Download der Dokumentation - NOBI
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Frauen mit Migrationshintergrund ‐<br />
stille Reserve für den Arbeitsmarkt?<br />
<strong>Dokumentation</strong> <strong>der</strong> Fachveranstaltung<br />
am 25. November 2013 in <strong>der</strong> Handwerkskammer Hamburg<br />
www.nobi‐nord.de
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
IQ Netzwerk Hamburg – <strong>NOBI</strong><br />
Handwerkskammer Hamburg<br />
Holstenwall 12, 20355 Hamburg<br />
Tel.: 040 35905 0<br />
www.nobi‐nord.de<br />
www.hwk‐hamburg.de<br />
Die Veranstaltung fand in Kooperation statt mit:<br />
FLAKS e.V. ‐ Zentrum für Frauen in Altona<br />
SCHURA – Rat <strong>der</strong> islamischen Gemeinschaften in Hamburg e.V.<br />
Redaktion:<br />
Eliane Clauditz und Gesine Keßler‐Mohr, Handwerkskammer Hamburg<br />
Fotos:<br />
Michaela Ludwig, Handwerkskammer Hamburg<br />
Alle Rechte vorbehalten<br />
© 2014<br />
Hamburg, Januar 2014<br />
Das Netzwerk IQ wird geför<strong>der</strong>t durch:<br />
Das IQ Netzwerk Hamburg – <strong>NOBI</strong> wird<br />
koordiniert durch:
Frauen mit Migrationshintergrund ‐ stille Reserve für den Arbeitsmarkt?<br />
Programm<br />
Begrüßung 4<br />
Frank Glücklich, Hauptgeschäftsführer <strong>der</strong> Handwerkskammer Hamburg<br />
Input: „Geschlecht, Migration und Arbeit – Erkenntnisse, Fragen und Handlungsempfehlungen“ 4<br />
Prof. Dr. Christine Färber, HAW Hamburg<br />
Diskussionsrunde: „Frauen mit Migrationshintergrund in Hamburg – Fachkräfte und stille Reserve?“ 5<br />
Zusammenfassung <strong>der</strong> zentralen Aussagen von<br />
• Petra Lotzkat, BASFI, Leitung des Amtes für Arbeitsmarkt und Integration<br />
• Özlem Nas, SCHURA Hamburg e.V. und Mitglied des Hamburger Integrationsbeirates<br />
• Corinna Nienstedt, Handelskammer Hamburg, Geschäftsführerin Internationales<br />
• Hjalmar Stemmann, Vizepräsident <strong>der</strong> Handwerkskammer Hamburg<br />
Vier parallele Fachforen – Fotodokumentation <strong>der</strong> Ergebnisse 8<br />
Fachforum 1: 8<br />
„Mutter, Migrantin, hochqualifiziert und belastbar sucht zum nächsten Zeitpunkt Putzjob …“<br />
Fachforum 2: 9<br />
„Beratung von Migrantinnen mit erhöhten Zugangsbarrieren in die Arbeitswelt!“<br />
Fachforum 3: 10<br />
„Arbeitsmarkt: Brauchen Frauen mit Migrationshintergrund eine Son<strong>der</strong>behandlung?“<br />
Fachforum 4: 11<br />
„Networking, Karriere, Selbstständigkeit – Realität für Frauen mit Migrationshintergrund?“<br />
Wirtschaft konkret: „Vielfalt – Wanted: Frauen“ 12<br />
Zusammenfassung <strong>der</strong> zentralen Aussagen von<br />
• Besim Ameti, Dat Backhus, Ausbil<strong>der</strong> und Personalentwickler<br />
• Döndü Kischkel, GRG Services Hamburg, Teamleiterin Personal<br />
• Stefanie Schiering, Dataport, Ausbildungsleiterin<br />
Mo<strong>der</strong>ation: Fuat Kamçılı<br />
3
Frauen mit Migrationshintergrund ‐ stille Reserve für den Arbeitsmarkt?<br />
Begrüßung<br />
Frank Glücklich, Hauptgeschäftsführer <strong>der</strong> Handwerkskammer Hamburg<br />
Input: „Geschlecht, Migration und Arbeit – Erkenntnisse, Fragen und<br />
Handlungsempfehlungen“<br />
Prof. Dr. Christine Färber, HAW Hamburg<br />
