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Hochleistungsnetz statt Y-Trasse - VCD

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Hochleistungsschienennetz<br />

für Niedersachsen, Bremen und Hamburg<br />

<strong>statt</strong><br />

Y<br />

–<br />

<strong>Trasse</strong><br />

Eine systemische Betrachtung<br />

"Y-<strong>Trasse</strong>"<br />

Prinzip <strong>Hochleistungsnetz</strong><br />

Verbindung von Strecken<br />

Verbindung von Knoten<br />

Roland Sellien, Dipl.-Ing.<br />

<strong>VCD</strong> Landesverband Niedersachsen e. V.<br />

Postfach 6124<br />

30061 Hannover<br />

Tel.: 0511 / 7000 522<br />

Fax: 0511 / 7000 520<br />

eMail: nds@vcd.org<br />

Internet: www.vcd.org/nds


„Das niedersächsische Verkehrsministerium ist<br />

der Auffassung, daß es nur im Interesse des<br />

Landes Niedersachsen gelegen sein kann, wenn<br />

das Band des Nord-Süd-Verkehrs in seinem<br />

Bereich möglichst breit ist, d. h. nicht nur auf<br />

die eigentliche Strecke Hamburg - Hannover -<br />

Göttingen beschränkt bleibt.“<br />

Ministerialdirigent Dr. Bierwirth, 13. Juni 1960<br />

Vorwort und Danksagung<br />

Alle reden von Verkehr, alle wollen mobil sein, aber keiner will ihn haben. Trotz der Privatisierung<br />

der Deutschen Bundesbahn und der regelmäßigen Beteuerungen „Güter auf die Schiene“ ist die<br />

Eisenbahn - auf den Gesamtverkehrsmarkt bezogen - ein Nischenanbieter geblieben. Das<br />

Wachstum des Verkehrs ist praktisch nur über die Straße abgewickelt worden. Dennoch sind<br />

einige Eisenbahnstrecken trotz modernster Leit- und Sicherungstechnik an der Grenze ihrer<br />

Leistungsfähigkeit.<br />

Mit der Wiedervereinigung ist Niedersachsen nicht nur in Nord-Süd-Richtung ein Transitland,<br />

sondern auch in Ost-West-Richtung. Mit der Erweiterung der EU nach Osten werden sich die<br />

Probleme aus der Verkehrsbelastung wahrscheinlich noch verstärken. Bereits heute klagen die<br />

Bürgerinnen und Bürger über die Verkehrsbelastungen, so dass gehandelt werden sollte.<br />

Vorrangiges Ziel einer weitsichtigen Verkehrspolitik muss es allerdings bleiben, unnötigen<br />

Verkehr gänzlich zu vermeiden. Instrumente hierzu sind angemessen hohe Transportkosten (z.B.<br />

Lkw-Maut), moderne Logistikkonzepte zur Vermeidung von Leerfahrten, aber auch eine<br />

weitsichtige Raum-/ Regionalplanung. Die „verbleibenden“ vorhandenen Verkehre sollten<br />

umweltfreundlich über bestehende Verkehrswege (vorrangig Schienenverkehr, ggf.<br />

Binnenschifffahrt) abgewickelt werden.<br />

Um die Kapazitäten der Schiene insbesondere für den Güterverkehr zu erhöhen, soll zur<br />

Entlastung der Strecke Hamburg - Lüneburg - Celle - Hannover die so genannte Y-<strong>Trasse</strong> gebaut<br />

werden. Eine dem Personenfernverkehr dienende Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen<br />

Hannover und Hamburg / Bremen.<br />

Dabei sind die Probleme, die heute in dieser Relation vorliegen, nicht neu. Bereits 1960 sind in<br />

einem sehr interessanten und zukunftsweisenden Artikel der Industrie- und Handelskammer<br />

Braunschweig zur Eröffnung des neuen Braunschweiger Hauptbahnhofs im Jahre 1960 diese<br />

erkannt worden (siehe Anhang). Leider hat sich seitdem diesbezüglich nichts getan.<br />

Ist die Y-<strong>Trasse</strong> die Problemlösung oder doch eher eine Scheinlösung? Bestehen Alternativen,<br />

die schneller, günstiger und effektiver durchgeführt werden können, gleichzeitig raumplanerisch<br />

vorteilhafter sind und auch den Wirtschaftsstandort Niedersachsen nachhaltig stärken? Können<br />

die negativen Auswirkungen durch den Transitverkehr positiv genutzt werden? Dieses soll in<br />

dieser Ausarbeitung untersucht und vorgestellt werden.<br />

An dieser Stelle will ich mich ganz besonders bei Herrn Dipl.-Ing. Reinhard Wetterau bedanken,<br />

der mich mit seinem Wissen und seiner Erfahrung fachlich unterstützt hat und mir wertvolle<br />

Hinweise gegeben hat.<br />

Braunschweig, im April 2003<br />

Roland Sellien<br />

Diese systemische Betrachtung ist auf der Jahreshauptversammlung des Verkehrsclubs Deutschland (<strong>VCD</strong>)<br />

Landesverband Niedersachsen e. V. am 7./8. März 2003 in Hannover als Ergänzung zur <strong>VCD</strong> - Resolution<br />

2003 beschlossen worden.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong><br />

Seite I


Inhaltsverzeichnis<br />

ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS.............................................................IV<br />

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ..........................................................................................V<br />

„GESETZLICHES VORWORT“ ODER LEITBILD ...........................................................VI<br />

1 EINLEITUNG................................................................................................................... 1<br />

1.1 Aufgabenstellung und Rahmenbedingungen ................................................................... 1<br />

1.2 Aufbau dieser Arbeit........................................................................................................... 1<br />

1.3 Getroffene Annahmen und Festlegungen ......................................................................... 2<br />

2 BESTANDSAUFNAHME UND -ANALYSE ..................................................................... 3<br />

2.1 Vorhandene Eisenbahninfrastruktur im Bereich Hannover / Bremen / Hamburg .......... 3<br />

2.2 Wann ist eine Strecke ein „Engpass“? ............................................................................. 5<br />

2.2.1 Allgemeines .................................................................................................................... 5<br />

2.2.2 Die Strecke Hamburg - Stelle - Celle - Hannover............................................................ 6<br />

2.3 Gibt es weitere „Engpässe“ und Konfliktpunkte?............................................................ 9<br />

2.3.1 Allgemein........................................................................................................................ 9<br />

2.3.2 Buchholz (Nordheide) und Buchholz (Nordheide) - Hamburg-Harburg ......................... 10<br />

2.4 Wettbewerb auf der Schiene - Die <strong>Trasse</strong>npreise .......................................................... 13<br />

2.5 Erfahrungen mit einer vorhandenen Aus- / Neubaustrecke........................................... 15<br />

2.6 Zwischenfazit .................................................................................................................... 17<br />

3 WELCHE BAHN WILL DER KUNDE?.......................................................................... 18<br />

4 VERKEHRSENTWICKLUNG UND -PROGNOSEN...................................................... 20<br />

4.1 Allgemein........................................................................................................................... 20<br />

4.2 Prognosen und Realität.................................................................................................... 21<br />

4.3 Zwischenfazit .................................................................................................................... 23<br />

5 DIE WIRKUNG VON SCHNELLFAHRSTRECKEN - EIN VERGLEICH ....................... 24<br />

5.1 Schnellfahrstrecken allgemein ........................................................................................ 24<br />

5.2 Die SFS Hannover - Wolfsburg - Stendal - Berlin ........................................................... 27<br />

5.2.1 Allgemein...................................................................................................................... 27<br />

5.2.2 Landeshauptstädte Magdeburg und Potsdam - Vom Fernverkehr abgekoppelt?.......... 28<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong><br />

Seite II


5.3 Zwischenfazit.....................................................................................................................29<br />

6 DIE Y-TRASSE - PROBLEM- ODER SCHEINLÖSUNG?............................................ 30<br />

6.1 Lösungsvarianten (betriebliche und wirtschaftliche Betrachtung) ...............................30<br />

6.2 Lösungsvarianten (politische und finanzielle Betrachtung / Raumordnung) ...............45<br />

6.3 Lösungsvarianten (systemische Betrachtung) ...............................................................47<br />

6.4 Regional- und Güterverkehr auf Schnellfahrstrecken / Y-<strong>Trasse</strong> ..................................49<br />

6.5 Studien, Gutachten und Positionen .................................................................................51<br />

6.5.1 Vorstudie der Vieregg & Rössler GmbH, München, 1993..............................................51<br />

6.5.2 „Das intelligente Netz“, 1996 .........................................................................................53<br />

6.5.3 Position des Vereins Pro Bahn, LV Niedersachsen e.V.................................................54<br />

6.5.4 Gutachten von IBS / ConTrack zum Nahverkehr auf der Y-<strong>Trasse</strong>, 2001 .....................58<br />

6.5.5 Position des <strong>VCD</strong> LV Niedersachsen e.V. .....................................................................63<br />

6.6 Alternativen für die Relation Hamburg / Bremen - Hannover.........................................68<br />

6.7 Fragen und Antworten zur Y-<strong>Trasse</strong> (Zusammenfassung).............................................72<br />

7 WIE SIEHT DIE OPTIMALE LÖSUNG AUS?............................................................... 74<br />

7.1 Allgemein ...........................................................................................................................74<br />

7.2 Beispiele für mögliche Verbesserungen..........................................................................76<br />

8 AUF DEM WEG ZUM LEISEN HOCHLEISTUNGSNETZ............................................. 78<br />

8.1 Was ist ein <strong>Hochleistungsnetz</strong>?.......................................................................................78<br />

8.2 Planungsablauf..................................................................................................................78<br />

8.3 Finanzierung......................................................................................................................80<br />

8.4 Lärmschutz und -vermeidung ..........................................................................................81<br />

9 ZUSAMMENFASSUNG UND FAZIT............................................................................. 82<br />

LITERATUR ..................................................................................................................... 84<br />

Verwendete Literatur...............................................................................................................84<br />

Empfohlene Literatur ..............................................................................................................85<br />

GLOSSAR........................................................................................................................ 86<br />

ANHANG..........................................................................................................................87<br />

- Abb. A-1 bis A-3<br />

- Kontrollrechnung zu [Breimeier, 2/2001]<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong><br />

Seite III


- Quelle [Andersen, 2000]: „Betriebliche Betrachtungen...“<br />

- Quelle [Breimeier, 2/2001]: „Eine Neubaustrecke oder...“<br />

- Leserbrief Andersen: „Kein Zwischenhalt sinnvoll“<br />

- Artikel aus Frankfurter Rundschau: „Strecke mit Geisterbahnhöfen“<br />

- Artikel aus DB-mobil: „Die Bahn rückt dem Lärm zu Leibe“<br />

- Quelle [IHK BS, 1960]: Auszug: „Die Nord - Süd - Eisenbahn muss kommen!“<br />

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Abb. 2-1: Eisenbahninfrastruktur Untersuchungsraum heute........................................................................... 4<br />

Abb. 2-2: schematisierte Streckenführung im Bahnhof Buchholz (Nordheide) .............................................. 10<br />

Abb. 5-1: Abnehmender Grenznutzen der Geschwindigkeit...........................................................................26<br />

Abb. 6-1: Nutzbare zusätzliche Fahrplantrassen durch Y-<strong>Trasse</strong> .................................................................. 35<br />

Abb. 6-2: Vergleich Y-<strong>Trasse</strong> mit SFS Hannover - Würzburg ........................................................................45<br />

Abb. 7-1: Eisenbahninfrastruktur Untersuchungsraum optimal? Ohne Y-<strong>Trasse</strong>........................................... 75<br />

Abb. 8-1: Der Planungsablauf......................................................................................................................... 80<br />

Abb. A-1: Eisenbahninfrastruktur Untersuchungsraum heute, mit Engpässen,... .......................................... 87<br />

Abb. A-2: konfliktfreie Streckenführung im Bahnhof Buchholz (Nordheide) und Celle................................... 88<br />

Abb. A-3: Abfahrtszeiten ICE und IC Hamburg Hbf Æ Bremen und Hannover .............................................. 88<br />

Tabellenverzeichnis<br />

Tab. 2-1: werktägl. Streckenbelastungen ......................................................................................................... 5<br />

Tab. 2-2: Zählung der Züge in Uelzen .............................................................................................................. 8<br />

Tab. 2-3: Zählung der Züge in Buchholz (Nordheide)..................................................................................... 12<br />

Tab. 2-4: <strong>Trasse</strong>npreise DB Netz AG ............................................................................................................. 13<br />

Tab. 3-1: Einflussfaktoren für Verkehrsmittelwahl .......................................................................................... 18<br />

Tab. 4-1: Prognosen zur Auslastung deutscher Hochgeschwindigkeitsstrecken ........................................... 22<br />

Tab. 4-2: Prognose und tatsächliche Belegung NBS Hannover - Würzburg.................................................. 22<br />

Tab. 4-3: Fahrgastprognose und Realität beim „Wiesele“ und der Schönbuchbahn...................................... 23<br />

Tab. 5-1: Fahrzeitgewinne durch Neu- und Ausbaustrecken (direkt) ............................................................. 24<br />

Tab. 5-2: Fahrzeitenvergleich netzbezogen.................................................................................................... 25<br />

Tab. 5-3: Die schnellsten Züge der Welt ........................................................................................................ 27<br />

Tab. 5-4: Zugzahl- und Fahrzeitvergleich Hannover - BS / WOB - Berlin 1996/2003 .................................... 28<br />

Tab. 5-5: Zugzahl- und Fahrzeitvergleich Magdeburg - Berlin 1996/2003...................................................... 29<br />

Tab. 6-1: Lösungsvarianten für Relation Hamburg - Hannover (-Süddeutschland)........................................ 31<br />

Tab. 6-2: Merkmale zu Varianten zum Ausbau Hamburg / Bremen - Hannover ............................................ 32<br />

Tab. 6-3: Ausbauzustand Variante „Güterbahn“ ............................................................................................. 33<br />

Tab. 6-4: Entwicklung der Verkehrsleistung 1994 - 1999 ............................................................................... 39<br />

Tab. 6-5: Betriebsleistung in <strong>Trasse</strong>nkilometern ............................................................................................ 39<br />

Tab. 6-6: Verbesserungen und Nachteile der Y-<strong>Trasse</strong> ................................................................................. 68<br />

Tab. 6-7: Verbesserungen und Nachteile der Variante „Güterbahn 1” ........................................................... 69<br />

Tab. 6-8: Verbesserungen und Nachteile der Variante „Güterbahn 2“ ........................................................... 70<br />

Tab. 6-9: Verbesserungen und Nachteile der Variante „Ausbau Celle - Lüneburg 4-gleisig“......................... 71<br />

Tab. 7-1: Nah- und Regionalverkehr in der Lüneburger Heide durch „Güterbahn“ ........................................ 76<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong><br />

Seite IV


Abkürzungsverzeichnis<br />

BTE<br />

BSchwAG<br />

BVWP<br />

CNL<br />

D (-Zug)<br />

DB AG<br />

EVB<br />

GVFG<br />

HH<br />

IC / ICE<br />

IC(IR)<br />

IR<br />

KBS<br />

Lr<br />

Lz<br />

MET<br />

NE<br />

NBS<br />

OHE<br />

Pkm<br />

RB<br />

RE<br />

RegG<br />

Rkm<br />

SFS<br />

SGV<br />

SPFV<br />

SPNV<br />

t<br />

TGV<br />

Bremen-Thedinghauser Eisenbahn GmbH<br />

Bundesschienenwegeausbaugesetz<br />

Bundesverkehrswegeplan<br />

CityNightLine<br />

D(urchgangs)-Zug<br />

Deutsche Bahn AG<br />

Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser GmbH<br />

Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz<br />

Hansestadt Hamburg<br />

InterCity / InterCityExpress<br />

IC, der von seinen Systemhalten dem IR entspricht bzw. vor der Umstellung als IR fuhr.<br />

InterRegio<br />

Kursbuchstrecke<br />

Leer(reise)zug, hier einschließlich Lt-Fahrten (Leertriebwagen)<br />

Triebfahrzeugleerfahrt<br />

Metropolitan, Zugangebot der Deutschen Bahn Gruppe zwischen Hamburg und Köln<br />

Nichtbundeseigene Eisenbahn(en)<br />

Neubaustrecke (nicht zwangsläufig eine Hochgeschwindigkeits- oder Schnellfahrstrecke)<br />

Osthannoversche Eisenbahn AG<br />

Personenkilometer = Reisendenkilometer<br />

RegionalBahn<br />

RegionalExpress<br />

Regionalisierungsgesetz<br />

Reisendenkilometer = Personenkilometer<br />

Schnellfahrstrecke (nicht zwangsläufig eine NBS, Betonung auf „schnell fahren“, ab ca. 200 km/h)<br />

Schienengüterverkehr<br />

Schienenpersonenfernverkehr<br />

Schienenpersonennahverkehr<br />

Tonne(n)<br />

Train à grande vitesse: Französischer Hochgeschwindigkeitszug<br />

V / Vmax Geschwindigkeit / Höchstgeschwindigkeit<br />

<strong>VCD</strong> Verkehrsclub Deutschland e. V.<br />

VGH Verkehrsbetriebe Grafschaft Hoya GmbH<br />

VPS Verkehrsbetriebe Peine Salzgitter GmbH<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong><br />

Seite V


„Gesetzliches Vorwort“ oder Leitbild<br />

Nieders. GVBl. Nr. 5/1994, ausgegeben am 9.3.1994<br />

Gesetz über das Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen<br />

- Teil 1 -<br />

Vom 2. März 1994<br />

Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen<br />

- Teil 1 -<br />

A 3.6 Verkehr und Kommunikation<br />

Die Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur soll in bedarfsgerechter und umweltschonender Weise alle<br />

Teilräume des Landes erschließen, miteinander verbinden und mit der angestrebten Raumstruktur in<br />

Einklang stehen. Die Einbindung des Landes in das deutsche und internationale Verkehrs- und<br />

Kommunikationsnetz soll gesichert und verbessert werden. Auf eine Verkehrsvermeidung sowie die<br />

Verkehrsverlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsträger [...] soll im Interesse einer umweltfreundlichen<br />

und zugleich wirtschaftlichen Verkehrsabwicklung hingewirkt werden.<br />

Der schienengebundene Personen- und Güterverkehr soll gegenüber dem Straßenverkehr, der Ausbau<br />

vorhandener Verkehrswege soll gegenüber dem Neubau Vorrang erhalten. [...]<br />

Als Grundnetz für eine leistungsfähige und bedarfsgerechte verkehrliche Erschließung des Landes soll das<br />

Eisenbahnnetz erhalten und ausgebaut werden. [...]<br />

B1 Entwicklung der räumlichen Struktur des Landes<br />

01 Die räumliche Struktur des Landes soll [...] unter Beachtung der Bevölkerungsentwicklung, der<br />

natürlichen Gegebenheiten, der Erfordernisse des Umweltschutzes sowie der wirtschaftlichen,<br />

infrastrukturellen, sozialen und kulturellen Zusammenhänge und Erfordernisse mit dem Ziel<br />

entwickelt werden, in allen Teilen des Landes gleichwertige Lebensbedingungen herzustellen.<br />

Verordnung<br />

über das Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen<br />

- Teil II -<br />

Vom 18. Juli 1994<br />

C 3.6.2 Schienenverkehr<br />

01 [...] Das Eisenbahnnetz ist in allen Teilen des Landes zu erhalten und auf ein sicheres,<br />

leistungsfähiges, dem Stand der Technik entsprechendes und den Dienstleistungsanforderungen<br />

gerecht werdendes Niveau zu bringen. [...] Durch den Bau zusätzlicher Gleise sind der schnelle und<br />

langsame Verkehr nach Möglichkeit zu entmischen. [...]<br />

04 Die Bedienungsqualität und Kapazität im Güterverkehr sind weiter zu erhöhen. [...]<br />

06 Folgende Eisenbahnstrecken - neben den „Schienenprojekten der Deutschen Einheit“ - sind neu- bzw.<br />

auszubauen und - soweit noch nicht geschehen - zu elektrifizieren:<br />

- Hildesheim - Braunschweig - Weddeler Schleife - Wolfsburg<br />

- Bremen - Soltau - Uelzen - Stendal - Berlin<br />

- Hannover - Flughafen Hannover - Hamburg/Bremen<br />

- Lehrte - Hamburg<br />

- Wunstorf - Minden<br />

- Uelzen - Dömitz - Ludwigslust<br />

- Lüneburg - Lübeck<br />

- Bad Harzburg - Stapelburg - Wernigerode - Halberstadt<br />

- Holzminden - Scherfede - (-Ruhrgebiet)<br />

- Eichenberger Nordkurve<br />

- Löhne - Hameln - Elze - Hildesheim<br />

- Altenbeken - Northeim - Nordhausen<br />

- Wilhelmshaven - Oldenburg - Osnabrück<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong><br />

Seite VI


Zur besseren Anbindung des Hafens Emden an den Ost-West-Verkehr ist eine Verbindung der<br />

Bahnlinien Norddeich - Rheine und Leer - Oldenburg über eine Schleife anzustreben.<br />

Als Lückenschlüsse sind wieder herzustellen:<br />

- Dannenberg - Salzwedel<br />

- Wittingen - Oebisfelde<br />

- Jerxheim - Dedeleben bzw. Gunsleben<br />

- Duderstadt - Teistungen<br />

Der Oberbau ist auf folgenden Strecken zu verbessern:<br />

- Bremerhaven - Bremervörde - Buxtehude<br />

- Osterholz-Scharmbeck - Worpswede<br />

- Osnabrück – Bielefeld<br />

07 Im weiteren Netz ist die Elektrifizierung vordringlich. Dieses gilt insbesondere für die folgenden<br />

Strecken:<br />

- Cuxhaven - Bremerhaven<br />

- Cuxhaven - Stade<br />

- Braunschweig - Broistedt - Salzgitter/Lebenstedt - Salzgitter/Ringelheim - Seesen - Holzminden -<br />

Altenbeken<br />

- Braunschweig - Bad Harzburg<br />

- Hildesheim - Goslar - Halberstadt<br />

- Seesen - Goslar<br />

- Ihrhove - Landesgrenze (-Groningen)<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong><br />

Seite VII


1 Einleitung<br />

1 Einleitung<br />

1.1 Aufgabenstellung und Rahmenbedingungen<br />

Die Eisenbahnstrecke Hamburg - Lüneburg - Celle - Hannover ist insbesondere auf dem<br />

Abschnitt Stelle - Lüneburg überlastet, so dass eine befriedigende Betriebsqualität nicht erreicht<br />

werden kann. Auch sind die deutschen Seehäfen in der Reihe Emden - Lübeck auf gute und<br />

kostengünstige Hinterlandverbindungen, die durch Niedersachsen führen, angewiesen. In<br />

Wilhelmshaven ist der Bau eines neuen Tiefwasserhafens beschlossen worden. Dieser wird für<br />

eine zusätzliche Verkehrsbelastung sorgen.<br />

Um vor allem für den Güterverkehr zusätzliche Kapazitäten zu schaffen, ist geplant, eine neue<br />

Schnellfahrstrecke, die so genannte Y-<strong>Trasse</strong>, von Langenhagen bei Hannover durch die<br />

Lüneburger Heide nach Scheeßel / Lauenbrück zur Fahrt nach Hamburg und einem Abzweig bei<br />

Visselhövede nach Bremen zu bauen. Diese soll etwa 1,5 Milliarden Euro kosten.<br />

Auf der anderen Seite ist noch umfangreiche Eisenbahninfrastruktur vorhanden. Diese entspricht<br />

allerdings sowohl in der Lüneburger Heide als auch in anderen Teilen Niedersachsens zum Teil<br />

eher dem technischen Stand der Jahrhundertwende um 1900 als der um 2000, so dass eine hohe<br />

Leistungsfähigkeit nicht gegeben ist. Entsprechend dem Landesraumordnungsprogramm<br />

Niedersachsen sollen viele dieser vorhandenen Strecken auch ausgebaut werden. Der<br />

Realisierungszeitraum ist allerdings ungewiss, so dass „gleichwertige Lebensbedingungen“ in<br />

allen Teilen Niedersachsens weiterhin nicht gegeben sein werden. Ein Grund dafür ist auch in den<br />

„chronisch“ knappen öffentlichen Kassen und der Vernachlässigung der Bahn bei der<br />

tatsächlichen Mittelvergabe, auch gegenüber anderen Verkehrsträgern, zu finden.<br />

In dieser Ausarbeitung soll aufgezeigt werden, dass es eine Lösung gibt, die nicht nur<br />

„haushaltsfreundlicher“ realisiert werden kann, sondern auch verkehrs- und<br />

raumordnungspolitisch wesentlich günstiger abschneidet.<br />

Dieses soll in Form einer systemischen Betrachtung erfolgen, die die Wirkungen und<br />

Wechselwirkungen der verschiedenen Systeme (Politik, Finanzen, Verkehr, Eisenbahn,<br />

Raumplanung, usw.) berücksichtigt.<br />

Weiterhin soll auf grundsätzliche Unterschiede der Systeme „Eisenbahn“ und „Straße“<br />

hingewiesen werden.<br />

1.2 Aufbau dieser Arbeit<br />

Im Kapitel 2 erfolgt zunächst eine Bestandsaufnahme der Eisenbahninfrastruktur im Bereich<br />

Niedersachsen, Bremen und Hamburg. Dieses unter dem Gesichtspunkt der geplanten Y-<strong>Trasse</strong>.<br />

Für die Planung ist es wichtig zu wissen, welches Produkt der Kunde eigentlich wünscht und<br />

welcher Bedarf in Zukunft zu erwarten ist. Dieses wird in den Kapiteln 3 und 4 untersucht.<br />

Im fünften Kapitel wird auf die Wirkung von Schnellfahrstrecken eingegangen, so dass für die Y-<br />

<strong>Trasse</strong> ein Vergleich vorliegt. Diese wird dann im sechsten Kapitel ausführlich untersucht. Dabei<br />

wird auch ein kurzer kommentierter Überblick über verschiedene Studien und Positionen zur Y-<br />

<strong>Trasse</strong> gegeben. Die „optimale“ Lösung wird im Kapitel 7 vorgestellt. Der Weg zu dieser<br />

optimalen Lösung oder zum Hochleistungsschienennetz wird im Kapitel 8 beschrieben.<br />

Am Schluß befindet sich eine kurze Vorstellung empfohlener Literatur, ein Glossar, in dem einige<br />

Fachbegriffe erklärt werden und ein umfangreicher Anhang.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 1


1 Einleitung<br />

1.3 Getroffene Annahmen und Festlegungen<br />

Sichtweise „Bundesrepublik Deutschland AG“<br />

Diese Ausarbeitung wird aus Sicht einer fiktiven „Bundesrepublik Deutschland AG“ geschrieben, die sowohl<br />

raumordnungspolitische und volkswirtschaftliche Aspekte zu beachten hat, als auch die<br />

betriebswirtschaftliche Seite nicht vernachlässigen darf. So kann ein Projekt volkswirtschaftlich durchaus<br />

„sinnvoll“ sein, betriebswirtschaftlich aber nicht durchgeführt werden, da ein realer Haushaltstitel vorhanden<br />

sein muss und der mögliche volkswirtschaftliche „Nutzen“ - sofern überhaupt genau berechenbar - nicht als<br />

Einnahme im Haushalt gegenübergestellt werden kann.<br />

Eigentümerstruktur DB Netz AG / <strong>Trasse</strong>npreise / <strong>Trasse</strong>npreissystem<br />

Die in dieser Arbeit getroffenen Aussagen sind vom Prinzip von der Eigentümerstruktur der DB Netz AG<br />

bzw. vom aktuellen <strong>Trasse</strong>npreissystem unabhängig. Eine Bewertung des aktuellen <strong>Trasse</strong>npreissystems<br />

der DB Netz AG ist mit dieser Ausarbeitung nicht verbunden.<br />

Zuggattung InterCity (IC) / InterRegio (IR)<br />

Zum Fahrplanwechsel hat die DB AG den IR in einen IC umgewandelt. Bezogen auf die Bedienung von<br />

Orten als Systemhalt ist damit keine eindeutige Aussage mehr verbunden. Auf Strecken, die nicht vom ICE<br />

bedient werden bzw. auf denen im alten Fahrplan keine IR-Linie fuhr, wie z. B. Hamburg - Bremen -<br />

Dortmund, entspricht der IC von den Haltestellenabständen eher dem ICE, auf den anderen Strecken<br />

entspricht der heutige IC teils dem ICE, teils dem IR. Auf der Strecke Magdeburg - Hannover hat<br />

beispielsweise Peine den Systemhalt verloren, Helmstedt wird nicht von jedem IC bedient, sondern nur von<br />

den IC-Zügen, die im alten Fahrplan als IR verkehrten.<br />

Zur eindeutigen Zuordnung wird daher weiterhin die Bezeichnung IR bzw. IC(IR) verwendet.<br />

Baukosten der Y-<strong>Trasse</strong> / Währungsangabe<br />

Die Baukosten der ABS/NBS Hamburg/Bremen - Hannover sind im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 1992<br />

mit 2.5 Mrd. DM (= 1.28 Mrd. EUR) (Preisstand 01.01.1991) angegeben. Bei einer unterstellten<br />

Preissteigerung von durchschnittlich 1,43 % pro Jahr ergeben sich die Baukosten aktuell zu etwa 1,5 Mrd.<br />

EUR. Bei höheren Baukosten sind damit die Berechnungen auf der sicheren Seite.<br />

Alle Preisangaben in DM sind mit dem Wechselkurs von 1 EUR = 1,95583 DM umgerechnet worden.<br />

Widerstand in der Bevölkerung<br />

Mit Widerstand in der Bevölkerung ist heute praktisch bei jedem Ausbauvorhaben zu rechnen, insbesondere<br />

bei Schienenprojekten.<br />

Die Sorgen der Bevölkerung müssen ernst genommen werden. Daher ist es sehr wichtig, dass die vom<br />

Ausbau betroffene Bevölkerung auch davon profitiert, so dass zumindest nach Realisierung der Nutzen<br />

erkannt wird (siehe z. B. S-Bahn von Hannover nach Bennemühlen).<br />

Hochgeschwindigkeit / Faszination Geschwindigkeit<br />

Die im Rahmen dieser Arbeit erfolgten Angaben und Beispiele mit Höchstgeschwindigkeiten von bis zu<br />

300 km/h erfolgen aus betrieblicher oder wissenschaftlicher Sicht zur Verdeutlichung eines Sachverhaltes.<br />

Eine Aussage zur Meinung des <strong>VCD</strong> dazu bzw. ob bestimmte Geschwindigkeiten „sinnvoll“ oder „unsinnig“<br />

sind ist damit nicht verbunden.<br />

Höchste Geschwindigkeiten besitzen oft eine große Faszination. Dieses zeigt sich auch auf der<br />

Schnellfahrstrecke (SFS) Köln - Frankfurt (Main), auf der dem Triebfahrzeugführer bei 300 km/h sehr oft<br />

„begeistert und fasziniert über die Schulter geschaut wird“. Eine Planungskriterium ist „Faszination“<br />

allerdings nicht, so dass zwischen der subjektiven Faszination und dem objektivem Nutzen unterschieden<br />

werden muss.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 2


2 Bestandsaufnahme und -analyse<br />

2 Bestandsaufnahme und -analyse<br />

In diesem Kapitel erfolgt unter dem Gesichtspunkt der geplanten Y-<strong>Trasse</strong> eine<br />

Bestandsaufnahme der heute vorhandenen Situation bei der Eisenbahninfrastruktur.<br />

2.1 Vorhandene Eisenbahninfrastruktur im Bereich Hannover / Bremen / Hamburg<br />

In der Abb. 2-1 ist ein Teil der vorhandenen Eisenbahninfrastruktur im Bereich Hannover /<br />

Bremen / Hamburg, ergänzt um den Bereich Braunschweig dargestellt. Die schematisierte<br />

Darstellung soll gleichzeitig zeigen, wie leistungsfähig die betreffenden Strecken sind. Eine<br />

Aussage über die Wirtschaftlichkeit der Strecke ist damit nicht verbunden. Sehr deutlich wird hier,<br />

dass nur „wenige“ Strecken sehr leistungsfähig sind, die entsprechend den Verkehr auf sich<br />

ziehen. Viele Strecken liegen praktisch brach, obwohl sie wesentlich mehr Verkehr aufnehmen<br />

könnten. Insbesondere in der Nord-Süd-Relation, in der mit der Y-<strong>Trasse</strong> zusätzliche (Güterzug-)<br />

Kapazitäten geschaffen werden sollen, ist bereits heute schwach genutzte Eisenbahninfrastruktur<br />

vorhanden.<br />

Weiterhin fällt auf, dass praktisch jeder Verkehr durch die Knoten Hamburg, Hannover und<br />

Bremen geführt werden muss.<br />

Im Gegensatz zur Übersichtskarte für den Personenverkehr im Kursbuch der DB AG ist hier<br />

ersichtlich, dass in Niedersachsen noch umfangreiche Eisenbahninfrastruktur vorhanden ist.<br />

Dieses liegt daran, dass neben der DB Netz AG noch weitere Eisenbahninfrastrukturunternehmen<br />

tätig sind. Diese wird aber derzeit weder im Güterfern- noch im Personenverkehr<br />

nicht oder nur gering genutzt.<br />

Von einem EisenbahnNETZ kann bei genauerer Betrachtung nicht gesprochen werden. Eher<br />

ähnelt es einer punktförmigen Erschließung des Landes von den drei Knoten Hannover, Bremen<br />

und Hamburg.<br />

An Hand der eingezeichneten Lage der Y-<strong>Trasse</strong> wird deutlich, dass diese für den Bereich<br />

Bremen und westlich (also auch für den geplanten Jade-Port in Wilhelmshaven) keine<br />

zusätzlichen Kapazitäten schafft. Auch das Industriegebiet Braunschweig / Wolfsburg / Salzgitter<br />

profitiert nicht von der Y-<strong>Trasse</strong>. Insofern kann dann von der „betrieblichen Wirkungsgrenze“<br />

gesprochen werden. Unterstützt wird dieses dadurch, dass auf der Strecke Bremen - Wunstorf<br />

der Abschnitt Bremen - Langwedel der vom Personenverkehr am stärksten belastete Abschnitt ist<br />

(siehe Tab. 2-1) und nicht durch die Y-<strong>Trasse</strong> entlastet wird.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 3


2 Bestandsaufnahme und -analyse<br />

Eisenbahninfrastruktur Bereich Hannover / Bremen / Hamburg (Ausschnitt) (ohne Maßstab)<br />

(einschließlich drittes Gleis Stelle - Lüneburg und zweigleisiger Ausbau Hildesheim - Braunschweig)<br />

Kiel<br />

Skandinavien<br />

Westerland / Kiel / Flensburg /<br />

Dänemark<br />

Lübeck<br />

Cuxhaven<br />

Bremerhaven<br />

Wilhelmshaven<br />

Nordenham<br />

Bremervörde<br />

EVB<br />

Buxtehude<br />

Buchholz(Nordheide)<br />

Hamburg<br />

Maschen<br />

Stelle<br />

Büchen<br />

OLDB<br />

Delmenhorst<br />

Bremen<br />

Osterholz-Scharmbeck<br />

Rotenburg(Wümme)<br />

Winsen(Luhe)<br />

OHE<br />

Lüneburg<br />

Wittenberge /<br />

Stendal / Berlin<br />

Norddeich /<br />

Emden /<br />

Niederlande<br />

Osnabrück<br />

BTE<br />

Kirchweyhe<br />

Syke<br />

Langwedel<br />

Thedinghausen<br />

"Y-<strong>Trasse</strong>"<br />

Soltau(Han)<br />

Uelzen<br />

Verden(Aller)<br />

Osnabrück /<br />

Ruhrgebiet<br />

VGH<br />

Eystrup<br />

Nienburg(Weser)<br />

OHE<br />

Celle<br />

OHE<br />

Wittingen<br />

Stendal /<br />

Magdeburg / Berlin<br />

Betriebliche "Wirkungsgrenze"<br />

der Y-<strong>Trasse</strong><br />

Wunstorf<br />

Hannover<br />

Lehrte<br />

Peine<br />

Gifhorn<br />

Wolfsburg<br />

Stendal / Berlin<br />

Minden(Westf)<br />

VPS<br />

Braunschweig<br />

Magdeburg /<br />

Berlin /<br />

Halle(Saale)<br />

Niederlande / Osnabrück<br />

Elze(Han)<br />

Hildesheim<br />

Löhne<br />

Hameln<br />

SFS<br />

Salzgitter<br />

Ruhrgebiet / Bielefeld<br />

Paderborn / Dortmund<br />

Kreiensen<br />

Seesen<br />

Goslar /<br />

Bad Harzburg<br />

Halberstadt /<br />

Halle (Saale)<br />

Nordhausen / Erfurt<br />

Strecken der DB Netz AG:<br />

Göttingen /<br />

Süddeutschland<br />

zweigleisig: elektrifiziert / nicht elektrifiziert<br />

eingleisig: elektrifiziert / nicht elektrifiziert<br />

Strecken der BTE, EVB, VGH, OHE und VPS :<br />

eingleisig: nicht elektrifiziert<br />

BTE: Bremen-Thedinghauser Eisenbahn GmbH (ab Bremen-Huchting)<br />

EVB: Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser GmbH<br />

OHE: Osthannoversche Eisenbahn AG<br />

VGH: Verkehrsbetriebe Grafschaft Hoya GmbH<br />

VPS: Verkehrsbetriebe Peine-Salzgitter GmbH<br />

Abb. 2-1: Eisenbahninfrastruktur Untersuchungsraum heute<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 4


2 Bestandsaufnahme und -analyse<br />

2.2 Wann ist eine Strecke ein „Engpass“?<br />

2.2.1 Allgemeines<br />

Es ist oft die Rede vom „Engpass“ oder einer „Engpassstrecke“. Ab wann ist aber eine Strecke<br />

ein „Engpass“? In der Tab. 2-1 sind die werktäglichen Streckenbelastungen einiger ausgewählter<br />

Strecken aufgeführt. Dabei fällt die im Vergleich zu den anderen Strecken sehr hohe Zuganzahl<br />

der Strecke (Hamburg / Maschen-) Stelle - Winsen (-Celle) auf. Ebenso die deutlich geringere<br />

Belastung im Abschnitt Uelzen - Celle.<br />

tägl. Streckenbelastungen Fahrplan 2001/2002, Montag - Donnerstag, 0:00Uhr - 24:00Uhr<br />

(ohne Lz/Lr-Fahrten, Autoreisezüge, Saisonverkehr, Sonderfahrten...)<br />

Strecke / Relation (Richtung) Belastung mit Zügen des Summe Bemerkung<br />

SPFV SPNV SGV<br />

(Lübeck -) Ahrensburg - Hamburg Hbf 6 78<br />

keine Quelle<br />

84+ x nicht elektrifiziert<br />

(HH / Maschen-) Buchholz - Tostedt (-Bremen) 27 42 52 1) 121 dreigleisiger Abschnitt<br />

(Bremen -) Tostedt - Buchholz - Maschen 0 0 65 1) Gegenrichtung -13<br />

(HH / Maschen -) Stelle - Winsen (- Celle) 30+17 (IC/IR) 46 76 1) 169 ab 2007 dreigleisig<br />

(Celle -) Winsen - Stelle - Maschen 0 0 62 1) Gegenrichtung +14<br />

(Hamburg -) Uelzen - Celle (- Hannover) 30+16 (IC/IR) 19 55 3) 120<br />

Bremen - Langwedel (- Hannover) 11+9 (IR) 56<br />

keine Quelle<br />

76+x<br />

(Bremen-) Nienburg - Wunstorf (-Hannover) 11+10 (IR,EN) 42<br />

keine Quelle<br />

62+x<br />

Celle - Aligse -(Lehrte) 0 37<br />

keine Quelle<br />

37+x<br />

(Dortmund-) Minden - Wunstorf (-Hannover) 36 42 44 3) 122<br />

NBS (Hannover-) Kassel - Fulda 48 2) 0 37 3) 85 2)<br />

SFS (Köln -) Siegburg - Limburg Süd (-Ffm) 59 0 0 59 Fahrplan 2003<br />

Berlin Zoolg. Garten - Berlin Ostbahnhof 94 117 0 211 „Fernbahngleise“<br />

Berlin Zoolg. Garten - Berlin Ostbahnhof 0 357 0 357 S-Bahn-Gleise<br />

SPFV / SPNV = Schienenpersonenfernverkehr / -nahverkehr<br />

1) aus [Andersen, 2000, S.515],<br />

3) aus [Jänsch, 2001, S.100], einschl. Nachtzüge Lz/Lr = Leerfahrten<br />

2) im Abschnitt Göttingen - Kassel +8 IR-Züge SGV = Schienengüterverkehr<br />

Tab. 2-1: werktägl. Streckenbelastungen<br />

(Quelle: DB-Kursbuch)<br />

Diese Streckenbelastungen geben allerdings keine Aussage, ob die betreffende Strecke<br />

„überlastet“ - also eine Engpassstrecke - ist oder ob noch Reserven vorhanden sind. Denn ein<br />

Blick auf die Belastung z. B. der S-Bahn Berlin zeigt, dass diese mit 357 Zügen doppelt so stark<br />

belastet ist wie die ebenfalls zweigleisige Strecke Stelle - Winsen, ohne das hier jemand von<br />

einem durch das Betriebskonzept bedingten Engpass spricht. Bei der S-Bahn ist eher die<br />

physikalische Leistungsgrenze der Strecke erreicht. Ebenso geben diese Streckenbelastungen<br />

keine Aussage über die Tagesganglinie des Bedarfs, d.h., wann sich verschiedene Verkehre<br />

überlagern und zu welchen Zeiten die Zahl der angebotenen Fahrplantrassen kleiner als der<br />

Bedarf ist. Während im Personenverkehr die Nachfrage in Form der Zugdichte durch die<br />

Taktverkehre weitgehend gleichmäßig über die Betriebszeit verteilt ist, kann beim Güterverkehr<br />

die Nachfrage sehr stark schwanken (siehe Tab. 2-2). Es kann auch kein genereller<br />

„Engpasswert“ angegeben werden, eine Strecke ist mit 120 Zügen überlastet, die andere erst mit<br />

180 Zügen. „Die Fahrplan-Leistungsfähigkeit hängt neben den Parametern der Infrastruktur in<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 5


2 Bestandsaufnahme und -analyse<br />

entscheidender Weise von der Fahrplan-Struktur ab. Je stärker die Zugfolge harmonisiert ist,<br />

desto geringer sind die durch die Geschwindigkeitsschere bedingten nicht nutzbaren Zeitlücken.“<br />

[Pachl, 1999, S. 203] Auf reinen Personen- oder Güterzugbahnen mit gleichartigen Zuggattungen<br />

können bis zu 20 Züge pro Richtung und Stunde verkehren, auf reinen S-Bahn-Strecken auch<br />

mehr, auf so genannten Mischbetriebsstrecken unter Umständen auch nur 8 Züge pro Richtung<br />

und Stunde. Die teure Infrastruktur ist dann nur gering genutzt, aber dennoch ausgelastet, und<br />

kann nur wenig Einnahmen erzielen.<br />

Daher wird angestrebt, den schnellen und langsamen Verkehr zu trennen, die Zugfolge zu<br />

harmonisieren. Dieses verfolgt die DB mit ihrem Projekt „Netz 21“. Dieses kann räumlich, durch<br />

getrennte Infrastruktur wie bei der neuen Schnellfahrstrecke (SFS) Köln - Frankfurt (Main)<br />

erfolgen, oder zeitlich, wie es auf der Neubaustrecke (NBS) Hannover - Würzburg praktiziert wird.<br />

Diese Harmonisierung der Zugfolgezeiten durch Entmischung der schnellen und langsamen<br />

Verkehre zu erreichen, ist „ein Prinzip, das von Verkehrswissenschaftlern schon seit langem<br />

empfohlen wird.“ [Pachl, 1998, S. 27] „Für Schnellstrecken des Personen-Fernverkehrs ist<br />

außerdem anzumerken, dass dessen Potenzial in den meisten Relationen Deutschlands zu gering<br />

ist, eine arteigene Infrastruktur vollständig auszulasten.“ [Breimeier, 12/2001, S. 536]<br />

(Hinweis: Die sehr starke Nachfrage (auch Bedarf) an Güterzugfahrplantrassen und die Trennung von ICEund<br />

Güterverkehr bewirkt beispielsweise, dass der (letzte) ICE 870 von Göttingen (ab 23:06 Uhr) nach<br />

Hannover (an 0:03 Uhr) über die alte Strecke über Kreiensen geführt wird.)<br />

Im Folgenden soll kurz die Strecke Hamburg - Hannover näher betrachtet werden.<br />

2.2.2 Die Strecke Hamburg - Stelle - Celle - Hannover<br />

Auf der Mischbetriebsstrecke (Hamburg / Maschen -) Stelle - Lüneburg - Celle (- Hannover) reicht<br />

die Geschwindigkeitsschere von 200 km/h der ICE- und IC(IR)-Züge bis zu 80 km/h der Erzzüge.<br />

In Verbindung mit der hohen Zuganzahl (siehe Tab.2-1), bei der die regelmäßige<br />

Spitzennachfrage am Freitag Nachmittag nicht enthalten ist, ist sie damit insbesondere im<br />

Abschnitt Stelle - Winsen (Luhe) - Lüneburg eine Engpassstrecke. Auch scheint ein Teil des Süd-<br />

Nord-Verkehrs über Verden (Aller) - Rotenburg (Wümme) umgeleitet werden zu müssen (Tab. 2-<br />

1). Die Qualität ist für keinen Nutzer befriedigend: Die ICE-Züge der DB Reise&Touristik müssen<br />

Fahrzeitzuschläge (Reserven) hinnehmen (siehe Tab. 5-1 75 <strong>statt</strong> 70 Minuten) und je nach<br />

Fahrplanabschnitt „gebündelt“ werden, so dass z. B. auf der Strecke Hamburg - Hannover -<br />

Kassel - Fulda kein kundenfreundlicher 30 Minuten-Takt angeboten werden kann, die von den<br />

jeweiligen Aufgabenträgern bestellten RE- und RB-Züge werden von IC(IR)-Zügen überholt, so<br />

dass RE- und IC(IR)-Züge gegenseitig in Konkurrenz stehen und im Güterverkehr können<br />

tagsüber nur wenige „langsame“ Fahrplantrassen angeboten werden, mit<br />

Überholungsaufenthalten von bis zu 40 Minuten. Auch die Infrastrukturbetreiberin - hier die DB<br />

Netz AG - kann durch diese vielen unterschiedlichen Kundenbedürfnisse ihre <strong>Trasse</strong><br />

betriebswirtschaftlich nicht optimal verkaufen.<br />

Daraus folgt, dass die Kapazität erhöht werden muss. Dieses kann auf prinzipiell zwei Wegen<br />

erreicht werden:<br />

1. Durch verschiedene Maßnahmen wird versucht, die Kapazität der einzelnen Strecke ohne<br />

zusätzliche Gleise zu erhöhen und / oder<br />

2. die Kapazität der nachgefragten Relation, hier z. B. Hamburg Richtung Süden wird durch<br />

zusätzliche Gleise erhöht.<br />

Eine Kapazitätssteigerung der Strecke kann prinzipiell durch eine Harmonisierung der<br />

Geschwindigkeiten, z.B. Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit der ICE-Züge, oder durch ein<br />

Ausbau der Leit- und Sicherungstechnik, z.B. Einführung des Hochleistungsblocks, erreicht<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 6


2 Bestandsaufnahme und -analyse<br />

werden. Im ersten Fall würde dieses mit einer Qualitätseinbuße beim Produkt „ICE“ (teuer) erkauft<br />

werden. Auch ein Ausbau der Leit- und Sicherungstechnik wird praktisch keine<br />

Kapazitätssteigerung ergeben, da bereits heute die leistungsbeeinflussenden so genannten<br />

Blockabschnitte (Abstand zwischen zwei Hauptsignalen) sehr kurz sind.<br />

Daher muss die Kapazität durch zusätzliche Gleise erhöht werden. Dazu soll im Folgenden kurz<br />

mit Hilfe der Tab. 2-2 die Situation analysiert werden.<br />

Welche Besonderheiten für die Planung sind festzustellen?<br />

1. Erst ab ca. 19:00 Uhr ist der Bedarf an Fahrplantrassen für den Güterverkehr in der Nord-Süd-<br />

Richtung im Bereich Uelzen besonders groß, in der Gegenrichtung erst in den frühen<br />

Morgenstunden, die Hauptbelastung tritt praktisch außerhalb der ICE-Fahrzeiten auf.<br />

2. In Süd-Nord-Richtung sind ab etwa 22:00 Uhr noch Kapazitäten vorhanden.<br />

3. Die extreme Belastung mit Güterzügen ist versetzt, abends Nord-Süd, morgens Süd-Nord.<br />

4. Die Hauptnachfrage nach Fahrplantrassen für den Güterverkehr besteht dann, wenn der<br />

schnelle ICE-Verkehr nicht mehr fährt.<br />

Es muss folgende Frage folgen:<br />

Ist die Konzentration der Güterzüge abends eine Folge der fehlenden ICE-Züge, d. h. würde sich<br />

mit dem Bau z. B. der Y-<strong>Trasse</strong> diese Konzentration verschieben oder abbauen, da einige<br />

Güterzüge dann eher fahren könnten?<br />

Antwort:<br />

Von der Tendenz her: Nein. Die Güterzüge bzw. die Spitzennachfrage nach entsprechender<br />

Kapazität wird auch weiterhin in Nord-Süd-Richtung tendenziell abends bzw. spät nachmittags<br />

bestehen.<br />

Grund:<br />

Die Wirtschaft produziert und verlädt tagsüber. Waren werden bevorzugt kurz vor Feierabend<br />

versendet und bei Arbeitsbeginn am Morgen empfangen („Nachtsprung“). Auch werden z. B. im<br />

Hamburger Hafen die Schiffe nur tagsüber zu den „normalen“ Tagesschichten gelöscht, da<br />

niemand die teuren Nachtschichten bezahlen will. Zusätzlich erfolgt kein Direktumschlag, d. h. bei<br />

den Containern wird nicht direkt vom Schiff auf den Zug umgeschlagen. Auf die Gründe soll hier<br />

nicht näher eingegangen werden.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 7


2 Bestandsaufnahme und -analyse<br />

Zählung der Züge in Uelzen (km 96,4) am Donnerstag, 19.9.02 von 17:58 Uhr - 22:25 Uhr<br />

Std:Min aus Richtung Hamburg Std:Min in Richtung Hamburg<br />

(17:58 Ankunft des Zählers mit RE mind. ab Lüneburg , ab 17:29 Uhr keine Vorbeifahrt eines<br />

