KLARENBACHBOTE - Evangelische Klarenbach-Kirchengemeinde
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3 GEISTLICHES<br />
WORT<br />
Die sechste Jahreszeit - Gedanken zur Urlaubszeit<br />
von Pfarrer Christian Schmandt<br />
Ein sonnenklarer Tag in den Bergen.<br />
Eine Wanderung durch die Natur. Eine<br />
stille Meeresbucht. Strand genug zum<br />
Laufen oder auch nur zum Liegen. Eine<br />
Brandung, die dazu einlädt, sich in die<br />
Wogen zu werfen. Ein Abendhimmel in<br />
romantischen Farben über einer milden<br />
hügeligen Landschaft. Auf der Terrasse<br />
ein geschmackvoll gedeckter Tisch. Ein<br />
Salat mit saftigen Früchten des Landes,<br />
Käse, Brot und Wein.<br />
So oder ähnlich sehen oft die persönlichen<br />
Erinnerungen an eine ganz eigene<br />
Zeit im Jahr aus: Die Urlaubszeit. Ich<br />
möchte sie einmal die „sechste“ Jahreszeit<br />
nennen. Es ist die sechste Jahreszeit<br />
nach Frühling, Sommer, Herbst, Winter<br />
– und für manche unbeugsame Narren:<br />
Karneval.<br />
Ein Gut, das sich verbraucht?<br />
Solche Augenblicke wie die eben angedeuteten<br />
würden wir gerne „festhalten“.<br />
Wir würden sie wenigstens so lange<br />
ausdehnen, bis wir sie so richtig auskosten<br />
konnten. Aber oft machen wir<br />
die Erfahrung, dass die Urlaubszeit wie<br />
im Flug vergeht. Und diese kurzen Momente,<br />
die das Leben versüßen, lassen<br />
sich nicht einfach einfangen. Keine Kamera<br />
kann sie bannen. Auch die Erinnerung<br />
daran wirkt später nur noch wie<br />
ein blasser Schatten.<br />
Es scheint so zu sein, als wäre der Urlaub<br />
ein Gut, das sich wieder<br />
„verbraucht“ – wie vieles andere auch.<br />
Mit den Erinnerungen verschwinden<br />
Erlebnisse und Erfahrungen. Selbst Gefühle<br />
wie Entspannung und Erholung<br />
können nicht wie selbstverständlich<br />
durch den Alltag hindurch aufgespart<br />
werden.<br />
Trotzdem glaube ich nicht, dass Urlaub<br />
nur ein Verbrauchsgut ist. Ich glaube<br />
nicht, dass ich im Urlaub nur ein bisschen<br />
vom „anderen Leben“ tanke, das<br />
ich dann im Arbeitsalltag nach und<br />
nach verbrenne wie einen Kraftstoff.<br />
Und ich glaube auch nicht, dass Urlaubserinnerungen<br />
nur ein Fall fürs papierne<br />
oder digitale Museum im Fotoalbum<br />
sind.<br />
Geschenkte Lebenszeit<br />
Zunächst einmal kommt es ja gar<br />
nicht so sehr auf das Erinnern an, sondern<br />
darauf, was ich da im Augenblick<br />
erlebe. Urlaub ist ein Stück „geschenkte<br />
Lebenszeit“. Und zwar Zeit, die ich gerade<br />
als geschenkte Zeit erleben kann.<br />
Geschenkte Zeit ist – mit einem traditionellen<br />
biblischen Wort ausgedrückt:<br />
„Gnadenzeit“, denn Gnade ist Geschenk.<br />
Gnädig an dieser Zeit ist es,<br />
dass sie nicht verplant werden muss.<br />
Gnädig an ihr ist, dass sie nicht in bare<br />
Münze umgesetzt werden muss. Es ist<br />
keine Zeit, die mir dazu dient, mit ihr<br />
Geld zu erwirtschaften, sondern Zeit,<br />
die gerade von solchem wirtschaftlichen<br />
Druck frei bleiben soll.<br />
Gnädig an ihr ist aber auch, dass sie<br />
nicht „verdient“ werden muss. Sie ist<br />
uns nicht gewährt, weil wir gearbeitet<br />
haben, sondern damit wir arbeiten können<br />
– später, im Anschluss an diese<br />
Pause. Geschenkte Zeit ist darum, genau<br />
genommen, ein Vorschuss.<br />
Natürlich spricht die Bibel nicht von<br />
„Urlaub“, aber sie spricht von dieser geschenkten<br />
Zeit. Der biblische Ausdruck<br />
dafür ist „Sabbat“, das „Aufhören“, die<br />
Ruhepause.<br />
(Fortsetzung: nächste Seite)