Die vollständige Präsentation von Frau Prof. Dr. Färber finden Sie in <strong>der</strong> Anlage <strong>der</strong> <strong>Dokumentation</strong>.<br />
4
Frauen mit Migrationshintergrund ‐ stille Reserve für den Arbeitsmarkt?<br />
Diskussionsrunde: „Frauen mit Migrationshintergrund in Hamburg – Fachkräfte und stille<br />
Reserve?“<br />
Zusammenfassung <strong>der</strong> zentralen Aussagen von<br />
• Petra Lotzkat, Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, Leitung des Amtes für Arbeitsmarkt und<br />
Integration<br />
• Özlem Nas, SCHURA Hamburg e.V. und Mitglied des Hamburger Integrationsbeirates<br />
• Corinna Nienstedt, Handelskammer Hamburg, Geschäftsführerin Internationales<br />
• Hjalmar Stemmann, Vizepräsident <strong>der</strong> Handwerkskammer Hamburg<br />
Petra Lotzkat<br />
hält fest, dass es in Hamburg viele positive Beispiele gelungener Arbeitsmarktintegration von Frauen mit<br />
Migrationshintergrund gibt. Dennoch sei die Beschäftigungsquote zu gering. Zum Teil gelten die gleichen<br />
Rahmenbedingungen wie auch bei Frauen ohne Migrationshintergrund. Zentral seien hier Maßnahmen wie z.B. <strong>der</strong><br />
Ausbau von Kita‐Plätzen und Möglichkeiten zur Ganztagsbetreuung von Kin<strong>der</strong>n. Festzuhalten sei, dass es nach wie<br />
vor insbeson<strong>der</strong>e Kopftuchträgerinnen und dunkelhäutige Menschen beim Arbeitsmarktzugang schwer haben.<br />
Mit dem neuen Hamburger Integrationskonzept habe sich die Stadt u.a. zum Ziel gesetzt, den Anteil von jugendlichen<br />
Migranten mit Hochschulabschluss zu steigern. Die Bildungsvoraussetzungen dafür seien in Hamburg gut. Vor dem<br />
Hintergrund, dass <strong>der</strong> Anteil von Kin<strong>der</strong>n mit Migrationshintergrund weiter zunehme, sei auch die Investition in die<br />
Berufswahl entscheidend, die in Hamburg durch eine Berufsorientierung ab Klasse 8 gewährleistet werde.<br />
Für Menschen, die schon lange in Deutschland leben, gebe es in Hamburg beson<strong>der</strong>e Maßnahmen. Zu nennen sei vor<br />
allem das Landesgesetz zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen. Bisher wurden bereits mehr als 3.000<br />
Beratungen zum Bundes‐ und Landesanerkennungsgesetz durch die ZAA durchgeführt, zudem halte die Stadt<br />
Hamburg ein Stipendienprogramm zur finanziellen Unterstützung des Anerkennungsverfahrens vor.<br />
Bzgl. <strong>der</strong> Kopftuchdebatte ist Frau Lotzkat <strong>der</strong> Ansicht, dass diese aufhören müsse. Das Tragen eines Kopftuches<br />
müsse als selbstverständlich angenommen werden. Betriebe, die hier nicht mitgehen, vergeben zentrale Chancen für<br />
die Zukunft. Beispiele erfolgreicher Frauen seien hier wichtig, um Betrieben die Vorbehalte zu nehmen und ihnen Mut<br />
zu machen.<br />
Der Appell richtet sich daher an die Wirtschaft: Sie bittet die Kammern, Aktivitäten verstärkt in die Betriebe zu<br />
transportieren. Die Stadt unterstützt diese Aufgabe mit diversen ESF‐finanzierten Projekten.<br />
5
Frauen mit Migrationshintergrund ‐ stille Reserve für den Arbeitsmarkt?<br />
Özlem Nas<br />
betont, dass weitere Maßnahmen erfor<strong>der</strong>lich seien, um die Arbeitsmarktintegration von Frauen mit<br />
Migrationshintergrund zu verbessern. Es gäbe zwar Positivbeispiele, jedoch muss insbeson<strong>der</strong>e gegen Diskriminierung<br />
