Hausbesuch 50 Jahre St. Vinzenz Stolpersteine ... - aha-Magazin
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oben: Der Künstler spricht zu den Anwesenden, daneben Schüler des Einstein-Gymnasiums<br />
links: Künstler Gunter Demnig verlegt an der Schlossstraße die ersten Gedenksteine<br />
<strong>St</strong>olpersteine<br />
Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus<br />
// Rheda-Wiedenbrück (wl). Sie heißen zwar <strong>St</strong>olpersteine, doch<br />
der Betrachter stolpert keineswegs darüber. Im Gegenteil: Wer lesen<br />
will, was auf den Messing Pflastersteinen steht, muss sich verneigen.<br />
Denn sie sind Erinnerungen an die Menschen, die Opfer<br />
des Nationalsozialismus wurden und als Juden in Konzentrationslagern<br />
getötet wurden. »Heute ist ein denkwürdiger Tag,<br />
denn Rheda-Wiedenbrück wird heute Teil eines europäischen<br />
Kunstprojektes, vielmehr eines Gedenk-Projkets, das an die millionenfache<br />
Menschenvernichtung des Nazi-Regimes erinnert«,<br />
brachte Bürgermeister Theo Mettenborg bei der Verlegung der<br />
ersten Gedenksteine an der Schlossstraße am Synagogengedenkstein<br />
zum Ausdruck. Das Projekt »<strong>St</strong>olpersteine« hat sich der<br />
Künstler Gunter Deming zur Lebensaufgabe gemacht. An knapp<br />
1000 Verlegeorten in Deutschland und Europa hat er inzwischen<br />
33.000 <strong>St</strong>olpersteine verlegt. Der 40.000ste Gedenkstein wird in<br />
Kürze in Holland verlegt. Durch seine Initiative erhält jedes Opfer<br />
seinen eigenen <strong>St</strong>ein, einen <strong>St</strong>ein, auf dem sein Name steht, um<br />
die Erinnerung wach zu halten. Vor vielen <strong>Jahre</strong>n hätte Deming<br />
in Berlin-Kreuzberg die ersten <strong>St</strong>eine noch illegal verlegt; später<br />
wurden sie legalisiert, erklärte Mettenborg. Das Projekt wird getragen<br />
von einer breiten Schicht der Bevölkerung, die als Paten<br />
für die <strong>St</strong>olpersteine auftreten. In Rheda-Wiedenbrück sind es<br />
bislang 33 Personen oder Vereine, die namentlich hinter dem Projekt<br />
stehen. In Rheda wurden an vier <strong>St</strong>andorten 16 <strong>St</strong>eine verlegt.<br />
Doch dabei soll es nicht bleiben. Im Herbst und im kommenden<br />
Jahr sind weitere Verlegeaktionen geplant. Als Deming<br />
die ersten <strong>St</strong>eine einsetzte, herrschte <strong>St</strong>ille. Wäre der Verkehrslärm<br />
nicht gewesen, man hätte eine <strong>St</strong>ecknadel fallen hören. Die<br />
Anwesenden waren betroffen, hatten einen Kloß im Hals, trauerten<br />
leise. Schüler der Israel AG des Einstein-Gymnasiums spiel-<br />
ten das »Jerusalemlied« und sagten zu jedem <strong>St</strong>ein, an wen sie<br />
gedenken. An der Schlossstraße wird erinnert an Henriette Weinberg,<br />
Hedwig Lievendag, Flora Kuttner, Alexius Ziegler. An der<br />
Kleinen <strong>St</strong>raße sind <strong>St</strong>olpersteine für Emma <strong>St</strong>ein, Hugo Heinemann,<br />
Otto Heinemann, Bertold Levy und Max Levy. Am Großen<br />
Wall wurden die Messingsteine verlegt für Abr<strong>aha</strong>m Goldschmidt,<br />
Joseph Goldschmidt, Selma Höfer, Irene Levy, Helma<br />
Hartmann, Käthe Mosbach, Hedwig Werner. Der Bürgermeister<br />
dankte den Heimatvereinen, die akribische Vorarbeit geleistet haben,<br />
sowie auch den Schülerinnen und Schülern der beiden Gymnasien<br />
und der Osterrath-Realschule, die sich intensiv mit dem<br />
Thema auseinandersetzen. Der Künstler selbst meinte, dass es<br />
überflüssig sei zu sagen, dass es ein Grund zur Freude sei. Es sei<br />
für ihn ein wichtiger Tag, denn jeder <strong>St</strong>ein der dazu käme, sei ein<br />
wichtiger <strong>St</strong>ein. Rheda-Wiedenbrück sei die 857. Kommune in<br />
Deutschland, insgesamt seien es mehr als 1.000 Orte in ganz<br />
Europa. Er fand es besonders bemerkenswert, dass sich so zahlreiche<br />
Schüler mit den Schicksalen der jüdischen Familien beschäftigen.<br />
Bei seinen Reisen durch die Lande würde er feststellen,<br />
dass Angehörige der Ermordeten, obgleich es jetzt 70 <strong>Jahre</strong><br />
her ist, von weit her angereist kämen und die <strong>St</strong>olpersteine als<br />
eine Art Schlusssteine sehen würden. »Es ist der Ort, wo die Menschen<br />
vor ihrer Deportation gewohnt haben, dort kann man sich<br />
erinnern und trauern«, so Gunter Demnig.<br />
// Juli 2013<br />
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