Güterzuges)<br />

18:03 ICE 18:12 ICE<br />

18:15 IR 18:30 Güterzug<br />

18:32 Erzzug (5400 t) (16:55 Uhr Harburg durch) 18:39 IR<br />

18:38 Güterzug 18:50 Güterzug<br />

18:40 ICE 18:55 ICE<br />

18:59 RE 18:58 RE<br />

19:01 Güterzug 19:11 ICE<br />

19:08 Güterzug 19:13 (Lr-ICE)<br />

19:18 IR 19:23 Neigetechnik-ICE auf Gleis 301 aus Stendal<br />

19:49 ICE 19:29 Erzzug (leer)<br />

19:57 RE 19:34 Güterzug<br />

19:59 Güterzug 19:48 IC<br />

19:54 ICE<br />

19:57 RE<br />

20:04 Güterzug 20:16 Güterzug<br />

20:15 IR 20:33 ICE<br />

20:23 Güterzug 20:36 Güterzug<br />

20:28 Güterzug 20:56 ICE<br />

20:33 Güterzug Gleis 302 Æ Stendal 20:58 RE<br />

20:42 ICE<br />

20:51 Güterzug<br />

20:56 Güterzug<br />

21:20 RE (+21 Min. !, gezogen von BR 141) 21:09 ICE<br />

21:23 Güterzug 21:12 IC (aus Stendal)<br />

21:26 Güterzug 21:22 Güterzug<br />

21:31 Güterzug 21:27 Neigetechnik-ICE auf Gleis 301 aus Stendal<br />

21:34 Güterzug 21:42 IR<br />

21:42 Güterzug 21:56 ICE<br />

21:50 Güterzug 21:58 RE<br />

21:55 RE<br />

22:00 DB-Auto-/Nachtzug 22:07 ICE<br />

22:06 Güterzug 22:23 Güterzug<br />

22:12 Güterzug<br />

22:19 IR<br />

22:23 Güterzug Gleis 302 Æ Stendal<br />

(22:25 Abfahrt mit RE nach Hannover bis Celle an 23:03 kein Güterzug Richtung Uelzen !)<br />

Auf Y-<strong>Trasse</strong> verlagerbar, verbleibender Personenverkehr auf „Altstrecke“ , Relation Hamburg - Stendal<br />

Bemerkungen:<br />

- Die Neigetechnik-ICE von Berlin nach Hamburg sind temporär über Uelzen umgeleitet worden. Die Gleise 301 und 302 sind auf der<br />

Westseite des Bahnhofs Uelzen<br />

- Lr = Leerreisezug<br />

- Eine Zählung am Dienstag, 27.08.02 ab 19:46 Uhr führte auf die Zuganzahl bezogen zum gleichen Ergebnis.<br />

- Die Verteilung in den Stunden 10 - 17 entspricht der der Stunde 18, die Verteilung in den frühen Morgenstunden entspricht den<br />

Stunden 21 und 22 mit entgegengesetzter Belastung.<br />

Tab. 2-2: Zählung der Züge in Uelzen<br />

(Quelle: Zählung Sellien)<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 8


2 Bestandsaufnahme und -analyse<br />

2.3 Gibt es weitere „Engpässe“ und Konfliktpunkte?<br />

2.3.1 Allgemein<br />

Bei der zur Zeit geführten Diskussion scheint der Eindruck zu bestehen, dass die Strecke Stelle -<br />

Lüneburg - Celle der einzige Engpass ist und mit dem Bau der Y-<strong>Trasse</strong> endlich der „Durchbruch“<br />

erreicht wird. Die Abb. 2-1 (Eisenbahninfrastruktur heute) scheint dieses zu bestätigen, die Y-<br />

<strong>Trasse</strong> liegt auf den ersten Blick „optimal“. Leider ist diesem nicht so. Denn im niedersächsischen<br />

und angrenzenden Eisenbahnnetz bestehen weitere gravierende Engpässe bzw. Konfliktpunkte,<br />

die sich mit steigendem Verkehrsaufkommen auf der Schiene weiter verschärfen werden. Dabei<br />

wird oft übersehen oder ausgeklammert, dass nicht in jedem Fall die Strecken die<br />

leistungsbegrenzenden Elemente darstellen, sondern auch und oft die Knoten (Bahnhöfe,<br />

Abzweige, Einfädelungen).<br />

Engpässe und Konfliktpunkte im relevanten Bereich sind insbesondere (keine Rangfolge):<br />

• Der Knoten Hannover<br />

• hier für die Nord - Süd - Relation: Hannover Hbf - Hannover Bismarckstraße (unbefriedigende<br />

Betriebsqualität)<br />

• Der Knoten Lehrte<br />

• Die Strecke Hude - Delmenhorst - (Bremen-Huchting) - Bremen Neustadt - Bremen Hbf, auf<br />

der der Verkehr von den Strecken aus Oldenburg (Oldb), Nordenham, Vechta und Bremen-<br />

Grolland sich Richtung Bremen summiert.<br />

• Die allgemein höhengleiche Einführung und Kreuzung bestehender Strecken. Dieses<br />

insbesondere in den Bahnhöfen Buchholz (Nordheide), Celle, Langwedel bzw. Verden (Aller),<br />

Lehrte und der Abzweig Groß Gleidingen (Braunschweig - Hannover/Hildesheim)<br />

• Die Kreuzung der RB-Züge Bremen-Vegesack - Verden (Aller) des Streckengleises Hannover -<br />

Bremen im Bahnhof Verden (Aller), heute zweimal pro Stunde.<br />

• Die Strecke Wunstorf - Nienburg (Weser)<br />

• Die Strecke Buchholz (Nordheide) - Hamburg-Harburg, wenn weitere ICE-Linien dazukommen.<br />

• Der Knoten Hamburg<br />

• Die Eingleisigkeit der Strecke Oldenburg (Oldb) - Leer (Ostfriesland)<br />

• Seelze - Minden (Westf)<br />

• Weddel - Lehre - Fallersleben<br />

Die Y-<strong>Trasse</strong> wird - bei unterstelltem Mehrverkehr - keinen dieser Konfliktpunkte entschärfen oder<br />

beseitigen. Im Gegenteil, die Probleme in den Knoten Hannover und Lehrte und im Bahnhof<br />

Buchholz (Nordheide) werden noch verschärft. Dazu reicht ein Blick auf die Streckenübersicht<br />

(Abb. 2-1): Sie „konzentriert“ den Personenverkehr auf Hannover und den Güterverkehr auf<br />

Lehrte. In Buchholz (Nordheide) wird durch die zusätzlichen ICE-Züge die Ein- bzw. Ausfädelung<br />

der Güterzuge der Relation Maschen - Rotenburg (Wümme) (-Bremen) behindert.<br />

Auch die Betriebsqualität auf der Strecke von Hannover Hbf bis Hannover Bismarckstraße wird<br />

nicht gesteigert. Oder anders formuliert. Dieser kurze Streckenabschnitt begrenzt im Süden die<br />

Leistungsfähigkeit der Y-<strong>Trasse</strong>.<br />

Westlich der Achse Rotenburg (Wümme) - Verden (Aller), also auch im Bereich Bremen, hat die<br />

Y-<strong>Trasse</strong> keine Auswirkung, wenn davon ausgegangen wird, dass weiterhin die ICE-Linie nach<br />

Bremen im 2-h-Takt verkehrt.<br />

Wird nun die Abb. A-1 betrachtet, in der die Engpässe, Konfliktpunkte usw. mit eingezeichnet<br />

sind, besteht eher der Eindruck, dass die Y-<strong>Trasse</strong> „irgendwie“ ungünstig zu liegen scheint. Im<br />

Norden könnte sie zwar Richtung Maschen „verschoben“ werden, so dass die vorhandenen<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 9


2 Bestandsaufnahme und -analyse<br />

Konfliktpunkte - von Hamburg selbst abgesehen - umgangen werden, aber an welche Stelle<br />

müsste das südliche Ende verschoben werden? Es bietet sich für die Nord - Süd - Relation im<br />

Endeffekt nur der Bereich Peine / Braunschweig an. Eine NBS Maschen - Braunschweig (-<br />

Süden) wird allerdings unrealistisch sein.<br />

Darüberhinaus stellt sich die Frage, ob nicht auch die Strecke (oder Abschnitte) von Hannover -<br />

Osnabrück einen Engpass darstellt. Dieses aus dem Grund, dass die DB Netz AG dem<br />

Eisenbahnverkehrsunternehmen Connex keine geeignete Fahrplantrasse für deren geplanten<br />

InterConnex zur Verfügung stellen konnte.<br />

2.3.2 Buchholz (Nordheide) und Buchholz (Nordheide) - Hamburg-Harburg<br />

Im Folgenden soll kurz der Knoten Buchholz (Nordheide) und die Strecke Buchholz (Nordheide) -<br />

Hamburg-Harburg betrachtet werden. Beim Bau der Y-<strong>Trasse</strong> und unterstelltem<br />

Verkehrswachstum auf der Schiene werden sich die Probleme hier verschärfen.<br />

Im Bahnhof Buchholz (Nordheide) liegt die in Abb. 2-2 schematisiert dargestellte Infrastruktur vor.<br />

Vereinfacht ausgedrückt, werden hier zwei zweigleisige Strecken zu einer dreigleisigen Strecke<br />

zusammengefasst. Damit ist prinzipiell die Leistungsfähigkeit der zweigleisigen Strecken bereits<br />

heute begrenzt. Zusätzlich sind alle Kreuzungen höhengleich, auch die mit einer weiteren<br />

eingleisigen Strecke aus Soltau (Han).<br />

schematisierte Streckenführung im Bahnhof / Knoten Buchholz (Nordheide)<br />

(Auszug)<br />

a le Kreuzungen höhengleich!<br />

von / nach Hamburg<br />

von / nach B r emen<br />

= Konfliktpunkt<br />

von / nach S oltau (Han)<br />

von / nach M as chen<br />

Abb. 2-2: schematisierte Streckenführung im Bahnhof Buchholz (Nordheide)<br />

Grundsätzliche Betrachtung<br />

Ein Güterzug, der von Maschen nach Bremen durch den Bahnhof ohne Halt durchfährt, blockiert<br />

die Gleise der Richtung Bremen / Soltau (Han) - Hamburg etwa zwei Minuten. Das bedeutet, bei<br />

nur fünf Güterzügen pro Stunde kann etwa zehn Minuten kein Zug nach Hamburg fahren bzw. in<br />

den Bahnhof aus Richtung Bremen und Soltau einfahren. Wird das heutige Zugangebot (bis zu 1<br />

IC-, 1 MET-, 1 RE- und 2 RB-Züge = 5 Züge) pro Stunde und die durch die Y-<strong>Trasse</strong> zusätzlichen<br />

(mindestens) zwei ICE-Züge zugrundegelegt, so sind Probleme bei der zuverlässigen<br />

Betriebsführung zu erwarten.<br />

Eine Zählung an einem zufällig ausgewählten Werktag (Tab. 2-3) zeigt, dass bereits heute fast<br />

jeder Zug mehr oder weniger verspätet ist. Dabei ist für eine zuverlässige Betriebsdurchführung<br />

nicht entscheidend, ab wieviel Minuten eine Verspätung als Verspätung gezählt wird, da bereits<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 10


2 Bestandsaufnahme und -analyse<br />

kleine Abweichungen vom Fahrplan bei sehr dichter Belegung zu weiteren Störungen bzw. zu<br />

Folgestörungen führen können.<br />

„Es kann bei größeren Betriebsschwierigkeiten durchaus sinnvoll sein, den Vorrang hochwertiger<br />

Züge vorübergehend einzuschränken, um den Betriebsablauf in einem überlasteten Netzelement<br />

flüssig zu halten.“ [Pachl, 1999, S. 163]<br />

Die zusätzliche Belastung mit weiteren Fernverkehrstaktlinien oder auch weiteren<br />

Nahverkehrszügen wird sich auf die Betriebsqualität (Pünktlichkeit) und die Höhe der<br />

Verspätungen nicht förderlich auswirken. Eine Untersuchung und ein entsprechender Ausbau des<br />

Knotens Buchholz (Nordheide) ist daher unabdingbar.<br />

Weiterhin fällt auf, dass die durchschnittliche Verspätung der Personenzüge aus dem<br />

(überlasteten) Knoten Hamburg mit durchschnittlich 4,6 Minuten größer als die 3,0 Minuten aus<br />

Richtung Bremen ist. Etwas „verfälscht“ wird die Verspätung aus Richtung Bremen durch die<br />

extreme Verspätung des RE um 20:44 Uhr von 25 Minuten. Wird für diesen RE eine „normale“<br />

Verspätung von 3 Minuten angesetzt, würde sich die durchschnittliche Verspätung von 3 auf 1,5<br />

Minuten reduzieren. Dieses zeigt, dass die Gestaltung und der Ausbau der Infrastruktur einen<br />

entscheidenden Einfluss auf die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit des Eisenbahnbetriebes hat.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 11


2 Bestandsaufnahme und -analyse<br />

Zählung der Züge in Buchholz(Nordheide) am Mittwoch, 23.10.02 von 16:44 Uhr - 20:44 Uhr<br />

Std:Min in Richtung Rotenburg(W) - Bremen Std:Min in Richtung Hamburg / Maschen<br />

(16:44 Ankunft des Zählers mit RE)<br />

16:45 RE +7 16:46 IC -1<br />

16:45 Güterzug<br />

16:55 RB +2<br />

17:13 IC +4 17:03 Güterzug (an 16:58)<br />

17:30 RB +1 17:14 Güterzug<br />

17:34 Güterzug 17:22 RE +3<br />

17:51 RB +2 17:28 RB<br />

17:57 RE +18 (RB Æ Soltau 17:45 ab17:54!) 17:28 Güterzug (an vor 16:44)<br />

17:32 Güterzug (an 17:17)<br />

17:46 IC -1<br />

17:50 RB<br />

17:59 Güterzug<br />

18:10 IC +1 18:02 Güterzug<br />

18:19 Güterzug 18:08 Güterzug<br />

18:30 RB +1 18:19 RE<br />

18:41 RE +3 18:29 MET +4<br />

18:52 Güterzug 18:30 RB +2<br />

18:41 Güterzug<br />

18:45 Güterzug<br />

18:47 IC<br />

18:51 RB +1<br />

19:01 RB 19:08 Güterzug<br />

19:23 Güterzug 19:22 RE +3<br />

19:25 IC +16 19:28 RB<br />

19:33 Güterzug 19:49 Güterzug<br />

19:37 RB +7 19:54 IC +7<br />

19:38 MET +1<br />

19:43 RE +3<br />

19:47 Güterzug<br />

19:55 RB<br />

19:56 Güterzug<br />

20:00 Güterzug 20:19 Güterzug<br />

20:04 Güterzug 20:25 Güterzug<br />

20:07 CNL +10 20:30 RB +2<br />

20:09 Güterzug 20:32 Güterzug<br />

20:17 IC +8 20:35 Güterzug<br />

20:32 RB +3 20:44 RE +25<br />

20:38 Güterzug<br />

20:39 RE +1<br />

(20:44 Abfahrt des Zählers mit RE)<br />

19 Züge Σ +88 Minuten = 4,6 Min./Zug 15 Züge Σ +45 Minuten = 3 Minuten / Zug<br />

Fernverkehr , Nahverkehr , Güterzug aus / nach Maschen, +/-Zahl = Verspätung / Verfrühung in Minuten<br />

Bemerkungen:<br />

- angesetzte Fahrzeiten: Hamburg Hbf - HH-Harburg / Buchholz(Nordheide): 11 / 22 Minuten<br />

- keine Verlagerung auf Y-<strong>Trasse</strong> möglich<br />

- pro Stunde und Richtung zwei ICE-Züge zusätzlich durch Y-<strong>Trasse</strong> (Verlagerung von Hamburg - Lüneburg - Hannover)<br />

Tab. 2-3: Zählung der Züge in Buchholz (Nordheide)<br />

(Quelle: Zählung Sellien)<br />

Anmerkung zum Unterkapitel: Hier wird ein weiterer grundsätzlicher Unterschied zwischen den Systemen<br />

„Straße“ und „Eisenbahn“ deutlich. Durch die besonderen Eigenschaften der Eisenbahn und des Stahlrad-<br />

Stahlschiene-Systems (wie lange Fahrzeugeinheiten oder lange Bremswege) wird u. a. ein Fahren im festen<br />

Raumabstand bei der Eisenbahn notwendig, der einen festen Fahrplan erfordert. Damit muss das Netz<br />

(Fahrdienstleiter) über die Betriebsführung entscheiden. Im Straßenverkehr entscheidet der Fahrzeugführer,<br />

wie schnell er fährt, wo er fährt und wann er den Fahrweg eines anderen Fahrzeugs kreuzt, alles ohne<br />

Sicherheitseinrichtung und nur auf Sicht. (vgl. auch [Breimeier, 12/2001]). „Eben mal kurz über das<br />

Streckengleis Bremen - Hamburg fahren“ - wie aus Autofahrersicht betrachtet - ist nicht möglich.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 12


2 Bestandsaufnahme und -analyse<br />

2.4 Wettbewerb auf der Schiene - Die <strong>Trasse</strong>npreise<br />

Der Wettbewerb auf der Schiene und die damit einhergehende Öffnung der<br />

Eisenbahninfrastruktur für jedes Eisenbahnverkehrsunternehmen bedingt ein<br />

<strong>Trasse</strong>npreissystem. In der Tab. 2-4 ist ein Auszug aus dem aktuellen <strong>Trasse</strong>npreissystem der<br />

DB Netz AG dargestellt. Der Grundpreis ist unabhängig von der Zuggattung, d. h., dass z. B.<br />

auch für einen Güterzug, der nur mit 100 km/h auf der SFS Hannover - Würzburg fährt, der<br />

Grundpreis von 3,38 EUR/km zu entrichten ist.<br />

<strong>Trasse</strong>npreissystem 2001 der DB Netz AG: <strong>Trasse</strong>npreise ab 01.01.2003<br />

(Auszug)<br />

Kategorie<br />

Fernstrecken<br />

Geschwindigkeitsbereich<br />

Grundpreis Grundpreis Beispielstrecke<br />

plus<br />

Auslastungsfaktor<br />

Fplus > 280 km/h 8,30 EUR/km 9,96 EUR/km SFS Köln - Frankfurt (M)<br />

F1 201 - 280 km/h 3,38 EUR/km 4,06 EUR/km SFS Hannover - Würzburg<br />

F2 161 - 200 km/h 2,24 EUR/km 2,69 EUR/km Hannover - Hamburg<br />

F3 101 - 160 km/h 2,12 EUR/km 2,54 EUR/km Wunstorf - Bremen<br />

F4 101 - 160 km/h 2,07 EUR/km 2,48 EUR/km<br />

F5 101 - 120 km/h 2,02 EUR/km 2,42 EUR/km<br />

S-Bahnstrecken<br />

S1<br />

Vmax S-Bahn<br />


2 Bestandsaufnahme und -analyse<br />

wird, müssen die höheren <strong>Trasse</strong>nkosten durch eine drastische Angebotsreduzierung<br />

aufgefangen werden.<br />

Aus Sicht der DB AG / DB Netz AG mag diese Verteuerung der Regionalnetze<br />

betriebswirtschaftlich sinnvoll sein, aus volkswirtschaftlicher und raumordnungspolitischer Sicht ist<br />

dieses kontraproduktiv. ZIMMER stellt weiter fest, dass „bis heute faktisch keine<br />

Wettbewerbsmechanismen zur Erreichung effizienter Strukturen bei Bau, Betrieb und<br />

Unterhaltung der Schienenwege etabliert [sind]“ [ebd., S. 82].<br />

Inwieweit außerhalb dieser Regionalnetze z. B. bei der geringen Auslastung der Y-<strong>Trasse</strong> oder für<br />

die SFS Hannover - Wolfsburg - Berlin mit einer abschnittsweisen Belastung von nur 88 Zügen in<br />

beiden Richtungen [Andersen, 2000, S. 515] ebenfalls eine Art „Regionalfaktor“ zu erheben wäre,<br />

kann und soll hier ebenfalls nicht beurteilt werden, da die zugrundegelegte Berechnungsmethode<br />

nicht bekannt ist. Wie Tab. 2-4 zeigt, kann der <strong>Trasse</strong>npreis durchaus relativ niedrig sein<br />

(Kategorie S1 mit 1,45 EUR/km). Hier spielt sicherlich die hohe Auslastung eine wichtige Rolle.<br />

Dieses soll an Hand einer Beispielrechnung verdeutlicht werden. Oder anders gefragt: Wie viele<br />

Züge braucht das Eisenbahninfrastrukturunternehmen, damit die Strecke sich trägt?<br />

Beispielrechnung 1<br />

In einem sehr interessanten Referat auf einer Tagung des Niels-Stensen-Hauses (Worphausen) und des<br />

Verkehrsclubs Deutschland (<strong>VCD</strong>) am 6. März 2002 [Moorexpress, 2002, S.29 - 36] ging Carsten HEIN u. a.<br />

auf die Instandhaltungskosten der Infrastruktur ein. Als ein Beispiel nannte er die Strecke Bremervörde -<br />

Rotenburg (Wümme) der Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe Weser GmbH (EVB). Für Instandhaltung<br />

muss die EVB jährlich etwa 6.700 EUR/km ausgeben. Bei einer Zuganzahl von 1.144 Zügen ergibt dieses<br />

einen rechnerischen „<strong>Trasse</strong>npreis“ von 5,86 EUR/km. Damit wäre diese Strecke teurer als die SFS<br />

Hannover - Würzburg, so dass dieser <strong>Trasse</strong>npreis nicht am Markt durchgesetzt werden kann. Wenn man<br />

berücksichtigt, dass die Unterhaltungskosten nicht oder nur sehr gering bei steigenden Zugzahlen steigen<br />

(hoher Fixkostenanteil, geringer Verschleiß), kann folgende Modellrechnung aufgestellt werden.<br />

Würde erreicht werden, dass pro Tag im Schnitt ein Zugpaar zusätzlich fährt (730 Züge), so sinkt der<br />

„<strong>Trasse</strong>npreis“ bereits auf 3,58 EUR/km. Oder anders ausgedrückt, bei konstantem <strong>Trasse</strong>npreis, sinkt die<br />

Kostenunterdeckung der Strecke.<br />

Dieses ist eine Modellrechnung, die für die Strecken der DB Netz AG genauso zutreffen.<br />

Beispielrechnung 2<br />

Werden für die Y-<strong>Trasse</strong> Baukosten von etwa 1,5 Mrd. EUR angesetzt, 35 Jahre Abschreibungszeitraum<br />

und eine Länge von 84 km, so ergibt sich bei 365 Tagen pro Jahr und (60 + 22 + 8 zusätzliche =) 90 Zügen<br />

pro Tag (siehe Tab. 2-1) ein „<strong>Trasse</strong>npreis“ nur durch die Baukosten (ohne Zinsen und Unterhaltung) von<br />

15,53 EUR/km. Zusätzlich ist vorausgesetzt, dass DB Netz auch die 60 wegfallenden ICE-Züge bzw. deren<br />

Einnahmen über Uelzen durch anderen Verkehr dort ersetzen kann. Dabei dürfen diese zusätzlichen Züge<br />

außerhalb der Strecke Hamburg - Uelzen - Celle - Hannover nur freie Kapazitäten belegen. Zusätzliche Züge<br />

durch allgemein gestiegenes Verkehrsaufkommen haben dort („rechnerischen“) Vorrang.<br />

Die derzeit teuerste Strecke in Deutschland liegt bei einem <strong>Trasse</strong>npreis von gut der Hälfte bei 8,30 EUR/km<br />

(Tab- 2-4). Die Differenz zu dem real erhobenen <strong>Trasse</strong>npreis muss irgendeiner Kostenstelle auch<br />

zugerechnet werden.<br />

Folgen für Y-<strong>Trasse</strong>n-Planung<br />

Die Regionalfaktoren zeigen, dass viele Strecken ihre Kosten heute nicht erwirtschaften können.<br />

Aus raumordnungspolitischen Gründen können (und werden) diese Strecken allerdings nicht<br />

stillgelegt werden. Da das Netz sich vom Prinzip selbst tragen muss (Vollkostendeckung),<br />

müssen diese Kosten an anderer Stelle aufgeschlagen werden. Nach [Zimmer, 2003, S. 83] wird<br />

nur in Deutschland auf diese Vollkostendeckung hingearbeitet, was für „Nebennetze“ allerdings<br />

als unrealistisch gelten muss. Wird nun durch eine entsprechende Planung erreicht, dass der<br />

Verkehr und der zusätzliche Verkehr durch einen entsprechenden Ausbau mit dem vorhandenen<br />

Netz bewältigt werden kann, hier insbesondere unter Einbeziehung der „Nebennetze“ (effektivere<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 14


2 Bestandsaufnahme und -analyse<br />

Nutzung = Verbesserung der Wirtschaftlichkeit), <strong>statt</strong> eine neue, relativ gering ausgelastete<br />

Strecke neu zu bauen, führt dieses tendenziell zu sinkenden <strong>Trasse</strong>nkosten pro Zugkilometer.<br />

Es ist zu bezweifeln, ob die Y-<strong>Trasse</strong> aus Sicht des Infrastrukturbetreibers ohne Subventionen<br />

wirtschaftlich zu betreiben ist. (Die Gewinne oder Verluste des Eisenbahnverkehrsunternehmens,<br />

das auf der Y-<strong>Trasse</strong> seine Züge fahren lässt, bleiben davon unberührt!).<br />

Dieses bedeutet: Erst Ausbau, dann Neubau!<br />

2.5 Erfahrungen mit einer vorhandenen Aus- / Neubaustrecke<br />

An einer Fahrt des Verfassers von Braunschweig Hbf über Berlin-Spandau nach Hennigsdorf<br />

lassen sich grundsätzliche Fehler der aktuelleren Neubau- bzw. Schnellfahrstreckenplanung bzw.<br />

deren Ausführung in Deutschland verdeutlichen. Diese sind auch für die Y-<strong>Trasse</strong>n-Planung von<br />

Bedeutung, da hier ebenfalls Nah- und Güterverkehr abgewickelt werden sollen und die Hauptlast<br />

des Güterverkehrs durch Entlastung der bestehenden Strecke auf dieser verkehren soll. Auch<br />

können die systemtechnischen Vorgänge im Eisenbahnnetz verdeutlicht werden.<br />

Ein Erlebnisbericht (aus betrieblicher Sicht)<br />

Auf Grund einer Betriebsstörung im süddeutschen Raum fuhr der ICE mit etwa 40 Minuten Verspätung in<br />

Braunschweig ab. Auf dem eingleisigen Neubau „Weddeler Schleife“ bremste der ICE und fuhr längere<br />

Zeit im Schritttempo. Nach einiger Zeit war auf dem Kreuzungsgleis der stehende ICE der Gegenrichtung<br />

zu sehen. Nachdem der ICE wieder beschleunigt hatte und in Wolfsburg auch die 200 km/h erreicht hatte,<br />

kam der ICE vor Oebisfelde dann mehrere Minuten zum Stehen. Als dann endlich eine Diesellok mit ihrem<br />

Nahverkehrszug auf dem Gegengleis der Schnellfahrstrecke vorbeifuhr, erhielt der ICE wieder<br />

Fahrtberechtigung und beschleunigte auf 250 km/h. Aber nicht lange, denn im Bereich Stendal ging es<br />

wieder längere Zeit nur im Schritttempo voran. Wenige Minuten später, als der ICE wieder etwas schneller<br />

fuhr, war auch diese Ursache ersichtlich. Ein von einer E-Lok gezogener Güterzug Richtung Berlin<br />

„blockierte“ das Gleis des ICE’s und musste erst auf das Gegengleis geführt werden, damit er überholt<br />

werden konnte. Danach war aber immer noch nicht an eine durchgehende Fahrt mit der streckentechnischen<br />

Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h zu denken, da in dem vor Berlin gelegenen Trappenschutzgebiet nur<br />

mit 200 km/h gefahren werden darf, weil entsprechende Schutzmaßnahmen unterblieben sind.<br />

Schließlich ist dann doch noch Berlin erreicht worden, aber die Verspätung wurde nicht abgebaut,<br />

sondern aufgebaut. Immerhin - ab Rathenow „störte“ kein mit 160 km/h zwar schneller, im Vergleich zu<br />

den 250 km/h allerdings langsamer Nahverkehrszug die Fahrt. Der Anschlusszug nach Hennigsdorf war<br />

„natürlich“ abgefahren.<br />

Dieses Erlebnis ist sicher nicht „alltäglich“, es ist allerdings auch kein Einzelfall und enthält nicht<br />

alle Problem- und Konfliktbereiche. Für den „normalen“ Reisenden ist mit der SFS Hannover /<br />

Braunschweig - Berlin scheinbar eine sehr gute Maßnahme umgesetzt worden: Die Fahrzeit ist<br />

sehr deutlich verkürzt worden und im Stundentakt sind die letzten Lücken geschlossen worden.<br />

Angesichts der vorhandenen Probleme sind doch einige Fragen zu stellen. Ist nur eine<br />

suboptimale Lösung realisiert worden? Was ist das ursprüngliche Ziel dieser Maßnahme<br />

gewesen? Welche Fehler sind vollzogen worden bzw. welche Zwänge lagen hier bei der Planung<br />

des Ausbaus der Strecke Hannover / Braunschweig - Wolfsburg - Stendal - Berlin vor, die sich bei<br />

der Y-<strong>Trasse</strong> zu wiederholen scheinen?<br />

Bezogen auf u. a. die Betriebsführungsprobleme im Streckenabschnitt Rathenow - Berlin-<br />

Spandau spricht [Anderson, 2000, S. 519] von Problembereichen, „die ihre Ursachen in einer<br />

mangelnden vorausschauenden betriebssystematischen Durchleuchtung von Betriebsabläufen<br />

haben.“ Diese ist allerdings nur ein Baustein im Planungsprozess. Bevor eine<br />

betriebssystematische Untersuchung durchgeführt werden kann, muss eine Zielbeschreibung<br />

erfolgen bzw. ein Anforderungsprofil erstellt werden. Hier können bereits entscheidende Fehler<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 15


2 Bestandsaufnahme und -analyse<br />

gemacht werden. Wenn hier z. B. angenommen wird, dass tagsüber kein Güterzug auf der SFS<br />

fährt, weil für den Güterverkehr auf der bestehenden dann entlasteten Strecke durch den<br />

weitgehenden Wegfall der ICE-Züge ausreichend Kapazitäten zur Verfügung stehen, später dann<br />

doch Güterzüge über die SFS geführt werden (müssen), weil der Bedarf bzw. die Nachfrage<br />

falsch eingeschätzt worden ist, wird die betriebssystematische Durchleuchtung mit „falschen“<br />

Ausgangsdaten durchgeführt. Auch für den Fall, dass die betriebssystematische Durchleuchtung<br />

mit „richtigen“ Zahlen durchgeführt worden ist, muss die Planung im letzten Schritt schließlich<br />

ausgeführt werden. Hier kann dann der Zwang entstehen, die „optimale“ Planung fallen lassen zu<br />

müssen, weil nicht genügend Geld zur Verfügung gestellt wird.<br />

Der Verfasser erinnert sich an eine Exkursion zur Baustelle der Weddeler Schleife. Der Vertreter<br />

der DB AG sagte sinngemäß (nach Erinnerung des Verfassers): „Wir hätten gerne zweigleisig<br />

ausgebaut, aber seitens der Politik sind die wenigen Millionen Euro (damals noch DM) nicht<br />

bewilligt worden. Wir bauen aber bereits so, dass das zweite Gleis später nur noch verlegt<br />

werden muss.“<br />

Die heute bestehende Lösung ist zweifelsfrei eine Verbesserung gegenüber dem vorhergehenden<br />

Zustand. Sie kann allerdings den Eindruck entstehen lassen, dass „eigentlich“ – bis auf die<br />

fehlende Zweigleisigkeit Weddel - Fallersleben (Weddeler Schleife) – eine sehr gute Lösung<br />

realisiert worden ist. Um dieses beurteilen zu können, müssen zwei Fragen beantwortet werden.<br />

Welches Planungsziel ist aus der realisierten Lösung „rückwärts“ ermittelbar? Wie könnte<br />

eine andere Lösung aussehen?<br />

Die Antwort auf die erste Frage kann wie folgt aussehen: Hauptziel ist die Verkürzung der<br />

Reisezeit, betriebliche Probleme werden akzeptiert. Dieses ist sicher nicht das geplante Ziel<br />

gewesen. Es ist das, was sich aus heutigen Situation ergibt. Es liegt also eine Diskrepanz<br />

zwischen Wunsch (Planungsziel) und Wirklichkeit (tatsächliche Realisierung) vor. Deutlich wird<br />

dieses auch, wenn die „optimalere“ Lösung betrachtet wird:<br />

• konsequente Trennung des langsamen Verkehrs vom schnellen Verkehr. Im Abschnitt<br />

Fallersleben - Wolfsburg - Berlin-Spandau problemlos durchzuführen, da praktisch über die<br />

gesamte Strecke weitgehend ein drittes Gleis vorhanden ist (bzw. problemlos hätte verlegt<br />

werden können), welches nicht elektrifiziert ist, so dass es heute für Duchgangsgüterzüge und<br />

den elektrisch betriebenen Nahverkehr im Berliner Bereich nicht nutzbar ist.<br />

• zweigleisiger Ausbau (Braunschweig -) Weddel - Fallersleben („Weddeler Schleife“) und<br />

(Braunschweig-) Groß Gleidingen - Hildesheim.<br />

• entsprechender Ausbau des Knotens Lehrte einschließlich der Strecke bis Fallersleben, so<br />

dass auch hier eine weitgehende Trennung zwischen den Verkehren möglich ist.<br />

• ab Lehrte bis Berlin-Spandau eine durchgehende Höchstgeschwindigkeit von 250 - 300 km/h,<br />

wobei in einem etwa 150 km langen Abschnitt zwischen Wolfsburg und Berlin-Spandau eine<br />

durchgehende Beharrungsgeschwindigkeit von 300 km/h erreicht werden könnte (Ob dieser<br />

Geschwindigkeitsbereich „sinnvoll“ oder „unsinnig“ ist, ist eine andere Diskussion. Es geht hier<br />

nur um das Aufzeigen der Alternative!)<br />

• Im Trappenschutzgebiet wären bauliche Gegenmaßnahmen realisiert worden, die einen<br />

Geschwindigkeitseinbruch vermieden hätten bzw. das Gebiet wäre umfahren worden.<br />

Mit diesen Maßnahmen, die relativ wenig kosten (im Vergleich zu den Gesamtkosten) bzw.<br />

gekostet hätten, wäre Folgendes erreicht worden:<br />

• Die Fahrzeit Hannover Hbf - Berlin Zoolg. Garten hätte von heute 1 h 31 Min. um etwa 20<br />

Minuten auf 71 Minuten zuverlässig verkürzt werden können, so dass mit einer<br />

Reisegeschwindigkeit von (254 km / 71 Min. =) 214,6 km/h von einer tatsächlichen<br />

Hochgeschwindigkeitsstrecke gesprochen werden könnte.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 16


2 Bestandsaufnahme und -analyse<br />

• Gleichzeitig wird Kapazität bereitgestellt, für die Nachfrage in der Güterzugrelation<br />

(Ruhrgebiet-) Hannover - Berlin (- Polen), auf der heute Bedarf vorhanden ist und der nicht<br />

über Braunschweig - Magdeburg geführt werden kann (wichtig für EU-Osterweiterung).<br />

• Der Nahverkehr hätte sehr flexibel geplant werden können, so dass nicht nur die<br />

Zuverlässigkeit im Knoten Berlin oder Braunschweig erheblich steigen könnte. Er hätte<br />

zusätzlich beschleunigt und im Berufsverkehr dem erhöhten Bedarf angepasst werden können,<br />

d. h. es wären die Anforderungen aller Kunden (Fern-, Nah- und Güterverkehr) berücksichtigt<br />

worden.<br />

• Die Zuverlässigkeit des gesamten Netzes wäre erhöht worden, da u. a. die weitgehend<br />

eingleisige „Konfliktstrecke“ Fallersleben - Braunschweig - Hildesheim entfallen wäre.<br />

Bei der Y-<strong>Trasse</strong> ist eine Wiederholung der Fehler erkennbar: Diskrepanz zwischen Wunsch und<br />

erkennbarer Wirklichkeit, Bevorzugung des Personenfernverkehrs (Güterverkehr verbleibt auf<br />

entlasteter Strecke, Nahverkehr wird auf der Strecke Bremen - Hamburg behindert bzw. behindert<br />

dort den Fernverkehr).<br />

Anmerkung zum Systemunterschied Schiene - Straße: Eine grundsätzlich andere Systemeigenschaft des<br />

Eisenbahnnetzes bzw. des Eisenbahnverkehrs im Vergleich zum Straßenverkehr wird deutlich. Eine<br />

Betriebsstörung im süddeutschen Raum wird „weitergereicht“ und wirkt sich auch im norddeutschen Raum<br />

aus. Ein Stau auf einer Autobahn in Süddeutschland dagegen wird im norddeutschen Autobahnnetz zu<br />

keinen Störungen führen. Mit diesem Problem hat insbesondere DB Reise&Touristik zu kämpfen, da eine<br />

singuläre Störung verhindern kann, praktisch die gesamte Dienstleitung „pünktlicher Transport“ des<br />

einzelnen Zuges in mindestens befriedigender Qualität zu erbringen. Dieses soll kein „Blanko-Scheck“ sein,<br />

muss aber bei Störungen, die außerhalb des Verantwortungsbereiches von DB Reise&Touristik liegen,<br />

berücksichtigt werden.<br />

Auch die Überholung von langsamer fahrenden Zügen (im Regelfall bei Verspätung) ist im Gegensatz zur<br />

Straße nur an bestimmten Stellen möglich (Gegenverkehr darf wie auf einer Bundesstraße ebenfalls nicht<br />

vorhanden sein) und zwar dort, wo eine Weichenverbindung besteht. Dadurch muss der schneller fahrende<br />

Zug u. U. sehr lange hinter dem langsamen Zug herfahren. Für die Netzplanung bedeutet dieses, dass die<br />

Zuverlässigkeit des Netzes erhöht werden muss.<br />

2.6 Zwischenfazit<br />

Die Strecke Stelle - Lüneburg ist zweifelsfrei ein Engpass, der beseitigt werden muss und durch<br />

ein drittes Gleis in Zukunft auch zumindest entlastet wird. Durch die Y-<strong>Trasse</strong> würde zwar eine<br />

weitere Entlastung <strong>statt</strong>finden. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass im<br />

niedersächsischen Eisenbahnnetz noch weitere Engpässe und Konfliktpunkte bestehen, so z. B.<br />

der Bahnhof Buchholz (Nordheide) und nach Realisierung der Y-<strong>Trasse</strong> auch die Strecke<br />

Scheeßel - Buchholz (Nordheide) - Hamburg-Harburg. Zusätzlich sind auch Knoten bzw.<br />

Bahnhöfe leistungsbegrenzende Elemente. Dieses wird in der gesamten Y-<strong>Trasse</strong>n-Diskussion<br />

leider immer übergangen. Gleichzeitig ist umfangreiche, wenig genutzte Eisenbahninfrastruktur<br />

vorhanden.<br />

Angesichts der Fehler, die bei der Aus-/Neubaustrecke Hannover / Braunschweig - Wolfsburg -<br />

Berlin gemacht worden sind - u. a. mangelhafte und ungenaue Zielsetzung, fehlende<br />

betriebssystematische Untersuchung(en) und mangelnde Finanzierungszusagen seitens der<br />

Politik - ist zu fordern, das für den norddeutschen Raum eine eisenbahnbetriebswissenschaftliche<br />

Untersuchung durchgeführt wird (siehe dazu auch Kap. 8), damit nicht scheinbar gute bzw.<br />

suboptimale Lösungen - wie die Y-<strong>Trasse</strong> - mit hohen Investitionsmitteln umgesetzt werden.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 17


3 Welche Bahn will der Kunde<br />

3 Welche Bahn will der Kunde?<br />

Eine wichtiger Einflussfaktor der Ausbauplanung der Schieneninfrastruktur sollten die Wünsche<br />

und Anforderungen aller Kunden sein. Wie im vorhergehenden Kapitel gezeigt, sind bei der SFS<br />

Hannover / Braunschweig - Berlin nicht alle Kunden gleichermaßen berücksichtigt worden, so<br />

dass es hier sogar zu betrieblichen Problemen kommt. Bei der Planung zur Y-<strong>Trasse</strong> scheint der<br />

Eindruck zu bestehen, als ob nur die Interessen des Personenfernverkehrs im Vordergrund<br />

stehen. Der Güterverkehr, für den die eigentliche Kapazitätserweiterung geplant werden soll, wird<br />

selten erwähnt. In der Tab. 3-1 sind die wichtigsten Einflussfaktoren für die Verkehrsmittelwahl<br />

aufgeführt. Eine Gewichtung ist bei dieser allgemeinen Zusammenstellung nicht möglich, da<br />

dieses immer von der Zielgruppe abhängt. Für den Geschäftsreisenden sind eher (früh)morgens<br />

und abends sehr schnelle, auch preislich teurere Verbindungen wichtig, während der<br />

Berufspendler werktags einen dichten Takt zu einem sehr günstigen Preis verlangt mit einer<br />

zuverlässigen Verknüpfung mit den anderen öffentlichen Verkehrsmitteln und für Familien mit<br />

Kleinkindern sind Fahrpreis und Umsteigevorgänge von Bedeutung.<br />

Einflussfaktoren für Verkehrsmittelwahl, (ohne Gewichtung)<br />

Personenverkehr<br />

Reisezeit Haus - Haus (nicht Höchstgeschwindigkeit)<br />

Fahrpreis<br />

Komfort<br />

Service<br />

Verbindungsangebot (zeitlich, Taktdichte)<br />

Zuverlässigkeit<br />

Bequemlichkeit / Umsteigevorgänge<br />

Tab. 3-1: Einflussfaktoren für Verkehrsmittelwahl<br />

Güterverkehr<br />

Beförderungspreis / Preisgestaltung<br />

Beförderungszeit<br />

Lieferqualität<br />

Kundennähe<br />

Termintreue / Zuverlässigkeit<br />

Wie das Angebot „Schönes-Wochenende-Ticket“ zeigt, kann das Merkmal „Preis“ das einzig<br />

relevante sein. Denn auf längeren Strecken nehmen praktisch alle anderen Merkmale in ihrer<br />

Qualität stark ab. Oder systemisch betrachtet: Ab einem bestimmten Grenzwert versagt die<br />

„lineare Betrachtung“ „Wenn die Reisezeit, der Preis,... um den Betrag X sinkt / steigt, dann<br />

fahren Y Reisende mehr / weniger mit der Bahn“. Auch der neue InterConnex von Gera - Leipzig -<br />

Berlin - Rostock zeigt, dass Schnelligkeit nicht das wesentliche Merkmal sein muss. Wobei der<br />

InterConnex mit Vmax=120 km/h nicht schnell ist, aber im Vergleich zu bestehenden<br />

Zugverbindungen schneller und im Vergleich zum Auto möglicherweise auch schneller und<br />

bequemer bzw. entspannter.<br />

Ein anderer (möglicher) großer Kunde der Schiene ist die verladende Wirtschaft, so dass die<br />

Belange des Güterverkehrs nicht vergessen oder übergangen werden dürfen. So war der<br />

Güterverkehr die „Brot- und Buttersparte“ auch der „späten“ Deutschen Bundesbahn.<br />

Im Güterverkehr sind nach [Breimeier, 1999, S. 80] vor allem Beförderungspreis, danach erst<br />

Beförderungszeit und sonstige Aspekte von Bedeutung.<br />

„Die Bedeutung guter Hinterlandverbindungen für einen Seehafen wird durch Angaben<br />

unterstrichen, nach denen die Seestrecke heute nur noch etwa 20 bis 25 Prozent der<br />

Gesamtkosten weltweiter Transporte ausmacht. Der überwiegende Teil entfällt auf die Kosten des<br />

Landverkehrs, bei denen daher auch die größeren Potenziale für Kostensenkungen durch<br />

Verbesserungen der Infrastruktur vermutet werden können.“<br />

[Sichelschmidt, 2003, S. 18], im Original nicht fett markiert.<br />

Der Güterverkehr verlangt also nach preiswerten, „zügigen“ Strecken. Wie das<br />

<strong>Trasse</strong>npreissystem der DB Netz AG zeigt (Tab. 2-4), ist der Grundpreis der Strecke(nkategorie)<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 18


3 Welche Bahn will der Kunde<br />

tendenziell höher, je schneller gefahren werden darf. Eine Schnellfahrstrecke, die vom<br />

Güterverkehr mitbenutzt wird (bzw. werden muss) widerspricht damit vom Prinzip dem Kriterium<br />

„günstiger Beförderungspreis“. Da die bestehende Strecke über Uelzen nach Realisierung der Y-<br />

<strong>Trasse</strong> im <strong>Trasse</strong>npreissystem nicht zurückgestuft werden wird - der IC(IR)-Verkehr wird<br />

weiterhin auf der Strecke über Uelzen verbleiben (siehe z. B. [Andersen, 2000, S. 522]), werden<br />

die <strong>Trasse</strong>nkosten nicht gesenkt werden können. Auch durch ihre Funktion als Ausweichstrecke<br />

(bei Betriebsstörung auf der Y-<strong>Trasse</strong>) wird die heute vorhandene Infrastruktur nicht<br />

zurückgebaut werden.<br />

SICHELSCHMIDT erwähnt für Deutschland durchschnittliche Entgelte für die <strong>Trasse</strong>nnutzung von<br />

2,60 Euro je Zugkilometer, im Gegensatz zu den Niederlanden, wo subventionsbedingt zur Zeit<br />

0,21 Euro (bis 2006 soll auf 0,95 Euro angehoben werden) zu entrichten sind. Diese 2,60 Euro<br />

entsprechen etwa der DB - Streckenkategorie F2 (z. B. Hamburg - Hannover, siehe Tab. 2-4). Mit<br />

der Y-<strong>Trasse</strong> werden für die Nord - Süd - Relation keine günstigeren <strong>Trasse</strong>npreise angeboten<br />

werden können. Für die Y-<strong>Trasse</strong> selbst werden die <strong>Trasse</strong>npreise - ohne Subventionen - höher<br />

liegen. Bei einem Ausbau, der den Interessen des Güterverkehrs entspricht und z. B. im Ausbau<br />

vorhandener Strecken besteht (siehe Kapitel 6), könnte der <strong>Trasse</strong>npreis auf mindestens 2,12 -<br />

2,02 Euro (oder um etwa 20 Prozent) pro Zugkilometer gesenkt werden. Dieses entspräche<br />

einem Ausbau der Strecken nach Kategorie F3 bis F5. Da die Strecken dann nicht überlastet<br />

sind, entfällt der Auslastungsfaktor.<br />

(Anmerkung: Die vom Güterverkehr intensiv genutzte SFS Hannover - Würzburg ermöglicht eine sehr große<br />

Verkürzung der Transportzeit bzw. ermöglicht den Nachtsprung. Die Y-<strong>Trasse</strong> verkürzt die Transportzeit nur<br />

unwesentlich.)<br />

Andere „Aspekte von Bedeutung“ können sein: Preisgestaltung, Lieferqualität, Kundennähe und<br />

Termintreue. Die hier gesammelten positiven Erfahrungen haben z. B. den BASF-Konzern<br />

bewogen, ihren seit Liberalisierung des Schienenverkehrs selbst durchgeführten Güterverkehr<br />

auszudehen (Frankfurter Rundschau vom 24.11.1998).<br />

(Anmerkung des Verfassers: Diese „privaten“ Güterzüge sind z .B. an den Lokomotiven mit Aufschriften wie<br />

„Rail4Chem“, „TX Logistik“ oder an dem „bunteren“ Anstrich zu erkennen.)<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 19


4 Verkehrsentwicklung und -prognosen<br />

4 Verkehrsentwicklung und -prognosen<br />

4.1 Allgemein<br />

Alle Verkehrsprognosen kommen zu dem Ergebnis, dass sowohl im Personen- als auch im<br />

Güterverkehr die Verkehrsleistung sehr stark zunehmen wird. Ob diese Prognosen zutreffen oder<br />

sich als falsch erweisen, kann hier nicht untersucht werden. Es lassen sich allerdings in jedem<br />

Fall zwei Schlussfolgerungen ziehen, die tendenziell das gleiche Ergebnis liefern:<br />

1. Die Prognosen bewahrheiten sich, dann muss die Kapazität der Schieneninfrastruktur<br />

erweitert werden, wenn nicht die gesamte Steigerung überwiegend auf der Straße<br />

abgewickelt werden soll.<br />

2. Die Prognosen treten nicht ein, es kommt sogar zu einem mehr oder weniger starken<br />

Rückgang der gesamten Verkehrsleistung. Mögliche Ursachen können sein: Höhere<br />

Energiepreise, Trend zum Einkaufen vor Ort und von regionalen Produkten, das gesamte<br />

Verkehrssystem lässt keine Steigerung mehr zu oder auch eine nachhaltige Raumplanung,<br />

die verkehrsreduzierende Strukturen umsetzt.<br />

Statistik: 1999 betrug die Jahresfahrleistung im gesamten deutschen Straßennetz 639,3 Mrd. Kfzkm,<br />

2000 ging sie um 2,5 % auf 623,3 Mrd. Kfzkm zurück. [Drucksache 14/8754]<br />

Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen sank die Zahl der<br />

Flugreisenden auf Deutschlands Flughäfen 2001 und 2002 um 2,5 bzw. 2,2 Prozent.<br />

(Braunschweiger Zeitung, 1. 3. 2003)<br />

Gleichzeitig soll auch die politische Vorgabe umgesetzt werden, den Verkehr<br />

umweltfreundlicher zu bewältigen bzw. die Straßen zu entlasten, d.h. mehr „Güter auf die<br />

Schiene“. Auch in diesem Fall, muss die Kapazität der Schieneninfrastruktur prinzipiell<br />

erhöht werden. Wenn dieses Ziel auch wirklich umgesetzt werden soll, dann ist der<br />

folgenden Aussage von [Breimeier, 2/2001, S. 92] zuzustimmen:<br />

„Soll die Schiene entsprechend den Vorgaben der Verkehrspolitik die Straße tatsächlich<br />

spürbar entlasten, darf eine Steigerungsrate von 100 % - ausgehend von der<br />

gegenwärtigen Belastung - bei langfristiger Betrachtung keine Utopie bleiben.“ Dieses<br />

entspricht im Güterverkehr einer Steigerung der Zugzahlen um 70 % (ein Teil der Zunahme<br />

führt zur stärkeren Auslastung der Züge).<br />

Die Frage, wie, wann und in welchem Umfang diese Kapazitätserhöhung erreicht wird, Neubau<br />

oder Ausbau, ist erst die anschließende Frage.<br />

Weitere Einzelbeispiele, die für mehr Güterverkehr auf der Schiene sorgen (können).<br />

Ostseehafen Lübeck<br />

Der Hafen Lübeck ist mit fast 26 Mio. t im Jahre 2000 und einem Marktanteil von 40 Prozent am<br />

Umschlag der größte deutsche Ostseehafen. „In der nächsten Zeit werden hier ein Landterminal<br />

des Kombinierten Verkehrs gebaut, neue Hafenflächen und 35 ha Gewerbegebiete geschaffen.<br />

[...] Fünf Betriebsbahnhöfe und etwa 85 km Gleise verknüpfen das Infrastrukturnetz mit dem<br />

Hafen. Der Hafenausbauplan sieht hier noch großes Verbesserungspotenzial für<br />

Hafenhinterlandverkehre auf der Schiene“. Zur Zeit beträgt der Modal-Split-Anteil der Schiene 16<br />

Prozent, der nach den Planungen der Bahn auf 30 Prozent gesteigert werden soll. Verschiedene<br />

Maßnahmen wie die Elektrifizierung der Strecke Hamburg - Lübeck Hafenhöfe und die<br />

Modernisierung der Hafenbahn sollen eine Erhöhung der bisherigen 35 Ganzzugabfahrten pro<br />

Woche ermöglichen. [Schwarz, 2002, S. 172]<br />

Die heute eingleisige, nicht elektrifizierte Strecke Lübeck - Büchen - Lüneburg ist im Endzustand<br />

von „Netz 21“ eine „Strecke im Leistungsnetz“. [Jänsch, 2001, S. 109].<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 20


4 Verkehrsentwicklung und -prognosen<br />

Industriegebiet Braunschweig / Wolfsburg / Salzgitter<br />

Dieses große Industriegebiet ist Richtung Norden im Personen- und Güterverkehr nur über den<br />

Umweg Hannover / Lehrte angeschlossen, so dass die Schiene im Vergleich zur Straße im<br />

