Laborinformation zur Thrombozytenfunktionsdiagnostik
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<strong>Laborinformation</strong> <strong>zur</strong><br />
<strong>Thrombozytenfunktionsdiagnostik</strong><br />
Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,<br />
wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass wir die <strong>Thrombozytenfunktionsdiagnostik</strong> in unser<br />
Leistungsspektrum aufgenommen haben. Ab sofort können Sie Patientenproben bei unklarer<br />
Blutungsneigung oder einer anderen unten aufgeführten Indikation einsenden. Aufgrund der Instabilität<br />
der Thrombozyten möchten wir Sie besonders auf die präanalytischen Aspekte hinweisen.<br />
Für Funktionsstörungen der Thrombozyten kommen neben angeborenen zunehmend auch erworbene<br />
Ursachen in Frage. In der Mehrzahl der Fälle gehen diese Thrombozytopathien mit einer herabgesetzten<br />
Funktion und daraus resultierender vermehrten Blutungsneigung einher.<br />
Das klinische Erscheinungsbild besteht typischerweise aus petechialen Blutungen, Hämatomen bereits<br />
nach Bagatellverletzungen, spontanes Nasenbluten, Menorrhagien, verlängerten Schleimhautblutungen,<br />
z.B. nach Zahnextraktionen und nach Tonsillektomie.<br />
Angeborene Thrombozytenfunktionsstörungen sind selten. Die Ursachen werden in Adhäsionsdefekte,<br />
Aggregationsstörungen, Sekretionsdefekte und Störungen der Freisetzungsreaktion oder der<br />
Thrombinbildung unterschieden. Die häufigste angeborene Thrombozytopathie ist das von-Willebrand-<br />
Syndrom, das bei ca. 1% der Bevölkerung vorkommt und damit die häufigste nicht-erworbene Ursache<br />
einer vermehrten Blutungsneigung darstellt.<br />
Erworbene Plättchenfunktionsstörungen sind im Gegensatz zu den angeborenen relativ häufig und können<br />
durch verschiedene Erkrankungen (Niereninsuffizienz, Leberinsuffizienz, myeloproliferative<br />
Erkrankungen u.a.) sowie als Haupt- oder Nebenwirkungen von Arzneimitteln auftreten. Neben der häufig<br />
unkontrollierten Selbstmedikation mit nicht-steroidalen Entzündungshemmern (z.B. ASS und Ibuprofen)<br />
und der gewünschten Therapie mit Thrombozytenfunktionshemmern <strong>zur</strong> Primär- und<br />
Sekundärprophylaxe bei Patienten mit kardiovaskulären Risiken können auch unterschiedliche<br />
Antibiotika, Psychopharmaka und Zytostatika zu eine Blutungsneigung führen.<br />
Bei der Therapie mit Thrombozytenfunktionshemmern steht allerdings die Wirksamkeit der Medikation<br />
und nicht die pathologisch gesteigerte Blutungsneigung im Fokus des Klinikers. Die Zahl der Patienten,<br />
die trotz doppelter Aggregationshemmung erneute Gefäßverschlüsse oder Stentthrombosen erleiden liegt<br />
zwischen 5 und 40 %. In mehreren klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass Patienten die mittels<br />
Multiplate ® als Clopidogrel-„Low-Responder“ stratifiziert wurden, ein erhöhtes Risiko für eine<br />
Stentthrombose hatten als „High-Responder“. Durch Einsatz neuerer Medikamente (z.B. Prasugrel,<br />
Ticagrelor) kann das Risiko für ischämische Ereignisse bei den „Low- oder Non-Respondern“ weiter<br />
reduziert werden. Nachteil dieser Therapie ist eine erhöhte Rate von Blutungskomplikationen. Die<br />
Prüfung der Wirksamkeit kann zwischen „Non-Respondern“ und „Respondern“ unterscheiden und somit<br />
einen wichtigen Teil im Rahmen der Nutzen-Risiko-Abwägung darstellen.<br />
Im Gegensatz zu einer verminderten Thrombozytenfunktion wird eine gesteigerte Aktivierbarkeit der<br />
Blutplättchen als mögliche Ursache vor allem arterieller Thrombosen diskutiert. Für diese Fragestellung<br />
sind die etablierten Thrombozytenfunktionsteste noch nicht ausreichend evaluiert.<br />
Indikation:<br />
• Abklärung einer vermehrten Blutungsneigung bei V.a. angeborene oder erworbene<br />
