kramhof s<strong>in</strong>d, haben<br />
wir nachher meist noch et<strong>was</strong> vor und daher<br />
n<strong>ich</strong>t so viel Zeit. Aber jetzt können wir<br />
uns <strong>in</strong> grösster Ruhe alles anschauen, <strong>was</strong><br />
uns <strong>in</strong>teressiert. Und wir werden mitnehmen,<br />
so viel wir tragen können!<strong>»</strong><br />
© Beowulf Sheehan<br />
... und ausserdem<br />
Alle zwei Jahre quellen die Buchhandlungen<br />
von Fussball-Büchern<br />
über – dann näml<strong>ich</strong>, wenn Europa-<br />
oder Weltmeisterschaften<br />
stattf<strong>in</strong>den. Die besten Titel werden<br />
regelmässig neu aufgelegt,<br />
und daher müssen<br />
wir davon ausgehen,<br />
dass die fussballbegeisterten<br />
Books-Leser<strong>in</strong>nen<br />
und -Leser<br />
die w<strong>ich</strong>tigsten<br />
Bücher zum<br />
Thema bereits<br />
besitzen. Also<br />
zum Beispiel «Manchmal<br />
gew<strong>in</strong>nt der Bessere<strong>»</strong>, Met<strong>in</strong> Tolans<br />
Standardwerk über die Physik<br />
des Fussballspiels, oder<br />
«Fever Pitch<strong>»</strong>, Nick<br />
Hornbys sprühende<br />
Autobiographie e<strong>in</strong>es<br />
Fussball-Besessenen.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
f<strong>in</strong>det man<br />
<strong>in</strong> den Buchhandlungen<br />
aber<br />
auch e<strong>in</strong> weiteres<br />
Tool für alle Freund<strong>in</strong>nen und<br />
Freunde des runden Leders: Das<br />
kle<strong>in</strong>e Tisch-Magnetbrett «GOAL<strong>»</strong>.<br />
GOAL<br />
Magnetbrett mit drei<br />
Magneten<br />
CHF 19.90<br />
Es ist 21 Zentimeter breit und 14<br />
Zentimeter hoch, und mit den drei<br />
mitgelieferten Magneten im Fussball-Design<br />
kann man den aktuellen<br />
Spielplan ebenso befestigen wie<br />
das schönste Pan<strong>in</strong>i-Bildchen –<br />
oder diesen Artikel, falls man<br />
e<strong>in</strong>es der beiden genannten<br />
Fussballbücher doch noch<br />
n<strong>ich</strong>t besitzt und s<strong>ich</strong> dr<strong>in</strong>gend<br />
besorgen muss.<br />
Das neue<br />
MEISTERWERK<br />
von Bestsellerautor<strong>in</strong><br />
Donna Tartt!<br />
Wettbewerbs-<br />
Gew<strong>in</strong>ner<br />
In der letzten Ausgabe von Books verlosten<br />
wir unter den Teilnehmenden unseres<br />
Kreuzworträtsel-Wettbewerbs drei<br />
Büchergutsche<strong>in</strong>e. Gewonnen haben:<br />
1. Preis: Robert Dolder,<br />
9008 St. Gallen<br />
2. Preis: Olga Kesseli,<br />
8038 Zür<strong>ich</strong><br />
3. Preis: Patrick Agost<strong>in</strong>i,<br />
8106 Adlikon<br />
Herzl<strong>ich</strong>e Gratulation!<br />
Das Lösungswort lautete übrigens «Mauerbluemchen<strong>»</strong>.<br />
Die Gew<strong>in</strong>ner<strong>in</strong>nen und<br />
Gew<strong>in</strong>ner der Preise 4 bis 10 werden<br />
schriftl<strong>ich</strong> benachr<strong>ich</strong>tigt. Das aktuelle<br />
Kreuzworträtsel f<strong>in</strong>den Sie <strong>in</strong> dieser Ausgabe<br />
auf Seite 48.<br />
www.goldmann-verlag.de<br />
www.facebook.com/goldmannverlag
10 | Interview Books Nr. 1/2014<br />
Interview | 11<br />
<strong>«Wer</strong> <strong>weiss</strong> <strong>schon</strong>,<br />
<strong>was</strong> <strong>ich</strong> <strong>in</strong> <strong>fünf</strong> <strong>Jahren</strong><br />
<strong>mache</strong>!<strong>»</strong><br />
STEFAN BACHMANN<br />
Stefan Bachmann, 20, kam <strong>in</strong> den USA als<br />
viertes von <strong>fünf</strong> K<strong>in</strong>dern e<strong>in</strong>er US-Amerikaner<strong>in</strong><br />
und e<strong>in</strong>es Schweizers zur Welt.<br />
Als er e<strong>in</strong> Jahr alt war, zog die Familie nach<br />
Adliswil bei Zür<strong>ich</strong>. Stefan Bachmann und<br />
se<strong>in</strong>e Geschwister s<strong>in</strong>d von der Mutter<br />
zu Hause unterr<strong>ich</strong>tet worden. Seit er elf<br />
Jahre alt ist, besucht Stefan Bachmman<br />
das Konservatorium Zür<strong>ich</strong>; mittlerweile<br />
studiert der mehrfache Gew<strong>in</strong>ner des<br />
Suisa-Preises für Komposition die beiden<br />
Fächer Orgel und Komposition.<br />
Mit «The Peculiar<strong>»</strong> erzielte der <strong>in</strong> Adliswil wohnhafte, damals 16-jährige Autor Stefan Bachmann<br />
<strong>in</strong> den USA e<strong>in</strong>en Sensationserfolg. Jetzt ist das Buch auch auf Deutsch erschienen: «Die Seltsamen<strong>»</strong><br />
erzählt vom Zusammenstoss der Feen- und Menschengesellschaft im viktorianischen Zeitalter.<br />
Marius Leutenegger<br />
Books: Sie s<strong>in</strong>d zweisprachig aufgewachsen<br />
und haben Ihren Erstl<strong>in</strong>g «The<br />
Peculiar<strong>»</strong> auf Englisch verfasst. Ab sofort<br />
liegt er auch auf Deutsch vor – als «Die<br />
Seltsamen<strong>»</strong>. Wie ist es denn, die Übersetzung<br />
des eigenen Werks zu lesen?<br />
Stefan Bachmann: Ehrl<strong>ich</strong> gesagt habe<br />
<strong>ich</strong> nur Teile davon gelesen. Die Sache ist<br />
<strong>schon</strong> et<strong>was</strong> eigenartig – das deutsche<br />
Buch wirkt auf m<strong>ich</strong>, als hätte es jemand<br />
anderer verfasst. Natürl<strong>ich</strong> ist der Plot<br />
gle<strong>ich</strong>, aber die Sprache ist ganz anders.<br />
Der englische Wortschatz sche<strong>in</strong>t mir vielfältiger,<br />
manchmal braucht es auf Deutsch<br />
mehrere Wörter, um e<strong>in</strong>en englischen<br />
Begriff zu umschreiben. Das ist eben cool<br />
am Englischen: Wählt man die Wörter gut,<br />
kann man et<strong>was</strong> sehr knapp ausdrücken<br />
– und dennoch entsteht bei den Leser<strong>in</strong>nen<br />
und Lesern sofort e<strong>in</strong> Bild im Kopf.<br />
Aber ehrl<strong>ich</strong> gesagt <strong>weiss</strong> <strong>ich</strong> eigentl<strong>ich</strong> zu<br />
wenig über die deutsche Sprache, um das<br />
alles wirkl<strong>ich</strong> beurteilen zu können.<br />
Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Alter, <strong>in</strong> dem man<br />
schnell Fortschritte macht. Wie schätzen<br />
Sie aus heutiger S<strong>ich</strong>t den Roman «Die<br />
Seltsamen<strong>»</strong> e<strong>in</strong>, den Sie vor drei <strong>Jahren</strong><br />
beendeten?<br />
Ich dachte beim Wiederlesen <strong>schon</strong> e<strong>in</strong><br />
paar Mal: «Oh ne<strong>in</strong>!<strong>»</strong> Diesen Effekt gibt<br />
es ja bei Büchern oft: Man schreibt et<strong>was</strong><br />
und gibt das Beste, aber es ist eben nur<br />
das Beste, das man <strong>in</strong> jenem Moment<br />
geben kann. Mit «Die Seltsamen<strong>»</strong> habe <strong>ich</strong><br />
wohl me<strong>in</strong> damaliges Potenzial ausgeschöpft.<br />
Ich b<strong>in</strong> nach wie vor stolz auf<br />
dieses Buch, aber jetzt würde <strong>ich</strong> s<strong>ich</strong>er<br />
manches anders <strong>mache</strong>n.<br />
Zum Beispiel?<br />
Je älter man wird, desto mehr Leute<br />
kennt man – und desto bessere Charaktere<br />
schreibt man. Mit 16 habe <strong>ich</strong> die<br />
Menschen s<strong>ich</strong>er weniger gut verstanden,<br />
als <strong>ich</strong> das heute tue.<br />
Medienber<strong>ich</strong>ten kann man entnehmen,<br />
dass «Die Seltsamen<strong>»</strong> n<strong>ich</strong>t Ihr erstes<br />
Werk ist – Sie hätten zuvor <strong>schon</strong> vier<br />
Manuskripte verfasst. Werden diese<br />
irgendwann auch veröffentl<strong>ich</strong>t?<br />
Auf ke<strong>in</strong>en Fall. Diese früheren Versuche<br />
habe <strong>ich</strong> nur für die Familie geschrieben,<br />
und sie s<strong>in</strong>d auch zieml<strong>ich</strong> schlecht. Ich<br />
will lieber et<strong>was</strong> Neues veröffentl<strong>ich</strong>en.<br />
Was f<strong>in</strong>den Sie denn eigentl<strong>ich</strong> so toll am<br />
Scheiben?<br />
Die Antwort darauf hängt vom Buch ab,<br />
an dem <strong>ich</strong> gerade arbeite. Vor e<strong>in</strong>er Woche<br />
habe <strong>ich</strong> der Lektor<strong>in</strong> me<strong>in</strong>en dritten<br />
Roman abgegeben. Es ist ganz anders als<br />
die ersten beiden, also als «Die Seltsamen<strong>»</strong><br />
und dessen Fortsetzung «The Whatnot<strong>»</strong>,<br />
die gerade auf Englisch erschienen<br />
ist. Beim dritten Buch habe <strong>ich</strong> besonders<br />
geschätzt, et<strong>was</strong> ganz anderes <strong>mache</strong>n<br />
zu können, m<strong>ich</strong> ausserhalb der Fantasy-<br />
Welt zu bewegen. Bei «Die Seltsamen<strong>»</strong><br />
war für m<strong>ich</strong> h<strong>in</strong>gegen aufregend, e<strong>in</strong>e<br />
eigene Welt und e<strong>in</strong>e eigene Atmosphäre<br />
zu schaffen. Schreibt man e<strong>in</strong> Buch, kann<br />
man mit den Figuren <strong>mache</strong>n, <strong>was</strong> man<br />
will – das fand <strong>ich</strong> <strong>schon</strong> sehr spannend.<br />
Die deutsche Übersetzung Ihres Buchs<br />
ist über 360 Seiten dick. Wie lange arbeitet<br />
man an e<strong>in</strong>em solchen Werk?<br />
«Die Seltsamen<strong>»</strong><br />
368 Seiten<br />
CHF 25.90<br />
Diogenes<br />
England um 1850: E<strong>in</strong> bislang geschlossenes<br />
Portal öffnet s<strong>ich</strong> und Feen strömen <strong>in</strong> die<br />
Welt der Menschen. Es kommt zum Krieg,<br />
den die Menschen gew<strong>in</strong>nen. Die Feen <strong>in</strong>tegrieren<br />
s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> die Gesellschaft, die meisten<br />
von ihnen leben fortan allerd<strong>in</strong>gs unter<br />
missl<strong>ich</strong>en Bed<strong>in</strong>gungen. Besonders schlecht<br />
ergeht es den Fee-Mensch-Mischwesen. Zu<br />
diesen «Seltsamen<strong>»</strong> zählt auch der schüchterne<br />
Bartholomew Kettle, e<strong>in</strong>e der Hauptfiguren<br />
des Buchs. E<strong>in</strong>es Tages kommt e<strong>in</strong>e<br />
geheimnisvolle Frau <strong>in</strong> den Feen-Slum und<br />
nimmt Bartholomews Freund mit, der <strong>schon</strong><br />
bald als Le<strong>ich</strong>e aus der Themse gefischt<br />
wird. Als Bartholomews kle<strong>in</strong>e Schwester<br />
ebenfalls verschw<strong>in</strong>det, macht s<strong>ich</strong> der Junge<br />
auf die Suche nach ihr. Zweite Hauptfigur<br />
der Gesch<strong>ich</strong>te ist der tollpatschige Parlamentsabgeordnete<br />
Mr. Jelliby, der von e<strong>in</strong>er<br />
ganz anderen Seite <strong>in</strong> die gle<strong>ich</strong>e Gesch<strong>ich</strong>te<br />
um entführte K<strong>in</strong>der, böse Feen, ignorante<br />
Menschen, Magie, Technik und die Rettung<br />
der Welt gerät.
Der neue Thriller<br />
www.break<strong>in</strong>gnewsroman.com<br />
© Paul Schmitz; pla<strong>in</strong>picture/fStop; iStockphoto; Shutterstock/Alta Oosthuizen<br />
12 | Interview Books Nr. 1/2014 Interview | 13<br />
An der ersten Fassung schrieb <strong>ich</strong> sechs,<br />
sieben Monate lang. Dann feilte <strong>ich</strong> rund<br />
e<strong>in</strong> Jahr lang am Text. Es verg<strong>in</strong>gen alles<br />
<strong>in</strong> allem wohl zwei Jahre von der ersten<br />
Idee bis zum gedruckten Buch. Wie viel<br />
<strong>ich</strong> tatsächl<strong>ich</strong> schrieb, <strong>weiss</strong> <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t<br />
mehr genau – es ist ja alles <strong>schon</strong> drei<br />
Jahre her. Ich schrieb wohl jeden Tag, aber<br />
ohne Druck. Das hat s<strong>ich</strong> <strong>in</strong>zwischen geändert:<br />
Heute gibt es Verträge und e<strong>in</strong>en Abgabeterm<strong>in</strong>.<br />
Das Bücherschreiben ist jetzt<br />
e<strong>in</strong> Job, den <strong>ich</strong> neben der Schule erledige.<br />
Ich schreibe heute wohl durchschnittl<strong>ich</strong><br />
etwa zwei Stunden pro Tag, wobei <strong>ich</strong> eher<br />
blockweise arbeite; an e<strong>in</strong>em Schultag vielle<strong>ich</strong>t<br />
e<strong>in</strong>e halbe Stunde, am Wochenende<br />
dann viel mehr.<br />
Ist es denn e<strong>in</strong> Vor- oder e<strong>in</strong> Nachteil,<br />
dass Sie neben dem Schreiben noch an<br />
die Musikhochschule gehen?<br />
In erster L<strong>in</strong>ie ist es e<strong>in</strong> Vorteil. Es ist gut<br />
und w<strong>ich</strong>tig für e<strong>in</strong>en Autor, D<strong>in</strong>ge zu<br />
erleben, nach draussen zu gehen und im<br />
Leben zu stehen. Aber es hat natürl<strong>ich</strong><br />
auch Nachteile: Man kommt n<strong>ich</strong>t so<br />
schnell vorwärts.<br />
«Die Seltsamen<strong>»</strong> ist raff<strong>in</strong>iert konstruiert:<br />
Mehrere Stränge s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander<br />
verwoben und werden zu e<strong>in</strong>em dramatischen<br />
Ende zusammengeführt. Plant<br />
man e<strong>in</strong> solches Werk – oder ergibt s<strong>ich</strong><br />
die Struktur bei der Arbeit?<br />
Ich b<strong>in</strong> eigentl<strong>ich</strong> sehr unorganisiert und<br />
schreibe nie nach e<strong>in</strong>em genauen Plan.<br />
Natürl<strong>ich</strong> <strong>mache</strong> <strong>ich</strong> e<strong>in</strong> Gerüst und kenne<br />
von Anfang an das Ende der Gesch<strong>ich</strong>te.<br />
In der Regel schreibe <strong>ich</strong> zunächst e<strong>in</strong>en<br />
kurzen Plot, doch sehr genau ist dieser<br />
n<strong>ich</strong>t – andernfalls wäre mir die folgende<br />
Schreibarbeit auch zu langweilig. Oft entwickeln<br />
s<strong>ich</strong> D<strong>in</strong>ge dann auch ganz anders<br />
als im Gerüst vorgesehen, denn vieles<br />
kommt beim Schreibprozess aus dem<br />
Unterbewussten.<br />
Hand aufs Herz: Wie sehr ist denn Ihr<br />
Erstl<strong>in</strong>g von anderen mitgeprägt worden?<br />
Wie stark wurde lektoriert?<br />
Der Plot von «Die Seltsamen<strong>»</strong> ist noch immer<br />
genau so, wie er <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er ersten Fassung<br />
war. Ich diskutierte mit der Lektor<strong>in</strong><br />
aber viel über die Sprache. Sie beze<strong>ich</strong>nete<br />
zum Beispiel jene Stellen, die sie zu blumig<br />
fand, und <strong>ich</strong> überarbeitete diese. So g<strong>in</strong>g<br />
das h<strong>in</strong> und her. Alle Veränderungen nahm<br />
<strong>ich</strong> selber vor; die Lektor<strong>in</strong> griff n<strong>ich</strong>t e<strong>in</strong>,<br />
sie sagte e<strong>in</strong>fach ihre Me<strong>in</strong>ung, und dafür<br />
war <strong>ich</strong> ihr dankbar. Ich kann und will ja<br />
noch viel lernen, und me<strong>in</strong>e Lektor<strong>in</strong> ist<br />
gut. Sie hatte fast immer Recht mit dem,<br />
<strong>was</strong> sie sagte. Bei me<strong>in</strong>em neuen Buch<br />
arbeiten wir jetzt aber stärker am Plot.<br />
Sie haben «Die Seltsamen<strong>»</strong> zehn Buchagenten<br />
geschickt – und stiessen schnell<br />
auf Interesse. Wie viel hat dieses mit<br />
Ihrem Alter zu tun? Wie w<strong>ich</strong>tig s<strong>in</strong>d<br />
Sensationen heute im Buchmarkt?<br />
Da muss man unterscheiden zwischen den<br />
Agenten, die e<strong>in</strong>en gegenüber den Verlagen<br />
vertreten, und den Verlagen selbst. Für<br />
die Agenten ist das Alter n<strong>ich</strong>t so w<strong>ich</strong>tig,<br />
sie müssen <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>e Gesch<strong>ich</strong>te<br />
verkaufen, und diese muss sitzen. Man<br />
darf ja n<strong>ich</strong>t vergessen, dass es Zehntausende<br />
wie m<strong>ich</strong> gibt, die als Teenager<br />
e<strong>in</strong> Buch schreiben und veröffentl<strong>ich</strong>en<br />
wollen. Nur weil man jung ist, wird man<br />
n<strong>ich</strong>t gedruckt; <strong>ich</strong> selber erhielt ja auch<br />
acht Ablehnungen. Für die Verlage ist e<strong>in</strong><br />
junger Autor aber <strong>schon</strong> <strong>in</strong>teressant – me<strong>in</strong><br />
Alter ist s<strong>ich</strong>er et<strong>was</strong>, das viele aussergewöhnl<strong>ich</strong><br />
f<strong>in</strong>den.<br />
Christopher Paol<strong>in</strong>i war 15 Jahre alt, als<br />
er se<strong>in</strong>en Fantasy-Bestseller «Eragon<strong>»</strong><br />
schrieb. Hat se<strong>in</strong> Erfolg Ihnen Türen<br />
geöffnet?<br />
Für m<strong>ich</strong> war Paol<strong>in</strong>i zunächst e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e<br />
w<strong>ich</strong>tige Inspiration, se<strong>in</strong> Erfolg ermunterte<br />
m<strong>ich</strong>, es selber zu versuchen. Und s<strong>ich</strong>er<br />
hat Paol<strong>in</strong>i wesentl<strong>ich</strong> dazu beigetragen,<br />
dass die Verlage jugendl<strong>ich</strong>en Autoren<br />
e<strong>in</strong>en Erfolg zutrauen. Er ist für m<strong>ich</strong> also<br />
fraglos w<strong>ich</strong>tig. Darüber h<strong>in</strong>aus ist er auch<br />
sehr nett; <strong>ich</strong> habe ihn kennengelernt, und<br />
wir skypen jetzt regelmässig mite<strong>in</strong>ander.<br />
Wissen Sie eigentl<strong>ich</strong>, wie erfolgre<strong>ich</strong><br />
«Die Seltsamen<strong>»</strong> bis jetzt war – wie oft<br />
das Buch übersetzt wurde und welche<br />
Gesamtauflage es erzielte?<br />
Ich <strong>weiss</strong>, dass es <strong>in</strong> neun oder zehn Sprachen<br />
übersetzt wurde, habe aber ke<strong>in</strong>e Ahnung,<br />
wie oft es s<strong>ich</strong> verkaufte. Es werden<br />
Hunderttausende von Exemplaren se<strong>in</strong>.<br />
Das hat auch f<strong>in</strong>anzielle Folgen: Müssen<br />
Sie überhaupt jemals wieder arbeiten,<br />
oder können Sie jetzt e<strong>in</strong> Leben lang von<br />
«Die Seltsamen<strong>»</strong> zehren?<br />
Na, da muss <strong>schon</strong> noch et<strong>was</strong> kommen.<br />
Me<strong>in</strong>e Situation ist aber s<strong>ich</strong>er komfortabel.<br />
Noch mehr Geld käme <strong>in</strong> Ihre Kasse,<br />
wenn das Buch verfilmt würde. Man<br />
konnte lesen, es gäbe entsprechende<br />
Pläne. Wissen Sie Genaueres?<br />
Es wird immer viel geredet, et<strong>was</strong> Konkretes<br />
hat s<strong>ich</strong> bis jetzt aber n<strong>ich</strong>t ergeben.<br />
Ich <strong>weiss</strong> immerh<strong>in</strong>, dass das Buch von<br />
Produzenten gelesen wird.<br />
Aufwändig wäre die Verfilmung auf<br />
jeden Fall. «Die Seltsamen<strong>»</strong> gehört zur<br />
Gattung des Steampunk: Die Gesch<strong>ich</strong>te<br />
spielt im viktorianischen England,<br />
enthält aber futuristische und fantastische<br />
Elemente. Der Steampunk hat<br />
se<strong>in</strong>e Wurzeln <strong>in</strong> den Romanen von Jules<br />
Verne oder H.G. Wells und ist heute<br />
äusserst beliebt. Was fasz<strong>in</strong>iert Sie am<br />
viktorianischen Zeitalter?<br />
Oft <strong>in</strong>teressiert man s<strong>ich</strong> ja für Sachen,<br />
denen man als K<strong>in</strong>d begegnet ist. E<strong>in</strong>e<br />
w<strong>ich</strong>tige Inspirationsquelle war für<br />
m<strong>ich</strong> der Disney-Film «Basil, der grosse<br />
Mäusedetektiv<strong>»</strong>. Diesen Trickfilm, der im<br />
viktorianischen Zeitalter spielt, habe <strong>ich</strong><br />
als K<strong>in</strong>d geliebt, <strong>ich</strong> fand ihn sehr dunkel,<br />
sehr dramatisch, sehr attraktiv. Seither<br />
liebe <strong>ich</strong> die viktorianische Epoche. Das<br />
war ja auch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Zeit, <strong>in</strong> der<br />
s<strong>ich</strong> die Technik und die Gesellschaft stark<br />
veränderten. Mittlerweile <strong>in</strong>teressiere <strong>ich</strong><br />
m<strong>ich</strong> aber e<strong>in</strong> bisschen weniger dafür. Ich<br />
habe das Gefühl, wenn <strong>ich</strong> über e<strong>in</strong>e Sache<br />
e<strong>in</strong> Buch geschrieben habe, wird sie gewissermassen<br />
aus me<strong>in</strong>em System genommen<br />
– und das schafft Platz für Neues.<br />
Auch die Autoren, die Sie gern lesen,<br />
wirkten im 19. Jahrhundert: Charles<br />
Dickens oder Dostojewski. Es heisst, Sie<br />
hätten deren Werke <strong>schon</strong> als K<strong>in</strong>d gelesen.<br />
Stimmt das wirkl<strong>ich</strong>?<br />
Ja, «Schuld und Sühne<strong>»</strong> von Dostojewski<br />
las <strong>ich</strong> erstmals mit elf <strong>Jahren</strong>. Ich fand das<br />
Buch sehr brutal und war schockiert, dass<br />
der Mörder für se<strong>in</strong> Verbrechen zunächst<br />
n<strong>ich</strong>t bezahlen muss. Bis anh<strong>in</strong> hatte <strong>ich</strong><br />
nur K<strong>in</strong>derbücher gelesen, und dort gibt es<br />
so et<strong>was</strong> ja n<strong>ich</strong>t. Ich denke, <strong>ich</strong> verstand<br />
zwar die Gesch<strong>ich</strong>te, aber n<strong>ich</strong>t den Subtext.<br />
Doch auch als K<strong>in</strong>d merkt man, wie<br />
gut Dostojewski schrieb und welch starke<br />
Charaktere er kreierte. Später las <strong>ich</strong> das<br />
Buch wieder und war natürl<strong>ich</strong> weniger<br />
schockiert.<br />
Sie beschreiben <strong>in</strong> «Die Seltsamen<strong>»</strong> e<strong>in</strong>e<br />
Zeit, <strong>in</strong> der die Feen <strong>in</strong> unsere Welt gekommen<br />
und von den Menschen besiegt<br />
worden s<strong>in</strong>d. Gab es logische Knacknüsse<br />
zu bewältigen? Ich hatte zum Beispiel<br />
eher Mühe zu akzeptieren, dass die<br />
Feen den «Heiteren Krieg<strong>»</strong> gegen die<br />
Menschen verlieren – sie können doch<br />
zaubern!<br />
Ja, aber <strong>ich</strong> gebe als Grund für ihre<br />
Niederlage an, dass die Menschen mechanisiert<br />
und ihnen deshalb überlegen<br />
s<strong>in</strong>d. Wären die Feen 100 Jahre früher<br />
gekommen, hätten sie wohl den «Heiteren<br />
Krieg<strong>»</strong> gewonnen. Logische Knacknüsse<br />
ergeben s<strong>ich</strong> bei Fantasy-Büchern kaum,<br />
weil man ja selber alle Regeln aufstellen<br />
kann. Schwierig fand <strong>ich</strong> eher, die Stränge<br />
zusammenzubr<strong>in</strong>gen. Und kompliziert war<br />
auch, dass die e<strong>in</strong>en Figuren et<strong>was</strong> wissen,<br />
<strong>was</strong> andere n<strong>ich</strong>t wissen – die Leser<strong>in</strong>nen<br />
und Leser zugunsten der Spannung aber<br />
auch n<strong>ich</strong>t alles wissen dürfen.<br />
Dass «Die Seltsamen<strong>»</strong> e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>derbuch<br />
für Buben und Mädchen ab zwölf <strong>Jahren</strong><br />
ist, erfuhr <strong>ich</strong> erst, nachdem <strong>ich</strong> den<br />
Roman gelesen hatte. Er ersche<strong>in</strong>t mir<br />
für e<strong>in</strong>e solche Zielgruppe zieml<strong>ich</strong> komplex,<br />
auch sprachl<strong>ich</strong>, und <strong>ich</strong> f<strong>in</strong>de ihn<br />
stellenweise auch et<strong>was</strong> heftig.<br />
Der Roman ist tatsächl<strong>ich</strong> recht dunkel für<br />
K<strong>in</strong>der. Ich <strong>weiss</strong> n<strong>ich</strong>t, wie die hiesigen<br />
Verhältnisse s<strong>in</strong>d, <strong>was</strong> K<strong>in</strong>der gern lesen<br />
– da herrschen ja von Land zu Land et<strong>was</strong><br />
andere Verhältnisse. Aber brutal ist das<br />
Buch n<strong>ich</strong>t, oder?<br />
Ne<strong>in</strong>.<br />
Ich f<strong>in</strong>de, es entspr<strong>ich</strong>t h<strong>in</strong>s<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> Spannung<br />
und Effekte etwa e<strong>in</strong>em Grimm-Märchen.<br />
K<strong>in</strong>der merken <strong>schon</strong>, dass das alles<br />
n<strong>ich</strong>t im wirkl<strong>ich</strong>en Leben spielt.<br />
Aber e<strong>in</strong> wenig hochbegabt sollte man<br />
wohl se<strong>in</strong>, wenn man dieses Buch mit<br />
zwölf <strong>Jahren</strong> lesen will ...<br />
Ich f<strong>in</strong>de n<strong>ich</strong>t. «Die Seltsamen<strong>»</strong> ist vielle<strong>ich</strong>t<br />
n<strong>ich</strong>t unbed<strong>in</strong>gt für K<strong>in</strong>der geeignet,<br />
die vorher noch nie e<strong>in</strong> Buch gelesen<br />
haben. Aber <strong>ich</strong> kenne den hiesigen Markt<br />
n<strong>ich</strong>t so genau.<br />
Apropos hiesiger Markt: Erstaunl<strong>ich</strong><br />
ist, dass das Buch im Diogenes-Verlag<br />
ersche<strong>in</strong>t – der bis jetzt kaum Fantasy-<br />
Werke veröffentl<strong>ich</strong>te.<br />
Ich habe gehört, «Die Seltsamen<strong>»</strong> sei sogar<br />
der erste zeitgenössische Fantasy-Roman,<br />
der von Diogenes verlegt werde. Ich fühle<br />
m<strong>ich</strong> sehr geehrt, dass e<strong>in</strong> so renommierter<br />
Verlag die deutschen Rechte an me<strong>in</strong>em<br />
Buch gekauft hat.<br />
Die Fortsetzung von «Die Seltsamen<strong>»</strong>,<br />
«The Whatnot<strong>»</strong>, ist bereits auf Englisch<br />
erschienen. Um noch e<strong>in</strong>mal auf die<br />
Frage nach Ihren Fortschritten zurückzukommen:<br />
S<strong>in</strong>d die beiden Teile der<br />
Gesch<strong>ich</strong>te noch aus e<strong>in</strong>em Guss?<br />
Ich glaube, der zweite Band liest s<strong>ich</strong><br />
et<strong>was</strong> anders als der erste. Ich hoffe, er<br />
ist glatter, eleganter. Beim Schreiben des<br />
zweiten Bands hatte <strong>ich</strong> das Gefühl, alles<br />
gehe e<strong>in</strong>facher, der Plot laufe gerader. Ich<br />
f<strong>in</strong>de dennoch, dass man die beiden gut<br />
nache<strong>in</strong>ander lesen kann. Es gibt formale<br />
Unterschiede – aber es gibt auch e<strong>in</strong>en Zeitsprung<br />
<strong>in</strong> der Gesch<strong>ich</strong>te, die Landschaft<br />
wechselt, es kommen neue Figuren h<strong>in</strong>zu.<br />
Mit der Fortsetzung «The Whatnot<strong>»</strong>, die<br />
bei uns im Herbst ersche<strong>in</strong>en wird, ist<br />
die Gesch<strong>ich</strong>te abgeschlossen. Sie haben<br />
erwähnt, Sie hätten bereits das dritte<br />
Buch beendet. Wie geht es mit Ihrer<br />
Schriftstellerei weiter?<br />
Jetzt feile <strong>ich</strong> erst e<strong>in</strong>mal am dritten Buch.<br />
Das vierte beg<strong>in</strong>ne <strong>ich</strong> wohl <strong>in</strong> den Sommerferien<br />
– da steht erst der Plot.<br />
Sie s<strong>in</strong>d Musiker und Schriftsteller. Bleiben<br />
Sie beides?<br />
Wer <strong>weiss</strong> <strong>schon</strong>, <strong>was</strong> <strong>ich</strong> <strong>in</strong> <strong>fünf</strong> <strong>Jahren</strong><br />
<strong>mache</strong>! Ich hoffe, dass <strong>ich</strong> e<strong>in</strong>en Weg f<strong>in</strong>de,<br />
immer das tun zu können, <strong>was</strong> <strong>ich</strong> wirkl<strong>ich</strong><br />
tun will. Blöd ist natürl<strong>ich</strong>, dass <strong>ich</strong> jetzt<br />
überall zugle<strong>ich</strong> gefordert werde – denn<br />
die Musiker-Ausbildung ist ja ebenfalls<br />
anspruchsvoll. Aber auch alle me<strong>in</strong>e Kolleg<strong>in</strong>nen<br />
und Kollegen haben Stress, me<strong>in</strong>e<br />
Situation ist also n<strong>ich</strong>t speziell.<br />
Zum Schluss noch e<strong>in</strong>e Frage, die e<strong>in</strong>fach<br />
kommen muss: Die e<strong>in</strong>e Hauptfigur ihres<br />
Buchs, Bartholomew, darf das Haus nie<br />
verlassen und ist e<strong>in</strong> geächteter Mensch-<br />
Fee-Mischl<strong>in</strong>g. Ist es über<strong>in</strong>terpretiert,<br />
wenn man da Parallelen zu Ihnen zieht?<br />
Sie s<strong>in</strong>d wie Ihre Geschwister daheim<br />
von Ihrer Mutter unterr<strong>ich</strong>tet worden<br />
und g<strong>in</strong>gen n<strong>ich</strong>t <strong>in</strong> die öffentl<strong>ich</strong>e Schule.<br />
Und Sie s<strong>in</strong>d halb US-Amerikaner,<br />
halb Schweizer ...<br />
Ich b<strong>in</strong> n<strong>ich</strong>t Bartholomew. Ich war nie elf<br />
Jahre lang im Obergeschoss e<strong>in</strong>gesperrt.<br />
Und me<strong>in</strong>e Eltern s<strong>in</strong>d sehr nett.<br />
Die Mutter von Bartholomew ist ebenfalls<br />
nett.<br />
Die Leute me<strong>in</strong>en immer, man sei so<br />
wie se<strong>in</strong>e Figuren. Natürl<strong>ich</strong> haben alle<br />
Figuren irgendwie mit mir zu tun. Aber<br />
<strong>ich</strong> denke, <strong>ich</strong> b<strong>in</strong> eher wie die zweite<br />
Hauptfigur, Mr. Jelliby. Er ist e<strong>in</strong> Tollpatsch<br />
und stolpert durch die Gesch<strong>ich</strong>te. Er steht<br />
wie Bartholomew neben der Masse. Mit<br />
dem Buch wollte <strong>ich</strong> zeigen, dass die Leute<br />
zwischen den grossen Fraktionen die wahren<br />
Helden s<strong>in</strong>d – und n<strong>ich</strong>t jene, die s<strong>ich</strong><br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Schublade drängen lassen. Man<br />
muss aus der Schublade herausschauen,<br />
um zu sehen, wie die Welt ist. Was d<strong>ich</strong><br />
seltsam macht, ist ja oft auch das, <strong>was</strong> d<strong>ich</strong><br />
<strong>in</strong>teressant macht. Ich sehe <strong>schon</strong>, dass die<br />
meisten Menschen irgendwo dazugehören<br />
wollen, und dafür habe <strong>ich</strong> auch viel Verständnis<br />
– aber <strong>ich</strong> f<strong>in</strong>de, man sollte s<strong>ich</strong><br />
nie überanpassen.