Nachteil ist. Besonders ungünstig ist dieses für den viermal täglich verkehrenden 5400 t schweren<br />

Erzzug Hamburg-Hansaport - Salzgitter-Beddingen, der von seiner Fahrdynamik nur sehr schwer<br />

in den Fahrplan eingebunden werden kann und heute den Umweg über den überlasteten Knoten<br />

Lehrte nehmen muss.<br />

Richtung Süden besteht praktisch nur der Umweg über Hildesheim und nicht der direkte Weg<br />

über Salzgitter-Ringelheim. Die Schiene kann ihr Potenzial hier nicht voll ausschöpfen.<br />

Nordfriesische Verkehrsbetriebe AG (NVAG) / Bremen-Thedinghauser Eisenbahn GmbH<br />

(BTE)<br />

Der ländliche Raum gilt als unwirtschaftlich für DB Cargo. Innovative Bahnunternehmen ändern<br />

das. Die Nordfriesischen Verkehrsbetriebe (NVAG) erschließen das nördliche Schleswig-Holstein<br />

mit Güterverkehrsleistungen. Fünfmal pro Woche holt die NVAG vom Rangierbahnhof Maschen<br />

die georderten Güterwagen ab und verteilt sie auf 18 Güterverkehrsstellen im nördlichen<br />

Schleswig-Holstein.<br />

Vergleichbar versorgt die BTE Güterverkehrsstellen im Raum Delmenhorst und Kirchweye.<br />

Dieses mit so großem Erfolg, dass die Lok ihre Runde zwei- bis dreimal täglich fahren muss.<br />

[der schienenbus, 6/2001 S. 79, 1/2002 S.32]<br />

Abbau von Wettbewerbsverzerrungen, Verteuerung der Energiepreise<br />

Der Abbau und die Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen im Verkehrsbereich wird<br />

tendenziell zu einer Erhöhung des Verkehrs auf der Schiene führen. Eine Ungleichbehandlung<br />

der Eisenbahn ist insbesondere in folgenden Punkten für eine so genannte freie Marktwirtschaft<br />

aus Wettbewerbsgründen nicht hinnehmbar:<br />

• Mehrwertssteuerpflicht bei internationalen Bahnfahrscheinen, im Gegensatz zum Flugverkehr<br />

• Mineralölsteuerpflicht nicht für alle Verkehrsmittel<br />

• erhöhter Ökosteuersatz bei den öffentlichen, umweltfreundlichen Verkehrsmitteln<br />

Weiterhin wird eine Verteuerung der Energiepreise - durch politische Maßnahmen oder durch<br />

Verknappung der Rohstoffe bedingt - zum einen zur Verkehrsvermeidung führen zum anderen<br />

aber die energiesparende Schiene bevorzugen.<br />

4.2 Prognosen und Realität<br />

[Andersen, 2002, S. 532] stellt zwei sehr interessante Vergleiche zwischen verschiedenen<br />

Prognosen zu geplanten Hochgeschwindigkeitsstrecken (Tab. 4-1) und zwischen Prognosen und<br />

Realität bei der in Betrieb gegangenen NBS Hannover - Würzburg auf.<br />

Insbesondere die unterschiedlichen Ergebnisse der Prognosen in Tab. 4-1 sind „erschreckend“<br />

und absolut keine Planungsgrundlage. Während für Fulda - Erfurt nach der Prognose 1992 eher<br />

eine „Güterschnellstrecke“ gebaut hätte werden müssen, stellt sich nach der Prognose 1995 fast<br />

schon die Frage, ob eine reine Hochgeschwindigkeitsstrecke rentabel betrieben werden kann.<br />

Auch die prognostizierten 3 Güterzüge – wenn „klassische“ Güterzüge mit hoher Achslast hier<br />

unterstellt werden – 1992 für Köln - Frankfurt haben einen gravierenden Einfluss auf die<br />

Baukosten. Werden keine Güterzüge zugelassen, dann kann eine reine Personenzugstrecke<br />

gebaut werden, die auf Grund der Trassierungsparameter wesentlich günstiger gebaut werden<br />

kann als eine Mischbetriebsstrecke. Auch die Zahlen für Stuttgart - Ulm sprechen für sich.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 21


4 Verkehrsentwicklung und -prognosen<br />

Prognosen zur Auslastung deutscher Hochgeschwindigkeitsstrecken für das Jahr 2010<br />

Züge pro Tag und Richtung<br />

Prognose 1992 für 2010 Prognose etwa Mitte 1995 für 2010<br />

P-Züge G-Züge Summe 1992 P-Züge G-Züge Summe 1995<br />

(München-) Ingolstadt - Nürnberg 44 38 82 42 20 62<br />

(Nürnberg-) Ebensfeld - Erfurt 24 90 114 24 55 79<br />

Erfurt - Halle / Leipzig 56 95 151 48 60 108<br />

(Hanau -) Fulda - Erfurt 36 104 140 38 25 63<br />

Köln - Frankfurt(Main) 88 3 91 79 0 79<br />

Köln - Frankfurt(Main) Fahrplan 2003 59 0 59<br />

Stuttgart - Ulm 70 80 150 50 20 70<br />

Tab. 4-1: Prognosen zur Auslastung deutscher Hochgeschwindigkeitsstrecken<br />

(Quelle : [Andersen, 2002, S. 532], ergänzt um Fahrplan 2003)<br />

Bei der NBS Hannover - Würzburg besteht die Möglichkeit, Prognosen mit der tatsächlichen<br />

Belegung zu vergleichen. Auf zwei Kleine Anfragen der Gruppe Bündnis ‘90 / Die Grünen<br />

(Drucksache 12/8476 vom 12.9. 1994) und des Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen) und der<br />

Fraktion Bündnis ‘90 / Die Grünen (Drucksache 13/2130 vom 10.8.1995) hat die Bundesregierung<br />

die in der Tab. 4-2 zusammengefassten Angaben zur Belegung der NBS Hannover - Würzburg<br />

gegeben.<br />

Prognose und tatsächliche Belegung der NBS Hannover - Würzburg<br />

Angabe Richtung und Gegenrichtung<br />

Personenzüge Güterzüge Summe<br />

Prognose (keine Jahresangabe) 120 120 240<br />

Tatsächliche Belegung August 1994 100 70 170<br />

Prognose BVWP ’80 für Zielhorizont 1990 88 152 240<br />

Tatsächliche Belegung Mitte 1995 100 65 165<br />

Tab. 4-2: Prognose und tatsächliche Belegung NBS Hannover - Würzburg<br />

(Quelle: [Andersen, 2002, S. 532])<br />

Auf den ersten Blick scheint hier eine „bessere“ Trefferquote gelungen zu sein. Doch wird die<br />

Summe betrachtet, so ist der Unterschied zwischen prognostizierten 240 Zügen und erreichten<br />

165 Zügen ebenfalls sehr groß. Auch ist das Verhältnis Personenzüge zu Güterzügen umgedreht.<br />

Es sei an dieser Stelle der wichtige Hinweis gegeben, dass es hier um die Prognosen bzw.<br />

deren Zuverlässigkeit geht und nicht um die Frage, ob die jeweilige Strecke sinnvoll oder<br />

„unsinnig“ ist. So wird heute keiner die damals umstrittene NBS Hannover - Würzburg mit einer<br />

abschnittsweisen Belastung von 186 Zügen in beiden Richtungen an sich in Frage stellen.<br />

Diskutiert werden kann bzw. wird z. B. in [Andersen, 2002] die Wahl der optimalen<br />

<strong>Trasse</strong>nführung.<br />

Nicht nur die Prognosen bei den großen Hauptabfuhrstrecken sind bezogen auf die Qualität oder<br />

Zuverlässigkeit sehr interessant, auch die von kleinen, so genannten Nebenstrecken.<br />

„Von der Öffentlichkeit unbemerkt findet im Südwesten seit Jahren eine kleine Revolution <strong>statt</strong>.<br />

Auf der Wieslauftal- und Schönbuchbahn steigen die Fahrgastzahlen ständig. Immer mehr der<br />

autoverliebten Schwaben lassen ihr „Heilig’s Blechle“ in der Garage und benutzen <strong>statt</strong> dessen<br />

die Bahn vor der Haustür. „Ein Phänomen“, rätselt Manfred Aschpalt von der Württembergischen<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 22


4 Verkehrsentwicklung und -prognosen<br />

Eisenbahngesellschaft mbH (WEG), die beide Nebenstrecken betreut.“ (Frankfurter Rundschau,<br />

19.12.1998) In der Tab. 4-3 sind die Zahlenangaben dieses Artikels zusammengefasst.<br />

Das „Wiesele“ fährt die 11 km von Schorndorf nach Rudersberg (DB-Kursbuchstrecke 787,<br />

Abzweig von der Strecke Stuttgart - Aalen), die 17 km lange Schönbuchbahn von Böblingen nach<br />

Dettenhausen (DB-Kursbuchstrecke 790.9, Abzweig von der Strecke Stuttgart - Konstanz) wurde<br />

1996 nach 30jähriger Stilllegung für den Personenverkehr reaktiviert.<br />

Angesichts dieser Zahlen fragt sich Aschpalt:<br />

„Warum haben wir uns alle so geirrt?“ [ebd.]<br />

Und genau das ist die interessante Frage: Warum haben wir uns hier, wie bei den Prognosen zu<br />

den Hochgeschwindigkeitsstrecken so geirrt, aber mit anderem Vorzeichen?<br />

Fahrgastprognose und Realität beim „Wiesele“ und der Schönbuchbahn<br />

„Wiesele“<br />

Schönbuchbahn<br />

Prognose 1994 2.200 / Tag ähnlich wie „Wiesele“<br />

Fahrgastzahlen 1998 bis zu 4.500 / Tag ähnlich wie „Wiesele“<br />

ursprüngliche Prognose 500.000 / Jahr ähnlich wie „Wiesele“<br />

Fahrgastzahlen 1998 892.000 / Jahr 1.000.000 / Jahr<br />

„Wiesele“ : Schorndorf - Rudersberg (11 km), DB-Kursbuchstrecke 787<br />

„Schönbuchbahn“: Böblingen - Dettenhausen (17 km), DB-Kursbuchstrecke 790.9<br />

Tab. 4-3: Fahrgastprognose und Realität beim „Wiesele“ und der Schönbuchbahn<br />

(Quelle: Frankfurter Rundschau, 19.12.1998)<br />

4.3 Zwischenfazit<br />

Zusätzliche Kapazitäten auf der Schiene sind für die Zukunft notwendig. Auch wenn entgegen<br />

den Prognosen die Gesamtverkehrsleistung sinken sollte, wird durch die Forderung „Güter auf die<br />

Schiene“ zusätzliche Kapazität auf der Schiene notwendig sein.<br />

Für eine Ausbauplanung der Schieneninfrastruktur sind Prognosen allerdings ungeeignet bzw.<br />

nur bedingt geeignet , da sie in den seltensten Fällen zutreffen. Hier muss eine andere<br />

Vorgehensweise gewählt werden (siehe dazu Kapitel 8).<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 23


5 Die Wirkung von Schnellfahrstrecken - Ein Vergleich<br />

5 Die Wirkung von Schnellfahrstrecken - Ein Vergleich<br />

5.1 Schnellfahrstrecken allgemein<br />

Neubaustrecken sind nicht grundsätzlich abzulehnen und können zu einer Erhöhung des<br />

Verkehrsanteils, des so genannten Modal-Split-Anteils, der Eisenbahn führen. Durch die<br />

Neubaustrecke (NBS) Hannover - Fulda - Würzburg erhöhte sich der Anteil der Schiene im<br />

Personenverkehr in der Relation Hamburg - Frankfurt (M) von 28 auf 39 %, während der des<br />

Flugzeugs von 34 auf 27 % und des Autoverkehrs von 38 auf 34 % zurückging [Breimeier, 1999,<br />

S. 87]. Dieses ist sicher zum einen darauf zurückzuführen, dass die Fahrzeit um etwa eine<br />

Stunde auf etwa 3,5 Stunden gesenkt werden konnte, wodurch sich die Aufenthaltszeit bei einer<br />

Tagesfahrt um etwa zwei Stunden verlängert. Allerdings fällt auf, dass der Anteil des<br />

Autoverkehrs mit 4 Prozentpunkten nur relativ gering zurückging. Dieser ist für die Y-<br />

<strong>Trasse</strong>nplanung primär von Bedeutung. Denn der Flugverkehr bedient die kurzen Relationen im<br />

norddeutschen Bereich nicht. Eine mögliche Ursache könnte sein, dass der Grundpreis (ohne<br />

Ermäßigungen und Sonderpreise), der pro Kilometer zu zahlen ist, von 1990 (umgerechnet auf<br />

die Strecke Hamburg - Frankfurt (M) im IC) von 0,113 EUR über 0,145 EUR im Jahre 1999 bis<br />

0,183 EUR im ICE im Jahr 2002 oder um durchschnittlich 5,16 % pro Jahr gestiegen ist und damit<br />

die Verkehrsmittelwahl nennenswert beeinflusst hat. Daher sollte die Reisezeit nicht das alleinige<br />

Kriterium sein (siehe auch Abb. 3-1 und die Formel von Vrtic im Kap- 6.1).<br />

Auch die anderen bisher realisierten Schnellfahrstrecken (SFS) verkürzten die Reisezeit<br />

prozentual und absolut sehr deutlich (siehe Tab. 5-1).<br />

Fahrzeitgewinne durch Neu- und Ausbaustrecken<br />

(schnellste gefundene Verbindung)<br />

Hannover Hbf - Fulda<br />

Hannover Hbf - Würzburg Hbf<br />

auf „alter“ Strecke<br />

2:20 Std. (245 km)<br />

3:33 Std. (358 km)<br />

auf Neu- / Ausbaustrecke<br />

1:22 Std. (-0:58 Std. / - 41%) (233 km)<br />

1:54 Std. (-1:39 Std. / - 46%) (325 km)<br />

Hannover Hbf - Berlin Zoolg. Garten 2:44 Std. (284 km) 1:31 Std. (-1:09 Std. / - 42%) (254 km)<br />

Köln Hbf - Frankfurt(M) Hbf 2:14 Std. (222 km) 1:12 Std. 1) (-1:12 Std. / - 50%) (177 km)<br />

Mannheim Hbf - Stuttgart Hbf 1:24 Std. (129 km) 0:36 Std. (-0:48 Std. / - 57%) (107 km)<br />

Bremen Hbf - Hannover Hbf<br />

0:55 Std. 2) (122 km) 0:50 Std.? (ca. -0:05 Std. / - 10%) (? km)<br />

Hamburg Hbf - Hannover Hbf<br />

1:10 Std. 2) (178 km) 0:56 Std.? (ca.- 0:14 Std. / - 20%) (? km)<br />

(Y-<strong>Trasse</strong>, geplant)<br />

1) Anmerkung des Verfassers: Bei Fahrt ohne Halt von Köln Hbf bis Frankfurt (Main) Hbf wäre eine fahrplanmäßige Fahrzeit von 59 -<br />

61 Minuten erreichbar. Das „Verfehlen“ der ursprünglichen Prognose von 60 Minuten ist also alleine durch die Zwischenhalte<br />

begründet und keine „Falschaussage“ der Planer / DB.<br />

2) Fahrzeit z. Zt. streckentechnisch möglich, aktuell 1:00 Std. bzw. 1:15 Std., Fahrplan 2002.<br />

Tab. 5-1: Fahrzeitgewinne durch Neu- und Ausbaustrecken (direkt)<br />

(Quelle: verschiedene DB-Kursbücher und „Ihr Fahrplan/Reiseplan“)<br />

Unabhängig von sonstigen Kriterien fällt auf, dass die geplante Y-<strong>Trasse</strong> im Vergleich zu den<br />

anderen Schnellfahrstrecken nur unwesentliche Fahrzeitgewinne ermöglicht. Dabei ist ein<br />

möglicher Ausbau der Altstrecke (z.B. Erhöhung der Durchfahrtgeschwindigkeit in den Bahnhöfen<br />

Celle, Uelzen, Lüneburg, Hamburg-Harburg) nicht berücksichtigt. Diese relativieren sich zudem<br />

auf längeren Reisen wie Hamburg - Frankfurt(M). Nach [Breimeier, 1999, S. 87] „hat die<br />

Eisenbahn nur noch eine Daseinsberechtigung, wenn sie sich hinsichtlich der Schnelligkeit<br />

und/oder der Preiswürdigkeit den Konkurrenzverkehrsmitteln als überlegen erweist.“<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 24


5 Die Wirkung von Schnellfahrstrecken - Ein Vergleich<br />

Das Kriterium „Schnelligkeit“ entfällt praktisch bei der Y-<strong>Trasse</strong>. Sie muss daher ihre<br />

Berechtigung zwingend durch eine überproportionale Wirtschaftlichkeit nachweisen, so dass der<br />

Netzbetreiber z. B. sehr günstige <strong>Trasse</strong>ngebühren anbieten kann, die tendenziell zu<br />

preiswerteren Fahrausweisen führen. Auch bedeutet „Schnelligkeit“ nicht „Hochgeschwindigkeit“.<br />

Die „Schnelligkeit“ kann (und muss) vor allem durch eine netzweite Reduzierung von<br />

„Verlustzeiten“ wie z. B. Umsteige- und Wartezeiten erhöht werden (Stichwort innovatives<br />

Betriebskonzept) (siehe Tab. 5-2).<br />

Warum aber fällt der Zeitgewinn bei der Y-<strong>Trasse</strong> „relativ“ gering aus? Dieses liegt darin<br />

begründet, dass fast alle Strecken im (norddeutschen) Flachland bereits damals gerade und<br />

„schnell“ trassiert wurden, während in den Mittelgebirgen sehr kurvenreich und „auf Umwegen“<br />

gebaut werden musste. Die Schnellfahrstrecke Hannover - Berlin weicht davon nicht ab, denn sie<br />

ist „nur“ ein Ausbau einer vorhandenen schnurgeraden Eisenbahnstrecke gewesen, kein<br />

eigentlicher Neubau.<br />

Die in Tab. 5-1 aufgeführten Reisezeitgewinne beziehen sich direkt auf die Neubaustrecke selbst.<br />

Anders sieht es aus, wenn eine Netzbetrachtung durchgeführt wird. Bezogen auf das Kriterium<br />

„Geschwindigkeit“ / Reisezeit zeigt es sich, dass die „direkten“ Fahrzeitgewinne der<br />

Schnellfahrstrecken an anderer Stelle sogar zu Fahrzeitverlusten führen können (siehe Tab. 5-2).<br />

Eine Neubaustrecke führt also nicht automatisch in allen Relationen zu Fahrzeitgewinnen. Dieses<br />

ist vom Betriebskonzept abhängig. Analog dem „Flottenverbrauch“ in der Automobilindustrie<br />

müsste eine „Netzgeschwindigkeit“ des jeweiligen Fahrplans erstellt werden. Diese<br />

Netzgeschwindigkeit ist wesentlich aussagefähiger als einzelne Verbindungsbeispiele, da in ihr<br />

sich auch das Betriebskonzept bzw. der Fahrplan auswirkt, welcher für die Kunden letztendlich<br />

von Bedeutung ist.<br />

Fahrzeitenvergleich netzbezogen<br />

Bremen - Göttingen 1977 1 Std. 55 Min. TEE „Roland“ Vmax.: 160 km/h<br />

Bremen - Göttingen 2002 1 Std. 50 Min ICE (Takt) Vmax.: 250 km/h<br />

Braunschweig - Köln 1981 3 Std. 37 Min. IC „Heinrich der Löwe“ Vmax.: 200 km/h<br />

Braunschweig - Köln 2002 3 Std. 58 Min. IC (Takt) Vmax.: 200 km/h<br />

Braunschweig - Bielefeld<br />

Bielefeld - Köln<br />

2002 (umsteigen!)<br />

3 Std. 47 Min.<br />

IC (Takt)<br />

ICE (Takt)<br />

Vmax.: 200 km/h<br />

Vmax.: 200 km/h<br />

Braunschweig - Frankfurt(M) 1991 2 Std. 50 Min. IC (Takt) Vmax.: 200 km/h<br />

Braunschweig - Frankfurt(M) 2002 2 Std. 44 Min ICE (Takt) Vmax.: 250 km/h<br />

Lübeck - Lüneburg - Hannover 1996 2 Std. 09 Min. RE + IR direkter Anschluß RE - IR<br />

Lübeck - Hamburg - Hannover 1996 2 Std. 03 Min. IR + ICE<br />

Lübeck - Lüneburg - Hannover 2003 2 Std. 44 Min. RB + IC kein Anschluß RB - IC<br />

Lübeck - Hamburg - Hannover 2003 2 Std. 15 Min. RE + ICE Wegfall IC(IR)<br />

Tab. 5-2: Fahrzeitenvergleich netzbezogen<br />

Die ICE-Züge aus Bremen müssen in Hannover auf den ICE der „Hauptlinie“ 12 Minuten warten.<br />

Wäre die Reisezeit wirklich das entscheidende Modal-Split-Kriterium für die Schiene, so müsste<br />

der Bremer-ICE eigentlich bis Würzburg dem Hamburger-Zugteil vorausfahren, so dass zum<br />

einen die Relation Bremen - Göttingen - Würzburg sehr attraktiv wird und zum anderen auf der<br />

Strecke Hannover - Würzburg ein kundenfreundlicherer 15 / 45 Minuten-Takt besteht, der in<br />

Umsteigerelationen (z.B. Peine - Hannover - Kassel) die Reisezeit erheblich verkürzen kann. Für<br />

die Relation Bremen - Nürnberg / München würde sich keine Änderung ergeben. Für die freien<br />

Fahrplantrassen auf der Schnellfahrstrecke sind allerdings nicht unerhebliche <strong>Trasse</strong>ngebühren<br />

zu zahlen. Diese scheinen sich für DB Reise&Touristik nicht zu rechnen. Die netzbezogenen<br />

Fahrzeitenbeispiele lassen sich fast beliebig fortführen (Braunschweig - Kiel: Standardverbindung<br />

knappe vier Stunden (Entfernung etwa 300 km), Hannover - Schwerin, usw.) und zeigen,<br />

dass in vielen anderen Verbindungen „Nachholbedarf“ vorhanden ist.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 25


5 Die Wirkung von Schnellfahrstrecken - Ein Vergleich<br />

Auch verdeutlicht die Tab. 5-2 in der Relation Braunschweig - Frankfurt (Main) den<br />

„abnehmenden Grenznutzen“ der Geschwindigkeit. Die Höchstgeschwindigkeit des ICE auf der<br />

Strecke Braunschweig - Frankfurt (Main) wurde im Vergleich zum IC weitgehend um 25 % erhöht,<br />

die Reisezeit sank dagegen nur um 3,53%.<br />

Dieser abnehmende Grenznutzen der Geschwindigkeit soll in der folgenden Abb. 5-1 einmal<br />

genauer dargestellt werden, da auch bei der Y-<strong>Trasse</strong>n-Planung eine eher einseitige Fixierung<br />

auf das Kriterium „Höchstgeschwindigkeit“ besteht. Sie zeigt, dass Geschwindigkeitserhöhungen<br />

im unteren Bereich wesentlich effektiver als im oberen Bereich sind (z. B. Beseitigung von<br />

Langsamfahrstellen). Unabhängig von der Diskussion, ob Höchstgeschwindigkeiten z. B. über<br />

200 km/h sinnvoll sind, ist festzuhalten: Je höher die gefahrene Höchstgeschwindigkeit, desto<br />

länger muss sie als Beharrungsgeschwindigkeit gefahren werden und desto zuverlässiger<br />

muss das Gesamtsystem sein.<br />

Abnehmender Grenznutzen der Geschwindigkeit<br />

Für eine Strecke s = 100 km gilt:<br />

Formel: t = (60 * s) / v<br />

mit s in [km], V in [km/h] ergibt t in [Min.]<br />

Zeit t [Min.]<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

150<br />

100<br />

75<br />

+ 20 km/h von 60 auf 80 km/h:<br />

Zeitgewinn: 25 Minuten!<br />

60<br />

50<br />

42,8<br />

37,5<br />

33,3<br />

30<br />

27,3<br />

25<br />

+ 20 km/h von 280 auf 300 km/h:<br />

Zeitgewinn: 1,4 Minuten!<br />

0 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 300 320 340 360<br />

Geschwindigkeit v [km/h]<br />

23,1<br />

21,4<br />

20<br />

18,8<br />

17,6<br />

16,7<br />

Abb. 5-1: Abnehmender Grenznutzen der Geschwindigkeit<br />

Auch wenn die auf den bisherigen deutschen Neubau- und Ausbaustrecken erzielten<br />

Reisezeitgewinne erheblich sind, zeigt ein internationaler Vergleich, dass der ICE bzw. das<br />

deutsche Hochgeschwindigkeitsnetz trotz einer Höchstgeschwindigkeit von 250 - 300 km/h das<br />

„langsamste Hochgeschwindigkeitsnetz der Welt“ ist (siehe Tab. 5-3).<br />

Selbst die Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h auf der SFS Köln - Frankfurt(M)-Flughafen<br />

Fernbahnhof führt nur zu einer Reisegeschwindigkeit von 181,1 km/h. Auf die Gründe soll hier<br />

nicht eingegangen werden, einige werden in Kapitel 2.5 erwähnt, weitere werden von [Andersen,<br />

2002] diskutiert. Eine Reisegeschwindigkeit von 181 km/h ist zwar sehr gut, ungünstig ist die<br />

große Differenz zwischen der Höchst- und der Reisegeschwindigkeit.<br />

Die Y-<strong>Trasse</strong> soll für eine Streckenhöchstgeschwindigkeit von 300 km/h ausgelegt werden. Damit<br />

von einer „echten“ Hochgeschwindigkeitsstrecke gesprochen werden kann, sollte sich auch die<br />

Reisezeit entsprechend verkürzen. Um einmal die Größenordnung zu verdeutlichen, was eine<br />

Hochgeschwindigkeitsstrecke bringen muss, ist in Tab. 5-3 eine Beispielrechnung mit aufgeführt.<br />

Diese zeigt, dass die Fahrzeit Hannover - Hamburg bei etwa 41 Minuten liegen müsste, eine<br />

heute angepeilte Fahrzeit von etwa 60 Minuten zwar eine Verbesserung darstellt, aber keine neue<br />

Hochgeschwindigkeitsstrecke rechtfertigt. Dieses würde bedeuten, dass beim Festhalten an der<br />

Y-<strong>Trasse</strong> auch der Abschnitt Scheeßel - Hamburg Hbf für 300 km/h ausgebaut werden muss, die<br />

300 km/h also als Beharrungsgeschwindigkeit über die gesamte Strecke gefahren werden kann.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 26


5 Die Wirkung von Schnellfahrstrecken - Ein Vergleich<br />

Die schnellsten Züge der Welt ohne Zwischenhalt im Fahrplan 2001/02<br />

Land Zug von nach Entfernung Fahrzeit Reisegeschwindigkeit<br />

Japan Nozomi Kokura Hiroshima 192,0 km 44 Min. 261,8 km/h<br />

Nozomi Okamaya Shin Osaka 160,9 km 40 Min. 241,3 km/h<br />

Frankreich TGV Massy TGV St-Pierre de Corps 207,3 km 49 Min. 253,8 km/h<br />

TGV Paris Gare de Marseille 750,0 km 180 Min. 250,0 km/h<br />

Lyon<br />

Spanien AVE Madrid Ciudad Real 170,7 km 49 Min. 209,0 km/h<br />

Deutschland ICE Würzburg Fulda 93,2 km 30 Min. 186,4 km/h<br />

Fahrplan 2003 ICE Braunschweig Berlin-Spandau 200 km 64 Min. 187,5 km/h<br />

Fahrplan 2003 ICE Hannover Berlin-Spandau 243 km 80 Min. 182,2 km/h<br />

Fahrplan 2003 ICE Köln Hbf Frankfurt-Flugh. 166 km 55 Min. 181,1 km/h<br />

Rechnung ICE Hannover Hamburg (170 km) 41 Min. 250,0 km/h<br />

ICE Hannover Bremen (120 km) 31 Min. 230,0 km/h<br />

Tab. 5-3: Die schnellsten Züge der Welt<br />

(Quelle: Auszug aus [Andersen, 2002, S. 526], ergänzt um Fahrplan 2003 und Rechnung)<br />

5.2 Die SFS Hannover - Wolfsburg - Stendal - Berlin<br />

5.2.1 Allgemein<br />

Die SFS Hannover - Wolfsburg - Stendal - Berlin bietet die Möglichkeit, einige Argumente für die<br />

Y-<strong>Trasse</strong> an einer in Betrieb befindlichen Strecke zu überprüfen. Dieses sind insbesondere:<br />

• Durch die Reisezeitverkürzung werden mehr Reisende die Eisenbahn nutzen<br />

(Personenverkehrs-Effekte bzw. Wirtschaftlichkeit).<br />

• Die positive Wirkung für das Gesamtnetz.<br />

Diese SFS ist mit der Y-<strong>Trasse</strong>, bezogen auf diese Punkte, sehr gut vergleichbar, denn:<br />

• beide Strecken beginnen im Knoten Hannover und enden in einer Metropolstadt / -region.<br />

• beide Strecken sind Endabschnitte von ICE- / IC-Linien.<br />

• beide Strecken besitzen vergleichbare betriebliche Probleme an ihren Endpunkten.<br />

Betrachtet wird in der Tab. 5-4 dazu nur die Relation (Ruhrgebiet- / Niederlande-) Hannover -<br />

Berlin. Die Relation (Frankfurt (M) -) Braunschweig - Berlin wird nicht betrachtet. Hier gestaltet<br />

sich ein Vorher / Nachher -Vergleich etwas schwieriger, da parallel zur ICE-Verbindung eine<br />

preislich günstigere und zumindest für den Ostteil Berlins zeitlich konkurrierende IR-Linie<br />

Frankfurt (M) - Halle (Saale) - Berlin-Lichtenberg bestand.<br />

Wird der Zuwachs an Reisenden betrachtet, der für die Y-<strong>Trasse</strong> prognostiziert wird (z. B. von<br />

[Breimeier, 2/2001]) und der die Y-<strong>Trasse</strong> zu einem großen Teil wirtschaftlich rechtfertigen soll,<br />

müsste die Sitzplatzkapazität auf der SFS Hannover - Berlin deutlich erkennbar erhöht worden<br />

sein. Denn im Vergleich zur Y-<strong>Trasse</strong>, die nur eine relativ geringe Reisezeitverkürzung von etwa<br />

10 bis 20 % ermöglicht, ist die Reisezeit nach Berlin um über 40 % verkürzt worden (siehe Tab. 5-<br />

1). Wird die Tagesganglinie in Tab. 5-4 betrachtet, so hat sich die Anzahl der Verbindungen<br />

praktisch nicht erhöht, wenn berücksichtigt wird, dass der IC(IR) in Stendal vom ICE überholt wird<br />

und damit zeitgleich liegt. Auch ist die Sitzplatzkapazität tendenziell verringert worden. Das heißt,<br />

die Personenverkehrseffekte sind anhand der tatsächlichen Sitzplatzkapazität nicht nachweisbar.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 27


5 Die Wirkung von Schnellfahrstrecken - Ein Vergleich<br />

Dieses möglicherweise auch aus dem Grund, dass es sich um eine ICE- End- / Anfangsstrecke<br />

handelt, bei der Kapazitäten noch vorhanden gewesen sind. Aus Sicht des Netzbetreibers hat hier<br />

nur eine Zugverlegung von der Strecke über Magdeburg auf die SFS <strong>statt</strong>gefunden, während auf<br />

der Strecke über Magdeburg nach Beobachtungen des Verfassers die Güterzüge im Abschnitt<br />

Braunschweig - Lehrte weiterhin relativ oft auf dem Überholungsgleis warten müssen.<br />

Züge und Fahrzeit vor und nach Inbetriebnahme Schnellfahrstrecke Hannover - Berlin<br />

durchgehende Züge (ICE, IC, IR, D, NZ), Verkehrstage mindestens Montag – Donnerstag<br />

Tagesganglinie der Zugverbindungen von Hannover nach Berlin 1996 / 2003<br />

3<br />

2<br />

1<br />

Anzahl<br />

Verbindungen<br />

ICE<br />

IC<br />

2003: ICE, IC(IR) Überholung durch ICE, ohne "langsame" Verbindung über Braunschweig<br />

1996: (ICE), IC, IR, D: keine Überholung<br />

3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23<br />

Stunde<br />

Sitzplatzkapazität (2. + 1. Klasse)<br />

IC (Lok mit bis zu 13 Wagen + Restaurant), 2 ICE2<br />

1996 2003<br />

IC<br />

688 + 200 = 888<br />

2 ICE2<br />

526 + 210 = 736<br />

Fahrzeit<br />

Hannover - Berlin Zoologischer Garten 2:44 Std. 1:31 Std. (-1:13 Std.)<br />

letzte Zugabfahrt SPFV Berlin Zoo Mo-Fr/Sa/So<br />

nach Hannover<br />

nach Braunschweig<br />

23:55/23:55/23:55<br />

23:55/23:55/23:55<br />

2002<br />

21:10/20:06/22:11<br />

19:34/18:24/20:23<br />

2003<br />

21:54/20:56/21:54<br />

21:54/18:41/21:54<br />

Tab. 5-4: Zugzahl- und Fahrzeitvergleich Hannover - BS / WOB - Berlin 1996/2003<br />

(Quelle: DB-Kursbuch 1996, 2001/2002 und 2003)<br />

Eine mögliche Ursache für die wenig gestiegene Zuganzahl bzw. die fehlenden Kapazitäten<br />

(Fahrplantrassen) für den Güterverkehr ist der „Doppelknoten“ Hannover - Lehrte, über den<br />

weiterhin der gesamte Verkehr geführt werden muss.<br />

Durch die SFS ist zwar die Qualität der Verbindungen wesentlich gesteigert worden, die letzte<br />

Zugabfahrt von Berlin nach Hannover und Braunschweig zeigt aber, dass das Betriebskonzept in<br />

bestimmten Bereichen unabhängig von der Strecke ist.<br />

5.2.2 Landeshauptstädte Magdeburg und Potsdam - Vom Fernverkehr abgekoppelt?<br />

Die SFS Hannover - Berlin hat für die im Mittelpunkt stehenden Relationen (Ruhrgebiet /<br />

Frankfurt (Main) / Niederlande-) Berlin eine deutliche Verbesserung der Verbindungsqualität<br />

gebracht. Eine Netzbetrachtung bzw. Netzwirkung darf die Orte an der bestehenden Strecke nicht<br />

vernachlässigen. Für die SFS Hannover - Berlin ist das insbesondere der Raum der<br />

Landeshauptstadt Magdeburg, für die Y-<strong>Trasse</strong> sind das die Orte Lüneburg, Uelzen und Celle<br />

bzw. Nienburg (Weser) und Verden (Aller).<br />

Für Magdeburg sind in der Tab. 5-5 einige Daten zur Relation Berlin - Magdeburg - Hannover /<br />

Frankfurt (M) aufgeführt.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 28


5 Die Wirkung von Schnellfahrstrecken - Ein Vergleich<br />

Züge und Fahrzeit vor und nach Inbetriebnahme Schnellfahrstrecke Hannover - Berlin<br />

durchgehende Züge (ICE, IC, IR, D), Verkehrstage mindestens Montag - Donnerstag<br />

1996 2003<br />

Strecke (Richtung)<br />

Hannover - Braunschweig - Magdeburg 28 17<br />

Dortmund - Hannover - Magdeburg<br />

Frankfurt(M)- Braunschweig - Magdeburg (-Berlin)<br />

19<br />

9<br />

8<br />

0<br />

Magdeburg - Potsdam - Berlin<br />

Fahrzeit Magdeburg Hbf - Berlin Zoolg. Garten<br />

letzte Zugabfahrten SPFV Magdeburg<br />

nach Braunschweig - Hannover<br />

27<br />

78 Min.<br />

tägl.<br />

22:25, 0:45 und 1:18<br />

Tab. 5-5: Zugzahl- und Fahrzeitvergleich Magdeburg - Berlin 1996/2003<br />

(Quelle: DB-Kursbuch 1996 und 2003)<br />

3<br />

91 / 94 Min. ICE / RE<br />

Mo-Fr / Sa / So<br />

21:00 / 20:01 / 22:01<br />

Ein Kommentar erübrigt sich bei diesen Zahlen. Bezogen auf die Y-<strong>Trasse</strong> muss allerdings<br />

gefragt werden: Was droht Lüneburg, Uelzen, Celle, Nienburg (Weser) und Verden (Aller) nach<br />

Eröffnung der Y-<strong>Trasse</strong>? Wie sieht das Betriebskonzept für das Fernverkehrsnetz mit Y-<strong>Trasse</strong><br />

aus? Könnte ein anderes Eisenbahnverkehrsunternehmen Fernverkehr anbieten, wenn sich die<br />

IC(IR) - Züge aus Sicht von DB Reise&Touristik nicht mehr rentieren, oder sind in den Knoten<br />

Hannover und Hamburg keine Kapazitäten mehr vorhanden? Ist die Eisenbahn dann eine<br />

Alternative zum Auto?<br />

Vergleichbar ist auch die Landeshauptstadt Potsdam weitgehend vom Fernverkehr abgehängt<br />

worden. Auch die zweitgrößte Stadt in Niedersachsen, Braunschweig mit etwa 240.000<br />

Einwohnern, hat komplett die stündliche durchgehende und schnelle Verbindung durch die SFS<br />

ins Ruhrgebiet, nach Düsseldorf und Köln verloren.<br />

5.3 Zwischenfazit<br />

Die Y-<strong>Trasse</strong> verkürzt die Reisezeit zwischen Hannover und Hamburg bzw. Bremen im Vergleich<br />

zu den anderen deutschen Schnellfahrstrecken nur sehr gering. Die Beurteilung der (Aus-)<br />

Wirkung von Schnellfahrstrecken darf allerdings nicht allein auf die Reisezeitverkürzung zwischen<br />

den beiden Endpunkten der Strecke reduziert werden.<br />

Den direkten positiven Effekten auf der Schnellfahrstrecke stehen im Regelfall größere negative<br />

Auswirkungen „in der Fläche“ entgegen. So sind durch die SFS Hannover - Berlin die<br />

Landeshauptstädte Magdeburg und Potsdam, aber auch die zweitgrößte Stadt in Niedersachsen,<br />

Braunschweig, weitgehend vom Fernverkehr abgekoppelt worden bzw. haben deutliche<br />

Verschlechterungen hinnehmen müssen. Daher ist zu fragen, wie die Städte Lüneburg, Uelzen,<br />

Celle, Verden (Aller) und Nienburg (Weser) nach Realisierung der Y-<strong>Trasse</strong> an das<br />

Fernverkehrsnetz eingebunden werden (können).<br />

Auch zeigt die SFS Hannover - Berlin, bei der die Reisezeit um etwa 40 Prozent verkürzt wurde,<br />

dass eine Steigerung der Reisenden sich in engen Grenzen hält bzw. anhand der Zugzahlen nicht<br />

nachweisbar ist. Die Y-<strong>Trasse</strong> soll die Fahrzeit dagegen nur um etwa 20 Prozent verkürzen, so<br />

dass hier nur von unwesentlichen Reisendenzuwächsen ausgegangen werden kann.<br />

Eine Hochgeschwindigkeitsstrecke, die von den Reisegeschwindigkeiten „internationalem<br />

Standard“ entspricht, müsste die Fahrzeit von Hannover nach Hamburg auf etwa 41 Minuten<br />

verkürzen. Dann müsste die Y-<strong>Trasse</strong> allerdings bis zum Hamburger Hbf durchgebaut werden.<br />

Dieses ist auf Grund der Kosten nicht realisierbar.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 29


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Die Kapazitäten in der Nord-Süd-Relation (Hamburg - Hannover) müssen aus Sicht fast aller<br />

Beteiligter erhöht werden. Während die bis Februar 2003 amtierende niedersächsische<br />

Landesregierung, die Deutsche Bahn AG und [Breimeier, 2/2001] die Leistungssteigerung durch<br />

den Neubau einer neuen Schnellfahrstrecke beheben wollen (Y-<strong>Trasse</strong>), vertritt [Andersen, 2000]<br />

die Meinung, der langsame Güterverkehr muss eine eigene Vorrangstrecke erhalten, die durch<br />

den Ausbau vorhandener Strecken möglich ist.<br />

Zur schnellen Linderung des größten Engpasses - die Strecke Lüneburg - Stelle (-Maschen /<br />

Hamburg) - wird dieser dreigleisig ausgebaut. Da dieser Ausbau ab etwa 2007 auch real zur<br />

Verfügung steht, wird er beim Vergleich der Varianten als vorhanden angenommen.<br />

In diesem Kapitel wird anhand von veröffentlichten Diskussionen, Studien, Positionen und<br />

Gutachten die Y-<strong>Trasse</strong> diskutiert. Gleichzeitig wird so ein Überblick über Meinungen gegeben.<br />

Zu berücksichtigen ist dabei immer, dass es die optimale bzw. die wünschenswerteste Lösung<br />

nicht geben wird, da spätestens die Finanzierung Grenzen setzt. Kurze Spitzenzeiten der<br />

Belastung bzw. Nachfrage wie Freitags im Personenverkehr von etwa 17:00 bis 20:00 Uhr werden<br />

nicht berücksichtigt, da diese wenig zum Gesamtertrag einer so genannten Hauptabfuhrstrecke<br />

beitragen (bei „Nebenstrecken“ liegt eine andere Situation vor, da diese Spitzenbelastung<br />

prozentual zur Gesamtbelastung relativ hoch ausfallen kann).<br />

6.1 Lösungsvarianten (betriebliche und wirtschaftliche Betrachtung)<br />

Eine aktuelle betriebliche Diskussion zur Lösung der Kapazitätsprobleme im norddeutschen<br />

Raum fand in der Zeitschrift „Eisenbahn-Revue-International“ <strong>statt</strong>. In der Ausgabe 11/2000<br />

diskutiert ANDERSEN „Betriebliche Betrachtungen zu einem Netzausbau im norddeutschen<br />

Raum“ ([Andersen, 2000]) auf die BREIMEIER in der Ausgabe 2/2001 eine Entgegnung mit dem<br />

Titel „Eine Neubaustrecke oder eine Ausbaustrecke in Norddeutschland“ ([Breimeier, 2/2001])<br />

schreibt, die sich u. a. intensiv mit der Relation Hamburg - Hannover - (Süddeutschland) auseinandersetzt.<br />

(Hinweis: siehe dazu auch die Artikel im Anhang)<br />

ANDERSEN kommt bezüglich der Relation Hamburg - Hannover - Süddeutschland zu folgendem<br />

Ergebnis:<br />

• Die Verlegung der ICE-Linien durch die Y-<strong>Trasse</strong> auf die Strecke Bremen - Hamburg führt dort<br />

zu <strong>Trasse</strong>nkonflikten, die nur für eine Richtung gelöst werden können. Zusatzzüge in der<br />

Hauptverkehrszeit zwischen Tostedt und Hamburg sind betrieblich nicht mehr durchführbar<br />

und müssen ersatzlos gestrichen werden.<br />

• Die Fahrzeitverkürzung der Relation Hamburg - Frankfurt (Main) muss vor allem südlich von<br />

Hannover erreicht werden, so dass wesentlich mehr Reisende davon profitieren.<br />

• Die höhengleiche Einmündung der Güterzüge in Buchholz (Nordheide) stellt einen<br />

betriebssystematischen Nachteil dar.<br />

• Der Engpass Knoten Hamburg müsste zumindest teilweise mit ausgebaut werden.<br />

• Eine eigenständige Strecke mit Vorrang für den langsamen Verkehr im Raum Maschen - Celle<br />

besitzt hohe Priorität.<br />

Auf die Entgegnung von BREIMEIER soll im Folgenden ausführlicher eingegangen werden, da in<br />

ihr konkrete - wenn auch grobe - Zahlen zur Erlös- und Kostenseite verschiedener Alternativen<br />

genannt werden.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 30


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Tab. 6-1 gibt einen Gesamtüberblick der möglichen Varianten. Alle Varianten, die in der<br />

Entgegnung erwähnt werden, sind hier aufgeführt, ergänzt um eine weitere noch zu<br />

diskutierende.<br />

Varianten der Kapazitätserhöhung auf der Relation Hamburg - Hannover (-Süddeutschland)<br />

Variante Bezeichnung Beschreibung<br />

1) Ausbau mehrgleisiger Ausbau vorhandener Strecken<br />

2) „Güterbahn“<br />

(„Güterbahn1“)<br />

Ausbau der eingleisigen Strecken Buchholz(Nordh) - Soltau (Eigentümer DB Netz)<br />

und Soltau - Celle (Eigentümer Osthannoversche Eisenbahnen, OHE) zu einer<br />

zweigleisigen „Güterbahn“, teilweise Neubau (Länge 97 km)<br />

3) „Direttissima“ Neubau einer Schnellfahrstrecke Ashausen (nördl. Winsen/Luhe) - Celle, vor allem zur<br />

Aufnahme des SPFV, freie Trassierung zwischen Ashausen bis Unterlüß, von dort bis<br />

Celle westliche Parallelführung zur bestehenden Strecke<br />

4) „Autobahn“ Neubau einer Schnellfahrstrecke Ashausen - Langenhagen, weitgehend parallel zur<br />

Autobahn Hamburg – Hannover<br />

5) „Y-<strong>Trasse</strong>“ Neubau einer Schnellfahrstrecke Scheeßel - Langenhagen zur Aufnahme vor allem<br />

der Züge des SPFV in der Relation Hamburg/Bremen – Hannover<br />

6) „Güterbahn 2“ 1.) Elektrifizierung der eingleisigen Strecke Buchholz(Nordheide) - Soltau - Celle als<br />

Vorrangstrecke für Güterverkehr Richtung Nord - Süd<br />

2.) Drittes „Einrichtungs-“Gleis von Celle - Lüneburg (Brutto-Länge 87 km) als<br />

Vorrangstrecke für Güter- und Regionalverkehr Richtung Süd - Nord<br />

-> Prinzip: Zweigleisigkeit, mit räumlich getrennter Lage<br />

Tab. 6-1: Lösungsvarianten für Relation Hamburg - Hannover (-Süddeutschland)<br />

(nach [Breimeier, 2/2001, S. 91], erweitert um Variante 6)<br />

Die Variante 1 (Ausbau) ist einschließlich einer Untervariante nach [Breimeier, 2/2001, S 91]<br />

bereits zu Beginn der Überlegungen zum BVWP ‘92 wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit<br />

ausgeschieden.<br />

(Anmerkung: Wie diese Variante im einzelnen aussah ist nicht erwähnt. Wahrscheinlich handelte es sich<br />

vom Prinzip um einen viergleisigen Ausbau Stelle - Celle und den Ausbau der Strecke Rotenburg (Wümme)<br />

- Verden (Aller) - Nienburg (Weser) - Minden (Westf).)<br />

Auch die Variante 4 (Autobahn) war nach BREIMEIER wirtschaftlich nicht überzeugend, da sie im<br />

Vergleich zur Variante 3 (Direttissima) eine um 28 % größere Neubaulänge mit entsprechenden<br />

Investitionen, aber nur wenig mehr Fahrzeitgewinn (ca. 18 zu 14 Min.) aufweist (siehe Tab 6-2).<br />

Auf die übrigen Varianten 2, 3 und 5 geht BREIMEIER dann näher ein. Er kommt zu dem<br />

Ergebnis, dass von diesen drei Varianten die Y-<strong>Trasse</strong> die Beste ist. Auf seine Argumentation soll<br />

im Folgenden zuerst eingegangen werden. Die von ihm angegebenen Streckenbelastungen als<br />

Summe beider Richtungen werden dabei in Belastung pro Streckenrichtung umgerechnet, die<br />

DM-Beträge werden in Euro umgerechnet.<br />

Die Merkmale dieser drei Varianten sind in der folgenden Tabelle 6-2 zusammengefasst.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 31


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Merkmale von drei Varianten zum Ausbau Hamburg / Bremen - Hannover<br />

(nach [Breimeier, 2/2001, S.91])<br />

Strecke Länge Streckengeschwindigkeit<br />

Investition Fahrzeitverminderung 3)<br />

A) „Güterbahn“ 97 km 120 km/h 844 Mio. EUR 1) 5 min / -<br />

B) „Direttissima“ 92 km 300 km/h 1176 Mio. EUR 18 min / -<br />

C) Y-<strong>Trasse</strong> 84 km 300 km/h 1125 Mio EUR 2) 14 min / 9 min<br />

Hamburg / Bremen - Hannover<br />

1) Die Summe schliesst 51 Mio. EUR für die Anhebung der Streckengeschwindigkeit in den Bahnhofsdurchfahrten Lüneburg, Uelzen<br />

und Celle ein, Fahrzeitverminderung 5 Minuten [Andersen, 2000]<br />

2) Die Summe schliesst 51 Mio. EUR für eine Verbindungskurve in Richtung Bremen ein, entweder bei Visselhövede (westlich Soltau)<br />

oder bei Rotenburg (Wümme)<br />

3) Anmerkung: Es wird - auch im Text - keine neue Fahrzeit angegeben, so dass nicht ersichtlich ist, auf welche Fahrzeit sich die<br />

Verminderung bezieht: Auf die aktuelle (75 min / 60 min) oder die zur Zeit streckenmögliche (70 min / 55 min)<br />

A) Ausbaustrecke Buchholz - Soltau - Celle vor allem für den Güterverkehr, zweigleisiger Ausbau vorhandener eingleisiger<br />

Nebenbahnen mit Neubauabschnitten<br />

B) Neubaustrecke Ashausen (nördlich Winsen/Luhe) - Unterlüß - Celle vor allem für den Hochgeschwindigkeitsverkehr<br />

C) Neubaustrecke Scheeßel - Langenhagen vor allem für den Hochgeschwindigkeitsverkehr<br />

Tab. 6-2: Merkmale zu Varianten zum Ausbau Hamburg / Bremen - Hannover<br />

(nach [Breimeier, 2/2001, S.91])<br />

Der durchschnittliche Investitionsaufwand für die Neubaustrecken wurde mit 12,78 Mio. EUR je<br />

Streckenkilometer, für die Güterbahn mit 8,18 Mio. EUR angesetzt. Diese Zahlen können hier<br />

nicht näher geprüft werden, allerdings soll auf folgende zwei Punkte hingewiesen werden:<br />

1. Die Länge der „Güterbahn“ wird sich im wesentlichen nicht ändern, da vorhandene Strecken<br />

ausgebaut werden. Mit einer „wesentlichen“ Änderung einer ermittelten Investitionssumme ist<br />

nicht zu rechnen. Die endgültige Lage und Länge der Y-<strong>Trasse</strong> ist noch nicht festgelegt, so<br />

dass sich hier nicht unerhebliche Veränderungen ergeben können. Da Neubauprojekte im<br />

Regelfall sich teurer als geplant erweisen, ist hier eher mit einer Erhöhung der Kosten zu<br />

rechnen.<br />

2. Die Kosten für einen Ausbau oder eine Sanierung von Strecken unterliegen möglicherweise<br />

ebenfalls großen Streuungen. So hätte nach einem Bericht der Allgemeinen Zeitung in Uelzen<br />

vom 20.10.1998 die DB AG für die Sanierung der Strecke (Uelzen-) Wieren - Gifhorn -<br />

Braunschweig umgerechnet ca. 50 Mio. EUR benötigt, die OHE dagegen nur ca. 25 Mio. EUR.<br />