Thrombozytopathie<br />
• Kontrolle der Wirksamkeit einer Therapie mit Thrombozytenfunktionshemmern<br />
• Überwachung des Effekts von Minirin ® auf die durch COX-1-Hemmer induzierten<br />
Thrombozytenaggregationshemmung.<br />
• Präoperativ bei Patienten mit entsprechender Risikoanamnese<br />
Bitte wenden
Präanalytik:<br />
Neben der Anamnese, die bereits eine erste Verdachtsdiagnose liefern kann, ist die Präanalytik essenziell.<br />
Durch Fehler in der Präanalytik kann das Probenmaterial so verändert werden und können die<br />
Analyseergebnisse soweit beeinträchtigt werden, dass sie diagnostisch unbrauchbar sind.<br />
• Die Blutentnahme sollte erst kurz vor Eintreffen des Laborkuriers erfolgen (alternativ:<br />
Abnahme direkt im Labor), da die Untersuchung innerhalb von 4 Stunden nach der<br />
Blutabnahme aufgrund der Labilität der Thrombozyten erfolgen muss.<br />
• Idealerweise sollte die Probengewinnung morgens am ausgeruhten Patienten erfolgen.<br />
• Dabei ist eine zu lange Stauung und ein zu starker Sog zu vermeiden, da es ansonsten <strong>zur</strong><br />
Freisetzung von Fibrinolyse-aktivierenden Substanzen oder des von-Willebrand-Faktors aus dem<br />
Gefäßendothel kommen kann.<br />
• Butterfly-Kanülen mit Kunststoffschlauch oder herkömmliche Injektionsnadeln mit mind. 21<br />
Gauge Durchmesser können <strong>zur</strong> Abnahme in Lithium-Heparinat-Monovetten (ohne Gel)<br />
verwendet werden (alternativ: Hirudin-antikoaguliertes Vollblut).<br />
• Die Patientenprobe muss vollständig gefüllt, darf nicht zentrifugiert und auch keinen großen<br />
Temperaturschwankungen ausgesetzt werden. Die Lagerung und der Transport erfolgen am<br />
besten bei Raumtemperatur.<br />
Testprinzip:<br />
Die Plättchenfunktions-Analyse erfolgt mittels Impedanz-Aggregometrie am Multiplate®-System.<br />
Hierbei wird antikoaguliertes Vollblut mit Thrombozytenaktivatoren in einer Messzelle mit parallel<br />
angeordneten Sensordrähten gemischt. Aktivierte Thrombozyten haften an der Sensoroberfläche und<br />
aggregieren. Die dadurch bedingte Veränderung des elektrischen Widerstandes wird als Fläche unter der<br />
Aggregationskurve aufgezeichnet. Je nach Fragestellung werden ADP, Arachidonsäure, TRAP, Kollagen,<br />
Ristocetin als Aktivatoren eingesetzt.<br />
Referenzbereiche*:<br />
Arachidonsäure<br />
79 – 141 AUC Units<br />
ADP<br />
55 – 117 AUC Units<br />
Ristocetin, high (0,77 mg/ml)<br />
65 – 116 AUC Units<br />
Ristocetin, low (0,2 mg/ml)<br />
13 – 69 AUC Units<br />
TRAP-6<br />
92 – 151 AUC Units<br />
Kollagen<br />
61 – 108 AUC Units<br />
*für Lithium-Heparinat-antikoaguliertes Vollblut entsprechend den Produktinformationen des Herstellers<br />
Anforderung:<br />
• Aufgrund der besonderen essentiellen präanalytischen Anforderungen ist die Analytik nur nach<br />
telefonischer Voranmeldung (Tel. 0251-60916-119 oder -222/-232) möglich.<br />
• Für eine optimale Abarbeitung und Befundung sind klinische Angaben, insbesondere die<br />
Fragestellung und die aktuellen Medikamenten-Anamnese (Dosis, Indikation und Zeitpunkt der<br />
letzten Einnahme), sowie der Entnahmezeitpunkt notwendig.<br />
Abrechnung:<br />
EBM: 32228, GOÄ: 3961<br />
Für weitere Informationen können Sie sich gerne mit Frau Dr. Adam (Tel. 0251-60916-119) in<br />
Verbindung setzen.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Ihre Laborärzte<br />
Literatur:<br />
Mani H., Wolf Z., Lindhoff-Last E.; Fortschritte in der Thrombozytenfunktion, Hämostaseologie 2010; 30: 217 – 229<br />
Ivandic B., Frey N.; Neue Ansätze und Indiaktionen <strong>zur</strong> Plättchenfuntkionsdiagnostik in der Kardiologie, Hämostaseologie 2011; 31: 73 – 76<br />
Schneppenheim R., Budde U., von-Willebrand-syndrom und von-Willebrand-Faktor, UNI-Med Verlag, 2004