14 | SCHÖNE BÜCHER Books Nr. 1/2014 SCHÖNE BÜCHER | 15<br />
E<strong>in</strong>fach prächtig<br />
Schöne Bildbände s<strong>in</strong>d ideale, da lange nachwirkende Geschenke – die man s<strong>ich</strong> natürl<strong>ich</strong> auch<br />
selber <strong>mache</strong>n kann. E<strong>in</strong>e besonders grosse Auswahl f<strong>in</strong>det man <strong>in</strong> der Abteilung für Kunst-,<br />
Architektur-, Design- und Fotobücher der Orell-Füssli-Filiale Kramhof <strong>in</strong> Zür<strong>ich</strong>. Abteilungsleiter<strong>in</strong><br />
Mirjam Kühnis hat für Books e<strong>in</strong>ige besonders bee<strong>in</strong>druckende Neuersche<strong>in</strong>ungen ausgewählt.<br />
Rückzugsorte, die e<strong>in</strong>en träumen lassen –<br />
präsentiert im Bildband «Hideaways<strong>»</strong>.<br />
© Knesebeck:<br />
Marius Leutenegger<br />
«Bei Knesebeck s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> letzter Zeit immer<br />
wieder attraktive Bildbände erschienen,<br />
die uns lustige, romantische, wilde oder anziehende<br />
Rückzugsorte zeigen: ‹Me<strong>in</strong> wundervoller<br />
Wohnwagen› zum Beispiel oder<br />
‹Me<strong>in</strong> cooler Caravan›. In diesen Büchern<br />
blättert man gern, weil sie e<strong>in</strong>en zum Träumen<br />
br<strong>in</strong>gen – denn wie schön wäre es,<br />
selber so et<strong>was</strong> zu besitzen! Ähnl<strong>ich</strong>e Gedanken<br />
g<strong>in</strong>gen mir auch durch den Kopf,<br />
als <strong>ich</strong> den neuesten Bildband von Knesebeck<br />
<strong>in</strong> den Händen hielt: ‹Hideaways› von<br />
V<strong>in</strong>ny Lee. Das Buch zeigt e<strong>in</strong>e riesige Vielfalt<br />
kle<strong>in</strong>er Rückzugsorte, die zumeist mitten<br />
<strong>in</strong> der Natur liegen: klassische Blockhütten<br />
<strong>in</strong> Colorado, e<strong>in</strong>e herzige rustikale<br />
Ste<strong>in</strong>hütte <strong>in</strong> Schottland, Baumhütten oder<br />
Schiffe, auf denen man se<strong>in</strong>e Ferien verbr<strong>in</strong>gen<br />
möchte, e<strong>in</strong>e Höhlenwohnung auf<br />
den Äolischen Inseln, e<strong>in</strong> umgebauter Silo<br />
und so weiter. All diese Verstecke spiegeln<br />
den Traum vom e<strong>in</strong>fachen Leben <strong>in</strong> der Natur<br />
und wecken Aussteiger-Sehnsüchte.<br />
Das Buch bietet aber n<strong>ich</strong>t alle<strong>in</strong> schöne<br />
Bilder zum Schwelgen, sondern auch viele<br />
praktische Informationen: Wie kocht man<br />
auf kle<strong>in</strong>em Raum? Wie hält man Ordnung,<br />
wenn man kaum Platz hat? Wie beleuchtet<br />
man e<strong>in</strong>en besonderen Rückzugsort optimal?<br />
Solche Fragen beantwortet die Autor<strong>in</strong><br />
oft kreativ und überraschend.<br />
Voller Kreativität ist auch die nächste<br />
Neuersche<strong>in</strong>ung, die <strong>ich</strong> empfehle: ‹Anziehungskraft›<br />
von Guido Maria Kretschmer.<br />
Der deutsche Modedesigner Kretschmer<br />
gehört zu den erfolgre<strong>ich</strong>sten se<strong>in</strong>er<br />
Zunft und arbeitet auch als Kostümbildner<br />
für Oper, Theater und Film. Bekannt machte<br />
ihn vor allem die Styl<strong>in</strong>g-Doku ‹Shopp<strong>in</strong>g<br />
Queen› auf Vox, <strong>in</strong> der Kretschmer das<br />
Outfit der Teilnehmer<strong>in</strong>nen po<strong>in</strong>tiert beurteilt.<br />
In se<strong>in</strong>em Buch beschreibt er 10 typische<br />
Figurformen – und er zeigt auf, wie<br />
man bei jeder Form Schwächen kaschieren<br />
und Stärken betonen kann. Es handelt s<strong>ich</strong><br />
bei diesem Werk aber um ke<strong>in</strong> eigentl<strong>ich</strong>es<br />
Bilderbuch; Kretschmer <strong>in</strong>formiert vorwiegend<br />
mit witzigen Texten voller Anekdoten.<br />
In allgeme<strong>in</strong>en Kapiteln geht er zum Beispiel<br />
auch den Fragen nach, wie frau im<br />
Kleiderschrank Ordnung hält oder wie e<strong>in</strong><br />
Modetrend überhaupt entsteht. Das Buch<br />
macht wirkl<strong>ich</strong> Spass – und s<strong>ich</strong>er n<strong>ich</strong>t<br />
nur Frauen.<br />
Me<strong>in</strong>e nächste Empfehlung ist riesig: ‹Hieronymus<br />
Bosch. Das vollständige Werk›<br />
von Stefan Fischer. Der niederländische<br />
Maler Hieronymus Bosch schuf zur Zeit der<br />
Renaissance Bilder, die bis heute rätselhaft<br />
geblieben s<strong>in</strong>d. Sie stecken voller Symbole,<br />
Dämonen und Fabelwesen, s<strong>in</strong>d meist so<br />
fasz<strong>in</strong>ierend wie erschreckend. Manche<br />
der Holztafeln von Bosch könnte man als<br />
Wimmelbilder beze<strong>ich</strong>nen, denn sie quellen<br />
geradezu von Figuren und Details<br />
über – etwa das berühmte Triptychon ‹Garten<br />
der Lüste›. Gerade solchen Bildern wird<br />
das Buch ganz besonders gerecht, denn es<br />
zeigt viele Details <strong>in</strong> Vergrösserungen; oft<br />
lassen s<strong>ich</strong> Seiten ausklappen, e<strong>in</strong>mal ist<br />
e<strong>in</strong>e Abbildung rund e<strong>in</strong> Meter gross.<br />
Ausstattung und Qualität des Buchs<br />
s<strong>in</strong>d hervorragend, die gestochen<br />
scharfen Bilder leuchten <strong>in</strong> satten<br />
Farben. Man spürt förml<strong>ich</strong> das<br />
Holz, auf das die Bilder gemalt<br />
wurden. Hat man das Buch<br />
aufgeschlagen, kann man<br />
kaum mehr aufhören, die Details<br />
und eigenartigen Wesen,<br />
die Bosch erfunden hat, zu<br />
studieren. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
bieten die klugen Texte<br />
e<strong>in</strong>e spannende E<strong>in</strong>führung<br />
<strong>in</strong>s Werk des Malers.<br />
Ich b<strong>in</strong> überzeugt,<br />
dass es viele<br />
Leute gibt, denen<br />
dieses Buch gefallen<br />
wird – weil es dank der<br />
tollen Aufmachung auch<br />
sehr modern wirkt.<br />
Wer es auch bei der Kunst et<strong>was</strong><br />
moderner bevorzugt, ist<br />
mit ‹Illustration – 100 Wege, e<strong>in</strong>en<br />
Vogel zu malen› von Felix<br />
Sche<strong>in</strong>berger gut bedient. In über<br />
100 kurzen Kapiteln erfährt man nun<br />
wirkl<strong>ich</strong> fast alles zum Thema Illustra-<br />
Oben: «Der Heuwagen<strong>»</strong> – abgebildet <strong>in</strong><br />
«Hieronymus Bosch. Das vollständige<br />
Werk<strong>»</strong>. © Museo Nacional del Prado<br />
L<strong>in</strong>ks: Guido Maria Kretschmer <strong>weiss</strong> <strong>in</strong><br />
«Anziehungskraft<strong>»</strong> Rat für jeden Figurentyp.<br />
© Guido Maria Kretschmer<br />
Unten: «Der heilige Antonius wird von Teufeln<br />
angeklagt<strong>»</strong> – Detailabbildung <strong>in</strong> «Hieronymus<br />
Bosch. Das vollständige Werk<strong>»</strong>.<br />
© Museu Nacional de Arte Antiga
16 | SCHÖNE BÜCHER Books Nr. 1/2014 SCHÖNE BÜCHER | 17<br />
© Hermann Schmidt<br />
Mirjam Kühnis, 37, leitet die Architektur-,<br />
Grafik-, Design- und Kunstbuch-Abteilung<br />
<strong>in</strong> der Orell-Füssli-Filiale Kramhof<br />
Zür<strong>ich</strong>. Neben klassischen Bildbänden<br />
bietet die Abteilung auch viele orig<strong>in</strong>elle<br />
Neuersche<strong>in</strong>ungen zu sämtl<strong>ich</strong>en Themen<br />
rund um Mode, Innene<strong>in</strong>r<strong>ich</strong>tung, Fotografie<br />
und Style – sowie unzählige Bücher, die<br />
s<strong>ich</strong> zum Schenken eignen.<br />
Es gibt 100 Wege, e<strong>in</strong>en Vogel zu malen –<br />
«Illustration<strong>»</strong> zeigt sie alle.<br />
Hideaways<br />
V<strong>in</strong>ny Lee<br />
208 Seiten<br />
CHF 44.90<br />
Knesebeck<br />
Anziehungskraft –<br />
Sonderausgabe<br />
Guido Maria<br />
Kretschmer<br />
237 Seiten<br />
CHF 27.90<br />
Edel<br />
tion: Was gibt es eigentl<strong>ich</strong> für Ausdrucksformen?<br />
Wie wird man Illustrator? Und wie<br />
überlebt man <strong>in</strong> diesem Beruf? Die vielfältigen<br />
Techniken und ihre Erfolgsgeheimnisse<br />
werden stets anhand von Vogel-<br />
Illustrationen gezeigt: L<strong>in</strong>olschnitt, Schabkarton,<br />
Radierung und so weiter. Dieses<br />
Buch ist e<strong>in</strong>e Ermutigung für alle Kreativen,<br />
ihren eigenen Weg zu gehen. Es eignet<br />
s<strong>ich</strong> für alle, die selber illustrieren oder mit<br />
dem Gedanken spielen, die Illustration zum<br />
Beruf zu <strong>mache</strong>n. Aber auch <strong>ich</strong>, die ke<strong>in</strong>e<br />
solchen Abs<strong>ich</strong>ten hegt, hatte viel Vergnügen<br />
beim Blättern im Buch: Die Vielfalt der<br />
Techniken ist bee<strong>in</strong>druckend, und <strong>ich</strong><br />
konnte viel über die Mögl<strong>ich</strong>keiten lernen,<br />
wie s<strong>ich</strong> et<strong>was</strong> darstellen lässt. Ganz besonders<br />
gefällt mir auch die Ausstattung des<br />
Buchs: Dank se<strong>in</strong>es dicken Le<strong>in</strong>enrückens<br />
fühlt es s<strong>ich</strong> toll an, es wirkt be<strong>in</strong>ahe wie e<strong>in</strong><br />
handgefertigtes Exemplar von e<strong>in</strong>em Buchb<strong>in</strong>der.<br />
Wem dieses schöne Buch Lust gemacht hat<br />
auf noch mehr Illustrationen, dem sei e<strong>in</strong>e<br />
prächtige neue Sammlung nahe gelegt:<br />
‹100 Illustrators›, zwei dicke, grossforma-<br />
tige Bände im Schuber. Mitherausgeber<br />
Steven Heller war 33 Jahre lang Art Director<br />
der New York Times. Zusammen mit<br />
Gestalter und Buchautor Julius Wiedemann<br />
hat er 100 prägende zeitgenössische<br />
Illustrator<strong>in</strong>nen und Illustratoren aus der<br />
ganzen Welt ausgewählt, darunter auch<br />
den Zürcher Andreas Gefe. Sie und ihr<br />
Werk werden jeweils auf mehreren Seiten<br />
vorgestellt. Ich b<strong>in</strong> mit der Illustratoren-<br />
Szene n<strong>ich</strong>t sehr vertraut, fand es aber sehr<br />
spannend, m<strong>ich</strong> durch all die verschiedenen<br />
Stile zu blättern. Dieses Buch empfehle<br />
<strong>ich</strong> allen, die s<strong>ich</strong> irgendwie für Kunst und<br />
Illustration <strong>in</strong>teressieren – aber auch all jenen,<br />
die noch e<strong>in</strong> schönes Buch fürs Beistelltischchen<br />
benötigen. Denn <strong>in</strong> diesem<br />
Werk schmökern wohl die meisten Menschen<br />
gern.<strong>»</strong><br />
«Dieses Buch<br />
empfehle <strong>ich</strong> allen,<br />
die s<strong>ich</strong> irgendwie<br />
für Kunst und<br />
Illustration <strong>in</strong>teressieren<br />
– aber auch<br />
all jenen, die noch<br />
e<strong>in</strong> schönes Buch<br />
fürs Beistelltischchen<br />
benötigen.<strong>»</strong><br />
© Taschen<br />
© Taschen<br />
Oben: Als wär’s auch von Hieronymus<br />
Bosch: «Desolate Night,<br />
Hell’s Kitchen<strong>»</strong> von Jeremyville,<br />
e<strong>in</strong>em der «100 Illustrators<strong>»</strong> im<br />
gle<strong>ich</strong>namigen Buch.<br />
L<strong>in</strong>ks: «100 Illustrators<strong>»</strong> zeigt<br />
Werke der weltbesten Illustratoren<br />
– zum Beispiel vom New<br />
Yorker Roberto Parada.<br />
Hieronymus<br />
Bosch.<br />
Das vollständige<br />
Werk<br />
Stefan Fischer<br />
300 Seiten<br />
CHF 135.00<br />
Taschen<br />
Illustration<br />
Felix Sche<strong>in</strong>berger<br />
326 Seiten<br />
CHF 52.90<br />
Hermann Schmidt<br />
100 Illustrators<br />
Julius Wiedemann<br />
und Steven Heller<br />
(Hrsg.)<br />
720 Seiten<br />
CHF 54.90<br />
Taschen
18 | Im Schaufenster Books Nr. 1/2014 Im Schaufenster | 19<br />
Gefangen <strong>in</strong><br />
Geheimnissen<br />
In Simon Becketts neuem Thriller «Der<br />
Hof<strong>»</strong> kommt se<strong>in</strong>e bekannteste Figur<br />
ausnahmesweise n<strong>ich</strong>t vor. Im Mittelpunkt<br />
steht statt Dr. David Hunter e<strong>in</strong><br />
junger Engländer, der auf der Flucht<br />
vom Regen <strong>in</strong> die Traufe gerät: Spannung<br />
mit psychologischem Raff<strong>in</strong>ement.<br />
Markus Ganz<br />
Der Atem stockt e<strong>in</strong>em <strong>schon</strong> nach wenigen<br />
Seiten. Der junge Engländer Sean ist<br />
auf e<strong>in</strong>er Strasse <strong>in</strong> Südfrankre<strong>ich</strong> unterwegs.<br />
Es ist erst früh am Morgen, aber bereits<br />
heiss. Sean ist offens<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> nervös,<br />
das Benz<strong>in</strong> droht jeden Moment auszugehen.<br />
Er geht zu Fuss weiter und macht<br />
Autostopp. Doch e<strong>in</strong>mal merkt er erst im<br />
letzten Augenblick, dass e<strong>in</strong> Wagen der Polizei<br />
auf ihn zufährt. Er spr<strong>in</strong>gt über e<strong>in</strong>en<br />
Stacheldrahtzaun und flüchtet <strong>in</strong> den Wald.<br />
Das Polizeiauto braust vorbei, doch Sean<br />
ruht s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t aus. «Ich muss <strong>in</strong> Bewegung<br />
bleiben<strong>»</strong>, sagt er s<strong>ich</strong> – und dies wird er mit<br />
gutem Grund auch am Ende der Gesch<strong>ich</strong>te<br />
wieder sagen. Sean geht weiter, schreit<br />
Beckett hält die<br />
Spannung n<strong>ich</strong>t<br />
mit Action aufrecht,<br />
sondern<br />
mit e<strong>in</strong>em psychologischen<br />
Kammerspiel.<br />
plötzl<strong>ich</strong>. Er ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong> rostiges Fangeisen<br />
getreten. Es wurde offens<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> am Rand<br />
e<strong>in</strong>es abgelegenen Bauernhofs ausgelegt,<br />
um Menschen fernzuhalten. Sean versucht<br />
s<strong>ich</strong> zu befreien, zunehmend hektisch.<br />
Doch es gel<strong>in</strong>gt ihm n<strong>ich</strong>t, auch am nächsten<br />
Morgen n<strong>ich</strong>t, als er bereits fiebrig ist.<br />
«Ich schaue me<strong>in</strong>en Fuss voller Hass an<br />
und wünschte, <strong>ich</strong> könnte ihn wie e<strong>in</strong> gefangenes<br />
Tier e<strong>in</strong>fach abkauen<strong>»</strong>, erzählt er.<br />
Und tatsächl<strong>ich</strong> beisst er <strong>in</strong> der Verzweiflung<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong> Be<strong>in</strong>. Dann fällt er <strong>in</strong> Ohnmacht.<br />
Trügerische Idylle<br />
Was wie e<strong>in</strong> typischer Thriller begonnen<br />
hat, wandelt s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> der Folge stark. Simon<br />
Beckett hält die Spannung n<strong>ich</strong>t mit nervenkitzelnder<br />
Action aufrecht, sondern mit<br />
e<strong>in</strong>em psychologischen Kammerspiel, das<br />
s<strong>ich</strong> zu e<strong>in</strong>em Drama entwickelt. Sean<br />
wacht <strong>in</strong> der Scheune des Hofs auf, wo er<br />
von zwei jüngeren Frauen liebevoll gepflegt<br />
wird. Doch weshalb haben die beiden<br />
ihn n<strong>ich</strong>t <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Spital gebracht, weshalb<br />
ist die Tür verriegelt? Der Vater der<br />
Frauen, Arnaud, erweist s<strong>ich</strong> zudem als<br />
Choleriker, der den Fremden nur unter der<br />
Bed<strong>in</strong>gung duldet, dass dieser e<strong>in</strong> Gebäude<br />
saniert. Sean akzeptiert und bleibt trotz<br />
der beklemmenden Stimmung auch auf<br />
dem Hof, als der Fuss e<strong>in</strong>igermassen verheilt<br />
ist. Er fürchtet noch immer die Polizei.<br />
Und dies verb<strong>in</strong>det ihn überraschender-<br />
Simon Beckett<br />
mg. Es s<strong>in</strong>d vor allem die Thriller mit Dr. David<br />
Hunter, die Simon Beckett bekannt gemacht<br />
haben. Der 1960 geborene Schriftsteller kontrastiert<br />
<strong>in</strong> dieser Reihe die empf<strong>in</strong>dsame Melancholie<br />
des forensischen Anthropologen mit<br />
der kühlen Unerbittl<strong>ich</strong>keit des Todes, die s<strong>ich</strong><br />
im Zerfall des Körpers zeigt. Für diese Bücher<br />
hat Simon Beckett auf e<strong>in</strong>er «Body Farm<strong>»</strong> <strong>in</strong><br />
den USA recherchiert, wo die Verwesung unter<br />
allen mögl<strong>ich</strong>en Bed<strong>in</strong>gungen wissenschaftl<strong>ich</strong><br />
untersucht wird. Die Beschreibung dieser<br />
Prozesse hat s<strong>ich</strong> besonders e<strong>in</strong>drückl<strong>ich</strong> im<br />
Thriller «Le<strong>ich</strong>enblässe<strong>»</strong> niedergeschlagen.<br />
Die Bücher mit Dr. David Hunter wurden <strong>in</strong><br />
29 Sprachen übersetzt. Alle<strong>in</strong> «Die Chemie<br />
des Todes<strong>»</strong> hat s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> Deutschland über e<strong>in</strong>e<br />
Million Mal verkauft.<br />
Der vierte und bisher letzte Hunter-Thriller<br />
erschien 2011 unter dem Titel «Verwesung<strong>»</strong>.<br />
Dieses Buch gibt es auch <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit<br />
e<strong>in</strong>er CD der Electro-Classical-Band In The<br />
Nursery, die wie Beckett aus Sheffield kommt.<br />
Die Band war von der Hunter-Reihe derart<br />
fasz<strong>in</strong>iert, dass sie dazu e<strong>in</strong>en spannungsvoll<br />
atmospärischen Soundtrack schuf, auf dem<br />
stellenweise Simon Beckett Buchausschnitte<br />
vorliest. Diese unübl<strong>ich</strong>e Zusammenarbeit<br />
zwischen e<strong>in</strong>er Band und e<strong>in</strong>em Autor ist n<strong>ich</strong>t<br />
so überraschend, denn Beckett war früher<br />
n<strong>ich</strong>t nur Immobilienhändler, Hausmeister und<br />
Sprachlehrer, sondern auch Perkussionist <strong>in</strong><br />
mehreren Bands. Neben der Hunter-Reihe hat<br />
Simon Beckett <strong>fünf</strong> weitere Thriller sowie drei<br />
Bücher mit Kurzgesch<strong>ich</strong>ten veröffentl<strong>ich</strong>t.<br />
Verwesung<br />
Sonderausgabe mit CD<br />
Simon Beckett<br />
443 Seiten<br />
CHF 25.90<br />
Wunderl<strong>ich</strong><br />
Foto: © Isolde Ohlbaum<br />
weise mit dem Hofbesitzer, der mit Methoden<br />
wie Fangeisen ja sogar alle Aussenstehenden<br />
vom Hof fernhalten will.<br />
Offens<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> hat auch Arnaud et<strong>was</strong> zu<br />
verbergen. Würde er Sean gar n<strong>ich</strong>t mehr<br />
gehen lassen, weil dieser unbeabs<strong>ich</strong>tigt zu<br />
e<strong>in</strong>em Mitwisser e<strong>in</strong>es dunklen Geheimnisses<br />
geworden ist?<br />
Zwei Geheimnisse, zwei Probleme<br />
Simon Beckett erweist s<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>mal mehr<br />
als meisterl<strong>ich</strong>er Gesch<strong>ich</strong>tenerzähler. Er<br />
verpackt die Story von «Der Hof<strong>»</strong> aber<br />
n<strong>ich</strong>t als forensisches Rätsel wie <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />
Thrillern mit dem Anthropologen Dr. David<br />
Hunter <strong>in</strong> der Hauptrolle. Er charakterisiert<br />
vielmehr mit psychologischem Fe<strong>in</strong>gespür<br />
se<strong>in</strong>e Figuren, die allesamt <strong>in</strong> missl<strong>ich</strong>e<br />
Lebensumstände geraten s<strong>in</strong>d.<br />
Besonders e<strong>in</strong>drückl<strong>ich</strong> gel<strong>in</strong>gt ihm die<br />
Beschreibung von Sean, aus dessen Perspektive<br />
er die Gesch<strong>ich</strong>te erzählt. Spannender<br />
aber ist, wie glaubhaft Simon Beckett<br />
die Beziehungen der Hofbewohner<br />
untere<strong>in</strong>ander aufzeigt. Alle Figuren wirken<br />
e<strong>in</strong>sam und verloren, gefangen im Geheimnis<br />
ihrer geme<strong>in</strong>samen Vorgesch<strong>ich</strong>te.<br />
Das Buch bleibt bis zum Schluss span-<br />
nend, weil man zunehmend auch das<br />
Geheimnis von Sean erfährt. Es ist beklemmend<br />
zu lesen, wie der unbescholtene junge<br />
Mann damals <strong>in</strong> England <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Albtraum<br />
geraten konnte, der ihn schliessl<strong>ich</strong><br />
zur Flucht nach Frankre<strong>ich</strong> zwang. Sean<br />
kann auch auf dem Hof n<strong>ich</strong>t verh<strong>in</strong>dern,<br />
dass er von der eigenen Vergangenheit e<strong>in</strong>geholt<br />
wird. Denn es zeigt s<strong>ich</strong>, dass er vor<br />
allem auf der Flucht vor s<strong>ich</strong> selbst ist, dass<br />
ihn Schuldgefühle plagen.<br />
«Unter der<br />
Oberfläche s<strong>in</strong>d<br />
wir alle Tiere.<strong>»</strong><br />
WERKE IN ACHT BÄNDEN<br />
Hg. v. Simon Zumsteg<br />
Zusammen 3184 S. Le<strong>in</strong>en,<br />
Lesebändchen, farbiges<br />
Vorsatzpapier. Geschlossen im<br />
Schuber. Auch als -Book<br />
www.nagel-kimche.ch<br />
Mitgefühl für wenig Sympathische<br />
Die aussergewöhnl<strong>ich</strong>e Erzählkraft von Simon<br />
Beckett zeigt s<strong>ich</strong> besonders <strong>in</strong> der<br />
Schilderung von Beziehungen. Er beschreibt<br />
etwa, wie Sean zu Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>es<br />
Albtraums neben se<strong>in</strong>er ihm fremd gewordenen<br />
Freund<strong>in</strong> auf dem Bett liegt und s<strong>in</strong>niert.<br />
«Ich will sie fragen, worüber sie<br />
nachdenkt, aber <strong>ich</strong> schweige. Ich habe<br />
Angst, sie könnte es mir erzählen.<strong>»</strong> Damit<br />
fesselt Simon Beckett. Und man entwickelt<br />
e<strong>in</strong> Mitgefühl auch für wenig sympathische<br />
Charaktere, weil man ihre Gesch<strong>ich</strong>te und<br />
deshalb ihr Handeln versteht. Das Fazit<br />
von Sean am Schluss aber lautet: «Unter<br />
der Oberfläche s<strong>in</strong>d wir alle Tiere.<strong>»</strong> Ke<strong>in</strong>er<br />
von uns wisse, wozu er unter Umständen<br />
<strong>in</strong> der Lage sei. «Wenn wir Glück haben,<br />
f<strong>in</strong>den wir es nie heraus.<strong>»</strong><br />
Der Hof<br />
Simon Beckett<br />
457 Seiten<br />
CHF 29.90<br />
Wunderl<strong>ich</strong><br />
Zum 25. Todestag am 28. Februar 2014 ersche<strong>in</strong>en die zu<br />
Lebzeiten veröffentl<strong>ich</strong>en Werke Hermann Burgers, e<strong>in</strong>em<br />
<strong>»</strong>der besten Schriftsteller der deutschen Gegenwartsliteratur«<br />
(Adolf Muschg 1989).