mehr getan werden. Vor allem Frauen mit Kopftuch werden am Arbeitsmarkt weiterhin ausgegrenzt. Unabhängige<br />
Beratungsstellen sind wichtig, um hier entgegenzuwirken. Zudem ist es notwendig, durch top‐down‐ und bottom‐up‐<br />
Prozesse in Unternehmen Mitarbeitende und Führungskräfte für das Thema Diskriminierung zu sensibilisieren. Dies<br />
sei auch ein Thema für den Umgang mit Kopftuchträgerinnen in den Jobcentern.<br />
Frau Nas beobachte, dass viele Frauen mit Resignation, Perspektivlosigkeit und psychischen Problemen reagieren.<br />
Trotzdem melden sich immer noch zu wenige Menschen, wenn ihnen Alltagsdiskriminierung wi<strong>der</strong>fährt. Weitere<br />
Probleme seien die doppelt so häufige Armutsgefährdung von Frauen mit Migrationshintergrund und Schwierigkeiten<br />
<strong>der</strong> Existenzsicherung durch Ungleichbehandlung. Zudem könne fehlende Wertschätzung auch zu Verlusten für den<br />
deutschen Arbeitsmarkt führen, weil z.B. hochqualifizierte Türken auswan<strong>der</strong>n.<br />
Anonymisierte Bewerbungsverfahren seien im Ansatz richtig, jedoch komme es für Kopftuchträgerinnen spätestens<br />
im Bewerbungsgespräch zu Problemen. Frau Nas richtet daher ihren Appell an die Unternehmen: Vielfalt muss hier<br />
selbstverständlich gelebt werden und vor allem gewollt sein, damit sich die Situation verbessert.<br />
Hjalmar Stemmann<br />
ist <strong>der</strong> Meinung, dass vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels alle Potenziale gesehen werden<br />
müssen. Im eigenen Zahntechnik‐Unternehmen sei das bereits deutlich spürbar. Z.B. dauert es inzwischen zum Teil<br />
mehr als vier Monate, eine Stelle zu besetzen.<br />
Viele Handwerksbetriebe leben bereits Vielfalt im Unternehmen. Jedoch sei das ein langsamer Prozess, weshalb es<br />
weiteren Handlungsbedarf zur interkulturellen Öffnung gäbe. Für Herrn Stemmann als Unternehmer ist es<br />
selbstverständlich, Frauen mit Migrationshintergrund einzustellen. Maßnahmen wie anonymisierte<br />
Bewerbungsverfahren seien jedoch gerade in kleinen Betrieben ohne Personalabteilung schwer umzusetzen.<br />
Wichtiger sei daher, dass sich die Grundeinstellung <strong>der</strong> Unternehmerinnen und Unternehmer än<strong>der</strong>e. Hierzu müssen<br />
positive Beispiele und Vorbil<strong>der</strong> noch stärker hervorgehoben werden, um zu sensibilisieren. Die Kammer habe hier die<br />
Aufgabe, sich an die Mitgliedsbetriebe zu wenden.<br />
Um alle Potenziale zu nutzen, sei außerdem eine gute Verzahnung des Übergangs von <strong>der</strong> Schule in den Beruf<br />
notwendig. Zum einen müsse <strong>der</strong> Praxisbezug für Schülerinnen und Schüler weiter gestärkt werden, zum an<strong>der</strong>en<br />
müssen Betriebe dabei unterstützt werden, auch schwächere Schülerinnen und Schüler in Ausbildung zu nehmen.<br />
Ein wichtiges Ziel <strong>der</strong> Kammer sei es, den Anteil an Frauen im Handwerk weiter zu erhöhen. Zentral sei hierbei das<br />
Berufswahlspektrum von Mädchen mit und ohne Migrationshintergrund zu erweitern und den Anteil von Frauen an<br />
Aufstiegsqualifizierungen, wie <strong>der</strong> Meisterprüfung, zu erhöhen. Die Kammer arbeite mit verschiedenen Projekten, wie<br />