Die Sanierungskosten der Strecken Oldenburg (Oldb) - Osnabrück und Delmenhorst - Hesepe<br />

betrugen 17,74 Mio. EUR (umgerechnet 0,15 Mio. EUR/km) bzw. 35,84 Mio. EUR<br />

(umgerechnet 0,40 Mio. EUR/km). Auf die 85 km lange Strecke Braunschweig - Wieren<br />

angewendet ergäbe dieses einen Wert von 12,75 bzw. 34 Mio. EUR. Nach einer<br />

Ausschreibung und Angebotsabgabe der Firmen zum Ausbau dürften sich die Kosten dagegen<br />

nicht oder nur sehr gering erhöhen.<br />

Nach [LNVG, 2001, S. 7] betrugen die Gesamtkosten für den zweigleisigen Ausbau der Strecke<br />

Weetzen - Egestorf umgerechnet 29,76 Mio. EUR. Die Strecke ist ca. 9 km lang und elektrifiziert,<br />

so dass sich ein Preis von 3,31 Mio. EUR/km eingleisiger elektrifizierter Ausbau ergibt. Die<br />

Variante „Güterbahn“ käme bei diesem Preis auf 372 Mio. EUR (ohne Beseitigung der<br />

Bahnübergänge). Inwieweit die Beseitigung der Bahnübergänge und eventuell andere<br />

Kostenfaktoren (843,63 - 372,00 =) 471,63 Mio. EUR kosten, darf zumindest stark bezweifelt<br />

werden.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 32


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Güterverkehrs-Effekte<br />

„Steigerungsraten des Schienen-Güterverkehrs bis zu 50 % können in der Regel - abgesehen von<br />

wenigen Engpassabschnitten - mit der gegenwärtigen Infrastruktur bewältigt werden. Einer dieser<br />

Engpässe ist der bereits angesprochene Streckenabschnitt Lüneburg - Stelle (bei Harburg),<br />

dessen dreigleisiger Ausbau in absehbarer Zeit vorgesehen ist.“ [Breimeier, 2/2001, S. 92].<br />

Nach der im Kapitel „Verkehrsprognosen und -entwicklung“ getroffenen Aussage, dass der<br />

Schienengüterverkehr um 100 % steigen muss, wenn die Straße wirklich entlastet werden soll,<br />

müssen daher weitere Überlegungen folgen.<br />

Aussage 1 [Breimeier 2/2001, S. 92] „notwendige zusätzliche Güterzugtrassen“<br />

Ausgehend von den aktuellen Güterzugbelastungen (siehe [Andersen, 2000] bzw. Tab. 2-1) geht<br />

BREIMEIER davon aus, das die Kapazität in der Nord - Süd - Relation um 63 zusätzliche<br />

Güterzüge je Richtung und Werktag erhöht werden muss.<br />

Mit Realisierung der Y-<strong>Trasse</strong> und des dritten Gleises zwischen Stelle und Lüneburg werden<br />

während der 16 Tagesstunden mit überwiegendem Personenverkehr 77 zusätzliche<br />

Fahrplantrassen pro Richtung auf der alten Strecke geschaffen (29 für wegfallende ICE, mind. 1<br />

pro Stunde und Richtung während der 16 Tagesstunden wg. günstigerem Mischungsverhältnis<br />

der Geschwindigkeiten und 2 pro Stunde und Richtung durch dreigleisigen Ausbau), so dass<br />

sogar noch Güterzüge, die heute den Umweg über Rotenburg - Verden fahren, auf die direkte<br />

Strecke zurückverlagert werden können. Ebenfalls kann in den Nachtstunden auch die Y-<strong>Trasse</strong><br />

Güterverkehr aufnehmen.<br />

Wertung 1<br />

Dieses ist in sich richtig und insofern nicht zu beanstanden. Es werden allerdings keine Aussagen<br />

zu folgenden Punkten getroffen:<br />

1.) Zur Variante Güterbahn<br />

2.) Zur Tagesganglinie der Nachfrage<br />

Wird der in Tab. 6-3 angenommene Ausbauzustand für die Güterbahn angesetzt, so ergeben sich<br />

während der 16 Tagesstunden ab Buchholz (Nordheide) insgesamt 208 (320) theoretische<br />

Fahrplantrassen (ohne Puffertrassen). Werden für den Personenverkehr 25 plus 25 zusätzliche<br />

Puffertrassen vorgesehen, so verbleiben immer noch 158 (270) theoretische Fahrplantrassen für<br />

den Güterverkehr (<strong>statt</strong> 77 bei der Y-<strong>Trasse</strong>).<br />

Angenommener Ausbauzustand Variante „Güterbahn 1“<br />

Anzahl Gleise<br />

Länge Blockabschnitt<br />

V Güterzug<br />

Länge Güterzug + Durchrutschweg<br />

Sperrzeit Blockabschnitt<br />

[Pachl, 1999, S. 50]<br />

durchgehend zwei, elektrifiziert<br />

4 km (zum Vergleich: Hamburg - Uelzen - Hannover heute ca. 2 km)<br />

95 km/h (100 km/h - Reserve) = 26,389 m/s<br />

700 m (max. zulässig) + 50 m<br />

= Fahrstraßenbildezeit+Signalsichtzeit+Annäherungsfahrzeit+Fahrzeit im<br />

Blockabschnitt + Räumfahrzeit+ Fahrstraßenauflösezeit<br />

= 10 sec + 12 sec + (1000 m + 4000 m +700 m + 50 m) / 26,389 m/s + 6 sec<br />

= 246 sec (bei 2 km Blockabschnittslänge: 170 sec)<br />

Fahrplantrassen (maximal) 14 pro Stunde (21 pro Stunde), abzüglich einer Puffertrasse: 13 (20)<br />

Tab. 6-3: Ausbauzustand Variante „Güterbahn“<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 33


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Unberücksichtigt bleibt dabei, das auf der vom schnellen ICE-Verkehr genutzten Strecke über<br />

Lüneburg auch weiterhin Güterverkehr <strong>statt</strong>finden kann, denn gegenüber heute ist mit<br />

zusätzlichen ICE-Zugfahrten nur „in engen Grenzen“ zu rechnen, wie BREIMEIER feststellt.<br />

Vorsichtig angenommen, dürfte im Schnitt tagsüber pro Stunde und Richtung eine<br />

Güterzugfahrplantrasse frei sein.<br />

Ebenso „stören“ auf der „Güterbahn“ tagsüber keine zwei „minutengenauen“<br />

Personenverkehrslinien. In der Praxis wird der Zulauf zur Güterbahn durch die Strecken bzw.<br />

Relationen Maschen - Buchholz (Nordheide) - Rotenburg (Wümme) - Ruhrgebiet begrenzt. Zur<br />

Zeit bestehen auf dieser Strecke allerdings noch erhebliche Kapazitätsreserven (siehe Tab. 2-3).<br />

Die Güterzüge Maschen - Buchholz (Nordheide) - Soltau (Han) - Süddeutschland würden nicht<br />

die Strecke Hamburg - Buchholz (Nordheide) - Bremen kreuzen (siehe Abb. 2-2 und A-2).<br />

Unberücksichtigt bleibt hierbei auch, inwieweit die Engpässe Hamburg und Hannover / Lehrte<br />

diese zusätzlichen Züge aufnehmen können, wenn zusätzlich eine allgemeine Steigerung der<br />

Schienenverkehrsleistung unterstellt wird.<br />

Ob in den Nachtstunden (23:00 - 5:00 Uhr) zusätzliche Güterzugtrassen auf der Y-<strong>Trasse</strong><br />

überhaupt benötigt werden, darf zumindest bezweifelt werden. Zu dieser Zeit könnten auf der<br />

Altstrecke bis zu 20 (Güter-) Züge pro Richtung gefahren werden (siehe Tab. 6-3). Im Zeitraum<br />

23:00 Uhr bis 5:00 Uhr könnten damit über 100 Güterzüge fahren. Die heutige Tagesbelastung<br />

beträgt ca. 80 Güterzüge (siehe Tab. 2-1), d. h., bereits heute bestehen noch Reserven, die<br />

allerdings nicht genutzt werden (können). Dieses liegt darin begründet, dass zu dieser Zeit der<br />

Bedarf nicht vorhanden ist. Denn für einen „Nachtsprung“ vom Norden zum Süden dürfen je nach<br />

Zielort bestimmte Abfahrtszeiten im Norden nicht überschritten werden.<br />

Interessante Nebenrechnug 1 (Y-<strong>Trasse</strong> ohne drittes Gleis):<br />

Wäre das dritte Gleis zwischen Lüneburg und Stelle nicht vorhanden, so würde die Y-<strong>Trasse</strong> nur ca. (29 +<br />

16*1 =) 45 <strong>statt</strong> 77 zusätzliche Güterzugfahrplantrassen schaffen, d.h. ohne das dritte Gleis würden die<br />

zusätzlichen benötigten bzw. geforderten 63 Fahrplantrassen für Güterzüge nicht erreicht werden. Es ist also<br />

unter diesen Annahmen eine zwingende Voraussetzung, um mit der Y-<strong>Trasse</strong> die erforderlichen Kapazitäten<br />

erreichen zu können!<br />

Interessante Nebenrechnung 2 (Betrachtung des Gesamtsystems):<br />

Zur Zeit können auf dem Abschnitt Celle - Lüneburg - Stelle 3 Güterzüge pro Richtung und Stunde<br />

verkehren (siehe Bildfahrplan [Breimeier, 2/2001, S. 90], z. B. Zählpunkt Winsen) und 2 ICE-Züge,<br />

zusammen 5 verkaufte Fahrplantrassen pro Stunde und Richtung heute (Annahme: Das Angebot an<br />

IC(IR)-, RE- und RB-Zügen bleibt mit Einführung der Y-<strong>Trasse</strong> unverändert, bzw. geht zu Lasten der<br />

Güterzugfahrplantrassen). Auf der Y-<strong>Trasse</strong> ist auch tagsüber im Regelfall nur mit einem Stundentakt jeder<br />

ICE-Linie zu rechnen (vgl. z. B. IC / ICE-Linie Berlin - Hannover - Ruhrgebiet vorher / nachher).<br />

Nach [Breimeier, 2/2001, S. 92] wird mit Realisierung der Y-<strong>Trasse</strong> die Strecke über Uelzen um (58/2=) 29<br />

ICE-Züge pro Tag und Richtung entlastet, bei 16 Tagesstunden entspricht dieses im Schnitt 1,81<br />

Fahrplantrassen pro Stunde und Richtung. Das günstigere Mischungsverhältnis der Züge ergibt eine<br />

weitere Steigerung, die BREIMEIER auf mindestens einen Zug je Stunde und Richtung schätzt. Die<br />

Steigerung der Leistungsfähigkeit des dritten Gleises von zwei Zügen je Stunde und Richtung steht prinzipiell<br />

auch ohne Y-<strong>Trasse</strong> zur Verfügung, auf Grund des ungünstigeren Mischungsverhältnisses schätzungsweise<br />

aber nur um einen Zug je Stunde und Richtung. Damit können auf der Y-<strong>Trasse</strong> und der Altstrecke (2 ICE +<br />

3 Güterzüge heute + zusätzlich 1,81 + mind. 1 + 1=) aufgerundet etwa 9 - 10 Fahrplantrassen pro Stunde<br />

und Richtung verkauft werden. Daraus folgt:<br />

Werden von diesen 9 - 10 zukünftigen Fahrplantrassen die 5 heutigen abgezogen, so werden durch die Y-<br />

<strong>Trasse</strong> real nur 4 - 5 Fahrplantrassen pro Stunde und Richtung zusätzlich geschaffen, obwohl es sich<br />

um eine durchgehend zweigleisig elektrifizierte „Hochleistungsstrecke“ handelt. D. h., DB Netz hat in der<br />

Summe 4 - 5 Fahrplantrassen pro Stunde und Richtung zur Verfügung, um die Kosten der Y-<strong>Trasse</strong> zu<br />

erwirtschaften. Werden diese nicht verkauft (z. B. Annahme tritt nicht ein), verringert sich diese Zahl<br />

nochmals.<br />

(Beim Bremer-Ast ist der wahrscheinlichere Abzweig bei Visselhövede angenommen, der die Strecke<br />

Bremen - Hannover um keinen ICE entlastet. Siehe auch weiter unten.)<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 34


An dieser Stelle sei dazu noch einmal BREIMEIER zitiert:<br />

6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

„Kapitalintensive Neubaustrecken erfordern eine hohe Auslastung - [...] - und damit eine hohe<br />

Streckenleistungsfähigkeit, um sie wirtschaftlich betreiben zu können. Die Französischen<br />

Eisenbahnen werden dieser Voraussetzung auf der neuen TGV-Nordstrecke mit einer<br />

Leitungsfähigkeit von 17 Zügen je Stunde und Richtung gerecht. Eine Leistungsfähigkeit der<br />

deutschen Neubaustrecke Köln - Rhein/Main von nur 8 Zügen je Stunde und Richtung erscheint<br />

in diesem Zusammenhang bedenklich [24].“ [Breimeier, 1999, S. 86]:<br />

(Anmerkung des Verfassers [24] = Andersen, S.: Betriebliche und verkehrliche Anforderungen an<br />

spurgeführte Hochgeschwindigkeitssysteme. Eisenbahn-Revue International 11 (1998) S. 466 - 482)<br />

D. h., eine kapitalintensive Neubaustrecke sollte mindestens 8 Züge je Stunde und Richtung<br />

ermöglichen bzw. auch real vorweisen können, so dass die Einnahmen nicht nur theoretisch auf<br />

dem Papier existieren. Dieses bedeutet, dass die bestehende Strecke als auch die Y-<strong>Trasse</strong> in<br />

der Relation Hamburg - Hannover zusammen eine Leistungsfähigkeit von mindestens plus 8<br />

Zügen pro Stunde und Richtung gegenüber heute aufweisen müssten. Nach Tab. 2-2 würde<br />

dieses zum Teil mehr als eine Verdoppelung der heutigen Zugzahlen bedeuten. Es stellt sich die<br />

Frage, ob und - wenn ja - wann dieses erreicht werden kann. Nach Tab. 6-4 und Tab. 6-5 darf<br />

zumindest bezweifelt werden, dass auch nur annähernd eine Verdoppelung der Verkehrsleistung<br />

und damit indirekt der Zugzahlen in überschaubarer Zeit erreicht wird.<br />

(Anmerkung: Dieses ist unabhängig vom Ziel, mehr Verkehr auf die Schiene zu lenken, so dass eine<br />

Verdoppelung der Zugzahlen notwendig wird. Die Frage ist hier, wie und wann das Ziel erreicht wird bzw. die<br />

Kapazitäten benötigt werden.)<br />

Ein anderer Aspekt betrifft die Frage, wann die unterstellten 63 Güterzugfahrplantrassen von DB<br />

Cargo und anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen benötigt werden. Wenn es um die absolute<br />

Tagesanzahl geht, bestehen z. B. auf der Güterbahn Maschen - Buchholz (Nordheide) oder auch<br />

auf der Strecke über Uelzen und damit tendenziell auf den Vor- und Nachlaufstrecken ebenso -<br />

über den Tag verteilt noch erhebliche Kapazitätsreserven (siehe Tab. 2-2 und 2-3). Diese könnten<br />

bereits heute genutzt werden. Wenn diese heute nicht genutzt werden können, weil die Zu- und<br />

Ablaufstrecken überlastet sind, dann sind auch die durch die Y-<strong>Trasse</strong> (und Güterbahn,...)<br />

zusätzlichen Güterzugfahrplantrassen ebenfalls nicht nutzbar. Die Diskussion muss dann zuerst<br />

über den Ausbau der Zu- und Ablaufkapazitäten geführt werden.<br />

Wie bereits erläutert und in Abb. 6-1 grafisch dargestellt, besteht in Nord - Süd - Relation die<br />

Hauptnachfrage erst nachmittags bzw. abends. Damit sind viele der durch die fehlenden ICE-<br />

Züge frei gewordenen Fahrplantrassen nicht nutzbar.<br />

Real nutzbare zusätzliche Fahrplantrassen pro Fahrtrichtung durch Y-<strong>Trasse</strong><br />

qualitativ für z. B. Nord-Süd-Relation ab Norddeutschland<br />

Fahrplantrassen<br />

Nachfrage / Bedarf<br />

zusätzliche Fahrplantrassen<br />

durch Y-<strong>Trasse</strong><br />

nicht nutzbar<br />

real nutzbar<br />

heute vorhandene<br />

Fahrplantrassen<br />

5 Uhr 13 Uhr 21 Uhr<br />

Betriebszeit<br />

Abb. 6-1: Nutzbare zusätzliche Fahrplantrassen durch Y-<strong>Trasse</strong><br />

Während durch die Y-<strong>Trasse</strong> in dieser nachfragestarken Zeit nur etwa fünf Fahrplantrassen pro<br />

Stunde geschaffen werden, wird die Kapazität durch die Güterbahn je nach Ausbaustandard um<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 35


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

bis zu 18 (20 minus vorhandene Zugfahrten) Fahrplantrassen erhöht. Dadurch ist eine flexiblere<br />

und zuverlässigere Betriebsführung möglich, insbesondere zu Spitzenzeiten, da bei Verspätung<br />

freie Fahrplantrassen zur Verfügung stehen.<br />

Personenverkehrs-Effekte<br />

Aussage 2 [ebd, S. 92] „zusätzliche Reisendenkilometer“<br />

Mit Hilfe eines Überschlagverfahrens, das die auf den deutschen Neubaustrecken erzielten<br />

Verkehrsgewinne realitätsnah widerspiegelt, errechnet BREIMEIER folgende zusätzliche<br />

Personen-Verkehrsleistungen, gemessen in Reisenden-Kilometer je Jahr(Rkm/a):<br />

Güterbahn 57,77 Mio. Rkm/a<br />

Direttissima 247,81 Mio. Rkm/a<br />

Y-<strong>Trasse</strong><br />

250,79 Mio. Rkm/a<br />

Die Formel für das Überschlagsverfahren im SPFV [Breimeier, 1999, S. 79] berechnet mit Hilfe<br />

der Einwohnerzahl der Städte / Verkehrszellen, der Eisenbahnentfernung, dem<br />

Dienstleistungsanteil des Brutto-Inlands-Produkts und der durchschnittlichen<br />

Zugreisegeschwindigkeit die Reisenden einer Relation je Tag (siehe Anhang).<br />

Dieses ist ein einfaches Gravitationsmodell. Insgesamt ist, so BREIMEIER, die starke<br />

Entfernungsdegression des Verkehrsvolumens auffallend.<br />

Die Verkehrsmittelwahl - der sogenannte Modal-Split - unterliegt vielfältigen Einflüssen. Die<br />

bedeutendsten Einflussfaktoren sind, gereiht nach Bedeutung:<br />

- Im Personenverkehr: Reisezeit (Haustür - Haustür), Fahrpreis, Komfort, Service.<br />

- Im Güterverkehr: Beförderungspreis, Beförderungszeit, sonstige Aspekte<br />

Infrastrukturmaßnahmen des Eisenbahnnetzes beeinflussen lediglich die Beförderungszeit,<br />

Modal-Split-Gesetze für die Verkehrswegeplanung beschränken sich daher auf Zusammenhänge<br />

zwischen der Verkehrsmenge und der Beförderungszeit oder der Beförderungsgeschwindigkeit.<br />

[Breimeier, 1999, S. 80]<br />

Kontrollrechnung<br />

Eine Kontrollrechnung (siehe Anhang) für die Relationen Hamburg / Bremen - Hannover und<br />

Hamburg - Frankfurt(M) ergibt „nur“ 27,53 Mio. zusätzliche Rkm. Dabei wurde für Frankfurt(M) ein<br />

Wert von 2 Mio. Einwohnern angesetzt, so dass der gesamte Großraum damit abgedeckt ist.<br />

Wertung 2<br />

Es ist unwahrscheinlich, dass eine Aufsummierung der weiteren Relationen eine Summe von<br />

250,79 Mio. Rkm ergibt.<br />

Auch wäre - bezogen auf den Personenverkehr - die Direttissima der Y-<strong>Trasse</strong> überlegen, im<br />

Gegensatz zu den Berechnungen von BREIMEIER.<br />

Davon abgesehen, ist die Verwendung dieser Formel sehr zweifelhaft, da zumindest der<br />

zweitwichtigste Faktor für Nutzung der Eisenbahn - der Fahrpreis - keine Berücksichtigung findet.<br />

Die Verwendung der Eisenbahnentfernung kann den Fahrpreis nicht widerspiegeln, da ICE-<br />

Fahrpreise Relationsfahrpreise sind und mit der realen Entfernung keine (lineare)<br />

Übereinstimmung besteht.<br />

Auch die Aussage, dass Infrastrukturmaßnahmen lediglich die Beförderungszeit beeinflussen, ist<br />

grundlegend falsch. Die Kosten des Bahnnetzes werden als <strong>Trasse</strong>npreis auf die Betreiber der<br />

Züge und letztlich auf die Reisenden bzw. Verlader umgelegt. Damit entstehen für die<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 36


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Eisenbahnverkehrsunternehmen höhere Fixkosten. Dass diese Erhöhung der Fixkosten im<br />

Vergleich zu den Mehreinnahmen möglicherweise unerheblich ist, ist eine andere Frage.<br />

Zur Zeit und während der „Entwicklung“ der Überschlagsformel nach BREIMEIER sind die<br />

Reisenden gezwungen, den ICE zu nutzen, da praktisch kein Alternativangebot zur Verfügung<br />

steht, dass entsprechend preisgünstiger ist. Wie das Angebot „Schönes-Wochenende-Ticket“<br />

zeigt, hat der Preis einen erheblichen Einfluss auf die Nachfrage. Es stellt sich in diesem Fall die<br />

Frage, wie die Nachfrage sich entwickeln würde, wenn ein Unternehmen X, das im Personen- und<br />

Güterverkehr tätig ist, ein Fernzugnetz aufbaut, und dieses z. B. mit lokbespannten<br />

Doppelstockzügen betreibt. Da die teure Antriebseinheit „rund um die Uhr“ fahren kann und auch<br />

insgesamt die Fix- und Betriebskosten im Vergleich zum ICE-System sehr niedrig sind, kann eine<br />

Art „Guten-Abend-Ticket“ den gesamten Tag angeboten werden.<br />

Die Formel von VRTIC,<br />

Nachfrage(neu) = Nachfrage(alt) x (neues Zugangebot / altes Zugangebot) 0,35<br />

x (neue Preise / alte Preise) -0,3<br />

x (neues Einkommen / altes Einkommen) 0,5<br />

x (neue Reisezeit / alte Reisezeit) -0,8<br />

die [Siegmann, 2001, S. 88] vorstellt und auf Analysen im Schweizer Netz basiert, enthält u. a.<br />

das Element „Preis“. Wird der Preis um 50 % gesenkt, so erhöht sich die Nachfrage um (0,5/1,0) -<br />

0,3<br />

= 23 %, bei 70 % Preissenkung wären es „nur“ 43,5 %. Insofern hat auch der Preis - entgegen<br />

der Aussage von BREIMEIER - einen entscheidenden Einfluss auf den Modal-Split.<br />

Interessant ist der systemische Ansatz dieser Formel, bei der durch die Elemente<br />

„Einkommen“ und „Zugangebot“ zum einen das „übergeordnete“ System der allgemeinen<br />

Volkswirtschaft als auch das „System“ Fahrplanangebot wirkungsmäßig berücksichtigt werden.<br />

Aussage 3 [ebd., S. 92] „Wirtschaftlichkeit und Amortisation“<br />

BREIMEIER errechnet folgende zusätzliche Erlöse bzw. geht von folgenden Kosten aus (jeweils<br />

umgerechnet in Euro).<br />

zusätzlicher Erlös<br />

zusätzlicher Brutto-Erlös Investition<br />

SPFV<br />

SPFV und SGV<br />

Güterbahn 6,56 Mio. EUR/Jahr 48,84 Mio. EUR/Jahr 843,63 Mio. EUR<br />

Direttissima 28,18 Mio. EUR/Jahr 70,46 Mio. EUR/Jahr 1175,97 Mio. EUR<br />

Y-<strong>Trasse</strong> 28,52 Mio. EUR/Jahr 82,88 Mio. EUR/Jahr 1124,84 Mio. EUR<br />

Im SPFV ist dabei ein durchschnittlicher Erlös von 0,0875 EUR/Rkm angesetzt, für den<br />

<strong>Trasse</strong>npreis im SGV 3,835 EUR/km (ursprüngliches Verfahren von 1994).<br />

„Kosten für Verwaltung Instandhaltung der Strecken, Verkauf von Fahrkarten und zusätzliche<br />

Zugfahrten im Personenfernverkehr sind von den Brutto-Erlösen noch abzusetzen, wobei sich<br />

letztere in engen Grenzen halten, weil die betrachteten Relationen Endstrecken der ICE-Läufe<br />

darstellen, auf denen die Züge in der Regel zusätzliche Verkehre ohne eine Aufstockung<br />

des Angebots aufnehmen können.“ (im Original nicht fett markiert)<br />

Für einen groben wirtschaftlichen Vergleich reicht die Gegenüberstellung von Kennzahlen<br />

„zusätzliche Brutto-Erlöse aus Güter- und Personenverkehr dividiert durch die Fahrweg-<br />

Investitionen“ für die betrachteten Varianten aus.<br />

„Mögliche zusätzliche Erlöse aus dem SPNV auf der Güterbahn zwischen Soltau und Celle und<br />

aus einer InterRegio-Linie auf der Y-<strong>Trasse</strong> wurden vernachlässigt, da sie das Ergebnis nur<br />

unwesentlich beeinflussen.“<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 37


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Wertung 3<br />

1.)<br />

Im Falle einer Realisierung der Y-<strong>Trasse</strong> geht BREIMEIER davon aus, dass die Strecke Bremen -<br />

Hannover weitgehend von Zügen des Personenfernverkehrs entlastet wird, so dass entsprechend<br />

den wegfallenden Zügen des Fernverkehrs mit 18 zusätzlichen Güterzügen pro Tag und Richtung<br />

gerechnet werden kann.<br />

Diese Annahme ist vom Ansatz falsch (sofern nicht die unrealistische Verbindungskurve bei<br />

Rotenburg (Wümme) genommen wird). Wie die Karte in [Breimeier, 2/2001, S. 91] oder Abb. 2-1<br />

zeigen, verläuft der gesamte Fernverkehr weiterhin auf dem Abschnitt Bremen - Langwedel, der<br />

zudem der am stärksten belastete Abschnitt im Personenverkehr der Strecke Bremen - Wunstorf<br />

(- Hannover) ist (siehe Tab. 2-1). Da die Städte Nienburg (Weser) und Verden (Aller) und aller<br />

Wahrscheinlichkeit auch eine Landesregierung den Verlust der Fernverkehrsanbindung nicht<br />

hinnehmen werden, werden die heute neun IC(IR)-Verbindungen in irgendeiner Form erhalten<br />

bleiben oder ersetzt werden. Damit steigt die Belastung des Abschnittes Bremen - Langwedel<br />

sogar noch um neun weitere Züge, wenn unterstellt wird, dass über die Y-<strong>Trasse</strong> Bremen eine<br />

stündliche ICE-Anbindung Richtung Süden erhält (18 Züge pro Richtung). Dieses würde<br />

gegenüber heute eine Steigerung der ICE-Züge um 64 % bedeuten.<br />

Die angenommenen zusätzlichen 18 Güterzugtrassen existieren nicht, so dass die Brutto-Erlöse<br />

der Y-<strong>Trasse</strong> um 12,08 Mio. EUR (nach [Breimeier, 2/2001, S. 92]) reduziert werden müssen.<br />

Ein technisch möglicher dreigleisiger Ausbau der Strecke Bremen - Langwedel als notwendige<br />

„Verlängerung“ der Y-<strong>Trasse</strong> ermöglicht diese zusätzlichen Güterzugtrassen, erhöht aber die<br />

Investitionen der Y-<strong>Trasse</strong> nicht unerheblich, da die Kosten für diesen Ausbau der Y-<strong>Trasse</strong><br />

zugerechnet werden müssen.<br />

2.)<br />

Die Kosten für Instandhaltung der Strecken sind sehr unterschiedlich. Die Y-<strong>Trasse</strong> ist eine<br />

komplette, sehr unterhaltungsaufwändige Schnellfahrstrecke, die im Vergleich zur Güterbahn u.a.<br />

wesentlich umfangreichere Sicherungseinrichtungen erfordert (z.B. Linienzugbeeinflussung). Die<br />

Güterbahn stellt demgegenüber zwar auch praktisch einen Neubau dar, der aber zum einen<br />

wesentlich geringere Anforderungen benötigt und zum anderen eine bisherige Strecke ersetzt, bei<br />

der auch heute bereits Unterhaltungskosten anfallen.<br />

Aus diesem Grund verzerrt - auch für eine grobe Gegenüberstellung - die Verwendung der Brutto-<br />

Erlöse das Ergebnis sehr stark.<br />

3.)<br />

Die gesamten Brutto-Erlöse basieren auf der Annahme, dass die für die Planung unterstellte<br />

Steigerung der Güterverkehrsleistung von 100 % (+ 70 % mehr Züge) auch real existiert. Es muss<br />

hier betont werden:<br />

Der Bau von Strecken oder zusätzlichen Gleisen ergibt keine zusätzlichen Zugzahlen,<br />

sondern ermöglicht sie.<br />

Im Vergleich zu den Räumen einer Immobilie sind diese aber nicht vor dem Bau bereits vermietet<br />

oder verkauft. Wie Tab. 6-4 oder 6-5 zeigt, hat die DB bzw. ihre Tochter DB-Cargo zwischen 1994<br />

und 1999 die Verkehrsleistung praktisch nicht gesteigert (+ 2,46 %) oder steigern könnnen, ihren<br />

Umsatz dagegen um fast 10 % reduziert bzw. aufgrund der ungleichen Wettbewerbsbedingungen<br />

reduzieren müssen.<br />

Ergänzender Hinweis: Die von der DB AG publizierten Zahlen der „Personenkilometer“ (Pkm) sind mit denen<br />

der Deutschen Bundesbahn nicht vergleichbar, da die Erfassungsmodalitäten so geändert wurden, dass bei<br />

gleichen Leistungen höhere Werte erscheinen. [Bodack, 2002, S. 200])<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 38


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Eine Steigerung der Verkehrsleistung der Schiene um 100 % sollte zwar weiterhin das Ziel<br />

bleiben. Es müssen aber zwei Grenzfälle betrachtet werden - die Steigerung tritt ein bzw. die<br />

Steigerung erreicht nur z. B. 10 % - so dass beim Ausbau entsprechend vorgegangen werden<br />

muss (u.a. keine Schaffung von ungenutzten und damit teuren Strecken).<br />

Entwicklung der Verkehrsleistung 1994 - 1999 (der DB AG)<br />

1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />

Fernverkehr<br />

Umsatz (Mio. DM) 4.860 5.171 5.350 5.493 5.304 5.533<br />

Differenz 1994 zu 1999 (%) + 13,85 %<br />

Verkehrsleistung (Mio. Pkm) 34.845 36.277 35.620 35.155 34.562 34.897<br />

Differenz 1994 zu 1999 (%) + 0,15 %<br />

Nahverkehr<br />

Umsatz (Mio. DM) 10.791 11.351 11.918 12.167 12.088 12.342<br />

Differenz 1994 zu 1999 (%) + 12,57 %<br />

Verkehrsleistung (Mio. Pkm) 29.694 34.057 35.408 36.475 37.291 37.949<br />

Differenz 1994 zu 1999 (%) + 27,80 %<br />

Güterverkehr<br />

Umsatz (Mio. DM) 6.969 6.799 6.468 6.694 6.600 6.306<br />

Differenz 1994 zu 1999 (%) - 9,51%<br />

Verkehrsleistung (Mio. tkm) 69.775 68.744 67.369 72.389 73.273 71.494<br />

Differenz 1994 zu 1999 (%) + 2,46 %<br />

Tab. 6-4: Entwicklung der Verkehrsleistung 1994 - 1999<br />

(Quelle: [Eisenbahn Revue, 1/2001, S. 44])<br />

Aus Sicht des Netzbetreibers, der seine Kosten durch den Verkauf von <strong>Trasse</strong>nkilometern decken<br />

muss, ist folgende Tabelle interessant.<br />

Betriebsleistung in Mio. <strong>Trasse</strong>nkilometern<br />

1998 1999 2000 2001 Differenz 1998 - 2001<br />

DB Regio 536,6 552,4 563,9 560,2 + 4,4 %<br />

DB Cargo 223,5 220,3 225,5 226,9 + 1,5 %<br />

DB Reise&Touristik 181,5 177,5 175,9 161,5 - 11,0 %<br />

Gesamt bei DB Netz 946,5 976,7 984,2 977,3 + 3,3 %<br />

-> „Dritte“ 4,9 26,5 18,9 28,7 (+ 485,7 %)<br />

Tab. 6-5: Betriebsleistung in <strong>Trasse</strong>nkilometern<br />

(Quelle: DB AG Geschäftsbericht 1999 und „Die Bahn in Europa“, Broschüre der DB AG Kommunikation,<br />

2002)<br />

Die beiden größten Kunden der Infrastrukturbetreiberin DB Netz sind DB Regio und DB Cargo.<br />

Eine neue „Personenverkehrsstrecke“, die die Altstrecke nur um wenige Züge entlastet, wird nicht<br />

automatisch zu einer Erhöhung der <strong>Trasse</strong>nkilometer durch DB Reise&Touristik führen, da Züge<br />

nur verlegt werden. Eine „Güterbahn“, die real nutzbare neue Kapazitäten im hohen Umfang<br />

bereitstellt, kann zu neuem Verkehr auf der Schiene beitragen, da dann auch tagsüber mehr<br />

gefahren werden kann.<br />

4.)<br />

Wird - unabhängig von den bisher aufgeführten Wertungen - angenommen, dass die Zahlen von<br />

BREIMEIER richtig und realistisch sind, so ergibt sich folgender Fall:<br />

Die Kosten für den Bau der Y-<strong>Trasse</strong> müssen komplett vorfinanziert werden. Die Strecke ist erst<br />

nach gesamter Fertigstellung für den öffentlichen Verkehr nutzbar, kann also dann erst<br />

Einnahmen erzielen (Die „Güterbahn“ z. B. wäre dagegen bereits beim Ausbau der Teilstrecke<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 39


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Buchholz(Nordheide) - Soltau für den SPNV nutzbar, oder auch beim teilweise / überwiegend<br />

eingleisigen Ausbau!).<br />

Der Abschreibungszeitraum für eine (Neubau-)Strecke beträgt 35 Jahre (= maximal zulässige<br />

Amortisationszeit).<br />

Der Zinssatz wird zu 5 % angenommen.<br />

Die Bauzeit wird mit 6 Jahren angenommen, der Testbetrieb und die Inbetriebnahme mit einem<br />

Jahr.<br />

Für die Investitionssumme müssen erst mit Ablauf der Bauzeit Zinsen gezahlt werden<br />

(unrealistisch, liegt aber so auf alle Fälle auf der sicheren Seite).<br />

(Auch wenn dem Netzbetreiber die Investitionssumme als zinsloses Darlehen zur Verfügung<br />

gestellt wird oder vom Bund / Land Kosten übernommen / vorfinanziert werden, so fallen die<br />

Zinsen an, die dann vom Staat über Steuererhöhungen oder Kreditaufnahme bezahlt werden<br />

müssen oder an anderer Stelle fehlen.)<br />

Mittels der dynamischen Amortisationsrechnung soll ermittelt werden, wann die Y-<strong>Trasse</strong> sich mit<br />

diesen Annahmen amortisiert hat (Kapitalrückflussdauer). Es wird derjenige Zeitraum ermittelt,<br />

der zur vollständigen Wiedergewinnung der Investitionssumme durch die Barwerte der<br />

zukünftigen Überschüsse vergeht. Bei der Amortisationsrechnung - der statischen wie der<br />

dynamischen - steht nicht die Rentabilität bzw. interne Verzinsung im Vordergrund, sondern das<br />

Sicherheitsdenken (vgl. z. B. [IBB, 2000, S. 4-19]).<br />

(Anmerkung: Die dynamischen Verfahren basieren auf der Annahme des „vollkommenen Kapitalmarktes“,<br />

der sich durch folgende Annahmen auszeichnet:<br />

• Kapital steht dem Investor unabhängig von seiner Bonität zur Verfügung.<br />

• Es erfolgt keine Differenzierung zwischen Eigen- und Fremdkapital.<br />

• Es herrscht vollständige Markttransparenz. Die Konsequenz daraus ist ein einziger, einheitlicher<br />

Marktzins als Kalkulationszinssatz. [ebd., S. 4-14]<br />

Da in diesem Fall der Staat - und kein privater Investor - als Investor auftritt und der Abschreibungszeitraum<br />

sehr lange ist, können praktisch alle Annahmen als gegeben angesehen werden.)<br />

Formel: I o ≤ Σ (E t - A t ) / (1 + p) t von t = 1 bis n = dynamische Amortisationszeit<br />

mit E = Einnahmen<br />

A = Ausgaben<br />

p = Zinssatz<br />

Rechnung mit<br />

Io = 1124,84 Mill. Euro<br />

E = 82,88 Mill. Euro (Brutto-Erlöse aus Personen- und Güterverkehr)<br />

A = hier nur Zinszahlungen (Kosten für Instandhaltung, Verwaltung, usw. nicht berücksichtigt)<br />

Jahr t (E t - A t ) (Ausgaben =Zinsen) (1 + p) (-t) (Et-At) • (1 + p) (-t) kumulierte Summe<br />

0 (Bauende) -1124,84 (Investitionen) 1,0 -1124,84 -1124,84<br />

1 0 - 56,24 0,9524 -53,56 -1178,40<br />

2 82,88 - 58,92 0,9070 21,73 -1156,67<br />

3 82,88 - 57,83 0,8638 21,64 -1146,34<br />

4 82,88 - 57,32 0,8227 21,03 -1125,31<br />

5 82,88 - 56,27 0,7835 20,85 -1104,46<br />

6 82,88 - 55,22 0,7462 20,64 -1083,82<br />

7 82,88 - 54,19 0,7107 20,39 -1063,43<br />

8 82,88 - 53,17 0,6768 20,11 -1043,32<br />

9 82,88 - 52,17 0,6446 19,80 -1023,52<br />

10 82,88 - 51,18 0,6139 19,46 -1004,06<br />

Überschlagsrechnung<br />

1004,06 / 19,46 = 51,60 Jahre<br />

Die Y-<strong>Trasse</strong> würde sich unter diesen auf der sicheren Seite befindenden Annahmen nach etwa<br />

10 + 51 = 61 Jahren amortisiert haben. Liegen die Einnahmen unter den Zinszahlungen, wird sie<br />

sich nie rentieren. Die dynamische Amortisationsrechnung ist bei diesen langen Zeiträumen zwar<br />

nicht mehr jahresgenau, doch zeigt sie die Dimension auf alle Fälle an.<br />

Das Entscheidungskriterium im Falle einer Auswahlentscheidung lautet:<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 40


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

„Realisiere das Vorhaben mit der kürzesten Amortisationszeit, sofern es die maximal<br />

zulässige nicht übersteigt!“ [IBB, 2000, S. 4-19]<br />

„Eines der globalen Ziele von „Netz 21 plus“ ist es, die Fahrwegkosten zu verringern. Die<br />

Forderung nach einem „bezahlbaren Fahrweg“ ist auch ein Kernziel der Bahnreform.“<br />

[Jänsch, 2001, S. 109]<br />

Dieses Ziel kann mit einer Strecke, die sich nicht amortisiert, nicht erreicht werden.<br />

Aussage 4 [ebd., S. 93] „Kapazität und <strong>Trasse</strong>nkonflikte“<br />

Durch die Y-<strong>Trasse</strong> steigt die Belastung des dreigleisigen Abschnitts Scheeßel -<br />

Buchholz (Nordheide) auf 354 Züge pro Tag für beide Richtungen. (Eine Steigerung des<br />

Güterverkehrs um 70 % ist darin enthalten.) Die Leistungsfähigkeit dieser dreigleisigen Strecke<br />

dürfte dennoch noch nicht ausgeschöpft sein.<br />

„Die Konflikte um Fahrplantrassen die [Andersen, 2000, S. 517] nachweist, sind im übrigen zu<br />

einem erheblichen Teil vermeidbar, wenn die schnellen Züge gebündelt verkehren. [...] Sollten die<br />

von Andersen beschriebenen betrieblichen Probleme zwischen Scheeßel und Buchholz durch<br />

eine Bündelung der schnellen Züge nicht zu beheben sein, ist der viergleisige Ausbau dieses<br />

Abschnitts zu prüfen. Für diese betrieblich optimale Lösung erhöhen sich die Investitionen der Y-<br />

<strong>Trasse</strong> um schätzungsweise 230 Mio. EUR.“<br />

Wertung 4<br />

1.)<br />

„Dass Einzelvorhaben hinsichtlich ihrer Wirkung im gesamten Eisenbahnnetz zu beurteilen sind,<br />

ist - [...] - eine Selbstverständlichkeit.“ [Breimeier, 2/2001, S. 90] Werden zur Lösung der<br />

Betriebsprobleme Zugbündelungen zwingend vorausgesetzt, so bedeutet dieses für das gesamte<br />

Eisenbahnnetz, dass die ICE-Züge die Hamburg verlassen bzw. erreichen, dort ihren Fix- oder<br />

Zwangspunkt besitzen. Die Fahrplanplanung ist festgelegt: Anschlüsse in Dortmund, Köln,<br />

Frankfurt(M), Mannheim, München, usw. müssen entsprechend liegen. Auch dürfen sich die vier<br />

SPFV-Linien nicht gegenseitig behindern, um Fahrzeitverlängerungen zu vermeiden. Wird dieses<br />

Ziel zufällig erreicht, so muss der Nahverkehr erhebliche Qualitätseinbußen erleiden, die sowohl<br />

aus Kundensicht nicht akzeptabel sind, als auch aus Sicht des Netzbetreibers. Denn im<br />

ungünstigen Fall müssten (bisher vorhandene) Nahverkehrsleistungen ersatzlos gestrichen<br />

werden (vgl. z. B. [Andersen 2000, S. 517])<br />

2.)<br />

Für diese Strecke zitiert die Rotenburger Kreiszeitung am 19. 7. 1985 den Betriebsingenieuer<br />

Gerald Lilie des Bundesbahnbetriebsamtes Hamburg-Harburg. Dieser sagt aus, dass durch das<br />

dritte Gleis die Kapazität auf 320 Züge gesteigert wird. Beinhaltet diese Zahl keine Reserven<br />

(befriedigende Betriebsqualität), so dürften die 354 Züge pro Tag eher Richtung<br />

(betriebswirtschaftlicher) Leistungsgrenze gehen, als „noch nicht ausgeschöpft“ zu sein.<br />

Davon abgesehen, widerspricht BREIMEIER der Aussage ANDERSENs nicht, denn die Konflikte<br />

sind zu einem erheblichen Teil vermeidbar, aber eben nicht ganz.<br />

Oder anders formuliert:<br />

Wenn bei 354 Zügen in beiden Richtungen pro Tag die Leistungsfähigkeit des dreigleisigen<br />

Abschnitts Buchholz (Nordheide) - Rotenburg (Wümme) mit einem sehr unharmonischen<br />

Betriebsprogramm (ICE, IC, RE, Güterzüge) noch nicht ausgeschöpft ist, dann ist es der<br />

zukünftig dreigleisige Abschnitt Stelle - Lüneburg mit gleichem Betriebsprogramm mit heute ca.<br />

340 Zügen ebenfalls nicht, auch wenn noch eine etwas „langsame“ RB-Linie auf ihr geführt wird.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 41


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Es ist allerdings abzusehen, dass in einigen Jahren beschleunigungsstärkere Fahrzeuge<br />

eingesetzt werden. Daher sind für den Güterverkehr nach dieser Argumentation auch auf dieser<br />

Strecke noch Reserven vorhanden.<br />

Sind 354 Züge für eine dreigleisige Strecke noch nicht die Leistungsgrenze, stellen bei einer<br />

angenommenen Kapazitätserhöhung des dritten Gleises von ca. 25 % [Pachl, 1998, S. 27] für<br />

eine zweigleisige Strecke - mit auf der sicheren Seite gerechneten 35 % - (354/1,35=) 262 Züge<br />

pro Tag für beide Richtungen noch keine Leistungsgrenze dar. Damit hätte die heute mit 240<br />

Zügen in beiden Richtungen belegte Strecke Lüneburg - Celle noch Leistungsreserven.<br />

3.)<br />

Sollte die Strecke auf Grund der Y-<strong>Trasse</strong> viergleisig ausgebaut werden müssen, so müssten<br />

diese Kosten der Y-<strong>Trasse</strong> zugerechnet werden, die sich dann um 20 % erhöhen würden und die<br />

Wirtschaftlichkeit erheblich herabsetzen würde.<br />

4.)<br />

Auf den von [Andersen, 2000, S. 517] betonten betriebssystematischen Nachteil für die<br />

Durchführung des Güterzugverkehrs in Buchholz (Nordheide) - Konflikt Güterzüge Maschen Æ<br />

Buchholz (Nordheide) Æ Rotenburg (Wümme) mit SPFV Rotenburg (Wümme) Æ Buchholz<br />

(Nordheide) Æ Hamburg-Harburg - geht BREIMEIER nicht ein. Theoretisch wäre dieses durch ein<br />

Überwerfungsbauwerk zu lösen. Falls dieses in Buchholz (Nordheide) zu realisieren möglich ist,<br />

würden die Kosten der Y-<strong>Trasse</strong> nochmals steigen.<br />

Aussage 5,6 [ebd., S. 91] Fahrzeitverminderung, „Kostenansatz“ und „fehlende Kosten“<br />

Nach Tab. 6-2 verkürzt die Y-<strong>Trasse</strong> die Fahrzeit um 14 bzw. 9 Minuten (Hamburg bzw. Bremen).<br />

Für die Y-<strong>Trasse</strong> sind 1125 Mio. EUR einschließlich 51 Mio. EUR für eine Verbindungskurve bei<br />

Visselhövede oder bei Rotenburg (Wümme) an Investitionskosten notwendig.<br />

Wertung 5<br />

Leider ist zwar eine Fahrzeitverminderung angegeben, aber keine Aussage auf die<br />

zugrundeliegende Fahrzeit. Beziehen sich die 9 Minuten Fahrzeitgewinn auf die aktuelle Fahrzeit<br />

von 60 Minuten, so würden 51 Minuten mit der Y-<strong>Trasse</strong> erreicht werden, auch wenn zwischen<br />

Langwedel und Visselhövede nur 120 km/h gefahren werden (Bremen - Langwedel ca. 16 Min.,<br />

Langwedel - Visselhövede 13 Min., Visselhövede - Langenhagen Mitte 70km / 280 km/h = 15 Min.<br />

und Langenhagen Mitte - Hannover Hbf 7 Min. = 51 Min.).<br />

Sind auf der Altstrecke alle Langsamfahrstellen beseitigt - wie z. B. Allerbrücke bei Verden - dann<br />

sind hier 55 Minuten möglich (siehe Tab. 5-1) und der Fahrzeitgewinn beträgt nur 4 Minuten.<br />

Beziehen sich die 9 Minuten auf diese 55 Minuten, so müsste der Abschnitt Langwedel -<br />

Visselhövede mindestens für eine Reisegeschwindigkeit von 195 km/h ausgebaut werden.<br />

Sollte dieses der Fall sein, ist die fehlende Aussage zum Ausbau des ca. 26 km langen Abschnitts<br />

Visselhövede - Langwedel nicht hinnehmbar. Nach [LNVG, 2001, S. 8] ist nur ein Ausbau auf 120<br />

km/h bis 2003 realisiert, die Installation neuer Signal- und Sicherungstechniken sowie die<br />

Elektrifizierung zeitlich noch nicht definiert. Werden die von BREIMEIER für eine Neubaustrecke<br />

im norddeutschen Flachland angesetzten 12,78 Mio. EUR, abzüglich 3,31 Mio. EUR/km, die beim<br />

Ausbau der Strecke Weetzen - Egestorf angefallen sind und die unabhängig vom Bau der Y-<br />

<strong>Trasse</strong> anfallen, so ergibt sich für die Ertüchtigung der Strecke Visselhövede - Langwedel ein<br />

zusätzlicher Betrag von (12,78 - 3,31=) 9,47 EUR/km, entsprechend 246,22 Mio. EUR für die 26<br />

km lange Gesamtstrecke. Dieser Betrag ist bei BREIMEIER nicht zu finden. Er ist auch nicht in<br />

den 1125 Mio. EUR enthalten, da ansonsten die Strecke Scheeßel - Langenhagen (84 - 26=) 58<br />

km lang wäre (Langenhagen - Fallingbostel etwa 60 km).<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 42


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Die Kosten für die Y-<strong>Trasse</strong> lägen demzufolge nach BREIMEIER bei (1.125 + 246,22 =) 1.371,22<br />

Mio. EUR.<br />

Würde wegen der Kosten auf den Bremer Ast verzichtet, so fallen die von BREIMEIER<br />

errechneten Einnahmen wesentlich geringer aus.<br />

Auch wenn der Artikel von BREIMEIER etwa 10 Jahre aktueller als der Preisstand des BVWP<br />

1992 ist, stellt sich die Frage, warum die Y-<strong>Trasse</strong> bei BREIMEIER mit 1125 Mio. EUR etwa 153<br />

Mio. EUR „billiger“ als im BVWP 1992 ist.<br />

Weiterhin ist zu fragen, wenn [Breimeier, 2/2001, S. 90] betont: „Die Ausgestaltung der<br />

Infrastruktur der Eisenbahn hat sich stets an den Erfordernissen des Eisenbahn-Betriebes<br />

auszurichten. Hinsichtlich dieser Forderung ist dem Autor ANDERSEN [1] (Anmerkung des<br />

Verfassers [1] = [Andersen, 2000]) uneingeschränkt zuzustimmen.“ (Im Original nicht fett<br />

markiert), warum kein Hinweis auf eine kreuzungsfreie Ein- und Ausfädelung der (ICE-)Strecke<br />

Langwedel - Verbindungskurve Y-<strong>Trasse</strong> von der Strecke Bremen - Verden (Aller) - Hannover<br />

erfolgt, die zusätzliche Kosten bedeutet. Diese ist notwendig, um die Leistungsfähigkeit der<br />

bestehenden Strecke nicht herabzusetzen.<br />

„Ergebnis“ von [Breimeier, 2/2001]<br />

„Im Gegensatz zu Japan lässt sich in Deutschland die Leistungsfähigkeit neuer Strecken<br />

für den Hochgeschwindigkeitsverkehr (mit Ausnahme der Relation Köln - Frankfurt am<br />

Main - Mannheim) allein mit Zügen des Personenfernverkehrs vielfach nicht ausnutzen,<br />

weil entsprechend den verkehrsgeographischen und sozioökonomischen<br />

Voraussetzungen das Verkehrspotenzial fehlt, um eine dichte Zugfolge anbieten zu<br />

können.“ [Breimeier, 2/2001, S. 93]<br />

Diese Aussage ist eindeutig. Mit der unmittelbar folgenden Einschränkung, „Trotz dieser<br />

Einschränkung können Schnellfahrstrecken, die als Ergänzung des Netzes in Deutschland nur in<br />

Relationen mit Kapazitätsengpässen vorgesehen werden, eine größere Wirtschaftlichkeit als<br />

vergleichbare Parallelstrecken konventioneller Bauart erreichen“, wird die oben hervorgehobene<br />

Aussage wieder aufgehoben, da mit ihr jede Schnellfahrstrecke zu rechtfertigen ist. Wenn<br />

weiterhin „Kapazitätsengpässe des Eisenbahnnetzes [...] in der Regel nicht durch „Basteln“ am<br />

bestehenden Netz behoben werden [sollten] [ebd. S. 93], dann müsste die Y-<strong>Trasse</strong> von<br />