20 | erste liebe Books Nr. 1/2014 erste liebe | 21<br />
Er<strong>in</strong>nerungen an<br />
die erste Liebe<br />
Die Jahreszeit der Verliebtheit rückt näher: Auffallend viele neue Bücher beschäftigen<br />
s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> diesem Frühjahr mit dem prägenden «ersten Mal<strong>»</strong>. Die Redaktion hat für alle, welche<br />
die Liebe lieben, <strong>fünf</strong> Empfehlungen ausgewählt.<br />
Kurz, aber lange nachkl<strong>in</strong>gend<br />
Sie ist schl<strong>ich</strong>t die Schönste auf dem Schulhof.<br />
Davon ist zum<strong>in</strong>dest der 15-jährige<br />
Junge überzeugt, der s<strong>ich</strong> 1983 an e<strong>in</strong>em<br />
westdeutschen Gymnasium <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Mitschüler<strong>in</strong><br />
verliebt. Diese ist vier Jahre älter<br />
als er und deshalb eigentl<strong>ich</strong> unerre<strong>ich</strong>bar<br />
für ihn; dessen ist er s<strong>ich</strong> durchaus bewusst.<br />
Und doch schafft er es, dass sie e<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong>nige Beziehung mit ihm e<strong>in</strong>geht, deren<br />
turbulenter Verlauf <strong>in</strong> Navid Kermanis Roman<br />
«Grosse Liebe<strong>»</strong> beschrieben ist.<br />
Er habe damals das erste Mal geliebt und<br />
seither nie mehr so gross. Dies behauptet<br />
der Erzähler, der dieser Junge vor 30 <strong>Jahren</strong><br />
war. Und er gerät ab dieser Feststellung<br />
<strong>in</strong>s Grübeln. Denn die «grösste Liebe<br />
se<strong>in</strong>es Lebens<strong>»</strong> dauerte nur sehr kurz,<br />
n<strong>ich</strong>t e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e Woche, gerechnet vom<br />
ersten Kuss bis zur Trennung. Er habe seither<br />
andere Personen über e<strong>in</strong>en sehr viel<br />
längeren Zeitraum h<strong>in</strong>weg und tiefer geliebt,<br />
zum<strong>in</strong>dest körperl<strong>ich</strong> die Verzückung<br />
umfassender erlebt. Der Erzähler räumt<br />
denn auch e<strong>in</strong>, dass gewisse Er<strong>in</strong>nerungen<br />
zum Mythos gehörten, den se<strong>in</strong> Gedächtnis<br />
um diese grosse Liebe ranke.<br />
Es wird auch nie ganz klar, ob Navid Kermani<br />
mit dem Erzähler und damit mit dem<br />
Jungen identisch ist. Der Erzähler erklärt<br />
aber, wieso er vom Jungen <strong>in</strong> der dritten<br />
Person spr<strong>ich</strong>t. Dies sei mehr als e<strong>in</strong> literarischer<br />
Trick, welcher der Verfremdung<br />
diene. Der Grund sei, dass er s<strong>ich</strong> im Jungen<br />
n<strong>ich</strong>t wiedererkenne. Mit e<strong>in</strong>er Mischung<br />
aus Verwunderung und mildem<br />
Spott schildert er, wie dieser «hanswurstartig<br />
vorpreschende Autodidakt von e<strong>in</strong>em<br />
Casanova und Hüpfer von e<strong>in</strong>em Kerl<strong>»</strong><br />
e<strong>in</strong>e be<strong>in</strong>ahe erwachsene Frau eroberte,<br />
die «auf allen Schulhöfen der Welt die<br />
Schönste gewesen wäre<strong>»</strong>. Der Erzähler<br />
kann s<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>er gewissen Verklärung also<br />
n<strong>ich</strong>t erwehren. Deshalb gel<strong>in</strong>gt ihm auch<br />
n<strong>ich</strong>t, wie geplant allen Stationen dieser<br />
Liebesgesch<strong>ich</strong>te gle<strong>ich</strong> viel Platz e<strong>in</strong>zuräumen.<br />
Er gibt selbst zu, dass er zu lange<br />
bei der aufkeimenden Liebe verweile und<br />
deshalb der unvermeidl<strong>ich</strong>en Phase der<br />
Verzweiflung immer weniger Platz bleibe.<br />
Und dies, obwohl der Trennungsschmerz<br />
wesentl<strong>ich</strong> länger als die Beziehung gedauert<br />
habe – «<strong>in</strong> gewisser Weise bis heute,<br />
sonst würde <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t unsere Gesch<strong>ich</strong>te<br />
erzählen<strong>»</strong>.<br />
Die Gesch<strong>ich</strong>te allerd<strong>in</strong>gs gerät immer<br />
mehr zur Studie, wie der Autor selbst erkennt<br />
– und wofür er die Leserschaft um<br />
Vergebung bittet. Dies hat weniger damit<br />
zu tun, dass er den Zeitgeist der frühen<br />
1980er-Jahre im Umfeld der Liebenden<br />
schildert, die s<strong>ich</strong> für Friedens<strong>in</strong>itiativen<br />
und gegen e<strong>in</strong>e Stadtautobahn engagierten.<br />
Vielmehr verknüpft Navid Kermani die<br />
Liebesgesch<strong>ich</strong>te mit Weisheiten von arabischen<br />
und persischen D<strong>ich</strong>tern und Mystikern.<br />
Hier zeigt s<strong>ich</strong>, dass der 1967 <strong>in</strong><br />
Deutschland geborene Schriftsteller Sohn<br />
iranischer Eltern und promovierter Islamwissenschaftler<br />
ist. Er vermag überraschende<br />
Parallelen zwischen irdischer und<br />
göttl<strong>ich</strong>er Liebe aufzuzeigen – und auch zu<br />
relativieren. Besonders gern zitiert er den<br />
andalusischen Mystiker Ibn Arabi. Dieser<br />
soll im 13. Jahrhundert erklärt haben, dass<br />
die Heftigkeit, Kompromisslosigkeit und<br />
Kopflosigkeit der jugendl<strong>ich</strong>en Verliebtheit<br />
n<strong>ich</strong>t nur den Symptomen nach übere<strong>in</strong>stimmend<br />
se<strong>in</strong> sollen mit dem «Ertr<strong>in</strong>ken<strong>»</strong><br />
des Mystikers <strong>in</strong> der alles überflutenden<br />
Liebe des Göttl<strong>ich</strong>en.<br />
Geeignet für alle, die: gern an ihre erste<br />
grosse Liebe zurückdenken und sie neu<br />
e<strong>in</strong>schätzen möchten.<br />
Markus Ganz<br />
Grosse Liebe<br />
Navid Kermani<br />
224 Seiten<br />
CHF 27.90<br />
Hanser<br />
Liebe, wo sie n<strong>ich</strong>t se<strong>in</strong> kann<br />
Man nennt sie die «Zwill<strong>in</strong>ge<strong>»</strong>, weil sie alles<br />
mite<strong>in</strong>ander tun und e<strong>in</strong>ander <strong>in</strong> vielem<br />
so ähnl<strong>ich</strong> s<strong>in</strong>d: die Ich-Erzähler<strong>in</strong> Beatrice<br />
und Alfredo. Die beiden wachsen im<br />
gle<strong>ich</strong>en heruntergekommenen Block <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em Armenviertel <strong>in</strong> Italien auf. Alfredos<br />
Vater prügelt se<strong>in</strong>e Söhne manchmal halbtot,<br />
und die Eltern von Beatrice waren selber<br />
noch halbe K<strong>in</strong>der, als sie ihre Familie<br />
gründeten. Perspektiven gibt es für die Jugendl<strong>ich</strong>en<br />
<strong>in</strong> «La Fortezza<strong>»</strong> ke<strong>in</strong>e; das Leben<br />
ist elend und freudlos, der Umgang<br />
untere<strong>in</strong>ander hart, zuweilen brutal. Alle<br />
haben s<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>en Panzer aus verme<strong>in</strong>tl<strong>ich</strong>er<br />
Gle<strong>ich</strong>gültigkeit und Gefühllosigkeit<br />
zugelegt.<br />
Zarte Liebe hat es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Umfeld<br />
schwer, Romantik kann ke<strong>in</strong>e aufkommen,<br />
denn Liebe macht verletzl<strong>ich</strong> – und verletzl<strong>ich</strong><br />
zu se<strong>in</strong>, das kann s<strong>ich</strong> hier niemand<br />
leisten. So überspielen Beatrice und Alfredo<br />
die <strong>in</strong>nige Zuneigung, die sie seit jeher<br />
für e<strong>in</strong>ander hegen, und transformieren sie<br />
<strong>in</strong> andere starke Emotionen: Streit und<br />
Machtkämpfe prägen ihr Verhältnis, zuweilen<br />
schlagen sie e<strong>in</strong>ander. Doch immer ist<br />
die überwältigende Sensibilität der beiden<br />
spürbar. Wenn die beiden aufe<strong>in</strong>ander losgehen,<br />
e<strong>in</strong>ander mit Vorwürfen e<strong>in</strong>decken,<br />
um ihre Liebe zu verbergen, möchte man<br />
ihnen ständig zurufen: Seht doch, wie e<strong>in</strong>fach<br />
es wäre – e<strong>in</strong> Wort, und alles wird gut!<br />
Aber wir wissen ja selber, wie schwer es<br />
ist, s<strong>ich</strong> zu öffnen. Und wir können uns<br />
le<strong>ich</strong>t vorstellen, wie schwierig es erst <strong>in</strong><br />
«La Fortezza<strong>»</strong> se<strong>in</strong> muss, e<strong>in</strong>e zart knospende<br />
Liebe zu hegen. Denn die junge Autor<strong>in</strong><br />
Valent<strong>in</strong>a d’Urbano br<strong>in</strong>gt uns das<br />
Armenviertel, <strong>in</strong> dem Beatrice und Alfredo<br />
n<strong>ich</strong>t zue<strong>in</strong>ander kommen können, sehr<br />
glaubwürdig, ohne Sentimentalität oder<br />
Kitsch näher. Ke<strong>in</strong> Wunder, dass ihr das<br />
gel<strong>in</strong>gt: Die 1985 geborene Italiener<strong>in</strong><br />
wuchs <strong>in</strong> Rom <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Quartier auf, das<br />
«La Fortezza<strong>»</strong> als Vorbild diente.<br />
Alfredo, der e<strong>in</strong>em sehr frühen Tod geweiht<br />
ist, und Beatrice s<strong>in</strong>d plastische Figuren,<br />
und ihr Umgang mite<strong>in</strong>ander wird<br />
wohl trotz aller Dramatik n<strong>ich</strong>t wenige Leser<strong>in</strong>nen<br />
und Leser an die eigene erste Liebe<br />
er<strong>in</strong>nern – an die Zeiten, <strong>in</strong> denen man<br />
s<strong>ich</strong> ungelenk, veruns<strong>ich</strong>ert und voller<br />
neuer, unheiml<strong>ich</strong>er Sehnsüchte e<strong>in</strong>em Gegenüber<br />
annähern wollte, das vielle<strong>ich</strong>t<br />
ebenso ungelenk und veruns<strong>ich</strong>ert war,<br />
dies aber kaum gezeigt hätte. Valent<strong>in</strong>a<br />
d’Urbano erzählt damit eigentl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>e<br />
ganz normale Liebesgesch<strong>ich</strong>te <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
ungewöhnl<strong>ich</strong>en Umfeld. Und sie tut dies<br />
auf brillante, schnörkellose, messerscharfe<br />
und doch poetische Weise. Dieses Buch ist<br />
e<strong>in</strong>e Trouvaille.<br />
Geeignet für alle, die: manchmal an der<br />
Liebe verzweifeln könnten – also für alle.<br />
Marius Leutenegger<br />
Mit zwanzig hat man ke<strong>in</strong><br />
Kleid für e<strong>in</strong>e Beerdigung<br />
Valent<strong>in</strong>a d’Urbano<br />
274 Seiten<br />
CHF 23.90<br />
dtv<br />
Äusserst kuriose Umstände<br />
Manchmal fragt man s<strong>ich</strong> <strong>schon</strong>, wie Übersetzungen<br />
zustande kommen: «Letztendl<strong>ich</strong><br />
s<strong>in</strong>d wir dem Universum egal<strong>»</strong> ist e<strong>in</strong><br />
gar kurioser Titel für den neuen Roman des<br />
jungen US-Amerikaners David Levithan.<br />
Da passt das Orig<strong>in</strong>al «Every Day<strong>»</strong> <strong>schon</strong><br />
viel besser. Denn das Leben der Hauptfigur<br />
dieser Gesch<strong>ich</strong>te – sie heisst bloss A. – ist<br />
every day völlig neu: Aus e<strong>in</strong>em Grund, den<br />
wir n<strong>ich</strong>t erfahren, steckt A. jeden Morgen<br />
im Körper e<strong>in</strong>es oder e<strong>in</strong>er anderen gle<strong>ich</strong>altrigen<br />
Jugendl<strong>ich</strong>en. Der eigentl<strong>ich</strong>e Besitzer<br />
dieses Körper macht unbewusst<br />
Pause, und A. übernimmt dessen Rolle: Jeden<br />
Tag hat A. e<strong>in</strong>e neue Familie, e<strong>in</strong> neues<br />
Aussehen, neue Freunde und so weiter.<br />
A. hat Zugriff auf die Er<strong>in</strong>nerungen der<br />
Person, deren Körper besetzt wird, und<br />
kommt daher jeweils recht souverän durch<br />
den Tag, benennt alle Leute r<strong>ich</strong>tig und<br />
<strong>weiss</strong>, wo die Autoschlüssel liegen.<br />
Das geht lange gut – bis A. e<strong>in</strong>es Tages als<br />
Just<strong>in</strong> erwacht und s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> dessen Freund<strong>in</strong><br />
Rhiannon verliebt. A. möchte Rhiannon<br />
unbed<strong>in</strong>gt besser kennenlernen. Doch<br />
wie soll das gehen, wenn die eigene Seele<br />
ke<strong>in</strong> Zuhause hat und e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em uns<strong>ich</strong>eren<br />
Emigrantenmädchen, dann wieder<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em langhaarigen Rocker steckt?<br />
Und der geborgte Körper jeweils Punkt<br />
Mitternacht wieder dort se<strong>in</strong> muss, wo er<br />
h<strong>in</strong>gehört? Es gibt nur e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Konstante<br />
<strong>in</strong> A.s Leben: e<strong>in</strong>en eigenen E-Mail-<br />
Account. Und <strong>schon</strong> bald erhält Rhiannon<br />
e<strong>in</strong>e Mitteilung, die mehr als verstörend ist.<br />
«Letztendl<strong>ich</strong> s<strong>in</strong>d wir dem Universum<br />
egal<strong>»</strong> ist e<strong>in</strong> Jugendroman. Aber es wäre<br />
schade, würde er nur von Jugendl<strong>ich</strong>en gelesen<br />
– Levithans Idee ist ausgesprochen<br />
orig<strong>in</strong>ell, und der vielfach preisgekrönte<br />
Autor beschäftigt s<strong>ich</strong> auf spannende Weise<br />
damit, <strong>was</strong> Liebe wirkl<strong>ich</strong> ausmacht,<br />
<strong>was</strong> Identität bedeutet, <strong>was</strong> zum Gefühl<br />
von Geborgenheit führt und wie w<strong>ich</strong>tig<br />
Urvertrauen ist. Auch wir Lesenden müssen<br />
Levithan schliessl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>fach vertrauen,<br />
dass se<strong>in</strong>e Idee funktioniert – und das<br />
tut sie je länger je besser.<br />
Geeignet für alle, die: gern <strong>in</strong> fremden<br />
Nachttischchen herumwühlen und e<strong>in</strong>e<br />
gute Idee zu schätzen wissen.<br />
Marius Leutenegger<br />
Letztendl<strong>ich</strong> s<strong>in</strong>d wir<br />
dem Universum egal<br />
David Levithan<br />
400 Seiten<br />
CHF 25.90<br />
FJB
22 | erste liebe Books Nr. 1/2014<br />
Spezial – städtereisen | 23<br />
Die Opulenz e<strong>in</strong>er erwachsenen<br />
Frau<br />
Autor John Banville hat s<strong>ich</strong> ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache<br />
Variante der ersten Liebe vorgenommen:<br />
«Billy Gray war me<strong>in</strong> bester Freund, und<br />
se<strong>in</strong>e Mutter war me<strong>in</strong>e erste Liebe. Vielle<strong>ich</strong>t<br />
ist Liebe e<strong>in</strong> zu starkes Wort, aber <strong>ich</strong><br />
<strong>weiss</strong> ke<strong>in</strong> schwächeres, das passen würde.<strong>»</strong><br />
So eröffnet der Autor aus Dubl<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />
jüngsten Roman «Im L<strong>ich</strong>te der Vergangenheit<strong>»</strong>.<br />
Als 15-Jähriger hat Alexander<br />
Cleave e<strong>in</strong>e Affäre mit Mrs Gray, wobei er<br />
diesen Begriff als erwachsener Erzähler<br />
n<strong>ich</strong>t für sonderl<strong>ich</strong> passend hält: «Für<br />
m<strong>ich</strong> und auch für sie war das, <strong>was</strong> wir<br />
zusammen taten, viel e<strong>in</strong>facher, viel elementarer,<br />
viel – wenn <strong>ich</strong> e<strong>in</strong> solches Wort<br />
<strong>in</strong> diesem Kontext gebrauchen darf – k<strong>in</strong>dl<strong>ich</strong>er<br />
als das ehebrecherische Treiben der<br />
Erwachsenen.<strong>»</strong><br />
Heute steht der Protagonist an der Schwelle<br />
zum Pensionsalter, hat e<strong>in</strong> erfolgre<strong>ich</strong>es<br />
Leben als Schauspieler h<strong>in</strong>ter s<strong>ich</strong> und<br />
wirft den Blick aus der Distanz e<strong>in</strong>es ganzen<br />
Lebens zurück auf se<strong>in</strong>e erste Liebe.<br />
«Mrs Gray hat mir viele D<strong>in</strong>ge beigebracht,<br />
das W<strong>ich</strong>tigste und Kostbarste von allen<br />
aber war, dem anderen Menschen zu verzeihen,<br />
dass er menschl<strong>ich</strong> ist.<strong>»</strong> Diese<br />
menschl<strong>ich</strong>en Makel schildert John Banville<br />
ohne Scham und falsche Höfl<strong>ich</strong>keit,<br />
aber warmherzig und unglaubl<strong>ich</strong> ausdrucksstark.<br />
Er beschreibt den Körper der<br />
begehrten Mrs Gray, aber auch Landschaft<br />
und Wetter so fe<strong>in</strong> und plastisch, dass man<br />
me<strong>in</strong>t, er wolle das Gesehene malen. Und<br />
obwohl die Er<strong>in</strong>nerungen zum Greifen nah<br />
ersche<strong>in</strong>en, schränkt er sogle<strong>ich</strong> wieder<br />
e<strong>in</strong>, dass es so eigentl<strong>ich</strong> gar n<strong>ich</strong>t gewesen<br />
se<strong>in</strong> könne. «Madame Er<strong>in</strong>nerung ist e<strong>in</strong>e<br />
grosse, raff<strong>in</strong>ierte Simulant<strong>in</strong>.<strong>»</strong><br />
Die Er<strong>in</strong>nerungen an den Sommer vor 50<br />
<strong>Jahren</strong> verwebt John Banville mit aktuellen<br />
Ereignissen im Leben von Alexander<br />
Cleave: Zu se<strong>in</strong>er Überraschung wird der<br />
Theaterschauspieler, der mit se<strong>in</strong>em Beruf<br />
eigentl<strong>ich</strong> abgeschlossen hat und se<strong>in</strong>e<br />
Tage <strong>in</strong> der Dachkammer se<strong>in</strong>es Hauses<br />
verbr<strong>in</strong>gt, näml<strong>ich</strong> angefragt, ob er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Film mitspielen wolle. Dieses Projekt<br />
und die Begegnung mit se<strong>in</strong>em jungen Co-<br />
Star Dawn Devonport werfen ihn zurück<br />
auf den e<strong>in</strong>en grossen Schicksalsschlag,<br />
der se<strong>in</strong> Leben und das se<strong>in</strong>er Frau Lydia<br />
überschattet: Se<strong>in</strong>e Tochter Cass war seit<br />
ihrer K<strong>in</strong>dheit psychisch krank und hatte<br />
s<strong>ich</strong> als junge Frau – trotz allem unerwartet<br />
– ohne Abschied das Leben genommen.<br />
«Ich glaube, Cass’ Tod hat uns und unserem<br />
Zusammenleben e<strong>in</strong>e falsche Last,<br />
e<strong>in</strong>e falsche Ernsthaftigkeit auferlegt. Es<br />
war, als hätte unsere Tochter uns durch ihr<br />
Fortgehen irgendwie e<strong>in</strong>e grosse Aufgabe<br />
h<strong>in</strong>terlassen, die über unsere Kräfte g<strong>in</strong>g.<strong>»</strong><br />
Als Dawn Devonport e<strong>in</strong>en Suizidversuch<br />
unternimmt, fühlt s<strong>ich</strong> das für Cleave an,<br />
als würde er «beim Schlafittchen gepackt<br />
und umstandslos an e<strong>in</strong>en seltsamen Ort<br />
befördert. Allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>en Ort, den <strong>ich</strong> nur<br />
allzu gut kannte und von dem <strong>ich</strong> eigentl<strong>ich</strong><br />
geglaubt hatte, dass <strong>ich</strong> ihn nie mehr<br />
wieder würde betreten müssen; e<strong>in</strong>en<br />
furchtbaren Ort.<strong>»</strong> Vergangenheit und Gegenwart<br />
lassen uns unbekannte Zusammenhänge<br />
vermuten, doch der Autor löst<br />
nur wenige davon auf. Es geht ihm n<strong>ich</strong>t<br />
um den effektvollen Plot – den hebt er s<strong>ich</strong><br />
für die Thriller auf, die er unter dem Pseudonym<br />
Benjam<strong>in</strong> Black schreibt.<br />
Geeignet für alle, die: ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fachen<br />
Antworten erwarten und e<strong>in</strong>e re<strong>ich</strong>e Sprache<br />
geniessen.<br />
Benjam<strong>in</strong> Gygax<br />
Im L<strong>ich</strong>te der Vergangenheit<br />
John Banville<br />
336 Seiten<br />
CHF 29.90<br />
Kiepenheuer & Witsch<br />
Zwiel<strong>ich</strong>tige Geschäfte im<br />
düsteren Schwarzwald<br />
Matthias Nawrats zweiter Roman «Unternehmer<strong>»</strong><br />
dreht s<strong>ich</strong> um e<strong>in</strong> Familienunternehmen<br />
der besonderen Art: Der Vater, die<br />
14-jährige Lipa und ihr kle<strong>in</strong>er, e<strong>in</strong>armiger<br />
Bruder Berti verdienen ihr Geld damit, aus<br />
leerstehenden Fabriken mechanische Teile<br />
zu entwenden. Von diesen Fabriken sche<strong>in</strong>t<br />
es dort, wo der Roman spielt, genügend zu<br />
geben – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er düsteren, fast <strong>schon</strong> postapokalyptischen<br />
Version des Schwarzwalds.<br />
Das «Klimpergeld<strong>»</strong> fliesst. Doch<br />
dann erwächst dem kle<strong>in</strong>en Familienunternehmen<br />
Konkurrenz, die Preise s<strong>in</strong>ken,<br />
und nur der «grösste Spezialtag von allen<strong>»</strong><br />
– e<strong>in</strong> extrem riskanter Beutezug – kann<br />
den grossen Traum e<strong>in</strong>er Auswanderung<br />
nach Neuseeland noch retten.<br />
Lipa hat andere Träume als die Auswanderung.<br />
Anfangs drehen s<strong>ich</strong> diese noch um<br />
den schönen Pius, doch bald <strong>schon</strong> tauscht<br />
sie mit dessen Kumpel, dem langen Nasen-<br />
Timo, erste schüchterne Küsse aus. Das<br />
junge Glück wird auf die Probe gestellt, als<br />
Timo mit Lipa flüchten will. E<strong>in</strong> altes, zerfleddertes<br />
Buch lässt den Jungen glauben,<br />
der Schwarzwald sei noch lebensfe<strong>in</strong>dl<strong>ich</strong>er,<br />
als er <strong>schon</strong> ist, und die Flucht bleibe<br />
als e<strong>in</strong>ziger Ausweg.<br />
Wer erwartet, diese junge Liebe als emotionsgeladenen<br />
Bildersturm geschildert zu<br />
bekommen, wird enttäuscht. Statt als<br />
überwältigendes Gefühlswirrwarr beschreibt<br />
Nawrat die <strong>in</strong>timen Momente von<br />
Lipa und Timo als nüchterne Alltagshandlungen.<br />
Diese Nüchternheit <strong>in</strong> der Sprache<br />
zieht s<strong>ich</strong> durchs ganze Buch und hat ihre<br />
Logik – jene des Unternehmertums, <strong>in</strong> dem<br />
der Vater se<strong>in</strong>e zwei K<strong>in</strong>der gefangen hält.<br />
«Die Familie ist e<strong>in</strong>e Kapitalgesellschaft,<br />
hat Vater mir e<strong>in</strong>mal erklärt<strong>»</strong>, bemerkt<br />
Lipa gegen Ende des Buchs. Und so kann<br />
man diesen Roman auch als e<strong>in</strong>e Parodie<br />
auf eben dieses Unternehmertum lesen –<br />
e<strong>in</strong> Unternehmertum, dem die Familie<br />
selbst ihre Gesundheit unterordnet.<br />
Wie absurd die vom Vater aufgebaute Realität<br />
ist, zeigt s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> den Beschreibungen<br />
von Lipa, die als Ich-Erzähler<strong>in</strong> auftritt. Oft<br />
fragt man s<strong>ich</strong> als Leser<strong>in</strong> oder Leser, <strong>was</strong><br />
der spätk<strong>in</strong>dl<strong>ich</strong>en Fantasie der Teenager<strong>in</strong><br />
entspr<strong>in</strong>gt – und <strong>was</strong> wirkl<strong>ich</strong> ist. Das<br />
wirkt zuweilen et<strong>was</strong> verwirrend, macht<br />
aber letztl<strong>ich</strong> auch den Reiz dieses Romans<br />
aus.<br />
Geeignet für alle, die: e<strong>in</strong>en verstörenden<br />
Blick auf e<strong>in</strong>e düster verzerrte Realität<br />
werfen möchten.<br />
Thomas Mäder<br />
Unternehmer<br />
Matthias Nawrat<br />
144 Seiten<br />
CHF 25.90<br />
Rowohlt<br />
Books<br />
Spezial<br />
Reiseführer für den<br />
Städtetrip<br />
Für jede Stadt die r<strong>ich</strong>tigen Tipps<br />
Städtereisen s<strong>in</strong>d beliebter denn je. Und damit niemand se<strong>in</strong>e Reise<br />
ahnungslos und unvorbereitet antreten muss, gibt es für fast jede beliebige<br />
Dest<strong>in</strong>ation mittlerweile e<strong>in</strong>e Vielzahl von Städtereiseführern.<br />
Die e<strong>in</strong>en vere<strong>in</strong>en auf klassische Weise allerhand Informationen und<br />
Tipps, andere wiederum verfolgen orig<strong>in</strong>ellere – zuweilen aber n<strong>ich</strong>t<br />
unbed<strong>in</strong>gt praktischere – Ansätze.
24 | Spezial – Städtereisen Books Nr. 1/2014 Spezial – gesch<strong>ich</strong>te | 25<br />
Direkt am Puls<br />
der Stadt.<br />
Man sieht nur, <strong>was</strong> man weiß.<br />
Amsterdam Mit Cityplan<br />
Athen Mit Cityplan<br />
Barcelona Mit Cityplan<br />
Berl<strong>in</strong> Mit Cityplan<br />
Brüssel Mit Cityplan<br />
Budapest Mit Cityplan<br />
Dresden Mit Cityplan<br />
Dubl<strong>in</strong> Mit Cityplan<br />
Florenz Mit Cityplan<br />
Hamburg Mit Cityplan<br />
Istanbul Mit Cityplan<br />
London Mit Cityplan<br />
Madrid Mit Cityplan<br />
München Mit Cityplan<br />
New York Mit Cityplan<br />
Paris Mit Cityplan<br />
Prag Mit Cityplan<br />
Stockholm Mit Cityplan<br />
Sydney Mit Cityplan<br />
Venedig Mit Cityplan<br />
Wien Mit Cityplan<br />
Stadtluft macht Spass<br />
Jede Stadt hat ihre ganz besondere Atmosphäre. Heute kann man<br />
diese während e<strong>in</strong>es Wochenendtrips erleben. Es ist allerd<strong>in</strong>gs<br />
noch gar n<strong>ich</strong>t lange her, dass die berühmten Städte der Welt für<br />
die meisten Menschen unerre<strong>ich</strong>bar blieben.<br />
Erik Brühlmann<br />
Herbert Grönemeyer lobte «Bochum<strong>»</strong> <strong>in</strong><br />
den höchsten Tönen, Frank S<strong>in</strong>atra widmete<br />
«New York, New York<strong>»</strong> e<strong>in</strong>e unvergessl<strong>ich</strong>e<br />
Hymne, und die britischen Punks<br />
«The Clash<strong>»</strong> hörten «London Call<strong>in</strong>g<strong>»</strong>:<br />
Städte üben <strong>schon</strong> seit je e<strong>in</strong>e Fasz<strong>in</strong>ation<br />
auf die Menschen aus. Sie s<strong>in</strong>d Zentren der<br />
Macht, der Kultur und des Gelds – ke<strong>in</strong><br />
Wunder also, dass frühe «Städtereisen<strong>»</strong> oft<br />
die Gestalt von Feldzügen hatten, bei denen<br />
man n<strong>ich</strong>t <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em 5-Sterne-Hotel,<br />
sondern im Biwak vor den Stadtmauern<br />
wohnte.<br />
Götter, Spiel und Spass<br />
Natürl<strong>ich</strong> gab es <strong>schon</strong> früh Städtereisen<br />
mit weniger martialischer Motivation.<br />
Wallfahrten zu den Tempeln der Götter, die<br />
s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> den grossen Städten befanden, wurden<br />
bereits im alten Ägypten, im antiken<br />
Griechenland und Rom unternommen.<br />
Aber auch Sportveranstaltungen wie die<br />
Olympischen Spiele zogen Städtereisende<br />
an. Selbstredend waren es vor allem die<br />
wohlhabenden Bürger, die s<strong>ich</strong> solche Vergnügungsreisen<br />
zu Pferd oder gar mit e<strong>in</strong>em<br />
Gespann leisten konnten. Dabei entwickelten<br />
s<strong>ich</strong> besonders günstig und<br />
malerisch gelegene Städte wie zum Beispiel<br />
Pompeji zu regelrechten Treffpunkten der<br />
Re<strong>ich</strong>en und Schönen: Das lokale Amphitheater<br />
fasste bis zu 20‘000 Zuschauer, und<br />
fast an jeder Ecke fanden s<strong>ich</strong> Tavernen,<br />
Herbergen, Imbissstände und Bordelle.<br />
Mittelalterl<strong>ich</strong>e Reisepause<br />
Der Untergang des römischen Re<strong>ich</strong>s legte<br />
auch den frühen touristischen Reiseverkehr<br />
lahm, denn das bestens ausgebaute<br />
Strassensystem <strong>in</strong> Westeuropa zerfiel. Bis<br />
<strong>in</strong>s Mittelalter h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> blieb Reisen e<strong>in</strong> Privileg<br />
der Re<strong>ich</strong>en, und wer s<strong>ich</strong> die Mühe<br />
machte, nach Venedig, Rom oder Wien zu<br />
reisen, befand s<strong>ich</strong> meist auf religiöser, politischer<br />
oder geschäftl<strong>ich</strong>er Mission – oder<br />
auf e<strong>in</strong>er Bildungsreise. So wurde es im<br />
Spätmittelalter bei Intellektuellen und<br />
Künstlern beispielsweise zur Tradition, die<br />
antiken Stätten <strong>in</strong> Italien zu besuchen. Daraus<br />
entwickelte s<strong>ich</strong> ab dem 17. Jahrhundert<br />
bei den Adligen die so genannte Grand<br />
Tour: e<strong>in</strong> Initiationsritus, der den jungen<br />
Adligen den letzten Schliff geben sollte. Auf<br />
dem Programm standen Wien, Paris, Rom,<br />
Florenz, Neapel, Berl<strong>in</strong>, Weimar und Rotterdam<br />
– Städte mit kultureller, architektonischer<br />
oder <strong>in</strong>tellektueller Tradition.<br />
Raus aus der Stadt!<br />
Interessanterweise waren Städtereisen so<br />
ungefähr das Letzte, <strong>was</strong> die Begründer<br />
der modernen Tourismusbewegung im<br />
