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Begegnungen mit Kurt Schwaen und seiner Musik

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lich <strong>und</strong> stilistisch weit gestreut, von der Arie bis zum Couplet. <strong>Schwaen</strong><br />

schrieb drei solcher Opern; <strong>mit</strong> den über siebenh<strong>und</strong>ert Aufführungen der<br />

Abenteuer des Pinocchio hatte er hier seinen schönsten Erfolg.<br />

Dem Experiment aufgeschlossen, wagte sich <strong>Schwaen</strong> <strong>mit</strong> Günter Kunert<br />

Ende der fünfziger Jahre an eine Funk-Oper: Fetzers Flucht. Anfang der<br />

Sechziger arbeiteten die Autoren das Stück fürs Fernsehen um. Beabsichtigt<br />

war keine bloße Anpassung, sondern die Etablierung eines neuen<br />

Mediums. Die Fernsehoper sollte <strong>mit</strong> der Fiktion, daß Singen »realistisch«<br />

sein könne, brechen. Im Gegenteil: Immer dann, wenn bei <strong>Schwaen</strong> <strong>und</strong><br />

Kunert einer zu singen beginnt, gibt es einen Schnitt oder Kamera-Schwenk,<br />

<strong>und</strong> es wird in einer Montage der Text durch Bilder kommentiert. Es ist<br />

eine Dramaturgie konsequenter Verfremdung, <strong>und</strong> sie greift auch auf die<br />

akustische Seite über, etwa wenn die <strong>Musik</strong>, um gleichsam eine Distanzierung<br />

auszudrücken, durch weite Hallräume geschickt wird. Verfremdung<br />

entsteht auch dadurch, daß die Gesangspartien von Schauspielern ausgeführt<br />

wurden, ersten Kräften des Berliner Ensembles, an ihrer Spitze Ekkehard<br />

Schall. Arie, Flüsterchor <strong>und</strong> Moritatengesang, vertrauten Modellen<br />

nachgebildet, geraten in ein surrealistisches Licht; das dazugestellte Bilddokument<br />

bewirkt eine weitere Brechung.<br />

Die Kritiken waren böse, man sprach von Schematismus <strong>und</strong> Dekadenz,<br />

von einem Dadaistenspuk. Die Oper verschwand in der Versenkung <strong>und</strong><br />

<strong>mit</strong> ihr überhaupt das Projekt »Fernsehoper«.<br />

<strong>Schwaen</strong>s bisher letzter Oper Craqueville oder die unschuldige Sünderin<br />

liegt eine Idee Brechts zugr<strong>und</strong>e. 1953 hatte Brecht seinen Meisterschülern<br />

Wera <strong>und</strong> Claus Küchenmeister Marcel Pagnols Die Frau des Bäckers<br />

als Operettenstoff empfohlen – denn eine Operette bringe Geld. Er hat<br />

sich sogar selber darum gekümmert <strong>und</strong> Ratschläge gegeben, auch<br />

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