Hannover Hbf bis Hamburg Hbf - Dammtor - Altona gebaut werden, da ein „Basteln“ von<br />

Scheeßel bis Hamburg nicht ausbleiben wird.<br />

Auch kurze Aus- bzw. Neubauabschnitte wie Wunstorf - Minden (Westf) stellen im Endeffekt nur<br />

ein „Basteln“ am bestehenden Netz dar und sind demzufolge nach BREIMEIER abzulehnen.<br />

„Da ein grosser Teil der deutschen Bevölkerung außerhalb der Großstädte lebt, die durch<br />

IC/ICE-Züge untereinander verbunden sind, stellt sich ein voller Erfolg im Schienen-<br />

Personenverkehr erst ein, wenn die zum Teil hervorragenden Verbindungen des<br />

Fernverkehrs durch gute Anschlüsse bis in die Fläche hineingetragen werden.<br />

Voraussetzung eines derartigen Angebots ist daher eine Kombination aus Fern- und<br />

Nahverkehr „aus einem Guss“.“ [Breimeier, 1999, S. 85]<br />

Dieser Aussage ist uneingeschränkt zuzustimmen. Die Y-<strong>Trasse</strong> trägt dazu allerdings nicht bei,<br />

da z. B. die gesamte Lüneburger Heide weder an das Fernverkehrsnetz angeschlossen noch<br />

durch Nahverkehr flächenmäßig erschlossen wird. Danach ist vordringlich zu fordern, z. B. den<br />

Nahverkehr in den Bereichen Lüneburger Heide, Hannover, Harz als Zubringer zum Fernverkehr<br />

zu stärken, so dass zusätzliche Fernzüge - IC(IR) auf dem Abschnitt Hannover /<br />

Braunschweig/Hildesheim - Würzburg wirtschaftlich angeboten werden könnten. Abgesehen vom<br />

Engpass Hannover Hbf - Hannover-Bismarckstraße sind hier Kapazitäten ungenutzt.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 43


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Dabei könnte eine mögliche Fernverkehrslinie über Würzburg hinaus nach Stuttgart über Lauda<br />

und Heilbronn geführt werden. Damit würde zum einen die Relation Würzburg - Stuttgart<br />

fernverkehrsmäßig aufgewertet werden und andererseits der Engpass Hanau - Frankfurt (Main) -<br />

Mannheim teilweise entlastet werden.<br />

(Anmerkung: Vgl. dazu z. B. das Konzept der Bundesarbeitsgemeinschaft der Aufgabenträger des SPNV zur<br />

Entwicklung eines interregionalen Expressnetzes, nach dem die RE X Linie 18 Stuttgart - Würzburg im Ein-<br />

Stunden-Takt befahren werden soll. www.bag-spnv.de)<br />

Wertung insgesamt:<br />

Die Artikel von BREIMEIER zeichnen sich durch Fachwissen, Sachlichkeit, fundierte<br />

Informationen und leichte Lesbarkeit auch schwieriger Sachverhalte aus (vgl. z.B. [Breimeier,<br />

1999], [Breimeier, 12/2001] oder auch Eisenbahn-Revue International 12/2000 S. 554 ff). Das bei<br />

einigen Punkten die Meinung bzw. Einschätzung anders sein kann, ist normal und spricht nicht<br />

gegen die oben genannten Eigenschaften. Den Aussagen BREIMEIERs zur Y-<strong>Trasse</strong> kann nicht<br />

zugestimmt werden und muss widersprochen werden.<br />

Zwischenfazit betriebliche und wirtschaftliche Betrachtung<br />

Die Y-<strong>Trasse</strong> ist betrieblich und wirtschaftlich den Alternativen unterlegen. Die Variante<br />

„Güterbahn“ 1 bzw. 2 schafft wesentlich mehr zusätzliche Güterzugtrassen, erschließt gleichzeitig<br />

die Fläche und „erspart“ den vom Land geplanten Ausbau der Strecke Buchholz(Nordheide) -<br />

Soltau. Die Entlastung durch Züge des Güterverkehrs und das in Planung / Bau befindliche dritte<br />

Gleis zwischen Lüneburg und Stelle sollte es ermöglichen, die streckenmögliche Zeit von 70<br />

Minuten zwischen Hamburg Hbf und Hannover wieder zuverlässig zu erreichen. Sollte die<br />

technisch mögliche Erhöhung der Durchfahrgeschwindigkeit der Bahnhöfe Celle, Uelzen und<br />

Lüneburg realisiert werden, könnte die Fahrzeit um weitere 4 bis 5 Minuten gesenkt werden. Die<br />

mögliche Erhöhung der Beharrungsgeschwindigkeit von 200 auf 220 (230 / 290) km/h auf 75 km<br />

Streckenlänge ergäbe weitere 2 (3 / 7) Minuten, so dass der Zeitvorteil der Y-<strong>Trasse</strong> weiter<br />

schrumpft (bei singulärer Betrachtung des Zeitaspektes). Inwieweit diese Maßnahmen sinnvoll<br />

und bezahlbar sind, ist eine andere Frage.<br />

Weder betrieblich noch wirtschaftlich ist bei Baukosten von etwa 1,5 Mrd. EUR die Y-<strong>Trasse</strong> zu<br />

rechtfertigen. Zusammengefasst ergeben sich die Probleme der Y-<strong>Trasse</strong> durch ihre Struktur. Sie<br />

verbindet vorhandene (überlastete) Strecken, keine Knoten, wie z. B. die SFS Hannover -<br />

Würzburg (Abb. 6-2).<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 44


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Vergleich: Prinzip der Y-<strong>Trasse</strong> und der SFS Hannover - Würzburg<br />

"Y-<strong>Trasse</strong>"<br />

SFS Hannover - Würzburg<br />

Verbindung von Strecken<br />

tendenziell keine neuen Kapazitäten<br />

nur abschnittsweise Trennung der<br />

langsamen und schnellen Verkehre<br />

Verbindung von Knoten<br />

real neue Kapazitäten<br />

komplette Trennung der langsamen<br />

und schnellen Verkehre<br />

Abb. 6-2: Vergleich Y-<strong>Trasse</strong> mit SFS Hannover - Würzburg<br />

6.2 Lösungsvarianten (politische und finanzielle Betrachtung / Raumordnung)<br />

Großprojekte dieser Art besitzen immer einen gewissen „Charme“, da die sehr hohen<br />

Investitionen mit Arbeitsplatzsicherung und -schaffung verbunden werden. Außerdem spielt bei<br />

einer Hochgeschwindigkeitsstrecke auch der Faktor „Prestige“ eine bestimmte Rolle, genannt<br />

wird dann, dass die „Wettbewerbsfähigkeit“ gestärkt bzw. auf dem Spiel steht. Daher besteht die<br />

Gefahr, dass der „Charme“ und das „Prestige“ zur Treibkraft für das Projekt werden und die<br />

betrieblichen und finanziellen (fachlichen) Aspekte (etwas) verdrängt werden. Dass dieses nicht<br />

unrealistisch ist, zeigt die Braunschweiger Zeitung am 15. Mai 2002 auf ihrer zweiten Seite:<br />

„Im bundesdeutschen Verkehrsnetz klafft auch weiterhin eine riesige Investitionslücke: Die<br />

Bundesländer und die Deutsche Bahn haben [...] Vorhaben mit Kosten bis zu 150 Milliarden Euro<br />

bis zum Jahr 2015 angemeldet. Doch für den Neu- und Ausbau von Straße und Schiene stehen<br />

nach den Planungen der Bundesregierung bis dahin voraussichtlich nur rund 60 Milliarden zur<br />

Verfügung, [...]. Zwar seien die Gesamt-Investitionsmittel im Vergleich zu früheren Jahren<br />

angehoben worden [...], doch werde die Hälfte der Gelder für Instandsetzungen benötigt.“<br />

Es sind hier zwei Fälle zu betrachten.<br />

1. die Gelder für die Y-<strong>Trasse</strong> werden genehmigt und<br />

2. andere „Großprojekte“ und Engpässe besitzen eine höhere Priorität (z. B. Großraum<br />

Frankfurt(M), Metrorapid-Projekte werden durchgezogen und erhalten hohe Summen,<br />

Großflughafen Berlin-Schönefeld wird mit Steuergeldern realisiert, ...) und es werden keine<br />

Mittel bzw. nur geringe Mittel genehmigt. Oder die allgemeine Finanznot lässt keine<br />

Finanzierung in dieser Größenordnung mehr zu.<br />

Im ersten Fall wird aller Wahrscheinlichkeit für andere Schieneninfrastruktur-Projekte in<br />

Niedersachsen kein Geld mehr vorhanden sein. Bereits im aktuellen Programm der<br />

Landesregierung bzw. [LNVG, 2001] sind einige Projekte nur mit offenem Realisierungszeitraum<br />

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6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

angegeben. Die ICE-Strecke (Frankfurt (Main) -) Hildesheim - Braunschweig - „Weddeler<br />

Schleife“ - Fallersleben (-Berlin) ist wahrscheinlich 15 Jahre nach der deutschen<br />

Wiedervereinigung immer noch weitgehend eingleisig. Die Weddeler Schleife ist zwar für zwei<br />

Gleise vorbereitet, aber nur eingleisig gebaut worden, weil wenige Millionen Euro fehlten. Erst<br />

nach 2008 soll hier nach [LNVG, 2001, S. 9] das zweite Gleis verlegt werden.<br />

(Anmerkung: Die Strecke (Wolfsburg-) Fallersleben - Weddel (- Braunschweig -) Groß Gleidingen -<br />

Hildesheim ist die einzige eingleisige ICE-Systemstrecke in Deutschland.)<br />

Im zweiten Fall kann die Y-<strong>Trasse</strong> nicht gebaut werden, da aber entsprechende „Alternativ-<br />

Projekte“ nicht angemeldet wurden – um die Y-<strong>Trasse</strong>n-Planung nicht zu gefährden – stehen<br />

keine Bundesmittel zur Verfügung. Es kann nicht investiert werden, bzw. die Engpässe bleiben<br />

bestehen.<br />

Frage: Ist dieses verantwortungsvolle und zukunftsweisende Infrastruktur- und<br />

Raumordnungspolitik?<br />

Bei der Y-<strong>Trasse</strong> kommt hinzu, dass sie sich nicht amortisieren wird, so dass kein Geld<br />

zurückfließt, welches dann wieder in andere Projekte investiert werden kann.<br />

Die anderen Neu- und Ausbaustrecken, die Niedersachsen betreffen (Hannover - Göttingen -<br />

Würzburg und Hannover - Wolfsburg - Berlin) haben sowohl einen „Qualitätssprung“ der<br />

Verbindung innerhalb Niedersachsens bewirkt (Fahrzeitverkürzung), als auch die<br />

Landeshauptstadt als Wirtschafts- und Tagungsort attraktiver werden lassen, da sie aus fast allen<br />

Teilen Deutschlands wesentlich schneller zu erreichen ist. Die Y-<strong>Trasse</strong> verkürzt dagegen die<br />

Fahrzeit nur minimal und erschließt Niedersachsen nicht. So ist von den Großstädten<br />

Braunschweig, Wolfsburg und Göttingen geografisch Braunschweig am nächsten an Hannover<br />

gelegen, gemessen an der Fahrzeit aber am weitesten entfernt. Von Osnabrück ist die<br />

Landeshauptstadt Hannover nur über sehr „unattraktive“ 71 Minuten zu erreichen, bezogen auf<br />

die 133 km Entfernung. Würde die Reisegeschwindigkeit hier der von Hannover - Hamburg<br />

entsprechen, so läge die Zeit bei 56 Minuten. Bezogen auf die Reisezeit besteht in Niedersachsen<br />

auf anderen Strecken eher ein Nachholbedarf.<br />

Raumordnung / Wettbewerbsfähigkeit<br />

Es kann hier keine erschöpfende Untersuchung zum Thema Wettbewerbsfähigkeit oder zur<br />

raumordnerischen Wirkung der Y-<strong>Trasse</strong> erfolgen. Es seien aber zwei Beispiele genannt, die<br />

diesen Bereich betreffen.<br />

In der Broschüre des Lenkungsausschusses der Gemeinsamen Landesplanung in der<br />

Metropolregion Hamburg „metropolinformation. Ziele, Strategien, Handlungsfelder, Projekte“ heißt<br />

es auf Seite 21 zum Ausbau der Strecke Hamburg - Berlin und zur Y-<strong>Trasse</strong>:<br />

Behauptung:<br />

„Mit beiden Vorhaben wird die Metropolregion Hamburg besser erreichbar und in ihrer<br />

Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden. Zugleich werden die Zentren enger zusammenrücken und<br />

neue Synergien nutzen.“<br />

Es sollte folgende Frage gestellt werden: Ist dieses wirklich der Fall und was ist mit den<br />

Landkreisen und Kommunen zwischen den Zentren (Stichwort: Raumordnung und gleichwertige<br />

Lebensbedingungen)?<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 46


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Antwort: Angesichts der minimalen Fahrzeitreduzierung und eines gleichbleibenden<br />

Zugangebotes kann von einer besseren Erreichbarkeit nicht gesprochen werden. Die benötigten<br />

Kapazitäten für den Güterverkehr werden kaum und preislich nicht günstig geschaffen.<br />

Für die Hansestadt Bremen wird sich - bis auf die geringfügige Fahrzeitreduzierung - sogar keine<br />

Veränderung gegenüber heute ergeben.<br />

Die Landkreise und Kommunen zwischen den Zentren werden weiter an Bedeutung verlieren.<br />

Dieses liegt darin begründet, dass deren Infrastruktur nicht ausgebaut wird und sie damit einen<br />

gravierenden Standortnachteil und Attraktivitätsverlust hinnehmen müssen (reine Wohn- und<br />

Schlafstädte, da in die Metropolen gependelt werden muss). Zusätzlich wird ihr Gebiet von einer<br />

weiteren Verkehrsachse durchschnitten, die allein dem Transit dient und damit ihr Gebiet z. B. für<br />

den Tourismus unattraktiver werden lässt.<br />

Sehr konkret und unmißverständlich schreibt dieses die Stadt Braunschweig - in der Region<br />

Braunschweig wohnen immerhin 1,1 Millionen Einwohner - in ihrer Stellungnahme zum Entwurf<br />

des Nahverkehrsplans 2003 - 2007, die hier wegen ihrer Deutlichkeit zitiert werden soll:<br />

„Im Kapitel D 3.1 Streckennetz (S. 145) ist zu ergänzen, dass zusätzlich zu den aufgeführten<br />

Maßnahmen eine leistungsfähige Direktfernverbindung aus der Region Braunschweig (ca. 1,1<br />

Mio. Einwohner) nach Norden (Hamburg, Ostsee) erforderlich ist, um attraktive Verbindungen für<br />

die Wirtschaft und die Bevölkerung anzubieten und Verkehre teilweise von der Straße auf die<br />

Schiene verlagern zu können. Die derzeit verfolgte so genannte Y-<strong>Trasse</strong> lässt keinerlei Vorteile<br />

für den gesamten Großraum Braunschweig erkennen. Entgegen allen Zusagen scheinen<br />

weiterhin die Schienenverbindungen in, von und nach Hannover vorrangig ausgebaut zu werden,<br />

an<strong>statt</strong> nunmehr vor allem Maßnahmen in den übrigen Teilen des Landes bevorzugt umzusetzen.<br />

Der ZGB (Zweckverband Großraum Braunschweig, Anm. des Verfassers) wird daher außerdem<br />

darum gebeten, sich bezüglich des Schienenwegeausbaus dafür einzusetzen, dass vorrangig<br />

Maßnahmen außerhalb des Großknotens Hannover, d.h. auch im östlichen Teil Niedersachsens,<br />

durchgeführt werden. [NVPZGB, 2003, (S)]<br />

Das dieses Problem nach Antwort des Zweckverbands Großraum Braunschweig im Regionalen<br />

Raumordnungsprogamm abzuhandeln ist, ist sicher auch der Stadt Braunschweig bewußt und<br />

hier auch nicht das Problem. Die Bedeutung der Raumordnung wird erkennbar: Es ist ein<br />

Hinweis, dass die „gleichwertigen Lebensbedingungen“ keine leere Floskel sind, die von den<br />

jeweiligen Bundes- und Landesregierungen auch zu berücksichtigen sind.<br />

6.3 Lösungsvarianten (systemische Betrachtung)<br />

„Das systemrelevante Hauptziel muss immer die Erhöhung und Sicherung der Lebensfähigkeit<br />

eines Systems sein.“ [Vester, 2000, S. 49]<br />

Dabei ist es unerheblich, ob es sich dabei um ein „Eisenbahnsystem“ oder um das System der<br />

Umwelt, in der wir leben, handelt.<br />

„Allzu gerne lässt man sich dazu verführen, zurückliegende Entwicklungen in die Zukunft zu<br />

extrapolieren und das Ergebnis als Entscheidungshilfe zu nutzen. Der Grund dafür ist nicht nur,<br />

dass Hochrechnungen für statistische Phänomene durchaus tauglich sind, sondern dass sie auch<br />

für komplexe Systeme unter bestimmten Umständen und für bestimmte Zeiträume aussagekräftig<br />

sein können. Warum? Weil sich komplexe Systeme in zwei Fällen wie eine Maschine verhalten.<br />

Erstens in Wachstumsphasen und zweitens auch innerhalb eines kurzen Zeithorizonts. In beiden<br />

Fällen ist ihre Entwicklung in der Tat durch Extrapolation determinierbar.“ [ebd, S. 86]<br />

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6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Als Beispiel kann hier der „Neue Markt“ bzw. die T-Aktie herhalten, die selbst bei 95 Euro von so<br />

genannten „Experten“ noch zum Kauf empfohlen wurde, die sich heute den Kurs von unter 14<br />

Euro nicht erklären können. Aus diesem Grund sind auch die Verkehrsprognosen kritisch zu<br />

betrachten. Das Wachstum kann auch hier plötzlich vorbei sein. Dieses kann schon heute, aber<br />

auch erst in 5 oder 10 Jahren sein. Aber auch der Mensch, der mit einer erhöhten<br />

Körpertemperatur von 3 Grad krank, mit erhöhten 6 Grad extrapoliert „doppelt so krank“, real<br />

dagegen längst tot ist, kann als Beispiel herhalten.<br />

(Frage: Wo liegt dieser (tödliche) Grenzwert des Verkehrswachstums bzw. der Verkehrsmenge?)<br />

Biokybernetische Grundregeln<br />

Dem Kriterium der Lebensfähigkeit liegen acht biokybernetische Grundregeln zugrunde, deren<br />

Befolgung, verbunden mit einem vernetzten Denken, bereits die gröbsten Planungsfehler<br />

vermeiden hilft. Damit kann dann systemverträglich und der Vernunft des Menschen angemessen<br />

gehandelt werden. Regel 2, 3 und 5 lauten beispielsweise [Vester, 2000, S. 130ff]:<br />

Regel 2: Die Systemfunktion muss vom quantitativen Wachstum unabhängig sein.<br />

(Diese Regel spricht nicht gegen Wachstum als solches, sondern warnt vor der Abhängigkeit davon!)<br />

Regel 3: Das System muss funktionsorientiert und nicht produktorientiert arbeiten.<br />

(Das System muss auch bei veränderter Nachfrage überleben.)<br />

Regel 4: Nutzung vorhandener Kräfte nach dem Jiu-Jitsu-Prinzip <strong>statt</strong> Bekämpfung nach<br />

der Boxer-Methode.<br />

Regel 5: Mehrfachnutzung von Produkten, Funktionen und Organisationsstrukturen.<br />

Nach diesen biokybernetischen Grundregeln, die für alle Systeme - biologische, wirtschaftliche ,<br />

ökologische, usw. - gelten, „verstößt“ die Y-<strong>Trasse</strong> gegen diese Grundregeln. Denn sie ist<br />

abhängig vom Wachstum, da sie nur so ihre Kosten - wenn überhaupt - wieder erwirtschaften<br />

kann (siehe Annahme BREIMEIER +70 % mehr Güterzüge). Sie ist produktorientiert (ICE) und<br />

lässt keine Mehrfachnutzung zu. Dieses zum einen durch die nicht mögliche Nutzung durch<br />

Güterzüge, wenn diese Nachfrage dringend benötigt wird (ab Nachmittags für Nord-Süd-<br />

Richtung) und zum anderen durch die fehlende Erschließung der Region, die dagegen mit der<br />

„Güterbahn“ erreicht wird. Die „Kraft“ „Transit- und Güterverkehr“ wird positiv genutzt,<br />

Niedersachsen mit hochwertiger Infrastruktur zu erschließen, <strong>statt</strong> mit der „Boxer-Methode“ eine<br />

neue Strecke zu bauen.<br />

Zusätzlich durchschneidet die Y-<strong>Trasse</strong> bisher zusammenhängende Systeme (Naturräume), die<br />

von uns Menschen als besonders wertvoll eingestuft werden (Naturschutzgebiete).<br />

Aus diesen Gründen ist die Y-<strong>Trasse</strong> „systemfeindlich“ und daher strikt abzulehnen. Eine Variante<br />

der Güterbahn ermöglicht dagegen systemkonformes Vorgehen: Entsprechend dem Wachstum<br />

kann ausgebaut werden, z. B. zuerst nur die vorhandenen eingleisigen Strecken elektrifizieren.<br />

Bleibt dann das Wachstum aus, muss zum einen nicht weiter ausgebaut werden und zum<br />

anderen war der bisherige Ausbau keine Fehlinvestition, da die Region auf einem qualitativ<br />

höheren Niveau erschlossen ist. Steigt der Verkehr dann doch stark an, kann in „kleinen“<br />

Schritten weiter ausgebaut werden.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 48


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Fehler im Umgang mit komplexen Systemen<br />

Der Systempsychologe Dietrich DÖRNER hat eines der interessantesten Experimente bezüglich<br />

unserer Unfähigkeit, Probleme in komplexen Systemen zu lösen, 1975 an Hand der fiktiven<br />

afrikanischen Region Tanaland durchgeführt und in seinem Buch Problemlösen als<br />

Informationsverarbeitung erstmals beschrieben. (nach [Vester, 2000, S. 35])<br />

Einige der sechs Fehler im Umgang mit komplexen Systemen nach Dörner sind (aus [Vester<br />

2000, S.36, 37]):<br />

„Erster Fehler: Falsche Zielbeschreibung<br />

Statt die Erhöhung der Lebensfähigkeit des Systems anzugehen, wurden Einzelprobleme zu lösen versucht.<br />

Das System wurde abgetastet, bis ein Mißstand gefunden war. Dieser wurde beseitigt. Danach wurde der<br />

nächste Mißstand gesucht und unter Umständen bereits eine Folge des ersten Eingriffs korrigiert. Man nennt<br />

so etwas Reparaturdienstverhalten. Die Planung geschieht ohne große Linie, einem Anfänger beim<br />

Schachspiel vergleichbar.<br />

Zweiter Fehler: Unvernetzte Situationsanalyse<br />

Einige Versuchspersonen waren immer damit beschäftigt, große Datenmengen zu sammeln, die zwar<br />

enorme Listen ergaben, jedoch zu keinem Gefüge führten. Aufgrund fehlender Ordnungsprinzipien - etwa<br />

Rückkopplungskreisen, Grenzwerten usw. - gelang dabei natürlich keine sinnvolle Auswertung der<br />

Datenmassen. Auf die Erfassung des kybernetischen Charakters des Systems - beispielsweise seiner<br />

historischen Genese - wurde verzichtet. Die Dynamik des Systems blieb auf diese Weise unerkannt.<br />

Dritter Fehler: Irreversible Schwerpunktbildung<br />

Man versteift sich einseitig auf einen Schwerpunkt, der zunächst richtig erkannt wurde. Er wurde jedoch zum<br />

Favoriten. Aufgrund der ersten Erfolge biß man sich an ihm fest und lehnte andere Aufgaben ab. Dadurch<br />

blieben schwerwiegende Konsequenzen des Handelns in anderen Bereichen oder gar vorhandene Probleme<br />

und Mißstände unbeachtet.“<br />

Auf die Y-<strong>Trasse</strong>n-Planung angewendet: Das Einzelproblem „Engpass Stelle - Lüneburg“ wurde<br />

erkannt und der Favorit zur Lösung ist eine Hochgeschwindigkeitsstrecke für 300 km/h. Obwohl<br />

Kapazitäten für den Güterverkehr benötigt werden, versteift man sich einseitig auf diese „300<br />

km/h - Strecke“. Eine vernetzte Analyse findet nicht <strong>statt</strong>, da immer nur der Abschnitt Stelle -<br />

Celle betrachtet wird, ohne die Engpässe oder angrenzenden Systeme wie den „Knoten<br />

Hamburg“ oder den „Doppelknoten Hannover - Lehrte“ zu betrachten. Für den Fall der<br />

Realisierung der Y-<strong>Trasse</strong>, wird ein irreversibler Schwerpunkt gebildet. Für Bereiche „außerhalb“<br />

der Y-<strong>Trasse</strong> wird kein Geld mehr vorhanden sein. Die Y-<strong>Trasse</strong> wird bei Misserfolg nicht einfach<br />

verlegt werden können, z. B. wie ein Fahrzeug.<br />

6.4 Regional- und Güterverkehr auf Schnellfahrstrecken / Y-<strong>Trasse</strong><br />

Regional- und Güterverkehr auf SFS ist sicherheitstechnisch und betrieblich möglich, wie die<br />

Beispiele Hannover - Würzburg oder Hannover - Berlin zeigen. Auch ist nach der<br />

biokybernetischen Grundregel 5 „Mehrfachnutzung von Produkten, ...“ eine Mischnutzung<br />

durchaus „anzustreben“.<br />

Aber, nur weil es möglich ist, muss es nicht „sinnvoll“ oder wirtschaftlich sein. Aus Sicht der<br />

Grundregel 5 folgt die Frage: Wenn eine „Spezialstrecke“, ist sie dann systemverträglich, d. h. ist<br />

sie wirtschaftlich?<br />

Insgesamt sind hier unterschiedliche Fälle zu betrachten.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 49


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

(Personen-) Regionalverkehr<br />

Der Regionalverkehr findet zeitgleich mit dem Hochgeschwindigkeitsverkehr <strong>statt</strong>, so dass er<br />

gegenüber diesem auch mit einer Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h ein Hindernis darstellt.<br />

Regionalverkehr auf SFS muss nicht grundsätzlich abgelehnt werden, wie auch z. B. [Andersen,<br />

2000, S. 520] ein Bedienungskonzept für den Abschnitt Stendal - Gifhorn - (ohne Halt) - Hannover<br />

vorstellt. Allerdings ist dieses kein „klassischer“ Regionalverkehr mehr, es ähnelt mehr einem<br />

IC(IR), der zum Teil öfters Hält und nur auf einem eher kurzen Abschnitt der SFS fährt. Damit<br />

wird weiterhin eine RB notwendig sein, die die kleineren Orte erschließt.<br />

Zusätzlich muss die Frage geklärt werden, wer die Kosten dieser möglicherweise zusätzlichen<br />

Regionalzüge trägt. Fallen diese unter den „Nahverkehr“, dann müssen die Aufgabenträger (oder<br />

andere „Sponsoren“, wie anliegende Kommunen) die Kosten übernehmen. Kann er<br />

eigenwirtschaftlich betrieben werden? Wer übernimmt dann das unternehmerische Risiko? Würde<br />

ein schneller „subventionierter“ Regionalverkehr auf der SFS nicht dem IC(IR) die Kunden<br />

entziehen?<br />

Die Möglichkeit, Regionalverkehr auf der Y-<strong>Trasse</strong> zu fahren, haben [IBS/ConTrack, 2001]<br />

untersucht. Danach ist Regionalverkehr möglich, allerdings mit starken Einschränkungen. Es fehlt<br />

hier leider eine Angabe zu den Kosten. Wie in Kap. 2.4 gezeigt, ist im Wettbewerb ein<br />

<strong>Trasse</strong>npreissystem notwendig. Nach Tab. 2-4 sind zum Teil nicht unerhebliche <strong>Trasse</strong>npreise zu<br />

zahlen. Nach Schätzung des Verfassers würde der <strong>Trasse</strong>npreis der Y-<strong>Trasse</strong> im derzeitigen<br />

<strong>Trasse</strong>npreissystem zwischen Fplus und F1 bei etwa 5,00 EUR/km liegen, sofern kein<br />

„politischer“ Preis „erzwungen“ wird. Da der Regionalverkehr auf der Y-<strong>Trasse</strong> keinen<br />

vorhandenen Nahverkehr ersetzt, müssten die Aufgabenträger diese Kosten zusätzlich<br />

übernehmen. Angesichts der Diskussion, dass die so genannten Regionalisierungsmittel eher<br />

gekürzt als erhöht werden, müsste hier aus dem Landeshaushalt bzw. den kommunalen<br />

Haushalten bezahlt werden.<br />

Güterverkehr<br />

Güterverkehr und Hochgeschwindigkeitsverkehr zeitgleich auf SFS führt neben<br />

Sicherheitsaspekten (Begegnungsproblematik) zu betrieblichen Problemen (siehe Kap. 2.5).<br />

Daher wird Güterverkehr nur außerhalb der Betriebszeit des Personenfernverkehrs durchgeführt<br />

werden können. Für die Y-<strong>Trasse</strong> ergibt sich nach [IBS/ConTrack, 2001] das Zeitfenster zwischen<br />

0 und 5 Uhr. In dieser Zeit ist der Bedarf an zusätzlichen Güterzugfahrplantrassen allerdings eher<br />

gering, bzw. kann auf der bestehenden Strecke abgewickelt werden.<br />

Anders sieht es beispielsweise auf der SFS Hannover - Würzburg aus. Auf Grund ihrer<br />

geografischen und „zeitlichen“ Lage kommen hier mehrere Relationen zusammen. Wenn bereits<br />

aus Hamburg nach Süden die Güterzüge die Strecke über Uelzen auslasten, wird auch die<br />

Strecke Hannover - Kreiensen - Göttingen durch diese Züge belegt sein, so dass die Güterzüge<br />

aus Richtung Bremen, Braunschweig oder aus Hannover warten müssten. Die Kapazitäten der<br />

SFS Hannover - Würzburg werden also real auch benötigt und auch belegt.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 50


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

6.5 Studien, Gutachten und Positionen<br />

6.5.1 Vorstudie der Vieregg & Rössler GmbH, München, 1993<br />

Das Planungsbüro VIEREGG & RÖSSLER GmbH aus München führte 1993 eine „Vorstudie über<br />

die Ausbaumöglichkeiten im Schienenverkehr zwischen Hamburg und Hannover“<br />

([Vieregg&Rössler, 1993]) durch. Auftraggeber waren der <strong>VCD</strong> Fachausschuss Bahn, <strong>VCD</strong> LV<br />

Hamburg und Pro Bahn LV Hamburg.<br />

Nach der Beschreibung der aktuellen Situation auf der Strecke Hamburg - Hannover werden u.a.<br />

folgende Argumente gegen die geplante Neubaustrecke aufgeführt:<br />

• Das sehr gute Angebotsniveau zwischen den norddeutschen Ballungszentren wird weiter<br />

„drastisch“ verbessert, während das Angebot im Nah- und Regionalverkehr weiterhin<br />

vernachlässigt wird.<br />

• Die neue Bahntrasse stellt eine völlige Neuzerschneidung der ökologisch sehr empfindlichen<br />

und topografisch bewegten Landschaft dar.<br />

• Mit der Heidebahn über Soltau und der Nebenstrecke Soltau - Celle liegen vorhandene<br />

Schieneninfrastrukturen weitgehend brach.<br />

• Die angeblich durchgeführten Wirtschaftlichkeitsberechnungen für die Neubaustrecke im<br />

Vergleich zum Ausbau der Linie über Celle werden von der DB und vom Bundesministerium für<br />

Verkehr zur Geheimsache erklärt und können somit nicht nachvollzogen werden.<br />

Eine betriebliche Untersuchung der Y-<strong>Trasse</strong> erfolgt nicht.<br />

Sie legen folgendes Bedienungskonzept für den Abschnitt Hamburg-Harburg - Uelzen -<br />

Langenhagen zugrunde [ebd. S. 10,11] (Zuggattungen entsprechend der heutigen geändert):<br />

• alle 30 Minuten ein ICE der Relation Hamburg - Hannover - Süddeutschland mit Vmax = 230<br />

km/h,<br />

• jede Stunde ein ICE, gegenüber einem der beiden oben genannten ICE-Züge um 3 Minuten<br />

versetzt ist und die Relation Hamburg - Uelzen - Stendal - Berlin bedient,<br />

• jede Stunde ein IR mit Vmax = 200 km/h und Halt in Hamburg-Harburg, Winsen (Luhe),<br />

Lüneburg, Uelzen und Celle<br />

• jede Stunde ein RE mit Vmax = 160 km/h, der in Hamburg-Harburg, Winsen(Luhe), Lüneburg,<br />

Bad Bevensen, Uelzen, Suderburg, Unterlüß, Eschede, Celle und Langenhagen hält,<br />

• ab Hamburg-Harburg im Laufe einer Stunde 3 RB-Linien mit Vmax = 140 km/h, von denen<br />

eine bis Winsen (Luhe), eine bis Lüneburg und die eine bis Uelzen führt, wobei auch die<br />

Bahnhöfe Deutsch Evern und Bienenbüttel bedient werden.<br />

In den verbleibenden Fahrplantrassen verkehren möglichst viele Güterzüge, wobei als<br />

Mindestzahl pro Richtung gelten sollen:<br />

• zwischen (Maschen-) Stelle - Uelzen weiter Richtung Stendal 2 Güterzüge mit 1800 t, Vmax =<br />

90 km/h,<br />

• ab Lüneburg bis Celle 5 Güterzüge mit 1400 t und Vmax = 120 km/h.<br />

Für die auszubauenden Bahnstrecken Buchholz (Nordheide) - Soltau und Soltau - Celle wird für<br />

den Güterverkehr angesetzt:<br />

• jede Stunde zwei Güterzüge mit 1800 t, Vmax = 90 km/h und<br />

• einmal pro Tag ein Güterzug mit 5000 t (Erzzug) und Vmax = 90 km/h<br />

Die Infrastruktur sollte nach dieser Studie wie folgt ausgebaut werden:<br />

• Die Strecke Hamburg-Harburg - Uelzen - Celle wird für eine Streckenhöchstgeschwindigkeit<br />

von 230 km/h ertüchtigt, die Bahnhofsdurchfahrten Lüneburg, Uelzen und Celle werden so<br />

umgebaut, dass dort Durchfahrtgeschwindigkeiten von 200 km/h (Celle = 230 km/h) gefahren<br />

werden können. Damit kann die Fahrzeit Hamburg - Hannover um gute 10 Minuten reduziert<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 51


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

werden. In den Bahnhöfen Lüneburg und Uelzen müssen dazu sowohl die Kurvenradien<br />

vergrößert werden als auch der nach Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) zulässige<br />

Ausnahmewert der Überhöhung von ü ges = 310 mm eingebaut werden.<br />

(Anmerkung des Verfassers: Gemeint ist nach aktuellen Vorschriften der DB AG der Wert der<br />

ausgleichenden Überhöhung u 0 . Dieser setzt sich aus der Summe der eingebauten Überhöhung u und dem<br />

so genannten Überhöhungsfehlbetrag u f zusammen. Der Grenzwert von u o ergibt sich danach zu max u 0 =<br />

zul u + zul u f . Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden: Der so genannte Ermessensgrenzwert (bestimmt nach<br />

Grenzwerten der EBO) und der Genehmigungsbereich (nur durch Zustimmung der Zentrale bzw. durch<br />

Zulassung einer Ausnahme durch EBO). Der Genehmigungsbereich darf nur angewandt werden, wenn<br />

Sprungkosten oder Geschwindigkeitseinbrüche vermieden werden. Die derzeit gültigen Werte für Züge ohne<br />

Neigetechnik und Schotteroberbau sind: u 0, Ermessensgrenzwert = 290 mm und u 0, Zustimmungswert = 310 mm.<br />

Eine Genehmigung des Zustimmungswertes wird ausgeschlossen sein, so dass eine Erhöhung der<br />

Durchfahrgeschwindigkeit in Lüneburg und Uelzen auf 200 km/h nicht möglich ist bzw. durch eine weitere<br />

Vergrößerung der Kurvenradien erfolgen muss. Dieses dürfte auf Grund des fehlenden Platzes eher<br />

schwierig zu realisieren sein. Der Einbau des Ermessensgrenzwertes, wie auch des Zustimmungswertes,<br />

führt auf Grund des Mischbetriebs zu erhöhten Unterhaltungskosten des Netzes.)<br />

• Fahrstraßenkreuzungen werden durch Überwerfungsbauwerke beseitigt.<br />

• Bei einer Streckengeschwindigkeit von 200 km/h und einer Erhöhung der<br />

Durchfahrtsgeschwindigkeiten in den Bahnhöfen von Lüneburg, Uelzen und Celle von heute<br />

120 km/h auf 160 km/h (200 km/h) ergeben sich auf Grund der reduzierten / wegfallenden<br />

Beschleunigung geringere Energieverbrauchswerte von (beide Richtungen) -8 % (-19 %).<br />

• Für den Güterverkehr wird die Strecke Marxen - Lüneburg reaktiviert, zweigleisig ausgebaut,<br />

elektrifiziert und mit einer Verbindungskurve an die Güterbahn Maschen - Marxen - Buchholz<br />

(Nordheide) angeschlossen (Länge 32 km). Die Alternative, der viergleisige Ausbau Stelle -<br />

Lüneburg ist weniger vorteilhaft, da z. B. die Besiedlung entlang der Strecke wesentlich dichter<br />

ist. Der Ausbau Stelle - Lüneburg sollte daher unterbleiben.<br />

• Ebenfalls für den Güterverkehr wird die Strecke Buchholz (Nordheide) - Soltau - Celle<br />

ausgebaut (zu 40 % zweigleisig) und elektrifiziert<br />

• Zur Erreichung der hohen Streckenleistungsfähigkeit muss ungefähr sieben Kilometer nördlich<br />

von Celle ein viergleisiger Abschnitt bestehen. Dieses entspricht praktisch der Zweigleisigkeit<br />

der Strecke Soltau - Celle in diesem Bereich.<br />

• Ein optionales, zusätzliches Gleis von Suderburg bis sieben Kilometer vor Celle würde sechs<br />

Güterzug-Überholungshalte pro Stunde (beide Richtungen) überflüssig machen, aber keine<br />

zusätzlichen Güterzug-Fahrplantrassen schaffen.<br />

Die Kapazität im Güterverkehr zwischen Maschen - Marxen - Lüneburg und Celle wird mit dann<br />

130 Zügen pro Tag und Richtung angegeben, eine Steigerung gegenüber dem Status-Quo von<br />

(130 - 100 =) 30 Güterzügen. Die Kapazität auf der Strecke (Maschen-) Buchholz(Nordheide) -<br />

Soltau - Celle beträgt bei dem vorgestellten Ausbaukonzept umgerechnet 48 Züge pro Tag und<br />

Richtung, so dass sich insgesamt eine Kapazitätssteigerung im Güterverkehr von 100 auf 178<br />

ergibt.<br />

Die Gesamtkosten für die rund 87 km lange Y-<strong>Trasse</strong> im Abschnitt Scheeßel - Langenhagen<br />

werden mit (umgerechnet) 797,62 Mio. EUR angegeben (bei 9,20 Mio. EUR pro Kilometer<br />

Neubaustrecke im Flachland).<br />

Die Gesamtkosten für die vorgestellte Alternative liegen bei 634,00 Mio. EUR.<br />

Der im Anhang der Vorstudie befindliche Bildfahrplan für die Strecke Hamburg-Harburg -<br />

Hannover-Langenhagen weist folgende „Besonderheiten“ auf:<br />

• Die RB-Linie Hamburg-Harburg - Winsen (Luhe) wird unterwegs vom RE überholt, die anderen<br />

beiden RB-Linien jeweils von den ICE-Linien, so dass sich Aufenthaltszeiten von bis zu 8<br />

Minuten ergeben.<br />

• Der IR und der RE werden in Uelzen zur gleichen Zeit vom ICE überholt, so dass sich für den<br />

IR eine Aufenthaltszeit von ca. fünf Minuten, für den RE von ca. 13 Minuten ergibt. In Uelzen<br />

sind damit mindestens drei Gleise vom Nord-Süd-Verkehr belegt.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 52


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

• Der IR und der RE fahren im Abschnitt Hamburg-Harburg - Uelzen im Abstand von ca. 10<br />

Minuten, der RE und die RB im Abschnitt Lüneburg - Uelzen im Abstand von ca. 6 Minuten.<br />

Wertung<br />

Eine in sich schlüssige und relativ gute Vorstudie, die aufzeigt, dass auch ohne Y-<strong>Trasse</strong> eine<br />

deutliche Kapazitätssteigerung zwischen Hamburg und Hannover erreicht werden kann. Die<br />

optische Gestaltung und Lesbarkeit ist dagegen (leider) nicht überzeugend. Interessant ist die<br />

„Forderung“ nach Überwerfungsbauwerken, die in Deutschland bisher nicht üblich sind und durch<br />

die Vermeidung von höhengleichen Kreuzungen zusätzliche Kapazitäten schaffen.<br />

Zu berücksichtigen ist insgesamt, dass für diese Vorstudie seitens der Auftraggeber nur ein enger<br />

Finanzrahmen zur Verfügung gestellt werden konnte.<br />

6.5.2 „Das intelligente Netz“, 1996<br />

Das Konzept „Das intelligente Netz“ - Ein integriertes Konzept für Regional-, Fern- und<br />

Güterverkehr auf der Schiene in Nordniedersachsen ohne „Y“ und Transrapid“ - wurde 1996 von<br />

folgenden Verbänden / Gruppierungen ausgearbeitet:<br />

- PRO BAHN LV Hamburg-Schleswig-Holstein<br />

- BUND LV Niedersachsen e.V.<br />

- BUND KV Soltau-Fallingbostel<br />

- <strong>VCD</strong> KV Soltau-Fallingbostel<br />

- <strong>VCD</strong> LV Hamburg<br />

Es übernimmt die Vorschläge der Vorstudie von [Vieregg&Rössler, 1993] und ergänzt diese um<br />

eine so genannte versetzte Dreigleisigkeit im Abschnitt Hamburg-Harburg - Lüneburg, damit dort<br />

die Probleme behoben werden, d. h. zweigleisiger Ausbau Stelle - Marxen - Lüneburg (für den<br />

Güterverkehr) und versetzte Dreigleisigkeit Stelle - Winsen (Luhe) - Lüneburg (für den<br />

Nahverkehr). Zusätzlich sind u.a. Kapitel mit folgenden Überschriften eingefügt:<br />

- Einleitung - Welchen Verkehr wollen wir?<br />

- Straßenbau im südlichen Bereich von Hamburg<br />

- Fahrzeuge und Transportsysteme für den Bahnverkehr<br />

- Gestaltung der Bahnhöfe für einen attraktiven Bahnverkehr<br />

Angesprochen werden auch die sehr wichtigen Aspekte der Verkehrsvermeidung<br />

(Siedlungsstrukturen, die Wohnen und Arbeiten trennen, Kartoffeln, die zum Waschen hin- und<br />

zurücktransportiert werden) oder auch die Forderung nach Schaffung von gleichen Spielregeln für<br />

alle Verkehrssysteme.<br />

Aussagen zu Kapazitätssteigerungen werden nicht gegeben.<br />

Eine nähere Inhaltsbeschreibung soll hier entfallen. Auf einzelne Sätze bzw. Aussagen soll<br />

allerdings eingegangen werden, da sie zum Teil grundsätzlich falsch sind bzw. die Qualität der<br />

Arbeit in Frage stellen.<br />

Aussage S. 3 und 22:<br />

„Wir sind der Auffassung, dass die rund 2,3 Milliarden DM, die für das „Y“ veranschlagt werden,...“<br />

„Mit etwa 600 Millionen DM hätte man mehr für Nah-, Fern- und Güterverkehr erreicht, als mit 3<br />

Mrd. DM für die Y-<strong>Trasse</strong>.“<br />

Aussage [Vieregg&Rössler, 1993, S. 24]: „[...] für die rund 87 km lange Y-<strong>Trasse</strong> [...] mit Kosten<br />

von 1560 Mio. DM gerechnet werden muss.“<br />

Im „intelligenten Netz“ werden die Vorschläge von [Vieregg&Rössler, 1993] übernommen und um<br />

die versetzte Dreigleisigkeit erweitert. Nach der Aussage von S. 22 werden dafür 600 Millionen<br />

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6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

DM benötigt. [Vieregg&Rössler, 1993, S. 24] setzen ohne die Dreigleisigkeit 1240 Millionen DM<br />

an.<br />

Aussage S. 5:<br />

„Dies kann zusammen mit dem Einsatz der Neigetechnik sowie Verbesserungen bei der<br />

Zugführung (CIRELKE) (Computer Integrated Railroading - Erhöhung der Leistungsfähigkeit im<br />

Kernnetz, Anm. des Verfassers) zu einer erheblichen Reduzierung der Reisezeiten im Nah- und<br />

Fernverkehr beitragen. [...] Zur Minimierung des Flächenverbrauchs setzen wir auf den Einsatz<br />

der Neigetechnik und Ausbau bestehender Strecken <strong>statt</strong> Neubau von reinen<br />

Hochgeschwindigkeitstrassen mit großen Radien und Tunneln.“<br />

In einem sehr interessanten Artikel im Eisenbahn-Kurier kommen Lanz und Hardebber bereits<br />

1992 zu dem Ergebnis:<br />

„Die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der großen Verkehrskorridore ist nicht mit einem<br />

Simsalabim namens CIR zu erreichen, sondern allein durch die Trennung des schnellen<br />

Reiseverkehrs vom langsamen Güterverkehr. Dabei sind offensichtlich die Möglichkeiten,<br />

bestehende Nebenfernstrecken, die früher oftmals einen beträchtlichen Teil des Fernverkehrs<br />

bewältigt haben, oder Nebenbahnen durch einen vielleicht nur vergleichsweise bescheidenen<br />

Ausbau in ihrer Leistungsfähigkeit deutlich zu steigern und dem überregionalen Güterverkehr<br />

nutzbar zu machen, noch längst nicht ausgeschöpft.“ [Lanz, Hardebber, 1992, S. 45]<br />

Ihr Artikel baut auf Untersuchungen der Strecke Hamburg - Hannover auf. Davon abgesehen,<br />

erhöht CIR nicht automatisch die Streckenhöchstgeschwindigkeit.<br />

Zur Neigetechnik sei [Kügler, Lorenzen, 2002, S. 127] zitiert: „In der Literatur zur Neigetechnik ist<br />

immer wieder zu lesen, dass mit Neigetechnik Fahrzeitverkürzungen bis zu 30 % erzielt werden<br />

können. Diese Aussage ist grundlegend falsch. Maßgebend für die möglichen<br />

Fahrzeitverkürzungen sind in erster Linie der im Gleis vorhandene Bogenhalbmesser sowie die<br />

vorhandene Überhöhung. [...] Die Bandbreite der Geschwindigkeitserhöhungen NeiTech z.B. auf<br />

der Linie 8 Berlin - München betragen im zügig trassierten Flachland-Abschnitt Erlangen -<br />

Lichtenfels ∆v = 0 km/h [...] und im engbogigen Abschnitt Hochstadt-Markzeuln - Saalfeld bis zu<br />

∆v = 40 km/h.“<br />

Zu diesen Flachland-Abschnitten können auch die Strecken im „intelligenten Netz“ gezählt<br />

werden, die hier auch keine Tunnel erfordern.<br />

Die favorisierten Neigetechnikzüge sind systembedingt relativ eng im Fahrgastraum. Für den<br />

Fahrgast zählen aber auch Komfort. Beim ICE1 „gelang es, [...], die Fahrzeuge um 18 cm breiter<br />

und damit wesentlich komfortabler zu bauen als die klassischen Wagen gleicher Länge (Leider<br />

wurde dies bei der neuesten, dritten Generation der ICE-Fahrzeuge aufgegeben!)“ [Bodack, 2002,<br />

S. 199]<br />

Wertung<br />

Das Konzept „Das intelligente Netz“ ist in der Ausführung leider mangelhaft, wodurch die gute<br />

Absicht und die prinzipiell richtigen Ziele dieser Arbeit etwas zunichte gemacht werden. Außerdem<br />

sind keine weiteren zusätzlich verwertbaren Informationen vorhanden, so dass bei Bedarf nur auf<br />

das „Original“ - [Vieregg&Rössler, 1993] - zurückgegriffen werden sollte.<br />

6.5.3 Position des Vereins Pro Bahn, LV Niedersachsen e.V.<br />

Der Landesverband Niedersachsen des Vereins Pro Bahn hat auf seiner Internetseite www.pro-<br />

Bahn.de/niedersachen (Stand Ende 2002) ein Themenpapier zur „Verbesserung des<br />

Schienenverkehrs zwischen Hannover und Hamburg/Bremen“ veröffentlicht.<br />

Im Kapitel A werden die Problemlagen dargestellt. Die Kapazität des Fernstreckennetzes hat<br />

erhebliche Engpässe vor allem auf den Strecken Hamburg - Hannover, Hannover - Wunstorf und<br />

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6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Verden - Bremen. „Zusätzliche Züge lassen sich, obwohl erforderlich, nicht oder nicht in der<br />

erforderlichen Qualität unterbringen“, obwohl sie dringend benötigt werden, zumindest in der<br />

Hauptverkehrszeit. Andererseits würden zusätzliche Fernzüge die Qualität des bestehenden<br />

Nahverkehrs beeinträchtigen. Dieses wird durch die Einführung eines Integralen Taktfahrplans<br />

(ITF) noch verschärft werden, da die „Nahverkehrszüge nicht mehr einfach in die Taktlücken des<br />

Fernverkehrs geschoben werden können.“<br />

Die nächste Problemlage ist „die Qualität der Anbindung der Heideregion im Schienenverkehr, die<br />

mehr als bescheiden ist“, wobei ein unmittelbarer Zugang zum Fernverkehr nicht besteht. Die<br />

Ost-West-Strecke von Uelzen - Soltau - Bremen wird zwar durch vorgesehene Elektrifizierung<br />

verbessert, die Eingleisigkeit beschränkt allerdings die Kapazität. „Vor allem aber verlaufen die<br />

wesentlich bedeuteren Verkehrsströme in Nord-Süd-Richtung, nämlich auf Hamburg und<br />

Hannover zu.“ Die Einführung eines ITF für die Heideregion reicht bei weitem nicht aus, da nach<br />

Untersuchungen des Landes gezeigt haben, „dass trotz der damit verbundenen Verbesserungen<br />

in Reisezeit und Anschlussbindungen (gemeint wahrscheinlich Anschlussverbindungen, Anm. des<br />

Verfassers) einschließlich eines „Vollknotens“ Soltau die Zahl der Reisenden [...] allein bis zum<br />

Jahr 2005 nur wenig zunimmt. [...] Hier müssen andere Maßnahmen wie z.B. eine<br />

Fernverkehrsanbindung oder sprunghaft verkürzte Reisezeiten dazukommen, die geeignet sind,<br />

den erforderlichen Quantensprung für die Heideregion zu erreichen.“<br />

Als letzte Problemlage wird die „erzielbare Reisegeschwindigkeit“ behandelt. Durch die<br />

Beschleunigung des Fernverkehrs sollen Verlagerungseffekte hin zur Bahn erfolgen. Verwiesen<br />

wird hier auf die Autobahn A7, auf der sich der Verkehr nach Eröffnung der parallelen<br />

Schienenschnellfahrstrecke Hannover - Würzburg rückläufig entwickelt hat, während er sich<br />

landesweit erhöht hat. Auch auf neuere Untersuchungen wird hingewiesen, nach denen der<br />

innerdeutsche Kurzstrecken-Flugverkehr insbesondere in Relationen des Bahn-<br />