S<strong>in</strong>n hatten. Ziel der Touristen des späten<br />
18. und frühen 19. Jahrhunderts war es<br />
näml<strong>ich</strong>, eben diesen Städten und ihrer nie<br />
versiegenden Geschäftigkeit zu entfliehen<br />
und die Stille der Natur zu geniessen. Erst<br />
als das Reisen auch für geme<strong>in</strong>e Bürger<br />
erschw<strong>in</strong>gl<strong>ich</strong> wurde, wurden Städte als<br />
Ziele für Vergnügungsreisen wieder beliebt.<br />
Endl<strong>ich</strong> wurde es mögl<strong>ich</strong>, das Flair<br />
und das pulsierende Leben der Städte, von<br />
denen man sonst nur hörte oder las, am<br />
eigenen Leib zu erfahren!<br />
Zeigen, wo’s langgeht<br />
Da kam es den Reisenden wie gerufen,<br />
dass e<strong>in</strong> Buchhändler namens Karl Baedeker<br />
1835 die Gesch<strong>ich</strong>te der Reiseführer<br />
begründete. Die «Rhe<strong>in</strong>reise von Ma<strong>in</strong>z bis<br />
Cöln<strong>»</strong> wurde e<strong>in</strong> so grosser Erfolg, dass<br />
bald darauf e<strong>in</strong>e Moselreise und weitere<br />
Führer durch Holland, Belgien, Österre<strong>ich</strong><br />
und die Schweiz folgten. Pünktl<strong>ich</strong> zur<br />
Weltausstellung 1855 zeigte Karl Baedeker<br />
den Reisenden auch, wo es <strong>in</strong> Paris langgeht<br />
und <strong>was</strong> man gesehen haben muss.<br />
Beliebt waren die Baedeker-Führer vor allem<br />
wegen ihrer Präzision: Die Treppen<br />
zum Turm des Mailänder Doms soll Baedeker<br />
mithilfe von Erbsen gezählt haben. Auf<br />
dem Weg nach oben wanderte pro Stufe<br />
e<strong>in</strong>e Erbse von der Westentasche <strong>in</strong> die Hosentasche;<br />
auf dem Weg nach unten verlief<br />
die Gegenprobe <strong>in</strong> umgekehrter R<strong>ich</strong>tung.<br />
Nebenbei geschrieben<br />
Die Ära der modernen Reiseführer begann<br />
<strong>in</strong> den 1970er-<strong>Jahren</strong>, als erkundungsfreudige<br />
«Hippies<strong>»</strong> e<strong>in</strong>fach ihren Krempel<br />
zusammenpackten und s<strong>ich</strong> aufmachten,<br />
die Welt zu bereisen. Manch e<strong>in</strong>er wurde<br />
auf diese Weise nebenbei zum Reisebuchautor.<br />
Die beliebte Reihe «Lonely Planet<strong>»</strong><br />
entstand beispielsweise, als Tony und<br />
Maureen Wheeler <strong>in</strong> den Flitterwochen mit<br />
dem Rucksack durch Afghanistan, Indien,<br />
Ostasien und Australien trampten. Als ihnen<br />
das Geld ausg<strong>in</strong>g, schrieben sie ihre<br />
Reiseerlebnisse <strong>in</strong> Buchform nieder und<br />
re<strong>ich</strong>erten sie mit Tipps für junge Rucksacktouristen<br />
an. Das Buch verkaufte s<strong>ich</strong><br />
so gut, dass s<strong>ich</strong> das Paar weitere Reisen<br />
damit f<strong>in</strong>anzieren konnte.<br />
Alles an e<strong>in</strong>em Ort<br />
Heutzutage s<strong>in</strong>d längere und kürzere Trips<br />
nach London, Paris oder Madrid <strong>schon</strong> fast<br />
alltägl<strong>ich</strong>. Die Gründe dafür liegen auf der<br />
Hand: Städte s<strong>in</strong>d zumeist schnell und e<strong>in</strong>fach<br />
zu erre<strong>ich</strong>en; e<strong>in</strong>e Unterkunft f<strong>in</strong>det<br />
s<strong>ich</strong> le<strong>ich</strong>t; kulturelle Attraktionen wie Museen,<br />
berühmte Gebäude und Monumente<br />
liegen d<strong>ich</strong>t beie<strong>in</strong>ander; Veranstaltungen<br />
aller Art können quasi an jeder Ecke besucht<br />
werden. Alles ist <strong>in</strong> ungezählten Reiseführern<br />
m<strong>in</strong>utiös beschrieben, sodass<br />
s<strong>ich</strong> langwierige Reiserecherchen im Vorfeld<br />
mittlerweile eigentl<strong>ich</strong> erübrigen. Was<br />
liegt also näher, als die berühmte Wiener<br />
Kaffeehauskultur kennenzulernen, <strong>in</strong> Barcelona<br />
e<strong>in</strong> Fussballspiel zu besuchen oder<br />
s<strong>ich</strong> im Kolosseum <strong>in</strong> Rom vorzustellen,<br />
wie schwer gepanzerte Gladiatoren um<br />
Ehre und Leben kämpften? Schliessl<strong>ich</strong><br />
kann man s<strong>ich</strong> heute e<strong>in</strong>fach <strong>in</strong>s Flugzeug<br />
setzen und muss n<strong>ich</strong>t erst e<strong>in</strong>e wochenlange<br />
Anreise zu Pferd auf s<strong>ich</strong> nehmen!<br />
WELTWEIT Beliebteste<br />
Städtedest<strong>in</strong>ationen 2013<br />
1. Bangkok 11. Seoul<br />
2. London 12. Mailand<br />
3. Paris 13. Rom<br />
4. S<strong>in</strong>gapur 14. Shanghai<br />
5. New York 15. Amsterdam<br />
6. Istanbul 16. Tokyo<br />
7. Dubai 17. Wien<br />
8. Kuala Lumpur 18. Taipei<br />
9. Hongkong 19. Riad<br />
10. Barcelona 20. Los Angeles<br />
Quelle: MasterCard Global Dest<strong>in</strong>ation<br />
Cities 2013 Index
26 | Spezial – überblick Books Nr. 1/2014<br />
REISEN MIT GUTEM<br />
BAUCHGEFÜHL<br />
mit der erfolgre<strong>ich</strong>sten Reiseführer-Reihe der Welt.<br />
3 31<br />
von<br />
ISBN 978-3-7342-0002-1<br />
Der erste Reiseführer<br />
mit<br />
M<strong>in</strong>i-Kochbuch!<br />
neuen Vis-à-Vis-<br />
Reiseführern<br />
Schön anzusehen –<br />
klares, übers<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong>es<br />
und zeitgemäßes Design<br />
Urlaub erleben –<br />
mehr Tages- und Thementouren,<br />
neue Hotel- und Restaurantlisten<br />
Detaillierte Informationen zu den Vis-à-Vis-Reiseführern<br />
f<strong>in</strong>den Sie auf www.dorl<strong>in</strong>gk<strong>in</strong>dersley.de<br />
oder auf www.facebook.com/visavis.reisen.<br />
ISBN 978-3-7342-0011-3<br />
ISBN 978-3-7342-0001-4<br />
M<strong>in</strong>d the Gap!<br />
London ist noch immer die beliebteste Dest<strong>in</strong>ation für Städtereisende<br />
<strong>in</strong> Europa. Grund genug, <strong>in</strong> der Orell-Füssli-Filiale Kramhof <strong>in</strong><br />
Zür<strong>ich</strong> zu überprüfen, ob die Reiseführer für London ebenso vielfältig<br />
s<strong>in</strong>d wie die Metropole selbst.<br />
Erik Brühlmann<br />
Im Vergle<strong>ich</strong> mit Schweizer Städten ist<br />
London e<strong>in</strong>e Mega-City: Knapp 8,5 Millionen<br />
Menschen leben auf 1572 Quadratkilometern<br />
<strong>in</strong> 33 Stadtbezirken – also etwa<br />
so viele Menschen wie <strong>in</strong> der ganzen<br />
Schweiz. Wer diesen Moloch als Tourist erkunden<br />
und dabei mehr als nur die übl<strong>ich</strong>en<br />
Sehenswürdigkeiten erleben will, tut<br />
gut daran, e<strong>in</strong>en Blick <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en der vielen<br />
Stadtereiseführer auf dem Markt zu werfen.<br />
Die Klassiker<br />
Umfangre<strong>ich</strong> präsentiert s<strong>ich</strong> «London<strong>»</strong><br />
von Lonely Planet, e<strong>in</strong> Klassiker unter den<br />
Stadtereiseführern. Neben den übl<strong>ich</strong>en Informationen<br />
über die Stadt und deren Bewohner,<br />
Karten, e<strong>in</strong>em U-Bahn-Plan und<br />
den w<strong>ich</strong>tigsten Adressen und Tipps für den<br />
London-Aufenthalt bietet das Buch noch e<strong>in</strong>ige<br />
spezielle Kapitel. Die «Top 16<strong>»</strong> listen<br />
kompakt die <strong>in</strong>teressantesten Sehenswürdigkeiten<br />
auf, «Gut zu wissen<strong>»</strong> hilft bei der<br />
Reisevorbereitung. Der zweite Klassiker,<br />
der hier natürl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t fehlen darf, ist der<br />
Baedeker-Reiseführer «London<strong>»</strong>. In bewährter<br />
Tradition und Qualität s<strong>in</strong>d hier<br />
alle wissenswerten Informationen für<br />
Hauptstadttouristen vere<strong>in</strong>t, angere<strong>ich</strong>ert<br />
mit Bildern, Übers<strong>ich</strong>tskarten und e<strong>in</strong>em<br />
Stadtplan. Für welchen Klassiker man s<strong>ich</strong><br />
entscheidet, ist letztl<strong>ich</strong> Geschmacksache.<br />
London für Sparfüchse<br />
Die englische Hauptstadt ist e<strong>in</strong> teures<br />
Pflaster. Allerd<strong>in</strong>gs lässt s<strong>ich</strong> die Stadt an<br />
der Themse auch mit wenig Geld erkunden.<br />
Wie das geht, zeigt «London<strong>»</strong> aus der Low-<br />
Budget-Reihe von Marco Polo. Das Büchle<strong>in</strong><br />
mit City-Atlas passt <strong>in</strong> jeden Rucksack<br />
und verrät, wie und wo man als Tourist Geld<br />
sparen kann. Aufgelistet werden Museen<br />
mit freiem E<strong>in</strong>tritt, Adressen für gutes und<br />
günstiges Essen und Schlafen, Bezugsmögl<strong>ich</strong>keiten<br />
für Rabattgutsche<strong>in</strong>e und spezielle<br />
Aktionen wie zum Beispiel die Gratisführungen<br />
der Tate Modern zwischen 11 und<br />
15 Uhr. Zudem zeigt der Reiseführer auch<br />
Mögl<strong>ich</strong>keiten, die teuren Sehenswürdigkeiten<br />
auf e<strong>in</strong>e günstigere Art zu erleben.<br />
London für Fussgänger<br />
In der Themsestadt s<strong>in</strong>d die Distanzen riesig.<br />
Deshalb bewegt man s<strong>ich</strong> bevorzugt<br />
mit der U-Bahn, dem Taxi oder mit dem<br />
Bus von A nach B. Schade eigentl<strong>ich</strong>, denn<br />
auch zu Fuss lässt s<strong>ich</strong> die Stadt wunderbar<br />
erleben. Ganze 30 Stadtwandertouren<br />
s<strong>in</strong>d zum Beispiel <strong>in</strong> «London zu Fuss entdecken<strong>»</strong><br />
zusammengestellt. Zu jeder Tour<br />
gibt es den entsprechenden Kartenausschnitt<br />
mit e<strong>in</strong>geze<strong>ich</strong>neter Route, e<strong>in</strong>e genaue<br />
Wegbeze<strong>ich</strong>nung und e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum<br />
an <strong>in</strong>teressanten Fakten zu den e<strong>in</strong>zelnen<br />
Wegpunkten.<br />
London für Insider<br />
Sie haben den Big Ben <strong>schon</strong> läuten gehört,<br />
s<strong>in</strong>d bei Madame Tussaud’s stundenlang <strong>in</strong><br />
der Schlange gestanden und kennen selbst<br />
die letzte Schraube der «HMS Belfast<strong>»</strong>?<br />
Dann wird es Zeit für Insider-Tipps! Über<br />
hundert touristisch selten erforschte Örtl<strong>ich</strong>keiten<br />
hält «111 Orte <strong>in</strong> London, die<br />
man gesehen haben muss<strong>»</strong> von John Sykes<br />
parat. Auf jeweils e<strong>in</strong>er Doppelseite<br />
werden hier Orte vorgestellt, die selbst erfahrene<br />
London-Fans vielle<strong>ich</strong>t noch nie<br />
gesehen haben: von der Apothecaries’ Hall<br />
über den ehemaligen Armen- und Prostituierten-Friedhof<br />
Crossbones Graveyard<br />
und den legendären London Stone bis zum<br />
Pub «Ye Olde Mitre<strong>»</strong>.<br />
London für Städteführermuffel<br />
Es soll ja Touristen geben, die mit Städteführern<br />
n<strong>ich</strong>ts anfangen können. Denen<br />
seien zwei Bücher aus dem re<strong>ich</strong>haltigen<br />
London-Angebot ans Herz gelegt: «Gebrauchsanweisung<br />
für London<strong>»</strong> von Roland<br />
Reng erkundet die Stadt über viele<br />
kle<strong>in</strong>e Gesch<strong>ich</strong>ten. Reiseführertypische<br />
Karten, Infoboxen und Checklisten sucht<br />
man hier vergebl<strong>ich</strong>. Im Vordergrund steht<br />
der Lesespass. Und ganz nebenbei erfährt<br />
man, wie die pulsierende Stadt und ihre<br />
Bewohner ticken und wo man vielle<strong>ich</strong>t<br />
beim nächsten Besuch e<strong>in</strong>mal vorbeischauen<br />
sollte. E<strong>in</strong>en ganz ähnl<strong>ich</strong>en Ansatz<br />
verfolgt Gerhard Elfers mit «111<br />
Spezial – london | 27<br />
Gründe, London zu lieben<strong>»</strong>. Se<strong>in</strong>e 111<br />
Kurzgesch<strong>ich</strong>ten s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Liebeserklärung<br />
an die Themsestadt und enthalten<br />
e<strong>in</strong>e ganze Menge nützl<strong>ich</strong>er Informationen.<br />
Nur s<strong>in</strong>d diese eben n<strong>ich</strong>t übers<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong><br />
und praktisch <strong>in</strong> Listen verpackt, sodass<br />
das Buch wohl eher et<strong>was</strong> für Fans als<br />
für Wochenendreisende ist.<br />
London<br />
Damian Harper<br />
495 Seiten<br />
CHF 34.90<br />
Lonely Planet<br />
London<br />
Ra<strong>in</strong>er Eisenschmid<br />
392 Seiten<br />
CHF 37.90<br />
Baedeker<br />
London<br />
Kathleen Becker<br />
159 Seiten<br />
CHF 14.90<br />
Marco Polo<br />
London zu Fuss<br />
entdecken<br />
Joseph<strong>in</strong>e Grever<br />
159 Seiten<br />
CHF 17.90<br />
Polyglott<br />
111 Orte <strong>in</strong> London,<br />
die man gesehen<br />
haben muss<br />
John Sykes<br />
230 Seiten<br />
CHF 22.90<br />
Emons<br />
Gebrauchsanweisung<br />
für London<br />
Roland Reng<br />
208 Seiten<br />
CHF 24.90<br />
Piper<br />
111 Gründe, London<br />
zu lieben<br />
Gerhard Elfers<br />
344 Seiten<br />
CHF 15.90<br />
Schwarzkopf &<br />
Schwarzkopf
28 | Spezial – Interview Books Nr. 1/2014<br />
«Essen ist das w<strong>ich</strong>tigste<br />
Ferienerlebnis!<strong>»</strong><br />
Doris Giesemann ist Vertriebs- und Market<strong>in</strong>gleiter<strong>in</strong> bei Dorl<strong>in</strong>g<br />
K<strong>in</strong>dersley. Der Verlag veröffentl<strong>ich</strong>t die weltweit erfolgre<strong>ich</strong>ste Reiseführer-Reihe<br />
«Vis-à-Vis<strong>»</strong>, die es seit genau 20 <strong>Jahren</strong> gibt. Sie will<br />
n<strong>ich</strong>t nur <strong>in</strong> Städte und Länder, sondern auch an den Herd locken.<br />
Thomas Mäder<br />
«Books<strong>»</strong>: Woh<strong>in</strong> führte Sie Ihre letzte<br />
Städtereise?<br />
Doris Giesemann: Als <strong>ich</strong> im letzten<br />
Frühl<strong>in</strong>g berufl<strong>ich</strong> <strong>in</strong> London war, konnte<br />
<strong>ich</strong> den Anlass nutzen, und mir an e<strong>in</strong>em<br />
verlängerten Wochenende endl<strong>ich</strong> wieder<br />
e<strong>in</strong>mal die Stadt anschauen. Londons<br />
Pracht fasz<strong>in</strong>iert m<strong>ich</strong> immer wieder.<br />
Trotz der Grösse kann man viel zu Fuss<br />
unternehmen. E<strong>in</strong> Geheimtipp für Spaziergänger<br />
ist zum Beispiel e<strong>in</strong> Spaziergang<br />
von Little Venice den Regent Canal<br />
entlang bis <strong>in</strong>s Punkerviertel Camden.<br />
Solchen Entdeckungstouren wurde <strong>in</strong><br />
der Neuauflage der Vis-à-Vis-Reiseführer<br />
mehr Platz e<strong>in</strong>geräumt ...<br />
Wir wollten unsere Reiseführer noch e<strong>in</strong>mal<br />
rundum erneuern und natürl<strong>ich</strong> auch<br />
verbessern – und darum haben vermehrt<br />
auch besondere Themen e<strong>in</strong>en Platz im<br />
Buch: Genuss- und Kulturtouren oder<br />
Tipps für Familien. Um e<strong>in</strong> wenig Platz zu<br />
sparen, haben wir gle<strong>ich</strong>zeitig die Menge<br />
der Hotelempfehlungen et<strong>was</strong> reduziert.<br />
Ist das ke<strong>in</strong> Verlust?<br />
Mittlerweile <strong>in</strong>formieren s<strong>ich</strong> die meisten<br />
Leute im Internet über Hotels. Auch <strong>ich</strong><br />
hatte me<strong>in</strong> Hotel <strong>in</strong> London übers Internet<br />
gesucht und gebucht. Wir haben unsere<br />
Hotelempfehlungen daher qualitativ<br />
verändert: Sie s<strong>in</strong>d persönl<strong>ich</strong>er abgefasst<br />
und bieten Zusatz<strong>in</strong>formationen, wie man<br />
beispielsweise als Rollstuhlfahrer das<br />
beste Hotel f<strong>in</strong>det. Zudem haben wir die<br />
Tipps für Restaurants und Bars ausgebaut<br />
und ebenfalls attraktiver gestaltet.<br />
Die auffälligste Neuerung ist, dass den<br />
Reiseführern e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Kochbuch mit<br />
regionalen Spezialitäten beiliegt. Wie<br />
ist diese Idee entstanden?<br />
Aufgrund e<strong>in</strong>es logischen Prozesses –<br />
denn unser Verlag ist ja n<strong>ich</strong>t nur mit<br />
Reiseführern, sondern auch mit Kochbüchern<br />
sehr erfolgre<strong>ich</strong>. Analysen aus der<br />
Tourismusbranche zeigen, dass das Essen<br />
für viele Reisende das w<strong>ich</strong>tigste Erlebnis<br />
<strong>in</strong> den Ferien ist – noch vor der Kultur.<br />
Daher dachten wir uns: Das müssen wir<br />
verb<strong>in</strong>den. Viele holen s<strong>ich</strong> später gern<br />
die Ferien noch e<strong>in</strong>mal kul<strong>in</strong>arisch nach<br />
Hause – oder wollen s<strong>ich</strong> mit e<strong>in</strong>em typischen<br />
Essen <strong>schon</strong> e<strong>in</strong>mal aufs Reiseziel<br />
e<strong>in</strong>stimmen. Und das können die Leser<strong>in</strong>nen<br />
und Leser der Vis-à-Vis-Bände nun<br />
bequem tun.<br />
Geht es eher um die besonders typischen<br />
Ger<strong>ich</strong>te – oder um solche, die<br />
auch wirkl<strong>ich</strong> jeder und jede nachkochen<br />
kann?<br />
Wir bieten e<strong>in</strong>e runde Mischung für<br />
Anfänger und Fortgeschrittene. Der Fokus<br />
aber liegt natürl<strong>ich</strong> auf besonders typischen<br />
Ger<strong>ich</strong>ten, das ist ja das Konzept<br />
des M<strong>in</strong>i-Kochbuchs.<br />
Rezepte haben den Vorteil, dass sie<br />
stets aktuell bleiben. Das ist bei vielen<br />
Angaben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Städtereiseführer<br />
anders. Hat man da gegen die Konkurrenz<br />
aus dem Internet überhaupt noch<br />
e<strong>in</strong>e Chance?<br />
Ja, und das belegen auch die Umsatzzahlen.<br />
Im vergangenen Jahr stiegen die<br />
Umsätze bei gedruckten Reiseführern um<br />
7,5 Prozent.<br />
Worauf führen Sie zurück, dass die<br />
gedruckten Reiseführer vom Internet<br />
n<strong>ich</strong>t verdrängt werden?<br />
Im Internet muss man s<strong>ich</strong> erst alle<br />
Informationen mühsam zusammensuchen,<br />
man wird regelrecht von Tipps<br />
überschwemmt, alles braucht viel Zeit<br />
– und dann hat man noch n<strong>ich</strong>t e<strong>in</strong>mal<br />
e<strong>in</strong>e Garantie für die Qualität der Tipps<br />
oder Bewertungen. Bei e<strong>in</strong>em Reiseführer<br />
hat <strong>schon</strong> jemand e<strong>in</strong>e Filterung<br />
vorgenommen und man erhält geprüfte<br />
Informationen. Der gedruckte Reiseführer<br />
führt durch die Reise, nimmt e<strong>in</strong>en an die<br />
Hand und strukturiert. Das wollen viele<br />
Reisende.<br />
E<strong>in</strong>e Reiseführer-App hat diese Nachteile<br />
n<strong>ich</strong>t ...<br />
R<strong>ich</strong>tig. Dennoch führen App- und E-<br />
Book-Produkte nach wie vor e<strong>in</strong> Nischendase<strong>in</strong>.<br />
Womögl<strong>ich</strong> ändert s<strong>ich</strong> das<br />
aber noch: Die Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen<br />
unseres Mutterhauses <strong>in</strong> London witzeln<br />
immer, sie würden deutschsprachige<br />
Touristen daran erkennen, dass diese<br />
noch mit e<strong>in</strong>em Stadtplan nach ihrem Ziel<br />
suchten. Die Engländer zücken da eher<br />
das Smartphone oder das Tablet. Aber<br />
das s<strong>in</strong>d vielle<strong>ich</strong>t auch e<strong>in</strong>fach kulturelle<br />
Unterschiede im Umgang mit der Technik.<br />
Aber bezügl<strong>ich</strong> Aktualität kann e<strong>in</strong><br />
Buch wohl kaum mit dem Internet mithalten<br />
...?<br />
Das stimmt. Wir veröffentl<strong>ich</strong>en etwa alle<br />
e<strong>in</strong>- bis e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb Jahre e<strong>in</strong>e Neuauflage<br />
unserer Städtereiseführer. Das ist natürl<strong>ich</strong><br />
e<strong>in</strong> enormer Aufwand, aber <strong>ich</strong> b<strong>in</strong> immer<br />
wieder überrascht, wie viel nach bloss<br />
e<strong>in</strong>em Jahr wieder geändert werden muss.<br />
Vieles bleibt aber auch unverändert – etwa<br />
die w<strong>ich</strong>tigsten Sehenswürdigkeiten.<br />
Mit welchem Städtereiseführer planen<br />
Sie Ihre nächste Reise?<br />
Mit dem neu aufgelegten Barcelona-Reiseführer.<br />
In diese Stadt will <strong>ich</strong> unbed<strong>in</strong>gt!<br />
«Vis-à-Vis<strong>»</strong> ist mit rund 40 Millionen<br />
verkauften Exemplaren die weltweit<br />
erfolgre<strong>ich</strong>ste Reiseführer-Reihe. Zum<br />
20-Jahr-Jubiläum der Reihe wird sie neu<br />
lanciert. Neu liegt allen Reiseführern e<strong>in</strong><br />
M<strong>in</strong>i-Kochbuch bei, ausserdem wurde den<br />
Tages- und Thementouren mehr Platz<br />
e<strong>in</strong>geräumt und das Layout aufgefrischt.<br />
Doris Giesemann von Dorl<strong>in</strong>g K<strong>in</strong>dersley:<br />
«Bei e<strong>in</strong>em gedruckten Reiseführer hat<br />
<strong>schon</strong> jemand e<strong>in</strong>e Filterung aller Informationen<br />
vorgenommen.<strong>»</strong><br />
© swiss-image.ch<br />
NEU<br />
Wanderkarten mit<br />
Tourenvorschlägen<br />
3 <strong>in</strong> 1 – Karte,<br />
Tourenführer und Fotos<br />
E<strong>in</strong> neuartiges Produkt<br />
E<strong>in</strong>e Wanderkarte im Massstab 1: 50 000 mit 33 Wandertouren<br />
Diese neuen Wanderkarten auf <strong>was</strong>ser- und reissfestem Papier präsentieren<br />
attraktive Vorschläge und verschaffen den raschen Überblick über<br />
die geplante Tour. In Zusammenarbeit mit Geo-Tracks haben wir alles<br />
Wissenswerte über die schönsten Wanderregionen der Schweiz <strong>in</strong> diese<br />
Karten e<strong>in</strong>fliessen lassen: W<strong>ich</strong>tige Angaben über Höhenprofile, Zeitangaben<br />
der Wanderung, Restaurants, Autobus und vieles mehr!<br />
Als weiteres Highlight können Sie Ihre Karte kostenlos auf Ihr<br />
Smartphone laden. Durch die GPS-genaue Position <strong>in</strong> der Karte<br />
wissen Sie jederzeit, wo Sie s<strong>ich</strong> genau bef<strong>in</strong>den.<br />
33 Wandertouren mit:<br />
Schwierigkeit der Tour (Wanderwege für Anfänger bis sehr anspruchsvolle<br />
Alp<strong>in</strong>wanderwege); Gesamthärte der Tour (unter Berücks<strong>ich</strong>tigung von Länge,<br />
Höhendifferenz und Schwierigkeit); Tourendistanz; Höhenmeter (Gesamt-<br />
Höhenunterschied der Haupttour); Zeitbedarf; Höchster Punkt.<br />
Nr. 1<br />
Nr. 2<br />
Nr. 3<br />
Nr. 4<br />
Nr. 5<br />
Nr. 6<br />
Nr. 7<br />
Nr. 8<br />
BUCHtipps | 29<br />
Zürcher Oberland<br />
Appenzellerland, Säntis<br />
Heidiland, Flumserberge<br />
Jungfrau Region, Gr<strong>in</strong>delwand<br />
Saanenland, Adelboden-Lenk<br />
Aletsch-Goms, Brig<br />
Oberengad<strong>in</strong>, Bern<strong>in</strong>a<br />
Region Lugano, Mendrisiotto<br />
www.swisstravelcenter.ch
30 | Buchtipps Books Nr. 1/2014 BUCHtipps | 31<br />
ACSI<br />
Internationaler<br />
Camp<strong>in</strong>gführer<br />
Europa 2014<br />
Raymond Maurer<br />
Picknick und<br />
Grill <strong>in</strong> der<br />
Schweiz<br />
Schweiz 2014 –<br />
Offizielle Strassenkarte<br />
Schweiz<br />
Tourismus<br />
Navigator<br />
Europa-Strassenatlas<br />
Arne Dahl<br />
Neid<br />
Deon Meyer<br />
Sieben Tage<br />
Leonardo Padura<br />
Ketzer<br />
Dorothee Elmiger<br />
Schlafgänger<br />
Wer auf jedem Camp<strong>in</strong>gplatz im<br />
Europa-Camp<strong>in</strong>gführer von ACSI e<strong>in</strong>e<br />
Nacht verbr<strong>in</strong>gen wollte, müsste fast<br />
25 Jahre Ferien <strong>mache</strong>n: Das Buch<br />
stellt 8500 Plätze <strong>in</strong> 30 Ländern vor.<br />
Die Porträts s<strong>in</strong>d umfassend und werden<br />
auf aufwändige Weise erstellt:<br />
Über 300 Camp<strong>in</strong>gplatz-Inspektoren<br />
von ACSI durchqueren jedes Jahr<br />
Europa, um die Plätze auf Herz und<br />
Nieren zu prüfen. Entsprechend<br />
aktuell und fundiert s<strong>in</strong>d denn auch<br />
die Informationen. In der diesjährigen<br />
Ausgabe des zweibändigen Werks<br />
neu h<strong>in</strong>zugekommen s<strong>in</strong>d Plätze<br />
<strong>in</strong> Estland, Lettland, Litauen und<br />
Rumänien. E<strong>in</strong>e beigelegte DVD mit<br />
<strong>in</strong>tegriertem Routenplaner, Videos<br />
sowie L<strong>in</strong>ks auf die Websites der<br />
Plätze erle<strong>ich</strong>tert die Vorbereitung auf<br />
den Camp<strong>in</strong>gtrip.<br />
Alle, die lieber Cervelat statt Sushi<br />
essen und die Picknickdecke auf e<strong>in</strong>er<br />
grünen Alpwiese der Tischdecke<br />
<strong>in</strong> der heimischen Stube vorziehen,<br />
werden dieses Buch mit zugehöriger<br />
Faltkarte lieben: Es stellt 120 Picknickund<br />
Grillplätze der Schweiz vor. Da<br />
dürfte für alle Outdoor-Gourmets<br />
et<strong>was</strong> dabei se<strong>in</strong>: für die Liebhaber<br />
des e<strong>in</strong>fachen Picknicks genauso wie<br />
für jene des stilvollen Mahls <strong>in</strong> freier<br />
Natur, für Wanderer wie für Velofahrer,<br />
für Alpenpanorama-Bewunderer<br />
und Seeufer-Romantiker. Damit das<br />
Picknick ganz s<strong>ich</strong>er e<strong>in</strong> Erfolg wird,<br />
gibt’s zusätzl<strong>ich</strong> Tipps zum r<strong>ich</strong>tigen<br />
Feuer<strong>mache</strong>n, viele Rezepte und<br />
sogar e<strong>in</strong>e Entscheidungshilfe bei der<br />
w<strong>ich</strong>tigen Frage: Picknickkorb oder<br />
Picknick-Rucksack?<br />
Dieses Jahr kommt die offizielle<br />
Strassenkarte von Schweiz Tourismus<br />
im digitalen Zeitalter an. Auf der<br />
Karte ist neu e<strong>in</strong> Download-Code<br />
abgedruckt – damit f<strong>in</strong>det sie künftig<br />
n<strong>ich</strong>t nur im Seitenfach der Autotür<br />
Platz, sondern auch auf dem Smartphone.<br />
Die Verb<strong>in</strong>dung von analog<br />
und digital geht aber noch weiter: Mit<br />
dem Smartphone können sogenannte<br />
BeeTaggs gescannt werden, um<br />
Entfernungsangaben zu erhalten.<br />
Dazu kommen Transitpläne, e<strong>in</strong><br />
Orts<strong>in</strong>dex, touristische Informationen<br />
und Angaben zu Sehenswürdigkeiten.<br />
Alle Informationen s<strong>in</strong>d wie gewohnt<br />
aktuell, übers<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> dargestellt<br />
und überzeugen durch die e<strong>in</strong>fache<br />
Handhabung.<br />
«Navi<strong>»</strong> ist die Kurzform von Navigator<br />
und me<strong>in</strong>t heutzutage natürl<strong>ich</strong><br />
e<strong>in</strong> elektronisches Gerät, das e<strong>in</strong>en<br />
ziels<strong>ich</strong>er an den gewünschten Ort<br />
br<strong>in</strong>gt. Dass der klassische Navigator<br />
<strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Strassenatlas’ trotzdem<br />
noch n<strong>ich</strong>t ausgedient hat, beweist die<br />
Neuauflage des Europa-Strassenatlas<br />
von Hallwag. Auf geballten 512 Seiten<br />
bietet das Werk Karten jedes W<strong>in</strong>kels<br />
des Kont<strong>in</strong>ents sowie 59 Stadt- und 30<br />
Transitpläne. Wer die Übers<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong>keit<br />
e<strong>in</strong>er analogen Strassenkarte auch<br />
<strong>in</strong> digitalen Zeiten n<strong>ich</strong>t missen will, ist<br />
mit diesem Referenzwerk also bestens<br />
bedient. Und die digitale Ergänzung<br />
wird auch gle<strong>ich</strong> mitgeliefert – im<br />
Kaufpreis <strong>in</strong>begriffen ist e<strong>in</strong> Code, mit<br />
dem s<strong>ich</strong> die Europa-Strassenkarte<br />
1:800‘000 auf das Smartphone laden<br />
lässt.<br />
E<strong>in</strong>em Professor wird auf offener<br />
Strasse die Kehle durchgeschnitten.<br />
E<strong>in</strong> bl<strong>in</strong>der Bettler flieht mit dem<br />
Smartphone des Wissenschaftlers,<br />
auf dem s<strong>ich</strong> sensible Daten bef<strong>in</strong>den.<br />
Der blutige Mordfall ist von<br />
europäischer Tragweite, und deshalb<br />
wird Paul Hjelm e<strong>in</strong>geschaltet – der<br />
Chef der Europol-Gruppe Opcop.<br />
Se<strong>in</strong>e Ermittlungen führen ihn <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>en Kampf gegen die mächtige<br />
Energie-Lobby. Es ist e<strong>in</strong> Kampf, bei<br />
dem Paul Hjelm alle se<strong>in</strong>e Pr<strong>in</strong>zipien<br />
über Bord werfen muss. Selbst se<strong>in</strong>en<br />
alten Freund Gunnar Nyberg, der<br />