z.B. zur Teilzeitausbildung, aktiv an dieser Herausfor<strong>der</strong>ung.<br />
Auch kammerintern werden Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund verstärkt in den Fokus genommen. So<br />
werden bereits ca. 30 % <strong>der</strong> Aufgabenbereiche von Frauen geleitet und die Ausbildung in Teilzeit ermöglicht. Zudem<br />
biete die Kammer interkulturelle Schulungen an, die für Mitarbeitende mit Kundenkontakt obligatorisch seien.<br />
Handlungsbedarf gäbe es noch, den Anteil von Mitarbeitenden mit Migrationshintergrund zu erhöhen.<br />
6
Frauen mit Migrationshintergrund ‐ stille Reserve für den Arbeitsmarkt?<br />
Corinna Nienstedt<br />
berichtet, dass die Handelskammer Hamburg zur Beratung von Menschen mit Migrationshintergrund eng mit <strong>der</strong><br />
Arbeitsgemeinschaft selbstständiger Migranten e.V. zusammenarbeite und selbst spezifische Angebote für Frauen<br />
vorhalte, wie z.B. durch eine Existenzgrün<strong>der</strong>innen‐Beauftragte. Frauen haben an<strong>der</strong>e Themen und lassen sich lieber<br />
von Frauen beraten, worauf sich die Kammer eingestellt habe.<br />
Als Rahmenbedingung für eine verbesserte Integration und Bildung befürwortet und unterstützt die Handelskammer<br />
Hamburg die Einführung verpflichten<strong>der</strong> Ganztagsschulen und richtet hier auch einen Appell an die Politik.<br />
Bzgl. <strong>der</strong> Öffnung von Mitgliedsbetrieben für Kopftuchträgerinnen und dunkelhäutige Menschen stellt Frau Nienstedt<br />
fest, dass <strong>der</strong> zunehmende Druck des Fachkräftemangels den Prozess langsam antreibt. Die Kammer selbst<br />
unterstütze den Überzeugungsprozess, wie z.B. durch Empfehlungen in dem Handbuch „Hamburg 2030“ und<br />
vermehrt durch die Darstellung positiver Beispiele und Vorbil<strong>der</strong>, die zur Nachahmung animieren. Generell müsse die<br />
Kammer mit und an den Betrieben arbeiten, um eine Willkommenskultur zu etablieren und für das Thema zu<br />
sensibilisieren. In diesem Zusammenhang bietet Frau Nienstedt Frau Nas an, über gemeinsame Veranstaltungsformate<br />
für Betriebe ins Gespräch zu kommen.<br />
Kammerintern nehme <strong>der</strong> Anteil an Frauen in Führungspositionen zu. Von den Aufgabenbereichsleitungen seien ca.<br />
30% Frauen, bei den Nachwuchsführungskräften liege <strong>der</strong> Anteil schon bei 50%. Im Ehrenamt werden immerhin 28%<br />
<strong>der</strong> Ausschüsse von Frauen geleitet, während im Plenum <strong>der</strong> Handelskammer 18% Frauen vertreten seien. Der Anteil<br />
an Mitarbeitenden mit Migrationshintergrund könne nicht genau beziffert werden, sei jedoch eher gering.<br />
Stimmen und Nachfragen aus dem Publikum<br />
• Der Fachkräftemangel führt dazu, dass die Zielgruppe bei den Betrieben verstärkt in den Blick kommt. Die<br />
Kammern sind in <strong>der</strong> Pflicht, das Thema in die Betriebe zu tragen.<br />
• Anonymisierte Bewerbungsverfahren sollten für Arbeitgeber Standard sein, damit nicht Äußerlichkeiten, son<strong>der</strong>n<br />
die Qualifikation im Fokus steht.<br />
• Der Prozess <strong>der</strong> Interkulturellen Öffnung von Unternehmen ist ein langer Weg, bei dem alle Beteiligten Geduld<br />
miteinan<strong>der</strong> haben sollten. Der Fachkräftemangel sollte hierzu als Chance gesehen werden.<br />