Hochgeschwindigkeitsverkehrs „deutlich wegbricht“. Daher muss die künftige Struktur des<br />

Eisenbahnnetzes in der Region auch übergeordnete Gesichtspunkte mit berücksichtigen.<br />

Im Kapitel B werden bisherige Ansätze zur Lösung der Probleme vorgestellt. Eine Ausbauvariante<br />

unter Nutzung der Heidebahn von Hannover bis Walsrode scheiterte am Protest der betroffenen<br />

Orte gegen befürchteten Lärm, Eingriffe in die Bausubstanz und Zerschneidungswirkungen in den<br />

Orten. Diesem Protest fiel auch das zweite Gleis des letzten Abschnitts der S-Bahn Hannover -<br />

Bennemühlen zum Opfer. Daher wurde eine ortsferne <strong>Trasse</strong>, möglichst entlang der Autobahn<br />

gefordert, die wiederum auch wieder abgelehnt wurde, u.a. von den Grünen und<br />

Umweltverbänden, da sie in die Natur und Landschaft eingreift und die Region nicht erschließt.<br />

Seit 1997 wird von der Landesregierung ein Raumordnungsverfahren für eine Form der Y-Strecke<br />

durchgeführt. Als Alternative von Verkehrs- und Umweltverbänden wird die Ausarbeitung „Das<br />

intelligente Netz“ vorgestellt, an der auch Pro Bahn mitgearbeitet hat.<br />

Im letzten Kapitel führt der Pro Bahn-Landesverband Niedersachsen eine Bewertung durch.<br />

Pro Bahn sieht unter „1.“ die Notwendigkeit einer Erhöhung der Kapazität der Strecken im<br />

Städtedreieck Hannover / Hamburg / Bremen. Dabei werden unter „2.“ auch die nutzbaren<br />

Vorteile durch eine Reduzierung der Reisezeiten gesehen, „die soweit vertretbar genutzt werden<br />

sollten, um zu Verlagerungen auf die Schiene zu kommen, wie sie nach Inbetriebnahme der<br />

Neubaustrecke Hannover - Würzburg eingetreten sind.<br />

3. PRO BAHN steht zum Prinzip des Integralen Taktfahrplans, [...]. Dabei entsteht aufgrund der<br />

jeweils unterschiedlichen Anforderungen eine Konkurrenz in der <strong>Trasse</strong>nnutzung und damit eine<br />

Verstärkung von Kapazitätsproblemen, die beseitigt werden müssen.<br />

4. PRO BAHN fordert eine attraktive Einbindung des bisher bahnseitig schlecht erschlossenen<br />

Heidebereiches [...], um so deutliche Anreize zum Umsteigen [...] auf die Schiene in einer bislang<br />

extrem autoorientierten Region zu schaffen. Hierzu reicht ein ITF allein nicht aus.<br />

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6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

5. Das zum Erreichen des Zieles ausgearbeitete Alternativkonzept „Das intelligente Netz“<br />

erscheint dabei angesichts der gegenwärtigen Sachlage in der vorliegenden Form nicht<br />

durchsetzungsfähig“, da die selbstgesetzten Ziele einer Entmischung der Verkehre nicht erreicht<br />

wird, da von Hamburg bis Uelzen weiterhin alle Zuggattungen verkehren. „Die gewonnenen<br />

Kapazitäten werden höchstens eine kurzfristige Entspannung bringen, nicht jedoch den<br />

erforderlichen Durchbruch für eine schienenorientierte Vorwärtsstrategie.“<br />

„Der geforderte 2-gleisige Ausbau der Heidebahn bringt mindestens ebenso viele innerörtliche<br />

Konflikte, wie die einstmals in der Diskussion befindliche nahverkehrsverträgliche <strong>Trasse</strong>nvariante<br />

für das Y. Die Verschiebung gerade des sehr lauten Güterverkehrs, der sich zudem überwiegend<br />

nachts abspielt, auf eine neue, bislang lärmarme <strong>Trasse</strong> durch das Erholungsgebiet der Heide<br />

wird für eine konfliktreiche und nicht wünschenswerte Strategie gehalten.“<br />

„6. PRO BAHN setzt sich daher für eine offene Diskussion über den Bau und die Streckenführung<br />

auch einer schwerpunktmäßig für den schnellen Fernverkehr gebauten Neubaustrecke ein, unter<br />

Berücksichtigung aller Verkehrs- und Umweltbelange.“<br />

Dabei sollten nach „7.“ auch die Vorteile einer solchen Bahnbaumaßnahme , wie die Anbindung<br />

der Heideregion an den Interregioverkehr und die übergeordneten Netzfunktionen bewertet<br />

werden.<br />

8. Wichtige Ansätze und Impulse des Konzeptes „Das intelligente Netz“ sollen einbezogen<br />

werden, wie etwa Streckenverbesserungen auf bestehenden Strecken, der Bau eines dritten<br />

Gleises zwischen Hamburg und Lüneburg oder eine verbesserte Signaltechnik. „Diese<br />

Maßnahmen werden jedoch von PRO BAHN zusätzlich für erforderlich gehalten und ersetzen<br />

nicht die Diskussion um die Y-Strecke, deren Finanzierung gegenwärtig völlig offen ist.“<br />

9. „Im Sinne einer Eingriffsminimierung ist bei einem Streckenneubau eine Bündelung von<br />

Verkehrswegen, etwa mit der Autobahn A 7 wünschenswert. [...].<br />

10. PRO BAHN Niedersachsen wird sich daher an einer Diskussion über den künftigen<br />

Ausbaubedarf des Bahnnetzes einschließlich einer Neubaustrecke und deren Streckenverlauf<br />

konstruktiv beteiligen.“<br />

Wertung<br />

Auf Kritikpunkte, die sich aus den vorherigen Kapiteln ergeben, wird hier nicht mehr eingegangen.<br />

Eine „brauchbare“ Lösung bzw. einen eindeutigen Standpunkt vertritt Pro Bahn nicht, es gibt<br />

immer ein „sowohl als auch“, auf der Suche nach der „eierlegenden Wollmilchsau“.<br />

Insgesamt fällt die „Fixierung“ auf das Kriterium „Geschwindigkeit“ bzw. „Reisezeitverkürzung“<br />

auf. Was fehlt, ist ein Gesamtkonzept, in dem die „Geschwindigkeit“ nur ein Aspekt von vielen ist.<br />

So basiert das Konzept der LNVG, das in den beiden Broschüren [LNVG, 5/2001] - Zeit für<br />

Bahnhöfe - und [LNVG, 11/2001] - Niedersachsen ist am Zug! - dokumentiert ist auf mehreren<br />

Säulen: Ausbau der bestehenden Infrastruktur, vertaktetes Angebot, zum Teil erweitert, moderne<br />

Bahnhöfe und Haltestellen und moderne Fahrzeuge. Der Erfolg zeigt sich beispielsweise im<br />

Teilnetz Weser-Ems mit der NordWestBahn oder bei der von DB Regio betriebenen S-Bahn<br />

Hannover.<br />

Kapitel A:<br />

Hat der Ausbau der Strecke Uelzen - Soltau - Bremen zu unterbleiben, weil die wesentlich<br />

bedeutenderen Verkehrsströme anders verlaufen? Davon abgesehen, ist für diese Strecke bis<br />

2003 nur die Ertüchtigung für Vmax = 120 km/h geplant. Die dritte Baustufe - die Elektrifizierung -<br />

ist wie die zweite Baustufe - Installation neuer Signal- und Sicherungstechniken - zeitlich noch<br />

nicht definiert. [LNVG, 2001, S. 8]<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 56


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Die „kapazitätsbeschränkende Eingleisigkeit“ ist auch auf den NordWestBahn-Strecken<br />

vorhanden. Trotzdem hat sie Erfolg. Bezogen auf die Kapazität ist anzumerken, dass in diesem<br />

Fall nicht die Eingleisigkeit das (primäre) Problem darstellt, sondern die Anzahl und Lage der<br />

Kreuzungsstellen in Verbindung mit dem Betriebskonzept.<br />

Die Verweise bzw. Argumentation auf den „Wegbrechenden innerdeutschen Kurzstrecken-<br />

Flugverkehr / Verlagerung von der A7 auf die Eisenbahn durch SFS Hannover - Würzburg“ und<br />

die „übergeordneten Gesichtspunkte des regionalen Eisenbahnnetzes“ sind etwas problematisch<br />

und zu pauschal. Zum einen wird die Y-<strong>Trasse</strong> in flugzeugrelevanten Relationen (z. B. Hamburg /<br />

Hannover - Frankfurt / Stuttgart / München) nur unwesentliche bzw. keine Reisezeitverkürzung<br />

ergeben (im Gegensatz zur SFS Hannover - Würzburg) und zum anderen ist damit die Forderung<br />

verbunden, „aus übergeordneten Gesichtspunkten“ Göttingen, Kassel und Fulda konsequent als<br />

ICE-Systemhalt zu streichen, um Potenziale vom Flugverkehr abschöpfen zu können. Damit wäre<br />

allerdings eine deutliche Schwächung dieser Regionen verbunden. Die Y-<strong>Trasse</strong> ist eine reine<br />

Transittrasse innerhalb der Region Lüneburger Heide. Insofern kann sie nicht als Teil des<br />

regionalen Eisenbahnnetzes gelten.<br />

Kapitel B:<br />

Als Lösung des Problems wird praktisch nur die Y-<strong>Trasse</strong> und als Alternative „Das intelligente<br />

Netz“ erwähnt. Dieses wiederum wird in Kapitel C Punkt 5 „abgeschrieben“ und nach Punkt 8<br />

sollen wenigstens wichtige Ansätze und Impulse übernommen werden.<br />

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass eigentlich jede Ausbauvariante abgelehnt wird,<br />

auch der Ausbau der bestehenden Strecken.<br />

Kapitel C:<br />

zu 3.: Ein ITF ergibt Kapazitätsprobleme allenfalls an den Knotenpunkten, nicht auf der Strecke.<br />

zu 4.: Der ITF reicht allein zur Erschließung des Heidebereichs nicht aus. Der Ausbau der<br />

Heidebahn wird unter 5. indirekt aber abgelehnt. Frage: Was muss dann erfolgen? Wie ist der<br />

Erfolg der NordWestBahn dann zu erklären? Ebenfalls ländlicher Bereich, „nur“ Vmax von 120<br />

km/h und „nur“ Stundentakt mit Verdichtung.<br />

zu 5.: „Das intelligente Netz“ bzw. [Vieregg&Rössler, 1993] errechnen eine Kapazitätssteigerung<br />

für den Güterverkehr von 78 %. Dieses als „kurzfristige Entspannung“ zu bezeichnen entbehrt<br />

jeder Grundlage. Frage: Was wäre für den „erforderlichen Durchbruch“ notwendig?<br />

Konflikte beim Ausbau von Bahnstrecken wird es immer geben, ob es sich um den Ausbau einer<br />

reinen SPNV-Strecke handelt oder um eine reine SPFV-Strecke. Beim Ausbau, der die Region<br />

erschließt, können auch die Gegner von heute, morgen die Vorteile der Schiene für sich<br />

entdecken (siehe z.B. S-Bahn Hannover - Bennemühlen).<br />

Der Lärm ist ein Problem, der allerdings auch bei einer Neubaustrecke besteht. Hier muss<br />

selbstverständlich vorgesorgt werden.<br />

zu 7.: Soll eine Neubaustrecke mit einem Interregio-Halt die Region erschließen, so ist dieser nur<br />

sinnvoll, wenn er an einem vorhandenen „Innenstadtbahnhof“ hält. Damit muss die<br />

Neubaustrecke auch entlang von dichtbesiedeltem Gebiet geführt werden oder verlangt lange neu<br />

zu bauende Verbindungsstrecken.<br />

zu 8.: In 1. wird die Notwendigkeit gesehen, die Kapazität zu erhöhen, in 5. wird das „intelligente<br />

Netz“, das die Vorschläge von [Vieregg&Rössler, 1993] übernimmt und eine Alternative zur Y-<br />

<strong>Trasse</strong> ist, als nicht durchsetzungsfähig bzw. ungeeignet (...werden die selbstgesetzten Ziele ...<br />

nicht erreicht,...) bezeichnet und unter 8. wird festgestellt, dass die Finanzierung der Y-Strecke<br />

gegenwärtig völlig offen ist. Schlussfolgerung, siehe Punkt 6 bzw. 10: PRO BAHN kann zur Zeit<br />

nur eine offene Diskussion anbieten, aber (leider) kein diskussionswürdiges und auch praktisch<br />

umsetzbares Gesamtkonzept.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 57


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

6.5.4 Gutachten von IBS / ConTrack zum Nahverkehr auf der Y-<strong>Trasse</strong>, 2001<br />

Der Landkreis Soltau-Fallingbostel hat bei der Arbeitsgemeinschaft IBS / ConTrack<br />

(Ingenieurbüro für Bahnbetriebssysteme GmbH / Consulting - Gesellschaft für Schienenbahnen<br />

mbH) in Hannover ein Gutachten zu „Möglichkeiten der Nutzung der Aus-/Neubaustrecke<br />

Hamburg/Bremen - Hannover (Y-<strong>Trasse</strong>) für den Nah- und Regionalschienenverkehr“ in Auftrag<br />

gegeben. Dieser wurde im Dezember 2001 fertiggestellt und veröffentlicht [IBS/ConTrack, 2001].<br />

(siehe www.heidekreis.de/behoerden/straßenverkehrsamt/forum/y-trasse.html, Stand Ende 2002)<br />

Aufgabenstellung<br />

Nachdem im Frühjahr 2001 die Bezirksregierung Lüneburg das Raumordnungsverfahren für die<br />

Y-<strong>Trasse</strong> mit der landesplanerischen Feststellung zugunsten der Variante 1 (von Hannover<br />

entlang der Autobahn A7 bis in den Raum Walsrode, von dort weiter nordwärts nach Lauenbrück<br />

zur bestehenden Strecke Bremen - Hamburg, Verbindungskurve an die Strecke Uelzen - Soltau<br />

(Han) - Langwedel - Bremen) abgeschlossen worden sind, „sollen für diese Variante<br />

Möglichkeiten für die regionale Verkehrserschließung und -anbindung im Schienenpersonen- und<br />

-güterverkehr untersucht werden, um die Grundlagen für eine Berücksichtigung der regionalen<br />

Mobilitätsbedürfnisse des Landkreises Soltau-Fallingbostel im weiteren Genehmigungsverfahren<br />

der Y-<strong>Trasse</strong> zu schaffen.“<br />

Bericht<br />

Der Bericht gliedert sich in die Kapitel,<br />

1 Einleitung<br />

2 Möglichkeiten für eine regionale Anbindung an die Y-<strong>Trasse</strong> (5 Seiten),<br />

3 Machbarkeit von Verbindungsstrecken zur Bestandsstrecke (3 Seiten),<br />

4 Möglichkeiten für einen Regionalbahnhof (15 Seiten),<br />

5 Betriebliche Betrachtungen (15 Seiten),<br />

6 Auswirkungen auf die KBS 123 (4 Seiten) und<br />

7 Empfehlungen (2 Seiten).<br />

Der grobe Inhalt ist damit bereits sehr gut beschrieben, so dass nur noch auf einige wesentliche<br />

Punkte im Folgenden eingegangen werden soll.<br />

Ergebnisse und Wertung<br />

Im Kapitel 2 wird u. a. festgestellt, dass nach Angaben der DB AG innerhalb des<br />

Raumordnungsverfahrens wegen „fehlenden Bedarfs“ Regionalverkehrshalte bisher nicht<br />

vorgesehen sind, es aber in anderen Regionen bereits derartige Bahnhöfe gibt. Dieses sind z. B.<br />

Vaihingen (Enz) an der SFS Mannheim - Stuttgart und Montabaur und Limburg (Lahn) an der<br />

SFS Köln - Frankfurt (Main).<br />

Im weiteren wird darauf leider nicht näher eingegangen. Dieses ist in dieser Form insbesondere<br />

deswegen nicht akzeptabel, als dass hier der Eindruck entsteht, dass die DB AG hier anders<br />

rechnet, als z. B. bei Montabaur. Auch wird hier nicht auf die Gründe eingegangen, die zur<br />

Errichtung dieser Bahnhöfe geführt haben.<br />

Wenn die DB AG als eigenwirtschaftliches Unternehmen keinen Bedarf sieht, sollte dieses<br />

entweder akzeptiert, oder - falls man der Ansicht ist, dass falsch gerechnet worden ist - eine<br />

Gegenrechnung erstellt werden, mit der die DB AG widerlegt werden kann. Beides erfolgt nicht.<br />

Auch rechnet die DB AG hier nicht anders als bei Montabaur oder Limburg (Lahn). Denn beide<br />

Halte sind politisch „erzwungen“ worden und nicht auf Grund fachlicher oder<br />

betriebswirtschaftlicher Argumente eingerichtet worden (siehe dazu z. B. [Andersen, 2002. S.<br />

534]).<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 58


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Hier umgeht IBS / ConTrack sehr geschickt die entscheidende Frage bzw. beantwortet sie nicht:<br />

Rechnet sich ein Regionalhalt überhaupt (Wirtschaftlichkeit) und wer bezahlt die laufenden<br />

Kosten?<br />

(Anmerkung des Verfassers: Durch die Inbetriebnahme der SFS Köln - Frankfurt (M) kann mittlerweile die<br />

Wirtschaftlichkeit und die „Annahme“ durch die Reisenden der Bahnhöfe Limburg-Süd, Montabaur und<br />

Siegburg an Hand realer Zahlen überprüft werden. Ebenso kann ein Vergleich mit vorher durchgeführten<br />

Progosen und Gutachten durchgeführt werden. Bevor weitere Planungen für einen Regionalbahnhof auf der<br />

Y-<strong>Trasse</strong> durchgeführt werden oder Hoffnungen und Erwartungen an einen Regionalbahnhof bestehen,<br />

sollten diesbezügliche Untersuchungen bzw. Besichtigungen <strong>statt</strong>finden. Siehe auch FR-Artikel im Anhang)<br />

So wohnen zwar nach Angaben der Internetseite des Landkreises Soltau-Fallingbostel etwa<br />

139.00 Einwohner im Landkreis, durch die Größe des Landkreises ergibt sich allerdings nur eine<br />

Einwohnerdichte von 88,7 Einwohnern / km 2 (ohne ständig genutzte militärische Flächen).<br />

Verkehrsgeografisch ist ein „teurer“ Halt damit kaum zu finanzieren. Zusätzlich liegen alle<br />

vorgeschlagenen Regionalbahnhofsstandorte weit entfernt der Aufkommensschwerpunkte<br />

Walsrode, Fallingbostel oder Bomlitz, sofern hier überhaupt von „Schwerpunkten“ gesprochen<br />

werden kann. Damit entfällt die Erreichbarkeit des Regionalbahnhofs zu Fuß oder per Fahrrad,<br />

wie es bei den heutigen Halten gegeben ist. Die Nutzer werden auf das Auto angewiesen sein.<br />

(Rechnung: Für die Baukosten einer Verbindungskurve, für Bahnsteige, Außenanlagen und Straßenbau<br />

werden Kosten von etwa 13 Mio. EUR geschätzt. (Die Bahnanlagen mit 5,5 Mio. EUR werden als<br />

Betriebsbahnhofskosten angenommen.) Wird ein Abschreibungszeitraum von 35 Jahren angesetzt, so<br />

ergeben sich nur durch die reinen Baukosten Kosten in Höhe von 1017 EUR / Tag, die nur von den hier<br />

zusteigenden Reisenden erwirtschaftet werden müssen.)<br />

Im Kapitel 3 wird auf die Ein- und Ausfädelung von der Y-<strong>Trasse</strong> auf das Bestandsnetz<br />

eingegangen. Dabei wird eine eingleisige und niveaugleiche Ein- und Ausfädelung als<br />

ausreichend betrachtet, da maximal mit einem Stundentakt der Regionalzüge gerechnet wird und<br />

dadurch notwendigen Investitionen vermindert werden können. Es wird jedoch darauf<br />

hingewiesen, dass es bei dieser Lösung zu Einschränkungen in der Fahrplangestaltung der<br />

Regionalzüge kommen kann. Wie diese Einschränkungen aussehen, wird nicht erläutert.<br />

Als zusätzliche Argumentation wird aufgeführt, dass niveaugleiche Streckenabzweige mit<br />

Kreuzung des Gegengleises auf Schnellfahrstrecken zwar nicht generell üblich sind, aber z. B.<br />

am Abzweig Sorsum nach Hildesheim von der SFS Hannover - Göttingen oder der Abzweig<br />

Möringen nach Stendal an der SFS Hannover - Berlin vorhanden sind.<br />

Hierzu ist anzumerken, dass es zwar technisch möglich ist, eingleisige und niveaugleiche<br />

Verbindungskurven zu bauen, eine Aussage, ob dieses auch betriebssystematisch sinnvoll ist, ist<br />

damit leider nicht verbunden. Auch der Verweis auf z. B. den Abzweig Sorsum assoziiert den<br />

Gedanken, dass es sogar „sinnvoll“ sein kann. Hier wird außer Acht gelassen, dass der Abzweig<br />

Sorsum vor der deutschen Wiedervereinigung geplant worden ist. Damit wären über diesen<br />

Abzweig tagsüber allenfalls vereinzelt Züge geführt worden. Betriebssystematisch ist dieser<br />

Abzweig heute nachteilig und wirkt sich nicht förderlich auf die Zuverlässigkeit des Fahrplans aus.<br />

Für die Regionalzüge wird im Kapitel 5 eine fahrdynamischer Standard wie bei den IC(IR)-Zügen<br />

unterstellt (Höchstgeschwindigkeit 160 bis 200 km/h). Es wird darauf verwiesen, dass bereits<br />

heute auf der SFS Hannover - Berlin 160 km/h schnelle Regionalzüge verkehren, ohne allerdings<br />

auf den Zwang zur Führung über die SFS hinzuweisen.<br />

Für einen ICE-Halt ergeben sich Fahrzeitverlängerungen von 6 Minuten, so dass mit einem ICE-<br />

Halt sich Fahrzeiten von 62 Minuten für Hamburg - Hannover bzw. 51 Minuten für Hamburg -<br />

Bremen ergeben würden. Damit sind allenfalls einzelne ICE-Halte erreichbar. Mit einem 200 km/h<br />

schnellen Regionalzug könnten folgende Fahrzeiten erreicht werden:<br />

- Walsrode-Süd - Hannover: 28 Minuten (1 Zwischenhalt)<br />

- Walsrode-Süd - Hamburg: 58 Minuten (4 Zwischenhalte)<br />

- Walsrode-Süd - Bremen: 36 Minuten (2 Zwischenhalte)<br />

- Soltau - Walsrode-Süd- Hannover: 57 Minuten (5 Zwischenhalte)<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 59


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Bei einem RE 160 verlängern sich die Fahrzeiten nach Hamburg und Hannover um jeweils 3<br />

Minuten. Eine RE - Linie Soltau - Walsrode - Y-<strong>Trasse</strong> - Hannover mit Vmax = 200 km/h benötigt<br />

57 Minuten.<br />

Für die Leistungsfähigkeitsbetrachtungen wird von Walsrode-Süd nach Hannover ein Stundentakt<br />

angesetzt, nach Bremen Einzelhalte des Fernverkehrs, ergänzt durch einzelne Verstärkerzüge<br />

des Regionalverkehrs in der Hauptverkehrszeit und nach Hamburg ein 2-Stunden-Takt.<br />

Bei den Annahmen zu bestehenden betrieblichen Problemen wird auf die Kapazitätsprobleme in<br />

Hamburg Hbf sowie auf die Strecken Lauenbrück - Hamburg Hbf und Isernhagen - Hannover<br />

hingewiesen. Für die in dieser Untersuchung durchgeführte Fahrlagenplanung wird unterstellt,<br />

dass die bisher bekannten Engpässe durch entsprechende Ausbaumaßnahmen beseitigt sind<br />

und dass mindestens eine Regionalfahrplantrasse pro Stunde und Richtung insbesondere nach<br />

Hamburg Hbf und Hannover Hbf gelegt werden kann.<br />

Hierzu ist anzumerken.<br />

1. Ausbaumaßnahmen im Hamburger Hbf sind leicht vorauszusetzen. Dieses gestaltet sich aber<br />

zum einen sehr schwierig und zum anderen werden auch andere Linien zusätzliche<br />

Kapazitäten beanspruchen, insbesondere die ausgebaute Strecke von Lüneburg - Stelle.<br />

Werden die angenommenen Kapazitäten nicht geschaffen, so ist diese Untersuchung hinfällig.<br />

Es hätten also mindestens zwei Planfälle betrachtet werden müssen: Kein Ausbau des<br />

Hamburger Hbf’s (Planfall 0) und Schaffung der Kapazitäten (Planfall 1), so dass z. B. exakt<br />

deutlich wird (Zwangsfolge): Wenn Hamburg nicht ausgebaut wird, dann ist keine Regionallinie<br />

bis Hamburg Hbf realisierbar. (Zum Engpass Hamburg siehe auch [Andersen 2000, S. 516])<br />

(Auf Grund der getroffenen Annahme, dass Hamburg Hbf ausgebaut werden muss, muss der<br />

Umkehrschluss gezogen werden, dass ohne Ausbau eine Regionallinie nicht möglich ist. Wenn Kapazität<br />

heute vorhanden, bräuchte keine Annahme getroffen zu werden.)<br />

2. Wird nach Hamburg eine Regionallinie im 2-Stunden-Takt angenommen, so müssen von<br />

Tostedt bis Hamburg-Harburg zu Spitzenzeiten / im ungünstigen Fall 8 unterschiedliche<br />

Personenzuglinien (4 ICE/IC/MET, 2 RE und 2 RB) koordiniert werden. Mit einer RB-Linie aus<br />

Soltau auf der Heidebahn „blockieren“ dann insgesamt 9 Züge die Leistungsfähigkeit der<br />

Güterzugrelation Maschen - Buchholz (Nordheide) -> Bremen (sieh Abb. 2-2). Für die 8 Linien<br />

wird sich mit Sicherheit ein oder zwei konfliktfreie Betriebsfälle realisieren lassen. Da aber<br />

insbesondere die Fernverkehrslinien weitere Zwangspunkte besitzen, die sich je nach<br />

Fahrplanabschnitt ändern können und werden, wird es eher zu dem Fall kommen, dass der<br />

Nahverkehr sich dem Fernverkehr und ggf. dem Güterverkehr anpassen muss. Dieses wird<br />

dann zu Wartezeiten, unregelmäßigen Abfahrtszeiten und auch zu einzelnen Zugstreichungen<br />

führen.<br />

3. Werden die Fahrzeiten der Regionallinie Hamburg / Bremen - Walsrode-Süd - Hannover mit<br />

etwa 90 bzw. 70 Minuten betrachtet, so entsprechen diese denen der heutigen IC(IR)-Züge.<br />

Damit ist ein „Kannibalisierungseffekt“ nicht auszuschließen.<br />

4. Wahrscheinlich durch die getroffenen Annahmen bedingt, werden die Bildfahrplanstudien nur<br />

singulär für die Züge der Relation Hamburg - Y-<strong>Trasse</strong> - Hannover durchgeführt. Dieses zeigt<br />

zwar, wie eine Regionalverkehrslinie gelegt werden muss, Konfliktpunkte mit den Zügen der<br />

Relation Hamburg - Tostedt - Bremen werden allerdings nicht sichtbar. Damit entsteht<br />

möglicherweise der Eindruck, als ob diese nicht vorhanden wären. [Andersen 2000, S. 517]<br />

stellt eine korrekte Bildfahrplanstudie auf und kommt zu einem gegenteiligen Ergebnis.<br />

(Anmerkung: Gerade weil es sich um Bildfahrplanstudien handelt, ist es wichtig, mögliche Konfliktpunkte<br />

bzw. Ausschlußfälle aufzuzeigen. Wie Abb. A-3 zeigt, liegen die Abfahrtszeiten der IC-Linie Hamburg -<br />

Bremen - Ruhrgebiet in Hamburg Hbf zwar relativ konstant um die Minute 50. Die Abfahrtszeiten der ICE-<br />

Linien Richtung Hannover - Süden liegen dagegen weit gestreut. Damit ist nicht auszuschließen, dass in<br />

Zukunft Konfliktfälle (auch zwischen den Fernverkehrslinien untereinander) auftreten können, obwohl eine<br />

Bildfahrplanstudie einen konfliktfreien Fall zeigt.)<br />

Interessant ist ebenfalls die Fahrlagenplanung, hier verdeutlicht an der Variante 1 der Linie<br />

Hamburg - Hannover. Es wird festgestellt: „Insgesamt zeigen sich in der Variante 1 nur sehr<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 60


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

begrenzte Möglichkeiten für eine Integration einer stündlichen Regionalverkehrslinie, [...]<br />

Insgesamt zeigt sich also, dass gravierende Fahrplanausschlüsse auftreten. Dies unterstreicht,<br />

dass - [...] - ein viergleisiger Ausbau insbesondere des Abschnitts Lauenbrück - Buchholz zu<br />

fordern wäre.“<br />

Hierzu ist anzumerken:<br />

1. Bereits diese Variante 1 zeigt, dass ein Regionalverkehr nur unter bestimmten<br />

Fernverkehrsfahrplanlagen durchführbar ist. Die Untersuchung einer weiteren Variante erübrigt<br />

sich. Denn es kann hier nicht wie bei einem Haus oder Auto gewählt werden, da keine<br />

„Entweder / Oder“ - Situation vorliegt. Es kann passieren, dass in einem Fahrplanabschnitt ein<br />

„guter“ Nahverkehr angeboten werden kann und im nächsten Abschnitt kein Nahverkehr.<br />

2. Eine viergleisige Strecke ist zwar in jedem Fall betrieblich vorteilhafter als eine dreigleisige, sie<br />

ist aber auch von den Unterhaltungskosten höher. Die Rechtfertigung für einen viergleisigen<br />

Ausbau kann nicht durch eine Regionalverkehrslinie erfolgen, die relativ selten fährt.<br />

Im Kapitel 6 werden die Auswirkungen auf die vorhandene Strecke Soltau - Hannover (KBS 123)<br />

und die Möglichkeiten für den Güterverkehr beschrieben.<br />

Personenverkehr<br />

„Es ist nicht zu erwarten, dass die Besteller LNVG und Region Hannover neben einer stündlichen<br />

Durchbindung Walsrode-Süd - Hannover Hbf weiterhin durchlaufende Züge über die KBS 123<br />

bestellen werden, da dies zu einer deutlichen Zugkilometerausweitung mit entsprechenden<br />

Mehrkosten führen würde. Daneben hätte eine Zugzahlmehrung möglicherweise betriebliche<br />

Engpässe im Abschnitt Hannover - Langenhagen zur Folge. Eine Reduzierung oder sogar<br />

Einstellung der Durchbindungen über die KBS 123 ist je nach Anzahl der über die Y-<strong>Trasse</strong><br />

verkehrenden Regionalzüge daher nicht auszuschließen.“ [...] [E]rgeben sich durch das<br />

Umsteigen [...] vor allem für Schwarmstedt Verschlechterungen. (S. 47, im Original nicht fett<br />

markiert)<br />

Anmerkungen und Fragen:<br />

1. Während für die bestehende Strecke Buchholz (Nordheide) Soltau - Bennemühlen (KBS 123)<br />

nicht erwartet wird, dass die Mehrkosten übernommen werden, scheinen die Mehrkosten durch<br />

die neue Regionalverkehrslinie - durch die langen Zugläufe nicht unerheblich - von den<br />

Aufgabenträgern übernommen zu werden. Denn eine Einschränkung diesbezüglich erfolgt<br />

nicht, d. h. das Geld für diesen Mehrverkehr ist bei den Aufgabenträgern vorhanden. Dann<br />

stellt sich allerdings die Folgefrage, warum im Kapitel 7 empfohlen wird: [...] „Hierzu sind<br />

rechtzeitig Verhandlungen mit der DB AG (Fernverkehr) sowie den Bestellern der<br />

Nahverkehrsleistungen über die künftige Verkehrsbedienung aufzunehmen.“ Bezieht sich<br />

dieses nur auf die Taktlage?<br />

2. Sollen hier Orte gegeneinander „ausgespielt“ werden? Wie soll der Landkreis / die<br />

Landesregierung erklären, dass Schwarmstedt wesentliche Verschlechterungen hinnehmen<br />

muss, damit Soltau / Walsrode eine neue Regionalverkehrslinie erhält? Kann dann auf<br />

rechtlichem Wege etwas eingeklagt werden?<br />

Güterverkehr<br />

Zuerst wird die Leistungsfähigkeit betrachtet. Nach dem schalltechnischen Gutachten innerhalb<br />

des Raumordnungsverfahrens beträgt die Gesamtzahl der Güterzüge, die ausschließlich in der<br />

Relation Hamburg - Hannover verkehren, 60 pro Tag und Richtung. Da nach diesem Endbericht<br />

nur während der Betriebsruhe des Personenverkehrs Güterzüge verkehren können, verbleibt das<br />

Zeitfenster 0 bis 5 Uhr. Daraus folgt, dass dann alle 5 Minuten ein Güterzug über die Y-<strong>Trasse</strong><br />

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6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

fährt. Insofern wäre die Durchführbarkeit von einzelnen Güterzügen, die in Walsrode-Süd von der<br />

Y-<strong>Trasse</strong> auf die KBS 123 wechseln, im Einzellfall zu prüfen.<br />

Hervorgehoben wird, dass von Walsrode-Süd nach Hannover ein Güterzug etwa 40 Minuten<br />

benötigt und in Richtung Hannover direkte Fahrten in der Relation Soltau - Walsrode-Süd -<br />

Y-<strong>Trasse</strong> möglich sind. Dieses bietet sich insbesondere für in Richtung Süden fahrende<br />

Ganzzüge an, wie z. B. den Trailerzug.<br />

Mit gewissen Einschränkungen ist die Nutzung der Y-<strong>Trasse</strong> für die Güterverkehrsanbindung des<br />

Raumes Soltau / Fallingbostel / Walsrode prinzipiell möglich. Dazu gehören u. a. ausreichend<br />

lange Kreuzungsgleise in Walsrode, Fallingbostel und Soltau und die Berücksichtigung des<br />

<strong>Trasse</strong>npreises der Y-<strong>Trasse</strong>. Eine Führung über vorhandene Strecken kann kostengünstiger<br />

sein, sofern zu den gewünschten Zeiten keine Streckenruhezeiten vorhanden sind.<br />

Anmerkungen:<br />

1. Die 60 Güterzüge pro Tag und Richtung werden mit Sicherheit nicht alle in der Zeit von 0 bis 5<br />

Uhr und über die Y-<strong>Trasse</strong> geführt werden, denn die bestehende Strecke über Uelzen steht<br />

weiterhin zu Verfügung.<br />

2. Güterzüge aus dem Bereich Soltau / Walsrode können bereits heute z. B. über die OHE-<br />

Strecke Richtung Hannover - Süden fahren. Dieses kann bis 20 Uhr erfolgen, so dass ein<br />

Nachtsprung Richtung Süden möglich ist. Bei Abfahrt nach 0 Uhr ist dieses nicht mehr<br />

möglich. Es stellt sich die Frage, warum ein Güterzug aus Soltau, der z. B. um 19 Uhr<br />

abfahrbereit ist, bis 0 Uhr aufgehalten werden sollte, nur damit er dann in 40 Minuten über die<br />

Y-<strong>Trasse</strong> nach Hannover fahren kann.<br />

3. Der Hinweis auf die <strong>Trasse</strong>npreise erfolgt eher „am Rande“. Nach Tab. 3-1 ist der Preis<br />

insbesondere im Güterverkehr nicht zu vernachlässigen.<br />

4. Es entsteht der Eindruck, dass der Bereich Soltau / Walsrode ein hohes direktes<br />

Güterverkehrsaufkommen besitzt. Selbst 5 Ganzzüge mit Startpunkt Soltau, die ab z. B. 16<br />

Uhr Richtung Süden fahren müssen, können auf dem vorhandenen Streckennetz zeitgerecht<br />

durchgeführt werden.<br />

Der IBS/ConTrack-Endbericht gibt im Kapitel 7 folgende Empfehlung, zur stufenweisen<br />

Realisierung einer regionalen Anbindung des Landkreises Soltau-Fallingbostel:<br />

Der Bau eines Regionalbahnhofs südlich von Walsrode ist möglichst mit einem für die Y-<strong>Trasse</strong><br />

ohnehin zu bauenden Betriebsbahnhofs zu koordinieren. Für spätere Erweiterungen, z. B. um ein<br />

weiteres Gleis, sind bereits Vorbereitungen zu treffen. Außerdem ist so zu planen, dass eine<br />

Verbindungsstrecke zwischen der Y-<strong>Trasse</strong> / Regionalbahnhof und der KBS 123 in Form einer<br />

Südkurve möglich ist. Zeitnah mit dieser Verbindungsstrecke soll die Elektrifizierung der KBS 123<br />

im Abschnitt Walsrode - Soltau erfolgen.<br />

Finanzierungsmöglichkeiten können aus heutiger Sicht nur eingeschränkt erfolgen, es wird aber<br />

auf die generelle Finanzierungsmöglichkeit durch das Bundesschienenwegeausbaugesetz<br />

(BSchwAG) und das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) verwiesen.<br />

Ergänzend werden weitere notwendige Maßnahmen genannt. Es wird auf die Aktivitäten in<br />

Montabaur und Limburg (Lahn) verwiesen und analog diesen Beispielen sollte auch in Walsrode-<br />

Süd ein entsprechendes Konzept entwickelt werden, wie z. B. die Ansiedlung von<br />

Gewerbeflächen und/oder die Ausweisung neuer Wohnbaugebiete in der Umgebung so geplant<br />

und vorbereitet werden, dass der Regionalbahnhof sinnvoll integriert wird. (siehe auch im Anhang:<br />

Strecke mit Geisterbahnhöfen)<br />

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6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Gesamtwertung<br />

Dieser Endbericht zeigt auf, wie technisch und betrieblich die Gestaltung eines Regionalbahnhofs<br />

und einer Regionalverkehrslinie auf der Y-<strong>Trasse</strong> aussehen könnte. Ergebnis: Technisch und<br />

betrieblich ist beides möglich, wenn auch zum Teil mit Einschränkungen.<br />

Leider werden durch drei wesentliche Faktoren wahrscheinlich falsche Hoffnungen geweckt.<br />

Dieses sind: 1. Die Aufgabenstellung<br />

2. Die fehlende systemische Betrachtung und<br />

3. Einige getroffenen Annahmen und Vergleiche.<br />

Die Aufgabenstellung beschränkt sich nur auf die Y-<strong>Trasse</strong>, so dass eine Betrachtung anderer<br />

Möglichkeiten, wie z. B. die „Güterbahn“ mit der „Reaktivierung“ der Strecke Soltau (Han) - Celle<br />

nicht betrachtet werden. Damit wird nicht ermittelt, welche Möglichkeit die optimale ist.<br />

Durch die fehlende systemische Betrachtung wird u. a. das entscheidende Element Finanzierung /<br />

Wirtschaftlichkeit nur am Rande erwähnt. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass die<br />

Wirtschaftlichkeit nicht gegeben ist und der Regionalbahnhof entfallen muss. Insbesondere wird<br />

nicht erläutert, warum die DB AG keinen Bedarf sieht und diese Annahme nicht zutreffend ist.<br />

Denn schließlich wird empfohlen, mit der DB AG (Fernverkehr) Verhandlungen über die künftige<br />

Verkehrsbedienung aufzunehmen. Wird ansatzweise eine systemische Betrachtung durchgeführt,<br />

so wird durch eine einfache Annahme (Umbaumaßnahmen in Hamburg werden vorausgesetzt)<br />

eine weitere Untersuchung hinfällig. Auch die Vergleiche mit realisierten Ausführungen<br />

(Montabaur, Vaihingen(Enz) usw., höhengleiche Abzweige) erwecken den Eindruck, als ob die<br />

bisher realisierten Ausführungen gute Lösungen darstellen.<br />

(Anmerkung: Es ist aus Sicht des Verfassers grundsätzlich lobenswert, dass ein Landkreis von geplanten<br />

Projekten im Bereich der Eisenbahninfrastruktur profitieren will und entsprechende Untersuchungen in<br />

Auftrag gibt. Durch die Aufgabenstellung ist aber leider anzunehmen, dass es nicht um eine optimale<br />

Anbindung und Erschließung mit Eisenbahnverkehrsleistungen und Eisenbahninfrastruktur geht, sondern<br />

alleine um einen „prestigeträchtigen“ ICE-Halt.)<br />

6.5.5 Position des <strong>VCD</strong> LV Niedersachsen e.V.<br />

Der Verkehrsclub Deutschland (<strong>VCD</strong>), Landesverband Niedersachsen e. V., hat auf seiner<br />

Mitgliederversammlung 1998 in Aurich eine „<strong>VCD</strong>-Stellungnahme zur geplanten<br />

Hochgeschwindigkeitsstrecke Hamburg/Bremen - Hannover der Deutschen Bahn AG („Y“-<br />

<strong>Trasse</strong>)“ beschlossen (siehe www.vcd.org/nds), die u. a. folgende Aussagen enthält.<br />

„1. Ausgangssituation im betroffenen Planungsraum“<br />

Hier wird u. a. darauf hingewiesen, dass der gesamte Verkehr in Richtung Skandinavien, und hier<br />

insbesondere der Güterverkehr, zur Zeit ausschließlich über die Elbbrücken bei Hamburg läuft<br />

und östlicher gelegene Kapazitäten in Nord-Süd-Richtung nicht ernsthaft verfolgt werden.<br />

Weiter wird auf den SPNV in dieser Region eingegangen und die für den SPNV stillgelegten bzw.<br />

teilweise demontierten Strecken eingegangen.<br />

„2. Planungen für den Eisenbahnverkehr im betroffenen Gebiet“<br />

Hier wird auf die unterschiedlichen Planungen der Bundesverkehrswegepläne (BVWG) ‘85 und<br />

‘92 eingegangen. Während der BVWG ‘85 noch den Ausbau vorhandener Strecken wie<br />

Rotenburg (Wümme) - Verden (Aller) - Minden (Westf) oder auch Hamburg - Maschen - Lüneburg<br />

- Celle vorsah, enthält der BVWG ‘92 den neuen Plan, eine komplett neue Strecke, die so<br />

genannte Y-<strong>Trasse</strong>, zu bauen.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 63


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

„3. Widerstand gegen die Y-<strong>Trasse</strong>“ und<br />

„4. Der <strong>VCD</strong> lehnt die Y-<strong>Trasse</strong> kategorisch ab“<br />

Der Widerstand in den betroffenen Regionen wird hier dargestellt mit der anschließenden<br />

Aussage: „Aufgrund der erheblichen Eingriffe in den Naturhaushalt und den nicht erkennbaren<br />

positiven Effekte für den Ausbau des Schienenpersonennahverkehrs in der betroffenen Region<br />

lehnte der <strong>VCD</strong>-Landesverband Niedersachsen bereits auf seiner Vorstandssitzung am 08.08.92<br />

die Y-<strong>Trasse</strong> [...] kategorisch ab.<br />

[...]<br />

Insbesondere das Mißverhältnis der geplanten 13 Minuten Fahrzeitgewinn (Hamburg - Hannover),<br />

bei einer Gesamtinvestition von rund 2,5 Milliarden DM Steuergelder, nimmt der <strong>VCD</strong> zum Anlaß,<br />

die vorhandenen Defizite unter Berücksichtigung des regionalen SPNV aufzuzeigen.“<br />

„5. Alternativen“ und<br />

„6. Position des <strong>VCD</strong>-Niedersachsen“<br />

Als die planerisch realistischen Alternativen werden aufgeführt:<br />

„- Neubau der Y-<strong>Trasse</strong> entlang der Autobahnen A 7 und A 27<br />

- das „Intelligente Netz“<br />

- Ausbau vorhandener Infrastruktur“<br />

Der Neubau entlang der Autobahnen wird abgelehnt. Das „Intelligente Netz“ enthält zwar sinnvolle<br />

Synergieeffekte, wie die Reaktivierung der (Güter-)Bahnverbindung Soltau - Celle bei<br />

gleichzeitiger Aufnahme des Schienenpersonennahverkehrs, es handelt sich aber vom Grundsatz<br />

her um ein Konzept, dass sich vornehmlich um die Belange des Fernverkehrs kümmert und<br />

Fragen des regionalen Bahnverkehrs nur untergeordnet behandelt.<br />

Im Kapitel 6 werden die Positionen aufgeführt, die der <strong>VCD</strong>-Niedersachsen unterstützt. Dieses<br />

sind:<br />

• „Aufzeigen besserer Investitionsperspektiven: Umsetzung des <strong>VCD</strong>-Konzeptes „Integraler<br />

Taktfahrplan für Niedersachsen mit Vertaktung und Reaktivierung aller wesentlichen<br />

Regionalbahnen in der betroffenen Region.<br />

• Vor Ausbau Verkehrsvermeidungseffekte ernsthaft prüfen!<br />

• Ausbau vorhandener Bahnverbindungen. Sofortmaßnahme; (Abschnittsweiser) dreigleisiger<br />

Ausbau Hamburg - Lüneburg (- Uelzen), ggf. „Versetzte Dreigleisigkeit“ (siehe „Intelligentes<br />

Netz“)<br />

• sowie zweigleisiger Ausbau Rotenburg (Wümme) - Verden (Aller), Nienburg (Weser) - Minden,<br />

dreigleisiger Ausbau Verden (Aller) - Nienburg (Weser).<br />

• nach Ausbau der o. g. Abschnitte Prüfung, ob ein zusätzlicher Ausbau der Heidebahn<br />

Buchholz/N. - Soltau und der Strecke Uelzen - Braunschweig zur Entlastung im Güterverkehr<br />

notwendig ist.“<br />

Diese systemische Betrachtung und die daraus folgende <strong>VCD</strong> LV Niedersachsen -<br />

Resolution 2003 ergänzen und konkretisieren die <strong>VCD</strong>-Stellungnahme von 1998. An der<br />

Position des <strong>VCD</strong> LV Niedersachsen ändert sich nichts. Es kann sich allerdings eine<br />

Verschiebung oder Änderung der Maßnahmen ergeben, die sich durch die Vorgehensweise nach<br />

Kapitel 7 und 8 ergeben, wie z. B. ein nicht notwendiger dreigleisiger Ausbau.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 64


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong><br />

Resolution des <strong>VCD</strong> Landesverbandes Niedersachsen zur geplanten „Y-<strong>Trasse</strong>“<br />

(Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitstrasse Hamburg / Bremen – Hannover)<br />

Beschlossen auf der <strong>VCD</strong>-Jahreshauptversammlung 2003 am 07./08.2003 in Hannover<br />

Der Verkehrsclub Deutschland (<strong>VCD</strong>), Landesverband Niedersachsen e. V., lehnt den Bau der<br />

geplanten Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitstrasse Hamburg / Bremen – Hannover („Y-<strong>Trasse</strong>“)<br />

sowohl aus verkehrspolitischen als auch aus verkehrswissenschaftlichen Gründen ab. Der <strong>VCD</strong><br />

plädiert <strong>statt</strong> dessen für den Ausbau bestehender Schieneninfrastruktur.<br />

Präambel:<br />

Verkehr und Kommunikation sind wichtige und notwendige Elemente einer Gesellschaft.<br />

Allerdings ist Verkehr immer nur Mittel zum Zweck. Daher müssen die Ziele einer nachhaltigen<br />

Verkehrspolitik die dauerhafte Sicherung der Mobilität, die Verringerung des Verkehrsaufwandes<br />

und die spürbare Reduzierung der unerwünschten Verkehrsfolgen sein. Instrumente und<br />

Handlungsansätze dazu sind die Förderung von verkehrsreduzierenden Strukturen, die<br />

Verbesserung der Effizienz des Verkehrs sowie die Schonung von Umwelt und Ressourcen.<br />

Ebenso gehören dazu die Verkehrsvermeidung gänzlich unnötiger Transporte und die<br />

Verlagerung auf umweltfreundliche Verkehrssysteme, hier vor allem auf die Schiene.<br />

1. Ausgangssituation im betroffenen Planungsraum<br />

Die Eisenbahnstrecke Hamburg - Lüneburg - Hannover ist speziell im Abschnitt Stelle - Lüneburg<br />

überlastet. Auch die Strecken Hamburg - Bremen oder Bremen - Hannover sind teilweise<br />

überlastet und können zusätzliche Verkehre - insbesondere Güterverkehre - nicht mehr<br />

aufnehmen. Für die deutschen Seehäfen der Reihe Emden - Lübeck sind gute und<br />

leistungsfähige Hinterlandverbindungen lebenswichtig.<br />

Um für den Güterverkehr zusätzliche Kapazitäten zu schaffen, wollen Deutsche Bahn AG und die<br />

betroffenen Landesregierungen die so genannte Y-<strong>Trasse</strong>, eine Hochgeschwindigkeitsstrecke<br />

zwischen Hamburg / Bremen - Hannover realisieren. Die Planer gehen auch für den<br />

Personenverkehr von einer Verbesserung in Form einer Reisezeitverkürzung aus.<br />

Auf der anderen Seite ist in Niedersachsen noch umfangreiche Schieneninfrastruktur vorhanden,<br />

die allerdings nicht leistungsfähig ausgebaut ist und sich teilweise auf veraltetem technischen<br />

Stand befindet. Auch in Nord-Süd-Richtung liegen hier Kapazitäten brach.<br />

2. Positionen und Forderung des <strong>VCD</strong>-Landesverbandes Niedersachsen<br />

Position<br />

Die Y-<strong>Trasse</strong> wird aus folgenden Gründen abgelehnt:<br />

1. Betrieblich ist ihre Entlastungswirkung relativ gering bzw. von der Kapazitätserweiterung dem<br />

Ausbau vorhandener Strecken unterlegen. Der Reisezeitgewinn durch die Y-<strong>Trasse</strong> dagegen<br />

ist „minimal“ und stellt keinen „Quantensprung“ dar, wie dieses bei anderen Neubaustrecken<br />

zum Teil der Fall ist. Die Baukosten von etwa 1,5 Milliarden Euro können wesentlich effektiver<br />

und haushaltsschonender in den Ausbau des bestehenden Netzes investiert werden.<br />

2. Sollte sie gebaut werden, wird für andere Projekte im SPNV in Niedersachsen kaum noch Geld<br />

vorhanden sein.<br />

3. Sie wird sich nicht amortisieren.<br />

4. Die Region wird nicht erschlossen, auch nicht mit einem Regionalbahnhof.<br />

5. Die Realisierung ist fraglich und der Zeitpunkt ist offen. Sollten Kapazitätserweiterungen die<br />

nächsten Jahre tatsächlich benötigt werden, ist die Y-<strong>Trasse</strong> noch nicht vorhanden,<br />

„bescheidene“ und wirkungsvolle Alternativen sind aber blockiert, da Gelder und<br />

Planungskapazitäten für die Y-<strong>Trasse</strong> „reserviert“ werden.<br />

6. Für die Hinterlandverbindungen der deutschen Seehäfen werden keine preislich günstigen<br />

Fahrplantrassen angeboten werden können.<br />

7. Die Probleme im Bereich Stelle - Lüneburg werden auf die Strecke Scheeßel - Buchholz<br />

(Nordheide) - Hamburg-Harburg verlagert.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 65


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

8. Dem Eingriff in das ökologische Teilsystem „Lüneburger Heide“ steht absolut kein Ausgleich<br />

für das Gesamtsystem Natur entgegen, im Gegenteil, das Gesamtsystem wird eher<br />

geschwächt.<br />

Forderung des <strong>VCD</strong> LV Niedersachsen:<br />

Für die Relation Hamburg bzw. Bremen Richtung Süden und gleichzeitig für die Knoten Hamburg<br />

und Hannover / Lehrte fordert der <strong>VCD</strong> LV Niedersachsen die Umsetzung von folgenden<br />