s<strong>ich</strong> längst auf e<strong>in</strong>e griechische Insel<br />
zurückgezogen hatte, muss Hjelm <strong>in</strong><br />
Gefahr br<strong>in</strong>gen.<br />
«Neid<strong>»</strong> ist nach «Zorn<strong>»</strong> und «Gier<strong>»</strong><br />
der dritte Krimi des schwedischen<br />
Romanautors Arne Dahl über die<br />
<strong>in</strong>offizielle Europol-Ermittlergruppe<br />
Opcop und deren Chef Paul Hjelm.<br />
Bennie Griessel muss e<strong>in</strong> Blutbad<br />
verh<strong>in</strong>dern. E<strong>in</strong> mysteriöser Heckenschütze<br />
schiesst <strong>in</strong> Kapstadt e<strong>in</strong>en<br />
Polizisten an und droht damit, jeden<br />
Tag e<strong>in</strong>en weiteren Polizisten <strong>in</strong>s<br />
Visier zu nehmen. Die Attentate<br />
sollen erst dann stoppen, wenn der<br />
Mörder e<strong>in</strong>er jungen Anwält<strong>in</strong> vor<br />
Ger<strong>ich</strong>t gebracht wird. Doch die<br />
Polizei tappt bei diesem Mordfall im<br />
Dunkeln.<br />
Während Bennie Griessel unter<br />
Hochdruck ermittelt, ist auch <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>em Liebesleben e<strong>in</strong>iges <strong>in</strong> Bewegung.<br />
Nachdem die Beziehung zu<br />
se<strong>in</strong>er Frau gescheitert ist, hat er e<strong>in</strong>e<br />
neue Liebe gefunden: zu e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>st<br />
erfolgre<strong>ich</strong>en Sänger<strong>in</strong>, die wie er<br />
dem Alkohol verfallen war und<br />
nun an ihrem Comeback arbeitet.<br />
«Sieben Tage<strong>»</strong> ersche<strong>in</strong>t erstmals als<br />
deutsches Taschenbuch.<br />
Auf e<strong>in</strong>er Auktion <strong>in</strong> London taucht<br />
2007 e<strong>in</strong> bislang unbekanntes Christus-Porträt<br />
von Rembrandt auf. Die<br />
Kunstwelt ist aus dem Häuschen, doch<br />
das Bild wirft viele Fragen auf, etwa<br />
nach dem Eigentümer des Werks.<br />
Mario Conde schaltet s<strong>ich</strong> e<strong>in</strong> – der<br />
Polizist aus dem «Havanna-Quartett<strong>»</strong>,<br />
das den kubanischen Autor Leonardo<br />
Padura weltberühmt machte.<br />
Conde versucht die Geheimnisse des<br />
Gemäldes zu ergründen. Die Spur<br />
führt durch die Jahrhunderte und um<br />
die ganze Welt. Der Polizist stösst auf<br />
die Gesch<strong>ich</strong>te e<strong>in</strong>es jungen Juden, der<br />
e<strong>in</strong>st als Schüler von Rembrandt <strong>in</strong><br />
den Besitz des Bilds gelangte. Und er<br />
erfährt vom Schicksal e<strong>in</strong>er jüdischen<br />
Familie im Zweiten Weltkrieg, die s<strong>ich</strong><br />
mit dem Bild die E<strong>in</strong>reise nach Kuba<br />
s<strong>ich</strong>ern wollte.<br />
Irgendwo tief im europäischen Wald<br />
begegnen sie e<strong>in</strong>ander: Grenzgänger,<br />
Schmuggler<strong>in</strong>nen, Flüchtl<strong>in</strong>ge, Arbeiter<strong>in</strong>nen,<br />
Asylbewerber, Kontrolleure,<br />
Künstler<strong>in</strong>nen, Instrumentalist<strong>in</strong>nen,<br />
Schauspieler, Journalisten, Stipendiaten,<br />
Logistiker, Student<strong>in</strong>nen, Geister.<br />
Sie kommen von überall. Sie alle s<strong>in</strong>d<br />
Stellvertreter unserer Zeit, und sie<br />
führen e<strong>in</strong> Gespräch. Über Herkunft<br />
und Gerechtigkeit, über Körper und<br />
Staat, Import und Export, Heimat und<br />
Migration, über Glück, Musik und den<br />
Tod.<br />
Mit ihrem Debütroman «E<strong>in</strong>ladung an<br />
die Waghalsigen<strong>»</strong> erregte die junge<br />
Schweizer Autor<strong>in</strong> Dorothee Elmiger<br />
2010 grosses Aufsehen. Das Buch<br />
wurde mit zahlre<strong>ich</strong>en Preisen ausgeze<strong>ich</strong>net.<br />
In ihrem neuen Werk leuchtet<br />
Dorothee Elmiger die brisanten Fragen<br />
unserer Gegenwart aus.<br />
1368 Seiten<br />
139 Seiten<br />
512 Seiten<br />
512 Seiten<br />
432 Seiten<br />
656 Seiten<br />
160 Seiten<br />
CHF 39.90<br />
CHF 22.90<br />
CHF 19.90<br />
CHF 29.90<br />
CHF 25.90<br />
CHF 15.90<br />
CHF 36.90<br />
CHF 26.90<br />
Hallwag<br />
Kümmerly+Frey<br />
Hallwag<br />
Hallwag<br />
Piper<br />
Aufbau Verlag<br />
Unionsverlag<br />
DuMont<br />
ISBN 978-3-905755-55-8<br />
ISBN 978-3-259-03723-2<br />
ISBN 978-3-8283-1021-6<br />
ISBN 978-3-8283-0799-5<br />
ISBN 978-3-492-05537-6<br />
ISBN 978-3-7466-3015-1<br />
ISBN 978-3-293-00469-6<br />
ISBN 978-3-8321-9742-1
32 | Kaffeepause Books Nr. 1/2014 Kaffeepause | 33<br />
Der Geschmack der<br />
Sehnsucht<br />
Kim Thúy<br />
160 Seiten<br />
CHF 24.90<br />
Kunstmann<br />
Der Alte, dem Kugeln<br />
n<strong>ich</strong>ts anhaben<br />
konnten<br />
Daniel Friedman<br />
320 Seiten<br />
CHF 26.90<br />
Aufbau<br />
Ewigkeitsfjord<br />
Kim Le<strong>in</strong>e<br />
640 Seiten<br />
CHF 35.90<br />
Hanser<br />
Die Debatte<br />
Was <strong>mache</strong>n Buchhändler <strong>in</strong> der Kaffeepause? Natürl<strong>ich</strong> plaudern<br />
sie über Bücher. Zum Beispiel im Bagels im St. Galler<br />
Rösslitor, der grössten Buchhandlung der Ostschweiz. Books<br />
hat s<strong>ich</strong> dort zu Bett<strong>in</strong>a Zeidler und Dario Widmer gesetzt.<br />
Marius Leutenegger<br />
Books: Bett<strong>in</strong>a, du hast «Der Geschmack<br />
der Sehnsucht<strong>»</strong> mitgebracht. Wie bist du<br />
auf dieses Buch gekommen?<br />
Bett<strong>in</strong>a Zeidler (BZ): Me<strong>in</strong> Interesse<br />
wurde durch das wunderschöne Cover<br />
geweckt – und weil das Buch auch sonst<br />
sehr schön aufgemacht ist.<br />
Worum geht’s?<br />
BZ: Die Gesch<strong>ich</strong>te beg<strong>in</strong>nt während des<br />
Vietnamkriegs. Das Mädchen Man wird<br />
im allgeme<strong>in</strong>en Chaos von e<strong>in</strong>er Familie<br />
zur nächsten geschoben. Und es lernt: Du<br />
musst de<strong>in</strong>e Identität aufgeben und darfst<br />
niemals auffallen, wenn du überleben<br />
willst. Schliessl<strong>ich</strong> wächst Man bei ihrer<br />
dritten «Mutter<strong>»</strong> heran, e<strong>in</strong>er Lehrer<strong>in</strong>.<br />
Diese Frau arrangiert für die junge Frau<br />
dann auch e<strong>in</strong>e Ehe mit e<strong>in</strong>em älteren,<br />
wohlhabenden Vietnamesen, der <strong>in</strong> Montreal<br />
e<strong>in</strong> Restaurant führt. Man beg<strong>in</strong>nt,<br />
zurückgezogen und zieml<strong>ich</strong> isoliert <strong>in</strong><br />
dessen Küche zu arbeiten. Dabei kann sie<br />
all das Wissen nutzen, dass ihr ihre Mütter<br />
weitergegeben haben. Schliessl<strong>ich</strong> kommt<br />
es zu e<strong>in</strong>er schicksalhaften Begegnung:<br />
Man lernt Julie kennen, die das Potenzial<br />
der jungen Frau erkennt und mit ihr e<strong>in</strong><br />
Kochbuch zu schreiben beg<strong>in</strong>nt. Bis anh<strong>in</strong><br />
war Man äusserst gefügig; um jeden Streit<br />
von vornhere<strong>in</strong> auszuschliessen, hat sie<br />
zum Beispiel ihrem Mann jeden Wunsch<br />
von den Augen abgelesen. Jetzt lernt sie<br />
aber, ihren eigenen Wünschen und Sehnsüchten<br />
nachzugehen. Dank Julie gelangt<br />
sie <strong>in</strong> die weite Welt h<strong>in</strong>aus – und schliessl<strong>ich</strong><br />
lernt sie <strong>in</strong> Paris Luc kennen, <strong>in</strong> den<br />
sie s<strong>ich</strong> unsterbl<strong>ich</strong> verliebt.<br />
Ist dies die Lebensgesch<strong>ich</strong>te der Autor<strong>in</strong>?<br />
BZ: Tatsächl<strong>ich</strong> kam Kim Thúy <strong>in</strong> Saigon<br />
zur Welt; ihre Familie flüchtete nach Kanada,<br />
als sie zehn Jahre alt war. Es könnte<br />
<strong>schon</strong> ihre Gesch<strong>ich</strong>te se<strong>in</strong> – oder die<br />
Gesch<strong>ich</strong>te e<strong>in</strong>er Bekannten.<br />
Dario, wie fandest du das Buch?<br />
Dario Widmer (DW): Sehr, sehr gut – es<br />
hat mir wirkl<strong>ich</strong> ausserordentl<strong>ich</strong> gut<br />
gefallen. Die Sprache ist sehr schön, und<br />
mit Man ist der Autor<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e hervorragende<br />
Hauptperson geglückt. Sie ist so herzig,<br />
<strong>ich</strong> hätte m<strong>ich</strong> fast <strong>in</strong> sie verliebt. Hervorragend<br />
f<strong>in</strong>de <strong>ich</strong> auch, wie es der Autor<strong>in</strong><br />
gel<strong>in</strong>gt, schreckl<strong>ich</strong>e D<strong>in</strong>ge aus der S<strong>ich</strong>t<br />
e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des darzustellen.<br />
BZ: Ja, und dabei ist sie nie voyeuristisch.<br />
Kim Thúy hat e<strong>in</strong>e sehr angenehme<br />
Distanz zu ihrem Thema gefunden: Sie<br />
macht oft nur le<strong>ich</strong>te Andeutungen und ist<br />
so zurückhaltend wie ihre Protagonist<strong>in</strong>.<br />
Ich habe noch selten et<strong>was</strong> so Sensibles<br />
gelesen, die Sprache berührt e<strong>in</strong>en ebenso<br />
wie die Hauptfigur. In diesem Buch steckt<br />
e<strong>in</strong>fach alles dr<strong>in</strong>: Man erfährt viel übers<br />
Kochen, es gibt e<strong>in</strong>e schöne Liebesgesch<strong>ich</strong>te,<br />
man erhält e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong>s<br />
Leben während des Kriegs – und das alles<br />
auf gerade e<strong>in</strong>mal 160 Seiten.<br />
DW: Zudem s<strong>in</strong>d immer wieder Ged<strong>ich</strong>te<br />
e<strong>in</strong>gestreut – im vietnamesischen Orig<strong>in</strong>al<br />
und als Übersetzung.<br />
BZ: Ja, und diese Ged<strong>ich</strong>te s<strong>in</strong>d unendl<strong>ich</strong><br />
poetisch. Ach, das ist e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong> tolles<br />
Buch, e<strong>in</strong>e wirkl<strong>ich</strong>e Perle!<br />
Ihr seid ja sehr begeistert. Gibt es an<br />
diesem Buch n<strong>ich</strong>ts auszusetzen?<br />
DW: Ich habe schade gefunden, dass es<br />
so schmal ist. Ich hätte gern länger dar<strong>in</strong><br />
gelesen.<br />
BZ: Aber diese Kürze entspr<strong>ich</strong>t genau<br />
dem Inhalt: Man will nie auffallen, ist zurückhaltend<br />
– da würde et<strong>was</strong> Ausuferndes<br />
n<strong>ich</strong>t passen.<br />
Kommen wir zum zweiten Titel, über<br />
den wir heute reden – zu jenem, der<br />
Dario <strong>in</strong> unsere Runde e<strong>in</strong>gebracht hat:<br />
«Der Alte, dem Kugeln n<strong>ich</strong>ts anhaben<br />
konnten<strong>»</strong>. Das Buch hat auf der ganzen<br />
Welt geradezu enthusiastische Kritiken<br />
erhalten.<br />
DW: Den Orig<strong>in</strong>altitel f<strong>in</strong>de <strong>ich</strong> aber weit<br />
besser als die deutsche Version: «Don’t<br />
Ever Get Old<strong>»</strong>. Die Übersetzung er<strong>in</strong>nert an<br />
«Der Hundertjährige, der aus dem Fenster<br />
stieg und verschwand<strong>»</strong>, und dadurch<br />
könnte der E<strong>in</strong>druck entstehen, das neue<br />
Buch sei e<strong>in</strong> Abklatsch dieses Bestsellers,<br />
e<strong>in</strong>e billige Annäherung. Dabei ist «Der<br />
Alte, dem Kugeln n<strong>ich</strong>ts anhaben konnten<strong>»</strong><br />
et<strong>was</strong> ganz anderes. Die Gesch<strong>ich</strong>te spielt<br />
<strong>in</strong> den USA. Hauptfigur ist der 87-jährige<br />
Buck Schatz, e<strong>in</strong> zynischer, arroganter Ex-<br />
Polizist – e<strong>in</strong> r<strong>ich</strong>tig harter Hund, der e<strong>in</strong>st<br />
se<strong>in</strong>e Fälle mit dem Revolver löste und jetzt<br />
nur noch daheim sitzt, Unmengen von Zigaretten<br />
raucht und Fernsehserien schaut.<br />
E<strong>in</strong>es Tages erzählt ihm e<strong>in</strong> sterbender<br />
Kollege im Krankenhaus e<strong>in</strong> Geheimnis:<br />
Nach Kriegsende habe er e<strong>in</strong>em Nazi geholfen,<br />
mit e<strong>in</strong>em Goldschatz zu entkommen.<br />
Dieser Nazi, He<strong>in</strong>r<strong>ich</strong> Ziegler, lebe<br />
<strong>in</strong> den USA. Gle<strong>ich</strong> nach dieser Erzählung<br />
stirbt der Freund – und Buck macht s<strong>ich</strong><br />
nach langem Zögern und mysteriösen<br />
Vorfällen mit se<strong>in</strong>em Enkel Tequila auf die<br />
Suche nach Ziegler und dem Goldschatz.<br />
Dieser wird aber auch von anderen gejagt.<br />
Das kl<strong>in</strong>gt nach e<strong>in</strong>em Plot, mit dem<br />
man auch e<strong>in</strong> durchschnittl<strong>ich</strong>es Buch<br />
schreiben könnte. Was ze<strong>ich</strong>net denn den<br />
Roman von Daniel Friedman aus?<br />
BZ: Mir hat der Humor extrem gut gefallen.<br />
Dieser 87-Jährige, der s<strong>ich</strong> über alles<br />
h<strong>in</strong>wegsetzt, hat m<strong>ich</strong> an Helmut Schmidt<br />
er<strong>in</strong>nert, der s<strong>ich</strong> auch um viele Regeln<br />
foutiert. Ich habe das Buch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Stück<br />
durchgelesen, weil es so unterhaltsam ist.<br />
Der Autor klopft unvergle<strong>ich</strong>l<strong>ich</strong>e Sprüche<br />
und beschreibt alles sehr bildhaft und<br />
wortgewaltig. Es gibt aber auch traurige<br />
Gesch<strong>ich</strong>ten; bee<strong>in</strong>druckt hat m<strong>ich</strong> zum<br />
Beispiel das Verhältnis von Buck und se<strong>in</strong>er<br />
Frau Rose.<br />
DW: Der Humor ist wirkl<strong>ich</strong> aussergewöhnl<strong>ich</strong><br />
– weil er auch das, <strong>was</strong> wir als «typisch<br />
amerikanisch<strong>»</strong> beze<strong>ich</strong>nen würden, auf die<br />
Schippe nimmt. Geschrieben ist das Buch<br />
generell sehr gut, es liest s<strong>ich</strong> flüssig, die<br />
Gesch<strong>ich</strong>te führt e<strong>in</strong>en n<strong>ich</strong>t auf zu viele<br />
Nebengeleise und ist logisch aufgebaut.<br />
Ist das Buch denn e<strong>in</strong> Thriller, als das es<br />
angeboten wird?<br />
BZ: Ich würde sagen: e<strong>in</strong>e Thrillerkomö-<br />
die. Manchmal geht die Post ab, und mir<br />
als Thriller-Fan hat der e<strong>in</strong>e oder andere<br />
Blutspritzer natürl<strong>ich</strong> besonders gut gefallen.<br />
Nun, <strong>ich</strong> habe m<strong>ich</strong> köstl<strong>ich</strong> amüsiert<br />
– und <strong>ich</strong> verstehe auch, dass der Produzent<br />
der Harry-Potter-Reihe dieses Buch<br />
verfilmen will.<br />
Der letzte Titel, über den wir heute reden,<br />
ist «Ewigkeitsfjord<strong>»</strong> von Kim Le<strong>in</strong>e.<br />
BZ: Als <strong>ich</strong> die Kiste mit den neuen Büchern<br />
öffnete, dachte <strong>ich</strong>: 640 Seiten – und<br />
wir sollen das jetzt besprechen! Ich hätte<br />
«Ewigkeitsfjord<strong>»</strong> von mir aus wohl kaum<br />
gelesen. Dann hätte <strong>ich</strong> aber et<strong>was</strong> verpasst,<br />
denn auch dies ist e<strong>in</strong> unglaubl<strong>ich</strong><br />
gutes Buch, das jeden Rahmen sprengt<br />
und bei mir das re<strong>in</strong>ste Kopfk<strong>in</strong>o auslöste.<br />
Ich nehme aufgrund des Titels und des<br />
Covers an, die Gesch<strong>ich</strong>te spielt im hohen<br />
Norden ...<br />
DW: Ja, hauptsächl<strong>ich</strong> <strong>in</strong> Grönland. Hauptfigur<br />
ist Morten Falck, der gegen se<strong>in</strong>en<br />
Willen Pfarrer werden muss; die Gesch<strong>ich</strong>te<br />
spielt von 1750 bis 1815, als es so et<strong>was</strong><br />
noch gab. Falck studiert <strong>in</strong> Kopenhagen,<br />
hat dort auch e<strong>in</strong>e Beziehung zu e<strong>in</strong>er<br />
Tochter aus gutem Haus – beschliesst<br />
dann aber, mit e<strong>in</strong>er Kuh im Schlepptau<br />
als Missionar nach Grönland zu gehen.<br />
Grönland war damals e<strong>in</strong>e dänische Kolonie,<br />
und die Menschen lebten auf der Insel<br />
unter elenden Bed<strong>in</strong>gungen. Wir erfahren<br />
viel über menschl<strong>ich</strong>e Abgründe. Diese<br />
tun s<strong>ich</strong> vor allem unter den wenigen<br />
Dänen auf der Kolonie auf, darunter zum<br />
Beispiel e<strong>in</strong> Schmied oder die Witwe e<strong>in</strong>es<br />
Kaufmanns. Schliessl<strong>ich</strong> landet Falck<br />
im Ewigkeitsfjord, wo e<strong>in</strong>e abtrünnige<br />
Dario Widmer: Manchmal<br />
fand <strong>ich</strong>, der Autor<br />
beschreibe die Welt von<br />
gestern mit den Augen<br />
von heute.<br />
Bett<strong>in</strong>a Zeidler:<br />
Ich glaube, er wollte<br />
auch gar ke<strong>in</strong>en historischen<br />
Roman verfassen.<br />
Im Vordergrund stehen<br />
die menschl<strong>ich</strong>en<br />
Abgründe. Fasz<strong>in</strong>iert<br />
haben m<strong>ich</strong> vor allem<br />
die Charaktere und die<br />
Beschreibungen der<br />
Lebensumstände.<br />
Dario Widmer:<br />
Ke<strong>in</strong>e Frage: Kim Le<strong>in</strong>e<br />
kann schreiben. Aber<br />
die Gesch<strong>ich</strong>te hätte<br />
auch irgendwo anders<br />
und zu e<strong>in</strong>er anderen<br />
Zeit spielen können.<br />
Bett<strong>in</strong>a Zeidler:<br />
Zwei, drei Sachen fand<br />
<strong>ich</strong> s<strong>ich</strong>er auch n<strong>ich</strong>t<br />
ideal, aber <strong>ich</strong> verzeihe<br />
dem Autor <strong>in</strong> diesem<br />
Fall jede Schwachstelle.
34 | Kaffeepause Books Nr. 1/2014 BUCHtipps | 35<br />
Siedlergeme<strong>in</strong>schaft nach rousseauschen<br />
Grundsätzen lebt. Diese Geme<strong>in</strong>schaft<br />
wird von den Dänen gar n<strong>ich</strong>t gern gesehen<br />
– und schliessl<strong>ich</strong> zerstört.<br />
BZ: Es passiert enorm viel im Buch. Le<strong>in</strong>e<br />
beschreibt die erbärml<strong>ich</strong>en hygienischen<br />
Zustände, überhaupt das Leben unter<br />
elenden Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> Abgeschiedenheit<br />
– und er porträtiert vor allem Menschen.<br />
Dieses Buch ist e<strong>in</strong> Epos und beschreibt<br />
e<strong>in</strong>e ganze Epoche. Die Sprache ist derart<br />
bildhaft, dass man me<strong>in</strong>t, den Tran förml<strong>ich</strong><br />
zu riechen.<br />
Bett<strong>in</strong>a wirkt sehr begeistert. Kannst du<br />
d<strong>ich</strong> ihr anschliessen, Dario?<br />
DW: Nur teilweise. Auch <strong>ich</strong> habe die<br />
Beschreibungen sehr gut gefunden, sie<br />
s<strong>in</strong>d genau und tatsächl<strong>ich</strong> plastisch. Aber<br />
manchmal fand <strong>ich</strong>, Le<strong>in</strong>e beschreibe die<br />
Welt von gestern mit den Augen von heute.<br />
Ich <strong>weiss</strong> zum Beispiel n<strong>ich</strong>t, ob s<strong>ich</strong> die<br />
Menschen damals am Gestank derart störten<br />
– oder ob wir das nur annehmen, weil<br />
wir uns Gestank n<strong>ich</strong>t mehr gewohnt s<strong>in</strong>d.<br />
Am Ende fand <strong>ich</strong> wegen dieses modernen<br />
Blickw<strong>in</strong>kels alles e<strong>in</strong> wenig oberflächl<strong>ich</strong>.<br />
BZ: Ich glaube, Le<strong>in</strong>e wollte auch gar<br />
ke<strong>in</strong>en historischen Roman verfassen. Im<br />
Vordergrund stehen die menschl<strong>ich</strong>en Abgründe.<br />
Fasz<strong>in</strong>iert haben m<strong>ich</strong> vor allem<br />
die Charaktere und die Beschreibungen<br />
der Lebensumstände. Und <strong>ich</strong> bewundere<br />
Le<strong>in</strong>es Begabung, bei den Leser<strong>in</strong>nen und<br />
Lesern Bilder im Kopf entstehen zu lassen.<br />
Und manches g<strong>in</strong>g mir echt unter die Haut<br />
– etwa die Abtreibungsszene.<br />
DW: Ke<strong>in</strong>e Frage: Le<strong>in</strong>e kann schreiben.<br />
Den historisch verbürgten Brand von<br />
Kopenhagen schildert er sehr spannend.<br />
Aber der Autor führt zum Beispiel auch<br />
immer wieder Figuren e<strong>in</strong>, die eigentl<strong>ich</strong><br />
gar ke<strong>in</strong>e Rolle spielen und eher verwirren;<br />
das hat m<strong>ich</strong> gestört. Und <strong>ich</strong> f<strong>in</strong>de,<br />
die Gesch<strong>ich</strong>te hätte auch irgendwo<br />
anders und zu e<strong>in</strong>er anderen Zeit spielen<br />
können. Grönland wird hier eher als H<strong>in</strong>tergrund<br />
für e<strong>in</strong>e Gesch<strong>ich</strong>te genutzt und<br />
ist n<strong>ich</strong>t r<strong>ich</strong>tig <strong>in</strong> diese e<strong>in</strong>gebunden.<br />
BZ: Man sollte dieses Buch n<strong>ich</strong>t als<br />
grosses Grönland-Epos anschauen. Zwei,<br />
drei Sachen fand <strong>ich</strong> an «Ewigkeitsfjord<strong>»</strong><br />
s<strong>ich</strong>er auch n<strong>ich</strong>t ideal, aber alles <strong>in</strong> allem<br />
hat mir das Buch wahns<strong>in</strong>nig gut gefallen.<br />
Ich verzeihe dem Autor <strong>in</strong> diesem Fall jede<br />
Schwachstelle!<br />
Bett<strong>in</strong>a Zeidler:<br />
Diese Ged<strong>ich</strong>te<br />
s<strong>in</strong>d unendl<strong>ich</strong> poetisch.<br />
Ach, das ist<br />
e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong> tolles<br />
Buch, e<strong>in</strong>e wirkl<strong>ich</strong>e<br />
Perle!<br />
Bett<strong>in</strong>a Zeidler, 49, lebt <strong>in</strong> St. Gallen. Sie<br />
arbeitet <strong>in</strong> der Abteilung Belletristik der St.<br />
Galler Buchhandlung Rösslitor, die zu Orell<br />
Füssli Thalia gehört. Am liebsten liest sie<br />
skand<strong>in</strong>avische Krimis und Thriller.<br />
Dario Widmer, 21, lebt <strong>in</strong> Bühler <strong>in</strong><br />
Appenzell Ausserrhoden. Se<strong>in</strong>e Lehre zum<br />
Buchhändler absolvierte er im Rösslitor,<br />
heute arbeitet er <strong>in</strong> der Orell-Füssli-Filiale<br />
Kramhof <strong>in</strong> Zür<strong>ich</strong>. Er hat e<strong>in</strong> <strong>schon</strong> seit<br />
jeher e<strong>in</strong> grosses Interesse an Literatur.<br />
Nimm dir Zeit für die schönsten<br />
Seiten des Lebens.<br />
Carly Phillips<br />
Küss m<strong>ich</strong><br />
später<br />
Mike Marsden arbeitet als verdeckter<br />
Ermittler <strong>in</strong> Manhattan. Er führt e<strong>in</strong><br />
rastloses Leben ohne feste B<strong>in</strong>dungen.<br />
Dann erkrankt se<strong>in</strong> Vater an<br />
Krebs. Mike kehrt zurück <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e<br />
Heimatstadt Serendipity. Hier trifft er<br />
auf se<strong>in</strong>e Berufskolleg<strong>in</strong> Cara Hartley,<br />
mit der er vor e<strong>in</strong>iger Zeit e<strong>in</strong>en<br />
One-Night-Stand hatte. Diese Nacht<br />
erschien damals beiden bedeutungslos<br />
– doch jetzt entdecken sie plötzl<strong>ich</strong>,<br />
wie gut sie e<strong>in</strong>ander eigentl<strong>ich</strong><br />
ergänzen ...<br />
«Küss m<strong>ich</strong> später<strong>»</strong> ist bereits das<br />
vierte auf Deutsch erschienene Buch<br />
der US-Autor<strong>in</strong> Carly Phillips über<br />
das Leben und Lieben der E<strong>in</strong>wohner<br />
der fiktiven Kle<strong>in</strong>stadt Serendipity.<br />
Anthony McCarten<br />
funny girl<br />
Die schüchterne Kurd<strong>in</strong> Azime, 20,<br />
wächst <strong>in</strong> London auf. Ost und West,<br />
Islam und Säkularismus, Burka und<br />
bauchfrei – <strong>in</strong> Azimes beiden Welten<br />
gibt es klare Regeln. Als Terroranschläge<br />
<strong>in</strong> der U-Bahn Hunderte<br />
von Opfern fordern, <strong>weiss</strong> sie, dass<br />
sie ihre Stimme erheben muss. Auf<br />
ihre Art. Heiml<strong>ich</strong> besucht sie e<strong>in</strong>en<br />
Comedy-Kurs, schlüpft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Burka<br />
und tritt auf: als weltweit erste muslimische<br />
Komiker<strong>in</strong>. Die englische Presse<br />
feiert sie als Sensation, ihre Familie<br />
verstösst sie. Es wird ernst. Und doch<br />
immer komischer. Und ganz anders,<br />
als man jetzt denkt.<br />
Der neuseeländische Autor Anthony<br />
McCarten sorgte <strong>schon</strong> als 25-Jähriger<br />
für Furore mit dem Theaterstück<br />
«Ladies Night<strong>»</strong>, das als Vorlage zur<br />
unautorisierten Filmadaption «The<br />
Full Monty – Ganz oder gar n<strong>ich</strong>t<strong>»</strong><br />
diente. In «funny girl<strong>»</strong> lässt er nun<br />
traditionellen Islam und westl<strong>ich</strong>en<br />
Säkularismus <strong>in</strong> tragikomischer Weise<br />
aufe<strong>in</strong>ander prallen.<br />
Thilo Sarraz<strong>in</strong><br />
Der neue<br />
Tugendterror<br />
Mit se<strong>in</strong>em Buch «Deutschland schafft<br />
s<strong>ich</strong> ab<strong>»</strong> löste Thilo Sarraz<strong>in</strong> 2010<br />
e<strong>in</strong>e Kontroverse über die E<strong>in</strong>wanderung<br />
aus. Die Debatte drehte s<strong>ich</strong><br />
aber bald auch darum, <strong>was</strong> man <strong>in</strong><br />
Deutschland sagen und schreiben<br />
darf und <strong>was</strong> n<strong>ich</strong>t. In Interviews<br />
lotete der SPD-Politiker seither die<br />
Grenzen der Me<strong>in</strong>ungsfreiheit weiter<br />
aus und handelte s<strong>ich</strong> neue Rassismusvorwürfe<br />
e<strong>in</strong>.<br />
Nun schreibt Sarraz<strong>in</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />
neuen Buch gegen den Me<strong>in</strong>ungskonformismus<br />
an, der se<strong>in</strong>er Ans<strong>ich</strong>t<br />
nach herrscht. Er prangert<br />
an, forscht nach Ursachen und benennt<br />
14 «vorherrschende Denkund<br />
Redeverbote unserer Zeit<strong>»</strong>.<br />
Auch diesmal wird Sarraz<strong>in</strong> mit<br />
se<strong>in</strong>em Buch s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>e Debatte<br />
lostreten.<br />
Aran Goyoaga<br />
Familienrezepte<br />
glutenfrei<br />
Aran Goyoaga hat mit ihrem<br />
Food-Blog «Cannelle et Vanille<strong>»</strong> im<br />
englischsprachigen Raum für Furore<br />
gesorgt. Ihre Ber<strong>ich</strong>te über e<strong>in</strong>en<br />
neuen glutenfreien Lebensstil liessen<br />
die Klickzahlen förml<strong>ich</strong> explodieren,<br />
es regnete Anerkennung und Ausze<strong>ich</strong>nungen.<br />
Jetzt hat Aran Goyoaga 120 glutenfreie<br />
Rezepte für die Familienküche<br />
zwischen zwei Buchdeckeln festgehalten.<br />
Das Spektrum re<strong>ich</strong>t von<br />
herzhaften Tartes über fantasievolle<br />
Salate und deftige E<strong>in</strong>töpfe bis h<strong>in</strong> zu<br />
wunderbaren Desserts. Die Rezepte<br />
lassen s<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>fach zubereiten und<br />
eignen s<strong>ich</strong> ideal für den tägl<strong>ich</strong>en<br />
Familientisch. Dazu kommen viele<br />
Tipps und e<strong>in</strong>e praktische Liste für<br />
den glutenfreien Vorrat. Wer für<br />
se<strong>in</strong>e Familie glutenfrei kochen muss<br />
oder will, wird dieses Buch n<strong>ich</strong>t mehr<br />
missen wollen.<br />
447 Seiten<br />
384 Seiten<br />
400 Seiten<br />
296 Seiten<br />
CHF 14.90<br />
CHF 30.90<br />
CHF 34.90<br />
CHF 34.90<br />
Besuche auch unsere Starbucks Coffeehouses <strong>in</strong> den<br />
Orell Füssli Buchhandlungen im Westside <strong>in</strong> Bern<br />
sowie im Kramhof und am Bellevue <strong>in</strong> Zür<strong>ich</strong>.<br />
Heyne<br />
ISBN 978-3-453-41066-4<br />
Diogenes<br />
ISBN 978-3-257-06892-4<br />
DVA<br />
ISBN 978-3-421-04617-8<br />
AT-Verlag<br />
ISBN 978-3-03800-703-6
36 | Fantastisch! Books Nr. 1/2014 Fantastisch! | 37<br />
nes Nachts erwacht der Knochendrachen<br />
zum Leben und spr<strong>ich</strong>t Evie an. Und er hilft<br />
ihr, ihre Erlebnisse zu verarbeiten. Nacht<br />
für Nacht führt er sie et<strong>was</strong> näher zu jenem<br />
Haus, <strong>in</strong> dem sie e<strong>in</strong>st lebte und <strong>in</strong> dem sie<br />
von ihrer leibl<strong>ich</strong>en Mutter gequält wurde.<br />
Stück für Stück erfahren wir mehr über die<br />
traurige Vergangenheit des Mädchens. Ob<br />
es den Drachen wirkl<strong>ich</strong> gibt oder ob er<br />
e<strong>in</strong>e Imag<strong>in</strong>ation von Evie ist, wird n<strong>ich</strong>t<br />
aufgelöst – und spielt eigentl<strong>ich</strong> auch ke<strong>in</strong>e<br />
Rolle.<br />
«Heute stelle <strong>ich</strong> drei Neuersche<strong>in</strong>ungen<br />