• Frauen mit Migrationshintergrund brauchen eine Lobby, um die berufliche Integration zu verbessern. Hier müssen<br />
alle zusammen arbeiten: Kammern, Wirtschaft und Politik.<br />
• Insgesamt muss <strong>der</strong> sprachlichen Qualifizierung ein höherer Stellenwert eingeräumt werden. Um sich erfolgreich<br />
zu bewerben ist ein B1 Niveau zu wenig, ein B2 Niveau ist das Minimum.<br />
7
Frauen mit Migrationshintergrund ‐ stille Reserve für den Arbeitsmarkt?<br />
Vier parallele Fachforen – Fotodokumentation <strong>der</strong> Ergebnisse<br />
Fachforum 1:<br />
„Mutter, Migrantin, hochqualifiziert und belastbar sucht zum nächsten Zeitpunkt Putzjob …“<br />
• Elke Loh, FLAKS e.V. ‐ Zentrum für Frauen in Altona, Geschäftsführerin<br />
• Serpil Kurukavak‐Volkland, Erika Reglin‐Hormann, FLAKS e.V. Zentrum für Frauen in Altona, Projekt<br />
„Erwerbsperspektiven für Mütter mit Migrationshintergrund“<br />
Anhand von Fallbeispielen aus dem Projekt „Erwerbsperspektiven von Müttern mit Migrationshintergrund“ erhielten<br />
die Teilnehmenden Einblicke in die Zusammenarbeit und Ansprache von Frauen mit Migrationshintergrund. Worauf<br />
kommt es bei <strong>der</strong> Ansprache <strong>der</strong> Frauen an und welchen konkreten Benefit nehmen die Teilnehmerinnen aus dem<br />
Projekt mit? Hierzu wurden im Austausch Vorschläge erarbeitet, wie es für die Frauen weitergehen kann.<br />
Ergebnisse:<br />
8
Frauen mit Migrationshintergrund ‐ stille Reserve für den Arbeitsmarkt?<br />
Fachforum 2:<br />
„Beratung von Migrantinnen mit erhöhten Zugangsbarrieren in die Arbeitswelt!“<br />
• Elife Sari, Belgin Cavas, Zeynep Yayaloglu, Bildungs‐ und Beratungskarawane e.V., Qualifikationsberaterinnen<br />
• Christa Rosenboom, Hayrunisa Aktan, SBB Kompetenz gGmbH, Projektleiterin und Coach „1001 Chance Lern‐ und<br />
Trainingszentrum für muslimische Frauen“<br />
Die Bildungs‐ und Beratungskarawane e.V. und das SBB‐Projekt 1001 Chance machten sichtbar, welche<br />
Zugangsbarrieren Frauen mit Migrationshintergrund zum Arbeitsmarkt haben und wie vielfältig und heterogen die<br />
Zielgruppe ist. In Arbeitsgruppen wurde an unterschiedlichen "Fallbeispielen" aus <strong>der</strong> Praxis erarbeitet, wie eine<br />
passgenaue Beratung angeboten werden kann. Anschließend wurden die Ergebnisse in einer mo<strong>der</strong>ierten Runde im<br />
Plenum vorgestellt und diskutiert.<br />
Ergebnisse:<br />
9
Frauen mit Migrationshintergrund ‐ stille Reserve für den Arbeitsmarkt?<br />
Fachforum 3:<br />
„Arbeitsmarkt: Brauchen Frauen mit Migrationshintergrund eine Son<strong>der</strong>behandlung?“<br />
• Inga Schwarz, basis & woge e.V., Leitung Projekt „migration.works – Diskriminierung erkennen und handeln!“<br />
• Özlem Nas, Schura Hamburg e.V., Frauenbeauftragte<br />
• Mikolaj Ciechanowicz, Deutschlandstiftung Integration, Leitung Stipendienprogramm „Geh Deinen Weg“<br />
• Andrea Bartl, START‐Stiftung – ein Projekt <strong>der</strong> Gemeinnützigen Hertie‐Stiftung – gGmbH, Geschäftsführerin<br />
Für einige Personengruppen ist eine beson<strong>der</strong>e Unterstützung notwendig – so die These. Denn Frauen o<strong>der</strong> Menschen<br />
mit Migrationshintergrund sind in bestimmten beruflichen Positionen unterrepräsentiert. Durch sogenannte Positive<br />