Maßnahmen, die weitestgehend Projekten des Bundesverkehrswegeplans 1992, dem Landes-<br />

Raumordnungsprogramm Niedersachsen 1994 und Planungen der<br />

Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen 2001 entsprechen.<br />

Grundgedanke ist dabei nicht die Konzentrierung auf eine Einzelrelation, sondern eine<br />

Netzbetrachtung, die nicht nur die Streckenengpässe entlastet, sondern zusätzlich die Engpässe<br />

in den Knoten, wie beispielsweise Hamburg oder Hannover / Lehrte. Gleichzeitig wird<br />

Niedersachsen mit hochwertiger Eisenbahninfrastruktur „flächenmäßig“ erschlossen und die<br />

vorhandene Infrastruktur effizienter genutzt. Durch den Abbau von Engpässen und die Schaffung<br />

von Kapazitäten wird auch dem Wettbewerbsgedanken entsprochen.<br />

Dieses sind im Einzelnen:<br />

• Entlastung der Strecke Hamburg - Celle durch Ausbau der Strecke Buchholz (Nordheide) -<br />

Soltau (Han) - (OHE) - Celle und<br />

• durch Ausbau einer weiteren Nord - Süd - Relation, der Strecke Lübeck (Ostseehafen) -<br />

Büchen - Lüneburg - Uelzen - Gifhorn (- Wolfsburg) - Braunschweig (im Rahmen der<br />

Einführung der RegioStadtBahn im Bereich des Zweckverband Großraums Braunschweig<br />

teilweise ohnehin notwendig), ggf. drittes Gleis von Lüneburg bis Uelzen verlängern.<br />

• Erste Fortführung dieser Strecke - und gleichzeitig südliche Entlastung der Knoten und der<br />

Strecke Lehrte - Hannover - Wunstorf - Minden (Westf) - Ausbau bzw. Fertigstellung des<br />

Ausbaus der Strecke Wolfsburg - Braunschweig - Hildesheim - Elze (Han) - Hameln -<br />

Löhne (- Ruhrgebiet) (zweite Ost - West- Verbindung).<br />

• Zweite Fortführung durch Ausbau der Strecke Braunschweig - Salzgitter Ringelheim -<br />

Seesen - Kreiensen.<br />

• Weitere nördliche Entlastung der Strecke Wunstorf - Hannover - Lehrte durch Ausbau der<br />

Strecke (Bremen -) Langwedel - Soltau (Han) - Uelzen (- Stendal)<br />

• „Fortsetzung“ der S-Bahn Hannover - Bennemühlen nach Soltau (Han)<br />

• zweigleisiger Ausbau der Strecken Rotenburg (Wümme) - Verden (Aller) und Nienburg<br />

(Weser) - Minden (Westf), ggf. dreigleisiger Ausbau Verden (Aller) bzw. Eystrup (Abzweig der<br />

Strecke Richtung Syke - Bremen) bis Nienburg (Weser)<br />

• Beseitigung höhengleicher Kreuzungen<br />

Diese Maßnahmen sind Schritte auf dem Weg zu einem <strong>Hochleistungsnetz</strong>, welches gleichzeitig<br />

die Fläche erschließt. Der jeweilige Ausbaustandard ergibt sich durch entsprechende<br />

eisenbahnbetriebswissenschaftliche Untersuchungen.<br />

Parallel dazu müssen von politischer Seite Maßnahmen der Eisenbahnverkehrs- und<br />

Eisenbahninfrastrukturunternehmen unterstützt werden, den Eisenbahnverkehr leiser zu<br />

gestalten.<br />

Im Rahmen zukunftsweisender Verkehrs- und Raumpolitik sollte insbesondere geprüft werden,<br />

wie durch Reaktivierung bzw. Ausbau von bestehenden Strecken, „neue“ wichtige Verbindungen<br />

geschaffen werden können. Hier sei beispielsweise die Relation (Landeshauptstadt) Hannover –<br />

(Landeshauptstadt) Schwerin – (Seehafen) Rostock – Stralsund – Rügen genannt. Während<br />

heute nur über die Umwege und überlasteten Knoten Hamburg oder Berlin gefahren werden<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 66


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

kann, ist die „Luftlinienverbindung“ Hannover - Uelzen - Dannenberg - Dömitz - Schwerin<br />

unterbrochen. Verkehrspotenziale in und auf dieser Relation können heute nicht genügend<br />

ausgeschöpft werden.<br />

Eine Konkretisierung dieser Resolution findet sich in der Studie „Hochleistungsschienennetz für<br />

Niedersachsen, Bremen und Hamburg <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong>“ (<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen, Sellien, 2003).<br />

Zur Verkürzung der Reisezeit und Verringerung des Energieverbrauchs der ICE-Züge sollte die<br />

Geschwindigkeit der Bahnhofsdurchfahrten in Celle, Uelzen und Lüneburg an die<br />

Streckenhöchstgeschwindigkeit von 200 km/h angeglichen werden (Beibehaltung der<br />

Beharrungsgeschwindigkeit bzw. Verringerung der Geschwindigkeitseinbrüche). Allerdings ist auf<br />

Maßnahmen, wie z.B. die Beanspruchung des Zustimmungswertes bei der ausgleichenden<br />

Überhöhung von u 0 = 310 mm zu verzichten, da auch weiterhin „langsamer“ Personenverkehr und<br />

Güterverkehr <strong>statt</strong>finden wird. Auch sollte dieses nur im Rahmen notwendiger Instandsetzungsoder<br />

Umbaumaßnahmen eher kostenneutral erfolgen.<br />

(Anmerkung: Bei durchgehend 200 km/h kann nach [Vieregg&Rössler, 1993, S. 18] der Energieverbrauch<br />

gegenüber heute um ca. 17 % gesenkt werden. Als positiver Nebeneffekt - nicht als Haupteffekt! - ergibt sich<br />

eine Fahrzeitverkürzung um 5 Minuten. Die Bahnhofsdurchfahrten sind dabei mit jeweils 120 km/h angesetzt<br />

worden, sie betragen jedoch 150 km/h (Celle), 130 km/h (Uelzen) und 110 km/h (Lüneburg), so dass die<br />

Einspareffekte etwas geringer ausfallen dürften. Damit könnte die Fahrzeit Hamburg Hbf - Hannover Hbf auf<br />

ca. (70 - 4 (geschätzt) =) 66 Minuten gesenkt werden.)<br />

Eine Erhöhung der Streckenhöchstgeschwindigkeit (und im Bahnhof Celle) auf 230 km/h - sofern<br />

realisierbar - wird abgelehnt. Dadurch könnte die Fahrzeit zwar um weitere 5 Minuten verkürzt<br />

werden, lässt den Energieverbrauch gegenüber heute um 10% und gegenüber dem Ausbau auf<br />

durchgehend 200 km/h dagegen um 33% ansteigen. Damit stehen die rechnerisch gewonnenen 5<br />

Minuten in keinem Verhältnis zum 33% erhöhten Energieverbrauch.<br />

(Hinweis zur Zwangsfolge: Während durch die Verringerung des Energieverbrauchs ein Teil des<br />

Mehrverkehrs mit der bisher installierten Unterwerksleistung bewerkstelligt werden kann, wird mit dem<br />

erhöhten Energiebedarf eine im Regelfall teure Erweiterung der installierten Kraftwerksleistung notwendig<br />

werden. 1992 waren in den Unterwerken Celle-Garßen und Uelzen jeweils 30 Megawatt (MW)<br />

Transformatorleistung installiert [Lanz, Hardebber, 1992, S. 45]. Eine zuverlässige Harmonisierung der<br />

Geschwindigkeiten des einzelnen Zuges ermöglicht es, die teure Reserve für Spitzenleistung zu reduzieren.)<br />

Die Finanzierung des „Lückenschlusses“, der Ausbaus der NE - Bahnstrecke Soltau - Celle,<br />

gestaltet sich heute bezogen auf den Landeshaushalt etwas „schwierig“, da nach<br />

Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSchwAG) keine Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden<br />

können. Hier muss eine Regelung gefunden werden, die ggf. so aussieht, dass mit dem<br />

BSchwAG alle Schienenwege bei überregionalen / bundespolitischen Interessen ebenfalls<br />

gefördert werden können.<br />

Ein Ausbau in zügig durchgeführten „kleineren“ Einzelprojekten schont die öffentlichen Haushalte,<br />

da keine große Einzelinvestition finanziert werden muss. Die Gesamtinvestitionen sind im<br />

Gegenzug aber nicht geringer, da sie gestreckt bzw. verteilt werden. Gleichzeitig können getätigte<br />

Investitionen sich frühzeitig amortisieren. Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass<br />

investiert wird.<br />

Sollte dennoch „Geld zuviel“ vorhanden sein, so kann dieses dann in den Abbau von Engpässen<br />

gesteckt werden, die die Leistungsfähigkeit der Strecke Hamburg - Hannover begrenzen, wie z.B.<br />

die Elbbrücken in Hamburg, Verbindungsbahn Hamburg Hbf - Hamburg-Dammtor - Abzweig<br />

Holstenstraße oder auch der Knoten Lehrte. Allein der Ausbau des Haltepunktes Hamburg-<br />

Dammtor (ein Bahnsteiggleis pro Richtung) zu einem Bahnhof analog Berlin Zoologischer Garten<br />

(zwei Bahnsteiggleise pro Richtung) würde die Zuverlässigkeit und Flexibilität in der<br />

Betriebsführung deutlich erhöhen.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 67


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

6.6 Alternativen für die Relation Hamburg / Bremen - Hannover<br />

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit werden hier kurz in Tabellenform die Vor- und Nachteile<br />

verschiedener Lösungen für die Relation Hamburg - Hannover aufgeführt werden. Sie ersetzen<br />

nicht den Planungsablauf nach Kap. 8.2, sondern sollen lediglich als Diskussionsgrundlage<br />

dienen.<br />

Verbesserungen und Nachteile der Y-<strong>Trasse</strong> (nicht gewichtet)<br />

Verbesserungen<br />

Nachteile<br />

Entlastet Engpassstrecke Stelle - Celle um 30 ICE pro<br />

Richtung, -> günstigeres Mischungsverhältnis der<br />

Zuggeschwindigkeiten<br />

Verkürzt wahrscheinlich Fahrzeit Hannover - Hamburg<br />

auf unter 1 Std. (psychologisch wichtig)<br />

Strecke Hamburg-Harburg - Buchholz(Nordh) (19 km)<br />

„wirtschaftlicher“, da zwei ICE-Linien zusätzlich<br />

Tab. 6-6: Verbesserungen und Nachteile der Y-<strong>Trasse</strong><br />

Tagsüber nicht für Güterverkehr geeignet (wg. Hannover Hbf), nachts<br />

für Güterverkehr nicht unbedingt benötigt<br />

Verkürzt Fahrzeit absolut nur um wenige Minuten, im Vergleich zu<br />

einem möglichen Ausbau der Altstrecke und zu bisherigen<br />

Neubaustrecken<br />

Strecke Langenhagen - Celle (30 km) „unwirtschaftlich“, da nur noch<br />

eine RE- und eine IR-Linie<br />

Strecke Hamburg-Harburg - Buchholz (Nordheide) mit 4 ICE/IC/METund<br />

2 RE/RB-Linie belegt<br />

-> ICE/IC/MET können sich gegenseitig stören, so dass eine Linie<br />

Fahrzeitverlängerungen erhalten muss (Fahrzeitgewinn schrumpft)<br />

Keine Entlastung der Strecke Bremen - Langwedel (-Hannover)<br />

Beseitigt nicht automatisch dass Problem, dass das der RE vom IR<br />

überholt wird und warten muss<br />

„knotenorientiert“: Erschließt nicht die Region Lüneburger Heide, ein<br />

Zwischenhalt ist unrealistisch, Verbindungskurven zu einzelnen<br />

Orten sind teuer und eine SPNV-Linie „behindert“ den ICE-Verkehr<br />

(vergleiche Rathenow - Berlin-Spandau)<br />

Verschiebt Betriebsführungsprobleme auf die Strecke Bremen -<br />

Hamburg (Lauenbrück - Buchholz(Nordh); sollten die Probleme<br />

durch Bündelung des SPFV nicht gänzlich behebbar sein, so müsste<br />

ggf. viergleisig ausgebaut werden -> technisch möglich, verteuert<br />

aber Variante Y-<strong>Trasse</strong> um schätzungsweise 230 Mio. EUR<br />

([Breimeier, 2/2001, S. 93])<br />

Erhöhte Konflikte durch Kreuzung der Güterzüge Maschen -><br />

Buchholz(Nordh) -> Bremen mit SPFV-Zügen Bremen/Hannover -><br />

Buchholz(Nordh) -> Hamburg im Bahnhof Buchholz(Nordh)<br />

Zerschneidet ökologisch wertvolles Gebiet<br />

Sehr großer Widerstand in der Bevölkerung<br />

Absolut betrachtet sehr teuer<br />

Auf der Altstrecke verbleiben mind. eine RE- und eine IR-Linie,<br />

weiter Behinderung des Güterverkehrs<br />

Altstrecke wird nicht „zurückgebaut“ werden, da sie mindestens als<br />

Ersatzstrecke zur Y-<strong>Trasse</strong> vorgehalten wird<br />

Strecke Buchholz (Nordheide) - Soltau wird zusätzlich ausgebaut<br />

[LNVG, 2001, S. 9], Realisierungszeitraum noch offen<br />

Hoher Flächenverbrauch, da zwei Gleise neu verlegt werden müssen<br />

Eine spürbare Erhöhung der Zugzahlen auf der Relation<br />

Hamburg/Bremen - Hannover ist unwahrscheinlich<br />

Inbetriebnahme: 2015, 2020,...? (vgl. andere Neubauprojekte),<br />

Kapazitäten werden aber heute schon benötigt<br />

Die Möglichkeit der Y-<strong>Trasse</strong>, die alte Strecke zu entlasten, ist vorhanden, allerdings ist damit<br />

keine Aussage verbunden, dass dieses Ziel nicht auch anders und insgesamt betrachtet optimaler<br />

erreicht werden kann. Dieses sollen die beiden folgenden Varianten zeigen.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 68


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Verbesserungen / Vorteile und Nachteile der „Güterbahn 1“ (nicht gewichtet)<br />

(Kursiv: Unterschied zur Variante „Güterbahn 2“)<br />

Verbesserungen / Vorteile<br />

Nachteile<br />

Praktisch eigenständige „Güterbahn“, da nur eine SPNV-<br />

Linie, dadurch sehr leistungsfähig<br />

Erschließt Region Lüneburger Heide, Anteil der Schiene<br />

kann erhöht werden („netzorientiert“)<br />

SPNV auf Relation Soltau - Celle wieder möglich<br />

Absolut betrachtet sehr günstige Variante, zusätzlich<br />

Synergieeffekt durch „Entfall“ des geplanten Ausbaus durch<br />

[LNVG, 2001, S. 9] -> andere Strecken können zusätzlich<br />

ausgebaut werden<br />

Relativ zügig umsetzbar, kann theoretisch sofort begonnen<br />

werden<br />

Geringer Flächenverbrauch (ein Gleis ist bereits<br />

vorhanden), es wird kein neues Gebiet zerschnitten<br />

Auch Teilausbau, wie vorerst eingleisig, ist möglich und<br />

bewirkt Verbesserung<br />

Güterzüge kommen in Celle auf der „richtigen“, der<br />

östlichen Seite an (zur Weiterfahrt Richtung Lehrte)<br />

Strecke Langenhagen - Celle bleibt mit 4 Linien gut<br />

ausgelastet<br />

Mögliche Konflikte auf der Strecke Hamburg-Harburg -<br />

Buchholz(Nordh) entfallen<br />

Reduzierte Konflikte durch Kreuzung der Güterzüge<br />

Maschen -> Buchholz(Nordh) -> Bremen/Hannover mit<br />

SPFV-Zügen Bremen/Hannover -> Buchholz(Nordh) -><br />

Hamburg im Bahnhof Buchholz(Nordh)<br />

Fahrzeit im SPFV Hamburg - Hannover kann wahrscheinlich nicht<br />

unter 1 Std. gesenkt werden (psychologisch wichtig)<br />

Für den Abschnitt Soltau - Celle kann z.Zt. nicht mit Mitteln aus<br />

dem Bundesschienenenwegeausbaugesetz finanziert werden, da<br />

Strecke im Besitz der (privaten) OHE.<br />

Lärmschutz notwendig<br />

Beseitigt nicht automatisch dass Problem, dass der RE vom IR<br />

überholt wird und warten muss<br />

Neubauabschnitte:<br />

- Ostumfahrung von Soltau notwendig<br />

- Bergen - Sülze (dann Stilllegung Bergen - Beckedorf)<br />

Tab. 6-7: Verbesserungen und Nachteile der Variante „Güterbahn 1”<br />

Auf der Strecke Hamburg - Lüneburg - Celle wird mit Sicherheit auch nach Ausbau der<br />

„Güterbahn 1“ weiterhin Güterverkehr verbleiben, z.B. der von/nach (Skandinavien-) Lübeck<br />

kommende Verkehr. Diesen über eine ausgebaute „Strecke im Leistungsnetz“ nach Netz 21<br />

Lübeck - Büchen - Lüneburg zu führen ist sinnvoll, da hiermit der Engpass Hamburg entlastet<br />

werden kann. Auch löst die Güterbahn 1 nicht automatisch das Problem, dass - wie im derzeit<br />

gültigen Fahrplan - der RE vom IR überholt wird.<br />

Als Lösung bietet es sich an, die Variante Güterbahn 1 „aufzuspalten“, indem das zweite Gleis<br />

kurz vor Garßen von der Strecke Celle - Soltau auf die östliche Seite der Strecke Celle - Uelzen<br />

„abzweigt“. Damit wäre ein späterer möglicher zweigleisige Ausbau der Strecke Celle - Soltau<br />

diesbezüglich unproblematisch. Der Nord-Süd-Güterverkehr wird über Soltau geführt, der Süd-<br />

Nord Güterverkehr und Regionalverkehr auf einem dritten „Einrichtungs-“Gleis zur Strecke Celle -<br />

Uelzen - Lüneburg, mit einer Brutto-Länge von 87 km (bestehende dritte Bahnhofsgleise nicht<br />

gerechnet). Da die Strecke Lüneburg - Celle bereits heute für den Gleiswechselbetrieb ausgebaut<br />

ist, können wechselweise jeder Richtung zwei Streckengleise zur Verfügung gestellt werden.<br />

Vom Prinzip ist - auf die Strecke Lüneburg - Celle bezogen - dieses eine weitere Form der<br />

„verschränkten Dreigleisigkeit“ (nur ohne Verschränkung), die in [Pachl, 1998] beschrieben wird.<br />

„Die verschränkte Dreigleisigkeit empfiehlt sich [...] nur für Strecken, deren Betriebsprogramm<br />

sich durch hohe Fahrzeitdifferenzen und einen häufigen Wechsel zwischen schnellen und<br />

langsamen Zügen auszeichnet. [...] Eine solche Ausbauform bietet gegenüber konventionellen<br />

Formen des dreigleisigen Ausbaus folgende Vorteile:<br />

- reiner Einrichtungsbetrieb, dadurch geringer signaltechnischer Aufwand,<br />

- nur wenige Weichen erforderlich, dadurch geringer baulicher Aufwand, (und)<br />

- einfache Disposition, sehr automatisierungsfreundlich,“ [ebd., S. 28, 27],<br />

d. h. verbessertes Leistungsverhalten bei geringen Kosten.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 69


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Verbesserungen / Vorteile und Nachteile der „Güterbahn 2“ (nicht gewichtet)<br />

(Kursiv: Unterschied zur Variante „Güterbahn 1“)<br />

Verbesserungen / Vorteile<br />

Nachteile<br />

Praktisch eigenständige „Güterbahn“, da nur eine SPNV-<br />

Linie, dadurch sehr leistungsfähig<br />

Erschließt Region Lüneburger Heide, Modal-Split Anteil der<br />

Schiene kann erhöht werden („netzorientiert“)<br />

SPNV auf Relation Soltau - Celle wieder möglich<br />

Absolut betrachtet sehr günstige Variante, zusätzlich<br />

Synergieeffekt durch „Entfall“ des geplanten Ausbaus durch<br />

[LNVG, 2001, S. 9] -> andere Strecken können zusätzlich<br />

ausgebaut werden<br />

Relativ zügig umsetzbar, kann sofort begonnen werden<br />

Geringer Flächenverbrauch (ein Gleis ist bereits<br />

vorhanden), es wird kein neues Gebiet zerschnitten<br />

Auch Teilausbau, wie vorerst Ausbau eine Richtung, ist<br />

möglich und bewirkt Verbesserung<br />

Güterzüge kommen in Celle auf der „richtigen“, der<br />

östlichen Seite an (zur Weiterfahrt Richtung Lehrte)<br />

Strecke Langenhagen - Celle bleibt mit 4 Linien gut<br />

ausgelastet<br />

Beseitigt dass Problem, dass das der RE vom IR überholt<br />

wird und warten muss<br />

Mögliche Konflikte auf der Strecke Hamburg-Harburg -<br />

Buchholz(Nordh) entfallen<br />

Reduzierte Konflikte durch Kreuzung der Güterzüge<br />

Maschen -> Buchholz(Nordh) -> Bremen/Hannover mit<br />

SPFV-Zügen Bremen/Hannover -> Buchholz(Nordh) -><br />

Hamburg im Bahnhof Buchholz(Nordh)<br />

Der nächtliche Güterverkehr (22:00 - 6:00 Uhr) kann auf der<br />

bisher belasteten Strecke verbleiben, da z. B. bis 1:00 Uhr<br />

in Nord-Süd-Richtung auf zwei Gleisen gefahren werden<br />

kann, danach dann in Süd-Nord-Richtung, so dass auf der<br />

Heidebahn nachts allenfalls leiser Personenverkehr<br />

<strong>statt</strong>findet.<br />

Fahrzeit im SPFV Hamburg - Hannover kann wahrscheinlich<br />

nicht unter 1 Std. gesenkt werden (psychologisch wichtig)<br />

Für den Abschnitt Soltau - Celle kann z.Zt. nicht mit Mitteln aus<br />

dem Bundesschienenenwegeausbaugesetz finanziert werden, da<br />

Strecke im Besitz der „privaten“ OHE.<br />

Lärmschutz notwendig<br />

Neubauabschnitte:<br />

- Ostumfahrung von Soltau notwendig<br />

- Bergen - Sülze (dann Stilllegung Bergen - Beckedorf)<br />

Tab. 6-8: Verbesserungen und Nachteile der Variante „Güterbahn 2“<br />

Wie der Regionalverkehr in der Lüneburger Heide vom Ausbau Variante Güterbahn profitieren<br />

könnte, zeigt Tab. 7-1. Da bei der „Güterbahn 2“ im Wesentlichen die Eingleisigkeit bestehen<br />

bleibt, können im Einzellfall etwas längere Fahrzeiten die Folge sein. Davon abgesehen, erhöht<br />

ein Ausbau auf eine Streckenhöchstgeschwindigkeit von 140(160) km/h die Investitionen im<br />

Regelfall nur unwesentlich. So könnten bei Verlängerung der S-Bahn Hannover die eingesetzten<br />

Fahrzeuge ihre Höchstgeschwindigkeit optimal ausnutzen, aber auch eine mögliche SPFV-Linie<br />

würde attraktiver werden.<br />

Damit auf der eingleisigen Strecke der SPNV auch zu stark belasteten Zeiten durch den<br />

Güterverkehr kundenfreundlich durchgeführt werden kann, sollten entsprechend einer<br />

Bildfahrplanstudie mit realistischem Betriebskonzept Kreuzungsstellen bzw. längere zweigleisige<br />

Abschnitte vorgesehen werden. Auch wenn dadurch die Investitionen etwas höher ausfallen, so<br />

werden die Vorteile durch die Dreigleisigkeit überwiegen, zumal hier eine „klassische“<br />

Dreigleisigkeit zu den reduzierten Kosten einer „verschränkten“ Dreigleisigkeit hergestellt werden<br />

kann, so dass bei Bedarf auch in Nord-Süd-Richtung zwei Richtungsgleise zur Verfügung stehen.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 70


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Verbesserungen / Vorteile und Nachteile „Ausbau Celle - Lüneburg 4-gleisig“<br />

(Vmax = 160 km/h), (nicht gewichtet)<br />

Verbesserungen / Vorteile<br />

Nachteile<br />

Praktisch eigenständige „Güterbahn“, da nur eine SPNV-<br />

Linie, dadurch sehr leistungsfähig<br />

Zum Teil Gelände von Überholbahnhöfen nutzbar, es wird<br />

kein neues Gebiet zerschnitten<br />

Relativ zügig umsetzbar, kann „sofort“ begonnen werden<br />

Güterzüge kommen bei östlicher Lage der zusätzlichen<br />

Gleise in Celle auf der „richtigen“ Seite an (zur Weiterfahrt<br />

Richtung Lehrte)<br />

Strecke Langenhagen - Celle bleibt mit 4 Linien gut<br />

ausgelastet<br />

Beseitigt dass Problem, dass das der RE vom IR überholt<br />

wird und warten muss<br />

Mögliche Konflikte auf der Strecke Hamburg-Harburg -<br />

Buchholz(Nordh) entfallen<br />

Reduzierte Konflikte durch Kreuzung der Güterzüge<br />

Maschen -> Buchholz(Nordh) -> Hannover mit SPFV-Zügen<br />

Bremen -> Buchholz(Nordh) -> Hamburg im Bahnhof<br />

Buchholz(Nordh)<br />

Fahrzeit im SPFV Hamburg - Hannover kann wahrscheinlich nicht<br />

unter 1 Std. gesenkt werden (psychologisch wichtig)<br />

Erschließt nicht die Region Lüneburger Heide, daher muss<br />

zusätzlich investiert werden<br />

SPNV auf Relation Soltau - Celle wird nicht ermöglicht<br />

Ausbau wahrscheinlich relativ kostenintensiv, da bisherige Strecke<br />

überwiegend in hoher Damm- bzw. Einschnittslage verläuft. Relativ<br />

viele Straßenbrücken (subjektive Beobachtung) müssen für<br />

Durchlass von vier Gleisen neu gebaut werden.<br />

Zum Teil dichter „Heidewald“ muss gerodet werden.<br />

Mögliche Probleme in einigen Bahnhöfen, zusätzlich noch ein<br />

viertes durchgehendes Gleis zu verlegen.<br />

Tab. 6-9: Verbesserungen und Nachteile der Variante „Ausbau Celle - Lüneburg 4-gleisig“<br />

Die behandelten Lösungsvarianten sind hier nur singulär - für die Relation Hamburg - Celle /<br />

Lehrte / Hannover betrachtet worden. Da bei dieser Betrachtung eine Steigerung von 70 % im<br />

Güterverkehr unterstellt ist, wird diese Steigerung auch andere Relationen wie Hamburg -<br />

Ruhrgebiet oder Berlin - Braunschweig / Wolfsburg / Salzgitter - Lehrte - Hannover - Ruhrgebiet<br />

betreffen. So ist vor allem näher zu untersuchen, welche Verkehre Hamburg (insbesondere die<br />

Verbindungsbahn Hbf - Dammtor - Altona / Schleswig-Holstein), der Knoten Lehrte und die<br />

Strecke Lehrte - Misburg - Hannover-Linden / -Wülfel noch aufnehmen können.<br />

Sehr ungünstig sind dabei Güterzüge der Richtung Celle - Lehrte - Braunschweig, da sie auf den<br />

jeweils äußeren Streckengleisen fahren und damit die Fahrstraßen so belegt werden, dass alle<br />

anderen Relationen (Wolfsburg / Braunschweig - Hannover, Hannover - Lehrte - Celle, Hannover<br />

- Lehrte - Wolfsburg) für diese Zeit gesperrt sind. Die Relation Hannover - Braunschweig ist<br />

insofern blockiert, als dass nur ein Zug den Blockabschnitt belegen kann. So kommt es vor, dass<br />

dann der 5400 t schwere Erzzug den RE Hannover - Braunschweig vorlassen muss. Das<br />

einmalige Beschleunigen des Erzzuges auf 80 km/h kostet dann nur an kinetischer Energie<br />

370 kWh.<br />

(Nebenrechnung: Annahme: 4 beladene Erzzüge pro Tag, je zweimal Überholungsaufenthalt, Kosten pro<br />

kWh 0,08 Eurocent, Zeitraum 10 Jahre ergeben „zusätzliche“ Energiekosten von mindestens 864.320 EUR<br />

nur für diese 4 Züge!)<br />

Um den Knoten Lehrte zu entlasten bzw. um überhaupt benötigte Kapazitäten zu schaffen, sollte<br />

mindestens der (langsame) Erzverkehr Hamburg - Salzgitter auf direktem Weg über Uelzen -<br />

Wittingen - Gifhorn nach Salzgitter geführt werden. Entsprechend leistungsfähige mit<br />

entsprechender Anfahrzugkraft benötigte Diesellokomotiven können von der Eisenbahnindustrie<br />

geliefert werden. Die Entlastung des Knotens Lehrte dürfte dabei höher zu bewerten sein, als das<br />

Belassen dieses Zuges auf der dann entlasteten Strecke Stelle - Uelzen.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 71


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

6.7 Fragen und Antworten zur Y-<strong>Trasse</strong> (Zusammenfassung)<br />

Die Zusammenfassung soll hier in Form von Frage und Kurzantwort erfolgen.<br />

Löst die Y-<strong>Trasse</strong> die Probleme auf der Strecke Hamburg - Uelzen - Hannover?<br />

• Die Frage ist in dieser Form zu singulär gestellt. Sie muss lauten: Wirkt sich die Y-<strong>Trasse</strong> positiv auf den<br />

Eisenbahnverkehr im Bereich Hamburg / Bremen / Hannover aus? Antwort: In der Summe „Nein“. Zwar<br />

wird die Strecke Stelle - Uelzen - Celle von den ICE-Zügen entlastet, so dass hier die Probleme gemildert<br />

werden, sie werden dagegen insbesondere auf dem Abschnitt (Bremen-) Buchholz (Nordheide) -<br />

Hamburg-Harburg wesentlich verschärft (Problemverlagerung).<br />

Profitiert der Nahverkehr von der Y-<strong>Trasse</strong>?<br />

• Nein, eher das Gegenteil ist der Fall. Der Abschnitt Stelle - Lüneburg wird ohnehin dreigleisig ausgebaut.<br />

Der IC(IR), der heute den RE überholt, verbleibt weiterhin auf der Altstrecke. Im Abschnitt (Scheeßel-)<br />

Buchholz (Nordheide) - Hamburg-Harburg wird es voraussichtlich zu erhöhten Problemen im Nahverkehr<br />

durch die mind. zwei zusätzlichen ICE-Züge pro Stunde kommen. Es findet im Endeffekt nur eine<br />

Problemverlagerung <strong>statt</strong>.<br />

Ist Nahverkehr mit einem Regionalbahnhof auf der Y-<strong>Trasse</strong> machbar und sinnvoll?<br />

• Machbar - ja, sinnvoll - nein. Auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke wird langsamer Nahverkehr nur<br />

stören. Es sei denn, er wird mit beschleunigungsstarken und sehr teuren ICE3-Einheiten durchgeführt.<br />

Davon abgesehen werden seitens der Aufgabenträger, die den Nahverkehr bestellen müssen, keine<br />

Regionalisierungsmittel zur Verfügung stehen, sofern sie nicht an anderer Stelle abgezogen werden.<br />

Erschließt die Y-<strong>Trasse</strong> das Land Niedersachsen?<br />

• Nein. Auch mit einem Regionalbahnhof kann nicht von einer Erschließung gesprochen werden.<br />

Schafft die Y-<strong>Trasse</strong> die gewünschten, preisgünstigen Kapazitäten für die<br />

Hinterlandverbindungen der Häfen, insbesondere für den geplanten Jade-Port in<br />

Wilhelmshaven?<br />

• Ein Blick in die Karte zeigt eindeutig: Nein. Am Streckennetz westlich der Achse Rotenburg (Wümme) -<br />

Visselhövede ändert sich nichts. Auf der Strecke Hamburg - Uelzen - Celle werden zwar zusätzliche<br />

Kapazitäten geschaffen, allerdings besteht für den Güterverkehr die Hauptnachfrage tendenziell dann,<br />

wenn die ICE-Züge nicht mehr fahren, so dass die geschaffenen Kapazitäten nur wenig genutzt werden<br />

können. Für die Häfen der Reihe Emden - Bremen ändert sich nichts. Die <strong>Trasse</strong>npreise werden<br />

tendenziell durch die Y-<strong>Trasse</strong> höher ausfallen.<br />

Zu Spitzenzeiten der Nachfrage im Güterverkehr werden durch die Y-<strong>Trasse</strong> etwa fünf<br />

zusätzliche Fahrplantrassen pro Stunde geschaffen. Ist das ein guter Wert?<br />

• Natürlich sind fünf Fahrplantrassen nicht abzulehnen. Eine neue zweigleisige „Hochleistungsstrecke“<br />

sollte allerdings mindestens 15 zusätzliche Fahrplantrassen ermöglichen, die auch real verkauft werden<br />

können. Eine Variante der „Güterbahn“ ermöglicht bis zu 20 Fahrplantrassen pro Stunde.<br />

Warum ist der Reisezeitgewinn bei der Y-<strong>Trasse</strong> trotz 300 km/h Höchstgeschwindigkeit so<br />

gering?<br />

Weil die bestehenden Strecken im norddeutschen Flachland bereits „zügig“ und im Vergleich zu<br />

Mittelgebirgsstrecken direkt trassiert wurden, so dass ein Ausbau auf 200 km/h erfolgen konnte. Zusätzlich<br />

ist der 300 km/h - Abschnitt relativ kurz. Damit wirkt sich der abnehmende Grenznutzen der Geschwindigkeit<br />

besonders gravierend aus.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 72


6 Die Y-<strong>Trasse</strong> - Problem- oder Scheinlösung?<br />

Warum ist Geld für die Y-<strong>Trasse</strong> vorhanden, aber für andere wichtige Projekte in<br />

Niedersachsen können z. B. keine 19 Mio. Euro zur Verfügung gestellt werden<br />

(RegioStadtBahn im Bereich Braunschweig)?<br />

• Diese Frage kann leider nicht beantwortet werden, möglicherweise ist dieses politisch begründet.<br />

Wann erhält z. B. die Lüneburger Heide ein zeitgemäßes und modernes Schienennetz mit<br />

einem entsprechenden Zugangebot?<br />

• Realisierungszeitraum offen, bei Festhalten an Y-<strong>Trasse</strong>n-Planung eher unbestimmt nach Realisierung<br />

der Y-<strong>Trasse</strong>.<br />

Werden durch eine Variante „Güterbahn“ „rund um die Uhr“ Güterzüge durch die<br />

Lüneburger Heide fahren?<br />

• Nein, da nur zu bestimmten Zeiten zusätzlicher Bedarf an Fahrplantrassen besteht. Ab 20:00 bis 21:00<br />

Uhr sind auf dem vorhandenen Netz ausreichend Kapazitäten vorhanden. Außerdem werden die<br />

Güterzüge in Zukunft wesentlich leiser fahren.<br />

Werden durch die Y-<strong>Trasse</strong> die Kosten für den schienengebundenen Hinterlandverkehr von<br />

und zu den deutschen Seehäfen gesenkt werden können?<br />

• Nein, eher das Gegenteil ist der Fall. Da keine „günstige Güterzugstrecke“, sondern eine teure und<br />

unterhaltungsaufwändige Hochgeschwindigkeitsstrecke gebaut wird, werden die <strong>Trasse</strong>npreise<br />

tendenziell steigen. Insbesondere dann, wenn der Güterverkehr über die Y-<strong>Trasse</strong> geführt wird.<br />

Die damals ebenfalls bekämpfte NBS Hannover - Würzburg kann heute zumindest<br />

abschnittsweise als „sinnvoll“ betrachtet werden. Könnte die Y-<strong>Trasse</strong> im Nachhinein auch<br />

als „sinnvoll“ bezeichnet werden?<br />

• Nein, da die Ausgangslage und z. B. die realisierbare Reisezeitverkürzung sehr unterschiedlich ausfallen.<br />

Die NBS Hannover - Würzburg hat die Betriebsprobleme nicht auf eine andere vorhandene Strecke<br />

verlagert. Auch sind die Ziele unterschiedlich. Bei der NBS Hannover - Würzburg sollten Kapazitäts- und<br />

Reisezeitprobleme beseitigt werden, mit der Y-<strong>Trasse</strong> sollen (nur) Kapazitätsprobleme im Güterverkehr<br />

behoben werden. Die NBS Hannover - Würzburg ist im Vergleich zur Y-<strong>Trasse</strong> eine eigenständige<br />

Verbindung zwischen mehreren Knoten (Städten), die Y-<strong>Trasse</strong> eine Verbindungsstrecke zwischen<br />

vorhandenen Strecken.<br />

Wird der Wirtschaftsstandort Bundesland Niedersachsen durch die Y-<strong>Trasse</strong> (nachhaltig)<br />

gestärkt?<br />

• Nein, relativ zu den anderen Bundesländern betrachtet wird er sogar geschwächt. Profitieren wird wenn<br />

überhaupt nur der Wirtschaftsstandort Hamburg. Dieses liegt daran, dass die Y-<strong>Trasse</strong> - wie schon<br />

erwähnt - das Land Niedersachsen nicht erschließt sondern (wenn auch bescheidene) Kapazitäten für<br />

den Transitverkehr Schleswig-Holstein - Hamburg - Süddeutschland schafft. Die „niedersächsischen“<br />

Mittel werden zwar in Niedersachsen investiert, wirken werden sie aber außerhalb Niedersachsens. Auch<br />

die niedersächsischen (und bremischen) Häfen liegen außerhalb der betrieblichen Wirkungsgrenze der<br />

Y-<strong>Trasse</strong>.<br />

Erhöht die Y-<strong>Trasse</strong> die Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit des Netzes?<br />

• Vom Prinzip her nein. Denn sie verbindet Strecken und keine Knoten. Zwar wird auf der Strecke<br />

Hamburg - Lüneburg - Celle die Zuverlässigkeit erhöht (dieses erfolgt allerdings auch mit dem dritten<br />

Gleis bis Lüneburg), auf der Strecke Bremen - Buchholz (Nordheide) - Hamburg wird die Zuverlässigkeit<br />

dagegen beeinträchtigt werden, auch für den ICE-Verkehr. Die beiden Konfliktknoten Hamburg und<br />

Hannover werden durch die Y-<strong>Trasse</strong> nicht entlastet.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 73


7 Wie sieht die optimale Lösung aus?<br />

7 Wie sieht die optimale Lösung aus?<br />

7.1 Allgemein<br />

Es stellt sich nun die Frage, wie die optimale, oder zumindest eine gute Lösung aussieht. Diese<br />

Frage kann weder in einem Satz noch „aus dem Bauch heraus“ beantwortet werden. Auch ist<br />

diese von der Zielsetzung abhängig: betriebswirtschaftlich, volkswirtschaftlich oder<br />

raumordnungspolitisch optimal. Das optimale Netz für z. B. DB Reise&Touristik sieht anders aus<br />

als dass für DB Cargo. Allerdings kann eine grobe Richtung aufgezeigt werden, wie dieses Netz<br />

aussehen könnte. Denn zum einen sind bestimmte Rahmenfakten vorhanden - so wird Hamburg<br />

z. B. auch in 20 Jahren weiterhin eine bedeutende Millionenstadt sein - zum anderen bestehen<br />

gewisse Planungszwänge. Zusätzliche Gleise in den Ballungsräumen bzw. Städten können oft<br />

nicht mehr verlegt werden, wenn von kostenträchtigen Untertunnelungen oder aufgeständerten<br />

Strecken abgesehen wird.<br />

Aus den vorherigen Kapiteln lassen sich folgende „Leitgedanken“ für ein optimales Netz aufstellen<br />

(ohne Anspruch auf Vollständigkeit):<br />

• Knoten oder Engpässe - oder in der Straßenverkehrsterminologie „Staus“ - sollten umfahren<br />

werden (können).<br />

• Die Ansprüche der Kunden sind unterschiedlich, nicht jeder muss möglichst schnell von A nach<br />

B kommen, einige wollen z. B. sehr preiswert fahren.<br />

• Transitverkehr ist flexibel bzgl. der geografischen Führung.<br />

• Eisenbahninfrastruktur ist vorhanden, zum Teil aber kaum genutzt.<br />

• Die finanziellen Mittel sind begrenzt.<br />

• Die Verkehrsprobleme bestehen heute, Neubaustrecken können erst in ungewisser Zukunft<br />

fertiggestellt werden.<br />

• Neben verkehrlichen Aspekten sind auch raumordnerische Aufgaben - wie „gleichwertige<br />

Lebensbedingungen“ - zu berücksichtigen.<br />

• Das Netz muss flexibel bleiben und zukünftigen Anforderungen gerecht werden - Eröffnung<br />

eines neuen Hafenterminals führt zu steigenden Güterverkehren.<br />

Unter Berücksichtigung dieser „Leitgedanken“ entsteht das in Abb. 7-1 dargestellte<br />

Eisenbahnnetz. Im Vergleich zur Abb. 2-1 ist auf den ersten Blick möglicherweise kein großer<br />

Unterschied zu sehen, da nur mehrere Strecken dicker dargestellt sind. Doch genau dieses ist der<br />

entscheidende Unterschied. Die Strecken, die heute (Abb. 2-1) zum Teil unvernetzt und zum Teil<br />

nicht leistungsfähig nebeneinander bestehen, sind vernetzt und entsprechend ihrer Anforderung<br />

ausgebaut. Dieses muss in einer Untersuchung näher festgelegt werden. Dadurch wird auch die<br />

Y-<strong>Trasse</strong> nicht mehr notwendig sein.<br />

Auch mag die Forderung des <strong>VCD</strong> LV Niedersachsen (in Abb. 7-1 grün dargestellt) sehr<br />

umfangreich und unbezahlbar erscheinen. Dieses entbehrt jeder Grundlage, da zum einen die für<br />

die Y-<strong>Trasse</strong> benötigten 1,5 Milliarden Euro zu Verfügung stehen und zum anderen ein Ausbau<br />

nach BVWP und anderen Programmen zusätzlich vorgesehen ist. Auch z. B. die Strecke<br />

Braunschweig - Uelzen soll nach [NVPZGB, 2003, S. 157] im Rahmen der RegioStadtBahn<br />

teilweise zweigleisig ausgebaut werden, so dass teilweise Synergieeffekte realisierbar sind.<br />

Dieses bedeutet nicht, dass alle Strecken durchgehend zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert<br />

werden müssen. Auch mit Diesellokomotiven kann effektiver Eisenbahnbetrieb durchgeführt<br />

werden. Ebenso folgt daraus nicht, dass auf diesem „optimalen“ Netz „rund um die Uhr“ die Züge<br />

im Minutentakt fahren.<br />

Im Vergleich zum heutigen Netz fällt auf, dass eine Konzentration auf die Knoten Hamburg,<br />

Bremen und Hannover nicht mehr gegeben ist. Das Netz ist flächendeckend, fast im gesamten<br />

Gebiet von Niedersachsen ist eine leistungsfähige Eisenbahninfrastruktur vorhanden.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 74


7 Wie sieht die optimale Lösung aus?<br />

Im Kapitel 2.3 wurden als Engpässe bzw. Konfliktpunkte u. a. die Bahnhöfe Buchholz (Nordheide)<br />

und Celle genannt. Im „optimalen“ Netz entfallen diese als Konfliktpunkte, wie Abb. A-2 zeigt: Die<br />

Personen- und Güterverkehre sind weitgehend getrennt.<br />

Eisenbahninfrastruktur Bereich Hannover / Bremen / Hamburg (Ausschnitt)<br />

(optimale Lösung?, durch Ausbau vorhandener Infrastruktur, ohne Y-<strong>Trasse</strong>)<br />

(ohne Maßstab)<br />

Kiel<br />

Skandinavien<br />

Westerland / Kiel / Flensburg /<br />

Dänemark<br />

Lübeck<br />

Cuxhaven<br />

Wilhelmshaven<br />

Nordenham<br />

Bremervörde<br />

EVB<br />

Hamburg<br />

Buxtehude<br />

Buchholz(Nordheide)<br />

Maschen<br />

Stelle<br />

Büchen<br />

OLDB<br />

Delmenhorst<br />

Bremen<br />

Osterholz-Scharmbeck<br />

Rotenburg(Wümme)<br />

Winsen(Luhe)<br />

OHE<br />

Lüneburg<br />

Wittenberge /<br />

Stendal / Berlin<br />

Norddeich /<br />

Emden /<br />

Niederlande<br />

Osnabrück<br />

BTE<br />

Kirchweyhe<br />

Syke<br />

Langwedel<br />

Thedinghausen<br />

Verden(Aller)<br />

Soltau(Han)<br />

Uelzen<br />

Osnabrück /<br />

Ruhrgebiet<br />

VGH<br />

Eystrup<br />

Nienburg(Weser)<br />

OHE<br />

Celle<br />

OHE<br />

Wittingen<br />

Stendal /<br />

Magdeburg / Berlin<br />

Wunstorf<br />

Gifhorn<br />

Wolfsburg<br />

Hannover<br />

Lehrte<br />

Peine<br />

Stendal / Berlin<br />

Minden(Westf)<br />

VPS<br />

Braunschweig<br />

Magdeburg /<br />

Berlin /<br />

Halle(Saale)<br />

Niederlande / Osnabrück<br />

Elze(Han)<br />

Hildesheim<br />

Löhne<br />

Hameln<br />

SFS<br />

Salzgitter<br />

Ruhrgebiet / Bielefeld<br />

Paderborn / Dortmund<br />

Kreiensen<br />

Seesen Goslar /<br />

Bad Harzburg<br />

Halberstadt /<br />

Halle (Saale)<br />

Nordhausen / Erfurt<br />

Strecken der DB Netz AG:<br />

Göttingen /<br />

Süddeutschland<br />

"leistungsfähig"<br />

Forderung des <strong>VCD</strong> LV Niedersachsen<br />

Ausbau dieser Strecken als Teil des<br />

<strong>Hochleistungsnetz</strong>tes <strong>statt</strong> singuläre Y-<strong>Trasse</strong><br />

Strecken der BTE, EVB, VGH, OHE und VPS :<br />

"leistungsfähig"<br />

BTE: Bremen-Thedinghauser Eisenbahn GmbH (ab Bremen-Huchting)<br />

EVB: Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser GmbH<br />

OHE: Osthannoversche Eisenbahn AG<br />

VGH: Verkehrsbetriebe Grafschaft Hoya GmbH<br />

VPS: Verkehrsbetriebe Peine-Salzgitter GmbH<br />

Abb. 7-1: Eisenbahninfrastruktur Untersuchungsraum optimal? Ohne Y-<strong>Trasse</strong>.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 75


7 Wie sieht die optimale Lösung aus?<br />

7.2 Beispiele für mögliche Verbesserungen<br />

Hier soll auf weitere Verbesserungen eingegangen werden, die in den vorangegangenen Kapiteln<br />

nicht genannt worden sind.<br />

Reisezeiten<br />

Wird der in Abb. 7-1 dargestellte Ausbauzustand der Eisenbahninfrastruktur angenommen (bzw.<br />

die Forderungen des <strong>VCD</strong> LV Niedersachsen) könnten für den Bereich Lüneburger Heide<br />

beispielsweise die in Tab. 7-1 Verbesserungen erreicht werden können.<br />

Nah- und Regionalverkehr in der Lüneburger Heide durch Variante „Güterbahn“ 1 (Vmax: 120 km/h)<br />

(mit „Lückenschluss“ Soltau - Bennemühlen)<br />

Strecke 2002 bzw. vor Ausbau (1996) nach Ausbau Bemerkungen<br />

Reisezeit<br />

(Zwischenhalte)<br />

Züge<br />

Mo-Fr / Sa / So<br />

Reisezeit<br />

(Zwischenhalte)<br />

Züge<br />

Mo-Fr / Sa /<br />

So<br />

Hannover - Mellendorf (22 km) 23 - 29 Min (2-3) 16 / 14 / 8 18 / 23 Min. (1/7) 44 / 40 / 28 + 175 - 250 % !<br />

Mellendorf - Soltau (66 km) 1) 71 / 92 Min. (8) 14 / 11 / 8 2) 51 Min. (8) 3) 17 / 14 / 12 5)<br />

Soltau - Buchholz(Nordheide)<br />

(45 km)<br />

51 - 69 Min. (7/9) 16 / 12 / 8 35 Min. (9) 3) 17 / 14 / 12 5) tägl. Durchbindung bis<br />

Hamburg möglich<br />

Soltau - Celle keine Verbindung 24 Min. (1-3) 4) 17 / 14 / 12 5) Soltau - Hannover: 50<br />

Min, bei Anschluss IR<br />

1) 5) alle zwei Stunden umsteigen in Bennemühlen<br />

mindestens<br />

2) + 3 / 1 / 1 bis Walsrode<br />

3) Reisegeschwindigkeit der S 94409 im Fahrplan 2003 von Bennemühlen - Hannover Hbf<br />

26 km, 20 Minuten, 3 Zwischenhalte = 78 km/h angesetzt.<br />

4) nach [Andersen, 2000, S.522]<br />

Tab. 7-1: Nah- und Regionalverkehr in der Lüneburger Heide durch „Güterbahn“<br />

Insbesondere die Reisezeitverkürzungen und die neue Verbindung Soltau (Han) - Celle fallen hier<br />

auf.<br />

Ähnlich werden in anderen Relationen die Verbesserungen ausfallen, wie Bremen - Uelzen,<br />

Braunschweig - Lüneburg - Hamburg / Kiel / Lübeck oder Hildesheim - Hameln - Bielefeld. Für<br />

den Bereich Hannover ergeben sich die Verbesserungen in der Form, als dass hier die<br />

Zuverlässigkeit erhöht wird und zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden. Die Strecken<br />

Hannover - Hamburg bzw. Bremen können im Vergleich zu heute zuverlässig auf mindestens 70<br />

bzw. 55 Minuten reduziert werden.<br />

Wirtschaftlicher Aufschwung?<br />

In einem sehr interessanten Artikel in der Frankfurter Rundschau vom 19. 02. 2003 beschreibt<br />

Karl-Otto SATTLER, wie die Region Karlsruhe mit einem vorbildlichen Nahverkehrssystem in den<br />

Wirtschaftsaufschwung fährt.<br />

„Da wundert sich der schaffige Schwabe. Und auch ansonsten reibt sich in Baden-Württemberg<br />

so mancher unter Politikern, Managern und Journalisten erstaunt die Augen. Nicht mehr der<br />

Großraum Stuttgart mit seiner Automobilindustrie und seinem Maschinenbau ist im „Musterländle“<br />

der dynamischste ökonomische Motor, sondern, wer hätte das jemals gedacht, der Landkreis<br />

Karlsruhe. [...] [D]as Umfeld der badischen Fächerstadt, so offenbaren es die Statistiken, weist<br />

unter allen 44 südwestdeutschen Stadt- und Landkreisen mittlerweile die stärksten<br />

Wachstumsraten auf.“<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 76


7 Wie sieht die optimale Lösung aus?<br />

Im vergangenen Jahrzehnt lag die Steigerungsrate im Karlsruher Umland bei 50 Prozent, der<br />

Durchschnitt lag nur um die 30 Prozent. Auch wenn die Ansiedlungspolitik mit<br />