vor, die eher schwerere Kost bieten. Sie<br />
beschäftigten m<strong>ich</strong> alle noch, nachdem <strong>ich</strong><br />
sie zu Ende gelesen hatte. Zudem haben<br />
alle e<strong>in</strong>e fantastische und e<strong>in</strong>e realistische<br />
Komponente.<br />
‹So wie Kupfer und Gold› von Jane Nickerson<br />
ist märchenhaft; es lehnt s<strong>ich</strong><br />
stark an die Erzählung von Ritter Blaubart<br />
an. Märchen liegen gegenwärtig im Trend;<br />
Cornelia Funkes ‹Reckless›-Reihe ist ja e<strong>in</strong><br />
grosser Erfolg, und gerade ist ‹Wie Monde<br />
so silbern› von Marissa Meyer erschienen,<br />
das s<strong>ich</strong> an Aschenputtel anlehnt.<br />
Das Blaubart-Märchen erzählt von e<strong>in</strong>em<br />
älteren Ritter, der alle se<strong>in</strong>e Gatt<strong>in</strong>nen tötet,<br />
bis es e<strong>in</strong>er jungen Frau gel<strong>in</strong>gt, ihn zu<br />
überlisten. In Nickersons Debüt-Roman<br />
heisst Blaubart Bernard de Cressac und ist<br />
e<strong>in</strong> ausnehmend attraktiver junger Mann.<br />
Die schöne rothaarige Sophia ist mit ihm<br />
verwandt und wird von ihrer Familie auf<br />
se<strong>in</strong> riesiges Landgut geschickt. Das romantisch-verträumte<br />
Herrenhaus liegt<br />
weitab vom Schuss, und Sophia will eigentl<strong>ich</strong><br />
n<strong>ich</strong>t dorth<strong>in</strong>. de Cressac ist aber ausnehmend<br />
charmant zu ihr, holt sie mit der<br />
schönsten Kutsche ab und macht ihr wert-<br />
Fantastisch!<br />
E<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong> von Orell Füssli präsentiert Neuersche<strong>in</strong>ungen und Geheimtipps aus<br />
dem Fantasy-Genre: Bücher für alle, die s<strong>ich</strong> gern <strong>in</strong> fremde Welten entführen lassen.<br />
Marius Leutenegger<br />
volle Geschenke. Lange merkt Sophia<br />
n<strong>ich</strong>t, dass die Sache e<strong>in</strong> wenig eigenartig<br />
ist. Sie erfährt zwar, dass Bernard <strong>schon</strong><br />
mehrmals verheiratet war und se<strong>in</strong>e Frauen<br />
alle auf mysteriöse Weise verschwunden<br />
s<strong>in</strong>d, aber sie wird n<strong>ich</strong>t misstrauisch.<br />
Bis sie e<strong>in</strong>es Tages – wie im Blaubart-Märchen<br />
– e<strong>in</strong> Zimmer betritt, das sie n<strong>ich</strong>t<br />
hätte betreten dürfen, und dort e<strong>in</strong>en grausigen<br />
Fund macht: Die drei früheren Ehefrauen<br />
von de Cressac – oder eher die<br />
Überreste davon – liegen angekettet an der<br />
Wand.<br />
Schön ist, wie Nickerson die Stimmung aufbaut:<br />
Man merkt als Leser<strong>in</strong> oder Leser<br />
<strong>schon</strong> bald, dass mit de Cressac et<strong>was</strong> n<strong>ich</strong>t<br />
stimmt, aber Sophia lässt s<strong>ich</strong> von ihm weiterh<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>lullen. Im fulm<strong>in</strong>anten letzten<br />
Drittel des Buchs überschlagen s<strong>ich</strong> dann<br />
die Ereignisse. Es wird auch et<strong>was</strong> gruslig,<br />
doch wie das Blaubart-Märchen geht auch<br />
diese Gesch<strong>ich</strong>te gut aus. Eigentl<strong>ich</strong> handelt<br />
es s<strong>ich</strong> bei ‹So wie Kupfer und Gold›<br />
n<strong>ich</strong>t um klassische Fantasy; es gibt weder<br />
Magie noch Trolle oder Drachen. Doch die<br />
märchenhafte Stimmung wird wohl den<br />
meisten Fantasy-Fans gefallen. Zum<strong>in</strong>dest<br />
den weibl<strong>ich</strong>en; <strong>ich</strong> nehme an, dass kaum<br />
e<strong>in</strong> Mann dieses Buch lesen wird, denn es<br />
ist mit se<strong>in</strong>er romantisch-düsteren Stimmung<br />
und se<strong>in</strong>er wackeren Held<strong>in</strong> ganz<br />
auf junge Leser<strong>in</strong>nen zugeschnitten.<br />
Das zweite Buch, das <strong>ich</strong> heute vorstelle,<br />
habe <strong>ich</strong> alle<strong>in</strong> wegen des Covers zu lesen<br />
begonnen: ‹Die Nacht gehört dem Drachen›<br />
von Alexia Casale zeigt auf dem<br />
Umschlag e<strong>in</strong>en Drachen im Glas. Das<br />
sprach m<strong>ich</strong> sofort an, und <strong>ich</strong> dachte, es<br />
handle s<strong>ich</strong> hier um e<strong>in</strong>e Drachengesch<strong>ich</strong>te<br />
im Stil von ‹Eragon›. Damit hat dieser<br />
Debüt-Roman aber n<strong>ich</strong>ts zu tun. Hauptfigur<br />
ist das Teenager-Mädchen Evie. Sie lebt<br />
bei Adoptiveltern, die s<strong>ich</strong> gut um sie kümmern,<br />
s<strong>ich</strong> viel Zeit nehmen für sie und ihr<br />
helfen wollen. Denn Evie hat offenbar<br />
schlimme D<strong>in</strong>ge erlebt. Die Gesch<strong>ich</strong>te beg<strong>in</strong>nt<br />
damit, dass Evie gerade e<strong>in</strong>e Operation<br />
überstanden hat, bei der ihr e<strong>in</strong> Teil der<br />
unteren Rippe entfernt wurde. Dieses Rippenstück<br />
nimmt sie vom Spital mit nach<br />
Hause. Ihr Adoptivonkel zeigt ihr, wie sie<br />
daraus e<strong>in</strong>en Drachen schnitzen kann. Die<br />
Schnitzerei sche<strong>in</strong>t et<strong>was</strong> zu se<strong>in</strong>, das Evie<br />
ermögl<strong>ich</strong>t, ihre eigene Lebensgesch<strong>ich</strong>te<br />
aufzuarbeiten.<br />
Über weite Strecken er<strong>in</strong>nerte m<strong>ich</strong> dieses<br />
Buch an ‹Sieben M<strong>in</strong>uten nach Mitternacht›<br />
von Patrick Ness. In jenem Roman<br />
wird Conor jede Nacht von e<strong>in</strong>em Monster<br />
besucht, das ihm hilft, mit dem Sterben<br />
der Mutter fertigzuwerden. Ich konnte<br />
‹Sieben M<strong>in</strong>uten nach Mitternacht› nur<br />
daheim lesen, weil es m<strong>ich</strong> ständig zu Tränen<br />
rührte, und mit ‹Die Nacht gehört dem<br />
Drachen› ist es mir ähnl<strong>ich</strong> ergangen. Das<br />
Buch geht e<strong>in</strong>em wirkl<strong>ich</strong> unter die Haut.<br />
Ehrl<strong>ich</strong> gesagt <strong>weiss</strong> <strong>ich</strong> auch n<strong>ich</strong>t genau,<br />
warum man et<strong>was</strong> liest, das derart traurig<br />
ist. Ich konnte das Buch jedenfalls n<strong>ich</strong>t<br />
mehr weglegen, weil <strong>ich</strong> unbed<strong>in</strong>gt wissen<br />
wollte, <strong>was</strong> die leibl<strong>ich</strong>e Mutter Evie antat<br />
und ob sie dafür zur Rechenschaft gezogen<br />
wird.<br />
Der Verlag schreibt zwar, das Buch r<strong>ich</strong>te<br />
s<strong>ich</strong> an Jugendl<strong>ich</strong>e ab 14 <strong>Jahren</strong>, <strong>ich</strong> würde<br />
es aber eher älteren Leser<strong>in</strong>nen und<br />
Lesern empfehlen. Und empfohlen werden<br />
muss ‹Die Nacht gehört dem Drachen›<br />
auf jeden Fall – dieses Buch verkauft s<strong>ich</strong><br />
n<strong>ich</strong>t von alle<strong>in</strong>, denn das Cover ist irreführend<br />
und die Autor<strong>in</strong> noch gänzl<strong>ich</strong> unbekannt.<br />
Ich kann den Roman aber mit<br />
sehr gutem Gewissen empfehlen, denn er<br />
sorgt dafür, dass man s<strong>ich</strong> auch mit s<strong>ich</strong><br />
selber und der eigenen Vergangenheit<br />
ause<strong>in</strong>andersetzt.<br />
Me<strong>in</strong>e dritte Empfehlung ‹Wen der Rabe<br />
ruft› stammt von Maggie Stiefvater. Diese<br />
Romantasy-Spezialist<strong>in</strong> baut ihre Gesch<strong>ich</strong>ten<br />
oft auf historischen Begebenheiten<br />
oder Legenden auf. Diesmal bildet die<br />
Sage um den mittelalterl<strong>ich</strong>en walisischen<br />
Nationalhelden Owen Glendower das Fundament<br />
der Gesch<strong>ich</strong>te. Von Glendower<br />
heisst es, er werde wieder ersche<strong>in</strong>en,<br />
wenn Wales se<strong>in</strong>e Hilfe benötige.<br />
Die weibl<strong>ich</strong>e Hauptfigur der Gesch<strong>ich</strong>te<br />
ist die etwa 15-jährige Blue. Ihre Mutter ist<br />
e<strong>in</strong> Medium und verdient ihr Geld mit Séancen.<br />
Blue hat s<strong>ich</strong> damit arrangiert,<br />
dass ständig andere Medien und selbster-<br />
Die Vorlage zu «So wie Kupfer und Gold<strong>»</strong> von Jane<br />
Nickerson: das Märchen von Ritter Blaubart, hier<br />
illustriert von Gustav Doré.<br />
Bis hierher ist die Gesch<strong>ich</strong>te sehr realistisch.<br />
Dann folgt der fantastische Teil: E<strong>in</strong>annte<br />
Hexen <strong>in</strong>s Haus kommen und dass<br />
ihr Lebensumfeld zieml<strong>ich</strong> chaotisch ist.<br />
Et<strong>was</strong> mehr Mühe macht ihr e<strong>in</strong> Fluch, der<br />
auf ihr lasten soll: Der erste Junge, den sie<br />
nach ihrem 16. Geburtstag küssen wird,<br />
muss sterben.<br />
E<strong>in</strong> zweiter Erzählstrang spielt <strong>in</strong> der Eliteschule<br />
der Stadt. Dort gibt es e<strong>in</strong>e Clique<br />
von Jungs, die zwar alle aus bestem Haus<br />
stammen, aber trotzdem ihre Probleme<br />
haben. E<strong>in</strong>er von ihnen, Gansey, ist total<br />
angefressen von der erwähnten Sage um<br />
Glendower und will unbed<strong>in</strong>gt das Grab<br />
des Helden f<strong>in</strong>den. Blue lernt ihn kennen,<br />
weil Gansey ihre Mutter bittet, e<strong>in</strong>e Séance<br />
durchzuführen. Blue, die e<strong>in</strong> fe<strong>in</strong>es Gespür<br />
für Übers<strong>in</strong>nl<strong>ich</strong>es hat, schliesst s<strong>ich</strong><br />
<strong>in</strong> der Folge der Clique um Gansey an und<br />
will ihr helfen, das Grab zu f<strong>in</strong>den.<br />
Und dann gibt es auch noch e<strong>in</strong>en dritten<br />
Erzählstrang um den sehr eigenartigen<br />
Schüler Noah – aber davon will <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>ts<br />
verraten. Die verschiedenen Stränge dieser<br />
komplexen Gesch<strong>ich</strong>ten laufen mit der<br />
Zeit immer näher zusammen. Mit ihrem<br />
raff<strong>in</strong>ierten Erzählstil hat Stiefvater me<strong>in</strong><br />
Herz erobert – von ihr würde <strong>ich</strong> e<strong>in</strong>fach<br />
alles lesen! Mit ‹Wen der Rabe ruft› hat sie<br />
mir wieder e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e Sage nähergebracht,<br />
die <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t kannte, und sie hat<br />
diese <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e sehr spannende Gesch<strong>ich</strong>te<br />
gepackt. Lustig ist gelegentl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>zig die<br />
Tollpatschigkeit von Blue, ansonsten<br />
herrscht e<strong>in</strong>e ausnehmend düstere, aber<br />
sehr anziehende Atmosphäre vor. Herrl<strong>ich</strong>!<strong>»</strong><br />
Eigentl<strong>ich</strong> wollte Angel<strong>in</strong>a Rubli <strong>in</strong> dieser<br />
Rubrik unbed<strong>in</strong>gt «Edelherb<strong>»</strong> vorstellen,<br />
die Fortsetzung von «Bitterzart<strong>»</strong> von<br />
Gabrielle Zev<strong>in</strong> – dieses Buch hat sie<br />
restlos begeistert. Aber zum e<strong>in</strong>en empfahl<br />
Angel<strong>in</strong>a «Bitterzart<strong>»</strong> bereits <strong>in</strong> der vorletzten<br />
Ausgabe euphorisch, zum anderen<br />
stellen wir hier n<strong>ich</strong>t so gern Fortsetzungen<br />
vor. Doch allen Zev<strong>in</strong>-Leser<strong>in</strong>nen<br />
und -Lesern sei vers<strong>ich</strong>ert: «Edelherb<strong>»</strong> ist<br />
m<strong>in</strong>destens so lesenswert wie «Bitterzart<strong>»</strong>.<br />
Die 28-jährige Angel<strong>in</strong>a Rubli arbeitet<br />
übrigens bei Orell Füssli am Bellevue und<br />
lebt <strong>in</strong> Dachsen.<br />
So wie Kupfer<br />
und Gold<br />
Jane Nickerson<br />
443 Seiten<br />
CHF 25.90<br />
cbt<br />
Die Nacht<br />
gehört dem<br />
Drachen<br />
Alexia Casale<br />
315 Seiten<br />
CHF 22.90<br />
Carlsen<br />
Wen der Rabe<br />
ruft<br />
Maggie<br />
Stiefvater<br />
460 Seiten<br />
CHF 28.90<br />
script5
38 | FANTASTISCH Books Nr. 1/2014 me<strong>in</strong> buch | 39<br />
Junge Mitarbeitende geben weitere Tipps aus<br />
dem Fantasy-Genre<br />
Mar<strong>in</strong>o Castelli, 29,<br />
wohnt <strong>in</strong> Gunzwil<br />
und arbeitet bei<br />
Orell Füssli am<br />
Bellevue. Buchhändler<br />
wurde er,<br />
weil «<strong>ich</strong> e<strong>in</strong> leidenschaftl<strong>ich</strong>er<br />
Leser b<strong>in</strong> und<br />
me<strong>in</strong> Hobby zum<br />
Beruf <strong>mache</strong>n wollte<strong>»</strong>. An se<strong>in</strong>er Tätigkeit<br />
schätzt er vor allem, dass er immer neue<br />
Bücher entdecken kann – auch dank der<br />
Kund<strong>in</strong>nen und Kunden, die et<strong>was</strong> Bestimmtes<br />
suchen. Mar<strong>in</strong>o liest querbeet,<br />
vor allem Krimis und Fantasy-Romane.<br />
Se<strong>in</strong> Tipp: «The Bone Season – Die Träumer<strong>in</strong><strong>»</strong><br />
von Samantha Shannon. «Die junge<br />
Paige kann die Gedanken anderer auskundschaften.<br />
Deswegen wird sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
geheime Stadt verschleppt, <strong>in</strong> der die<br />
Rephaim herrschen. Dort lernt sie Arcturus<br />
kennen, der so schön wie unheiml<strong>ich</strong><br />
ist. Se<strong>in</strong>e Gedanken bleiben ihr seltsamerweise<br />
verschlossen – und ausgerechnet<br />
ihm soll sie als Sklav<strong>in</strong> dienen ... Der jungen<br />
Londoner Autor<strong>in</strong> Samantha Shannon<br />
ist mit diesem Serien-Auftakt e<strong>in</strong>e wirkl<strong>ich</strong><br />
spannende und gut durchdachte Fantasygesch<strong>ich</strong>te<br />
geglückt; sie hat e<strong>in</strong>e neue Welt<br />
erschaffen, die derart gross und kompakt<br />
ist, dass man anfängl<strong>ich</strong> et<strong>was</strong> Mühe hat,<br />
alles zu durchschauen. Nach e<strong>in</strong>er Weile<br />
kann man das Buch aber n<strong>ich</strong>t mehr weglegen.<br />
Besonders gut gefiel mir – neben der<br />
sympathischen Protagonist<strong>in</strong> – die Atmosphäre.<br />
Ganz allmähl<strong>ich</strong> braut s<strong>ich</strong> da et<strong>was</strong><br />
zusammen, aber man hat ke<strong>in</strong>en<br />
Schimmer davon, worauf die Sache am<br />
Ende h<strong>in</strong>ausläuft. Langeweile kommt so<br />
nie auf. Ich freue m<strong>ich</strong> jetzt <strong>schon</strong> auf die<br />
Fortsetzung.<strong>»</strong><br />
The Bone Season –<br />
Die Träumer<strong>in</strong><br />
Samantha Shannon<br />
605 Seiten<br />
CHF 25.90<br />
Berl<strong>in</strong><br />
Tim Lenny George,<br />
19, lebt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Dorf ausserhalb<br />
von Bern. Er hat<br />
gerade se<strong>in</strong>e<br />
Buchhändler-Lehre<br />
abgeschlossen<br />
und macht jetzt<br />
die Berufsmatura.<br />
Momentan arbeitet<br />
er Teilzeit <strong>in</strong> der Orell-Füssli-Filiale<br />
Kramhof <strong>in</strong> Zür<strong>ich</strong>. Se<strong>in</strong> Tipp: «Die Bestimmung<br />
03. Die Entscheidung<strong>»</strong> von Veronica<br />
Roth. «Tris’ Welt liegt <strong>in</strong> Trümmern.<br />
Die Ideale der Fraktionen sche<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e<br />
e<strong>in</strong>zige grosse Lüge zu se<strong>in</strong>. Denn es gibt<br />
e<strong>in</strong>e andere Welt ausserhalb des Zauns,<br />
und diese ist auf die Hilfe der ‹Unbestimmten›<br />
angewiesen. Die Fraktionslosen haben<br />
unter der Führung von Tobias’ Mutter<br />
die Kontrolle über die Stadt an s<strong>ich</strong> gerissen.<br />
Niemand darf die Stadt verlassen und<br />
<strong>in</strong> die neue Welt gehen. Im Untergrund bildet<br />
s<strong>ich</strong> aber e<strong>in</strong>e Bewegung, die s<strong>ich</strong> die<br />
Zeiten der Fraktionen zurückwünscht und<br />
s<strong>ich</strong> Hilfe von der neuen Welt verspr<strong>ich</strong>t.<br />
Tris und Tobias werden aus der Stadt geschleust,<br />
damit sie die andere Seite des<br />
Zauns erforschen können. Tris hat brennende<br />
Fragen: Wieso wurde das Wissen<br />
über die andere Seite jahrzehntelang geheim<br />
gehalten? Was hat ihre Mutter mit<br />
allem zu tun? Nur die Menschen von ausserhalb<br />
können ihr Antwort geben ... Veronika<br />
Roth ist mit diesem Buch e<strong>in</strong> fulm<strong>in</strong>antes<br />
und tempore<strong>ich</strong>es Ende ihrer<br />
‹Divergent›-Trilogie geglückt. Wie bei den<br />
ersten beiden Bänden will man das Buch<br />
n<strong>ich</strong>t aus der Hand legen, ehe man n<strong>ich</strong>t<br />
das Ende kennt. Das Buch ersche<strong>in</strong>t am 24.<br />
März – rund zwei Wochen später kommt<br />
der erste Teil der Trilogie <strong>in</strong> die K<strong>in</strong>os.<strong>»</strong><br />
Die Bestimmung 03.<br />
Letzte Entscheidung<br />
veronica roth<br />
450 Seiten<br />
CHF 26.90<br />
cbt<br />
Kai Mader, 32,<br />
wohnt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
kle<strong>in</strong>en Vorort von<br />
Basel auf deutscher<br />
Seite. Weil er<br />
gern liest, stieg er<br />
vor etwa zehn<br />
<strong>Jahren</strong> mit e<strong>in</strong>em<br />
Praktikum <strong>in</strong> den<br />
Buchhändler-Beruf<br />
e<strong>in</strong>. Seit vier <strong>Jahren</strong> leitet er die Fantasy-Abteilung<br />
bei Thalia, «die mit Abstand<br />
grösste ihrer Art <strong>in</strong> Basel<strong>»</strong>. Se<strong>in</strong> Tipp: «Die<br />
Lügen des Lock Lamora<strong>»</strong> von Scott Lynch.<br />
«Dieses Buch habe <strong>ich</strong> gebannt gelesen<br />
und empfehle es auch deshalb gern, weil es<br />
s<strong>ich</strong> gut als E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong>s Fantasy-Genre eignet:<br />
Die beschriebene Welt und die Figuren<br />
s<strong>in</strong>d n<strong>ich</strong>t so abgehoben, dass sie E<strong>in</strong>steiger<br />
abschrecken würden. Im Herzogtum<br />
Camorr, das entfernt an Venedig er<strong>in</strong>nert,<br />
treibt e<strong>in</strong>e Diebesbande ihr Unwesen. Ihr<br />
Anführer und Ausbilder ist Lock Lamora,<br />
der s<strong>ich</strong> als Priester des Schutzpatrons der<br />
Diebe und Betrüger beze<strong>ich</strong>net. Der Bande<br />
geht es zwar auch um die Beute, m<strong>in</strong>destens<br />
so sehr aber darum, Camorrs Re<strong>ich</strong>e<br />
zu erschrecken – nach Lamoras Ans<strong>ich</strong>t<br />
haben s<strong>ich</strong> Ober- und Untersch<strong>ich</strong>t <strong>in</strong> der<br />
Stadt viel zu gut mite<strong>in</strong>ander arrangiert. In<br />
diesem ersten Band e<strong>in</strong>er Trilogie verfolgen<br />
wir mit, wie die Bande e<strong>in</strong>en grossen<br />
Coup plant und s<strong>ich</strong> mit etl<strong>ich</strong>en Schwierigkeiten<br />
herumschlagen muss. Die Charaktere<br />
s<strong>in</strong>d eigenständig und toll herausgearbeitet,<br />
der Roman ist flüssig<br />
geschrieben und der grosse Plan ist erst<br />
zum Schluss erkennbar. Das Buch ist zwar<br />
<strong>schon</strong> 2007 erschienen, doch <strong>in</strong> diesem<br />
April kommt nach langer Pause endl<strong>ich</strong><br />
der dritte Band ‹Die Republik der Diebe› <strong>in</strong><br />
die Buchhandlungen.<strong>»</strong><br />
Die Lügen des Lock<br />
Lamora<br />
scott lynch<br />
847 Seiten<br />
CHF 23.90<br />
Heyne<br />
«Belletristik habe <strong>ich</strong> mir<br />
eigentl<strong>ich</strong> verboten<strong>»</strong><br />
Wir möchten von Kund<strong>in</strong>nen und Kunden wissen: Welches ist Ihr liebstes<br />
Buch? Heute antwortet He<strong>in</strong>z Rataj aus Rapperswil.<br />
Erik Brühlmann<br />
Vor dem Abflug noch e<strong>in</strong> wenig Zeit totschlagen<br />
– dies müssen viele Menschen am<br />
Flughafen Kloten tun. E<strong>in</strong>en Abstecher <strong>in</strong><br />
die Filiale von Orell Füssli bietet s<strong>ich</strong> da<br />
natürl<strong>ich</strong> an. Auch He<strong>in</strong>z Rataj steckt gerade<br />
<strong>in</strong> der Situation, dass er auf se<strong>in</strong>en Abflug<br />
warten muss. «Me<strong>in</strong> Flieger nach Wien<br />
geht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stunde<strong>»</strong>, erzählt er mit charmantem<br />
österre<strong>ich</strong>ischen Akzent. Zurück<br />
<strong>in</strong> die Heimat? «Ne<strong>in</strong>, von Berufs wegen,<br />
<strong>ich</strong> gebe dort e<strong>in</strong> Sem<strong>in</strong>ar.<strong>»</strong> Zwar sei er <strong>in</strong><br />
Wien geboren, er lebe aber seit drei <strong>Jahren</strong><br />
<strong>in</strong> Rapperswil und betreibe dort mit se<strong>in</strong>er<br />
Frau e<strong>in</strong>e Praxis. He<strong>in</strong>z Rataj ist näml<strong>ich</strong><br />
Heilpraktiker und unterr<strong>ich</strong>tet auch <strong>in</strong> verschiedenen<br />
Diszipl<strong>in</strong>en.<br />
Seit <strong>Jahren</strong> liest He<strong>in</strong>z Rataj ausschliessl<strong>ich</strong><br />
Fachliteratur und philosophische Werke.<br />
«Belletristik habe <strong>ich</strong> mir e<strong>in</strong>mal verboten<strong>»</strong>,<br />
sagt er. «Der argent<strong>in</strong>ische Autor<br />
Jorge Luis Borges hielt e<strong>in</strong>mal fest: Bücher<br />
zu lesen ist, wie mit fremden Gehirnen zu<br />
denken. Das hat m<strong>ich</strong> sehr nachdenkl<strong>ich</strong><br />
gemacht, denn <strong>ich</strong> wollte ja mit me<strong>in</strong>em<br />
eigenen Gehirn denken.<strong>»</strong> Deshalb habe er<br />
es s<strong>ich</strong> abgewöhnt, die Gesch<strong>ich</strong>ten anderer<br />
zu lesen. «Heute lese <strong>ich</strong> fast nur noch<br />
Bücher zu den Themen Philosophie, Tiefenpsychologie<br />
und mediz<strong>in</strong>ische Naturheilkunde.<strong>»</strong><br />
Die Früchte se<strong>in</strong>er eigenen<br />
Gedanken hat der Österre<strong>ich</strong>er selber bereits<br />
mehrfach <strong>in</strong> Buchform veröffentl<strong>ich</strong>t.<br />
Das Buch, das He<strong>in</strong>z Rataj heute <strong>in</strong> der<br />
Hand hält und <strong>in</strong> unserer Rubrik vorstellen<br />
möchte, ist jedoch e<strong>in</strong>deutig belletristischer<br />
Natur: «1913 – Der Sommer des<br />
ROBERTO SAVIANO<br />
Autor des Bestsellers Gomorrha<br />
KOKAIN – wenn du ke<strong>in</strong>en kennst,<br />
der kokst, bist du bl<strong>in</strong>d – oder du selbst<br />
bist derjenige, der kokst.<br />
Hörprobe, Leseprobe, Videos und mehr unter<br />
www.hanser-literaturverlage.de/roberto-saviano<br />
Jahrhunderts<strong>»</strong> von Florian Illies. Das Buch<br />
schildert <strong>in</strong> anekdotischer Weise das Leben,<br />
Lieben und Leiden <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es<br />
Jahrs, das e<strong>in</strong>e Schwelle zwischen Höhepunkt<br />
und Niedergang, zwischen künstlerischer<br />
Exzentrik und politischem Zerfall<br />
darstellte. «Dass <strong>ich</strong> jetzt dieses Buch gekauft<br />
habe, ist die ganz grosse Ausnahme<br />
und hat e<strong>in</strong>en sentimentalen H<strong>in</strong>tergrund<strong>»</strong>,<br />
erzählt der Heilpraktiker. «Me<strong>in</strong><br />
Vater wurde näml<strong>ich</strong> am 13. März 1913<br />
geboren. Ausserdem hat das Buch e<strong>in</strong>e gewisse<br />
Aff<strong>in</strong>ität zu Wien und zu den Wiener<br />
Kaffeehäusern, wo s<strong>ich</strong> die grossen Köpfe<br />
der Zeit trafen und austauschten.<strong>»</strong> Und da<br />
ihm ausserdem e<strong>in</strong>ige begeisterte Rezensionen<br />
<strong>in</strong> die Hände kamen, habe er nun für<br />
e<strong>in</strong>mal se<strong>in</strong>e Regel gebrochen. «Aber <strong>ich</strong><br />
muss zugeben, der Hauptgrund ist die Gesch<strong>ich</strong>te<br />
um me<strong>in</strong>en Vater. Würde das Buch<br />
1914 behandeln, hätte <strong>ich</strong> es n<strong>ich</strong>t gekauft<br />
– so e<strong>in</strong>fach ist das manchmal!<strong>»</strong><br />
1913 – Der Sommer des<br />
Jahrhunderts<br />
Florian Illies<br />
319 Seiten<br />
CHF 29.90<br />
S. Fischer<br />
Ü.: Walter Kögler, Rita Seuß. 480 S. Gebunden, Lesebändchen. Auch als -Book<br />
Foto: © Just<strong>in</strong> Griffiths-Williams / Writer Pictures
40 | K<strong>in</strong>derwelt Books Nr. 1/2014 k<strong>in</strong>derwelt | 41<br />
Held<strong>in</strong>nen des Alltags<br />
Bücher mit starken Mädchen oder starken jungen Frauen haben ständig Hochkonjunktur. Nicole<br />
Stäuble, unsere Fachfrau für K<strong>in</strong>derbücher aus der Orell-Füssli-Filiale <strong>in</strong> Frauenfeld, präsentiert<br />
e<strong>in</strong>ige besonders geglückte Neuersche<strong>in</strong>ungen, bei denen Held<strong>in</strong>nen im Zentrum stehen.<br />
«Held<strong>in</strong>nen haben <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>der- und Jugendliteratur<br />
e<strong>in</strong>en ganz besonderen Platz.<br />
Das Spektrum ist dabei sehr weit; es re<strong>ich</strong>t<br />
von Heidi, das nirgends anecken will, aber<br />
dank se<strong>in</strong>es grossen Herzens schliessl<strong>ich</strong><br />
doch se<strong>in</strong> Glück f<strong>in</strong>det, über die bärenstarke<br />
Pippi Langstrumpf, die Polizisten durch<br />
die Luft wirbelt und s<strong>ich</strong> von wirkl<strong>ich</strong> gar<br />
niemandem et<strong>was</strong> sagen lässt, bis zu Katniss,<br />
die <strong>in</strong> der ‹Panem›-Trilogie e<strong>in</strong> tödl<strong>ich</strong>es<br />
Spiel spielen muss. Natürl<strong>ich</strong> schätzen<br />
vor allem Mädchen solche Held<strong>in</strong>nen<br />
– aber gerade das Beispiel der bis heute<br />
überaus beliebten Pippi zeigt, dass auch<br />
Buben ihre helle Freude an starken Mädchenfiguren<br />
haben können.<br />
E<strong>in</strong>e solche Mädchenfigur – wenn auch<br />
ohne besondere Muskelkraft – ist die zehnjährige<br />
Astrid aus ‹Astrids Plan vom grossen<br />
Glück›; geschaffen hat sie der preisgekrönte<br />
norwegische Schriftsteller Levi<br />
Henriksen. Astrids Eltern haben s<strong>ich</strong><br />
getrennt. In den Sommerferien soll<br />
das Mädchen erst den Vater und dessen<br />
neuen Liebe nach Griechenland<br />
begleiten, anschliessend mit der<br />
Mutter und deren neuem Herzblatt<br />
nach Norwegen reisen. Weil<br />
sie ihre Ferien aber lieber mit beiden<br />
Eltern zusammen verbr<strong>in</strong>gen<br />
will, heckt Astrid e<strong>in</strong>en Plan aus: Sie<br />
lockt Mutter und Vater auf e<strong>in</strong>e verlassene<br />
Insel, mit der die beiden schöne<br />
Er<strong>in</strong>nerungen verb<strong>in</strong>den, schaltet deren<br />
Mobiltelefone aus und versteckt die Boote<br />
für die Rückfahrt. Was als e<strong>in</strong>e Art Stre<strong>ich</strong><br />
beg<strong>in</strong>nt, wird <strong>schon</strong> bald zum Abenteuer:<br />
Die drei s<strong>in</strong>d auf der Insel n<strong>ich</strong>t alle<strong>in</strong>, der<br />
Vater erleidet e<strong>in</strong>en schlimmen Unfall, und<br />
die Familie kann die Insel n<strong>ich</strong>t mehr verlassen.<br />
Zum Glück gibt’s aber e<strong>in</strong> Happy<br />
End.<br />
Dieses Buch fesselt K<strong>in</strong>der ab neun <strong>Jahren</strong><br />
mit atemloser Spannung und e<strong>in</strong>er Hauptfigur,<br />
die über s<strong>ich</strong> h<strong>in</strong>auswächst und <strong>in</strong><br />
Marius Leutenegger<br />
schwierigen Situationen viel Mut aufbr<strong>in</strong>gt.<br />
Astrid verzweifelt n<strong>ich</strong>t, steckt Schuldgefühle<br />
weg und kämpft bis zum Schluss –<br />
damit identifiziert man s<strong>ich</strong> doch gern!<br />
Et<strong>was</strong> weniger heldenhaft wirkt die Hauptfigur<br />
des nächsten Buchs – aber nur auf<br />
den ersten Blick. In ‹Die Wahrheit, wie<br />
Delly sie sieht› erzählt die New Yorker<strong>in</strong><br />
Kather<strong>in</strong>e Hannigan von e<strong>in</strong>em Mädchen,<br />
das <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Dorf als böse und gewalttätig<br />
gilt – denn wenn Delly et<strong>was</strong> n<strong>ich</strong>t passt,<br />
kann sie zieml<strong>ich</strong> unverfroren werden. Bei<br />
e<strong>in</strong>er Kle<strong>in</strong>tierausstellung lässt sie zum<br />