Maßnahmen können bestehende faktische Ungleichheiten verringert werden. Dennoch gibt es Stimmen, die<br />
Maßnahmen zum Nachteilsausgleich kritisch betrachten. Anhand zweier Stipendienprogramme wurde über Sinn und<br />
Zweck von Zielgruppenför<strong>der</strong>ung diskutiert.<br />
Ergebnisse:<br />
10
Frauen mit Migrationshintergrund ‐ stille Reserve für den Arbeitsmarkt?<br />
Fachforum 4:<br />
„Networking, Karriere, Selbstständigkeit – Realität für Frauen mit Migrationshintergrund?“<br />
• Dr. Susanne Dreas, KWB e.V., Bereichsleitung „Frau und Karriere“<br />
• Lioubov Kuchenbecker, Unternehmer ohne Grenzen e.V., Leitung Interkulturelles Frauenwirtschaftszentrum<br />
• Jana Lüdeke, UFH ‐ Unternehmerfrauen im Handwerk, Landesverband Hamburg e.V.<br />
Networking, Karriere, Selbstständigkeit ‐ für gut qualifizierte Frauen mit einer guten Karriere sind das die<br />
Erfolgskriterien – aber nutzen auch Frauen mit Migrationshintergrund die dafür notwendigen Netzwerke? Darüber<br />
wurde anhand von Beispielen gelungener Vernetzung diskutiert.<br />
Ergebnisse:<br />
11
Frauen mit Migrationshintergrund ‐ stille Reserve für den Arbeitsmarkt?<br />
Wirtschaft konkret: „Vielfalt – Wanted: Frauen“<br />
Zusammenfassung <strong>der</strong> zentralen Aussagen von<br />
• Besim Ameti, Dat Backhus, Ausbil<strong>der</strong> und Personalentwickler<br />
• Döndü Kischkel, GRG Services Hamburg, Teamleiterin Personal<br />
• Stefanie Schiering, Dataport, Ausbildungsleiterin<br />
Döndü Kischkel ‐ Teamleiterin Personal bei GRG Services Hamburg<br />
Unternehmensdaten<br />
• Familiengeführtes Gebäu<strong>der</strong>einigungsunternehmen mit bundesweit 3.200 Mitarbeitenden, davon 1.300 am<br />
Standort Hamburg. Frauen mit Migrationshintergrund stellen einen großen Anteil <strong>der</strong> Beschäftigten, sowohl im<br />
gewerblichen als auch im kaufmännischen Bereich.<br />
Innovative Rekrutierungswege<br />
• Es wird schwieriger, offene Stellen zeitnah und adäquat zu besetzen. Um alle Potenziale zu nutzen, setzt GRG auf<br />
neue Wege – speziell in <strong>der</strong> Ansprache von Menschen mit Migrationshintergrund ‐ und ist erfolgreich: z.B.<br />
Stellenanzeigen in nicht‐deutschsprachigen Tageszeitungen und über Konsulate<br />
Sprache, Qualifizierung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind <strong>der</strong> Schlüssel<br />
• Gute Deutschkenntnisse <strong>der</strong> Beschäftigten ‐ sind ein wesentlicher Faktor für das Miteinan<strong>der</strong> und den<br />
Unternehmenserfolg. Insbeson<strong>der</strong>e im Dienstleistungsbereich erwarten die Kunden gute Deutschkenntnisse <strong>der</strong><br />
Mitarbeiter, weshalb GRG Services seinen Beschäftigten berufsbezogene Deutschkurse anbietet. Lei<strong>der</strong> fehle<br />
einigen Mitarbeitenden die Motivation, das Angebot in Anspruch zu nehmen.<br />
• Aufstiegsmöglichkeiten für Mütter – unterstützt das Unternehmen individuell. Ein Beispiel: Eine hoch motivierte<br />
Mitarbeiterin – Kopftuchträgerin und vierfache Mutter – konnte sich durch eine mehrmonatige Qualifizierung zur<br />
Vorarbeiterin weiterbilden. Davon profitieren beide: Mitarbeiterin und Unternehmen.<br />
