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LADYSPECIAL - Morgenweb

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<strong>LADYSPECIAL</strong><br />

Mia, die wie Marinic eine kroatische Vor- und<br />

Familiengeschichte hat. Toronto, Berlin und die<br />

kroatische Provinz sind die Orte der Handlung.<br />

Es wird viel gesprochen, sinniert und in der Vergangenheit<br />

gesucht. Nach Erinnerungen. Nach<br />

Geschichten. Nach Sinn und Identität. Und am<br />

Ende steht die vielleicht ja sogar glückliche Erkenntnis,<br />

dass Identität und Glück vor allem in<br />

uns selbst zu finden sind und sonst nirgendwo.<br />

Wie kommt sie zu einem, wie kommt sie zu diesem<br />

Buch? Es sei nicht die Idee zu einem Buch<br />

oder zu einem Plot, es sei keine Geschichte, die<br />

am Anfang stehe, sagt sie. „Es fängt immer mit<br />

Personen an, mit Figuren.“ Sie müssen offenbar<br />

aus ihr heraus. Im Falle von „Restaurant Dalmatia“<br />

habe sie einer Minderheit eine Stimme<br />

geben und dem Land zeigen wollen, dass diese<br />

kroatischen Immigranten genau so bundesrepublikanische<br />

Geschichte sind wie jeder andere in<br />

diesem Land, egal ob deutsch oder nicht. Hinzu<br />

kommt, dass die Personen in dem Roman weitgehend<br />

so real sind wie das Restaurant im Berliner<br />

Stadtteil Wedding, in dem ein großer Teil<br />

der Handlung spielt. Sie existieren in der Wirklichkeit.<br />

Nur Jesus, jener durch Berlin streunende<br />

weise Stadtindianer und Alltags-Philosoph,<br />

ist hinzuerfunden. Ausgerechnet Jesus, der bei<br />

Marinic wahlweise auch Chesus heißt!<br />

Literatur, die in der<br />

Normalität Platz findet<br />

Mittlerweile sind wir unter der Kurt-Schumacher-Brücke<br />

durchgegangen, haben viel Schrott,<br />

viel Beton, viel totes, seelenloses Material mit<br />

Patina gesehen, alte Kräne und Bagger gequert,<br />

stolpern über Kies und balancieren auf verrosteten<br />

Bahngleisen, weil der Weg zu eng geworden<br />

ist. Hier, direkt vor unserer Nase, treibt ein leerer<br />

Blumentopf den Rhein hinunter. „Nichts“,<br />

sagt sie, „ist so spannend wie die Realität.“ Doch<br />

obwohl viel Reales in ihrer Literatur steckt, ist<br />

sie doch nicht ihr Abbild, weist darüber hinaus,<br />

wird bisweilen fast surreal.<br />

Marinic lebt in Heidelberg, wo sie auch studierte.<br />

Seit mehr als einem Jahr hat sie dort als Leiterin<br />

das Interkulturelle Zentrum aufgebaut. Es<br />

ist, so könnte man sagen, ihr Hauptberuf geworden.<br />

Wie sie da überhaupt noch zum Schreiben<br />

kommt? Das Zentrum, sagt sie, gebe ihr eher<br />

Halt und Ruhe, aus der heraus ihre literarische<br />

Arbeit entstehen kann. Marinic spricht: „Das ist<br />

für mich jetzt der Ausgangspunkt für kreative<br />

Prozesse.“ Sie bekomme jetzt auch noch Hilfe<br />

in administrativen Dingen, so dass sich auch in<br />

den Arbeitszeiten eine gewisse Normalität einstellen<br />

werde. Literatur, ihre Literatur, so geht<br />

es einem durch den Kopf, muss in dieser Normalität<br />

Platz finden.<br />

Und plötzlich, einige Schritte weiter auf der<br />

schmaler und schmaler werdenden Landzunge<br />

und fast wie aus heiterem Himmel, sagt sie<br />

diesen Satz: „Literatur geht für mich immer von<br />

einem Schmerzzentrum aus, von einer inneren<br />

Verletzung, einer Ur-Wunde, um die herum wir<br />

unsere Persönlichkeit bauen.“ Ist das die Keimzelle<br />

ihres literarischen Schaffens, sozusagen<br />

ihr Urtrieb? Immerhin nennt sie den aus der<br />

Dominikanischen Republik stammenden US-<br />

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