Beispiel aus Mitleid alle Hühner frei, oder<br />
sie sagt hemmungslos, <strong>was</strong> sie denkt. Dass<br />
h<strong>in</strong>ter Dellys Taten meist e<strong>in</strong>e gute Abs<strong>ich</strong>t<br />
steckt, erkennt niemand; und irgendwann<br />
glaubt das Mädchen selber, es sei böse,<br />
weil ihm das ständig e<strong>in</strong>geredet wird. So<br />
verliert Delly allmähl<strong>ich</strong> ihr Lächeln und<br />
fängt an, die Schule zu schwänzen und zu<br />
stehlen. Doch dann kommt Ferris neu <strong>in</strong><br />
Dellys Schulklasse. Ferris sieht knabenhaft<br />
aus, spr<strong>ich</strong>t ke<strong>in</strong> Wort und lässt s<strong>ich</strong> von<br />
niemandem berühren. Delly fühlt s<strong>ich</strong> von<br />
Ferris angezogen, und <strong>schon</strong> bald verbr<strong>in</strong>gen<br />
die beiden Mädchen jede freie M<strong>in</strong>ute<br />
zusammen. Ferris' stille Art hilft Delly, ihre<br />
Umgebung besser zu verstehen und s<strong>ich</strong><br />
ihrer Handlungen bewusst zu werden.<br />
Bald braucht aber auch Ferris Dellys Hilfe.<br />
Auch <strong>in</strong> dieser Gesch<strong>ich</strong>te muss e<strong>in</strong> Mädchen<br />
über s<strong>ich</strong> h<strong>in</strong>auswachsen und se<strong>in</strong>en<br />
ganzen Mut zusammennehmen. Delly<br />
wächst e<strong>in</strong>em derart ans Herz, dass man<br />
sie selber zur Freund<strong>in</strong> haben möchte. ‹Die<br />
Wahrheit, wie Delly sie sieht› ist e<strong>in</strong>e wunderschöne<br />
Gesch<strong>ich</strong>te, die e<strong>in</strong>em beim Lesen<br />
das Herz zum Überlaufen br<strong>in</strong>gt. Ich<br />
empfehle das Buch für K<strong>in</strong>der ab elf <strong>Jahren</strong><br />
– und <strong>ich</strong> f<strong>in</strong>de, es eignet s<strong>ich</strong> ideal dafür, <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Schulklasse vorgelesen zu werden.<br />
Wenn wir <strong>schon</strong> bei Schulklassen s<strong>in</strong>d: Die<br />
Englischlehrer<strong>in</strong> Sharon M. Draper hat<br />
e<strong>in</strong>st den jährl<strong>ich</strong> vergebenen und sehr begehrten<br />
Preis als beste Lehrer<strong>in</strong> der USA<br />
gewonnen. Daneben ist sie auch noch<br />
Schriftsteller<strong>in</strong>. Und <strong>was</strong> für e<strong>in</strong>e! In ‹Mit<br />
Worten kann <strong>ich</strong> fliegen› erzählt sie von<br />
der elfjährigen Melody, die Wörter über alles<br />
liebt. Leider kann sie diese aber n<strong>ich</strong>t<br />
verwenden, weil sie an e<strong>in</strong>er seltenen<br />
Krankheit leidet – Melody wird niemals gehen,<br />
selber essen und reden können. Dass<br />
sie sehr <strong>in</strong>telligent ist, sehen weder<br />
Ärzte noch Lehrer. Nur ihre Eltern<br />
und ihr K<strong>in</strong>dermädchen<br />
glauben an das Mädchen, dessen<br />
Vorbild der ebenfalls schwer beh<strong>in</strong>derte<br />
Wissenschaftler Stephen<br />
Hawk<strong>in</strong>g ist.<br />
Melodys Situation verbessert s<strong>ich</strong> erst,<br />
als ihre ‹Beh<strong>in</strong>dertenklasse› e<strong>in</strong>e neue<br />
Lehrer<strong>in</strong> bekommt. Diese merkt<br />
schnell: Melody will gefordert werden. Sie<br />
lässt das Mädchen deshalb jeden Tag e<strong>in</strong><br />
paar Stunden lang am regulären Schulunterr<strong>ich</strong>t<br />
teilnehmen. Bald darauf erhält Melody<br />
den Sprachcomputer, den sie s<strong>ich</strong> so<br />
sehr gewünscht hat. Und als die Schule e<strong>in</strong><br />
Team für e<strong>in</strong>en landesweiten Wissenswettbewerb<br />
zusammenstellen muss, bekommt<br />
Melody die e<strong>in</strong>malige Chance, endl<strong>ich</strong> allen<br />
zu zeigen, <strong>was</strong> sie kann.<br />
Ehrl<strong>ich</strong>: ‹Mit Worten kann <strong>ich</strong> fliegen› ist<br />
e<strong>in</strong>es der e<strong>in</strong>drückl<strong>ich</strong>sten Bücher, das <strong>ich</strong><br />
je gelesen habe. Es hat mir viel gegeben:<br />
Verständnis, Bewunderung und Respekt<br />
für alle Menschen, die jeden Tag so kämpfen<br />
müssen wie Melody. Der Autor<strong>in</strong> möchte<br />
man dafür danken, dass sie e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>en<br />
derart tiefen E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> e<strong>in</strong> schwieriges<br />
Leben ermögl<strong>ich</strong>t. Die Gesch<strong>ich</strong>te eignet<br />
s<strong>ich</strong> für Mädchen und Jungen ab zwölf<br />
<strong>Jahren</strong>.<br />
Ebenfalls sehr empfehlenswert ist ‹Wenn<br />
ihr uns f<strong>in</strong>det›; das neue Buch von Emily<br />
Murdoch stiess <strong>in</strong> den USA auf ähnl<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>hellige<br />
Begeisterung wie ‹Mit Worten kann<br />
<strong>ich</strong> fliegen›. Es eignet s<strong>ich</strong> für Jugendl<strong>ich</strong>e<br />
ab 14 <strong>Jahren</strong>. Die 15-jährige Carey und<br />
ihre neunjährige Schwester Jenessa leben<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em alten Wohnwagen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>samen<br />
Wald. Ihre Mutter bleibt oft wochenlang<br />
weg – dann beschafft sie s<strong>ich</strong> Geld und<br />
besorgt s<strong>ich</strong> Drogen und Lebensmittel. Carey<br />
kümmert s<strong>ich</strong> liebevoll um ihre jüngere<br />
Schwester und versucht, sie zu beschützen.<br />
In freien M<strong>in</strong>uten spielt sie auf e<strong>in</strong>er<br />
alten Geige, und beide Mädchen lernen aus<br />
verschlissenen Schulbüchern. Doch seit e<strong>in</strong>em<br />
Jahr schweigt Jenessa beharrl<strong>ich</strong>.<br />
Den Mädchen gehen allmähl<strong>ich</strong> die Lebensmittel<br />
aus, und das ewige Dosenfutter<br />
hängt ihnen zum Halse raus. Schliessl<strong>ich</strong><br />
wird klar: Diesmal kommt die Mutter n<strong>ich</strong>t<br />
mehr zurück.<br />
Die beiden Mädchen kommen zu ihrem<br />
Vater, dessen neuer Frau und Stieftochter<br />
Delany. Delany ist e<strong>in</strong> Jahr älter als Carey<br />
und sehr eifersüchtig. Jenessa gel<strong>in</strong>gt es<br />
schnell, s<strong>ich</strong> <strong>in</strong> die neue Situation e<strong>in</strong>zuleben,<br />
Carey h<strong>in</strong>gegen fällt der Neuanfang<br />
schwer. Immer wieder kommen Er<strong>in</strong>nerungen<br />
an ihr früheres Leben hoch. E<strong>in</strong>e<br />
davon hält sie tief <strong>in</strong> s<strong>ich</strong> verschlossen: die<br />
HANSPETER<br />
MÜLLER-DROSSAART<br />
«himmelhoch!<strong>»</strong><br />
MI 2. APR / DO 3. APR 20.00 Uhr<br />
Er<strong>in</strong>nerung an den Tag, an dem Jenessa<br />
ihre Stimme verlor.<br />
Ich fand das Buch sehr, sehr spannend.<br />
Immer wieder standen mir beim Lesen die<br />
Haare zu Berge, und die Gesch<strong>ich</strong>te beschäftigt<br />
m<strong>ich</strong> immer noch, obwohl es<br />
<strong>schon</strong> Wochen her ist, seit <strong>ich</strong> das Buch<br />
gelesen habe. Ich kann m<strong>ich</strong> an kaum e<strong>in</strong><br />
anderes Buch er<strong>in</strong>nern, dass mir so unter<br />
die Haut g<strong>in</strong>g.<strong>»</strong><br />
Nicole Stäuble, 41, ist Buchhändler<strong>in</strong> bei<br />
Orell Füssli <strong>in</strong> Frauenfeld; sie hat e<strong>in</strong>en<br />
dreijährigen Sohn. «Ich machte bereits<br />
me<strong>in</strong>e Lehre zur Buchhändler<strong>in</strong> bei Orell<br />
Füssli<strong>»</strong>, erzählt sie. Schon <strong>in</strong> der Lehre<br />
seien K<strong>in</strong>der- und Jugendbücher für sie das<br />
Grösste gewesen, denn «dieser Bere<strong>ich</strong><br />
ist so vielseitig – und fast so et<strong>was</strong> wie<br />
e<strong>in</strong>e Buchhandlung <strong>in</strong> der Buchhandlung!<strong>»</strong><br />
Ausserdem könne man die Kund<strong>in</strong>nen<br />
und Kunden, die K<strong>in</strong>derbücher suchten,<br />
r<strong>ich</strong>tig beraten: «Die meisten Leute s<strong>in</strong>d<br />
dankbar für Empfehlungen, weil sie s<strong>ich</strong><br />
mit den Neuersche<strong>in</strong>ungen n<strong>ich</strong>t so gut<br />
auskennen.<strong>»</strong><br />
SCHÖN&GUT<br />
«Schönmatt<strong>»</strong><br />
MI 16. APR<br />
20.00 Uhr<br />
Kartenbestellung und weitere Infos: www.cas<strong>in</strong>otheater.ch oder Telefon 052 260 58 58<br />
Astrids Plan vom grossen<br />
Glück<br />
Levi Henriksen<br />
256 Seiten<br />
CHF 19.90<br />
dtv<br />
Die Wahrheit, wie Delly<br />
sie sieht<br />
Kather<strong>in</strong>e Hannigan<br />
288 Seiten<br />
CHF 22.90<br />
Hanser<br />
Mit Worten kann <strong>ich</strong> fliegen<br />
Sharon M. Draper<br />
320 Seiten<br />
CHF 22.90<br />
Ueberreuter<br />
Wenn ihr uns f<strong>in</strong>det<br />
Emily Murdoch<br />
304 Seiten<br />
CHF 23.90<br />
Heyne<br />
LORENZ KEISER<br />
«Chäs und Brot & Rock ’n’ Roll<strong>»</strong><br />
FR 9. MAI – SA 31. MAI<br />
20.00 Uhr
42 | Schöne Bücher Books Nr. 1/2014<br />
voralpen-express | 43<br />
Le<strong>ich</strong>tigkeit im Detail.<br />
Entdecken Sie die vielen Funktionen und technischen Besonderheiten,<br />
die dem neuen tol<strong>in</strong>o sh<strong>in</strong>e se<strong>in</strong>e Le<strong>ich</strong>tigkeit verleihen.<br />
Grosser Coup mit kurzer<br />
Gesch<strong>ich</strong>te<br />
Voralpen-Express und Orell Füssli Thalia riefen geme<strong>in</strong>sam dazu auf,<br />
kurze Zugreise-Erzählungen für den Wettbewerb «Gesch<strong>ich</strong>ten sp<strong>in</strong>nen<strong>»</strong><br />
e<strong>in</strong>zure<strong>ich</strong>en. Bed<strong>in</strong>gung: Die Erzählungen mussten die Begriffe<br />
«unbekannter Koffer<strong>»</strong>, «Voralpen-Express<strong>»</strong>, «Rothenthurmer Hochmoor<strong>»</strong>,<br />
«Sitterviadukt<strong>»</strong> und «Rickentunnel<strong>»</strong> enthalten. Die Jury hatte<br />
viel zu tun, denn es trafen fast 500 Beiträge e<strong>in</strong>. Als Gew<strong>in</strong>ner wurde<br />
Othmar Koller aus Wilen bei Wil gekürt. Er darf s<strong>ich</strong> auf e<strong>in</strong>e Übernachtung<br />
für zwei Personen <strong>in</strong> der Literaturküche von Schreiber vs. Schneider<br />
<strong>in</strong>klusive E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong>s Heilbad Bad Zurzach freuen – und darüber,<br />
dass wir hier se<strong>in</strong>e Gesch<strong>ich</strong>te e<strong>in</strong>em breiten Publikum vorstellen.<br />
Fr. 129.–<br />
PREISLEISTUNGSSIEGER<br />
GUT (1,9)<br />
Im Test:<br />
13 E-Book-Reader<br />
Ausgabe<br />
6/2013<br />
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Buchhandlungen erhältl<strong>ich</strong>.<br />
13JE01<br />
Ungeschliffen und Dreist<br />
Draussen brennt die Sonne mit 32 Grad<br />
unbarmherzig auf die Stadtleute nieder.<br />
Von ihrer Stirn perlen die Wassertropfen zu<br />
Boden. Ist es die Hitze oder ihr erhaltener<br />
Auftrag, der Rebekka S. die Wärme <strong>in</strong>s Ges<strong>ich</strong>t<br />
treibt? Sie <strong>weiss</strong> es n<strong>ich</strong>t. Doch sie ist<br />
froh, <strong>in</strong> Luzern endl<strong>ich</strong> <strong>in</strong> den klimatisierten<br />
Voralpen-Express steigen zu können.<br />
«Hoffentl<strong>ich</strong> ist es ke<strong>in</strong> schlechtes Omen,<br />
dass die Zug-Lok die Werbung der Polizeischule<br />
Ostschweiz trägt<strong>»</strong>, denkt s<strong>ich</strong> Rebekka<br />
kurz, während sie nach dem Couvert<br />
<strong>in</strong> ihrer Tasche sucht.<br />
Im Couvert ihres Auftraggebers ist auch e<strong>in</strong><br />
Billett erster Klasse. Das schützt besser vor<br />
neugierigen Blicken. Die ganze Strecke<br />
kennt Rebekka wie ihre rechte Hosentasche.<br />
Sie ist sie <strong>schon</strong> Monate vorher mehrmals<br />
abgefahren. Sie kennt jeden Halt, jedes<br />
Signal, jede Kreuzung, jeden Bahnhof<br />
– e<strong>in</strong>fach alles. Doch heute steigt Rebekka<br />
n<strong>ich</strong>t an e<strong>in</strong>em Bahnhof aus. Sie benutzt<br />
die Wartezeit für die Zugskreuzung beim<br />
Rothenthurmer Hochmoor, um unauffällig<br />
den Zug zu verlassen. Ihre Komplizen haben<br />
dafür gesorgt, dass s<strong>ich</strong>er «ihr Zug<strong>»</strong> auf<br />
die Kreuzung warten muss. Alles muss<br />
schnell gehen. Es gibt nur e<strong>in</strong>e Mögl<strong>ich</strong>keit,<br />
den Zug zu verlassen, ohne dass der Lokführer<br />
e<strong>in</strong>e Störmeldung erhält. Auch das<br />
hat Rebekka vorher e<strong>in</strong>ige Male ausgetestet.<br />
Als s<strong>ich</strong> der Voralpen-Express wieder <strong>in</strong><br />
Bewegung setzt, schaut sie ihm nach und<br />
prüft kurz, ob sie n<strong>ich</strong>t von jemandem gesehen<br />
wurde. Rebekka nimmt den Plan aus<br />
dem Couvert. In e<strong>in</strong>er der kle<strong>in</strong>en Hütten<br />
im Moor ist der unbekannte Koffer deponiert.<br />
Von der Strasse ertönen Polizeisire-<br />
nen. Sie bleibt kurz stehen und verfolgt den<br />
Klang. Sie <strong>weiss</strong>, dass sie ihr auf den Fersen<br />
s<strong>in</strong>d. Schon e<strong>in</strong>mal hatten sie sie fast geschnappt.<br />
Auf direktem Weg schreitet sie<br />
auf die markierte Hütte zu. Nur le<strong>ich</strong>t versteckt<br />
schaut der Koffer h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>er Ecke<br />
hervor. Sie nimmt ihn <strong>in</strong> die Hand und<br />
überprüft diesen kurz. Kaum zu glauben,<br />
alle würden den Koffer für e<strong>in</strong>en ganz normalen<br />
Reisekoffer halten – wäre da n<strong>ich</strong>t<br />
noch e<strong>in</strong>e Lasche, unter der e<strong>in</strong>e digitale<br />
Anzeige rot bl<strong>in</strong>kt.<br />
Wenig später steht Rebekka mit dem Koffer<br />
am Bahnhof Altmatt und wartet auf den<br />
«Regio<strong>»</strong> R<strong>ich</strong>tung Biberbrugg. Dort angekommen,<br />
wechselt sie <strong>in</strong> den nächsten<br />
Voralpen-Express nach St. Gallen. Kurz vor<br />
der Ausfahrt im Rickentunnel bremst der<br />
Zug stark ab und bleibt schliessl<strong>ich</strong> stehen.<br />
E<strong>in</strong> kurzes Lächeln zieht über Rebekkas<br />
Ges<strong>ich</strong>t. Als der Zug <strong>in</strong> Wattwil e<strong>in</strong>fährt, ist<br />
es gewiss. Der vorhergehende Voralpen-<br />
Express steht auf e<strong>in</strong>em Nebengeleise und<br />
ist umz<strong>in</strong>gelt von Polizisten, Fahndern uns<br />
Spürhunden. «Gute Arbeit, Kollegen<strong>»</strong>,<br />
murmelt Rebekka leise vor s<strong>ich</strong> h<strong>in</strong>, «die<br />
falsche Fährte hat funktioniert.<strong>»</strong><br />
Der Zug rollt weiter R<strong>ich</strong>tung St. Gallen.<br />
Beim Sitterviadukt sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e unbekannte<br />
Baufirma Unterhaltsarbeiten an der<br />
Brücke durchzuführen. Es steht e<strong>in</strong> sehr<br />
grosser Autokran bereit. Für Rebekka<br />
heisst es jetzt nochmals volle Konzentration.<br />
Der Koffer muss genau auf dem Sitterviadukt<br />
aus dem Gepäckabteil geworfen<br />
werden. Nur so wird die kostbare Fracht<br />
von den Auffangnetzen gehalten. Kurz vor<br />
der Brücke öffnet die seitl<strong>ich</strong>e Gepäcktüre.<br />
Et<strong>was</strong> später fliegt e<strong>in</strong> Koffer durch die<br />
Luft, und unten beg<strong>in</strong>nt s<strong>ich</strong> der Autokran<br />
<strong>in</strong> Bewegung zu setzen. «Bis am Abend,<br />
Kumpels<strong>»</strong>, denkt sie s<strong>ich</strong> und steigt <strong>in</strong> St.<br />
Gallen aus dem Zug.<br />
Am Abend treffen s<strong>ich</strong> Auftraggeber und<br />
Empfänger sowie sämtl<strong>ich</strong>e Gehilfen et<strong>was</strong><br />
ausserhalb der Stadt. Der Auftraggeber<br />
nimmt den Koffer und hebt die Lasche. Er<br />
kennt als e<strong>in</strong>ziger den Code des elektronischen<br />
Schlosses. Beim Öffnen geht e<strong>in</strong> Raunen<br />
durch die Runde. E<strong>in</strong> weiterer Teil der<br />
Rohdiamanten hat den Weg <strong>in</strong> die Schweiz<br />
gefunden. «Saubere Arbeit, Leute<strong>»</strong>, me<strong>in</strong>t<br />
der Empfänger und händigt im Gegenzug<br />
se<strong>in</strong>en Koffer mit dem Bargeld aus. Für<br />
Rebekka S. ist der Auftrag nach erfolgter<br />
Bezahlung abgeschlossen. Sie ist bereit für<br />
den nächsten Coup.<br />
Die 10 Preisträger<br />
1. Othmar Koller, Wilen bei Wil<br />
2. Ruth Perlt-Vögeli, St. Gallen<br />
3. Frank Waldis, Luzern<br />
4. Rosmarie Ziegler-Salzmann, Galgenen<br />
5. Marianne Vogt, Aarau<br />
6. Sarah Jagfeld, W<strong>in</strong>terthur<br />
7. M<strong>ich</strong>ael Rimle, Wattwil<br />
8. Brigitte Möhr, Maienfeld<br />
9. Barbara Haener, Baar<br />
10. Carol<strong>in</strong>e Breitenmoser, Lustmühle
44 | kochbücher Books Nr. 1/2014<br />
Kochbücher | 45<br />
E<strong>in</strong> Schmaus auch<br />
für die Augen<br />
E<strong>in</strong> Ger<strong>ich</strong>t muss attraktiv aussehen, wenn es Appetit wecken soll.<br />
Neue Kochbücher zeigen, wie man gut und schön kocht.<br />
Markus Ganz<br />
Es ist e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>senwahrheit, dass das Auge<br />
mitisst. Wer ernsthaft kocht, drapiert und<br />
dekoriert die Spesen denn auch hübsch.<br />
Aber selbst Profis begnügen s<strong>ich</strong> häufig mit<br />
et<strong>was</strong> Petersilie, um ihre Ger<strong>ich</strong>te farbl<strong>ich</strong><br />
aufzupeppen. Für Tatjana Reimann, Caro<br />
Mantke und Tim Schober ist die Farbe jedoch<br />
ke<strong>in</strong>e Nebensache. Die drei Designer<br />
und Hobbyköche aus Berl<strong>in</strong> haben die Farbe<br />
<strong>in</strong> den Fokus ihres aussergewöhnl<strong>ich</strong>en<br />
Buchs «Kochen nach Farben<strong>»</strong> gestellt –<br />
und liessen s<strong>ich</strong> dabei von der französischen<br />
Konzeptkünstler<strong>in</strong> Sophie Calle <strong>in</strong>spirieren.<br />
Ihr Buch präsentiert zwölf Menüs,<br />
deren Speisen allesamt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Farbe<br />
gehalten s<strong>in</strong>d: Weiss, Schwarz, Beige, Hellgrün,<br />
Gelb, Hellrot, Dunkelgrün, Rot, Violett,<br />
Orange, Dunkelrot und Braun. Alle<br />
zwölf Menüs bestehen aus zwei Vorspeisen,<br />
e<strong>in</strong>em Hauptger<strong>ich</strong>t, e<strong>in</strong>em Dessert<br />
und drei begleitenden Getränken.<br />
Lehrre<strong>ich</strong>e Irritation<br />
E<strong>in</strong>farbige Menüs irritieren n<strong>ich</strong>t nur als<br />
Idee. Auch der Anblick ist gewöhnungsbedürftig,<br />
vor allem bei Farben wie Violett<br />
oder Schwarz. Aber diese Beschränkung<br />
schärft die S<strong>in</strong>ne. Auf den ersten Blick<br />
glaubt man, alle Speisen hätten die gle<strong>ich</strong>e<br />
Farbe. Doch dann zeigen s<strong>ich</strong> bald deutl<strong>ich</strong>e<br />
Nuancen. Man schaut genauer h<strong>in</strong> und<br />
stellt auch <strong>in</strong> der Textur der Zutaten Unterschiede<br />
fest. Derart sensibilisiert, kostet<br />
man die Speisen aufmerksamer. Und wird<br />
n<strong>ich</strong>t enttäuscht. Denn die vorgestellten Ger<strong>ich</strong>te<br />
bieten n<strong>ich</strong>t nur e<strong>in</strong> optisch unvergessl<strong>ich</strong>es<br />
Erlebnis, sondern überzeugen<br />
auch im Gaumen. Tatsächl<strong>ich</strong> schmecken<br />
die Menüs n<strong>ich</strong>t so e<strong>in</strong>dimensional, wie ihr<br />
Aussehen vermuten lässt. Ungewöhnl<strong>ich</strong>e<br />
Komb<strong>in</strong>ationen schaffen spannende Geschmackserlebnisse.<br />
Beim grünen Menü<br />
etwa gibt es Brownies aus <strong>weiss</strong>er Schokolade<br />
und dem japanischen Teepulver Matcha,<br />
orig<strong>in</strong>ell ist auch e<strong>in</strong> Cocktail aus G<strong>in</strong>,<br />
Agavensirup, Limettensaft und Basilikum.<br />
Das mag teilweise penetrant aussehen, wie<br />
letzterer Dr<strong>in</strong>k zeigt. Doch es werden nur<br />
natürl<strong>ich</strong>e Zutaten und ke<strong>in</strong>erlei künstl<strong>ich</strong>e<br />
Farbstoffe e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
Die Kunst der Kruste<br />
Bei gewöhnl<strong>ich</strong>eren Speisen s<strong>in</strong>d Tipps<br />
und Tricks vielle<strong>ich</strong>t umso w<strong>ich</strong>tiger, damit<br />
e<strong>in</strong> sowohl geschmackl<strong>ich</strong> wie optisch ansprechendes<br />
Ergebnis resultiert. Diese<br />
Tipps und Tricks vermittelt die Buchreihe<br />
«Schöner kochen<strong>»</strong> konsequent – und sie<br />
ist deshalb auch e<strong>in</strong> Verkaufsschlager. In<br />
der neusten Ausgabe geht es um «Die<br />
Kunst des perfekten Grat<strong>in</strong>ierens<strong>»</strong>. Der<br />
Sternekoch Achim Schwekendiek zeigt dar<strong>in</strong>,<br />
dass gute Küche auch <strong>in</strong> diesem Bere<strong>ich</strong><br />
«n<strong>ich</strong>t aufwändiger Kreationen oder<br />
avantgardistischer Kompositionen<strong>»</strong> bedarf.<br />
Er führt vor, wie man aus e<strong>in</strong>fachen<br />
Zutaten edle Ger<strong>ich</strong>te <strong>mache</strong>n kann, die<br />
auch Hobbyköchen gel<strong>in</strong>gen. Dabei hilft<br />
die Bebilderung aller entscheidenden<br />
Schritte von der Vorbereitung bis zum Anr<strong>ich</strong>ten.<br />
Achim Schwekendiek verrät e<strong>in</strong>em<br />
auch Kniffe, wie man etwa die perfekte<br />
Kruste zustande br<strong>in</strong>gt. Das Buch re<strong>ich</strong>t<br />
weit über den Kartoffelgrat<strong>in</strong> h<strong>in</strong>aus und<br />
berücks<strong>ich</strong>tigt auch die exotische Küche.<br />
N<strong>ich</strong>t vergessen gehen verwandte Techniken<br />
wie Soufflieren und Karamellisieren<br />
mitsamt Rezepten.<br />
Der Profiratgeber für Hobbyköche<br />
Das sechsbändige und fast 2500 Seiten<br />
umfassende Kochbuch «Modernist Cuis<strong>in</strong>e<br />
– The Art and Science of Cook<strong>in</strong>g<strong>»</strong> erschien<br />
2011 und mauserte s<strong>ich</strong> schnell zu e<strong>in</strong>em<br />
Referenzwerk für Profis. Nun haben<br />
Nathan Myhrvold und Maxime Bilet für<br />
ambitionierte Hobbyköche e<strong>in</strong>e reduzierte<br />
Ausgabe geschaffen, die auch <strong>in</strong> der deutschen<br />
Version «Modernist Cuis<strong>in</strong>e at<br />
Home<strong>»</strong> heisst. Im ersten Teil f<strong>in</strong>det man<br />
alle Angaben, wie man die Utensilien e<strong>in</strong>er<br />
modernen Küche optimal nutzt und wie<br />
man die unterschiedl<strong>ich</strong>en Kochtechniken<br />
meistert. Dann folgen unzählige Anleitungen,<br />
wie man Basics wie aromatisierte Öle,<br />
Gewürzmischungen, Saucen und Mar<strong>in</strong>a-<br />
den herstellt. Unter den Rezepten f<strong>in</strong>det<br />
man auch sche<strong>in</strong>bar simple Standardger<strong>ich</strong>te<br />
wie Chicken W<strong>in</strong>gs oder alle mögl<strong>ich</strong>en<br />
Arten von Frühstückseiern. Aber<br />
auch hier gilt, dass von der Auswahl qualitativ<br />
hochstehender Zutaten bis zur makellosen<br />
Präsentation alles detailliert ausgeführt,<br />
n<strong>ich</strong>ts dem Zufall überlassen wird.<br />
Wissenschaftl<strong>ich</strong>e Perfektion<br />
Es ist die grosse Verständl<strong>ich</strong>keit, die dieses<br />
Kochbuch aussergewöhnl<strong>ich</strong> macht. Dazu<br />
tragen unzählige selbsterklärende Illustrationen<br />
und vere<strong>in</strong>fachte wissenschaftl<strong>ich</strong>e<br />
Erläuterungen der Kochvorgänge viel bei.<br />
Akribisch wird etwa erläutert, wie kalte<br />
und heisse Fette den Geschmack unterschiedl<strong>ich</strong><br />
bee<strong>in</strong>flussen oder wie die perfekte<br />
Pizzakruste zustandekommt. Solche<br />
Erklärungen wären ohne die Vorgesch<strong>ich</strong>te<br />
der beiden Autoren undenkbar, die gemäss<br />
Verlagsangaben <strong>schon</strong> als K<strong>in</strong>der kul<strong>in</strong>arisch<br />
experimentiert und dabei be<strong>in</strong>ahe die<br />
Küchen ihrer Eltern niedergebrannt hätten.<br />
Besonders ist vor allem die Karriere<br />
von Nathan Myhrvold. Dieser promovierte<br />
an der Pr<strong>in</strong>ceton University <strong>in</strong> Wirtschaftsmathematik<br />
und theoretischer Physik. Später<br />
wurde er erster «Chief Technology Officer<strong>»</strong><br />
bei Microsoft, bevor er s<strong>ich</strong> voll se<strong>in</strong>er<br />
Leidenschaft für das schöne Kochen und<br />
die Lebensmitteltechnologie widmete.<br />
Kochen nach Farben –<br />
12 Farben, 12 Menüs<br />
Tatjana Reimann, Caro<br />
Mantke, Tim Schober<br />
208 Seiten<br />
CHF 44.90<br />
Prestel<br />
Schöner Kochen – Die<br />
Kunst des perfekten<br />
Grat<strong>in</strong>ierens<br />
Achim Schwekendiek<br />
192 Seiten<br />
CHF 37.90<br />
Becker-Joest-Volk<br />
Modernist Cuis<strong>in</strong>e at Home<br />
Nathan Myhrvold,<br />
Maxime Bilet<br />
676 Seiten<br />
CHF 135.00<br />
Taschen<br />
Für Sie probiert: Rucola-Salat mit Pistazienkoriander-Frikadellen<br />
Rezept aus dem nebenan besprochenen Buch «Kochen nach Farben<strong>»</strong><br />
Zutaten:<br />
150 g Rucola-Salat<br />
250 g gemischtes Hackfleisch<br />
20 g Pistazienkerne<br />
1/2 Bund Koriander<br />
20 g frischer Ingwer<br />
1 Knoblauchzehe<br />
6 grüne Pfefferkörner<br />
1 Ei<br />
Salz<br />
Olivenöl<br />
Dress<strong>in</strong>g:<br />
6 EL Kürbiskernöl<br />
1 TL Akazienhonig<br />
Saft e<strong>in</strong>er Zitrone<br />
ENTRÉE<br />
SüSSe Verführung<br />
Besuchen Sie den Orell-Füssli-Stand am «Salon du chocolat<strong>»</strong> –<br />
Signierstunden mit bekannten Kochbuch-Autoren vor Ort und die<br />
leckerste Bücherauswahl zum Thema Schokolade und Süssigkeiten.<br />
Mehr Infos unter www.books.ch/chocolat<br />
WettbeWerb<br />
Zubereitung:<br />
Rucola-Salat <strong>was</strong>chen und auf vier Teller<br />
verteilen. Pistazien und Pfefferkörner fe<strong>in</strong><br />
hacken, Koriander <strong>was</strong>chen und trocken<br />
schütteln. Blättchen von den Stielen zupfen<br />
und fe<strong>in</strong> hacken. Knoblauch und Ingwer<br />
schälen und fe<strong>in</strong> reiben. Hackfleisch, Pistazien,<br />
Koriander, Ingwer, Knoblauch und<br />
Pfeffer mit Ei vermengen und mit den Händen<br />
zu e<strong>in</strong>em Teig verkneten. Mit Salz würzen<br />
und zu Rollen von ca. 3 cm Durchmesser<br />
formen. Et<strong>was</strong> Öl <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Pfanne<br />
erhitzen und die Rollen bei mittlerer Hitze<br />
unter Wenden ca. 10 M<strong>in</strong>uten braten. Danach<br />
<strong>in</strong> 2 cm dicke Stücke schneiden und<br />
auf dem Salat verteilen.<br />
In e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Schüssel die Zutaten für<br />
das Dress<strong>in</strong>g verrühren und über den portionierten<br />
Rucola und die Frikadellenscheiben<br />
träufeln. Zubereitungszeit: 40<br />
M<strong>in</strong>uten.<br />
4.–6. April 2014,<br />
Messe Zür<strong>ich</strong>,<br />
Stand 9 und 10<br />
Gew<strong>in</strong>nen Sie E<strong>in</strong>trittskarten für den «Salon du chocolat<strong>»</strong>! Wir verlosen unter allen Teilnehmenden 10 × 2<br />
Tickets für die feierl<strong>ich</strong>e VIP-Eröffnung am 3. April sowie 20 E<strong>in</strong>zeltageskarten, e<strong>in</strong>lösbar zwischen 4. und 6. April.<br />
E<strong>in</strong>fach E-Mail mit Betreff «Chocolat<strong>»</strong> und Ihrer Postadresse an 4kommunikation@books.ch schicken.<br />
Teilnahmebed<strong>in</strong>gungen: Teilnahmeschluss ist der 26.3.2014. Die Gew<strong>in</strong>ner werden per Zufall ermittelt und schriftl<strong>ich</strong> benachr<strong>ich</strong>tigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Ke<strong>in</strong>e Barauszahlung oder Übertragung des Gew<strong>in</strong>ns<br />
mögl<strong>ich</strong>. Teilnahmeberechtigt s<strong>in</strong>d alle Personen ausser den Mitarbeitenden der Orell Füssli Thalia AG. Ihre Adresse wird nur für die Dauer des Wettbewerbs gespe<strong>ich</strong>ert und n<strong>ich</strong>t an Dritte weitergegeben.