• Potenziale för<strong>der</strong>n und for<strong>der</strong>n ‐ mit <strong>der</strong> hausinternen GRG Services Academy bietet das Unternehmen allen<br />
Beschäftigten ein breites Portfolio an Schulungen und Qualifizierungen. Voraussetzung: Fleiß und Eigenmotivation<br />
Vielfalt im Unternehmen leben<br />
• Bei GRG arbeiten über 70 Nationen, daher ist es für das Unternehmen selbstverständlich, sich als Unterzeichner<br />
<strong>der</strong> Charta <strong>der</strong> Vielfalt zu positionieren und auch Kopftuchträgerinnen einzustellen. Hier bestehen seitens einiger<br />
Kunden jedoch immer noch Vorbehalte.<br />
12
Frauen mit Migrationshintergrund ‐ stille Reserve für den Arbeitsmarkt?<br />
• Mit gezielten Maßnahmen soll das Miteinan<strong>der</strong> und das Verständnis füreinan<strong>der</strong> gestärkt werden: z.B. durch die<br />
Veranstaltung von großen Hoffesten (regionale Speisen, Tänze etc.) für alle Mitarbeitenden und ihre Familien<br />
Was braucht Ihr Unternehmen?<br />
• Das Unternehmen sucht laufend Personal und stellt gerne auch Personen mit ausländischem Pass ein, die in<br />
Deutschland leben. Die Hürden, z.B. für die Erteilung einer Arbeitserlaubnis, sind jedoch teilweise sehr hoch und<br />
mit einem großen bürokratischen Aufwand verbunden. So gab es Fälle, in denen Bewerber nicht eingestellt<br />
werden konnten, weil die notwendige Arbeitserlaubnis nicht erteilt wurde.<br />
Besim Ameti ‐ Ausbil<strong>der</strong> und Personalentwickler bei Dat Backhus<br />
Unternehmensdaten<br />
• Hamburger Familienunternehmen mit ca. 1.000 Mitarbeitenden, von denen weit über ein Drittel einen<br />
Migrationshintergrund haben.<br />
Personal hän<strong>der</strong>ingend gesucht<br />
• Es wird schwieriger, Mitarbeitende zu finden. Dies betrifft sowohl die Produktion als auch den Vertrieb.<br />
Stellenausschreibungen werden deshalb laufend geschaltet.<br />
• Insbeson<strong>der</strong>e im Verkauf, in dem <strong>der</strong> Anteil an Frauen mit und ohne Migrationshintergrund hoch ist, kann die<br />
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zur Herausfor<strong>der</strong>ung werden. Die Rahmenbedingungen ‐ z.B. Arbeit an<br />
Sonntagen, 6‐Tage‐Woche, Arbeitsbeginn früh am Morgen – sind schwierig. Hier versucht das Unternehmen<br />
individuelle und familienfreundliche Lösungen zu finden.<br />
Mit gutem Beispiel voran – Ansprache von Jugendlichen<br />
• Zusammenarbeit mit Schulen – ein echtes Erfolgsmodell zur Gewinnung von Nachwuchs ist die Ansprache von<br />
Jugendlichen in Schulklassen. So können Vorurteile über die – zugegeben nicht so beliebte Ausbildung –<br />
ausgeräumt und Aufstiegsmöglichkeiten erklärt werden. Dabei ist Herr Ameti selbst das Vorbild: mit 16 Jahren hat<br />
er seine Ausbildung als Fachverkäufer begonnen und ist heute Ausbil<strong>der</strong> und Personalentwickler. Wichtig für den<br />
Aufstieg waren die Unterstützung <strong>der</strong> Inhaber, außerdem Fleiß und eigene Motivation, etwas aus sich zu<br />
machen.<br />
• Soziale Kompetenzen und Sprache – wichtig für eine Ausbildung, insbeson<strong>der</strong>e im Verkaufsbereich. Unterschiede<br />
in den Kompetenzen zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund können dabei kaum festgestellt<br />
werden, sofern die Schulausbildung in Deutschland absolviert wurde.<br />