Technologieprojekten eine zentrale Rolle spielte, ist für die Kommunalpolitiker „indes unstreitig,<br />

dass noch ein anderer Aspekt ins Gewicht fällt: nämlich ein „extrem gutes Stadtbahnnetz“, so<br />

Landrat Claus Kretz.<br />

Was vor 20 Jahren noch als abwegig galt, hat sich inzwischen bewahrheitet: Ein effizienter<br />

öffentlicher Nahverkehr ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern noch ein erstrangiger<br />

Wirtschaftsfaktor.“ (Im Original nicht fett markiert.)<br />

Den Startschuss für dieses erfolgreiche Karlsruher Modell, bei dem die Stadtbahn auch<br />

Eisenbahnstrecken mit Zweisystem-Fahrzeugen befährt (Planung in Bremen als<br />

RegionalStadtbahn, in Braunschweig als RegioStadtBahn), war 1992 die Linie Karlsruhe -<br />

Bretten. Waren es zuvor etwa 2.000 Fahrgäste täglich, so sind es inzwischen 16.000 tägliche<br />

Kunden.<br />

(Anmerkung des Verfassers: Im DB-Kursbuch sind es u. a. die Kursbuchstrecken 710.1 - 710.9 die den<br />

Fahrplan dieses Erfolgsmodells zeigen.)<br />

Was bedeutet dieses für die Y-<strong>Trasse</strong> bzw. für die Raum- und Wirtschaftsplanung. Der Nah- und<br />

Regionalverkehr wird durch die Y-<strong>Trasse</strong> nur sehr wenig profitieren, überhaupt nicht (Lüneburger<br />

Heide) oder sogar Nachteile in Kauf nehmen müssen (Rotenburg (Wümme) - Hamburg). Der<br />

Fernverkehr ist bereits heute sehr gut im norddeutschen Bereich und wird nicht<br />

„quantensprungmäßig“ verbessert, wie es beispielsweise bei der Neubaustrecke Hannover -<br />

Würzburg der Fall war.<br />

Die Region Lüneburger Heide ist zwar nicht mit der Region Karlsruhe vergleichbar - eher die<br />

Regionen Bremen und Braunschweig, wo ein vergleichbares System aufgebaut werden soll - aber<br />

die prinzipielle Aussage ist, dass ein effizienter Nahverkehr ein erstrangiger Wirtschaftsfaktor ist.<br />

Auch zeigt ein Blick auf die Eisenbahninfrastruktur, das z. B. in Baden-Württemberg ein dichtes<br />

Netz generell und insbesondere an leistungsfähigen, zweigleisig elektrifizierten<br />

Eisenbahnstrecken besteht. In einem überwiegend sehr dünn besiedelten Flächenland wie<br />

Niedersachsen, ist ein solches Netz auf Grund des eigenen Potenzials eher nicht notwendig bzw.<br />

wirtschaftlich. Der „Transitverkehr“ u. a. von und zu den Häfen erlaubt es dagegen, hier eine<br />

moderne, wirtschaftliche und leistungsfähige Infrastruktur zu erhalten. Damit steht den negativen<br />

Belastungen aus dem Transitverkehr ein positiver Ausgleich entgegen. Die Y-<strong>Trasse</strong> schafft<br />

keinen positiven Ausgleich, es ist eine „reine Transitstrecke“.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 77


8 Auf dem Weg zum leisen <strong>Hochleistungsnetz</strong><br />

8 Auf dem Weg zum leisen <strong>Hochleistungsnetz</strong><br />

8.1 Was ist ein <strong>Hochleistungsnetz</strong>?<br />

Unter einem „<strong>Hochleistungsnetz</strong>“ wird möglicherweise an ein durchgehendes Netz von zweigleisig<br />

elektrifizierten Strecken mit Schallschutzwänden für eine Geschwindigkeit von über 200 km/h<br />

gedacht. Dadurch wäre z. B. nach Abb. 7-1 Soltau (Han) von Eisenbahnstrecken umschlossen.<br />

Diesem ist nicht so. Unter einem „<strong>Hochleistungsnetz</strong>“ soll hier ein Eisenbahnnetz mit folgenden<br />

Eigenschaften verstanden werden.<br />

Definition <strong>Hochleistungsnetz</strong><br />

• Es ist netz- nicht knoten- bzw. linienorientiert und nutzt die gesamte vorhandene<br />

Eisenbahninfrastruktur. Verkehre, die nicht über bestimmte Abschnitte geführt werden müssen,<br />

können um Engpässe herumgeleitet werden. Einige Strecken können dabei auch nur die<br />

Funktion der Übernahme der zeitlich begrenzten Spitzennachfrage übernehmen.<br />

• Verkehrsströme unterschiedlicher Richtungen behindern sich nicht durch höhengleiche<br />

Kreuzungen der Wege. Dieses führt zu Über- bzw. Unterführungen. Damit werden die<br />

Abhängigkeiten bei der Fahrplangestaltung verringert, ebenso der Energieaufwand des<br />

Systems.<br />

• Das Netz ist sehr zuverlässig, d. h. netzbedingte Verspätungen treten kaum auf.<br />

• Das Netz ist flexibel, d. h. zusätzliche Züge können ohne Probleme und sehr kurzfristig<br />

gefahren werden.<br />

• Es erfüllt die biokybernetischen Grundregeln (siehe u. a. Kap. 6.3), so dass es sehr<br />

wirtschaftlich ist.<br />

8.2 Planungsablauf<br />

Die Planung von Verkehrsinfrastruktur steht vor dem Problem, dass das Ergebnis der Planung<br />

erst nach einigen Jahren oder sogar Jahrzehnten (siehe NBS Hannover - Würzburg) für den<br />

Verkehr zur Verfügung steht, sofern sich die Rahmenbedingungen nicht geändert haben und das<br />

Projekt realisiert wird. Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur stellen im Regelfall eine<br />

bedeutende absolute Belastung für den Haushalt dar. Eine einmal erstellte Infrastruktur kann<br />

nach dem Bau nicht einfach an einen anderen Ort verkauft oder durch Umbau einer anderen<br />

Nutzung zugeführt werden, wie dieses z. B. bei Fahrzeugen der Fall ist. Daher ist eine<br />

sorgfältigste Planung notwendig.<br />

Beim BVWP wird als Planungsgrundlage eine koordinierte Gesamtverkehrsprognose verwendet,<br />

die sich aus mehreren Einzelprognosen, z. B. zur soziodemographischen Entwicklung,<br />

zusammensetzt. Prognosen für einen sehr langen Zeitraum sind sehr fehleranfällig. Dieses liegt<br />

darin begründet, dass viele Annahmen für eine Prognose getroffen werden müssen, u. U. wird<br />

dazu wieder nur auf eine Prognose zurückgegriffen. Tritt eine dieser Annahmen nicht ein, stimmt<br />

damit im Regelfall auch die Prognose nicht mehr. Dieses liegt in der Methodik begründet und ist<br />

kein Zeichen von mangelhafter Erstellung, sofern nicht bewußt „manipuliert“ wird. Wie im Kapitel<br />

4 gezeigt wurde, sind Prognosen im Endeffekt kein effektives Hilfsmittel für die Planung,<br />

insbesondere dann, wenn vergangene Entwicklungen „einfach“ durch Hochrechnung<br />

(Extrapolation) in die Zukunft übertragen werden. „Außer für einen beschränkten - jeweils<br />

systemspezifischen - Zeithorizont ist sie für eine Prognose des Verhaltens komplexer Systeme<br />

völlig ungeeignet und eine daran orientierte Planung kann zu schwerwiegenden<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 78


8 Auf dem Weg zum leisen <strong>Hochleistungsnetz</strong><br />

Fehlentwicklungen führen.“ [Vester, 2000, S. 61] Wegen ihrer „methodischen Schwäche“ und<br />

„ihrer leider kaum zu bremsenden Beliebtheit“ [ebd., S. 61], widmet VESTER ihr ein eigenes<br />

Unterkapitel. Danach ist für die langfristige Entwicklung eines Systems weniger dessen Ist-<br />

Zustand zugrunde zu legen, „als vielmehr das übergeordnete Gesamtmuster des Systems, das je<br />

nach seiner inneren Struktur auch bei sehr unterschiedlichen Konstellationen der Einzelelemente<br />

eine Aussage erlaubt.“ [ebd., S. 94].<br />

Was bedeutet dieses für die Planung? Der grobe Ablauf der Planung ist in Abb. 8-1<br />

zusammengefasst. Bevor überhaupt geplant werden kann, muss das Ziel definiert werden. Soll<br />

beispielsweise primär für den Güterverkehr Kapazität geschaffen werden oder soll der<br />

Personenverkehr beschleunigt werden mit dem „Nebenprodukt“, dass auch für den Güterverkehr<br />

Kapazitäten geschaffen werden, die dann allerdings für den Güterverkehr wahrscheinlich nicht<br />

optimal sind.<br />

Erst danach kann - entsprechend dem gewünschten Ziel - in einem ersten Schritt das<br />

„übergeordnete Gesamtmuster des Systems“ ermittelt werden, hier also die Struktur der<br />

Verkehrsnachfrager, so das ein Anforderungsprofil erstellt werden kann.<br />

Anforderungsprofil erstellen: Wer benötigt was, zu welcher Zeit und in welcher Qualität?<br />

In diesem Schritt müssen die Nutzer und potenziellen Nutzer der Schieneninfrastruktur befragt<br />

werden. Dazu gehören die entsprechenden Unternehmen der Wirtschaft, die<br />

Eisenbahnverkehrsunternehmen, die die Wünsche bzw. den Bedarf ihrer Kunden sehr gut kennen<br />

und auch die jeweiligen Aufgabenträger für den SPNV. Insbesondere für den norddeutschen<br />

Bereich müssen hier die Bedürfnisse und Planungen der Seehäfen berücksichtigt werden. Aber<br />

auch die politischen Vorgaben der Landesraumordnungsprogramme finden hier Eingang.<br />

Dieses ist wichtig, um herauszufinden, wer was zu welcher Zeit und in welcher Qualität benötigt.<br />

Wenn beispielsweise die Seehäfen der Reihe Emden - Bremen ab etwa 17:00 Uhr ihre Güterzüge<br />

Richtung Hannover schicken wollen, dann sind dieses unter Umständen relativ viele Züge, weil<br />

sie aber ab Bremen auf Grund der unterschiedlichen Entfernungen zeitlich versetzt ankommen,<br />

wird vom Prinzip her keine zusätzliche Infrastruktur benötigt.<br />

In einem nächsten Schritt wird dieses Anforderungsprofil in eine Fahrplanstruktur umgesetzt.<br />

Diese wird simuliert und bezüglich der Betriebsqualität bewertet.<br />

Parallel dazu wird eine Netz- und Raumanalyse durchgeführt. Hier wird ermittelt, an welchen<br />

Stellen des bestehenden Netzes bereits Engpässe vorhanden sind bzw. wo die Leistungsgrenze<br />

liegt. Auch müssen die Zwangspunkte für einen Netzausbau festgestellt werden, also die Punkte,<br />

an denen z. B. ein verlegen zusätzlicher Gleise praktisch nicht mehr möglich ist, wie auf dem<br />

Abschnitt Hannover Hbf - Hannover Bismarckstraße.<br />

Die als gut ermittelte Fahrplanstruktur wird dann auf die vorhandenen Schienenwege umgelegt<br />

und mit dem analysierten Netz verglichen. Hier werden dann weitere oder zukünftige<br />

Engpässe sichtbar. Durch ein „Anpassen“ der optimalen Fahrplanstruktur an das Netz kann dann<br />

u. U. einer Verbesserung erreicht werden. Dieser Schritt ist notwendig, um das vorhandene Netz<br />

optimal und damit kostengünstig auszulasten. Allerdings darf es auch nicht dazu führen, dass die<br />

ICE-Züge mit z. B. 140 km/h von Hannover nach Hamburg fahren müssen.<br />

Es muss immer überprüft werden, welche (Rück-)Wirkungen eine jeweilige Maßnahme erzeugt.<br />

Was passiert, wenn beispielsweise ein Abschnitt nur eingleisig gebaut wird, ein anderer nicht<br />

elektrifiziert wird.<br />

Ist in diesem rekursiven Prozess keine Verbesserung mehr zu erzielen, steht die<br />

Fahrplanstruktur. Gleichzeitig steht durch die vorherige Ermittlung der Zwangspunkte fest, wieviel<br />

Verkehr „umgeleitet“ werden muss. Daraus kann dann das „optimale“ Netz ermittelt werden.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 79


8 Auf dem Weg zum leisen <strong>Hochleistungsnetz</strong><br />

Der Planungsablauf zum <strong>Hochleistungsnetz</strong><br />

eindeutige Zielbeschreibung<br />

Hauptziel(e), Nebenziel(e)<br />

Anforderungsprofil erstellen<br />

Ermittlung der Bedarfs- und<br />

Nachfragestruktur<br />

- Quelle - Ziel - Relation<br />

- Betriebsmengen / Zahl der Züge<br />

- Zeit- / Taktlage<br />

- Betriebsqualität<br />

Netz- und Raumanalyse<br />

(Engpässe, Konfliktpunkte)<br />

Fahrplanstruktur erstellen<br />

(simulieren und bewerten bzgl.<br />

Betriebsqualität)<br />

Fahrplanstruktur auf vorhandene Schienenwege umlegen und<br />

mit analysiertem Netz vergleichen (betriebssystematische Untersuchung)<br />

(Defizite werden erkennbar)<br />

"optimales" Netz<br />

Festlegen und Umsetzen der<br />

kurz- , mittel- und langfristigen<br />

Maßnahmen<br />

Abb. 8-1: Der Planungsablauf<br />

Als letzter Schritt muss dann ein zeitlicher Ausbauplan mit den kurz- mittel- und langfristigen<br />

Maßnahmen aufgestellt werden. Dieser muss flexibel bleiben, so dass bei Änderung von<br />

Rahmenbedingungen auch reagiert werden kann und z. B. Maßnahmen in der Reihenfolge<br />

getauscht werden können.<br />

Dieser Prozess ist nicht starr. Es muss in kürzeren Abständen oder nach Realisierung einer<br />

Maßnahme geprüft werden, inwieweit eine Korrektur des Ablaufs notwendig ist.<br />

8.3 Finanzierung<br />

Für die Finanzierung dieses <strong>Hochleistungsnetz</strong>es stehen etwa 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung.<br />

Dieses ist die Summe, die die Bundes- und Landesregierung für die Y-<strong>Trasse</strong> in ihren Haushalten<br />

eingeplant haben (müssen), sofern sie beschlossen wird. Sollten diese 1,5 Milliarden Euro nicht<br />

zur Verfügung gestellt werden können oder stehen, muss der Bau der Y-<strong>Trasse</strong> aus finanzieller<br />

Sicht entfallen. Das Hochleistungsschienennetz kann auch abschnittsweise mit kleineren<br />

Beträgen realisiert werden.<br />

Diese Mittel werden u.a. über das Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSchwAG) bereitgestellt<br />

bzw. die Verteilung wird dort geregelt. Der Geltungsbereich des BSchwAG ist allerdings auf<br />

Eisenbahnen des Bundes bzw. bundeseigene Gesellschaften beschränkt. Eine Investition in<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 80


8 Auf dem Weg zum leisen <strong>Hochleistungsnetz</strong><br />

Infrastruktur Nichtbundeseigener Eisenbahnen (NE), wie BTE, EVB, OHE oder VGH, scheidet<br />

damit aus.<br />

Angesichts der überregionalen Verkehrsströme und des dichtbesiedelten Raumes der<br />

Bundesrepublik Deutschland ist dieser Zustand zur Lösung der Probleme nicht förderlich. Denn<br />

für den Ausbau von NE-Infrastruktur stehen von gesetzlicher Seite im wesentlichen nur Mittel aus<br />

dem Regionalisierungsgesetz (RegG) und dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG)<br />

zur Verfügung. In fortschrittlichen Bundesländern besteht ein eigenes<br />

Ländereisenbahnfinanzierungsgesetz, so z. B. in Baden-Württemberg mit der langen<br />

Bezeichnung „Gesetz über die Finanzierung von Schienenwegen und Schienenfahrzeugen der<br />

nichtbundeseigenen öffentlichen Eisenbahnen in Baden-Württemberg“. Abgesehen davon, dass<br />

diese Mittel unter Umständen im Vergleich zum Umfang der BSchwAG-Mittel relativ gering sind,<br />

würde eine Verwendung der Mittel aus RegG oder GVFG eine „Zweckentfremdung“ darstellen, da<br />

diese für „lokale“ Infrastrukturinvestitionen vorgesehen sind.<br />

Zur Bewältigung der nationalen und internationalen Verkehrsströme ist daher das BSchwAG<br />

dahingehend zu ändern, dass jegliche Schienenwegeinvestition gefördert wird, also eine<br />

Änderung in ein „neutrales“ Schienenwegeausbaugesetz.<br />

8.4 Lärmschutz und -vermeidung<br />

Der Lärmschutz bzw. die Lärmvermeidung ist beim Ausbau bestehender Strecken ein sehr<br />

wichtiger und nicht zu vernachlässigender Faktor. Dieses aus dem Grund, dass vor allem auf<br />

Strecken, die bisher kaum Verkehr aufgewiesen haben, insbesondere der Güterverkehr gelenkt<br />

werden soll. Auch wenn die betroffenen Regionen vom Ausbau profitieren werden - durch ein<br />

besseres Angebot im Personenverkehr oder durch sehr gute Standortbedingungen für die<br />

Wirtschaft - wird die Bevölkerung dem Ausbau ablehnend gegenüberstehen. Der persönliche<br />

Vorteil durch den Ausbau wird erst später erlebbar (siehe z. B. S-Bahn Hannover).<br />

Während die neuen, modernen Personenzüge bereits sehr leise sind, sieht dieses bei den<br />

Güterzügen anders aus. Die DB AG bzw. DB Cargo geht hier den richtigen Weg und rüstet alle<br />

ihre Neubestellungen an Güterwagen mit so genannten Flüsterbremsen aus. Diese sind im<br />

Vergleich zu den alten Bremsen um bis zu zehn Dezibel leiser. Dieses entspricht einer Halbierung<br />

des Lärms.<br />

Da aber diese Flüsterbremsen nicht den gleichen gesetzlichen Stellenwert wie Lärmschutzwände<br />

oder Schallschutzfenster besitzen, werden die vorhandenen 90.000 Güterwagen der DB AG nicht<br />

umgerüstet. (Siehe dazu den sehr interessanten Artikel aus der Zeitschrift DB-mobil „Die Bahn<br />

rückt dem Lärm zu Leibe“ im Anhang.)<br />

Eine vergleichbare Regelung wie in der Schweiz, bei der der Staat die Nachrüstung der<br />

vorhandenen Güterwagen finanziert, sollte auch für Deutschland umgesetzt werden.<br />

Dieses ist nur ein Beispiel für die Reduzierung der Lärmemissionen. Die Kombination mehrerer<br />

Maßnahmen bewirkt eine weitere Lärmminderung.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 81


9 Zusammenfassung und Fazit<br />

9 Zusammenfassung und Fazit<br />

Die Strecke Hamburg - Hannover ist vor allem im Abschnitt Stelle - Lüneburg überlastet, so dass<br />

hier insbesondere zusätzliche Güterzüge nicht verkehren können. Die zur Zeit favorisierte<br />

Lösungsvariante ist die so genannte Y-<strong>Trasse</strong>, eine relativ kurze Hochgeschwindigkeitsstrecke,<br />

die vor allem für den Güterverkehr zusätzliche Kapazitäten zwischen Hannover und Hamburg /<br />

Bremen schaffen soll. Für den Personenfernverkehr soll zusätzlich eine Fahrzeitverkürzung<br />

erreicht werden. Gleichzeitig ist in Niedersachsen noch umfangreiche Schieneninfrastruktur<br />

vorhanden, die überwiegend nicht leistungsfähig ausgebaut ist.<br />

Die geplanten Ziele werden mit der Y-<strong>Trasse</strong> zwar nicht verfehlt, im Vergleich zu den Alternativen,<br />

erweist sich die Y-<strong>Trasse</strong> allerdings als weit unterlegen, so dass den Baukosten von etwa 1,5<br />

Milliarden Euro kein entsprechender Nutzen gegenübersteht. Dieses liegt vom Prinzip an zwei<br />

Gründen, die systembedingt sind: Die Y-<strong>Trasse</strong> verbindet vorhandene Strecken (Langenhagen -<br />

Visselhövede / Scheeßel) in Form einer Transitstrecke , keine überlasteten Knoten (Hannover Hbf<br />

- Bremen Hbf / Hamburg Hbf) und ist eine für den Personenverkehr optimierte Strecke, die den<br />

Anforderungen des Güterverkehrs widerspricht. Bei der zur Zeit geführten Diskussion wird<br />

zusätzlich außer Acht gelassen, dass nicht nur die Strecken, sondern vor allem auch die Knoten<br />

(Bahnhöfe, Abzweigstellen) die leistungsbegrenzenden Elemente sind.<br />

Die Y-<strong>Trasse</strong> verbessert nicht die Schieneninfrastruktur in Niedersachsen und erschließt nicht die<br />

Fläche. Damit stärkt die Y-<strong>Trasse</strong> weder die Wettbewerbsfähigkeit Niedersachsens noch den<br />

Wirtschaftsstandort Niedersachsen. Für Bremen ergeben sich keine Verbesserungen. Aus<br />

betrieblicher Sicht wird weder die Zuverlässigkeit des Netzes erhöht, noch werden in der Summe<br />

Probleme beseitigt (siehe dazu insbesondere die Zusammenfassung in Kapitel 6.7).<br />

Die Alternativen bestehen in dem Ausbau der vorhandenen Schieneninfrastruktur. Die<br />

Grundgedanken sind die, dass vor allem für den Güterverkehr Kapazitäten benötigt werden<br />

(Beachtung der Zielsetzung), die vorhandene Infrastruktur ohnehin ausgebaut werden soll<br />

(Vermeidung von Doppelinvestitionen und Nutzung von Synergieeffekten), das Flächenland<br />

Niedersachsen mit hochwertiger Schieneninfrastruktur zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes<br />

erschlossen werden muss und die öffentlichen Mittel begrenzt sind. Zusätzlich entsprechen die<br />

Alternativen den Zielen der Landesraumordnung, in dem diese einen Beitrag zu den<br />

„gleichwertigen Lebensbedingungen“ leisten. Dabei werden die biokybernetischen Grundregeln<br />

nicht missachtet. Die negativen Auswirkungen des Transitverkehrs durch Niedersachsen können<br />

zwar nicht beseitigt werden, aber nach dem Jiu-Jitsu-Prinzip positiv genutzt werden können.<br />

Die wesentlichen Ausbaunotwendigkeiten sind in der <strong>VCD</strong> - Resolution 2003 zum<br />

Hochleistungsschienennetz (Kap. 6.5.5) enthalten. Der entsprechende Ausbaustandard muss in<br />

einer eisenbahnbetriebswissenschaftlichen Untersuchung ermittelt und festgelegt werden.<br />

Fazit:<br />

Die in dieser Arbeit vorgestellten Alternativen sind aus verkehrswissenschaftlicher und<br />

finanzierungstechnischer Sicht und aus raumordnungspolitischen Gründen der Y-<strong>Trasse</strong> weit<br />

überlegen. Dadurch ist - im Gegensatz zur Y-<strong>Trasse</strong> - die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass die<br />

Kapazitäten überhaupt und in naher Zukunft erweitert werden können.<br />

Gleichzeitig kann das Land Niedersachsen mit hochwertiger Eisenbahninfrastruktur flächenmäßig<br />

erschlossen werden (vergleichbar Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen),<br />

wodurch sowohl der Wirtschaftsstandort Niedersachsen nachhaltig gestärkt wird, als auch den<br />

Seehäfen - einschließlich denen in Bremen und Hamburg - zukunfts- und leistungsfähige<br />

Hinterlandverbindungen zur Verfügung stehen.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 82


9 Zusammenfassung und Fazit<br />

Prof. Dr. Gerd Aberle im Editorial von Internationales Verkehrswesen Nr. 4/2003:<br />

„Güterverkehr - unterbewertet und wenig geschätzt“<br />

„[...] Auch bei der Bahn - hier der DB AG - dreht sich zunächst alles um den<br />

Personenverkehr. Die Investitionsmittel fließen in extrem teure Hochleistungsstrecken, in<br />

aufwendige Bahnhofsumbauten und hochpreisige Hochleistungszüge. Rechnen tut sich<br />

dies alles nicht; vielmehr steht der Steuerzahler stark in der Verantwortung. [...] Obwohl<br />

die zukünftigen Wachstumsraten des Güterverkehrs auf besorgniserregende<br />

Kapazitätsengpässe stoßen, sind die schon seit vielen Jahren diskutierten Maßnahmen zur<br />

Schaffung spezieller Güterverkehrsstrecken, Knotenumgehungen, dritter Gleise und<br />

ähnliches offensichtlich zeitlich erheblich gestreckt worden. [...]“ (im Original nicht fett)<br />

Für Niedersachsen, Hamburg und Bremen wird in dieser Studie ein entsprechendes Konzept<br />

vorgestellt. Es kann gehandelt werden, die Möglichkeiten sind vorhanden.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 83


Literatur<br />

Literatur<br />

Verwendete Literatur<br />

[Andersen, 2000] Andersen, Sven: Betriebliche Betrachtungen zu einem Netzausbau im norddeutschen Raum.<br />

Eisenbahn-Revue International 11/2000, S. 515 - 523<br />

[Andersen, 2002] Andersen, Sven: Quo vadis, Hochgeschwindigkeitsverkehr in Deutschland? Eine kritische<br />

Bestandsaufnahme. Eisenbahn-Revue International 11/2002, S. 525 - 535<br />

[Bodack, 2002]<br />

Bodack, Karl-Dieter: Fahrpläne und Zugangebote im Fernverkehr der DB,<br />

Eisenbahn-Revue International 4/2002, S. 197 - 205<br />

[Breimeier, 1999] Breimeier, Rudolf: Die Planung von Neubau- und Ausbaustrecken im deutschen Eisenbahnnetz<br />

Eisenbahn-Revue International 3/1999, S. 79 - 87<br />

[Breimeier, 2/2001] Breimeier, Rudolf: Eine Neubaustrecke oder eine Ausbaustrecke in Norddeutschland, Entgegnung zum<br />

Aufsatz [Andersen, 2000], Eisenbahn-Revue International 2/2001, S. 90 - 93<br />

[Breimeier, 12/2001] Breimeier, Rudolf: Wettbewerb auf der Schiene und Trennung von Netz und Transport - der einzige Weg<br />

zur wirtschaftlichen Gesundung der Eisenbahn? in<br />

ZEV + DET Glasers Annalen 125, Ausgabe 12/2001, S.528 - 543<br />

[der schienenbus] der schienenbus, das Nachrichtenmagazin der Arbeitsgemeinschaft Schienenverkehr e.V.,<br />

Rotenburg(Wümme), Ausgabe jeweils direkt angegeben<br />

[Eisenbahn-Revue,...] Eisenbahn-Revue International,<br />

Ausgabe 1/2001: Zwischenbilanz deutsche Bahnreform - eine finanzpolitische, unternehmerische und<br />

verkehrliche Bewertung<br />

Ausgabe 5/2001: Neues <strong>Trasse</strong>npreissystem der DB Netz AG, S. 229<br />

[Drucksache, 14/8754] Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode: Straßenbaubericht, 8. 4. 2002<br />

[IBB, 2000]<br />

Institut für Bauwirtschaft und Baubetrieb, TU Braunschweig, Univ.-Prof. Dr. R. Wanninger: Wirtschaftliche<br />

Aspekte des Bauens, Skript zur Vorlesung, 3. Auflage, Stand 09/2000<br />

[IBS/ConTrack, 2001] Arbeitsgemeinschaft IBS/ConTrack (Ing.büro für Bahnbetriebssysteme GmbH und Consulting-Gesellschaft<br />

für Schienenbahnen mbH): Möglichkeiten der Nutzung der Aus-/Neubaustrecke Hamburg/Bremen -<br />

Hannover (Y-<strong>Trasse</strong>) für den Nah- und Regionalschienenverkehr, Hannover, Dezember 2001<br />

[IHK BS, 1960]<br />

Die Braunschweiger Wirtschaft und der neue Bahnhof. Broschüre herausgegeben von der Industrie- und<br />

Handelskammer Braunschweig aus Anlass der Eröffnung des neuen Braunschweiger Personenbahnhofs<br />

am 1. Oktober 1960.<br />

[Jänsch, 2001] Jänsch, Eberhard: Netz und Fahrwegentwicklung, in 50 Jahre ETR, S. 96 - 110<br />

Eisenbahntechnische Rundschau, 2001<br />

[Kügler, Lorenzen, 2002] Kügler, Hubert, Lorenzen, Carsten: Netzinfrastruktur für NeiTech-Züge auf 3500 Streckenkilometern.<br />

ETR - Eisenbahntechnische Rundschau März 2002, S. 127 - 139<br />

[Lanz, Hardebber, 1992] Lanz, Peter, Hardebber, Hans Peter: Chance, Illusion, Realität. Über das behinderungsfreie Fahren von<br />

Zugbündeln mittels rechnerunterstützter Betriebsführung. Eisenbahn-Kurier, Ausgabe 7/1992, S. 42 - 45<br />

[LNVG, 5/2001] LNVG-Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH: Zeit für Bahnhöfe. Mit Engagement<br />

gemeinsam zum Erfolg. Hannover, Juni 2001<br />

[LNVG, 11/2001] LNVG-Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH und Niedersächsisches Ministerium für<br />

Wirtschaft, Technologie und Verkehr: Niedersachsen ist am Zug! Strategien für den<br />

Schienenpersonennahverkehr in Niedersachsen 2001-2005, Hannover, November 2001<br />

[Moorexpress, 2002] Freie Fahrt für den Moorexpress. Dokumentation der Tagung „Eine Zukunft für die Moorbahn“ am 6. März<br />

2002 des Niels-Stensen-Hauses und des Verkehrsclub Deutschland (<strong>VCD</strong>) im Niels-Stensen-Haus in<br />

Worphausen / Lilienthal bei Bremen.<br />

[NVPZGB, 2003, (S)] Nahverkehrsplan 2003 für den Großraum Braunschweig. Zweckverband Großraum Braunschweig,<br />

Braunschweig 2003. (S) = Synopse der Stellungnahmen des Anhörverfahrens zum Entwurf des<br />

Nahverkehrsplans 2003 - 2007 vom Oktober 2002.<br />

[Pachl, 1998]<br />

Pachl, Jörn: Die verschränkte Dreigleisigkeit; Ein innovatives Ausbaukonzept für Mischbetriebsstrecken.<br />

in EI - DerEisenbahningenieur(49), Ausgabe 3/1998, S. 27 - 29<br />

[Pachl, 1999] Pachl, Jörn: Systemtechnik des Schienenverkehrs, B.G. Teubner Verlag, Stuttgart ; Leipzig, 1999<br />

[Schwarz, 2002] Schwarz, Axel: Richtig nah am Wasser gebaut. Die deutschen Seehäfen und ihr Hinterlandverkehr.<br />

Internationales Verkehrswesen Nr. 4 April 2002, S. 170 - 173<br />

[Sichelschmidt, 2003] Sichelschmidt, Henning: Wettbewerbspolitik und Infrastrukturprojekte in den deutschen Seehäfen.<br />

Internationales Verkehrswesen Nr 1+ 2 Januar / Februar 2003, S. 16 - 19<br />

[Siegmann, 2001] Siegmann, Jürgen: Angebotsstrategien und Produktionsplanungen einer zukunftsfähigen Bahn, in 50 Jahre<br />

ETR, S. 84 - 95, Eisenbahntechnische Rundschau, 2001<br />

[Vieregg&Rössler,1993] Vieregg&Rössler GmbH, Innovative Verkehrs- und Umweltberatung: Vorstudie über Ausbaumöglichkeiten<br />

im Schienenverkehr zwischen Hamburg und Hannover. München, Dezember 1993<br />

[Vester, 2000]<br />

Vester, Frederic: Die Kunst, vernetzt zu denken; Ideen und Werkzeuge für einen neuen Umgang mit<br />

Komplexität, Deutsche Verlags-Anstalt GmbH, Stuttgart, 2000<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 84


Literatur<br />

[Zimmer, 2003]<br />

Zimmer, Christoph: Neue Organisationsmodelle für den Nebennetzbetrieb der Eisenbahn.<br />

Internationales Verkehrswesen Nr. 3 März 2003, S. 82 - 86.<br />

Quellen aus Internet, Frankfurter Rundschau, Braunschweiger Zeitung, usw. sind direkt im Text angegeben.<br />

Empfohlene Literatur<br />

Pachl, Jörn: Systemtechnik des Schienenverkehrs, B.G.Teubner Stuttgart, Leipzig<br />

• Dieses Buch vermittelt in seinen acht Kapiteln (Grundbegriffe des Schienenverkehrs,<br />

Fahrdynamische Grundlagen, Regelung und Sicherung der Zugfolge, Steuerung und<br />

Sicherung der Fahrwegelemente, Leistungsuntersuchung von Eisenbahn-Betriebsanlagen,<br />

Fahrplankonstruktion, Integraler Taktfahrplan und Betriebssteuerung) auch dem fachlichen<br />

Quereinsteiger ein grundlegendes Wissen über das System Schienenverkehr. In einem<br />

umfangreichen Glossar werden etwa 200 Fachbegriffe kurz definiert. Dieses Buch ist<br />

deswegen zu empfehlen, weil es die systemtechnischen Zusammenhänge des<br />

Schienenverkehrs erklärt, die sich grundlegend von denen des Straßenverkehrs<br />

unterscheiden.<br />

Eisenbahn-Revue International (www.minirex.ch)<br />

• Diese Zeitschrift bietet den verkehrspolitisch interessierten Lesern neben aktuellen Berichten<br />

aus Deutschland sehr interessante und umfangreiche Berichte zu Themen des<br />

Hochgeschwindigkeitsverkehrs (Planung, Betrieb,...) oder zur Eisenbahninfrastruktur, es<br />

werden moderne Schienenfahrzeuge vorgestellt, Prozesse zu Eisenbahnunfällen oder<br />

Rechtsfragen behandelt. Erhältlich ist die Eisenbahn-Revue International mindestens im<br />

Bahnhofsbuchhandel (oder per Abo).<br />

der schienenbus (www.der-schienenbus.de)<br />

• Die Zeitschrift „der schienenbus“ ist das Nachrichtenmagazin der Arbeitsgemeinschaft<br />

Schienenverkehr e. V. aus Rotenburg (Wümme). Der Titel, wie auch zum Teil die Titelfotos<br />

lassen womöglich den Eindruck entstehen, als ob es sich um ein „Pufferküsser“-Magazin<br />

handelt. Diesem ist aber erfreulicherweise nicht so. Neben den obligatorischen<br />

Triebfahrzeugmeldungen sind umfangreiche Berichte und Meldungen zum (aktuellen)<br />

Bahnbetrieb, zur Verkehrspolitik, über Eisenbahnstrecken oder „brisante“ Themen wie z. B.<br />

„Fairer Wettbewerb zwischen DB und Privatbahnen?“ enthalten. Der Schienenbus ist<br />

insbesondere deswegen zu empfehlen, weil er umfangreich über die unzähligen<br />

Nichtbundeseigenen Eisenbahnen in Deutschland und deren Betrieb berichtet, die oft von der<br />

Öffentlichkeit unbemerkt ihre Leistung erbringen. Der Schienenbus ist ebenfalls im<br />

Bahnhofsbuchhandel erhältlich (oder per Abo).<br />

Sonstiges<br />

• Im Bahnhofsbuchhandel, und eigentlich nur dort, ist je nach Größe eine sehr umfangreiche<br />

Auswahl an Eisenbahnfachzeitschriften vorhanden. Auch Magazine zum Stadtverkehr sind<br />

vorhanden. Jedem, der sich regelmäßig über spezielle Themen informiert wissen möchte, sei<br />

empfohlen, sich dort „seine“ Zeitschrift auszusuchen, auch wenn die Themen Geschichte und<br />

Modellbahn das Angebot dominieren.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 85


Literatur<br />

Glossar<br />

Bahnanlagen<br />

Bahnanlagen sind alle zum Betrieb (Abwicklung und Sicherung) einer Eisenbahn erforderlichen Anlagen wie<br />

Grundstücke, Bauwerke und sonstige Einrichtungen. Fahrzeuge gehören nicht dazu.<br />

Bahnhof<br />

Bahnhöfe sind Bahnanlagen mit mindestens einer Weiche, wo Züge beginnen, enden, kreuzen, überholen<br />

oder wenden dürfen.<br />

Bildfahrplan<br />

Grafische Darstellung des (geplanten) Betriebsablaufes bzw. Fahrplans, bei der auf der einen Achse die<br />

Zeit, auf der anderen Achse die Strecke dargestellt wird. Die einzelne (mögliche) Zugfahrt wird als Linie<br />

dargestellt. Vereinfacht ausgedrückt, stellt diese Linie eine Fahrplantrasse dar.<br />

Blockabschnitt / Blockstrecke<br />

Ein Gleisabschnitt, in den ein Zug nur einfahren darf, wenn er frei von Fahrzeugen ist (bei Fahren im festen<br />

Raumabstand).<br />

Fahrplantrasse<br />

Im Fahrplan vorgesehene Inanspruchnahme der Infrastruktur durch eine Zugfahrt. Dazu sind bestimmte<br />

Zeiten für diese Zugfahrt im Bildfahrplan bzw. auf der Strecke (Blockabschnitt) zu reservieren (z. B. Fahrzeit,<br />

Räumfahrzeit, Pufferzeit), d. h., ein Streckenabschnitt kann durch einen Zug „belegt“ sein, auch wenn dieser<br />

erst z. B. in vier Minuten dort fährt.<br />

Gleiswechselbetrieb<br />

Beim Gleiswechselbetrieb können bei einer zweigleisigen Strecke ein oder beide Gleise signaltechnisch<br />

gesichert auch entgegen der gewöhnlichen Fahrtrichtung (auf dem rechten Gleis) befahren werden.<br />

Haltepunkt<br />

Haltepunkte sind Bahnanlagen ohne Weichen, wo Züge planmäßig halten, beginnen oder enden dürfen.<br />

Nach dieser betrieblichen Definition ist z. B. Hamburg-Dammtor kein Bahnhof sondern ein Haltepunkt.<br />

Hochleistungsblock<br />

Ein Verfahren, bei dem stark verkürzte, auch unterzuglange Blockabschnitte speziell signalisiert werden.<br />

ICE1, ICE2, ICE3<br />

Verschiedene Generationen (1., 2. und 3.) der ICE-Züge. Die ICE1-Züge haben an beiden Enden ein<br />

Triebkopf und sind am erhöhten Speisewagen erkennbar. Die ICE2-Züge sind kürzer und haben nur an<br />

einem Ende ein Triebkopf. Sie werden oft gekuppelt gefahren. Die ICE3-Züge besitzen keinen Triebkopf<br />

mehr. Sie bestehen wie eine S-Bahn nur aus „Sitzwagen“. Dem Triebfahrzeugführer kann über die Schulter<br />

auf die Strecke geschaut werden. Sie werden z. B. auf der SFS Köln - Frankfurt (Main) eingesetzt.<br />

ITF / Integraler Taktfahrplan<br />

Beim ITF ist der Fahrplan in einem größeren Gebiet (z. B. Niedersachsen) so gestaltet, dass sich an<br />

bestimmten (Knoten-) Bahnhöfen die Züge zur gleichen Zeit treffen, so dass die Reisenden ohne Wartezeit<br />

in alle Richtungen umsteigen können.<br />

Kybernetik / Biokybernetik<br />

Unter (Bio-)Kybernetik (vom griechischen kybernetes, der Steuermann) versteht man die Erkennung,<br />

Steuerung und selbsttätige Regelung ineinandergreifender, vernetzter Abläufe bei minimalem<br />

Energieaufwand.<br />

So ist das dritte Murphysche Gesetz quasi schön höhere Kybernetik. Es besagt: Auch wenn etwas, das<br />

eigentlich schief gehen sollte, nachher nicht schief gegangen ist, wird man feststellen, es sei besser<br />

gewesen, es wäre schief gegangen.<br />

Puffertrasse / Freitrasse<br />

Im Güterverkehr kommt es oft zu Abweichungen in der Zugreihenfolge. Daher werden hier die<br />

Fahrplantrassen im Abstand der Mindestzugfolgezeit geplant. Anschließend werden dann eine oder mehrere<br />

Fahrplantrassen als Freitrasse oder Puffertrasse vorgesehen, so dass Verspätungen ausgeglichen werden<br />

können. (Im Personenverkehr oder hochwertigen Güterverkehr wird die Zugreihenfolge im Regelfall<br />

eingehalten, so dass hier nach jeder Fahrplantrasse eine bestimmte Pufferzeit freigehalten wird.)<br />

systemisch / systemische Sichtweise<br />

Bei einer systemischen Sichtweise [...] steigt man aus dem System heraus, schaut von außen nach innen<br />

und untersucht vor allem das eigene System und dessen Verhalten. Dabei stellt man ganz andere Fragen:<br />

Wo sind die kritischen, wo die puffernden Bereiche, mit welchen Hebeln läßt sich das System steuern, mit<br />

welchen nicht, wie ist seine Flexibilität, seine Selbstregulation, seine Innovationskraft, wo liegen<br />

Symbiosemöglichkeiten [...] usw. [Vester, 2000, S. 101,102]. Die Denkweise ist evolutionär, ganzheitlich,<br />

funktionsorientiert und kybernetisch.<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 86


Anhang<br />

Anhang<br />

Eisenbahninfrastruktur Bereich Hannover / Bremen / Hamburg (Ausschnitt) (ohne Maßstab)<br />

(einschließlich drittes Gleis Stelle - Lüneburg und zweigleisiger Ausbau Hildesheim - Braunschweig)<br />

Kiel<br />

Skandinavien<br />

Westerland / Kiel / Flensburg /<br />

Dänemark<br />

Lübeck<br />

Cuxhaven<br />

Bremerhaven<br />

Wilhelmshaven<br />

Nordenham<br />

OLDB<br />

Delmenhorst<br />

Bremen<br />

Bremervörde<br />

EVB<br />

Osterholz-Scharmbeck<br />

Rotenburg(Wümme)<br />

Hamburg<br />

Buxtehude<br />

Buchholz(Nordheide)<br />

+<br />

-<br />

+<br />

Winsen(Luhe)<br />

Maschen<br />

Stelle<br />

OHE<br />

Büchen<br />

Lüneburg<br />

Wittenberge /<br />

Stendal / Berlin<br />

Norddeich /<br />

Emden /<br />

Niederlande<br />

Osnabrück<br />

BTE<br />

Kirchweyhe<br />

Syke<br />

Langwedel<br />

Thedinghausen<br />

"Y-<strong>Trasse</strong>"<br />

Soltau(Han)<br />

Uelzen<br />

Verden(Aller)<br />

Osnabrück /<br />

Ruhrgebiet<br />

VGH<br />

Eystrup<br />

Nienburg(Weser)<br />

-<br />

OHE<br />

Celle<br />

OHE<br />

Wittingen<br />

Stendal /<br />

Magdeburg / Berlin<br />

Wunstorf<br />

Gifhorn<br />

Wolfsburg<br />

Minden(Westf)<br />

Hannover<br />

Lehrte<br />

VPS<br />

Peine<br />

Braunschweig<br />

Stendal / Berlin<br />

Magdeburg /<br />

Berlin /<br />

Halle(Saale)<br />

Niederlande / Osnabrück<br />

Elze(Han)<br />

Hildesheim<br />

Löhne<br />

Hameln<br />

SFS<br />

Salzgitter<br />

Ruhrgebiet / Bielefeld<br />

Paderborn / Dortmund<br />

Kreiensen<br />

Seesen<br />

Goslar /<br />

Bad Harzburg<br />

Halberstadt /<br />

Halle (Saale)<br />

Nordhausen / Erfurt<br />

Strecken der DB Netz AG:<br />

Strecken der BTE, EVB, VGH, OHE und VPS :<br />

zweigleisig: elektrifiziert / nicht elektrifiziert<br />

eingleisig: elektrifiziert / nicht elektrifiziert<br />

eingleisig: nicht elektrifiziert<br />

Göttingen /<br />

Süddeutschland<br />

Engpässe, Konfliktpunkte,...:<br />

+<br />

heute / zusätzlich durch Y-<strong>Trasse</strong><br />

/<br />

-<br />

Entfall des Konfliktpunktes durch<br />

Ausbau nach Variante "Güterbahn"<br />

Entfall /Entschärfung durch Variante<br />

"Güterbahn" und Y-<strong>Trasse</strong><br />

Entfall weiterer Konfliktpunkte durch<br />

Ausbau nach <strong>VCD</strong>-Forderung<br />

BTE: Bremen-Thedinghauser Eisenbahn GmbH (ab Bremen-Huchting)<br />

EVB: Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser GmbH<br />

OHE: Osthannoversche Eisenbahn AG<br />

VGH: Verkehrsbetriebe Grafschaft Hoya GmbH<br />

VPS: Verkehrsbetriebe Peine-Salzgitter GmbH<br />

Abb. A-1: Eisenbahninfrastruktur Untersuchungsraum heute, mit Engpässen,...<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 87


Anhang<br />

konfliktfreie Streckenführung im Bahnhof Buchholz (Nordheide) und Celle<br />

(Variante Güterbahn)<br />

Buchholz (Nordheide)<br />

von / nach Hamburg<br />

von / nach Soltau (Han) - Maschen<br />

von / nach Hamburg<br />

von / nach Wittingen<br />

von / nach Bremen<br />

von / nach Maschen<br />

von / nach Hannover<br />

von / nach Lehrte<br />

von / nach Soltau (Han) - Celle / Hannover<br />

Celle<br />

Abb. A-2: konfliktfreie Streckenführung im Bahnhof Buchholz (Nordheide) und Celle<br />

Abfahrtszeiten (ab Minute)der IC- und ICE-Züge in Hamburg Hbf Richtung Bremen und Hannover<br />

Fahrplan<br />

03 02 01/00 99 98/97 97/96 96/95<br />

nach Bremen 46 47 47 47 53 53 53<br />

nach Frankfurt (M) 19 18 24 11 bzw. 16 36 38 38<br />

nach München 56 02 bzw. 57 01 bzw. 05 00 bzw. 56 08 08 bzw. 13 08 bzw. 13<br />

Abb. A-3: Abfahrtszeiten ICE und IC Hamburg Hbf Æ Bremen und Hannover<br />

<strong>VCD</strong> LV Niedersachsen: Hochleistungsschienennetz <strong>statt</strong> Y-<strong>Trasse</strong> Seite 88


Anhang<br />

- Kontrollrechnung zu [Breimeier, 2/2001]<br />

Mit Hilfe eines Überschlagverfahrens [Breimeier, 1999], das die auf den deutschen Neubaustrecken erzielten<br />

Verkehrsgewinne realitätsnah widerspiegelt, lassen sich folgende zusätzliche Personen-Verkehrsleistungen<br />

errechnen, gemessen in Reisenden-Kilometer je Jahr(Rkm/a):<br />

Güterbahn 57,77 Mio. Rkm/a<br />

Direttissima<br />

247,81 Mio. Rkm/a<br />

Y-<strong>Trasse</strong><br />

250,79 Mio. Rkm/a<br />

Die Formel für das Überschlagsverfahren im SPFV lautet [Breimeier, 1999, S. 79]:<br />

RE= 7951 • (E1 • E2) 0,954 / LE 1,535 • (d1/dd • d2/dd) 0,954 • (VR / 100) 0,875<br />

RE: Anzahl der Eisenbahnreisenden einer Relation je Tag, Summe beider Richtungen<br />

E: Einwohnerzahl einer Stadt oder Verkehrszelle (100 000)<br />

LE: Eisenbahn-Entfernung (km)<br />

d: Dienstleistungsanteil des Brutto-Inlands-Produkts (BIP) je Einwohner und Jahr (DM/E und Jahr)<br />

di: d-Wert in der Stadt i (DM/E und Jahr)<br />

dd: Durchschnittswert von d im Bundesgebiet (DM/E und Jahr)<br />

VR: Durchschnittliche Reisegeschwindigkeit der Züge einschließlich aller Zwischenhalte (km/h)<br />

Die Werte di und dd sind von den Statistischen Landesämtern zu erfragen. Für Großstädte gilt in etwa di / dd = 2.<br />

Dieses ist ein einfaches Gravitationsmodell. Insgesamt ist, so Breimeier, die starke Entfernungsdegression<br />

des Verkehrsvolumens auffallend.<br />

Kontrollrechnung<br />

Für die Kontrollrechnung werden folgende Werte angesetzt bzw. angenommen:<br />

Einwohnerzahl Hamburg: 1,70 Mio. Æ 17,0; Stadt Bremen: 0,54 Mio. Æ 5,4; Hannover: 0,52 Mio. Æ 5,2<br />

Länge der Eisenbahnstrecken / Fahrzeit / durchschnittliche Reisegeschwindigkeit:<br />

Bremen - Hannover (heute): 122 km 60 min. 122 km/h<br />

Bremen - Hannover (Y-<strong>Trasse</strong>):<br />

130 km 51 min 153 km/h<br />

(130 km wg. Umweg über Langenhagen)<br />

Hamburg Hbf - Hannover (heute): 178 km 75 min 142 km/h<br />

Hamburg Hbf - Hannover (Güterbahn) 178 km 70 min 152 km/h<br />

Hamburg Hbf - Hannover (Y-<strong>Trasse</strong>) 170 km (geschätzt) 61 min 167 km/h<br />

Hamburg Hbf - Hannover (Direttissima) 160 km (geschätzt) 57 min 168 km/h<br />

Daraus folgen Reisende pro Tag / pro Jahr (•365)<br />

Reisende heute Bremen - Hannover 536<br />

Reisende „Y-<strong>Trasse</strong>“ Bremen - Hannover 593<br />

zusätzliche Reisende<br />

+57 / +20.805 Reisende<br />

Reisende heute Hamburg - Hannover 1.025<br />

Reisende Y-<strong>Trasse</strong> Hamburg - Hannover 1.267<br />

zusätzliche Reisende Y-<strong>Trasse</strong><br />

+242 / + 88.330 Reisende<br />

Reisende „Güterbahn“ Hamburg - Hannover 1.087<br />

zusätzliche Reisende Güterbahn<br />

+ 62 / + 22.630 Reisende<br />

Reisende „Direttissima“ 1.398<br />

zusätzliche Reisende Direttissima<br />

+ 373 / + 136.142 Reisende<br />

Dieses ergibt folgende zusätzliche Rkm/a (nur Direktfahrer Hamburg/Bremen - Hannover):<br />

Güterbahn 4.03 Mio.<br />

Y-<strong>Trasse</strong> 2.70 Mio. + 15.02 Mio. = 17.72 Mio.<br />

Direttissima<br />

21,80 Mio.<br />

Für die Relation Hamburg - Großraum Frankfurt(M) (Schwerpunkt Frankfurt(M) Hbf) mit angenommenen 2<br />

Mio. Einwohnern einer Entfernung von 517 km / 509 km (heute/mit Y-<strong>Trasse</strong>), einer Reisezeit von 217 Min. /<br />

203 Min, einer Reisegeschwindigkeit von 142,95 km/h / 150,44km/h ergeben sich 725 / 777 Reisende (heute<br />

/ mit Y-<strong>Trasse</strong>) täglich oder 52 zusätzliche Reisende. Bei einer Entfernung von 517 km ergeben sich pro<br />

Jahr zusätzlich 9,81 Mio. Rkm.<br />

Werden diese zu den 17,72 Mio. Rkm addiert ergeben sich nur 27,53 Mio. zusätzliche Rkm.<br />

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