46 | WETTBEWERB Books Nr. 1/2014 VERANSTALTUNGEN | 47<br />
Das Literatur-Kreuzworträtsel<br />
Unter den r<strong>ich</strong>tigen Lösungen verlosen wir Gutsche<strong>in</strong>karten von Orell Füssli Thalia:<br />
1. Preis: CHF 200.–, 2. Preis: CHF 100.–, 3. Preis: CHF 50.–, 4. bis 10. Preis: je CHF 20.–.<br />
MÄRZ<br />
19.<br />
19.<br />
Rösslitor St.Gallen 20 h<br />
«Rettet die Wall Street – warum<br />
wir die Zocker brauchen<strong>»</strong><br />
Lesung mit Jens Korte<br />
Stauffacher Bern 20 h<br />
«Schreib oder stirb – 129 Autorenschicksale<strong>»</strong><br />
Lesung und Gespräch mit Charles L<strong>in</strong>smayer<br />
und Manfred Papst<br />
24. Kellerbühne St. Gallen 20 h<br />
«Sout<strong>in</strong>es letzte Fahrt<strong>»</strong><br />
Lesung mit Ralph Dutli, veranstaltet von der<br />
Kellerbühne <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der<br />
Buchhandlung Rösslitor<br />
25.<br />
Thalia Basel 20.15 h<br />
«Gömmer Starbucks?<strong>»</strong><br />
Hörbuch-Taufe mit Bänz Friedli<br />
26. Kramhof Zür<strong>ich</strong> 20.15 h<br />
«Frauen hassen<strong>»</strong><br />
Buchpräsentation und Lesung mit M<strong>ich</strong>ael<br />
Herzig<br />
26. ZAP Brig 19.30 h<br />
Veranstaltungen<br />
31. Stauffacher Bern 20 h<br />
«Koala<strong>»</strong><br />
Lesung mit Lukas Bärfuss<br />
april<br />
2.<br />
2.<br />
3.<br />
7.<br />
9.<br />
15.<br />
16.<br />
25.<br />
Meissner Aarau 19.30 h<br />
«Gartenreiseführer Schweiz<strong>»</strong><br />
Vortrag und Bilderschau von Sarah Fasol<strong>in</strong><br />
Thalia Bern 20 h<br />
«Wie wir für die Freiheit<br />
kämpften<strong>»</strong><br />
Lesung und Gespräch über die stillen Held<strong>in</strong>nen<br />
und Helden <strong>in</strong> Südafrika; mit Rommel Roberts<br />
Orell Füssli am Bellevue, Zür<strong>ich</strong> 20.30 h<br />
Wer b<strong>in</strong> <strong>ich</strong>?<br />
Roger Schaw<strong>in</strong>ski erzählt aus se<strong>in</strong>em Leben<br />
Thalia Bern 17.30 h<br />
«Die digitale Revolution und<br />
unsere Arbeitswelt<strong>»</strong><br />
Berner WissenschaftsCafé; öffentl<strong>ich</strong>er Vortrag<br />
und Diskussion<br />
ZAP Brig 19.30 h<br />
«Dramödyssee<strong>»</strong><br />
Lesung mit Kosta Athanasopoulos<br />
Thalia Basel 20 h<br />
«Verdammtes Land. E<strong>in</strong>e Reise<br />
durch Paläst<strong>in</strong>a<strong>»</strong><br />
Lesung mit Andreas Altmann<br />
Stauffacher Bern 20 h<br />
«Verdammtes Land. E<strong>in</strong>e Reise<br />
durch Paläst<strong>in</strong>a<strong>»</strong><br />
Lesung mit Andreas Altmann<br />
Zeughaus Kultur Brig 19.30 h<br />
26.<br />
Märlischtund<br />
Orell Füssli Frauenfeld 10.30 h<br />
28. Thalia Basel 20 h<br />
«Me<strong>in</strong> Leben für den Fussball<strong>»</strong><br />
Lesung und Gespräch mit Gilbert Gress<br />
30.<br />
mai<br />
3.<br />
3.<br />
5.<br />
6.<br />
12.<br />
12.<br />
Stauffacher Bern 20 h<br />
«Pendler zwischen Wirtschaft<br />
und Politik<strong>»</strong><br />
Lesung und Gespräch mit Kaspar Villiger<br />
Kramhof Zür<strong>ich</strong> 13-15 h<br />
Theo der Bär besucht die<br />
K<strong>in</strong>derwelt<br />
Stauffacher Bern 19 h<br />
«Brennesseljahre<strong>»</strong><br />
Lesung und Buchvernissage mit Daniela<br />
Schenk<br />
Thalia Bern 17.30 h<br />
«Der manipulierte Konsument<strong>»</strong><br />
Berner WissenschaftsCafé; öffentl<strong>ich</strong>er Vortrag<br />
und Diskussion<br />
Meissner Aarau 19.30 h<br />
«Me<strong>in</strong> Leben für den Fussball<strong>»</strong><br />
Lesung und Gespräch mit Gilbert Gress<br />
Thalia Thun 17.30 h<br />
«S<strong>in</strong>d die Bienen noch zu<br />
retten?<strong>»</strong><br />
Thuner WissenschaftsCafé; öffentl<strong>ich</strong>er Vortrag<br />
und Diskussion<br />
Stauffacher Bern 20 h<br />
«Re<strong>in</strong>er We<strong>in</strong><strong>»</strong><br />
Lesung mit Mart<strong>in</strong> Walker<br />
13.<br />
Thalia Basel 20 h<br />
«Re<strong>in</strong>er We<strong>in</strong><strong>»</strong><br />
Lesung mit Mart<strong>in</strong> Walker<br />
✁<br />
Lösungswort:<br />
Bis zum 30. April 2014 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Filiale von Orell Füssli, Thalia, Stauffacher, ZAP oder bei<br />
Rösslitor Bücher abgeben – oder per E-Mail senden an: books@books.ch.<br />
Über den Wettbewerb wird ke<strong>in</strong>e Korrespondenz geführt.<br />
Vorname / Name<br />
Adresse<br />
PLZ / Ort<br />
E-Mail<br />
«Hypnotisiere m<strong>ich</strong> – Wenn<br />
Gedanken de<strong>in</strong> Leben schaffen<strong>»</strong><br />
Vortrag von Gabriel Palacios<br />
29.<br />
Märlischtund<br />
Orell Füssli Frauenfeld 10.30 h<br />
«Jenseitskontakte<strong>»</strong><br />
Vortrag und Demonstration von Pascal<br />
Voggenhuber, Kooperation des Giger-Verlags<br />
mit ZAP Brig<br />
14.<br />
ZAP Visp 19 h<br />
«Traum Alp – Älpler<strong>in</strong>nen im<br />
Porträt<strong>»</strong><br />
Lesung mit Bilderschau; mit Daniela Schwegler<br />
Mehr Veranstaltungen f<strong>in</strong>den Sie auf<br />
www.books.ch, www.thalia.ch,<br />
www.stauffacher.ch und www.zap.ch.<br />
Mehr Veranstaltungen f<strong>in</strong>den Sie auf www.books.ch, www.thalia.ch, www.stauffacher.ch und www.zap.ch
48 | kolumne Books Nr. 1/2014<br />
FILMTIPPS | 49<br />
Schweizer Autor<strong>in</strong>nen und<br />
Autoren erzählen <strong>in</strong> «Books<strong>»</strong>,<br />
warum sie schreiben.<br />
Heute: Lukas Hartmann<br />
Es war e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Junge, der gerne<br />
las. Weil es aber bei ihm zu Hause nur wenige<br />
Bücher gab, kl<strong>in</strong>gelte er bei den Nachbarn<br />
und fragte, ob sie ihm Bücher ausleihen<br />
könnten. E<strong>in</strong>e alte Frau führte ihn auf<br />
den Dachboden, dort lagen <strong>in</strong> Schachteln<br />
Dutzende von alten Büchern. Die Frau blies<br />
den Staub von ihnen weg und sagte:<br />
«Nimm, <strong>was</strong> du willst!<strong>»</strong> So kam der Junge<br />
dazu, «Rob<strong>in</strong>son Crusoe<strong>»</strong> zu lesen, «Der<br />
Graf von Monte Christo<strong>»</strong>, «Oliver Twist<strong>»</strong>.<br />
Weit weg führten den Jungen se<strong>in</strong>e Leseabenteuer<br />
und doch wieder zu s<strong>ich</strong> selbst,<br />
sie brachten ihn ausser Atem, sie liessen<br />
ihn bangen, hoffen, glückl<strong>ich</strong> se<strong>in</strong>.<br />
E<strong>in</strong>es Tages beschloss der Junge – er war<br />
elf- oder zwölfjährig – , selber e<strong>in</strong>e Gesch<strong>ich</strong>te<br />
zu erf<strong>in</strong>den. Er schlug e<strong>in</strong> leeres<br />
Schulheft auf, setzte den Stift an und stellte<br />
s<strong>ich</strong> vor, wie es wäre, wenn er, wie Rob<strong>in</strong>son,<br />
ganz alle<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>e Insel verschlagen<br />
würde. Er merkte, dass er auf diese Weise<br />
et<strong>was</strong> Eigenes schaffen konnte, das ihm<br />
viel mehr bedeutete als die Aufsätze, die er<br />
<strong>in</strong> der Schule schreiben musste. Als er das<br />
Heft gefüllt hatte, wusste er, dass er Schriftsteller<br />
werden wollte, und er wünschte<br />
s<strong>ich</strong>, dass viele Leute se<strong>in</strong>e Gesch<strong>ich</strong>ten lesen<br />
würden. Aber das Heft zeigte er niemandem,<br />
und se<strong>in</strong>en Wunsch behielt er<br />
lange für s<strong>ich</strong>, denn er ahnte, dass die Erwachsenen<br />
ihm se<strong>in</strong>en Traum ausreden<br />
würden.<br />
Mehr als e<strong>in</strong> halbes Jahrhundert später sitze<br />
<strong>ich</strong> vor dem Bildschirm. Ich b<strong>in</strong> nach<br />
vielen Umwegen und Anläufen tatsächl<strong>ich</strong><br />
Schriftsteller geworden. Wenn K<strong>in</strong>der m<strong>ich</strong><br />
heute fragen, warum <strong>ich</strong> schreibe, erzähle<br />
<strong>ich</strong> ihnen diese Gesch<strong>ich</strong>te. Sie ist wahr,<br />
und sie enthält den Keim me<strong>in</strong>er Schriftstellerexistenz.<br />
Wenn Erwachsene mir die<br />
gle<strong>ich</strong>e Frage stellen – <strong>ich</strong> höre sie oft –,<br />
wird die Antwort komplizierter. Ebenso<br />
gut, denke <strong>ich</strong> <strong>in</strong> solchen Momenten, könnte<br />
man m<strong>ich</strong> fragen: «Warum atmen Sie?<strong>»</strong><br />
«Weil <strong>ich</strong> muss<strong>»</strong>, möchte <strong>ich</strong> antworten.<br />
Oder e<strong>in</strong>fach: «Darum<strong>»</strong> – und ke<strong>in</strong> Wort<br />
mehr; denn eigentl<strong>ich</strong> <strong>weiss</strong> <strong>ich</strong> ja gar<br />
n<strong>ich</strong>t, <strong>was</strong> genau m<strong>ich</strong> dazu br<strong>in</strong>gt, wieder<br />
und wieder e<strong>in</strong>en neuen Stoff aufzugreifen<br />
und ihm <strong>in</strong> monatelanger harter Arbeit<br />
e<strong>in</strong>e gültige Form zu geben.<br />
E<strong>in</strong>es ist mir <strong>in</strong>zwischen aber doch klar:<br />
Jede Gesch<strong>ich</strong>te, die <strong>ich</strong> erzähle, hat <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er<br />
Weise mit mir zu tun. Meist f<strong>in</strong>de<br />
<strong>ich</strong> erst im Lauf der Niederschrift heraus,<br />
<strong>was</strong> es ist. Zu me<strong>in</strong>em letzten Roman, «Abschied<br />
von Sansibar<strong>»</strong>, kam <strong>ich</strong> so: Freunde<br />
erzählten mir vom Palastmuseum <strong>in</strong> Sansibar;<br />
dort gebe es e<strong>in</strong>en Raum, welcher der<br />
Pr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong> Salme, später Emily Ruete, gewidmet<br />
sei. Von ihr hatte <strong>ich</strong> noch nie gehört.<br />
Aber <strong>was</strong> <strong>ich</strong> <strong>in</strong> groben Zügen vernahm,<br />
packte m<strong>ich</strong> sogle<strong>ich</strong>: E<strong>in</strong>e Muslim<strong>in</strong><br />
verliebt s<strong>ich</strong> um 1860 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Hamburger<br />
Kaufmann, wird von ihm schwanger und<br />
muss fliehen. Sie lebt, als Christ<strong>in</strong>, unglückl<strong>ich</strong><br />
<strong>in</strong> Hamburg, verliert früh ihren Mann<br />
durch e<strong>in</strong>en Unfall, versucht ihre drei K<strong>in</strong>der<br />
zu guten Deutschen zu <strong>mache</strong>n.<br />
«Was für e<strong>in</strong> Stoff!<strong>»</strong>, dachte <strong>ich</strong> und begann<br />
<strong>schon</strong> am nächsten Tag zu recherchieren.<br />
Bald war mir klar, dass es <strong>in</strong> dieser Gesch<strong>ich</strong>te<br />
zentral um die Frage geht, auf welche<br />
Weise die Integration <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e fremde<br />
Kultur glücken kann oder warum sie scheitert.<br />
Und damit leuchtet Emilys Schicksal<br />
gle<strong>ich</strong>sam <strong>in</strong> unsere Zeit h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. Mehr<br />
noch: H<strong>in</strong>ter Emily Ruete sah <strong>ich</strong> immer<br />
deutl<strong>ich</strong>er die Umrisse me<strong>in</strong>er Mutter.<br />
Durch ihre Heirat wurde sie, die Bauerntochter,<br />
<strong>in</strong> die Stadt verpflanzt, wo ihr alles<br />
völlig fremd war. Sie we<strong>in</strong>te nachts, <strong>was</strong> sie<br />
mir erst im Alter gestand, und sehnte s<strong>ich</strong><br />
zurück nach dem Bauernhof. Emily nahezukommen,<br />
bedeutete für m<strong>ich</strong>, me<strong>in</strong>e<br />
Mutter, Jahre nach ihrem Tod, <strong>in</strong> ihrer <strong>in</strong>neren<br />
Zerrissenheit besser zu verstehen.<br />
Schreibe <strong>ich</strong> darum? Schreibe <strong>ich</strong>, um mit<br />
der Welt auch m<strong>ich</strong> selbst und me<strong>in</strong>e Herkunft<br />
zu erforschen? Das mag se<strong>in</strong>. Ich<br />
werde jedenfalls weiterschreiben, Buch um<br />
Buch, so hoffe <strong>ich</strong>.<br />
Lukas hartmann<br />
Lukas Hartmann, 69, schreibt historische<br />
Romane, Gesch<strong>ich</strong>ten für Erwachsene<br />
sowie K<strong>in</strong>der- und Jugendbücher. Er studierte<br />
Musik, Germanistik und Psychologie;<br />
heute lebt er <strong>in</strong> Spiegel bei Bern. Für se<strong>in</strong><br />
Werk wurde Lukas Hartmann mehrfach<br />
ausgeze<strong>ich</strong>net, unter anderem mit dem<br />
«Grossen Literaturpreis von Stadt und<br />
Kanton Bern<strong>»</strong>. Se<strong>in</strong> aktuelles Buch erzählt<br />
die Saga e<strong>in</strong>er west-östl<strong>ich</strong>en Familie:<br />
Abschied von Sansibar<br />
328 Seiten<br />
CHF 34.90<br />
Diogenes<br />
© Peter Mosimann<br />
FANTASY<br />
Game of<br />
Thrones –<br />
Staffel 3<br />
Die Lennisters sche<strong>in</strong>en den Krieg<br />
der <strong>fünf</strong> Könige gewonnen zu haben,<br />
nachdem sie Stannis Baratheon e<strong>in</strong>e<br />
vern<strong>ich</strong>tende Niederlage zugefügt<br />
haben. Auf Robb Stark, den König<br />
des Nordens, kommt h<strong>in</strong>gegen Unheil<br />
zu, obwohl ihm das Schlachtenglück<br />
hold ist. Immer grösser wird auch die<br />
Bedrohung des ganzen Kont<strong>in</strong>ents<br />
Westeros durch die Armee der Wildl<strong>in</strong>ge,<br />
die ihren Marsch gegen Süden<br />
unaufhaltsam fortsetzt. Und jenseits<br />
der Meerenge sammelt Daenerys Targaryen<br />
ihre Kräfte, um den Eisernen<br />
Thron zurückzuerobern.<br />
Wer bereits vom Game-of-Thrones-<br />
Virus befallen ist, wird s<strong>ich</strong> die dritte<br />
Staffel der Serie n<strong>ich</strong>t entgehen lassen.<br />
Und er wird n<strong>ich</strong>t enttäuscht werden<br />
von dieser Verfilmung der Bestseller<br />
von George R.R. Mart<strong>in</strong>.<br />
580 M<strong>in</strong>uten<br />
DVD: CHF 44.90<br />
Blu-ray: CHF 54.90<br />
SCIENCE-FICTION<br />
Die Tribute<br />
von Panem –<br />
Catch<strong>in</strong>g Fire<br />
Katniss und Peeta müssen erneut <strong>in</strong><br />
die Arena. Mit e<strong>in</strong>er List überlebten<br />
beide im ersten Teil der Filmserie die<br />
Hungerspiele. Doch damit ermutigten<br />
sie auch die unterdrückte Bevölkerung<br />
zur Rebellion gegen das Regime.<br />
Also setzt Präsident Snow alles daran,<br />
Katniss‘ Glaubwürdigkeit als Symbolfigur<br />
der Rebellion zu zerstören. Das<br />
soll mit e<strong>in</strong>er Spezialauflage der tödl<strong>ich</strong>en<br />
Hungerspiele gel<strong>in</strong>gen, <strong>in</strong> der<br />
bisherige Sieger der Spiele gegene<strong>in</strong>ander<br />
antreten. Doch im H<strong>in</strong>tergrund<br />
reift e<strong>in</strong> anderer, grösserer Plan.<br />
Die Verfilmung des zweiten Romans<br />
der «Panem<strong>»</strong>-Trilogie von Suzanne<br />
Coll<strong>in</strong>s bietet noch mehr Überraschungen<br />
als der erste Teil – den man<br />
allerd<strong>in</strong>gs kennen muss, um «Catch<strong>in</strong>g<br />
Fire<strong>»</strong> zu verstehen. Die Filme also<br />
gle<strong>ich</strong> im Doppelpack kaufen!<br />
146 M<strong>in</strong>uten<br />
DVD: CHF 19.90<br />
Blu-ray: CHF 24.90<br />
DRAMA<br />
Das Mädchen<br />
Wadjda<br />
Die zehnjährige Wadjda hat e<strong>in</strong>en<br />
Traum. Sie träumt vom grünen Velo,<br />
das sie auf ihrem Schulweg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Spielzeuggeschäft sieht. Denn damit<br />
könnte sie endl<strong>ich</strong> ihren Nachbarjungen<br />
Abdullah <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Rennen besiegen.<br />
Die Sache hat allerd<strong>in</strong>gs zwei<br />
Haken. Wadjda lebt <strong>in</strong> Saudi-Arabien,<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er konservativen Gesellschaft,<br />
<strong>in</strong> der Mädchen das Velofahren n<strong>ich</strong>t<br />
gestattet ist. Und Geld für das Velo<br />
hat sie auch ke<strong>in</strong>es. Doch die lebenslustige<br />
Wadjda macht s<strong>ich</strong> mit viel<br />
Unternehmergeist und Hartnäckigkeit<br />
daran, die nötigen f<strong>in</strong>anziellen Mittel<br />
aufzutreiben.<br />
Für ihren berührenden und gle<strong>ich</strong>wohl<br />
witzigen Film über e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e<br />
Rebellion wurde die saudische Regisseur<strong>in</strong><br />
Haifaa Al Mansour mehrfach<br />
ausgeze<strong>ich</strong>net.<br />
97 M<strong>in</strong>uten<br />
DVD: CHF 19.90<br />
ANIMATIONSFILM<br />
Die Eiskönig<strong>in</strong> –<br />
Völlig unverfroren<br />
Im Königre<strong>ich</strong> Arendelle herrscht ewiger<br />
W<strong>in</strong>ter. Grund dafür ist Elsa, die<br />
neue König<strong>in</strong> des Re<strong>ich</strong>s. Sie verfügt<br />
über magische Kräfte, die sie lange<br />
mit Müh und Not unter Kontrolle<br />
halten konnte. Doch dann verlor Elsa<br />
die Beherrschung – und damit auch<br />
die Kontrolle über ihre Macht. Nun<br />
macht s<strong>ich</strong> Elsas jüngere Schwester<br />
Anna auf den beschwerl<strong>ich</strong>en Weg<br />
durch das w<strong>in</strong>terl<strong>ich</strong>e Königre<strong>ich</strong>, um<br />
die Eiskönig<strong>in</strong> wider Willen <strong>in</strong> ihrem<br />
Eispalast <strong>in</strong> den Bergen zu f<strong>in</strong>den.<br />
Der Disney-Film «Die Eiskönig<strong>in</strong> –<br />
Völlig unverfroren<strong>»</strong> ist lose <strong>in</strong>spiriert<br />
vom bekannten Märchen «Die<br />
Schneekönig<strong>in</strong><strong>»</strong> von Hans Christian<br />
Andersen und bietet e<strong>in</strong>en rasanten<br />
Animationsfilmspass für Jung und Alt.<br />
98 M<strong>in</strong>uten<br />
DVD: CHF 19.90<br />
Blu-ray: CHF 24.90
50 | landesmuseum Books Nr. 1/2014 LANDESMUSEUM | 51<br />
Das Landesmuseum Zür<strong>ich</strong> entführt Gross und Kle<strong>in</strong> <strong>in</strong> die Märchenwelt.<br />
Märchen reloaded<br />
Märchen durchdr<strong>in</strong>gen unsere Kultur und bezaubern K<strong>in</strong>der und Erwachsene. Das Landesmuseum Zür<strong>ich</strong> beleuchtet<br />
verschiedene Facetten dieses Phänomens und würdigt die grosse Märchenerzähler<strong>in</strong> Trudi Gerster.<br />
Das Landesmuseum präsentiert uns Gegenstände<br />
aus vergangenen Tagen, weil<br />
diese oft e<strong>in</strong>e lange und <strong>in</strong>teressante Gesch<strong>ich</strong>te<br />
erzählen können. Jetzt sei im Landesmuseum<br />
Zür<strong>ich</strong> e<strong>in</strong>e Ausstellung zu<br />
sehen, bei der es s<strong>ich</strong> für e<strong>in</strong>mal umgekehrt<br />
verhalte, sagt Museumsdirektor Andreas<br />
Spillmann: «Die Gesch<strong>ich</strong>ten standen<br />
am Anfang, als wir e<strong>in</strong>e Ausstellung über<br />
Trudi Gerster und Märchen planten, dann<br />
haben wir die passenden Objekte dazu gesucht.<strong>»</strong><br />
Die Sucharbeit der beiden Kuratoren<br />
Pascale Meyer und Walter Keller hat<br />
s<strong>ich</strong> gelohnt. Die Ausstellung «Märchen,<br />
Magie und Trudi Gerster<strong>»</strong> führt vom Mittelalter<br />
bis <strong>in</strong> die Gegenwart und zeigt Gegenstände,<br />
die für Besuchende jeden Alters<br />
e<strong>in</strong>en Gew<strong>in</strong>n darstellen.<br />
Benjam<strong>in</strong> Gygax<br />
jekten aus Andalusien lag. In roter T<strong>in</strong>te<br />
und e<strong>in</strong>em sehr altertüml<strong>ich</strong>en, maghreb<strong>in</strong>ischen<br />
Schriftstil las <strong>ich</strong> die Überschrift:<br />
‹kitâb fîhi hadîth mi’at layla wa-layla – Das<br />
Buch mit der Gesch<strong>ich</strong>te von Hundertunde<strong>in</strong>er<br />
Nacht› – und war sofort elektrisiert.<strong>»</strong><br />
Das Manuskript wurde <strong>in</strong>zwischen von<br />
Claudia Ott übersetzt und veröffentl<strong>ich</strong>t.<br />
Wertvolle Orig<strong>in</strong>ale europäischer<br />
Erzähler<br />
N<strong>ich</strong>t weniger bedeutend ist e<strong>in</strong> Ausstellungsstück<br />
<strong>in</strong> der sogenannten «Schatzkammer<strong>»</strong><br />
des Landesmuseums: Hier kann<br />
man e<strong>in</strong>en Blick auf e<strong>in</strong>e Handschrift werfen,<br />
mit der die Brüder Grimm 1810 zwei<br />
Märchen festhielten. Daneben liegen Scherenschnitte,<br />
die Hans Christian Andersen<br />
kunstvoll anfertigte. An e<strong>in</strong>em anderen Ort<br />
ist e<strong>in</strong>e der 22 noch erhaltenen Erstausgaben<br />
von «Alice’s Adventures <strong>in</strong> Wonderland<strong>»</strong><br />
aus dem Jahr 1865 zu sehen. Sogar<br />
Orig<strong>in</strong>ale e<strong>in</strong>er echten König<strong>in</strong> gibt es zu<br />
bestaunen: Margrethe II., König<strong>in</strong> von Dänemark,<br />
ist begabte Illustrator<strong>in</strong> und Designer<strong>in</strong>.<br />
Sie schuf 2009 die Kostüme und<br />
Dekors zur Verfilmung des Andersen-Märchens<br />
«Die wilden Schwäne<strong>»</strong>. Das Landesmuseum<br />
stellt die Kleider und Dekors im<br />
Orig<strong>in</strong>al aus.<br />
Die Märchen-König<strong>in</strong> der Schweiz<br />
Auch die Schweiz hatte e<strong>in</strong>e König<strong>in</strong>: Die<br />
Märchen-König<strong>in</strong> Trudi Gerster, die durch<br />
ihre Auftritte an der Landesausstellung<br />
1939 <strong>in</strong> Zür<strong>ich</strong> bekannt wurde und vor<br />
rund e<strong>in</strong>em Jahr verstarb. E<strong>in</strong> eigener<br />
Raum der Ausstellung ist diesem Schweizer<br />
Phänomen gewidmet. In e<strong>in</strong>em bezaubernden<br />
Märchenwald steht der Thron,<br />
auf dem Trudi Gerster so oft sass und die<br />
Zuhörenden <strong>in</strong> ihren Bann zog. Gross und<br />
Kle<strong>in</strong> können hier ihren Erzählungen lauschen<br />
und Bilder von Andreas Jenni bewundern.<br />
Beim Künstler handelt s<strong>ich</strong> um<br />
Trudi Gersters Sohn; er teilt ihre Begeisterung<br />
für Märchen und arbeitet als Illustrator<br />
und Erzähler.<br />
Märchen durchdr<strong>in</strong>gen unsere Kultur<br />
Wie stark Märchen bis heute wirken, belegt<br />
der letzte Raum der Ausstellung. Hier<br />
s<strong>in</strong>d neben Ausschnitten moderner Märchenverfilmungen<br />
aus Hollywood auch Bilder<br />
von Tomi Ungerer und grossflächige<br />
Fotografien von Annelies Strba und Nan<br />
Gold<strong>in</strong> zu sehen. Beide liessen s<strong>ich</strong> auf unterschiedl<strong>ich</strong>e<br />
Art von der Fantasiewelt der<br />
Märchen <strong>in</strong>spirieren und schufen Bilder,<br />
die e<strong>in</strong>en eigenen Zauber ausstrahlen.<br />
«Wir wollten<br />
das Monument<br />
Trudi Gerster<br />
würdigen<strong>»</strong><br />
Books: Was hat Sie veranlasst, dem<br />
Thema Märchen e<strong>in</strong>e Ausstellung zu<br />
widmen?<br />
Pascale Meyer: Der Anstoss dazu war,<br />
dass wir Trudi Gerster <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ausstellung<br />
würdigen wollten. Deshalb s<strong>in</strong>d wir auch<br />
froh, dass sie vor ihrem Tod noch von<br />
unseren Plänen erfuhr und dass uns ihre<br />
Familie mit ihrem Wissen und Objekten<br />
aus dem Nachlass grosszügig unterstützte.<br />
Walter Keller: Es g<strong>in</strong>g uns aber auch<br />
darum, e<strong>in</strong>er Erzählform zu ihrem Recht<br />
zu verhelfen, die von Erwachsenen oft<br />
unterschätzt wird. Märchen öffnen Gross<br />
und Kle<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Fenster zu Mögl<strong>ich</strong>keitsformen<br />
und nehmen mit ihrem Zauber<br />
eigentl<strong>ich</strong> Filme und Games des digitalen<br />
Zeitalters vorweg. Deshalb wollten wir<br />
Märchen mit der Ausstellung re-aktualisieren<br />
– sie könnte auch «Märchen reloaded<strong>»</strong><br />
heissen.<br />
Dennoch, haben Märchen n<strong>ich</strong>t an<br />
Bedeutung verloren?<br />
Pascale Meyer: Der Aargauer Illustrator<br />
Felix Hoffmann, dessen Bücher bei uns zu<br />
sehen s<strong>in</strong>d, verkaufte <strong>in</strong> den 1970er-<strong>Jahren</strong><br />
e<strong>in</strong>e unglaubl<strong>ich</strong>e Auflage von 600’000<br />
Büchern. Sie werden bis heute <strong>in</strong> Südkorea<br />
gedruckt. Das K<strong>in</strong>o hat <strong>in</strong> den letzten<br />
<strong>Jahren</strong> immer mehr populäre Märchen-<br />
Verfilmungen gezeigt, und die Kultur ist<br />
durchdrungen von Märchen-Themen. Das<br />
zeigen auch die Fotoarbeiten von Annelies<br />
Strba und Nan Gold<strong>in</strong> <strong>in</strong> unserer Ausstellung.<br />
Pascale Meyer und Walter Keller: «Märchen s<strong>in</strong>d<br />
auch heute e<strong>in</strong> Fenster zu Mögl<strong>ich</strong>keitsformen.<strong>»</strong><br />
MÄRCHENHAFTE ANLÄSSE<br />
15. März: «Zwerg, Pr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong>,<br />
Zauberkugel<strong>»</strong><br />
K<strong>in</strong>der schlüpfen mit der Märchenerzähler<strong>in</strong><br />
Verena Jenny <strong>in</strong> Rollen und spielen<br />
Märchen.<br />
23. März: «Spiegle<strong>in</strong>, Spiegle<strong>in</strong><br />
an der Wand, wage d<strong>ich</strong> <strong>in</strong>s<br />
Märchenland<strong>»</strong><br />
Führung für K<strong>in</strong>der mit anschliessendem<br />
Theaterspiel, geleitet vom Theaterpädagogen<br />
Beni Müller.<br />
5. April: Tagung «Das Märchen<br />
s<strong>in</strong>d wir<strong>»</strong><br />
E<strong>in</strong> Samstag mit verschiedenen Vorträgen<br />
und K<strong>in</strong>derprogramm «Abrakadabra<br />
und Simsalabim<strong>»</strong>.<br />
25. März, 8./22. April, 6. Mai.<br />
Öffentl<strong>ich</strong>e Führungen durch die Ausstellung<br />
Informationen zur Ausstellung und zu Veranstaltungen:<br />
www.nationalmuseum.ch/zuer<strong>ich</strong><br />
Märchen-<br />
Empfehlungen<br />
101 Nacht<br />
Claudia Ott/<br />
Aga Khan<br />
Museum<br />
329 Seiten<br />
CHF 74.90<br />
Manesse<br />
800 Jahre alte Entdeckung<br />
Die Ausstellung beg<strong>in</strong>nt mit e<strong>in</strong>em Blick<br />
auf die orientalischen Märchen. Als Besonderheit<br />
ist hier e<strong>in</strong>e Abbildung der Handschrift<br />
«101 Nacht<strong>»</strong> von 1234 zu sehen.<br />
Die Orientalist<strong>in</strong> Claudia Ott entdeckte die<br />
kle<strong>in</strong>e Schwester der bekannten Gesch<strong>ich</strong>tensammlung<br />
erst vor wenigen <strong>Jahren</strong><br />
beim Gang durch e<strong>in</strong>e Ausstellung: «Mir<br />
fiel e<strong>in</strong>e Handschrift auf, die et<strong>was</strong> abseits<br />
der anderen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Vitr<strong>in</strong>e mit Kunstob-<br />
Tausendunde<strong>in</strong>e<br />
Nacht<br />
Claudia Ott<br />
696 Seiten<br />
CHF 44.90<br />
C.H.Beck<br />
Das grosse<br />
Märchenbuch<br />
Christian Str<strong>ich</strong><br />
(Herausgeber),<br />
Tatjana Hauptmann<br />
(Illustrationen)<br />
662 Seiten<br />
CHF 70.00<br />
Diogenes<br />
Die schönsten<br />
Märchen<br />
der Schweiz<br />
Dirk Vaih<strong>in</strong>ger<br />
(Herausgeber),<br />
Doris Lecher<br />
(Illustrationen)<br />
204 Seiten<br />
CHF 29.90<br />
Nagel & Kimche<br />
Trudi Gerster<br />
erzählt<br />
CHF 10.90<br />
45 M<strong>in</strong>uten<br />
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