Was braucht Ihr Unternehmen?<br />
• Im Verkauf und im Kundenkontakt sind gute Kenntnisse <strong>der</strong> deutschen Sprache bei den Beschäftigten zentral.<br />
Wünschenswert wäre es, bessere Unterstützung und Bedingungen zu haben, Deutsch z.B. im Rahmen von<br />
freiwilligen Praktika am Arbeitsplatz zu vermitteln. Hier sieht Herr Ameti die Praxis als sprachlichen und<br />
gesellschaftlichen Integrationsmotor.<br />
13
Frauen mit Migrationshintergrund ‐ stille Reserve für den Arbeitsmarkt?<br />
Stefanie Schiering Ausbildungsleiterin bei Dataport<br />
Unternehmensdaten<br />
• Dienstleister <strong>der</strong> Informations‐ und Kommunikationstechnik für die öffentliche Verwaltung in Norddeutschland.<br />
Kunden sind u.a. Polizei, Finanzämter und Schulen. Von den ca. 2.000 Beschäftigten sind 31 % Frauen. Maximal<br />
10% <strong>der</strong> Belegschaft hat einen Migrationshintergrund.<br />
Fachkräftemangel deutlich spürbar<br />
• Bereits heute macht sich <strong>der</strong> Fachkräftebedarf in <strong>der</strong> IT‐Branche deutlich bemerkbar. Das Unternehmen hat<br />
aktuell ca. 50‐80 Stellen zu besetzen. Um den Bedarf zu decken, wird insbeson<strong>der</strong>e auch auf die interne und<br />
externe Weiterqualifizierung <strong>der</strong> eigenen Mitarbeitenden gesetzt.<br />
Zukunftsfähig durch Vielfalt im Unternehmen<br />
• Unterzeichner <strong>der</strong> Charta <strong>der</strong> Vielfalt ‐ gleichberechtigte Beschäftigung z.B. von Menschen mit<br />
Migrationshintergrund, Älteren, Jüngeren und Homosexuellen ist ein zentrales Anliegen. Das Unternehmen<br />
beschäftigt selbstverständlich auch Frauen, die ein Kopftuch tragen. Hier gibt es jedoch durchaus intern noch<br />
Vorbehalte, an denen gearbeitet werden muss.<br />
• Frauen im Fokus – <strong>der</strong> Anteil von Frauen mit und ohne Migrationshintergrund soll im Unternehmen erhöht<br />
werden. Lei<strong>der</strong> gibt es bislang nur wenige Bewerbungen. Potenzial wird insbeson<strong>der</strong>e bei Frauen mit<br />
Migrationshintergrund gesehen.<br />
Neue Potenziale erschließen und för<strong>der</strong>n<br />
• Orientierung Richtung Flüchtlinge – für die Ausbildung im IT‐Bereich arbeitet Dataport verstärkt mit<br />
Einrichtungen zusammen, die junge Flüchtlinge in Ausbildung bringen wollen. Im Bewerbungsverfahren werden<br />
inzwischen mehrsprachige Eignungstests eingesetzt.<br />
• Für Mitarbeitende, die bereits im Unternehmen sind, bietet Dataport bei Bedarf Deutschkurse an.<br />
Was braucht Ihr Unternehmen?<br />
• Das Unternehmen versucht verstärkt Potenziale, auch gerne aus dem Ausland, zu nutzen. Notwendig ist eine<br />
bessere Transparenz und Klarheit über die Möglichkeiten und –angebote <strong>der</strong> Bundesagentur für Arbeit.<br />
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Frauen mit Migrationshintergrund ‐ stille Reserve für den Arbeitsmarkt?<br />
Impressionen<br />
Im Namen <strong>der</strong> Veranstalter bedanken wir uns sehr herzlich bei allen Beteiligten und Helfern!<br />
15
Das För<strong>der</strong>programm IQ wird finanziert durch:<br />
Netzwerk „Integration durch Qualifizierung IQ“<br />
www.nobi‐nord.de<br />
www.netzwerk‐iq.de<br />
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